Verwaltungsgericht Oldenburg
Urt. v. 18.12.2007, Az.: 7 A 852/05
abweichende Kosten; Bestimmtheit; Bestimmtheitsgebot; Erlass; Erlassregelung; Fleisch; Fleischuntersuchung; Gebühr; Gebührenkalkulation; Gebührenordnung; Gebührenrahmen; Kostendeckung; Kostendeckungsprinzip; Kostenklarheit; Pauschale; Pauschalgebühr; Planprobe; Rahmengebühr; Rechtsverordnung; Rückstandsuntersuchung; Untersuchung; Untersuchungsgebühr; Veterinärverwaltung
Bibliographie
- Gericht
- VG Oldenburg
- Datum
- 18.12.2007
- Aktenzeichen
- 7 A 852/05
- Entscheidungsform
- Urteil
- Referenz
- WKRS 2007, 71882
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- [keine Angabe]
Rechtsgrundlagen
- VetVwGO ND
- § 24 FlBG
- § 3 VwKostG ND
Amtlicher Leitsatz
Leitsatz
Sollen nicht die gesetzlich vorgesehenen Pauschalgebühren für Amtshandlungen und Leistungen der Veterinärverwaltung, sondern - nach der GOVet möglich - abweichende Kosten erhoben werden, müssen diese in einem Gebührentatbestand normiert werden, der den Anforderungen des Bestimmtheitsgebots entspricht. Erforderlich ist mindestens die Festsetzung eines Gebührenrahmens durch die Gebührenordnung selbst, um die Kostenklarheit für den Abgabenschuldner zu gewährleisten. Eine Regelung durch die Exekutive etwa durch einen Erlass genügt nicht.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten über die Erstattung von Kosten, welche der Beklagte dem Kläger für durchgeführte Rückstandsuntersuchungen an Schlachttieren in Rechnung gestellt hat.
Der Beklagte führte für das Gebiet des Klägers Rückstandsuntersuchungen bei Geflügelfleisch aus Schlachtbetrieben und von Rotfleisch im Rahmen des Nationalen Rückstandskontrollplans (NRKP) durch. Mit Bescheid vom 22. Februar 2005 setzte der Beklagte (betreffend den Abrechnungsmonat Januar 2005) Gebühren für bakterielle Fleisch- und Hemmstoffuntersuchungen in Höhe von 55.631,25 € fest. In dem Kostenfestsetzungsbescheid wird für die Rechtsgrundlage Bezug genommen auf das Nds. Verwaltungskostengesetz (NVwKostG), die Gebührenordnung für die Veterinärverwaltung (GOVet) sowie verschiedene Erlasse des Niedersächsischen Ministeriums für den ländlichen Raum, Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz (ML).
Mit Schreiben vom 21. Januar 2005 teilte der Beklagte dem Kläger die Gebührensätze für Rückstandsuntersuchungen bei Geflügelfleisch und für Rückstandsuntersuchungen von Rotfleisch ab dem 1. Januar 2005 mit. Diese Gebührensätze beinhalteten bei Geflügel Erhöhungen von 14 bis 17 % und im Bereich Rotfleisch bei den Planproben ohne Hemmstoffuntersuchung Gebührenerhöhungen von 13 bis 18 % im Vergleich zum vorangegangenen Jahr. Die Gebühr für alle Untersuchungen bei der Tierart Kalb erhöhte sich sogar um 79 % gegenüber dem Vorjahr.
Am 25. Februar 2005 hat der Kläger Klage gegen den Kostenfestsetzungsbescheid erhoben. Er hält die Gebührenerhöhungen für die Hemmstoffuntersuchungen bei der Tierart Kalb um 79 % für nicht nachvollziehbar, da sich nach seiner Ansicht die Untersuchungsparameter nicht wesentlich verändert hätten und andere Untersuchungseinrichtungen gleichartige Untersuchungen kostengünstiger durchführten. Die Kosten der Rückstandsuntersuchungen nach dem nationalen Kontrollplan einschließlich der Kosten der Probennahme durch qualifiziertes Personal würden mit den Gebühren für die amtliche Schlachttier- und Fleischuntersuchung umgelegt und gehoben. Der Gebührenhaushalt werde dabei als kostendeckende Einrichtung geführt. Wegen der starken Gebührenerhöhungen würden zum Teil auch seine Kostenfestsetzungsbescheide von den Gebührenschuldnern wegen der erhöhten Kosten für die Rückstandsuntersuchungen beklagt (z. B. in dem bei der Kammer anhängigen Verfahren zum Aktenzeichen 7 A 1922/05).
Der Kläger beantragt,
den Bescheid der Beklagten vom 22. Februar 2005 in Höhe von 55.631,25 € aufzuheben, soweit dort eine den Betrag von 54.620,25 € übersteigende Gebühr festgesetzt ist.
Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Er trägt vor: Die Erhöhungen der Gebühren für die Rückstandsuntersuchungen bei Geflügelfleisch und Rotfleisch im Jahr 2005 seien nachvollziehbar und gerechtfertigt. Die Gebührenerhöhung beruhe einerseits auf einer Erhöhung der Untersuchungskosten im Rahmen der Gebührenordnung für die Veterinärverwaltung (GOVet) und andererseits auf einer Änderung des Stoffspektrums bzw. der Untersuchungsmethoden, die vom Bundesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit verbindlich vorgegeben würden. Er verweist auf einen Erlass des ML vom 30. März 2005, welcher die Kalkulation der Untersuchungsgebühren regele. Hinsichtlich der Untersuchungsgebühren 2005 für die Tierart Kalb sei die Kalkulation auf der Basis der Vorgaben des Nationalen Rückstandskontrollplanes (NRKP), in dem die Anzahl der zu untersuchenden Proben und die Untersuchungsgruppen vorgegeben seien, und der GOVet vorgenommen worden. Für Niedersachsen sei beschlossen worden, einen Untersuchungsschwerpunkt bei der Gruppe „Wahlrinder“ zu setzen, da in der Vergangenheit die Anwendung verbotener Stoffe beim Mastkalb am häufigsten in Erscheinung getreten sei und im Mittelpunkt des öffentlichen Interesses gestanden habe. Da die Planproben, die 2005 für weitergehende Untersuchungen von Mastkälbern zur Verfügung gestanden hätten, einen Anteil von weniger als 0,3 % an den Gesamtschlachtungen ausgemacht hätten, sei die Tierart Kalb in 2005 für die schwerpunktmäßige Beprobung gewählt worden. Die für das Jahr 2005 vorgenommene Schwerpunktbildung bei der Tierart Kalb habe eine entsprechende Steigerung der Rückstandsuntersuchungsgebühren für diese Tierart zur Folge gehabt, die sich besonders im Landkreis Cloppenburg mit etwa 94 % des niedersächsischen Schlachtaufkommens bei Kälbern auswirkt habe. Die Erhöhung des Probensolls bei Kälbern um 243 Proben habe zu einer Steigerung der Untersuchungskosten um etwa 79 % bei der Tierart Kalb beigetragen. Für die Folgejahre 2006 und 2007 sei eine andere Schwerpunktbildung vorgesehen.
Im Übrigen hätten die Gebühren für die Rückstandsuntersuchungen im Jahr 2005 zu einer erheblichen Unterdeckung der Kosten geführt. Das Kostendeckungsprinzip sei jedoch nur im Falle einer Kostenüberschreitung verletzt. Ein kostenrechtliches Verbot für eine Unterschreitung der tatsächlich entstandenen Kosten bestehe jedoch nicht.
Hinsichtlich des weiteren Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und der beigezogenen Verwaltungsvorgänge des Klägers und des Beklagten verwiesen.
Entscheidungsgründe
Die zulässige Klage ist begründet. Der angegriffene Bescheid des Beklagten vom 22. Februar 2005 ist rechtswidrig und verletzt den Kläger in seinen Rechten. Er ist deshalb in dem vom Kläger beantragten Umfang aufzuheben, §§ 113 Abs. 1 S. 1, 88 VwGO.
Der Kläger ist nicht verpflichtet, dem Beklagten auf seinen Kostenfestsetzungsbescheid vom 22. Februar 2005 Gebühren in Höhe von 55.631,25 € für die Rückstandsuntersuchungen zu zahlen. Für die mit dem angefochtenen Bescheid gegenüber dem Kläger geltend gemachten Gebühren fehlt die nach § 24 Abs. 2 Satz 1 FlHG erforderliche landesrechtliche Regelung gebühren- und auslagepflichtiger Tatbestände.
Im Einzelnen gilt Folgendes:
Nach § 1 Abs. 1 Satz 1 Fleischhygienegesetz (FlHG) in der zum maßgeblichen Zeitpunkt geltenden Fassung vom 30. Juni 2003 (BGBl. I S. 1242, 1585) sind u.a. Rinder, wenn ihr Fleisch zum Genuss für Menschen bestimmt ist, vor und nach der Schlachtung einer amtlichen Untersuchung zu unterziehen. In § 2 FlHG ist eine Untersuchung auf Rückstände vorgesehen. Gemäß § 24 Abs. 1 FlHG werden für die Amtshandlungen nach diesem Gesetz und den zur Durchführung dieses Gesetzes erlassenen Rechtsvorschriften kostendeckende Gebühren und Auslagen erhoben. Dies gilt auch für Amtshandlungen nach unmittelbar geltenden Rechtsakten der Europäischen Gemeinschaft im Anwendungsbereich dieses Gesetzes, vgl. § 24 Abs. 1 Satz 2 FlHG. Nach § 24 Abs. 2 Satz 1 FlHG werden die nach Absatz 1 kostenpflichtigen Tatbestände durch Landesrecht bestimmt, wobei die Gebühren nach Maßgabe der Richtlinie 85/73/EWG des Rates vom 29. Januar 1985 in der Fassung der Änderung durch die Richtlinie 96/43/EG vom 26. Juni 1996 über die Finanzierung der Untersuchungen und Hygienekontrollen von frischem Fleisch und Geflügelfleisch und der aufgrund dieser Richtlinie erlassenen Rechtsakte der Organe der EG zu bemessen sind. Die Richtlinie 85/73/EWG i.d.F. der Richtlinie 96/43/EG räumt in Anhang A Kapitel I Nr. 4 b den Mitgliedstaaten die Möglichkeit ein, zur Deckung höherer Kosten eine Gebühr zu erheben, die die tatsächlichen Kosten deckt.
Zu der dem Landesrecht überlassenen Gebührenfestsetzung gehört die durch Rechtssatz zu treffende Entscheidung, ob die gemeinschaftsrechtlich festgesetzten Pauschalbeträge zu erheben sind und ob und ggf. wie hiervon nach Maßgabe des nach § 24 Abs. 2 Satz 2 FlHG bindenden Gemeinschaftsrechts abgewichen werden soll (BVerwG, Urteil vom 27. April 2000 - 1 C 7.99 - BVerwGE 111, 143, 147). § 24 Abs. 2 FlHG enthält dabei keine Vorgabe über die Art und Weise der Umsetzung durch Landesrecht, insbesondere nicht zur Frage, ob diese Umsetzung durch Gesetz oder Verordnung zu geschehen hat (BVerwG, Urteil vom 27. April 2000, a.a.O., S. 148).
Bedenken gegen die Rechtmäßigkeit von § 24 FlHG hinsichtlich der Vereinbarkeit mit europäischem Gemeinschaftsrecht bestehen nicht. In der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts ist geklärt, dass der Bundesgesetzgeber berechtigt ist, die Abweichungen von den EG-Pauschalgebühren der Regelung durch die Bundesländer zu überlassen (zuletzt: BVerwG, Beschluss vom 09. Oktober 2006 - 3 B 76/06 - zitiert nach juris). Das Bundesverwaltungsgericht hat zu den insoweit maßgeblichen Grundsätzen in seiner Entscheidung vom 29. August 1996 - 3 C 7/95 - BVerwGE 102, 39 ff. ausgeführt: Der Bundesgesetzgeber habe mit dem FlHG von seiner konkurrierenden Gesetzgebungszuständigkeit nach Art. 74 Abs. 1 Nr. 20 GG Gebrauch gemacht; er habe es indes dem Landesgesetzgeber überlassen, kostenpflichtige Tatbestände zu bestimmen. Dies sei eine zulässige Vorgehensweise. Der Landesgesetzgeber müsse in seinen Rechtssätzen sowohl die Gebührentatbestände als auch den Gebührenumfang regeln.
Diesen Anforderungen genügen die landesrechtlichen Bestimmungen, auf die die angefochtenen Bescheide gestützt sind, nicht. Die Festsetzung der Gebühren für die Rückstandsuntersuchung ist zumindest der Höhe nach rechtswidrig.
Als Rechtsgrundlage für die Forderung des Beklagten nach Gebühren kommt hier § 3 Niedersächsisches Verwaltungskostengesetz (NVwKostG) i.V.m. der Gebührenordnung für die Veterinärverwaltung (GOVet vom 22. März 1995, GVBl. S. 639) in der hier maßgeblichen Fassung vom 14. September 2004 (Nds. GVBl. S. 322) in Betracht. Durch den mit dem zweiten Gesetz zur Änderung des NVwKostG vom 6. Juni 1997 (Nds.GVBl. S. 263) neu eingeführten § 3 Abs. 3 ist entsprechend der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (BVerwG, Urteil vom 29. August 1996 - 3 C 7/95 - zitiert nach juris) eine Regelung zu durch Gemeinschaftsrecht verbindlich festgesetzten Gebühren getroffen worden. Danach sind, wenn ein Rechtsakt der Europäischen Gemeinschaft die Erhebung von Gebühren vorsieht, diese nach Maßgabe des Rechtsakts und, soweit dieser es zulässt, ergänzend nach Maßgabe des Abs. 2 (Kostendeckungs- und Äquivalenzprinzip) in den Gebührenordnungen festzusetzen. Damit genügt die Ermächtigungsnorm des NVwKostG dem rechtsstaatlichen Bestimmtheitsgebot (Nds. OVG, Beschluss vom 18. Januar 2000 - 11 K 5275/98 - zitiert nach juris). Konkrete gebührenpflichtige Tatbestände bestimmt allerdings nicht das NVwKostG, sondern das Gebührenverzeichnis der GOVet. In § 3 Abs.1 NVwKostG heißt es lediglich, dass die einzelnen Amtshandlungen, für die Gebühren erhoben werden sollen, und die Höhe der Gebühren in Gebührenordnungen zu bestimmen sind. Dies ist nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts nicht zu beanstanden. Bundesrecht gebietet es nicht, die kostenpflichtigen Tatbestände einschließlich der unter Beachtung des Gemeinschaftsrechts festzulegenden Gebühren durch Gesetz zu regeln. Da der Landesgesetzgeber insoweit eine originäre Regelungskompetenz hat, darf er die nach § 24 Abs. 2 FlHG erforderlichen Regelungen auch durch eine Gebührenordnung treffen (BVerwG, Urteil vom 27. April 2000 - 1 C 7/99 - BVerwGE 11, 111, 143). Eine solche Gebührenordnung ist die GOVet. In deren § 1 Abs. 1 S. 1 heißt es u.a., dass für Amtshandlungen und Leistungen der Veterinärverwaltung Gebühren nach dem Gebührenverzeichnis erhoben werden. Nach § 1 a Abs. 1 GOVet erheben die zuständigen Behörden bei Amtshandlungen u.a. nach dem FlHG kostendeckende Gebühren und Auslagen unter Berücksichtigung der von der Europäischen Gemeinschaft erlassenen Rechtsakte über die Finanzierung der Untersuchungen und Hygienekontrollen. Das in der Anlage zu § 1 GOVet enthaltene Gebührenverzeichnis der GOVet ist aufgegliedert in die verschiedenen Sachgebiete der Veterinärverwaltung. Abschnitt VI befasst sich mit dem FlHG. Rückstandsuntersuchungen, deren Kosten vorliegend in Streit stehen, sind u.a. in Abschnitt VI. D. 1.2 sowie in Abschnitt XIII. genannt. Diese finden ihre rechtliche Grundlage in der Richtlinie 96/23/EG des Rates über Kontrollmaßnahmen hinsichtlich bestimmter Stoffe und ihrer Rückstände in lebenden Tieren und tierischen Erzeugnissen und der Entscheidung 97/747/EG der Kommission über Umfang und Häufigkeit der in der Richtlinie 96/23/EG des Rates vorgesehenen Probenahmen zum Zweck der Untersuchung in Bezug auf bestimmte Stoffe und ihre Rückstände in bestimmten tierischen Erzeugnissen. Die §§ 2, 7 FlHG und § 5 FlHV setzen die Verpflichtung zur Durchführung von Rückstandsuntersuchungen in nationales Recht um. Grundsätzlich war der Beklagte daher befugt und auch verpflichtet, Rückstandsuntersuchungen durchzuführen. Jedoch beruhen die dafür in Rechnung gestellten Kostenfestsetzungsbescheide nicht auf einer tauglichen Ermächtigungsgrundlage.
Gemäß Abschnitt VI. D. 1.2. i.V.m. XIII. 1 der Anlage zur GOVet, welcher Anhang B der Richtlinie 96/43 EG umsetzt, werden für eine Rückstandsuntersuchung Gebühren in Höhe von 1,35 EURO je Tonne Schlachtfleisch als Mindestgebühr angesetzt. Eine Höchstgebühr ist in XIII.1 nicht ausgezeichnet . Von dieser Gebühr in Höhe von 1,35 EURO je Tonne Schlachtfleisch darf gemäß § 3 Abs. 3 NVwKostG i.V.m. § 1 a Abs. 2 GOVet und Abschnitt XIII. 2 des Gebührenverzeichnisses bis zur Höhe der tatsächlichen Kosten abgewichen werden. Abschnitt XIII. 1 erfüllt die Anforderungen an eine verfassungskonforme rechtliche Grundlage. Dieser Abschnitt mit den konkret vorgegeben Gebühren für eine Rückstandsuntersuchung genügt den Anforderungen an das Bestimmtheitsgebot. Dieses fordert im Bereich des Gebühren- und Beitragsrechts, aber auch bei kostenorientierten Sonderabgaben, eine dem jeweiligen Zusammenhang angemessene Regelungsdichte, die eine willkürliche Handhabung durch die Behörden ausschließt (vgl. BVerwG, Urteil vom 20. August 1997 - 8 B 170/97 - BVerwGE 105, 144 m.w.N., VG Ansbach, Urteil vom 12. Januar 2007 - AN 16 K 03.00400 -zitiert nach juris). Gesetzliche Tatbestände sind so zu fassen, dass die Betroffenen die Rechtslage erkennen und ihr Verhalten daran ausrichten können. Welche Anforderungen an die Bestimmtheit zu stellen sind, lässt sich indes nicht generell und abstrakt festlegen, sondern hängt auch von der Eigenart des Regelungsgegenstands und dem Zweck der betroffenen Norm ab. Vorliegend werden für die Rückstandsuntersuchungen in Abschnitt XIII. 1 konkrete EURO-Werte genannt. Die im Gebührenrecht unabdingbare Berechenbarkeit der entstehenden Gebühr für den Kostenschuldner ist aufgrund der in Abschnitt XIII. 1 genannten Kalkulationsgrundlagen in EURO gewahrt, so dass die Gebührenbescheide grundsätzlich auf diesen gestützt werden können.
Allerdings hat der Beklagte nicht die vorgesehenen Pauschalgebühren angesetzt, sondern hat von der Möglichkeit Gebrauch gemacht, aufgrund von Abschnitt XIII. 2 GOVet dem Kläger höhere Gebühren in Rechnung zu stellen und insoweit von den Pauschalgebühren des Abschnitt XIII. 1 abweichende Gebühren zu erheben. Dies ist zulässig, sofern den Anforderungen des Kostendeckungsprinzips Genüge getan wird. Der Beklagte hat die Kosten für die Rückstandsuntersuchungen nach den Vorgaben des NRKP und der Erlasse des ML bemessen . Allerdings findet sich zur abweichenden Höhe der geltend gemachten Gebühren keine taugliche einzelfallbezogene Kostenaufstellung, welche die Einhaltung des Kostendeckungs- und des Äquivalenzprinzips im Einzelfall nachvollziehbar belegt. Vorliegend ergibt sich aus den Kostenfestsetzungsbescheiden und den zugrunde liegenden Erlassen nicht, wie die berechnete Gebühr kalkuliert wurde und inwieweit die angesetzten Kosten von den Pauschalsätzen der EU-Vorgaben abweichen. Es fehlt an einer konkreten Kalkulation, welche die Höhe der Gebühr für die Rückstandsuntersuchungen im Einzelfall ausgehend von ihren tatsächlichen Kosten nachvollziehbar belegt. Die vorgelegten Unterlagen lassen zwar anhand der Stände der Unterkonten (s. Bl. 132 d. A.) erkennen, dass die Ausgaben im Bereich der Rückstandsuntersuchungen die Einnahmen wohl überstiegen haben dürften. Die Erhebung höherer Gebühren ist, da die tatsächlichen Kosten nicht überschritten werden, grundsätzlich von Abschnitt XIII. 2 gedeckt. Im Fall einer Unterdeckung ist, wie der Beklagte zutreffend ausführt, eine Verletzung des Kostendeckungsprinzips nicht gegeben.
Selbst wenn jedoch nach den vorgelegten Unterlagen des Beklagten und den Auskünften des ML eine Gebührenerhöhung erforderlich gewesen sein sollte und auch die tatsächlichen Kosten durch die festgesetzten Gebühren nicht überschritten wurden, wäre die Höhe der Abweichung von dem Pauschalwert des Abschnitt XIII.1 Anlage zur GOVet auf der Grundlage des Abschnitts XIII. 2 in einem Rechtssatz zu regeln gewesen, welcher den Anforderungen an einen Kostentatbestand genügt. Den Anforderungen an einen solchen Rechtssatz als Ermächtigungsgrundlage für die Erhebung einer Gebühr genügen die vom Beklagten angeführten Erlasse auf der Grundlage der Vorgaben des Nationalen Rückstandskontrollplans nicht. Wesentliche und - wie hier - vielfach auftretende Gebührentatbestände müssen grundsätzlich in der Gebührenordnung ihren Niederschlag finden und dürfen auch hinsichtlich ihrer Höhe nicht einer bloßen Erlass-Regelung überlassen werden (Nds. OVG, Beschluss vom 17. Juni 2005 - 11 LC 65/04 - V.n.b.; vgl. auch BVerwG, Urteil vom 29. August 1996 - 3 C 7/95 - BVerwGE 102, 39 ff.; BVerwG, Urteil vom 27. April 2000 - 1 C 7/99 - zitiert nach juris; zur erforderlichen Bestimmtheit vgl. auch VGH München, Urteil vom 2. August 2000 - 4 B 96.3727 - zitiert nach juris). Es genügt nicht den Anforderungen des Bestimmtheitsgebots, das letztlich im Rechtsstaatsprinzip wurzelt, dass Abschnitt XIII.2 der Anlage zur GOVet schlicht den Wortlaut von Anhang A Kapitel I Nr. 4 b der Richtlinie 85/73/EWG i.d.F. der Richtlinie 96/43/EG wiederholt. Dadurch fehlt der Vorschrift die dem Zusammenhang der Fleischuntersuchungen angemessene Regelungsdichte, die es ausschließt, dass die Gebühren willkürlich festgesetzt werden. Zwar muss eine der gemeinschaftsrechtlichen Vorgaben genügende Regelung nicht ausdrücklich darauf Bezug nehmen, dass im Rahmen der Gebührenerhebung von den pauschalierenden Gebührensätzen der Richtlinie 85/73/EWG i.d.F. der Richtlinie 96/43/EG abgewichen wird. Es genügt, dass diese Entscheidung aus der Gebührensatzung durch Festlegung der Gebührenhöhe unmittelbar ablesbar ist (BVerwG, Urteil vom 27. April 2000, a.a.O.; Bay. VGH, Urteil vom 2. August 2000 - 4 B 96.3727 -, zitiert nach juris). Das Bestimmtheitsgebot erfordert in einem solchen Falle mindestens die Festsetzung eines Gebührenrahmens durch die Gebührenordnung selbst, um die - letztlich aus Gründen der Rechtsstaatlichkeit gebotenen - Kostenklarheit für den Abgabenschuldner zu gewährleisten. Indem Abschnitt XIII. 2 der Anlage zur GOVet lediglich den Wortlaut der gemeinschaftsrechtlichen Regelung wiederholt, unterlässt es der Landesgesetzgeber in Wahrheit die ihm übertragene und von ihm in Anspruch genommene rechtssatzmäßige Festlegung der Gebühren und die Begrenzung des Gebührenrahmens in einem der Kompetenzregelung von § 24 Abs. 2 FLHG sachentsprechenden Umfang auszuüben (s. hierzu BVerwG, Urteil vom 29. August 1996, a.a.O.). Dies ist vielmehr in unzulässiger Weise der Exekutive überlassen.
Im Übrigen enthalten die Erlasse des ML keine Erläuterung für die Erhöhung und Zusammensetzung der Gebühren, so dass die Einhaltung des Kostendeckungsprinzips, und, selbst bei Kostenunterschreitung, die Kalkulation der einzelnen Untersuchungsgebühren nicht überprüft werden kann. Auch die im gerichtlichen Verfahren vorgelegten Tabellen mit den entstandenen Kosten können die unzureichende Ermächtigungsgrundlage nicht ersetzen. Die Bezugnahme auf die Vorgaben des NRKP sowie die Bildung regionaler Schwerpunktbereiche für die Beprobung begründen mangels unmittelbaren Bezugs zu dem Gebührentatbestand des Abschnitts XIII. 2 der Anlage zur GOVet dessen erforderliche Bestimmtheit ebenfalls nicht.
Es ist auch nicht ersichtlich, dass und wie die Kalkulation der hier streitigen Gebühr die Vorgaben von § 1 GOVet umsetzt. Nach § 1 Abs. 2 GOVet ist je angefangene Viertelstunde ein Betrag von 17,50 € anzusetzen, soweit eine Berechnung der Gebühr nach Zeitaufwand vorgesehen ist. Gemäß § 1 Abs. 3 Satz 1 GOVet erhöht sich der Zeitaufwand für die An- und Abfahrten zu der Amtshandlung oder Leistung je Bedienstetem und je angefangener Viertelstunde um 17,50 €, jedoch um höchstens 70,00 €, und gemäß § 1 Abs. 4 GOVet wird eine Gebühr von 17,50 € für die von einem Kostenschuldner verschuldeten Wartezeiten von Bediensteten und je angefangener Viertelstunde erhoben. Da Abschnitt XIII.2 der Anlage GOVet eine Gebührenfestsetzung nach tatsächlichen Kosten verlangt, wäre mithin der Zeitaufwand (als ein Teil der tatsächlichen Kosten) der Bediensteten nach dieser Vorschrift in Ansatz zu bringen.
Das Gericht hat erwogen, ob die streitige Gebühr im Hinblick darauf, dass der Beklagte die Kosten einer Rückstanduntersuchung (in Abhängigkeit von Stoffgruppe und Matrix) auf der Grundlage der GOVet nach dem Baukastenprinzip mit Gebührentatbeständen für einzelne Arbeitsschritte der Untersuchung ermittelt, rechtmäßig ist. Darin könnte die Aussage enthalten sein, dass für die Kalkulation der hier streitigen Gebühr die Summe der jeweiligen Arbeitsschritte maßgeblich ist. Damit könnte - in diese Richtung ging auch die Einlassung des Beklagten bei der mündlichen Verhandlung der Sache am 19. Oktober 2007 - gemeint sein, dass die einzelnen Arbeitsschritte bei den Rückstandsuntersuchungen nach Maßgabe von Abschnitt XII. A und B „bewertet“ werden; d. h., sich die hier streitige Gebühr aus einer Vielzahl von Gebühren für die in Abschnitt XII. der Anlage zur GOVet genannten Untersuchungen summiert. Diese Überlegung findet indes in den Berechnungen, die der Beklagte (zuletzt mit dem Schriftsatz vom 7. November 2007) vorgelegt hat, keine Stütze. Die Kalkulation der streitigen Gebühr in der Anlage zu diesen Schriftsätzen bezieht sich nicht auf die Gebührentatbestände des Abschnitts XII. der Anlage zur GOVet. Im Übrigen würde auch eine solche Kalkulation der Gebühr gemäß Abschnitt XIII. 2 der Anlage GOVet nichts an der Rechtswidrigkeit dieser Vorschrift ändern. Sollte die hier streitige Gebühr als Summe von Gebühren nach Abschnitt XII. erhoben werden, so müsste der Verordnungsgeber dies wohl ausdrücklich in der GOVet selbst regeln. Durch eine solche Regelung würde im übrigen möglicherweise auch kein hinreichender Zusammenhang zu den tatsächlichen Kosten hergestellt.
Nach alledem kann der Beklagte seinen Kostenfestsetzungsbescheid nicht auf eine taugliche Ermächtigungsgrundlage stützen. Der Bescheid ist damit rechtswidrig und gemäß dem Antrag des Klägers teilweise aufzuheben (§ 88 VwGO).
Es kann daher dahingestellt bleiben, ob der Beklagte überhaupt eine Befugnis zum Erlass eines Gebührenbescheids gegenüber dem Kläger hat. Zu dieser Problematik hat die Kammer bereits vor einigen Jahren ausgeführt (VG Oldenburg, Urteil vom 16. Juni 2004 - 7 A 4309/02 - V.n.b.):
Die kostenpflichtigen Tatbestände werden durch Landesrecht bestimmt, § 24 Abs. 2 FlHG. Welche Kosten zu erstatten sind, ergibt sich in Niedersachsen aus der Gebührenordnung für die Veterinärverwaltung (GOVet). Die GOVet bestimmt jedoch an keiner Stelle, dass eine untere Veterinärbehörde dem Beklagten für die bei ihm durchgeführten Untersuchungen von Rinderproben auf BSE Gebühren zu zahlen hat. In § 1a Abs. 5 Nr. 2 GOVet heißt es lediglich, dass „als Auslagen zu erheben seien die Kosten für Untersuchungen, die von der jeweils zuständigen Behörde nicht selbst durchgeführt werden“. Daraus ergibt sich - wenn überhaupt - allein eine Berechtigung der unteren Veterinärbehörden, die bei dem Beklagten entstandenen Kosten von den Schlachtbetrieben als eigene Auslagen zu erheben. (...) Schließlich vermag der Beklagte seine Gebührenforderung mit Erfolg auch nicht auf § 13 Abs. 1 S. 2 NVwKostG stützen. Danach werden - wenn bei der Vorbereitung einer Amtshandlung durch Mitwirkung einer anderen Behörde Auslagen notwendig werden - die Auslagen zwischen den Behörden erstattet, sofern die Auslagen 25,00 Euro übersteigen. Bei den von dem Beklagten geltend gemachten Kosten handelt es sich allerdings nicht um Auslagen, sondern um Gebühren.
Der Rechtsauffassung des Beklagten, die von ihm genannten Erlasse reichten als Rechtsgrundlage für seine Kostenforderung aus, weil Adressat der Kostenbescheide ebenfalls ein Träger der öffentlichen Gewalt, nämlich eine kommunale Veterinärbehörde gewesen sei, schließt sich die Kammer nicht an. Zwar unterliegt die Klägerin bei der Ausführung des Fleischhygienegesetzes sowie den aufgrund des Fleischhygienegesetzes erlassenen Vorschriften - da Auftragsangelegenheiten - der Fachaufsicht der Bezirksregierungen bzw. des ML und hat insoweit auch auf Erlassen basierende Weisungen entgegenzunehmen, gegen die grundsätzlich verwaltungsgerichtlicher Rechtsschutz nicht gegeben ist ( s. z.B. BVerwG, Beschluss vom 27. Februar 1978 - VII B 36.77 -NJW 1978, 1820 ff [BVerwG 27.02.1978 - BVerwG 7 B 36/77]; OVG Lüneburg, Beschluss vom 01. März 1997 - 12 M 1272/97 - NVwZ-RR 1997, 474 ff). Auch spricht viel dafür, dass der Beklagte gegenüber der Klägerin keine Amtshandlung erbracht hat, sondern die Durchführung der BSE-Tests den Charakter einer verwaltungsinternen Mitwirkungshandlung ohne Außenwirkung besitzt (vgl. dazu VG Braunschweig, Urteil vom 15. 07.2003 - 5 A 304/02) . Mit dem Erlass eines Kostenfestsetzungsbescheides hat der Beklagte gegenüber der Klägerin jedoch keine fachaufsichtliche Weisung erteilt, sondern einen nach dem Niedersächsischen Verwaltungsvollstreckungsgesetz prinzipiell vollstreckbaren Leistungsbescheid erlassen. Die Gebührenforderung des Beklagten ist bereits formal in die Hülle eines Verwaltungsakts gekleidet mit der Folge, dass der Beklagte die für Verwaltungsakte geltenden Grundsätze gegen sich gelten lassen muss. Darüber hinaus regelt der Kostenfestsetzungsbescheid auch inhaltlich nicht nur das „Wie“ der Ausführung des Fleischhygienegesetzes oder konkretisiert bestehende Pflichten der Klägerin. Der Kostenfestsetzungsbescheid begründet vielmehr eine im Fleischhygienegesetz und den darauf basierenden Verordnungen nicht vorgesehene (s.o.) eigene Kostenpflicht der Klägerin und zwar unabhängig davon, ob ihr die von ihr an den Beklagten zu erstattenden Kosten ihrerseits von den Schlachtbetrieben erstattet werden. Die angegriffenen Bescheide greifen deshalb unmittelbar in eigene Rechte der Klägerin ein, nämlich in ihre Finanzhoheit (s. dazu BVerwG, Beschluss vom 22. Januar 2001 - 8 B 256/00 - NVwZ-RR 2001, 326 ff, zit.n.juris)ein. Mithin ist den angegriffenen Bescheiden eine Rechtswirkung nach außen nicht abzusprechen mit der weiteren Folge, dass sie auch materiell als Verwaltungsakte einzustufen sind und dementsprechend einer ausreichenden Rechtsgrundlage bedürfen.
Die Kammer neigt dazu, an dieser Auffassung nicht länger festzuhalten. Der Beklagte ist gemäß § 6 d Nr. 10 ZustVO-SOG für die Schlachttier- und Fleischuntersuchung zuständig. Er handelt damit als zuständige Behörde im Sinne von § 1 a GOVet und darf für die durchgeführten Amtshandlungen kostendeckende Gebühren und Auslagen erheben. Fraglich ist allein, ob der Beklagte mit dem Kläger den richtigen Gebührenschuldner ausgewählt hat. Da die durchgeführten Untersuchungen letztendlich der Kontrolle der einzelnen Schlachthöfe dienen, wäre zu erwägen, ob nicht diese Kostenschuldner im Sinne von § 5 NVwKostG sind. Allerdings geht es im Ergebnis um die Schlachterlaubnis nach § 9 FlHG und die Tauglicherklärung nach § 10 FlHG, für welche der Kläger nach § 2 Nr. 2 ZustVO-SOG zuständig ist und zu deren Voraussetzung die Untersuchung durch den Beklagten gehört. Direkter Auftraggeber gegenüber dem Beklagten ist damit der Kläger. Er gibt zur Amtshandlung des Beklagten Anlass und hat damit die Kosten zu tragen. Auf welcher Grundlage der Kläger seinerseits die Gebühren des Beklagten von den jeweiligen Schlachtbetrieben verlangen kann, ist hier nicht Streitgegenstand.