Verwaltungsgericht Lüneburg
Urt. v. 22.11.2006, Az.: 5 A 469/05
Bibliographie
- Gericht
- VG Lüneburg
- Datum
- 22.11.2006
- Aktenzeichen
- 5 A 469/05
- Entscheidungsform
- Urteil
- Referenz
- WKRS 2006, 44600
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- ECLI:DE:VGLUENE:2006:1122.5A469.05.0A
Verfahrensgang
Fundstellen
- GesR 2007, 81-83
- MedR 2007, 168 (amtl. Leitsatz)
Amtlicher Leitsatz
- 1.
Die ärztliche Weiterbildung zur Erlangung der Zusatzbezeichnung "physikalische Therapie" setzt eine ganztägige und hauptberufliche Weiterbildung voraus.
- 2.
Lediglich vom Erfordernis der Ganztägigkeit kann in begründeten Fällen eine Ausnahme gemacht werden, nicht aber vom Erfordernis der Hauptberuflichkeit. Dies gilt sowohl nach der WBO 1993 als auch nach der WBO 2004.
- 3.
Diese Voraussetzungen sind nicht erfüllt, wenn sich die Tätigkeit eines Arztes innerhalb und während seiner hauptberuflichen und ganztägigen Tätigkeit als Chefarzt eines Krankenhauses auch (selbst wenn überwiegend) auf diejenigen Sachgebiete und Gegenstände erstreckt, die Inhalt der Weiterbildung zur Erlangung der erstrebten Zusatzbezeichnung sind.
- 4.
Das wirtschaftliche Interesse, die bisher ausgeübte Tätigkeit als Chefarzt in vollem Umfang aufrecht zu erhalten und nicht zugunsten einer ordnungsgemäßen Weiterbildung zu reduzieren, stellt keinen persönlichen Ausnahmegrund i. S. v. § 4 Abs. 6 Satz 3 WBO 1993/§6 Abs. 7 Satz 1 WBO 2004 dar.
- 5.
In einem solchen Fall besteht auch kein Anspruch auf Anerkennung der "Weiterbildung" als abweichender gleichwertiger Weiterbildungsgang nach § 19 Abs. 1 Satz 1 WBO 1993/§10 WBO 2004.
Tatbestand:
Aus dem Entscheidungstext
Die Klägerin begehrt die Anerkennung der Zusatzbezeichnung "Physikalische Therapie".
Die {E.} geborene Klägerin ist approbierte Fachärztin für Neurologie (seit April 1998) und Psychiatrie (seit Januar 1999) und seit Januar 1999 als Oberärztin und seit März 2000 als Chefärztin in der Neurologischen Abteilung der {F.} und {G.} tätig. Dort ist sie Bereichsleiterin der Abteilungen Neuropsychologie, Logopädie und Ergotherapie. Zusätzlich führt sie die Zusatzbezeichnungen "Qualitätsmanagement" (seit Juni 2001) und "Sozialmedizin" (seit Juni 2003).
Mit Schreiben vom 14. Dezember 2004 beantragte sie bei der Beklagten die Ermächtigung zum Führen der Zusatzbezeichnung "Physikalische Therapie". Zur Begründung verwies sie auf ihre Berechtigungen und Tätigkeiten sowie die von ihr absolvierten Kurse zum Erwerb der erstrebten Zusatzbezeichnung. Sie habe täglich Kontakt mit der Therapieplanung ihrer Klinik und pflege intensiven Kontakt mit allen Therapeuten, die für die neurologischen Patienten zuständig seien. Sie erstelle täglich Therapiepläne für ihre Privatpatienten und supervidiere die gesamte neurologische Abteilung einschließlich der Überwachung der Therapieverordnungen und der Therapieverläufe hinsichtlich der physikalischen Therapie und der Physiotherapie. Des Weiteren legte sie das Weiterbildungszeugnis zur Erlangung der Zusatzbezeichnung "Physikalische Therapie" von Dr. med. {H.} (der über die Weiterbildungsberechtigung in diesem Gebiet verfügt) der {F.} vom 7. Mai 2004, drei Kursbescheinigungen der Arbeitsgemeinschaft Physikalische Medizin und Rehabilitation e. V., {I.} hinsichtlich des Erwerbs der Zusatzbezeichnung "Physikalische Therapie" zu verschiedenen Themenbereichen sowie die Bescheinigung der Fachklinik {J.} hinsichtlich des 1. Weiterbildungsabschnittes "Hydro- und Thermotherapie" zur Erlangung der Zusatzbezeichnung "Physikalische Therapie" vom 20. Februar 2000 vor.
Mit Schreiben vom 27. Dezember 2004 bat die Beklagte die Klägerin, ein ebenfalls übersandtes Antragsformular auszufüllen und einzureichen. Zugleich wies sie die Klägerin darauf hin, dass aus dem von ihr vorgelegten Zeugnis nicht hervorgehe, von wann bis wann sie sich in der Weiterbildung im Bereich der physikalischen Therapie unter der Leitung von Dr. med. {H.} als Weiterbildungsassistentin befunden habe. Zudem sei eine Weiterbildung als Chefärztin der Neurologischen Abteilung nicht möglich. Die Klägerin müsse als Weiterbildungsassistentin in der {F.} angestellt sein und einen entsprechenden Arbeitsvertrag vorlegen. Weiter sei zu beachten, dass Weiterbildungszeiten sich nicht überschneiden dürften, da es sich jeweils um eine ganztägige und hauptberufliche Tätigkeit handeln müsse.
Im Januar 2005 reichte die Klägerin das ausgefüllte Antragsformular sowie ein undatiertes Neurologisches Fortbildungszertifikat der Deutschen Gesellschaft für Neurologie ein. Zugleich wies sie in einem Begleitschreiben vom 6. Januar 2005 darauf hin, dass es ihr als Chefärztin in der Neurologischen Abteilung nicht möglich sei, gleichzeitig für ein Jahr als Assistenzärztin tätig zu sein. Die {F.} sei eine Fachklinik für Physikalische Therapie und biete ein großes Spektrum an physikalischen Therapiemaßnahmen und Therapien im Rahmen der Ergotherapie und Physiotherapie an. Sie stehe in intensivem Kontakt mit der Therapieplanung und sei Dr. {H.} fachlich und organisatorisch unterstellt. In ihrer inzwischen sechsjährigen beruflichen Tätigkeit in der {F.} habe sie umfangreiche Erfahrungen in sozialmedizinischen Fragestellungen und die Zusatzbezeichnung "Sozialmedizin" erworben. In dieser Zeit sei sie zum großen Teil mit der physikalischen Therapie und den anderen Fachgebieten intensiv beschäftigt gewesen. Dr. {H.} habe ihr in dem vorgelegten Zeugnis bestätigt, dass dieses einer zweijährigen Weiterbildung im Fachgebiet "Physikalische Therapie" entspreche. In der Weiterbildungsordnung der Ärztekammer vom 1. Januar 1996/97 sei zwar vorgeschrieben, dass zwei Jahre Weiterbildung bei einem hierzu ermächtigten Arzt erforderlich seien. Es sei jedoch nicht festgeschrieben, dass diese Tätigkeit als Assistenzärztin erfolgen müsse. Ihre Tätigkeit als Oberärztin und Chefärztin in der {F.} als ausgewiesener Fachklinik für Physikalische Therapie habe daher den gleichen Stellenwert wie die Tätigkeit einer Assistenzärztin, die in der {F.} zwei Jahre tätig gewesen sei.
Der Ausschuss "Ärztliche Weiterbildung I. Instanz" der Beklagten lehnte in seiner Sitzung am 16. März 2005 die Zulassung zur mündlichen Prüfung ab. Zur Begründung stellte er fest, dass für eine Chefärztin eine Weiterbildung im Sinne einer ganztägig und hauptberuflich erfolgten Beschäftigung i. S. d. Weiterbildungsordnung - WBO - ausgeschlossen sei und allein der Erwerb von Kenntnissen außerhalb einer Weiterbildung bei einem Weiterbildungsermächtigten nicht ausreiche.
Mit Schreiben vom 24. Mai 2005 reichte die Klägerin ein Ergänzungszeugnis zur Erlangung der Zusatzbezeichnung "Physikalische Therapie" von Dr. med. {H.} vom 12. Mai 2005 nach. Dieser kommt in diesem Ergänzungszeugnis nach einer Beschreibung der Tätigkeit der Klägerin zusammenfassend zu dem Schluss, dass die Zeit, die die Klägerin direkt am Patienten verbringe und sich mit Therapiemaßnahmen im Rahmen von physikalischen und rehabilitativen Anwendungen beschäftige, weit mehr als 50 v. H. ihrer Arbeitszeit betrage. Die Klägerin habe in den mehr als fünf Jahren ihrer chefärztlichen Tätigkeit unter seiner Supervision umfangreiche Erfahrungen auf dem Gebiet der physikalischen Therapie sammeln können und diese in der Praxis bei der Behandlung von Patienten mit hoher fachlicher Kompetenz umsetzen können. Die Klägerin zieht in ihrem Schreiben vom 24. Mai 2005 den Schluss, dass die im Zeugnis genannte Zeit einem Weiterbildungszeitraum von deutlich mehr als zwei Jahren entspreche. Sie habe daher eine gründliche und eingehende Weiterbildung im Sinn der im Abschnitt V Ziffer 13 WBO aufgeführten Weiterbildungsinhalte absolviert und nachgewiesen. Die formalen Voraussetzungen seien auch unter Berücksichtigung der mit zugrunde zu legenden Richtlinien über den Inhalt der Weiterbildung der Beklagten sowie der hierzu ergangenen Anwendungshinweise erfüllt. Sie habe daher im Hinblick auf Art. 3 GG und Art. 12 GG einen Rechtsanspruch darauf, zur mündlichen Prüfung zwecks Anerkennung der beantragten Zusatzbezeichnung zugelassen zu werden. Die Forderung, einen Arbeitsvertrag über eine durchgeführte ganztägige und hauptberufliche Tätigkeit als "Weiterbildungsassistentin" im Bereich der physikalischen Therapie vorzulegen, sei nicht berechtigt. § 4 Abs. 6 Satz 1 WBO stelle diese Forderung ausdrücklich nur als grundsätzlich dar, sodass in begründeten Einzelfällen hiervon abgewichen werden könne. Ein solcher Fall liege bei ihr vor. Die Ansicht der Beklagten führe dazu, dass Chefärzte nie die Möglichkeit zum Erwerb einer Zusatzbezeichnung hätten. Es gebe aber keinen sachlichen Grund, einen Chefarzt von der Möglichkeit des Erwerbs einer Zusatzbezeichnung und damit von einer fachlich und wirtschaftlich sinnvollen Erweiterung seiner Berufstätigkeit generell auszuschließen. Jedenfalls sei ihre inzwischen gesammelte Erfahrung nach Zeitaufwand und Qualität einer zweijährigen Weiterbildungszeit in einem abhängigen Beschäftigungsverhältnis gleichwertig. Unerheblich sei, dass sie im Juni 2003 bereits die Zusatzbezeichnung "Sozialmedizin" erworben habe.
Mit Bescheid vom 16. November 2005 lehnte die Beklagte den Antrag der Klägerin auf Anerkennung der Zusatzbezeichnung "Physikalische Therapie" ab. Zur Begründung führte sie an, die Anspruchsvoraussetzungen nach dem Nds. Kammergesetz für die Heilberufe (HKG) in Verbindung mit der zum 1. Mai 2005 in Kraft getretenen und im vorliegenden Fall maßgeblichen Weiterbildungsordnung (WBO) vom 27. November 2004 seien nicht gegeben. Die WBO setze eine Weiterbildung im Bereich physikalische Therapie im Umfang von "12 Monaten" (richtig: 24 Monaten) voraus. § 38 Abs. 3 Halbsatz 1 HKG bestimme, dass Weiterbildung ganztägig und hauptberuflich abzuleisten sei. Nach § 38 Abs. 3 Halbsatz 2 HKG könne Abweichendes für Zusatzbezeichnungen bestimmt werden. Abweichendes sei jedoch für die Zusatzbezeichnung Physikalische Therapie weder im Kammergesetz für die Heilberufe - HKG - noch in der WBO bestimmt. Vielmehr bestimme § 1 Abs. 2 WBO, dass die Weiterbildung in strukturierter Form und in angemessen vergüteter hauptberuflicher Ausübung der ärztlichen Tätigkeit an zugelassenen Weiterbildungsstätten unter Anleitung ermächtigter Kammermitglieder durchgeführt werde. Die Klägerin habe eine reguläre Weiterbildung in diesem Sinn einer strukturierter Form unter Anleitung eines Weiterbildungsermächtigten nicht belegt. Aus der Bescheinigung von Dr. med. {H.} sei lediglich eine "Supervision" ersichtlich. Dies sei nicht ausreichend. Soweit in § 4 Abs. 6 Satz 1 WBO geregelt sei, dass eine Weiterbildung (nur) grundsätzlich ganztätig und in hauptberuflicher Stellung durchgeführt werden müsse, so beziehe sich das Wort "grundsätzlich" nur auf die Möglichkeit einer Weiterbildung in Teilzeit und nicht auf die Notwendigkeit, in hauptberuflicher Stellung unter Anleitung weitergebildet zu werden. Eine hauptberufliche und ganztägige Weiterbildung unter Anleitung eines Weiterbildungsermächtigten sei mit einer praktizierten Chefarzttätigkeit nicht vereinbar und vergleichbar. Die Tätigkeit als Chefarzt zeichne sich durch eine im Wesentlichen weisungsungebundene Leitungstätigkeit aus, während Weiterbildung dagegen unter Anleitung und damit in einem untergeordneten Verhältnis stattfinde. Auch die Tätigkeit der Klägerin als Oberärztin über einen Zeitraum von 14 Monaten könne nicht als Weiterbildungszeit anerkannt werden, da sie bereits zwölf Monate dieser Zeit als Weiterbildung im Bereich der Sozialmedizin geltend gemacht habe und dies auch anerkannt worden sei. Daher könne sie nunmehr nicht geltend machen, in dieser Zeit auch hauptberuflich und ganztägig in der Physikalischen Therapie weitergebildet worden zu sein. Eine gleichwertige Weiterbildung sei ebenfalls nicht gegeben, da bereits eine erforderliche "Weiterbildung" bei der Klägerin nicht vorliege.
Daraufhin hat die Klägerin am 1. Dezember 2005 Klage erhoben. Zur Begründung vertieft sie ihre bisherigen Ausführungen.
Die Klägerin beantragt,
die Beklagte unter Aufhebung ihres Ablehnungsbescheides vom 16. November 2005 zu verpflichten, sie zur mündlichen Prüfung zur Erlangung der Zusatzbezeichnung "Physikalische Therapie" zuzulassen.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen,
und vertieft ihrerseits die im angefochtenen Bescheid gegebene Begründung.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakten und der beigezogenen Verwaltungsvorgänge der Beklagten verwiesen.
Entscheidungsgründe
Die Klage ist unbegründet.
Die Klägerin hat keinen Anspruch auf Zulassung zur mündlichen Prüfung zur Erlangung der Zusatzbezeichnung "Physikalische Therapie". Der Ablehnungsbescheid der Beklagten vom 16. November 2005 ist mithin rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten (§ 113 Abs. 5 VwGO). Die Beklagte hat die streitige Anerkennung deshalb versagt, weil die Klägerin die Weiterbildung in dem Bereich der physikalischen Therapie nicht ordnungsgemäß abgeschlossen habe, und hat demgemäß eine mündliche Prüfung nicht mehr durchgeführt. Die Entscheidung ist rechtlich nicht zu beanstanden. Zur Begründung verweist die Kammer auf den angefochtenen Bescheid der Beklagten vom 16. November 2005, dessen Gründen sie folgt (§ 117 Abs. 5 VwGO). Im Hinblick auf die Klagebegründung ist Folgendes teils wiederholend, teils ergänzend auszuführen:
Rechtsgrundlage für die Anerkennung von Zusatzbezeichnungen sind §§ 34 ff. des Kammergesetzes für die Heilberufe - HKG - i. V. m. der Weiterbildungsordnung - WBO - der beklagten Ärztekammer Niedersachsen. Nach §§ 34 Abs. 1, 35 Abs. 1 Satz 1 HKG i. V. m. der WBO darf die Zusatzbezeichnung "Physikalische Therapie" bzw. nunmehr "Physikalische Therapie und Balneologie" führen, wer nach abgeschlossener Weiterbildung in dem Bereich die Anerkennung durch die Ärztekammer erhalten hat. Voraussetzung für die Anerkennung ist nach der WBO neben einer (ordnungsgemäßen) Weiterbildung das erfolgreiche Bestehen einer mündlichen Prüfung vor dem Prüfungsausschuss der Beklagten.
Gemäß § 34 Abs. 1 Satz 1 HKG können Kammermitglieder, die durch Weiterbildung besondere Kenntnisse in einem bestimmten beruflichen Gebiet oder Teilgebiet oder andere zusätzliche Kenntnisse erworben haben, nach Maßgabe dieses Gesetzes neben ihrer Berufsbezeichnung weitere Bezeichnungen u. a. als Zusatzbezeichnung führen. Die Kammer legt gemäß § 34 Abs. 2 Satz 1 HKG in ihrer Weiterbildungsordnung u. a. diese Zusatzbezeichnungen fest, soweit dies im Hinblick auf die wissenschaftliche Entwicklung und zur angemessenen Versorgung u. a. der Bevölkerung erforderlich ist. Eine Zusatzbezeichnung darf nach § 35 Abs. 1 Satz 1 HKG nur führen, wer hierfür eine Anerkennung durch die Kammer erhalten hat. Die Anerkennung erhält nach § 35 Abs. 2 HKG auf Antrag, wer eine Weiterbildung nach den §§ 37 und 38 HKG erfolgreich abgeschlossen hat (Nr. 1) oder in einem von den §§ 37 und 38 HKG abweichenden Weiterbildungsgang eine Weiterbildung erfolgreich abgeschlossen hat und deren Gleichwertigkeit nachweist (Nr. 2). Die Weiterbildung in den Gebieten oder Teilgebieten wird nach § 37 Abs. 1 Satz 1 HKG unter verantwortlicher Leitung von Kammermitgliedern, die die Kammer hierzu ermächtigt hat, in Weiterbildungsstätten durchgeführt. Die Weiterbildungsordnung kann gemäß Satz 4 Halbsatz 1 dieser Vorschrift vorsehen, dass auch die Weiterbildung zum Erwerb einer Zusatzbezeichnung unter der verantwortlichen Leitung ermächtigter Kammermitglieder durchgeführt wird. Die Weiterbildung wird gemäß § 38 Abs. 3 HKG ganztägig und hauptberuflich abgeleistet; die Weiterbildungsordnung kann für den Erwerb einer Zusatzbezeichnung Abweichendes bestimmen. Die vorgeschriebene Weiterbildungszeit soll gemäß § 38 Abs. 3 Satz 2 HKG in mindestens zwei Weiterbildungsstätten abgeleistet werden und jeweils sechs Monate nicht unterschreiten; die Weiterbildungsordnung kann für Gebiete und Teilgebiete Abweichendes bestimmen, soweit dies mit den Zielen der Weiterbildung vereinbar ist. Nach § 38 Abs. 4 Satz 1 HKG kann die Weiterbildung in persönlich begründeten Fällen in Teilzeit abgeleistet werden, wobei nach Satz 2 dieser Vorschrift Gesamtdauer und Qualität den Anforderungen an eine ganztägige Weiterbildung entsprechen müssen und die Entscheidung gemäß Satz 3 die Kammer trifft. Die Weiterbildung hat gemäß § 40 Abs. 1 Satz 1 HKG erfolgreich abgeschlossen, wer (1) nach abgeschlossener Berufsausbildung, d. h. nach dem Bestehen der Ärztlichen Prüfung (vgl. Satz 2), die für die Weiterbildung vorgeschriebenen Weiterbildungsabschnitte durchlaufen hat und (2) vor dem Prüfungsausschuss der Kammer durch die Zeugnisse nach § 38 Abs. 5 HKG und eine mündliche Prüfung nachgewiesen hat, dass er die erforderlichen besonderen oder zusätzlichen Kenntnisse und Fertigkeiten besitzt. Das Nähere zur Ausgestaltung der Weiterbildung regelt gemäß § 41 Abs. 1 HKG die Kammer in ihrer Weiterbildungsordnung, die bestimmte in dem Katalog der Nr. 1 bis 9 des § 41 Abs. 1 HKG aufgeführte Mindestfestlegungen zu treffen hat.
Im vorliegenden Fall kann die zwischen den Beteiligten streitige Frage, welche Fassung der WBO anzuwenden ist, dahinstehen. Denn sowohl nach der am 1. Mai 2005 in Kraft getretenen Weiterbildungsordnung vom 27. November 2004 - im Folgenden: WBO 2004 - als auch nach der bis dahin geltenden Fassung der Weiterbildungsordnung vom 6. Februar 1993 in der bis zum 30. April 2005 in Kraft gewesenen Fassung - im Folgenden: WBO 1993 - kann die Klage keinen Erfolg haben.
Der Klägerin mangelt es am Erfordernis der Durchführung der Weiterbildung in "hauptberuflicher und ganztägiger Stellung". Nach § 4 Abs. 6 Satz 1 WBO 1993 ist die Weiterbildung in den Gebieten und Schwerpunkten sowie in der zusätzlichen Weiterbildung in dem Gebiet grundsätzlich ganztägig und in hauptberuflicher Stellung durchzuführen. Nach Satz 3 dieser Bestimmung kann, wenn eine ganztägige Weiterbildung in persönlich begründeten Fällen nicht möglich ist, die Weiterbildung in Teilzeitbeschäftigung erfolgen. Gemäß § 4 Abs. 6 WBO 2004 wird die Weiterbildung in den Gebieten und Schwerpunkten ganztägig und hauptberuflich abgeleistet. Dies gilt auch für zusätzliche Weiterbildungen und die Weiterbildung zum Erwerb einer Zusatzbezeichnung, soweit - wie hier - in Abschnitt C nicht anderes geregelt ist. Nach § 4 Abs. 7 Satz 1 WBO 2004 kann die Weiterbildung in persönlich begründeten Fällen in Teilzeit abgeleistet werden, wenn ihre Gesamtdauer und Qualität den Anforderungen an eine ganztägige Weiterbildung entsprechen.
Die Klägerin hat die Weiterbildung nicht in "hauptberuflicher Stellung" durchgeführt. Ihre hauptberufliche Stellung ist die einer Chefärztin, sodass sie daneben oder in diese Tätigkeit integriert nicht zugleich eine Weiterbildung in der von der WBO der Beklagten geforderten strukturierten Art und Weise absolvieren kann. Nach der WBO 2004 wird sowohl vom Wortlaut als auch der Systematik her vom Erfordernis der Weiterbildung in hauptberuflicher Stellung keine Ausnahme gemacht; eine derartige Ausnahme gibt es lediglich vom Erfordernis der Ganztägigkeit in "persönlich begründeten Fällen". Diese Systematik liegt entgegen der Ansicht der Klägerin bereits der WBO 1993 zugrunde. Das in § 1 Abs. 1 Satz 4 WBO 1993/§ 1 Abs. 1 Satz 2 WBO 2004 formulierte Ziel der Weiterbildung, die Qualität in der ärztlichen Berufsausbildung zu sichern, verlangt nach den zuvor gemachten Ausführungen eine ganztägige und hauptberufliche Weiterbildung. Soll hiervon abgewichen werden, so kann dies nur in der Weise geschehen, dass die Weiterbildung zwar in Teilzeitbeschäftigung, aber nicht nebenberuflich durchgeführt wird. § 4 Abs. 6 Satz 1 WBO 1993 stellt schon seinem Wortlaut nach eine Ausnahme vom Grundsatz einer ganztägigen, nicht aber eine Ausnahme von einer hauptberuflichen Weiterbildung dar (vgl. hierzu bereits das den Beteiligten bekannte Urteil der erkennenden Kammer vom 8.10.2003 - 5 A 220/03 -). Bestätigt wird diese Annahme durch Satz 3 dieser Bestimmung, wonach lediglich vom Erfordernis der Ganztägigkeit in persönlich begründeten Fällen, nicht aber vom Erfordernis der Hauptberuflichkeit eine Ausnahme zugelassen wird.
Des Weiteren erfüllt die Klägerin das Kriterium der "Ganztägigkeit" nicht. Eine Teilzeitbeschäftigung im Sinn der genannten Ausnahmeregelung liegt vor, wenn der Arzt seine (haupt-)berufliche Tätigkeit in einem zeitlich reduzierten Umfang ausübt, nicht aber, wenn er über seine "normale" ärztliche Tätigkeit hinaus oder - wie im Fall der Klägerin - im Rahmen dieser Tätigkeit sich zeitgleich und zusätzlich weiterbilden lässt. Eine Weiterbildungszeit zusätzlich oder inhaltsgleich zur vollen ärztlichen Tätigkeit als niedergelassener Facharzt oder als Arzt im Krankenhaus stellt keine Teilzeitbeschäftigung dar, die durch die Ausnahmeregelung ermöglicht werden soll. Das in § 1 Abs. 1 Satz 4 WBO 1993/§ 1 Abs. 1 Satz 2 WBO 2004 formulierte Ziel der Weiterbildung, die Qualität in der ärztlichen Berufsausbildung zu sichern, verlangt nach den zuvor gemachten Ausführungen eine grundsätzlich ganztägige und zugleich eine hauptberufliche Weiterbildung. Soll hiervon abgewichen werden, so kann dies nur in der Weise geschehen, dass die Weiterbildung zwar in Teilzeitbeschäftigung durchgeführt werden kann, diese aber den Schwerpunkt der ärztlichen Berufsausübung bildet und nicht nebenberuflich ausgeübt wird. § 4 Abs. 6 Satz 3 WBO 1993 stellt - wie bereits ausgeführt - eine Ausnahme vom Grundsatz einer ganztägigen, nicht aber eine Ausnahme von einer hauptberuflichen Weiterbildung dar.
Schließt die Regelung in § 4 Abs. 6 WBO 1993 eine nebenberufliche Weiterbildung schon aus grundsätzlichen Erwägungen aus, so ist darüber hinaus auch nicht ersichtlich, dass der Klägerin eine ganztägige Weiterbildung als "persönlich begründeter Fall" nicht möglich gewesen ist. Die Klägerin hat persönliche Gründe für eine Weiterbildung in Teilzeitbeschäftigung nicht dargetan. Das wirtschaftliche Interesse, die bisher ausgeübte Tätigkeit als Chefärztin in vollem Umfang aufrecht zu erhalten und nicht zugunsten einer ordnungsgemäßen Weiterbildung zu reduzieren, stellt keinen persönlichen Ausnahmegrund im Sinne von § 4 Abs. 6 Satz 3 WBO 1993/§ 6 Abs. 7 Satz 1 WBO 2004 dar.
Die Klägerin hat auch keinen Anerkennungsanspruch nach § 19 Abs. 1 Satz 1 WBO 1993/§ 10 WBO 2004. Danach erhält, wer in einem von der Weiterbildungsordnung abweichenden Weiterbildungsgang eine Weiterbildung abgeschlossen hat, auf Antrag die Anerkennung durch die Ärztekammer, wenn die Weiterbildung gleichwertig ist. Die Klägerin erfüllt die Voraussetzungen nach diesen Regelungen nicht. Sie hat keine Weiterbildung in einem abweichenden Weiterbildungsgang abgeschlossen, auf den sie sich nun berufen könnte. Ihr geht es um die Anerkennung einer - wie ausgeführt - nicht ordnungsgemäß durchgeführten und abgeschlossenen Weiterbildung in dem Bereich, für den sie auch die Zusatzbezeichnung begehrt. Die Regelungen des § 19 Abs. 1 Satz 1 WBO 1993 und des § 10 WBO 2004 sind in einem solchen Fall nicht einschlägig. Daher greift die von der Klägerin angeführte Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichtes (vgl. etwa Beschl. v. 15.10.2001 - 3 B 134/00 -, NJW 2002, 455), nach der die Gleichwertigkeit des Ausbildungsstandes nach objektiven Umständen im Hinblick auf den vom Betroffenen absolvierten Ausbildungsgang zu bemessen ist, nicht zu ihren Gunsten.
Mit ihrer gegenteiligen Ansicht, es komme allein darauf an, dass sie die erforderlichen Kenntnisse und Fähigkeiten besitze, kann die Klägerin nicht durchdringen. Wie die Beklagte zu Recht angeführt hat, stellen die genannten Anforderungen keinen bloßen Formalismus, sondern ein wesentliches Instrument zur Gewährleistung der Qualität der ärztlichen Weiterbildung dar. Nur durch einen für alle Ärzte in gleicher Weise geregelten Erwerb einer Qualifikation nach dem ärztlichen Berufsrecht wird die für die Qualitätssicherung erforderliche Strukturqualität der ärztlichen Tätigkeit und Weiterbildung gewährleistet (VG Saarlouis, Urt. v. 13.2.2006 - 1 K 11/05 -, juris). Dass die Klägerin sich in ihrer täglichen Arbeit als Chefärztin die entsprechenden Kenntnisse im Bereich der physikalischen Therapie unter Anleitung angeeignet hat, reicht zur Erfüllung der Voraussetzungen der Weiterbildung und zur Erlangung der erstrebten Zusatzbezeichnung mithin nicht aus.
Die Klägerin wird durch die angegriffene Entscheidung der Beklagten nicht in ihrem Grundrecht aus Art. 12 Abs. 1 GG verletzt. Die Regelungen in § 38 Abs. 3, 4 HKG i. V. m. § 4 Abs. 6 WBO 1993/2004 über die Weiterbildung in den Gebieten, Schwerpunkten und Bereichen stellen Berufsausübungsregelungen i. S. d. Art. 12 Abs. 1 Satz 2 GG dar, die der Qualitätssicherung in der ärztlichen Berufsausübung dienen. Sie sind durch vernünftige Erwägungen des Allgemeinwohls gedeckt und belasten die sich weiterbildenden Ärzte nicht übermäßig. Der Erwerb einer Zusatzbezeichnung im Rahmen der Weiterbildung von Ärztinnen und Ärzten kann durch Gesetz oder auf Grund eines Gesetzes, d. h. auch durch autonomes Satzungsrecht, geregelt werden.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 167 VwGO i.V.m. § 708 Nr. 11 ZPO.
Gründe für die Zulassung der Berufung sind nicht gegeben.