Oberverwaltungsgericht Niedersachsen
Urt. v. 13.03.2002, Az.: 2 LB 2171/01
Auswahl; Beamter; Bekleidung; Bekleidungsvorschrift; Bildungsauftrag; Eignung; Einstellung; Ernennung; Grundschule; Hauptschule; Islam; Kopfbedeckung; Kopftuch; Lehrer; Neutralitätsgebot; Schule; Unterricht
Bibliographie
- Gericht
- OVG Niedersachsen
- Datum
- 13.03.2002
- Aktenzeichen
- 2 LB 2171/01
- Entscheidungsform
- Urteil
- Referenz
- WKRS 2002, 43981
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- [keine Angabe]
Verfahrensgang
- vorgehend
- VG - 16.10.2000 - AZ: 1 A 98/00
Rechtsgrundlagen
- Art 4 Abs 1 GG
- Art 6 Abs 2 GG
- Art 7 Abs 1 GG
- Art 33 Abs 3 GG
- § 6 Abs 1 Nr 3 BG ND
- § 7 Abs 1 Nr 1 BG ND
- § 8 Abs 1 S 1 BG ND
- § 61 BG ND
- Art 3 Abs 3 S 1 GG
- Art 140 GG
- Art 136 WRV
- Art 137 WRV
- § 2 SchulG ND
- § 3 SchulG ND
- § 50 Abs 1 SchulG ND
- § 52 Abs 5 SchulG ND
Amtlicher Leitsatz
Leitsatz
Die Schulverwaltung hält sich innerhalb ihres Beurteilungsspielraums, wenn sie eine Bewerberin für die Einstellung als Beamtin auf Probe in den staatlichen Schuldienst als ungeeignet für das Amt einer Grund- und Hauptschullehrerin ansieht, weil diese im Dienst aus religiösen Gründen ein Kopftuch tragen will.
Die Bewerberin kann ein Recht auf eine solche Bekleidung im Unterricht nicht aus dem religiöse Bezüge enthaltenden Bildungsauftrag des niedersächsischen Schulgesetzes ableiten.
Tatbestand:
Die Klägerin begehrt die Einstellung als Beamtin auf Probe in den staatlichen Schuldienst.
Die 1958 geborene Klägerin ist gebürtige Deutsche. Sie bekannte sich nach Taufe und Konfirmation zunächst zum evangelisch-lutherischen Glauben. 1990 trat sie zum Islam über. Sie heiratete 1992 den Syrer A. und änderte 1993 ihren Vornamen von I. in I. S..
Die Klägerin bewarb sich nach dem in den 80er Jahren absolvierten Vorbereitungsdienst zum 1. September 1999 um die Einstellung in den niedersächsischen Schuldienst für das Lehramt an Grund- und Hauptschulen. In dem unter dem 3. Mai 1999 ausgefüllten Bewerbungsvordruck („Wiederbewerbungsbogen“) gab sie u.a. an, sich um alle geeigneten Stellen in den Landkreisen/kreisfreien Städten O., H., Landkreis H., B. und L. zu bewerben. Ferner trug sie ein, sie bewerbe sich um insgesamt acht konkret benannte geeignete Stellen für ihre Fächerkombination Deutsch/Kunst. Unter anderem handelte es sich um die Grundschule Wilhelm-Busch-Schule in S.. Zuvor hatte sich die Klägerin bereits zu verschiedenen Einstellungsterminen und auch für andere Landkreise und kreisfreie Städte beworben. Nach dem September 1999 reichte sie weitere Wiederbewerbungsbögen ein. Ferner bewarb sie sich allgemein zum nächstmöglichen Zeitpunkt.
Nach einem Vorstellungsgespräch in der Außenstelle S. der Beklagten am 18. August 1999 und der Vorlage eines amtsärztlichen Gesundheitszeugnisses erhielt die Klägerin von der Beklagten zunächst mit Schreiben vom 1. September 1999 eine Einstellungs-Absichtserklärung. Danach sollte sie nach abschließender Prüfung aller Einstellungsvoraussetzungen und der Zustimmung des Schulbezirkspersonalrates unter Berufung in das Beamtenverhältnis auf Probe als teilzeitbeschäftigte Lehrerin an der Grundschule Wilhelm-Busch Schule in S. eingestellt werden.
In dem Vorstellungsgespräch hatte die Klägerin bereits erläutert, sie habe privat und bei Lehrtätigkeiten an privaten Schulen während und außerhalb des Unterrichts aus religiösen Gründen ein Kopftuch getragen und beabsichtige, dieses auch in Zukunft zu tun. Das bekräftigte sie in einem aus anderem Anlass geführten Telefongespräch mit der Beklagten am 2. September 1999.
Mit Schreiben vom 6. September 1999 teilte die Beklagte der Klägerin mit, sie habe vor, ihr Einstellungsangebot vom 1. September 1999 zurückzunehmen. Zur Begründung gab sie an, die Klägerin wolle als Ausdruck ihrer religiösen Überzeugung im Dienst ein Kopftuch tragen. Die verfassungsrechtlich geforderte Neutralität der Schule und das Erziehungsrecht der Eltern nach Art. 6 Abs. 2 GG forderten eine Bekleidung, mit der Schülerinnen und Schüler nicht einem ihrer Überzeugung widersprechenden religiösen oder weltanschaulichen Einfluss ausgesetzt seien. Insofern sei die verfassungsrechtlich garantierte Freiheit des religiösen und weltanschaulichen Bekenntnisses und der freien Religionsausübung nach einer Verbeamtung für die Klägerin beschränkt.
Nachdem der Schulbezirkspersonalrat der Einstellung der Klägerin zuvor bereits unter Hinweis auf die 3/4-Teilzeitbeamtenstelle widersprochen hatte, verweigerte er unter dem 8. September 1999 die Zustimmung wegen der Absicht, im Dienst ein Kopftuch zu tragen. Der Schulbezirkspersonalrat gab zur Begründung an, das Tragen des Kopftuches widerspreche dem Neutralitätsgebot, dem Mäßigungsgebot für Beamte und dem Recht auf negative Religionsfreiheit der Schülerinnen und Schüler. Eine Grundschullehrerin mit Kopftuch konterkariere, besonders für die muslimischen Schülerinnen, das durch das Grundgesetz festgeschriebene Bildungsziel der Gleichberechtigung der Geschlechter. Das Tragen des Kopftuches stelle in diesem Zusammenhang kein Bekenntnis zu einer religiösen Gemeinschaft dar, sondern das Symbol für eine fundamentalistische, religiös verbrämte politische Grundeinstellung.
Unter dem 20. September 1999 teilte die Beklagte der Klägerin mit, die Stelle an der Wilhelm-Busch-Schule in S. sei am 15. September 1999 mit einer anderen Lehrkraft besetzt worden. Gegen die Besetzung der Stelle in S. legte die Klägerin Widerspruch ein. Die Klägerin erhielt sodann eine Mitteilung der Beklagten, dass es nach eingehender Auswertung aller vorliegenden Bewerbungen nicht möglich gewesen sei, ihre Bewerbung um Einstellung als Lehrkraft auf eine Stelle zum 1. September 1999 zu berücksichtigen (nicht datiertes Schreiben, Bl. 64 a BA C).
Am 6. Oktober 1999 stellte die Klägerin bei dem Verwaltungsgericht einen einstweiligen Rechtsschutzantrag (1 B 100/99). Mit Schriftsatz vom 21. Oktober 1999 erklärte die Beklagte, der Klägerin werde im Falle des Obsiegens im Hauptsacheverfahren eine geeignete Stelle zu Verfügung gestellt. Die Klägerin legte mit Schriftsatz vom 17. November 1999 auch Widerspruch gegen die Ablehnung in dem nicht datierten Schreiben ein. In einem Schriftsatz vom 9. Dezember 1999 führte die Beklagte aus, bereits bei Erhebung des Widerspruchs am 27. September 1999 seien sämtliche Stellen, auf die sich die Klägerin zum 1. September 1999 beworben habe, mit anderen Bewerbern besetzt gewesen. Ihre Widersprüche hätten sich deshalb erledigt. Es werde jedoch ein Feststellungsinteresse für einen Fortsetzungsfeststellungswiderspruch bejaht, weil die Klägerin aus den bekannten grundsätzlichen Erwägungen auch zu allen nachfolgenden Einstellungsterminen abgelehnt werde. So sei nicht beabsichtigt, sie zum Einstellungstermin 1. Februar 2000 zu berücksichtigen. Mit Beschluss vom 11. Januar 2000 (1 B 100/99) lehnte es das Verwaltungsgericht ab, die Beklagte im Wege der einstweiligen Anordnung zu verpflichten, die Klägerin bis zum bestands- bzw. rechtskräftigen Abschluss des Verfahrens zum Schuldienst zuzulassen.
Mit Widerspruchsbescheid vom 14. Februar 2000 wies die Beklagte die Widersprüche der Klägerin gegen die anderweitige Besetzung der Stelle an der Wilhelm-Busch Schule in S. und gegen ihre generelle Ablehnung zurück. Zur Begründung führte die Beklagte im Wesentlichen an, jede Lehrkraft trete im Schulunterricht den Schülerinnen und Schülern als Vertreterin oder Vertreter des Staates gegenüber und müsse ihr Verhalten daher an dem Gebot religiöser und weltanschaulicher Neutralität ausrichten. Der Staat könne die friedliche Koexistenz unterschiedlicher religiöser und weltanschaulicher Überzeugungen nur gewährleisten, wenn er selbst in Glaubensfragen Neutralität bewahre. Durch das Tragen des Kopftuches während des Unterrichtes bringe eine Lehrerin jederzeit ihre Zugehörigkeit zum Islam zum Ausdruck. Dadurch könne sich eine religiöse Beeinflussung der Schülerinnen und Schüler ergeben. Diese könnten veranlasst werden, sich mit diesen Ideen zu beschäftigen. Gerade im Grund- und Hauptschulbereich würden die überwiegend religionsunmündigen Schülerinnen und Schüler sich oft unbewusst an den Lehrkräften als Vorbildern ausrichten und religiöse Vorstellungen unüberlegt aufgreifen. Es sei ohne Belang, ob der bekennende Charakter des Tragens eines Kopftuches beabsichtigt sei oder nicht. Der darin liegende Verstoß gegen die Verpflichtung zur religiös und weltanschaulich neutralen Amtsführung sei mit den Dienstpflichten einer Lehrerin nicht vereinbar. Der Klägerin fehle deshalb die Eignung als Beamtin im Allgemeinen und als Lehrkraft im Besonderen. Dieses Ergebnis stimme mit den von dem Bundesverfassungsgericht in dem sogenannten Kruzifixbeschluss vom 16. Mai 1995 dargelegten Grundsätzen überein. Das Verbot des Kopftuchtragens während des Unterrichts lasse sich darüber hinaus aus dem Gebot, die Gleichberechtigung der Geschlechter durchzusetzen (Art. 3 Abs. 2 GG), herleiten. Mädchen dürften danach nicht in ein Frauenbild gedrängt werden, das der grundgesetzlichen Wertung zuwiderlaufe. Dieses könne für muslimische Mädchen aber durch eine kopftuchtragende Lehrerin virulent werden.
Die Klägerin hat am 23. März 2000 Klage erhoben. Zur Begründung trägt sie im Wesentlichen vor, das Tragen des Kopftuches sei eine sich unmittelbar aus ihrem Glauben ergebende, untrennbar damit verbundene und zur Verwirklichung ihrer Glaubensgrundsätze zwingend erforderliche Kleidungsgewohnheit, die ihrem sittlichen und moralischen Empfinden entspreche und auf die sie in aller Regel nicht verzichten könne. Anderenfalls könne sie den von ihrem Glauben an sie gestellten Anforderungen nicht gerecht werden und laufe so Gefahr, ihren religiösen Geboten als gläubige, sittsame und keusche Frau untreu zu werden. Sie sehe es deshalb als ihre individuelle religiöse Verpflichtung an, in der Öffentlichkeit ständig ein Kopftuch zur Bedeckung ihrer Reize bzw. Blöße, wozu auch das unbedeckte Haar gehöre, zu tragen. Dies gelte auch für die Zeit während des Dienstes als Lehrerin in der Schule. Die Klägerin hat eine „Chronologische Beschreibung ihrer religiösen Entwicklung, ihres religiösen Verständnisses und der Bedeutung des „Kopftuches“ in meinem Leben“ zu den Akten gereicht. Auf den Inhalt wird Bezug genommen (Bl. 80 GA).
Es sei darüber hinaus zu berücksichtigen, dass eine Lehrerin oder ein Lehrer im Gegensatz zu Amtswaltern, die Verwaltungsakte erließen oder Entscheidungen fällten, auch als Person und mit ihren pädagogischen und sozialen Kompetenzen gefordert seien. Das Gebot der religiösen und weltanschaulichen Neutralität sei deshalb für diese Gruppe staatlicher Bediensteter anders zu verstehen. Der Charakter der Schule sei in religiösen Fragen nicht distanzierend. Es gehe darum, Bildungs- und Kulturwerte zu vermitteln. Dieses könne nicht unabhängig von der eigenen Persönlichkeit der Lehrperson geschehen. Die Beklagte propagiere aber im Kern eine vollständige Trennung der natürlichen Person mit ihren religiösen Vorstellungen von der Amtsausübung bzw. dem staatlichen Handeln. Dieses laufe auf ein laizistisches Staatsverständnis hinaus, welches dem Grundgesetz nicht entnommen werden könne. Die Religionsbetätigung dürfe nicht auf den internen Privatbereich zurückgedrängt und aus dem öffentlichen Bereich verbannt werden. Den Grundrechten der Schüler und der Eltern komme kein absoluter Vorrang gegenüber ihren Grundrechten zu. Das Kopftuch unterscheide sich ferner in verschiedener Hinsicht von anderen Formen religiöser Bekleidung, wie beispielsweise dem Tragen orange-roter Kleidungsstücke durch Bhagwan-Anhänger. Das Kopftuch sei auch nicht mit dem Tschador zu vergleichen. Der Beklagten gehe es allein oder zumindest hauptsächlich um die „Außenwirkung des Kopftuches“. Das konkrete, religiös motivierte Verständnis des Kopftuchtragens scheine nicht zu interessieren. Darauf komme es jedoch an, weil das Kopftuch nur im Zusammenhang mit ihrer Persönlichkeit eine bestimmte Wirkung auf Außenstehende ausübe. Sie habe nicht vor, ihre Mitmenschen und insbesondere die Schüler zu missionieren. Sie wolle im Unterricht nicht indoktrinieren oder für ihre Religion werben und wolle sich im Hinblick auf ihre Religion strikt neutral verhalten. Insbesondere die Grundschüler würden das Kopftuch, vor allem bei entsprechenden Erläuterungen, überhaupt nicht mit ihrer Religion und ihrem Glauben in Verbindung bringen. Etwaige Konflikte mit Schülern oder Eltern könnten durch einen Wechsel in eine andere Klasse gelöst werden. Notfalls könne sie als Lehrerin aus der Klasse herausgenommen oder sogar an eine andere Schule versetzt werden.
Die Klägerin hat beantragt,
die Ablehnungsentscheidung der Beklagten vom 2. September 1999 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids der Beklagten vom 14. Februar 2000 aufzuheben und die Beklagte zu verpflichten, sie gemäß ihrem ursprünglichen Antrag zum nächstmöglichen Zeitpunkt als beamtete Lehrerin einzustellen,
die Beklagte zu verpflichten, sie in besoldungs-, beihilfe- und versorgungsrechtlicher Hinsicht so zu stellen, als wäre sie bereits zum Schuljahr 1999/2000 in den beamteten Schuldienst aufgenommen worden,
hilfsweise festzustellen, dass die genannten Entscheidungen der Beklagten rechtswidrig sind und dass ihr Begehren, im beamteten staatlichen Schuldienst und Schulunterricht ein Kopftuch zu tragen, kein Einstellungs- bzw. Eignungshindernis darstellt.
Die Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie hat an ihrer Rechtsauffassung zur fehlenden Eignung der Klägerin als Lehrkraft festgehalten. Ergänzend hat sie vorgetragen: Insbesondere Grundschüler seien kaum in der Lage, die religiöse Motivation für das Kopftuchtragen intellektuell zu verarbeiten und sich bewusst für Toleranz oder Kritik zu entscheiden. Selbst wenn die Klägerin nicht die Absicht habe, für ihren Glauben zu werben, ergebe sich die Gefahr einer, wenn auch ungewollten Beeinflussung durch die als Respektsperson empfundene Lehrerin. Denn die Schüler seien allein durch den Sichtkontakt ständig gezwungen, sich mit dem äußeren Erscheinungsbild ihrer Lehrerin zu beschäftigen.
Das Verwaltungsgericht hat mit Urteil vom 16. Oktober 2000 die Beklagte unter Aufhebung ihrer Bescheide vom 2. September 1999 und 14. Februar 2000 verpflichtet, die Klägerin zum nächstmöglichen Zeitpunkt als Beamtin auf Probe einzustellen. Im Übrigen hat es die Klage abgewiesen.
Es hat zur Begründung im Wesentlichen ausgeführt, die Klägerin habe einen Anspruch auf Einstellung als Lehrerin in das Beamtenverhältnis auf Probe. Das Tragen eines Kopftuches auf Grund der religiösen Zugehörigkeit zum Islam stehe der Eignung der Klägerin für das Probebeamtenverhältnis nicht entgegen. Im Spannungsfeld zwischen positiver und negativer Bekenntnisfreiheit (Art. 4 Abs. 1 GG), dem Bildungs- und Erziehungsauftrag des Staates (Art. 7 Abs. 1 GG) und dem Erziehungsrecht der Eltern (Art. 6 Abs. 2 S. 1 GG) sei neben dem Neutralitätsgebot und dem Grundsatz praktischer Konkordanz insbesondere das Toleranzprinzip als ein tragendes Prinzip der freiheitlichen Demokratie zu beachten. Das Neutralitätsgebot sei nicht dazu da, Glaubenseinstellungen und religiöse Äußerungen von Lehrern im Schulleben gänzlich zu verhindern. Vielmehr sei ein Ausgleich der beteiligten Einstellungen und Grundwerte von der Lehrkraft im Wege der gegenseitigen Akzeptanz und Toleranz zu suchen. Ein laizistisches Staatsverständnis gebe es in Deutschland nicht. Die vom Bundesverfassungsgericht im sogenannten Kruzifixbeschluss (BVerfG, Beschl. v. 16.5.1995 - 1 BvR 1087/91 -, BVerfGE 93, 1, 22) gefundenen Grundsätze seien im vorliegenden Fall nur bedingt heranzuziehen. Denn dort sei es um ein religiöses Symbol an einer Klassenwand gegangen. Dessen Anbringung sei nur der staatlichen Einrichtung Schule zurechenbar. Es könne von der Wand problemlos entfernt werden. Im Fall der Klägerin gehe es jedoch um eine Grundrechtsträgerin.
Die psychische Beeinträchtigung der Schülerinnen und Schüler habe nur ein geringes Gewicht. Die Klägerin wirke im Unterricht mit ihrer gesamten Persönlichkeit. Ihre Wirkung sei gerade nicht allein auf das Tragen des Kopftuches reduziert. Sofern – wie bei der Klägerin - davon auszugehen sei, dass die Gesamtpersönlichkeit der Lehrerin gewährleiste, dass die Kinder in religiöser Hinsicht nicht missioniert würden, sei eine mögliche Suggestivwirkung, die gegebenenfalls von dem Kopftuch ausgehe, zu vernachlässigen. Die Kammer sei davon überzeugt, dass sich die Klägerin in Bezug auf Glaubensäußerungen, sei es ohne, sei es im Zusammenhang mit dem Kopftuch, äußerste Zurückhaltung auferlegen und keinesfalls für ihren Glauben werben werde. Sie habe deutlich gemacht, dass sie ihren Glauben allein als ihre Privatsache auffasse. Das Kopftuchtragen bleibe danach bei der Klägerin im Rahmen des Üblichen, vergleichbar mit dem Tragen eines Kreuzes an einer Halskette oder einer jüdischen Kippa.
Es sei nach den Erfahrungen mit der bisherigen Unterrichtstätigkeit der Klägerin nicht konkret abzusehen, ob überhaupt Probleme mit Schülern und Eltern im Unterricht entstehen würden. Deshalb sei es für die Klägerin im jetzigen Zeitpunkt unzumutbar, auf Grund von Prognosen, die jeglicher Tatsachengrundlage entbehrten, auf das Tragen des Tuches zu verzichten. Sofern es in der Probezeit wegen des Kopftuchtragens tatsächlich zu Problemen mit Schülerinnen und Schülern oder Eltern kommen sollte, könnten diese Konflikte durch Gespräche und Aufklärung oder organisatorische Maßnahmen der Beklagten gelöst werden. Wenn diese Bemühungen fehl schlügen, könne die Klägerin möglicherweise auch aufgefordert werden, das Kopftuch - gegebenenfalls auch nur während des Unterrichts im Klassenraum - zu entfernen. Letztlich könne die Beklagte während der Probezeit entstehende Probleme auch im Rahmen der Ernennung der Klägerin zur Beamtin auf Lebenszeit berücksichtigen.
Auf den Antrag der Beklagten hat der Senat mit Beschluss vom 20. Juni 2001 (2 L 4401/00) die Berufung zugelassen, weil die Rechtssache besondere rechtliche Schwierigkeiten aufweist (§ 124 Abs. 2 Nr. 2 VwGO).
Die Beklagte begründet die Berufung wie folgt: Das Verwaltungsgericht habe verkannt, dass es sich um eine Fortsetzungsfeststellungsklage im Sinne des § 113 Abs. 1 Satz 4 VwGO in entsprechender Anwendung handele. Sämtliche Stellen, auf die sich die Klägerin zum Einstellungszeitpunkt 1. September 2000 beworben habe, seien mittlerweile besetzt. Das Begehren der Klägerin habe sich dadurch erledigt.
Das Urteil sei auch insoweit rechtsfehlerhaft, als der Schulbezirkspersonalrat die für die Einstellung der Klägerin gemäß § 65 Abs. 1 Nr. 1 NPersVG erforderliche Zustimmung versagt habe, weshalb zunächst das gemäß § 70 NPersVG vorgesehene Verfahren bei Nichteinigung durchzuführen sei.
Das Verwaltungsgericht habe aber auch in der Sache verkannt, dass die Ablehnung der Einstellung der Klägerin in den niedersächsischen Schuldienst rechtmäßig sei. Die Klägerin sei zu Recht wegen erheblicher Zweifel an der beamtenrechtlichen Eignung im Sinne des § 8 NBG nicht eingestellt worden. Es sei nämlich zu erwarten gewesen, dass die Klägerin die Pflicht zur Neutralität verletzen werde. Das Verwaltungsgericht habe die Konfliktlage zwischen kollidierenden Verfassungsgütern und Grundrechten falsch bewertet. Im Sinne einer „praktischen Konkordanz“ gebühre der Neutralitätspflicht des Staates im religiösen und weltanschaulichen Bereich, der negativen Religionsfreiheit der Kinder und Eltern sowie deren Erziehungsrecht der Vorrang. Die Beklagte nimmt insofern Bezug auf ihr Vorbringen im erstinstanzlichen Verfahren. Ergänzend macht sie geltend, das Verwaltungsgericht habe sich zu Unrecht im wesentlichen auf das Toleranzgebot als „tragendes Prinzip freiheitlicher Demokratie“ gestützt. Dem Neutralitätsgebot sei im Schulbereich ein besonderes Gewicht beizumessen. Die Schule sei neben dem Elternhaus der zentrale Ort, an dem über die Wertorientierung der nachwachsenden Generation entschieden werde. Den Lehrkräften falle daher eine besondere Erziehungs- und Vorbildfunktion zu. Ihr prägender Einfluss auf die Schülerinnen und Schüler sei erwünscht und erforderlich. Im Hinblick auf das Tragen des Kopftuches komme es auf die objektive Rolle des Lehrers und dessen Funktion an. Der Wille, nicht zu missionieren und die Schüler nicht zu beeinflussen, sei nicht entscheidend. Es sei auf den Empfängerhorizont abzustellen. Auch nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichtes in dem Kruzifixbeschluss sei eine objektive Betrachtung geboten. Das Verwaltungsgericht habe deshalb nicht auf die persönlichen Vorstellungen und Ziele der Klägerin abstellen dürfen. Insbesondere bei Schülerinnen muslimischen Glaubens könne der plakativ durch das Tragen des Kopftuches vorgelebte Glauben zu erheblichen Gewissensnöten führen, wenn deren Eltern das Tragen eines Kopftuches für nicht erforderlich hielten. Die Trägerin eines Kopftuches verletze die Neutralitätspflicht ständig. Wichtig sei insofern, dass es für die Schülerinnen und Schüler keine Möglichkeit gebe, der religiösen Beeinflussung auszuweichen. Die Entscheidung, die Klägerin nicht einzustellen, sei auch verhältnismäßig. Es gebe keine Zwischenlösung. Die von dem Verwaltungsgericht ins Auge gefassten organisatorischen Maßnahmen seien nicht praktikabel.
Die Beklagte beantragt,
das angefochtene Urteil zu ändern und die Klage abzuweisen.
Die Klägerin beantragt,
die Berufung zurückzuweisen,
hilfsweise entsprechend dem Antrag in dem Schriftsatz vom 24.1.2002, S. 18 bis S. 19 zu entscheiden,
außerdem hilfsweise zu entscheiden entsprechend dem Antrag auf Einholung eines Sachverständigengutachtens (S. 20, 21 des Schriftsatzes) – jeweils unter Berücksichtigung der im Protokoll zu den Hilfsanträgen vermerkten Ergänzungen.
Sie bezieht sich ebenfalls auf ihr Vorbringen im erstinstanzlichen Verfahren. Ergänzend trägt sie vor, es handele sich nicht lediglich um eine Fortsetzungsfeststellungsklage, sondern - wie das Verwaltungsgericht zutreffend angenommen habe - um eine Verpflichtungsklage. Die Beklagte habe bereits im einstweiligen Rechtsschutzverfahren erklärt, im Falle eines Obsiegens im Hauptsacheverfahren werde für sie eine geeignete Stelle zur Verfügung gestellt.
Im Verhältnis zu ihr komme es auf das ablehnende Votum des Schulbezirkspersonalrates nicht an. Sie habe einen Anspruch auf Einstellung unabhängig von der Zustimmung des Personalrats. Sofern das Berufungsgericht sich nicht der Rechtsauffassung des Verwaltungsgerichtes anschließe, sei der Schulbezirkspersonalrat erneut zu beteiligen. Dieser sei notwendig beizuladen.
Weiterhin macht die Klägerin geltend, § 2 NSchG mache deutlich, dass christliche Einflüsse von der Schule nicht ferngehalten werden sollten. Lehrer müssten neben sozialen auch religiöse Erfahrungen haben. Ferner verweise sie auf § 52 Abs. 5 NSchG, wonach die Stellen der Lehrkräfte nach der bekenntnismäßigen Zusammensetzung der Schülerschaft besetzt werden sollten. Die Lehrerin erfülle den staatlichen Erziehungs- und Bildungsauftrag u.a., indem sie Toleranz gegenüber anderen Meinungen, Religionen und Weltanschauungen vorlebe, ohne zu missionieren. Die Beklagte konkretisiere nicht, welchen Inhalt die angebliche religiöse Beeinflussung habe. Soweit dem Kopftuch lediglich die Aussage beigemessen werden könne, sie sei eine Muslima, dürfe deswegen keine Diskriminierung erfolgen. Es bleibe unklar, für welche zu missbilligenden Ziele bzw. Aussagen das Kopftuch stehe, ob etwa der Fundamentalismus einer islamischen Minderheit der Ablehnungsgrund sei. Ein religiöses Symbol sei das Kopftuch jedenfalls nicht. Die Prognose über die zukünftig fehlende Eignung sei angesichts ihrer bisherigen konfliktfreien Lehrtätigkeit ebenfalls unsubstantiiert und entbehre konkreter Anhaltspunkte. Differenzen in der Schule könnten ferner sehr wohl durch verschiedene Maßnahmen beseitigt werden. Schließlich sei anzumerken, dass sie gerade als moderne, berufstätige, moslemische Frau bedrängten Schülerinnen, die in ihrem Elternhaus eine andere Haltung kennen lernten, helfen könne.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den übrigen Inhalt der Gerichtsakten, auch des einstweiligen Rechtsschutzverfahrens des Verwaltungsgerichts (1 B 100/99), und der beigezogenen Verwaltungsvorgänge der Beklagten Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
Die zulässige Berufung ist begründet.
Die Klage ist als Verpflichtungsklage gemäß § 42 Abs. 1 VwGO zulässig. Der Klägerin geht es nicht lediglich darum, festzustellen, ob sie die Stelle als Lehrerin an der Grundschule Wilhelm-Busch-Schule in S. oder eine andere Stelle zum 1. September 1999 rechtswidrig nicht erhalten hat. Sie begehrt, überhaupt auf irgendeiner geeigneten Stelle eingestellt zu werden. Dieses Klagebegehren, das auch Gegenstand des Verwaltungsverfahrens war, hat sich nicht erledigt. Denn die Beklagte hat in der mündlichen Verhandlung erklärt, es sei möglich, für die Klägerin im Falle ihres Obsiegens eine Stelle mit der Fächerkombination Deutsch/Kunst an einer Grund- oder Hauptschule zu finden. Dem entspricht die Zusage der Beklagten im einstweiligen Rechtsschutzverfahren, der Klägerin werde im Falle eines Obsiegens im Hauptsacheverfahren eine geeignete Stelle zur Verfügung gestellt (Schriftsatz vom 21.10.1999).
Der Schulbezirkspersonalrat war weder notwendig noch einfach beizuladen (§ 65 Abs. 1 u. 2 VwGO). In der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts zur Beiladung von sogenannten unabhängigen Stellen (Bundes- oder Landespersonalausschuss) in Verwaltungsstreitverfahren über beamtenrechtliche Entscheidungen ist geklärt, dass eine Beiladung dann nicht zu erfolgen hat, wenn die unabhängige Stelle derselben Körperschaft wie die Dienstbehörde angehört (BVerwG, Urt. v. 19.1.1967 – BVerwG VI C 73.64 – BVerwGE 26, 31 -; Urt. v. 28.10.1970 – BVerwG VI C 129.67 – BVerwGE 36, 188 -). Die Mitwirkung des Schulbezirkspersonalrates bei der Einstellung nach §§ 65 Abs. 1 Nr. 1 i.V.m. 68 Abs. 1 NPersVG ist mit der Mitwirkung der Bundes- oder der Landespersonalausschüsse vergleichbar (vgl. etwa §§ 10 Abs. 3 S. 2 i.V.m. 119 Abs. 1 Nr. 1 NBG). Gehört der Personalrat zu derselben Körperschaft, ist er nicht als ‚Dritter‘ i.S.d. § 65 VwGO zu beteiligen (vgl. auch zu Landes- oder Bundesbehörden bei Verfahren gegen das Land oder den Bund: BVerwG, Urt. v. 25.8.1988 – BVerwG 2 C 62.85 – BVerwGE 80, 127; Beschl. v. 17.10.1985 – 2 C 25.82 – BVerwGE 72,165). Der Schulbezirkspersonalrat wird gem. § 95 Abs. 1 S. 1 NPersVG bei der Bezirksregierung als nachgeordneter Schulbehörde gebildet und gehört damit zu derselben Körperschaft wie die Beklagte.
Der Bescheid der Beklagten vom 2. September 1999 in der Fassung des Widerspruchsbescheides der Beklagten vom 14. Februar 2000 ist rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten (§ 113 Abs. 5 S. 1 VwGO). Die Klägerin hat keinen Anspruch auf Einstellung in den niedersächsischen Schuldienst als Beamtin auf Probe zum nächstmöglichen Zeitpunkt. Die Beklagte durfte im Rahmen des ihr bei der Entscheidung über die Einstellung zustehenden Ermessens annehmen, der Klägerin fehle auf Grund ihrer Absicht, im Dienst aus religiösen Gründen ein Kopftuch zu tragen, die erforderliche Eignung für die Tätigkeit als Lehrerin an Grund- und Hauptschulen.
Die von der Klägerin erstrebte Einstellung bedarf gemäß § 6 Abs. 1 Nr. 3 NBG iVm § 7 Abs. 1 Nr. 1 NBG der Ernennung. Nach § 8 Abs. 1 S. 1 NBG sind die Auslese und die Ernennung der Bewerber und Beamten nach Eignung, Befähigung und fachlicher Leistung vorzunehmen. Die Entscheidung über die Einstellung eines Bewerbers und die Auswahl unter mehreren Bewerbern liegt im pflichtgemäßen Ermessen des Dienstherrn. Die im Rahmen der Ermessensentscheidung vorzunehmende Beurteilung von Eignung, Befähigung und fachlicher Leistung ist ein Akt wertender Erkenntnis, der vom Gericht nur beschränkt darauf zu überprüfen ist, ob die Verwaltung den anzuwendenden Begriff verkannt, der Beurteilung einen unrichtigen Sachverhalt zugrunde gelegt, allgemeingültige Wertmaßstäbe nicht beachtet oder sachwidrige Erwägungen angestellt hat. Die Auslegung des unbestimmten Rechtsbegriffes der Eignung erfordert eine Prognoseentscheidung, wobei der Dienstherr die Gesamtheit der Eigenschaften, die das jeweilige Amt von seinem Inhaber fordert, umfassend zu bewerten hat (BVerfG, Beschl. v. 04.10.1955 - 1 BvR 103/52 - BVerfGE 4, 294; Urt. v. 08.07.1997 - 1 BvR 1243, 1247/95, 744/96 - BVerfGE 96, 152; BVerwG, Urt. v. 29.09.1960 – BVerwG II 79/59 - , BVerwGE 11, 139, 141). Dabei ist zu berücksichtigen, ob der Bewerber zukünftig seine Dienstpflichten als Beamter erfüllen wird. Auch die aus dem Grundgesetz (Art. 4 Abs. 1 GG) herzuleitende Verpflichtung zu einer religiös und weltanschaulich neutralen Amtsführung gehört zu den Dienstpflichten eines Beamten. Denn nach § 61 Abs. 1 S. 2 u. Abs. 2 NBG hat der Beamte seine Aufgaben unparteiisch und gerecht zu erfüllen. Er muss sich durch sein gesamtes Verhalten zu der freiheitlichen demokratischen Grundordnung im Sinne des Grundgesetzes bekennen und für deren Erhaltung eintreten. Aus der Bindung an das Grundgesetz, verbunden mit der Verpflichtung, ‚unparteiisch’ zu sein, folgt eine Dienstpflicht, die den Beamten, also auch eine Lehrerin verpflichtet, die Grundrechte anderer, hier die Religionsfreiheit von Eltern und Schülern, zu beachten. Nach § 50 Abs. 1 S. 2 NSchG sind Lehrer in Erfüllung ihres Erziehungs- und Unterrichtsauftrages an Rechts- und Verwaltungsvorschriften, mithin wiederum an das Grundgesetz gebunden. Gleichzeitig ist bei der Auswahl gemäß § 8 Abs. 1 S. 1 NBG aber auch zu beachten, dass nach Art. 33 Abs. 2 GG jeder Deutsche nach seiner Eignung, Befähigung und fachlichen Leistung gleichen Zugang zu jedem öffentlichen Amte hat und die Zulassung zu öffentlichen Ämtern nach Art. 33 Abs. 3 S. 1 GG unabhängig von dem religiösen Bekenntnis zu erfolgen hat. Niemandem darf aus seiner Zugehörigkeit oder Nichtzugehörigkeit zu einem Bekenntnis oder einer Weltanschauung ein Nachteil erwachsen (Art. 33 Abs. 3 S. 2 GG). Auch § 8 Abs. 1 S. 2 NBG verbietet eine Benachteiligung der Bewerber wegen religiöser Anschauungen.
Die Diskriminierungsverbote des Art. 33 Abs. 2 u. 3 GG und des § 8 Abs. 1 S. 2 NBG werden vorliegend berührt, weil das Verbot des Kopftuchtragens im Schuldienst in das Grundrecht der Klägerin auf Glaubensfreiheit gemäß Art. 4 Abs. 1 GG eingreift. Es handelt sich für die Klägerin um eine religiös geprägte Handlung, die von dem Grundrecht auf Glaubensfreiheit in Art. 4 Abs. 1 GG geschützt wird. Wie das Verwaltungsgericht richtig festgestellt hat, ist dem Staat eine Bewertung der sich in Bekleidungsvorschriften wiederspiegelnden Glaubenshaltung sowie eine Prüfung ihrer theologischen Richtigkeit, insbesondere eine Interpretation der dafür angeführten Belegstellen verwehrt (S. 16 UA). Der Staat darf den individuell zwingenden Charakter einer religiösen Norm im Lichte des Art. 4 Abs. 1 GG auch nicht allein deshalb verneinen, weil die Glaubensregel von einigen Mitgliedern der Religionsgemeinschaft anders ausgelegt und dadurch eine Kollision mit den Grundrechten Anderer vermieden wird (vgl. BVerfG, Urt. v. 15.01.2002 - 1 BvR 11783/99 -, „Schächten“). Es kommt allein auf die Überzeugung der Klägerin an, aus religiösen Gründen zu handeln.
Die Glaubensfreiheit darf eingeschränkt werden, wenn kollidierenden Grundrechten Dritter oder anderen verfassungsrechtlich geschützten Rechtsgütern nach einer Abwägung der Vorrang einzuräumen ist (BVerfG, Beschl. v. 16.10.1979 – 1 BvR 647/70 u. 7/74 -, BVerfGE 52, 223, 246 ff.; BVerwG, Urt. v. 21.12.2000 – 3 C 20/00 - NJW 2001, 1365; Einschränkung auch durch einfaches Gesetz wegen Art. 140 GG iVm Art. 136 WRV: BVerwG, Urt. v. 23.11.2000 - 3 C 40/99 – DVBl. 2001, 485). Hier finden dann auch die Diskriminierungsverbote des Art. 33 Abs. 2 und 3 GG (und des § 8 Abs. 1 S. 2 NBG) ihre Grenze.
Nach Art. 7 Abs. 1 GG steht das gesamte Schulwesen unter der Aufsicht des Staates. Daraus ergibt sich ein staatlicher Bildungs- und Erziehungsauftrag, bei dessen Umsetzung dem Staat eine Organisationsbefugnis mit einer weitgehenden Gestaltungsfreiheit zusteht. Der Staat darf nicht nur das Schulwesen organisieren und selbst Schulen errichten, sondern auch die Erziehungsziele und die Ausbildungsgänge festlegen. Dabei ist er von den Eltern unabhängig. Deswegen können nicht nur schulische und familiäre Erziehung in Konflikt geraten. Es ist vielmehr auch unvermeidbar, dass in der Schule die unterschiedlichen religiösen und weltanschaulichen Überzeugungen der Schüler und ihrer Eltern sowie der Lehrer besonders intensiv aufeinander treffen. Dieser Konflikt zwischen verschiedenen Trägern eines vorbehaltlos gewährleisteten Grundrechts (Art. 4 Abs. 1 GG) sowie zwischen diesem Grundrecht und anderen verfassungsrechtlich geschützten Gütern ist nach dem Grundsatz praktischer Konkordanz zu lösen. Der Grundsatz fordert, dass nicht eine der wiederstreitenden Rechtspositionen bevorzugt und maximal behauptet wird, sondern alle einen möglichst schonenden Ausgleich erfahren (BVerfG, Beschl. v. 26.5.1970 – 1 BvR 83, 244 u. 345/69 -, BVerfGE 28, 243, 260; BVerfG, Beschl. v. 16.05.1995 – 1 BvR 1087/91 -, BVerfGE 93, 1, 21 „Kruzifix“).
Indem die Beklagte angenommen hat, die Klägerin werde ihre Dienstpflichten verletzen, weil sie mit dem Tragen des Kopftuches im Unterricht gegen das Gebot der weltanschaulichen und religiösen Neutralität des Staates und damit gegen die negative Glaubensfreiheit der Schülerinnen und Schüler (Art. 4 Abs. 1 GG) verstoßen werde, bewegt sie sich im Rahmen des ihr nach oben genannten Grundsätzen eingeräumten Beurteilungsspielraums bei der Auslegung des unbestimmten Rechtsbegriffs der Eignung. Es ist rechtlich nicht zu beanstanden, der negativen Glaubensfreiheit sowie dem Erziehungsrecht der Eltern nach Art. 6 Abs. 2 S. 1 GG iVm Art. 4 Abs. 1 GG den Vorrang vor dem Grundrecht der Klägerin auf positive Glaubensfreiheit aus Art. 4 Abs. 1 GG zu gewähren und einen „Ausgleich“ der Rechtspositionen durch organisatorische Maßnahmen bei innerschulischen Konflikten oder durch eine Verlagerung der endgültigen Entscheidung über das Tragen des Kopftuches bis zur Einstellung als Beamtin auf Lebenszeit abzulehnen.
Das Gebot weltanschaulich-religiöser Neutralität bei der Wahrnehmung staatlicher Aufgaben wird durch das Tragen eines Kopftuches aus religiösen Gründen im Schulunterricht verletzt. Die Verpflichtung des Staates zur weltanschaulich-religiösen Neutralität (BVerfG, Beschl. v. 17.2.1965 – 1 BvR 732/64 – BVerfGE 18, 365, 386 [BVerfG 16.02.1965 - 1 BvL 15/62]) ergibt sich aus der in Art. 4 Abs. 1 GG geschützten Glaubensfreiheit, aber auch aus der Verpflichtung in Art. 3 Abs. 3 Satz 1 GG, niemanden wegen seines Glaubens, seiner religiösen oder politischen Anschauungen zu benachteiligen oder zu bevorzugen sowie aus dem erwähnten Art. 33 Abs. 3 GG und Art. 136 Abs. 1 und 4 WRV sowie Art. 137 Abs. 1 WRV iVm Art. 140 GG.
Das Gebot der weltanschaulich-religiösen Neutralität erfordert nicht eine strikte Trennung von Staat und Kirche bzw. Religion. Die Bundesrepublik Deutschland ist – wie das Verwaltungsgericht zutreffend ausführt – kein laizistischer Staat (vgl. die Präambel des Grundgesetzes sowie Art. 7 Abs. 3 und 5 GG u. wiederum Art. 140 GG iVm Art. 137 Abs. 5 u. 6, 141 WRV, die jeweils religiöse Bezüge beinhalten). Die Pflicht zur Neutralität des Staates in Fragen der Religion und des Glaubens ist nicht als eine distanzierende, abweisende Neutralität im Sinne der laizistischen Nichtidentifikation mit Religionen und Weltanschauungen, sondern als eine respektierende, vorsorgende Neutralität zu verstehen (BVerfG, Beschl. v. 16.5.1995, aaO; BVerwG, Urt. v. 21.04.1999 – 6 C 18/98 – BVerwGE 109, 40, 46 ff.; VGH Bad.-Württ., Urt. v. 26.06.2001 – 4 S 1439/00 -). Dem Einzelnen oder auch einer Religions- und Weltanschauungsgemeinschaft soll mit staatlicher Hilfe ein Betätigungsraum gesichert werden, in dem sich die Persönlichkeit auf weltanschaulich-religiösem Gebiet entfalten kann. Auch bei der Durchführung des staatlichen Erziehungsauftrages in der Schule sind Religion und religiöse Betätigung daher nicht von vornherein auszuschließen. Der offene Austausch von Meinungen auch zu religiösen Fragen ist erwünscht und Bestandteil des Unterrichts (vgl. den Bildungsauftrag der Schule in § 2 NSchG).
Den Umgang mit der Religion in der Schule verdeutlicht in besonderem Maße § 3 NSchG. Die öffentlichen Schulen sind danach vorbehaltlich der Bekenntnisschulen nach §§ 129 ff. NSchG Schulen für Schülerinnen und Schüler aller Bekenntnisse und Weltanschauungen. Die Kinder sollen dort ohne Unterschied des Bekenntnisses und der Weltanschauung gemeinsam erzogen und unterrichtet werden. In Erziehung und Unterricht ist die Freiheit zum Bekennen religiöser und weltanschaulicher Überzeugungen zu achten und auf die Empfindungen Andersdenkender Rücksicht zu nehmen. Die danach geforderte gegenseitige Toleranz kann nur erreicht werden, wenn die Lehrkräfte selbst eine weitreichende Neutralität in religiösen und weltanschaulichen Fragen wahren. Mehr noch als in anderen Bereichen hoheitlicher Tätigkeit sind dem Staat daher im Schulwesen nach dem Gebot weltanschaulicher und religiöser Neutralität hinsichtlich der religiösen Betätigung seiner Repräsentanten Grenzen gesetzt.
Diese Grenzen werden mit dem von der Klägerin beabsichtigten ständigen Tragen des Kopftuches aus religiösen Gründen überschritten. Denn dadurch wird die negative Glaubensfreiheit der Schülerinnen und Schüler verletzt. Nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichtes zu dem Grundrecht der Glaubensfreiheit (Art. 4 Abs. 1 GG) ist die Entscheidung für oder gegen einen Glauben Sache des Einzelnen und nicht des Staates. Der Staat darf ihm einen Glauben oder eine Religion weder vorschreiben noch verbieten. Zur Glaubensfreiheit gehört aber nicht nur die Freiheit, einen Glauben zu haben, sondern auch die Freiheit, nach eigenen Glaubensüberzeugungen zu leben und zu handeln. Insbesondere gewährleistet die Glaubensfreiheit die Teilnahme an den kultischen Handlungen, die ein Glaube vorschreibt oder in denen er Ausdruck findet. Dem entspricht umgekehrt die Freiheit, kultischen Handlungen eines nicht geteilten Glaubens fern zu bleiben. Diese Freiheit bezieht sich auch auf die Symbole, in denen ein Glaube oder eine Religion sich darstellt. Art. 4 Abs. 1 GG überlässt es dem Einzelnen zu entscheiden, welche religiösen Symbole er anerkennt und verehrt und welche er ablehnt. Zwar hat er in einer Gesellschaft, die unterschiedlichen Glaubensüberzeugungen Raum gibt, kein Recht darauf, von fremden Glaubensbekundungen, kultischen Handlungen und religiösen Symbolen verschont zu bleiben. Davon zu unterscheiden ist aber eine vom Staat geschaffene Lage, in der der Einzelne ohne Ausweichmöglichkeiten dem Einfluss eines bestimmten Glaubens, den Handlungen, in denen dieser sich manifestiert und den Symbolen, in denen er sich darstellt, ausgesetzt ist. Damit wird die negative Glaubensfreiheit des Betroffenen verletzt. Insofern entfaltet Art. 4 Abs. 1 GG seine Freiheit sichernde Wirkung gerade in Lebensbereichen, die nicht der gesellschaftlichen Selbstorganisation überlassen, sondern vom Staat in Vorsorge genommen worden sind (BVerfG, Beschl. v. 16.05.1995, aaO). Durch das Tragen des Kopftuches werden die Schülerinnen und Schüler dieser Situation ausgesetzt. Auf Grund der allgemeinen Schulpflicht und der Verpflichtung, im Klassenverband dem Unterricht des von der Schulverwaltung eingesetzten Lehrers zu folgen, werden die Schulkinder auf Dauer und ohne Ausweichmöglichkeit dem Einfluss eines bestimmten Glaubens ausgesetzt.
Dem von einer Lehrerin im Unterricht getragenen Kopftuch wird von Außenstehenden eindeutig ein religiöser Gehalt beigemessen. Der religiöse Charakter ist vom Empfängerhorizont aus zu bewerten (so auch VGH Baden-Württemberg, Urt. v. 26.6.01, aaO, S. 25 UA, OVG Hamburg, Beschl. v. 26.11.1984 – Bs I 171/84 – NVwZ 1986, 406, 408 „Bhagwan“). Der Senat ist der Überzeugung, dass der Bezug des Kopftuchtragens zu der islamischen Religion in der Bevölkerung nahezu ausnahmslos bekannt ist. Auch Kinder wissen um die religiöse Bedeutung eines ständig, also auch in geschlossenen Räumen getragenen Kopftuches. Denn diese Form der Bekleidung bewegt sich nicht im Rahmen des Üblichen – auch nicht in Orten mit vielen islamischen Religionsangehörigen. Sofern Grundschülern, also Kindern im Alter von sechs bis zehn Jahren die Hintergründe noch nicht bewusst sind, werden sie davon alsbald, etwa durch ihre Eltern, erfahren. Es bedarf keiner Erläuterungen der Lehrerin. Dem Kopftuch kann deshalb der religiöse Charakter auch nicht durch den Hinweis im Unterricht auf das Tuch als eine modische Vorliebe genommen werden. Das Kopftuch wirkt als religiöses Zeichen losgelöst von der Persönlichkeit seiner Trägerin und unabhängig von deren Auftreten gegenüber den Schülerinnen und Schülern. Die Lehrerin kann die Wirkung des Kopftuches nicht ganz oder teilweise zurücknehmen.
Die sogenannte Passfoto-Entscheidung des VGH München (Beschl. v. 23.3.2000 – 24 CS 00.12 – NVwZ 2000,952) legt keinen anderen Ansatz zugrunde. Das Gericht nahm an, die religiöse Bedeutung des Kopftuches erschließe sich einem Beobachter erst durch einen nach außen erkennbaren weiteren Bekenntnissachverhalt, der in dem „Stuttgarter Kopftuchfall“ bestehen könne. In der Münchener Entscheidung ging es um die Aufforderung, nur für ein Passfoto zur Vorbereitung der Ausreise in den Iran ein Kopftuch zu tragen, was die Antragsteller ablehnten. Die Wertung des VGH München, mit dieser Aufforderung werde nicht in das Grundrecht aus Art. 4 Abs. 1 GG eingegriffen, bezieht sich auf einen einmaligen Vorgang ohne Außenwirkung. Der „Bekenntnissachverhalt“ besteht im Fall der Klägerin in der Kenntnis der Schülerinnen und Schüler sowie der Eltern von der religiösen Motivation des Kopftuchtragens.
Ob das Kopftuch von der Rechtsprechung als „deutlich sichtbares religiöses Symbol“ (VGH Bad.-Württ., Urt. v. 26.06.2001, aaO) oder sogar als „starkes religiöses Symbol“ (Schweizerisches Bundesgericht, Urt. v. 12.11.1997, BGE 123 I, 296) bezeichnet wird, ist nicht entscheidend. Für die Feststellung, dass mit dem Kopftuch nach außen sichtbar ein religiöses Bekenntnis erfolgt und eine religiöse Handlung vorgenommen wird, ist auch ohne Bedeutung, dass das Kopftuch nach dem islamischen Verständnis kein religiöses „Symbol“ wie das Kreuz für das Christentum darstellt. Es handelt sich nach allgemeiner Kenntnis um eine in der islamischen Religion verankerte Maßnahme zur Verhüllung bestimmter Körperteile, wobei die Motive hierfür wiederum unerheblich sind (vgl. die von Kästner in der Festschrift für Heckel, Tübingen 1999, S. 360, zitierten Suren des Koran, die „Chronologische Beschreibung“ der Klägerin vom 8. Oktober 1999 und das von der Klägerin in der mündlichen Verhandlung überreichte „Grundsatzpapier Kopftuch“ des Zentralrates der Muslime in Deutschland e.V. vom 27.05.2001).
Die Intensität der Einflussnahme auf die Kinder ist nicht nur gering zu veranschlagen und deshalb auch nicht zu vernachlässigen. Die Lehrerin wirbt mit dem Kopftuch dauerhaft für ihre Religion, ohne dass insbesondere kleine Kinder damit verständig umgehen können. Schülerinnen und Schüler unterer Schulklassen haben noch nicht gefestigte Anschauungen und sind einer Einflussnahme daher besonders zugänglich. Die Kinder sehen in der Lehrerin zudem eine mit staatlicher (hier: schulischer) Autorität versehene Person. Vorwiegend in den unteren Schuljahren übt die Lehrerin als Bezugsperson, zu der oft eine elternähnliche Beziehung aufgebaut wird, einen großen Einfluss auf das Verhalten der Schülerinnen und Schüler aus. Die Schülerinnen und Schüler nehmen durch das Kopftuch eine einzelne Religion als durch die Institution Schule verkörpert wahr. Die Schülerinnen und Schüler werden durch eine Person mit Vorbildfunktion und Autorität mit nur einer Religion ständig konfrontiert und beschäftigen sich damit.
Allein diese Wirkung genügt. Der Einfluss muss nicht die Aufnahme konkreter Glaubensinhalte zur Folge haben. Diese sind den Kindern ohne näheren Hinweis auch nicht bekannt. Ein Nachahmen, das bei dem Kopftuchtragen nicht realistisch ist, oder gar eine weitere praktizierte Annäherung an die islamische Religion müssen nicht hinzukommen. Das Neutralitätsgebot bezweckt in der Schule auch, den Eindruck zu vermeiden, eine Religion sei präsenter als andere und werde womöglich „offiziell“ bevorzugt.
Auf die „Gesamtpersönlichkeit“ der Lehrerin ist zur Bestimmung der Wirkung ihrer Bekleidung nicht abzustellen. Denn einen das Neutralitätsgebot missachtenden Einfluss erzielt das Kopftuch auch, wenn dessen Trägerin versucht, die religiöse Wirkung abzuschwächen, und durch ihr Verhalten die Gewähr dafür bietet, nicht zu missionieren und zu indoktrinieren. Eine Lehrerin kann durch ihre Persönlichkeit nicht verhindern, dass in den Augen der Kinder dauerhaft und unausweichlich ein religiöses Zeichen in die Schule getragen wird.
Dass die Klägerin zunächst evangelisch-lutherischen Glaubens war und nach eigenen Angaben in diesem Sinn erzogen wurde, ist kein Beleg für einen behutsamen, nicht missionierenden Umgang mit ihrem heutigen Glauben. Es kommt darauf aber auch nicht an. Gerade der Klägerin ist allerdings abzunehmen, dass sie ihre Kopfbedeckung als reine Privatsache auffasst und keinen (aktiven) religiösen Einfluss auf die Schülerinnen und Schüler nehmen würde. Die Zeugnisse über ihre bisherige Lehrtätigkeit und ihre eigenen Schilderungen belegen dieses.
Wenn danach bereits das Kopftuch an sich für einen zu weitreichenden Einfluss der Religion in der Schule steht, ist die hier vorgenommene rechtliche Bewertung keineswegs abstrakt; sie bezieht sich konkret auf die Wirkung einer bestimmten Religionsausübung im heutigen Schulalltag (vgl. demgegenüber Böckenförde, NJW 2001, 723, zur „konkreten“ Betrachtung des Verwaltungsgerichts als „innovativem Moment“, s.a. Debus, NVwZ 2001, 1355, 1356 [BVerfG 19.12.2000 - 2 BvR 1500/97]). Denn gerade der wachsende Anteil anderer Religionen bei abnehmender Bindung an die christlichen Kirchen spricht für eine besondere Zurückhaltung des Staates in Fragen der Religion. Der Lehrer als Teil des Staates kann seine Aufgabe zur Vermittlung unter Kindern verschiedener Herkunft und Religion nur überzeugend bewältigen, wenn er sich selbst nicht augenfällig auf eine Religion festlegt. Seine Position kann er im Unterrichtsgespräch verdeutlichen, er darf sie nicht undifferenziert und plakativ zu Schau tragen. Nur so schafft er es auch, das Vertrauen der Eltern in den staatlichen Teil der Kindererziehung zu erhalten. Erst die Trennung der Funktion von der individuellen Überzeugung sichert in deren Augen eine ordnungsgemäße Amtsführung (vgl. Goerlich, NJW 1999, 2929, 2931). Aus dem – erwünschten (§ 2 Abs. 1 NSchG) – Einfluss auf die Schülerinnen und Schüler erwächst eine besondere Verantwortung, die in religiösen Fragen in einer strikten Selbstbeschränkung Ausdruck finden muss. Die Neutralität in weltanschaulich-religiöser Hinsicht bildet eine Parallele zu der Verpflichtung der Lehrerin bzw. des Lehrers, in politischen Fragen neutral zu bleiben. Insoweit wird das Vertrauen der Elternschaft in die Objektivität der Einrichtung Schule und die Verpflichtung des Dienstherrn zu vermeiden, dass ihm bestimmte Äußerungen zugerechnet werden, als Grund für die gebotene Zurückhaltung angeführt (BVerwG, Urt. 25.01.90 – 2 C 50/88 – BVerwGE 89, 292, 298 [BVerwG 19.12.1991 - BVerwG 6 P 30.91] „Anti-Atomkraft-Plakette“).
Entgegen der Ansicht der Klägerin hat das Neutralitätsgebot auch nicht bei Lehrern mit einem pädagogischen Auftrag weniger Gewicht als bei anderen Berufsgruppen des öffentlichen Dienstes. Denn gerade das Wirken nach außen erfordert eine Mäßigung in religiösen Angelegenheiten. Die pädagogische Freiheit, auf die sich die Klägerin beruft, ist keine subjektive Rechtsposition, sondern ein Funktionsprinzip des Amtes (Bader, VBlBW 1998, 361, 362). Die in § 50 Abs. 1 S. 1 NSchG hervorgehobene „eigene pädagogische Verantwortung“ der Lehrkräfte wird durch die in Satz 2 des § 50 Abs. 1 NSchG geregelte Bindung der Lehrkräfte an Rechts- und Verwaltungsvorschriften beschränkt.
Die Klägerin kann für ihre Rechtsposition auch nichts aus den religiöse Bezüge enthaltenden Regelungen zum Bildungsauftrag der Schule in § 2 NSchG herleiten. Danach soll die Schule zwar die Persönlichkeit der Schülerinnen und Schüler auf der Grundlage u.a. des Christentums weiterentwickeln (§ 2 Abs. 1 S. 1 NSchG). Die weltanschaulich-religiöse Neutralität der Schule wird dadurch aber nicht in Frage gestellt, denn das Christentum ist insoweit nur als prägender Kultur- und Bildungsfaktor (vgl. BVerfG, Beschl. v. 17.12.1975 – 1 BvR 63/68 - BVerfGE 41, 29, 52 zu christlichen Gemeinschaftsschulen in Baden-Württemberg) zu verstehen. Das Verständnis und die Stellung der Lehrerin oder des Lehrers in der Schule wird durch die Verwendung des Begriffs Christentum nicht geändert.
Einen Freiraum zur dauerhaften Dokumentation des eigenen Glaubens gewähren ebenso wenig die Bildungsziele des § 2 Abs. 1 S. 3 NSchG. Die Schüler sollen danach u.a. fähig werden, die Grundrechte für sich und jeden anderen wirksam werden zu lassen, religiöse Werte zu erkennen und zu achten, ihre Beziehungen zu anderen Menschen nach den Grundsätzen der Toleranz zu gestalten, mit Menschen anderer Nationen und Kulturkreise zusammen zu leben und Konflikte vernunftgemäß zu lösen, aber auch zu ertragen. Diese Ziele muss die Lehrerin oder der Lehrer unter Wahrung eigener religiöser Neutralität zu erreichen suchen. Die Lehrkraft selbst eignet sich als staatlicher Repräsentant gerade nicht dazu, Unterrichtsobjekt zum Erlernen von religiöser Toleranz und angemessener Konfliktlösung zu sein. Am Beispiel der Kopftuch tragenden Lehrerin ist das angestrebte Verhalten und Bewusstsein nicht einzuüben. Die Vorgaben in § 2 Abs. 1 S. 3 NSchG zielen allein auf den von den Lehrkräften zu gestaltenden Unterricht und die Ziele ihrer Erziehung und vermitteln kein Recht auf religiöse Betätigung im Schuldienst. Dieses ergibt sich auch nicht aus § 2 Abs. 2 NSchG, der zwar einen Erfahrungsraum und eine Gestaltungsfreiheit für Lehrer und Schüler erwähnt, sich aber auf den Bildungsauftrag bezieht. Dieser ist nur zu verwirklichen, wenn sich die Lehrkräfte in religiöser Hinsicht zurücknehmen, was nicht bedeutet, dass sie eigene „religiöse Erfahrungen“ nicht im Unterrichtsgespräch schildern dürfen.
§ 52 Abs. 5 NSchG, auf den die Klägerin ebenfalls verweist, enthält nur eine allgemeine Richtlinie für die Verteilung von Lehrkräften auf die Schulen (Seydermann/Nagel/Brockmann, NSchG, Kommentar, Stand: Januar 2002, § 52 Anm. 6.). Nach dieser Vorschrift richtet sich die Besetzung der Stellen der Lehrkräfte an öffentlichen Grundschulen, Orientierungsstufen und Hauptschulen nach der bekenntnismäßigen Zusammensetzung der Schülerschaft. Die Regelung gilt nicht für Einstellung und Beförderung, was der ausdrückliche Verweis auf Art. 3 Abs. 3 GG und Art. 33 Abs. 2 und 3 GG verdeutlicht. Auswirkungen auf die Bewertung der Eignung einer Lehrerin nach § 8 Abs. 1 S. 1 NBG hat die auf die Personalbewirtschaftung zielende Bestimmung nicht.
Wie das Auftreten von Lehrern im Dienst mit äußeren Zeichen christlichen Glaubens im Vergleich mit dem hier streitigen Tragen eines Kopftuches zu beurteilen ist, muss vorliegend nicht entschieden werden. Das Neutralitätsgebot gilt jedenfalls für sämtliche Religionen. Die Tatsache, dass in einigen Städten viele muslimische Frauen mit Kopftuch im öffentlichen Leben zu sehen sind, gibt für die Lösung der grundrechtlichen Kollisionslage in der Schule nichts her. Wenn Kinder den Anblick des Kopftuches gewöhnt sind, wissen sie um so eher um dessen religiöse Bedeutung. Anders als im privaten Bereich, sind sie in der Schule überdies mit dem Lehrer als Vorbild einer ganz anderen Situation ausgesetzt. Es führt auch nicht weiter, wenn behauptet wird, die Klägerin könne in bestimmten Situationen muslimischen Mädchen helfen. Das mag so sein. Umgekehrt besteht aber, wie die Beklagte zu Recht anführt, auch die Gefahr, dass Kinder aus einem muslimischen Elternhaus mit einem anderen Verständnis von religiösen Gewohnheiten in der Schule in eine Konfliktsituation geraten.
Das Gebot weltanschaulich-religiöser Neutralität ist nicht erst dann verletzt, wenn eine religiöse Handlung unterstützt wird, wie es in den sogenannten Bhagwan-Fällen von der Rechtsprechung angenommen wurde (vgl. Meditation als religiöse Handlung BVerwG, Beschl. v. 08.03.1988 – 2 B 92/87 - NVwZ 1988, 937, Bay. VGH, Beschl. v. 03.09.1985, Beschl. v. 9.9.1985 – 3 CS 85 A/1338 - NVwZ 1986, 405, OVG Hamburg, Beschl. v. 26.11.1984, - Bs I 171/84 - NVwZ 1986, 406 [OVG Hamburg 26.11.1984 - Bs I 171/84]). Da die Schwelle des nach dem Neutralitätsgebot nicht hinnehmbaren religiösen Einflusses niedriger liegt, ist nicht entscheidungserheblich, dass die Klägerin das Kopftuch nur zur Verhüllung bestimmter Körperteile trägt und in der Schule keine religiösen Handlungen vorzunehmen gedenkt. Dass mit dem Tschador oder der orange-roten Bhagwan-Kleidung noch deutlicher gegen die weltanschaulich-religiöse Neutralität verstoßen würde, ist vorliegend ohne Belang.
Durch das Kopftuchtragen im Rahmen der hoheitlichen Tätigkeit als Lehrerin wird auch das Recht der Eltern zur Kindererziehung in religiöser und weltanschaulicher Hinsicht verletzt (Art. 6 Abs. 2 Satz 1 GG iVm Art. 4 Abs. 1 GG). Es ist Sache der Eltern, ihren Kindern diejenigen Überzeugungen in Glaubens- und Weltanschauungsfragen zu vermitteln, die sie für richtig halten. Dem entspricht das Recht, die Kinder von Glaubensüberzeugungen fern zu halten, die den Eltern falsch oder schädlich erscheinen (BVerfG, Beschl. v. 16.05.1995, aaO, S. 17). Wenn der Einfluss der Religion nicht auf ein „unerlässliches Minimum an Zwangselementen“ (BVerfG, Beschl. v. 16.05.1995, aaO, S. 23) beschränkt wird, verstößt der Lehrer bzw. die Lehrerin gegen dieses Elternrecht. So liegt es hier. Anders als beim Schulgebet können die Eltern ihre Kinder dem Kopftuch nicht entziehen (vgl. BVerfG, Beschl. v. 16.10.1979 – 1 BvR 647/70 u. 7/74 -, BVerfGE 52, 223, 241).
Bei der Entscheidung über die Einstellung einer Lehrerin darf auch berücksichtigt werden, ob wegen zu erwartender Elternproteste und dadurch notwendiger organisatorischer Maßnahmen der religiöse Frieden und die friedliche Koexistenz unterschiedlicher Religionen und Weltanschauungen in der Schule gefährdet sind. Der religiöse Frieden bzw. die friedliche Koexistenz sind ein Schutzgut der weltanschaulich-religiösen Neutralität, die wiederum Ausfluss des Grundrechts auf Glaubensfreiheit nach Art. 4 Abs. 1 GG ist (s.o., vgl. BVerfG, Beschl. v. 16.05.95, aaO, S. 16). Dem Staat obliegt es im Rahmen seines Bildungs- und Erziehungsauftrags nach Art. 7 Abs. 1 GG, optimale Lehr- und Lernbedingungen durch Wahrung des religiösen Friedens zu gewährleisten. Die besondere Bedeutung dieses staatlichen Auftrags rechtfertigt es, dessen Erfüllung den Vorrang vor der Religionsausübung durch das Tragen eines Kopftuches einzuräumen.
Nach der allgemeinen Lebenserfahrung ist nicht auszuschließen, dass es wegen des Kopftuchs zu innerschulischen Konflikten aufgrund elterlicher Beschwerden wegen einer ernsthaft befürchteten religiösen Beeinflussung ihrer Kinder kommt (vgl. VGH Ba-Wü, Urt. v. 26.6.2001, aaO). Jedenfalls kann diese Entwicklung im Rahmen der Prognoseentscheidung über die Eignung der Klägerin nicht als unwahrscheinlich vernachlässigt werden. Sie entbehrt nicht jeglicher Tatsachengrundlage, wie es das Verwaltungsgericht annimmt (vgl. wiederum die Erfahrungen in Baden-Württemberg, VGH Ba-Wü, Urt. v. 26.6.01, S. 27 UA: Suche einer geeigneten Schule in Referendarzeit). Dass es nach den Angaben der Klägerin während ihrer bisherigen Lehrtätigkeit nicht zu Protesten der Eltern gekommen ist, kann nicht als sicheres Indiz für die zukünftige Entwicklung angesehen werden. Denn eine Lehrerin, welche auf Dauer an einer Schule arbeitet, wird von den Eltern anders bewertet als eine nur zeitlich befristet arbeitende Kraft, insbesondere, wenn sie Klassenlehrerin ist. In diesem Fall werden sich einzelne Eltern umso eher im Zusammenhang mit dem Kopftuch engagieren. Außerdem hat die Klägerin mit dem Kopftuch bislang nicht im staatlichen Schuldienst, sondern in damit nicht vergleichbaren privaten Schulen (z.B. Waldorfschulen) unterrichtet. Die Erteilung von Förderunterricht für Aussiedlerkinder an der Grundschule IV in B. von August 1991 bis Juli 1992 erfolgte nicht im staatlichen Schuldienst (s. Bescheinigung v. 20.4.1995). Die Entscheidungsgrundlage stellt sich im übrigen anders dar, wenn sich eine bereits ernannte Lehrerin nachträglich entschließt, fortan ein Kopftuch zu tragen. Hier kann bei der Entscheidung über das Untersagen des Kopftuches die bisherige Praxis, vor allem die Reaktion der Eltern auf die Verhüllung, beachtet werden. Aber auch bei einer Einstellung als Beamtin auf Probe darf die absehbare Gefährdung des religiösen Friedens in die Entscheidung einbezogen werden.
Rechtlich ist die Annahme der Beklagten nicht zu beanstanden, organisatorische Maßnahmen als Reaktion auf Elternproteste bildeten keinen geeigneten Ausgleich zwischen den unterschiedlichen Interessen von Lehrerin und Schülern sowie Eltern im Sinne der Grundsätze der praktischen Konkordanz und der „vorsorgenden“ Neutralität des Staates. Gespräche mit den Eltern oder „Aufklärung“ werden voraussichtlich in vielen Fällen keine Lösung herbeiführen. Die Herausnahme einer Schülerin oder eines Schülers aus dem Klassenverband oder auch der Wechsel der Klassenlehrerin wird sich jedenfalls für die Schule und die Schüler, zumal in der Grundschule, auch angesichts der Bedeutung der Religionsausübung für die Klägerin, in der Regel als unzumutbar erweisen. Eine kontinuierliche Vermittlung des Unterrichtsstoffes begegnete erheblichen Schwierigkeiten. Das Klassenlehrerprinzip wäre nicht durchzusetzen, was einen Verlust der pädagogischen Bezugsperson für die Schülerinnen und Schüler zur Folge hätte. Angesichts der aus Art. 7 Abs. 1 GG folgenden weiten Gestaltungsfreiheit bei der Organisation des Schulwesens ist die Beklagte auch nicht verpflichtet, mutmaßlich konfliktfreie Klassen oder Schulen für die Klägerin auszuwählen. Deren Ermittlung dürfte Unruhe auch dort provozieren, wo dem Thema Kopftuch bislang wenig oder keine Beachtung geschenkt wurde (vgl. VGH Ba-Wü, Urt. v. 26.6.01, aaO). Die Lehrerin ist wiederum nur eingeschränkt verwendbar, was ebenfalls Zweifel an ihrer beamtenrechtlichen Eignung zuläßt. Einige Eltern werden zudem von einem Protest absehen, weil sie deswegen schulische Nachteile für das Kind befürchten. Diesem Resultat kann nur durch ein vorbeugendes Verbot des Kopftuches begegnet werden (vgl. kritisch zur „vorbeugenden Gefahrenabwehr“, Debus, NVwZ 1355, 1356, andererseits Janz/Rademacher, JuS 2001, 440, 443: gegen das Vertauschen von Ursache und Wirkung).
Ein „schonender Ausgleich“ kann nicht dadurch erreicht werden, dass die Klägerin zunächst als Beamtin auf Probe das Kopftuch trägt und bei der Ernennung als Beamtin auf Lebenszeit eine endgültige Entscheidung über das Tragen des Kopftuches getroffen wird. Die weitere Entwicklung könnte zwar beobachtet werden, wenn sich die Beklagte im Rahmen ihres Ermessens entschlösse, die Klägerin mit Billigung des Kopftuchtragens einzustellen. Sachliche Gründe gibt es aber auch dafür, sich in dieser Frage anders zu entscheiden. Die Ernennung zum Beamten auf Lebenszeit setzt nach § 11 Abs. 1 Nr. 3 NBG u.a. voraus, dass sich der Beamte auf Probe in der Probezeit bewährt hat. Wird die Klägerin mit der „Erlaubnis“, das Kopftuch tragen zu dürfen, in den Schuldienst eingestellt, so kann ihr allein deswegen die Ernennung zur Beamtin auf Lebenszeit nicht verweigert werden. Die Entscheidung darüber, wann die Klägerin sich bei innerschulischen Konflikten im Sinne der genannten Vorschrift nicht bewährt hat, weil sie gegen Dienstvorschriften verstoßen hat, ist unter Umständen sehr schwierig. So muss eine Dienstanweisung, nunmehr das Kopftuch nicht mehr im Unterricht zu tragen, tatsächlich fundiert und nach den Eingangs genannten Voraussetzungen (Grundrechts-/Rechtsgüterkollision) rechtmäßig sein. Komplizierte Fragen der Bewertung einzelner Elternproteste, die auch über das Ziel hinaus schießen mögen, sind zu erwarten. In diesem Zusammenhang wäre auch zu fragen, inwieweit organisatorische Maßnahmen wie das Versetzen einzelner Schüler oder der Lehrerin in andere Klassen oder Schulen den Missstand beheben können. Diesen Ungewissheiten musste sich die Beklagte nicht aussetzen.
Nach alledem erweist sich die Entscheidung der Beklagten auch als verhältnismäßig. Insoweit ist darauf zu verweisen, dass die Klägerin lediglich in der Schule auf die Verhüllung des Kopfes verzichten muss. Ihr ist es unbenommen, außerhalb der Schule das Kopftuch zu tragen. Auch wird sie nicht gezwungen, im Unterricht ihre Religionszugehörigkeit zu verschweigen oder gar zu verleugnen. Die Beklagte durfte den Anspruch der Klägerin auf Beachtung der Glaubensfreiheit auch dann zurücktreten lassen, wenn die hohe persönliche Bedeutung der religiösen Betätigung für die Klägerin berücksichtigt wird. Gegenüber den ebenfalls hohen Schutzgütern der Schülerinnen und Schüler bzw. ihrer Eltern vermag sich ihr Grundrecht in dieser speziellen Lebenssituation nicht durchzusetzen.
Die hilfsweise gestellten Beweisanträge auf Vernehmung von Zeugen (vgl. das Sitzungsprotokoll v. 13.03.02, S. 18, 19 d. Schriftsatzes v. 24.01.02) waren abzulehnen. Denn dass die Klägerin im Rahmen ihrer bisherigen Unterrichtstätigkeit nicht missioniert und konfliktfrei gearbeitet hat, unterstellt der Senat als wahr. Es kommt darauf indessen für die Entscheidung über die Rechtmäßigkeit der Weigerung der Beklagten, die Klägerin einzustellen, nicht an. Wie aufgezeigt, genügt die Wirkung des Kopftuches unabhängig von Auftreten und Persönlichkeit der Klägerin, um einen Verstoß gegen das Neutralitätsgebot und damit gegen Dienstpflichten anzunehmen. Es bedurfte auch nicht der Einholung eines Sachverständigengutachtens zur Ermittlung der psychologischen Wirkung des Kopftuchtragens auf die Schüler. Zu dieser Frage kann sich das Gericht aus eigener Sachkunde der allgemeinen Lebenserfahrung folgend ein Bild machen (vgl. ebenso zu einem erziehungswissenschaftlichen Gutachten bzgl. der Wirkung einer Anti-Atomkraft-Plakette auf die Schüler: BVerwG, Urt. v. 25.01.1990 – 2 C 50/88 – BVerwGE 89, 292, 296 [BVerwG 19.12.1991 - BVerwG 6 P 30.91]).
Dass der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte in der Entscheidung vom 15. Februar 2001 in dem Verbot, bei der Ausübung der Lehrtätigkeit ein islamisches Kopftuch zu tragen, keinen Verstoß gegen die Religionsfreiheit nach Art. 9 EMRK gesehen hat, streitet für die hier gefundene verfassungsrechtliche Bewertung, bedarf aber keiner vertiefenden Betrachtung (zu einer Maßnahme in einem Schweizer Kanton, vgl. NJW 2001, 2871). Die Vorschrift verleiht der Klägerin keinen weitergehenden Schutz als ihr Grundrecht auf Glaubensfreiheit nach Art. 4 Abs. 1 GG.
Das Urteil des Bundesverfassungsgerichts zur Anwendung des Tierschutzgesetzes beim Schlachten ohne Betäubung (Urt. v. 15.1.2002 – 1 BvR 1783/99 – „Schächten“) enthält keine Hinweise, die hier bei der Anwendung des unbestimmten Rechtsbegriffs der Eignung in § 8 Abs. 1 S. 1 NBG eine andere Entscheidung gebieten. Das Bundesverfassungsgericht hat entschieden, § 4 a Abs. 1 iVm Abs. 2 Nr. 2, 2. Alt. TSchG sei zum Schutz der Berufsfreiheit nichtdeutscher gläubiger muslimischer Metzger so auszulegen, dass diese eine Ausnahmegenehmigung zum Schächten erhalten können. Jener Fall ist mit dem vorliegenden Rechtsstreit schon deshalb nicht vergleichbar, weil die Klägerin nicht wie ein „muslimischer Metzger“ einen religiös geprägten Beruf ausübt. Dass der Glaubensfreiheit einer Lehrerin ein größeres Gewicht als der Glaubensfreiheit der Eltern und Kinder zukommt, kann den Entscheidungsgründen des oben genannten Urteils nicht entnommen werden.
Ob die ablehnende Entscheidung der Beklagten auch auf die Verpflichtung des Staates zur Förderung der Gleichberechtigung von Frauen und Männern nach Art. 3 Abs. 2 GG gestützt werden kann, muss nicht entschieden werden.
Aufgrund der rechtmäßigen Weigerung, die Klägerin einzustellen, hat sie auch keinen öffentlich-rechtlichen Anspruch auf Einstellung als Folgenbeseitigung aus Fürsorgepflichtverletzung (vgl. Berufungsbegründung v. 24.1.02, S. 5)
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO.
Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit ergibt sich aus § 167 Abs. 2 VwGO iVm § 708 Nr. 11 ZPO.
Die Revision wird wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache zugelassen (§ 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO). Die Grenzen, die für das Grundrecht auf Glaubensfreiheit von Lehrern im staatlichen Schuldienst während des Dienstes bestehen, sind höchstrichterlich noch nicht abschließend geklärt; sie können anhand dieses Falles fallübergreifend weiter geklärt werden.
Der Wert des Streitgegenstandes wird für den zweiten Rechtszug auf 21.066,52 € (entspricht: 41.202,53 DM) festgesetzt.
Die Festsetzung des Streitwertes erfolgt gemäß § 13 Abs. 4 Satz 1 b GKG iVm §§ 14 Abs. 1 Satz 1, 15 GKG in Höhe der Hälfte des Endgrundgehaltes der Besoldungsgruppe A 12 (nach dem Stand bei Antragseingang am 15.12.2000, vgl. § 15 GKG).