Oberverwaltungsgericht Niedersachsen
Beschl. v. 07.03.2002, Az.: 1 MN 3976/01

Rechtmäßigkeit der Änderung eines Bebauungsplans; Geltendmachung einer Rechtsverletzung nach § 47 Abs. 2 S. 1 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO); Gebot zur interkommunalen Abstimmung als spezieller Unterfall und Anwendungsfall des allgemeinen Abwägungsgebots; Sinn und Zweck von § 2 Abs. 2 Baugesetzbuch (BauGB); Städtebauliche Auswirkungen eines Kaufkraftabflusses; Verwendung des Begriffs "Sondergebiet Einkaufszentrum"; Gleichberechtigtes Nebeneinander der Rechtsschutzformen aus §§ 80a Abs. 3 i.V.m. 80 Abs. 5 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO) und aus § 47 Abs. 6 VwGO; Anpassung von Bauleitplänen an die Ziele der Raumordnung und Landesplanung

Bibliographie

Gericht
OVG Niedersachsen
Datum
07.03.2002
Aktenzeichen
1 MN 3976/01
Entscheidungsform
Beschluss
Referenz
WKRS 2002, 30375
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
ECLI:DE:OVGNI:2002:0307.1MN3976.01.0A

Fundstellen

  • BauR 2002, 1747 (amtl. Leitsatz)
  • NordÖR 2002, 433
  • ZfBR 2003, 171

Verfahrensgegenstand

Feststellung der Unwirksamkeit des Bebauungsplans - vorläufiger Rechtsschutz -

In dem Normenkontrollverfahren
...
hat das Niedersächsische Oberverwaltungsgericht - 1. Senat -
am 7. März 2002
beschlossen:

Tenor:

Auf Antrag der Antragstellerin wird die vom Rat der Antragsgegnerin am 18. Oktober 2001 als Satzung beschlossene 1. Änderung des Bebauungsplanes Nr. 2/149 "Westlich Opelstraße" bis zur Rechtskraft der Entscheidung über den Normenkontrollantrag der Antragstellerin außer Vollzug gesetzt.

Antragsgegnerin und Beigeladene tragen die Kosten des Verfahrens je zur Hälfte; außergerichtliche Kosten der Beigeladenen sind nicht erstattungsfähig.

Der Streitwert für das Eilverfahren wird auf 50.000 EUR (i.W. fünfzigtausend Euro) festgesetzt.

Gründe

1

I.

Die Antragstellerin wendet sich gegen die im Tenor genannte Planänderung im Wesentlichen mit der Begründung, erst diese gestatte die Errichtung und Unterhaltung einer echten "Mall" und damit eine gegenüber dem bisherigen Planungszustand deutlich intensivere Nutzung dieses Teils des Fachmarktzentrums Altwarmbüchen. Diese Planung sei nicht aus dem Flächennutzungsplan entwickelt, verletze Ziele der Raumordnung, habe u.a. zu ihren Lasten planerisch bislang nicht gelöste verkehrliche Auswirkungen und verstoße gegen das interkommunale Abstimmungsgebot, indem sie die Lebensfähigkeit der in ihrer Innenstadt gelegenen Geschäfte gefährde.

2

Das Gemeindegebiet der Antragsgegnerin grenzt im Süden an das der Antragstellerin an. Die Grenze verläuft in dem hier interessierenden Bereich nördlich der Bundesautobahn 2 in der Höhe der Anschlussstelle Hannover-Lahe. Gegenstand der Auseinandersetzung ist ein Geländestreifen, der westlich der Hannoverschen Straße "jenseits" des nördlichen "Auffahrtohres" der Anschlussstelle Hannover-Lahe liegt. Von der Hannoverschen Straße zweigt nach Nordwesten die Opelstraße ab. Zwischen der Autobahn und der Opelstraße hat sich bis zur nordwestlich davon verlaufenden Boschstraße im Laufe der Zeit eine größere Agglomeration von Fachmärkten und sonstigen Geschäften angesiedelt. Der hier interessierende Bereich erstreckt sich von der Hannoverschen Straße im Südosten bis zur Daimlerstraße im Nordwesten. Dort stehen bislang - von Südost nach Nordwest fortschreitend - ein Sportmarkt und nördlich davon eine Tankstelle mit Waschhalle. Nach einer Freifläche schließt sich ein Komplex von drei miteinander verbundenen Gebäuden an, deren "vorderstes" viergeschossig ist und bis zur Aufgabe vom Möbelhaus Unger genutzt worden ist. Der daran anschließende Trakt ist dreigeschossig und wird nunmehr von der Firma Saturn-Hansa und dem Spielwarenhaus Toys "R" US genutzt. An diesen schließt sich mit erheblich größerer Breite ein real-Markt an. Das soeben beschriebene Gelände liegt etwa zu einem Drittel im Bereich der Antragstellerin, im Übrigen auf dem Gebiet der Antragsgegnerin. Die soeben beschriebene Nutzung hatte mit einem Verbrauchermarkt und einem später hinzutretenden größerflächigen Betrieb begonnen. Planerische Grundlage war zunächst der 1967 rechtsverbindlich gewordene Bebauungsplan der Antragsgegnerin Nr. 2/4, der Gewerbegebiet auf der Grundlage der Baunutzungsverordnung 1962 festsetzte und im Jahre 1971 für einen Teilbereich dahin geändert wurde, dass an der Opel-/Daimlerstraße ein Sondergebiet "Verbrauchermarkt" festgesetzt wurde, während der südöstliche Bereich als Gewerbegebiet überplant blieb.

3

Etwa im Jahre 1988 trug sich der real-Markt mit Erweiterungsgedanken. Das löste die Neuaufstellung des Bebauungsplans der Antragsgegnerin Nr. 2/149 "Westlich Opelstraße" aus, welche erst im Jahre 1997 rechtsverbindlich abgeschlossen wurde. Schon damals kollidierte das Interesse der Antragsgegnerin an möglichst intensiver Nutzung mit den Bestrebungen der Antragsstellerin, dies zum Vorteil ihrer Innenstadt zu begrenzen. In der dann rechtsverbindlich gewordenen Fassung setzte dieser Bebauungsplan für den an die Hannoversche Straße angrenzenden Streifen bis zu einer Tiefe von etwa 80 m Gewerbegebiet bei dreigeschossiger Bauweise fest. Der übrige Bereich wurde als "Sondergebiet-Einkaufszentrum" mit einer Grundflächenzahl von 0,6 und einer Geschossflächenzahl von 1,6 sowie der Begrenzung der Verkaufsfläche auf 34.000 qm festgesetzt. Die als "Sondergebiet-Einkaufszentrum" überbaubaren Flächen beginnen in einer Entfernung von rd. 140 m von der Hannoverschen Straße, liegen an der Südwestseite der Opelstraße und erreichen dort eine Tiefe von etwa 94 m. Der übrige Bereich, namentlich der zwischen der Gewerbefläche im Osten und der nordwestlich davon beginnenden überbaubaren Fläche wurde als Fläche für Stellplätze festgesetzt. Textlich wurde u.a. das Folgende bestimmt:

§ 1

In dem SO-Gebiet "Einkaufszentrum" sind großflächige Einzelhandelsbetriebe i.S. § 11 Abs. 3 BauNVO mit einer Gesamtverkaufsfläche von max. 34.000 qm zulässig.

Zulässig sind ferner:

- Schank- und Speisewirtschaften

- Dienstleistungsbetriebe

soweit sie im Zusammenhang mit einer Hauptnutzung stehen

- Büros in den Obergeschossen

§ 2

In dem Gewerbegebiet GE* ist gemäß § 1 Abs. 5 und 9 BauNVO Einzelhandelsnutzung ausgeschlossen.

Einzelhandelsbetriebe können ausnahmsweise zugelassen werden, wenn der Verkauf an Endverbraucher nach Art und Umfang im eindeutigen Zusammenhang mit der Produktion, der Ver- und Bearbeitung von Gütern einschließlich Reparatur- und Serviceleistungen des Betriebes steht und sich eindeutig unterordnet.

....

§ 5

In dem Sondergebiet - Stellplätze - sind nur ebenerdige, nicht überdachte Stellplätze zulässig.

Ausnahmsweise können Stellplätze in Parkpaletten zugelassen werden, soweit diese zum Nachweis der notwendigen Einstellplätze für Büros- und Verwaltungsnutzungen in dem Sondergebiet - Einkaufszentrum - erforderlich sind.

4

In der vom Rat beschlossenen Planbegründung heißt es unter 4.1 (Art der baulichen Nutzung), 4.1.1 Gewerbegebiet:

"Ausgangspunkt für die Festsetzungen sind die vorhandenen Nutzungen."

5

In 4.1.2 unter der Überschrift "Sonstiges Sondergebiet" wird ausgeführt:

Nach der Baunutzungsordnung von 1990 ist das sonstige Sondergebiet gem. § 11 Abs. 3 wegen seiner großflächigen Einzelhandelsbetriebe mit

- Verbrauchermarkt

- Non-Food-Warenhaus

- Möbelhaus

- Getränkemarkt

als "Einkaufszentrum" zu benennen und festgesetzt.

6

Unter 4.2 der Planbegründung heißt es u.a.:

"Für das Sondergebiet wird eine max. Verkaufsfläche von 34.000 qm festgesetzt. Das entspricht einer zwischen Betreiber des Einkaufszentrums, Stadt Hannover und Gemeinde Isernhagen getroffenen Vereinbarung, die Verkaufsfläche insgesamt auf 45.000 qm zu begrenzen, wovon 34.000 qm auf das Gemeindegebiet von Isernhagen entfallen. Die festgesetzte Obergrenze stellt dabei einen vertretbaren Kompromiss dar zwischen den planungsrechtlichen Erfordernissen, insbesondere hinsichtlich Verkehrsmengenbegrenzung und den Bestandsschutzrechten bzw. Entschädigungsansprüchen, die durch die Herunterzonung von den gem. Bebauungsplan Nr. 2/4 nebst Änderung vorhandenen Nutzungsmöglichkeiten berührt werden bzw. gegeben sind."

7

Unter 4.3 der Planbegründung heißt es u.a.:

"Aus Mangel an Grundstücksflächen in beiden Bebauungsplänen können zusätzliche Stellplätze nicht mehr nachgewiesen werden. Schon hieraus ergibt sich zwangsläufig eine Begrenzung der Verkaufsfläche für das Einkaufszentrum."

8

In die Planbegründung ist des Weiteren ein Schreiben der Bezirksregierung Hannover vom 15. August 1996 aufgenommen worden, in dem es um ein sog. Zielabweichungsverfahren von den Zielen des Regionalen Raumordnungsprogrammes 1990 des Kommunalverbandes Großraum Hannover geht. Dieser Zielabweichung wird u.a. mit der Begründung zugestimmt, die Qualität der Verkehrserschließung für das Gebiet der Antragsgegnerin sei ebenso einmalig in der Region Hannover wie die Lage des Einkaufszentrums an der Grenze des Oberzentrums der Antragstellerin und des Grundzentrums der Antragsgegnerin, wobei ein Teil des Einkaufszentrums zum Oberzentrum der Antragstellerin gehöre. Hierauf gründe sich die regionale Sondersituation im Bereich der Wirtschaft/Einzelhandelsversorgung am Standort der Antragsgegnerin/Altwarmbüchen. Basierend auf dieser Sondersituation werde dieser Planung zugestimmt. Darüber hinaus sollten die Ausweisungen zusätzlicher Sondergebiete ausgeschlossen und in den bestehenden Sondergebieten die Entwicklung von Verkaufsflächen beschränkt werden.

9

Die Antragstellerin stellte im südwestlichen Anschluss an diesen Plan ihren Bebauungsplan Nr. 1369 "Gewerbe- und Sondergebiet Varrelheide" auf, der im Juli 2001 rechtsverbindlich geworden ist. Dieser setzt verschiedene Sondergebiete fest, welche, von Nordwesten nach Südosten fortschreitend, die Zusätze Möbel-/Heimtextilmarkt; Gewerbe und Einzelhandel; Baumarkt, Stellplätze sowie "Einkaufszentrum" enthalten. § 1 Nr. 1 der textlichen Festsetzung bestimmt, das östlich der Daimlerstraße festgesetzte sonstige Sondergebiet "Einkaufszentrum" diene der Unterbringung von großflächigen Einzelhandelsbetrieben i.S. von § 11 Abs. 3 BauNVO. Nach seiner Nr. 2 sind dort zulässig "Einzelhandelsbetriebe und großflächige Einzelhandelsbetriebe mit einer Gesamtverkaufsfläche von max. 10.000 qm", Dienstleistungsbetriebe, Schank- und Speisewirtschaften sowie Büro- und Verwaltungsnutzungen in den Obergeschossen. § 2 Nr. 2 der textlichen Festsetzung bestimmt, dass Stellplätze in Parkpaletten oder Parkhäusern innerhalb der überbaubaren Grundstücksflächen untergebracht werden dürften, soweit sie nicht in der in Nr. 1 dieser Vorschrift bestimmten Zahl (max. 1.520 Stellplätze) in ebenerdigen, offenen Stellplätzen untergebracht werden könnten.

10

Auslöser der hier angegriffenen 1. Änderung des Bebauungsplanes der Antragsgegnerin Nr. 2/149 ist die Aufgabe der Nutzung des Hauses Möbel Unger. Die Beigeladene erwarb daraufhin im Jahre 2001 alle auf dem Gebiet der Antragsgegnerin und der Antragstellerin gelegenen Parzellen des "Einkaufszentrums" in der Absicht, die dortige Situation, die durch unorganische Anordnung der Baukörper unbefriedigend sei, durch Anfügung eines "Eingangsbereiches" zu dem "Einkaufszentrum" zu verbessern. Zu diesem Zwecke sollen alle Baukörper südöstlich des von Toys "R" US und Saturn-Hansa genutzten Traktes abgebrochen und gegeneinander nach Nordosten leicht versetzt zwei Baukörper angefügt werden, in deren Erdgeschoss und erstem Obergeschoss - verbunden durch eine querstehende Halle - eine Ladenpassage untergebracht werden soll. Das zweite und dritte Obergeschoss soll zum Abstellen von Kraftfahrzeugen dienen und über eine "Schnecke" erreicht werden, welche am östlichen Ende dieses Komplexes, d.h. zur Hannoverschen Straße orientiert errichtet werden soll. Die vom Rat der Antragsgegnerin am 18. Oktober 2001 beschlossene 1. Änderung ihres Bebauungsplans Nr. 2/149 beinhaltet folgendes: Fast der gesamte Bereich zwischen der Hannoverschen Straße im Südosten und dem Spielwarenhaus Toys "R" US/Saturn-Hansa wird als Sondergebiet Einkaufszentrum mit einer Verkaufsfläche von 34.000 qm festgesetzt. Die textlichen Festsetzungen lauten auszugsweise:

§ 1 räumlicher und sachlicher Geltungsbereich

Die 1. Änderung des Bebauungsplans 2/149 "Westliche Opelstraße" ersetzt in ihrem räumlichen Geltungsbereich sämtliche Festsetzungen des Bebauungsplans 2/149 "Westlich Opelstraße".

§ 2 sonstiges Sondergebiet (SO) "Einkaufszentrum"

1.
In dem festgesetzten sonstigen Sondergebiet (SO) "Einkaufszentrum" sind großflächige Einzelhandelsbetriebe i.S. von § 11 Abs. 3 BauNVO und sonstige Einzelhandelsbetriebe mit einer Gesamtverkaufsfläche von max. 34.000 qm zulässig. Die zulässige Gesamtverkaufsfläche gilt für den gesamten räumlichen Geltungsbereich des Bebauungsplanes Nr. 2/149 "Westlich Opelstraße", d.h. nicht nur für den Teil, der von der 1. Änderung erfasst wird.

2.
Im SO "Einkaufszentrum" sind ferner allgemein zulässig

- Schank- und Speisewirtschaften,

- Dienstleistungsbetriebe, soweit sie im Zusammenhang mit der Hauptnutzung stehen,

- Büros in den Obergeschossen.

§ 3 Grundflächenzahl

Im räumlichen Geltungsbereich der 1. Änderung des Bebauungsplans 2/149 "Westlich Opelstraße" sind Anlagen gemäß § 9 Abs. 4 Satz 1 BauNVO bis zu einer Grundflächenzahl von 0,9 zulässig.

§ 4 ....

11

Der Plan wurde am 25. Oktober 2001 im Amtsblatt des Landkreises Hannover bekannt gemacht.

12

Unter dem 20. August 2001 stellte die Beigeladene beim damals noch zuständigen Landkreis Hannover einen Bauantrag für den Um- und Neubau des Einkaufszentrums Altwarmbüchen sowie ein Parkhaus. Diesen Antrag hat die Region Hannover mit Rücksicht auf das vorliegende Eilverfahren und Zustimmung der Beigeladenen bislang nicht beschieden. Dieser Bauantrag sieht für das Erd- und das erste Obergeschoss die Errichtung einer "Mall" mit insgesamt etwa 14 Läden und rd. 125 Shops (= kleineren Läden) vor, die u.a. dem aperiodischen Bedarf (Wäsche, Miederwaren, Strümpfe, Bekleidung, Schuhe, Lederwaren), Technik und Unterhaltungselektronik, dem persönlichen Bedarf (Drogerie, Reformhaus, Apotheke, Friseur, Restaurant, Patisserie, Reisebüro, Tee, Kaffee, Tabakwaren, Schlüsseldienst, Schuhmacher, Reinigung/Wäscherei, Bank/Sparkasse, Weinhandlung), Freizeit- und Hobbybedarf (Bastel-, Geschenkladen, Heimwerker) sowie der Einrichtung (Teppich und Auslegwaren, Gardinen, Dekoration, Möbel, Bilder, Kunstgalerie, Betten und Matratzen) dienen sollen.

13

Am 7. Dezember 2001 hat die Antragstellerin den Normenkontrollantrag gestellt und zugleich um die Gewährung einstweiligen Rechtsschutzes nachgesucht. Zur Begründung macht sie insbesondere geltend: Erst durch die angegriffene 1. Planänderung werde die Sortimentsbeschränkung aufgehoben und damit eine erhebliche Gefahr für die Leistungsfähigkeit ihrer Innenstadt hervorgerufen. Mit dem deutlichen Anstieg der Attraktivität dieser Nutzung gehe eine Überlastung der Verkehrswege einher, welche allenfalls bis zum Jahre 2005 ohne weitere Baumaßnahmen hingenommen werden könnten. Die Folgeprobleme habe die Antragsgegnerin planerisch nicht bewältigt. Bei ihrer Abwägungsentscheidung habe die Antragsgegnerin das Vertrauen, welches die Antragstellerin in den Fortbestand der bisherigen Festsetzungen gesetzt habe, nicht berücksichtigt. Das zum vierten Mal fortgeschriebene Regionale Raumordnungsprogramm des Kommunalverbandes Großraum Hannover, welches am 24. Oktober 2001 bekannt gemacht worden sei, habe gerade das Ziel verfolgt, eine derartige Nutzungsintensivierung zu verhindern. Die Planänderung verstoße daher gegen Raumordnungsrecht. Sie sei des Weiteren nicht aus dem Flächennutzungsplan entwickelt, da der östliche Planbereich nach wie vor als Gewerbefläche dargestellt sei, dort jetzt aber ein Sondergebiet festgesetzt worden sei. Unzulässig sei es schließlich gewesen, diese Planänderung im vereinfachten Verfahren durchzuführen.

14

Die Antragstellerin beantragt,

die vom Rat der Antragsgegnerin am 18. Oktober 2001 beschlossene 1. Änderung des Bebauungsplanes Nr. 2/149 bis zur Entscheidung über den Normenkontrollantrag der Antragstellerin außer Vollzug zu setzen.

15

Die Antragsgegnerin und Beigeladene beantragen übereinstimmend,

den Antrag abzulehnen.

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Sie erwidern im Wesentlichen:

17

Die Antragsgegnerin sei nicht antragsbefugt. Substantiierter Vortrag, der eine Verletzung des interkommunalen Abstimmungsgebotes erst möglich erscheinen lasse, fehle. Die Antragstellerin mache sich allenfalls in unzulässiger Weise zur Amtswalterin der wirtschaftlichen Interessen ihrer Einzelhändler. Deren Konkurrenzsituation sei nicht städtebaulicher Natur. Die angegriffene Planänderung verschlechtere im Übrigen die Situation entgegen der Einschätzung der Antragstellerin nicht. Schon bisher seien im Plangebiet auch sonstige Einzelhandelsbetriebe zulässig gewesen; deren Zulässigkeit werde durch die angegriffene Planänderung lediglich klargestellt. Wenn daher statt der bisher 27 dort insgesamt betriebenen Läden nunmehr deren max. 93 geschaffen werden sollten (der Bauantrag des Architekten der Beigeladenen gehe über den ihm erteilten Auftrag deutlich hinaus), so hätte dies seiner Art nach schon auf der Grundlage der bisherigen planerischen Festsetzungen genehmigt werden können. Lediglich hinsichtlich des Maßes der Nutzung (überbaubare Flächen) sei eine kleine Änderung eingetreten; diese hätte aber im Wege der Befreiung genehmigt werden können. Jedenfalls seien die wirtschaftlichen Auswirkungen auf das Gebiet der Antragstellerin so gering, dass sie in jedem Fall unter der Wesentlichkeitsschwelle verblieben, deren Einhaltung die Antragsgegnerin nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts unter Hinweis auf das interkommunale Abstimmungsgebot allein reklamieren könne. Das zeige schon der Umstand, dass die Verkaufsfläche unverändert bleibe, sowie das Verhältnis, zu dem die Verkaufsflächen in Altwarmbüchen zu denen im Citybereich der Antragstellerin stünden. Aus diesem Grunde sei es entgegen der Auffassung der Antragstellerin auch nicht erforderlich gewesen, das genaue Ausmaß der wirtschaftlichen Auswirkungen gutachterlich klären zu lassen. Sonstige Verletzungen des Gebots zur interkommunalen Abstimmung seien nicht ersichtlich. Der Plan sei ausreichenden Umfangs aus den notwendigerweise grobmaschigeren Darstellungen des Flächennutzungsplanes der Antragsgegnerin entwickelt worden; etwaige Verstöße seien jedenfalls unbeachtlich. Ziele der Raumordnung stünden der Planänderung nicht entgegen. Hinsichtlich der Darstellungen im Landesraumordnungsprogramm Teil 2 ergebe sich das aus der bisherigen Rechtsprechung des Senats. Das Regionale Raumordnungsprogramm sei erst nach dem Satzungsbeschluss zum vierten Mal rechtsverbindlich geändert worden, dessen neuer Inhalt könne schon deshalb der Planänderung nicht entgegengehalten werden. Im Übrigen seien auch in dieser keine Ziele enthalten, welche der Planänderung entgegengehalten werden könnten; denn diese verschlechtere - wie dargelegt - nicht in qualitativ erheblicher Weise die bisherige planungsrechtliche Situation.

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Wegen der Einzelheiten von Vortrag und Sachverhalt wird auf die gewechselten Schriftsätze nebst ihrer zahlreichen Anlagen und den verschiedenen ihnen beigefügten Gutachten, die Vorgänge betreffend den Bauantrag vom 20. August 2001, die Planaufstellungsvorgänge betreffend die Urfassung des Bebauungsplans Nr. 2/149 sowie die Vorgänge zu seiner 1. Änderung Bezug genommen.

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II.

Der Antrag ist zulässig und begründet.

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Die Antragstellerin kann gemäß § 47 Abs. 2 Satz 1 VwGO geltend machen, die Festsetzungen der 1. Planänderung verletzten möglicherweise zu ihren Lasten das (auch) sie schützende Gebot, die Planungen benachbarter Gemeinden gemäß § 2 Abs. 2 BauGB aufeinander abzustimmen. Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (vgl. insbesondere Urt. v. 24.9.1998 - 4 C 2.98 -, BVerwGE 107, 215 = DVBl 1999, 100) können an die Geltendmachung einer Rechtsverletzung nach § 47 Abs. 2 Satz 1 VwGO keine höheren Anforderungen gestellt werden als sie auch für die Klagebefugnis nach § 42 Abs. 2 VwGO gelten. Danach genügt die Antragstellerin ihrer Darlegungspflicht, wenn sie hinreichend substantiiert Tatsachen vorträgt, die es zumindest als möglich erscheinen lassen, dass sie durch die angegriffene Planänderung in dem auch sie schützenden Recht aus § 2 Abs. 2 BauGB verletzt wird. Allerdings kann die Antragstellerin nach dieser Vorschrift nicht uneingeschränkt eine Berücksichtigung ihrer Interessen verlangen. Sie kann namentlich nicht beanspruchen, vor jedweder Konkurrenz durch eine Nachbargemeinde verschont zu bleiben. § 2 Abs. 2 BauGB hat nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts, welcher der Senat folgt (vgl. z.B. Beschl. v. 9.5.1994 - 4 NB 18.94 -, BauR 1994, 492 = BRS 56 Nr. 36) nur zum Ziel, dass die planende Gemeinde auf Belange benachbarter Gemeinden Rücksicht nimmt und vermeidet, dass dort unzumutbare Auswirkungen gewichtiger Art auf das städtebauliche Gefüge entstehen (vgl. auch BVerwG, Urt. v. 15.12.1989 - 4 C 36.86 -, BVerwGE 34, 209 [BVerwG 26.11.1969 - V C 68/67] = BRS 50 Nr. 193). Ob eine Verletzung dieses rechtlich so gefilterten Interesses in Betracht kommt, d.h. i.S. des § 47 Abs. 2 Satz 1 VwGO möglich ist, ist im Rahmen der Zulässigkeit nicht mit der Intensität zu prüfen, welche der Prüfung der Begründetheit eines Normenkontrollantrages vorzubehalten ist. Auch nach der Neufassung des § 47 Abs. 2 Satz 1 VwGO verbietet sich eine prozessuale Handhabung dieser Zulässigkeitsvorschrift, welche im Ergebnis dazu führte, die an sich gebotene Sachprüfung als Frage der Zulässigkeit des Antrages zu behandeln (vgl. BVerwG, Urt. v. 24.9.1998 - 4 CN 2.98 -, BVerwGE 107, 215 = DVBl 1999, 100 unter Hinw. a. Beschl. v. 18.3.1994 - 4 NB 24.93 -, NVwZ 1994, 683 = Buchholz 310 § 47 VwGO Nr. 88).

21

Dabei ist ein wesentlicher Unterschied zum Urteil des Senats vom 30. März 2000 (- 1 K 2491/98 -, ZfBR 2000, 573) zu beachten. Im seinerzeit entschiedenen Fall hatte sich die Antragstellerin, welche sich gegen die Umsiedlung eines Textilmarktes gewandt hatte, zur Stützung des behaupteten Verstoßes gegen § 2 Abs. 2 BauGB auf ein von ihr selbst eingeholtes Sachverständigengutachten berufen. Der Senat hatte im Rahmen der Begründetheit keine Bedenken getragen, dieses mit einem der Antragstellerin nachteiligen Ausgang zur Grundlage seiner Entscheidung zu machen. Ein Gutachten, welches die Auswirkungen der 1. Planänderung u.a. im Hinblick auf das Gebiet der Antragstellerin im Einzelnen untersuchte, liegt hier nicht vor. Das kann entgegen der Annahme der Antragsgegnerin und der Beigeladenen jedoch nicht gleichsam a priori zum Nachteil der Antragstellerin gereichen. Diese kann vielmehr im Hinblick auf § 2 Abs. 2 BauGB, der lediglich eine spezielle Ausprägung des Abwägungsgebotes (§ 1 Abs. 6 BauGB) darstellt, im Grundsatz reklamieren, es sei Aufgabe der Antragsgegnerin gewesen, vor Beschlussfassung ihres Rates ein derartiges Gutachten einzuholen (vgl. zu einer entsprechenden Pflicht schon hier OVG Greifswald, Beschl. v. 30.6.1999 - 3 M 144/98 -, NVwZ-RR 2000, 559 = BRS 62 Nr. 62 = DÖV 2001, 134). Die Möglichkeit einer Rechtsverletzung i.S. des § 47 Abs. 2 Satz 1 VwGO bestünde nur dann nicht, wenn die u.a. von der Antragstellerin, aber auch von anderen Trägern öffentlicher Verwaltung und von der IHK Hannover-Hildesheim im Planaufstellungsverfahren vorgebrachte Anregung vor Beschlussfassung über die Planänderung ein Sachverständigengutachten zu den städtebaulichen Folgen einzuholen, deshalb (gleichsam ins Blaue hinein) abgegeben worden wäre, weil sich schon jetzt verlässlich beurteilen ließe, die angegriffene 1. Planänderung führe ganz offenbar nicht zu unmittelbaren Auswirkungen gewichtiger Art, welche zum Vorteil der Antragstellerin gemäß § 2 Abs. 2 BauGB zu vermeiden wären. Das kann indes nicht angenommen werden. Auszuführen hierzu ist das Folgende:

22

Im Ausgangspunkt ist nicht zu beanstanden, dass die Antragstellerin zum Maßstab, ob bei Planausnutzung unmittelbare Auswirkungen gewichtiger Art zu erwarten sind, unter anderem den Kaufkraftabfluss wählt. Es trifft zwar zu, dass sich die Antragstellerin nicht allein in dem Bestreben gegen Pläne benachbarter Gemeinden wenden darf, zum Vorteil ihres Steueraufkommens die in ihrem Gebiet gelegenen Läden vor unerwünschter Konkurrenz zu bewahren. Das wäre in der Tat kein städtebauliches Anliegen. Der Senat hat indes in seinem Beschluss vom 31. Oktober 2000 (- 1 M 3407/00 -, NST-N 2001, 159 = NdsRpfl 2001, 277) ausgeführt, der Abschluss bisher absorbierter Kaufkraft müsse nicht in jedem Fall den alleinigen Indikator für das Maß nachteiliger städtebaulicher Auswirkungen i.S. des § 2 Abs. 2 BauGB darstellen; daneben möchten vielmehr Gesichtspunkte des Verkehrs oder auch solche des Vertrauensschutzes eine Rolle spielen. Festzuhalten ist, dass das Maß, in dem ein befürchtetes Vorhaben Kaufkraft abzuziehen vermag, auch einen Indikator städtebaulicher Art darstellt. Denn ab einem bestimmten Vomhundertsatz, den im Rahmen der Zulässigkeit abschließend zu bestimmen nach § 47 Abs. 2 Satz 1 VwGO kein Anlass besteht (vgl. dazu die Auflistung im Senatsbeschl. v. 31.10.2000, a.a.O.), hat ein solcher Kaufkraftabfluss zumindest auch städtebauliche Auswirkungen, welche die Antragsstellerin abzuwehren vermag. Das ergibt sich aus der Abwanderung oder Aufgabe von Geschäften, welche zu einer Verödung der Innenstadt führen können.

23

Diese Auswirkungen sind - auch - im Rahmen der Zulässigkeit danach zu ermitteln, was die angegriffene Planänderung maximal an Nutzungen zulässt. Denn die Antragsgegnerin hat sich in der angegriffenen Planänderung mit einem geringeren Konkretisierungsgrad dessen begnügt, was im östlichen Teil der bisherigen "Fachmarktagglomeration Altwarmbüchen" zulässig sein soll. Mit dem Bayerischen VGH (Urt. v. 3.5.1999 - 1 N 98.1021 -, NVwZ 2000, 822) muss zum Ausgleich dafür, dass sich die Antragsgegnerin mit der bloßen Festlegung der Nutzungsart "Sondergebiet Einkaufszentrum" und einer Gesamtverkaufsfläche von 34.000 qm auf ihrem Gemeindegebiet ohne konkretisierende Einschränkungen des Sortimentes beschieden hat, bei der Kontrolle der Abwägungsentscheidung die gesamte Bandbreite der auf dieser Grundlage möglichen Nutzungen in den Blick genommen werden. Schon in diesem Zusammenhang stellt sich daher die Frage, ob die angegriffene Planänderung - wie die Antragsgegnerin und Beigeladene übereinstimmend meinen - dem 1997 rechtsverbindlich gewordenen Bebauungsplan Nr. 2/149 "Westlich Opelstraße" lediglich Klarstellungen hinzufügt und Nachbargemeinden keine Nachteile aufbürdet, welche über die mit den seinerzeit getroffenen Festsetzungen verbundene Beschwer hinausgehen, oder ob mit der angegriffenen 1. Planänderung die Grundlagen für eine qualitativ andere, intensivere Nutzung geschaffen worden ist, deren Auswirkungen daher neu beurteilt werden müssen. Diese Frage ist aus den nachstehenden Gründen zum Nachteil der Antragsgegnerin und der Beigeladenen zu beantworten.

24

Die Festsetzungen des 1997 verbindlich gewordenen Planes 2/149 bedürfen der Auslegung. Das ergibt sich zum einen daraus, dass nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (Urt. v. 27.4.1990 - 4 C 16.87 -, NVwZ 1990, 1074 = DVBl 1990, 1110 = BRS 50 Nr. 67 = UPR 1990, 339) ein einheitlicher Inhalt des in den zeichnerischen Festsetzungen verwandten Begriffs des Sondergebiets Einkaufszentrum kaum besteht. Das Bundesverwaltungsgericht hat in der zitierten Entscheidung ausdrücklich offengelassen, ob überhaupt eine abstrakte Begriffsbestimmung für das "Einkaufszentrum" i.S. des § 11 Abs. 2, Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 BauNVO 1977 existiert, die für alle denkbaren Fälle zutrifft. Dasselbe hat für die BauNVO 1990 zu gelten. Schon von daher kommt den Zusätzen, namentlich den textlichen Festsetzungen, mit denen eine Gemeinde das Sondergebiet "Einkaufszentrum" definiert, besondere Bedeutung zur Ermittlung des Planinhaltes zu.

25

Selbst wenn man diesen rechtlichen Ansatzpunkt nicht folgte, ergäbe sich das Auslegungsbedürfnis zum anderen aus dem Spannungsfeld, das zwischen der vermeintlich uneingeschränkten Verwendung des Begriffs "SO-Einkaufszentrum" in den zeichnerischen Festsetzungen und dem Inhalt der textlichen Festsetzungen besteht. Zu verweisen ist namentlich auf den im Tatbestand zitierten § 1 der textlichen Festsetzungen. Ohne Erfolg versucht die Beigeladene dieser Bestimmung eine lediglich klarstellende Funktion zu verleihen, neben sonstigen Einzelhandelsbetrieben aller Art sollten in dem Gebiet großflächige Einzelhandelsbetriebe zulässig sein, soweit die Gesamtverkaufsfläche max. 34.000 qm nicht übersteige. Diese Deutung scheitert schon daran, dass es hierzu des Wortes "auch" bedürfte. § 1 der 1997 rechtsverbindlich gewordenen textlichen Festsetzungen sagt nicht aus, in dem SO-Gebiet "Einkaufszentrum" seien "auch" großflächige Einzelhandelsbetriebe i.S. des § 11 Abs. 3 zulässig. Vielmehr wird nach dem Wortlaut der Inhalt des "Einkaufszentrums" durch § 1 der textlichen Festsetzungen abschließend definiert. Das ist nach der oben zitierten Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts vom 27. April 1990 wenn nicht geboten, so doch mindestens möglich. Denn danach setzt der Begriff des "Einkaufszentrums" schon nach dem allgemeinen Sprachgebrauch nur voraus, dass "Einzelhandelsbetriebe verschiedener Art und Größe räumlich konzentriert werden" und dies in einer besonders qualifizierten Weise geschieht. Die Größe der Einzelhandelsbetriebe ist daher kein Definitionsmerkmal dergestalt, dass als Einkaufszentrum nur die Zusammenfassung von Läden zu verstehen ist, welche in Mischung groß- und kleinflächig sind. Das Spannungsverhältnis zwischen der vermeintlich uneingeschränkten Festsetzung eines jedwede Einzelhandelsnutzung zulassenden Sondergebiets in den zeichnerischen Festsetzungen und der Einschränkung, die sich aus § 1 der textlichen Festsetzung sich ergibt, legt daher die Auslegung nahe, mit dem 1997 rechtsverbindlich gewordenen Plan habe nur den vorhandenen großflächigen Einzelhandelsbetrieben eine nunmehrigem Planungsrecht entsprechende Rechtsgrundlage verschafft werden sollen.

26

Diese Auslegung verdichtet sich zur Gewissheit, wenn man die übrigen Auslegungshilfe zu Rate zieht. Zur Bestimmung dessen, was die Gemeinde - ohne auf einen bestimmten Sondergebietstyp (so es ihn denn geben sollte) zurückgreifen zu wollen - zum Inhalt ihrer planerischen Festsetzungen gemacht hat, können nicht alle Teile des Planaufstellungsvorganges herangezogen werden (vgl. zum Vorstehenden: BVerwG, Urt. v. 27.4.1990 - 4 C 36.87 -, BRS 50, 68). Die Auslegungshilfen müssen sich vielmehr an dem orientieren, was Planunterworfenen zur Ermittlung des Planinhalts zu Gebote steht. Rein verwaltungsinterne Vermerke sind daher im Grundsatz untauglich, den Inhalt eines Planes einschränkend oder erweiternd zu ermitteln. Zurückzugreifen ist jedoch außer auf die textlichen und die zeichnerischen Festsetzungen auf die Planbegründung, welche zu jedermanns Einsicht bereitzuhalten ist (vgl. § 10 Abs. 3 Satz 2 Halbs. 1 BauGB). Denn nur so ist es möglich, über die Wortlautauslegung hinauszugehen und den Bebauungsplan als Norm neben systematischen Gründen nach seinem Zweck und seiner Entstehungsgeschichte auszulegen (vgl. BVerwG, Beschl. v. 14.12.1995 - 4 N 2.95 -, NVwZ-RR 1996, 429 = BRS 57 Nr. 57 = ZfBR 1996, 165).

27

Die im Tatbestand wiedergegebenen Teile der Planbegründung lassen nur den Schluss zu, der angegriffene Plan solle in dem hier interessierenden Bereich (zwischen Hannoversche Straße im Osten und Daimlerstraße im Westen) lediglich den dort vorhandenen Betrieben den Bestand sichern und im Korsett, welches die höchstzulässige Verkaufsfläche von 34.000 qm sowie die Baugrenzen und die festgesetzten Stellplatzflächen ziehen, gewisse Erweiterungsmöglichkeiten eröffnen. Andere Nutzungen als die seinerzeit angestellten sollten mit dem 1997 rechtsverbindlich gewordenen Plan Nr. 2/ 149 keine Grundlage erhalten. Das folgt schon aus den allgemeinen Ausführungen zum Planungsvorhaben, städtebauliche Situation und städtebauliches Ziel (Nr. 1 der Planbegründung). Aus dieser ergibt sich mit Eindeutigkeit, dass die Planfestsetzungen Ergebnis eines Kompromisses sind zwischen den erheblich geringeren Entwicklungsmöglichkeiten, welche einem Grundzentrum wie der Antragsgegnerin an sich nur eröffnet sind, dem Bestreben der Antragstellerin, dort keine allzu große Verkaufsfläche und Sortimente innenstadtrelevanter Art entstehen zu lassen, und dem anerkennenswerten Bestreben der Antragsgegnerin, die nahezu einzigartige Lage zu ihrem planerischen Vorteil ausschöpfen zu können. Deshalb sollten die planerischen Festsetzungen, welche bis dahin galten und an sich die Ansiedlung auch eines Einkaufszentrums ermöglicht haben würden (die Baunutzungsverordnungen in den Fassungen 1962 und 1968 kannten eine dem heutigen § 11 BauNVO entsprechende Vorschrift nicht) "zurückgenommen" und das Baugeschehen dem nunmehr geltenden Baurecht soweit es geht angepasst werden. Nimmt man die nachträglich in die Planbegründung aufgenommene Äußerung der Bezirksregierung Hannover vom 15. August 1996 in den Blick, so wird deutlich, dass über den vorhandenen Bestand hinaus zusätzliche Sondergebiete gerade nicht sollten geschaffen werden dürfen und der Einzelhandel auf großflächige Betriebe beschränkt werden sollte, die regelmäßig ein Sortiment bieten, das die Innenstadtstruktur nicht in gleicher Weise gefährdet wie eine Mischung größerer und kleinerer Läden eines "echten Einkaufszentrums".

28

Vor allem aber ergibt sich dieses Auslegungsergebnis bei Betrachtung der Ausführungen zu Nr. 4.1.2 der Planbegründungen. Dort wird geradezu ausdrücklich ausgeführt, die Antragsgegnerin habe die Wahl der ebenfalls in Betracht kommenden Festsetzungen nach § 11 Abs. 3 Satz 1 Nrn. 2 oder 3 BauNVO 1990 deshalb vermieden, weil die Bezeichnung "Einkaufszentrum" "wegen" des vorhandenen Verbrauchermarktes (real), des Non-Food-Warenhauses, des Möbelhauses Unger und des vorhandenen Getränkemarktes angezeigt gewesen sei. Damit hat die Antragsgegnerin unmissverständlich zu erkennen gegeben, sowohl hiermit als auch durch die Bestimmung der Baugrenzen, welche die vorhandenen Baukörper nach Art eines Korsetts umfingen, lediglich dem vorhandenen Bestand eine Grundlage nach modernem Planungsrecht verschaffen, nicht jedoch erreichen zu wollen, dass eine Zusammenfassung von über 130 Läden durch eine sie vermittelnde Verkaufspassage (Mall) sollte geschaffen werden können.

29

Da die textlichen Festsetzungen der im Oktober 2001 rechtsverbindlich gewordenen 1. Änderung dieses Planes das Baugeschehen nicht weiter eingrenzen, ist der weiteren Betrachtung mit dem Bayerischen VGH (Urt. v. 3.5.1999 - 1 N 38.1021 -, a.a.O.) eine maximale Ausnutzung dieser planerischen Festsetzungen zugrunde zulegen. Der Hinweis der Beigeladenen, ihr Architekt habe mit dem unter dem 20. August 2001 gestellten Bauantrag die Grenzen seines Auftrages überschritten, vermag daran nichts zu ändern. Denn die zur Genehmigung eingereichten Bauzeichnungen belegen, dass in dem Baukörper 14 größere und rd. 125 kleinere Läden untergebracht werden können und damit eine Sortimentsstreuung erreicht werden kann, welche praktisch all das abdeckt, was namentlich in der Innenstadt der Antragstellerin angeboten wird.

30

Es lässt sich nicht mit der für die Verneinung der Antragsbefugnis allein ausreichenden Offenkundigkeit annehmen, die wirtschaftlichen Auswirkungen einer maximalen Ausnutzung der nunmehr geltenden planerischen Festsetzungen würden keine Auswirkungen auf das Gebiet der Antragstellerin i.S. des § 2 Abs. 2 BauGB haben können. Die entsprechenden Befürchtungen der Antragstellerin sind nicht so "aus der Luft gegriffen oder ins Blaue hinein formuliert", dass nicht einmal die Möglichkeit einer Rechtsverletzung i.S. des § 47 Abs. 2 Satz 1 VwGO bestünde. Dafür spricht schon die Quadratmeterzahl, auf der in der erstmals dort zu verwirklichenden Mall innenstadtrelevantes Sortiment angeboten werden kann. Diese überschreitet um ein Vielfaches die in § 11 Abs. 3 Satz 1 BauNVO 1990 bezeichnete Schwelle, welche das Erfordernis nach ins einzelne gehender Untersuchung der städtebaulichen Auswirkungen hervorruft. Der Senat hat es in seinem Beschluss vom 31. Oktober 2000 (- 1 M 3407/00 -, NST-N 2001, 159 = NdsRpfl 2001, 277) zwar abgelehnt, allein in der Überschreitung dieses Schwellenwerts den Nachweis zu sehen, das interkommunale Abstimmungsgebot sei verletzt. Damit nicht gleichzusetzen ist jedoch die hier in Rede stehende und zu bejahende Frage, ob diese Überschreitung jedenfalls dann, wenn sie in der hier in Rede stehenden Größenordnung geschieht, triftigen Anlass gibt, das Ausmaß der städtebaulichen Folgen, die dieses Vorhaben auf die Nachbargemeinden haben kann, durch sachverständige Untersuchung zu ergründen. Bereits das begründet die Möglichkeit einer Rechtsverletzung, wie sie für § 47 Abs. 2 Satz 1 VwGO ausreicht (vgl. auch OVG Greifswald, Beschl. v. 30.6.1999 - 3 M 144/98 -, NVwZ-RR 2000, 559 = DÖV 2001, 134 = BRS 62 Nr. 62).

31

Aber auch dann, wenn man die miteinander konkurrierenden Ausführungen der Beteiligten zu den wirtschaftlichen Folgen einer Planausnutzung würdigt, gestatten diese nicht das der Antragsgegnerin und der Beigeladenen allein günstige und ausreichende "vorläufige positive Gesamturteil", unmittelbare Auswirkungen gewichtiger Art auf das städtebauliche Geschehen im Bereich der Antragstellerin seien noch nicht einmal i.S. des § 47 Abs. 2 Satz 1 VwGO möglich.

32

Das von der Beigeladenen auf S. 62 f im Schriftsatz vom 22. Januar 2002 unterbreitete Zahlenmaterial vermag die von ihr herausgezogenen Folgerungen, eine städtebaulich relevante Beeinträchtigung des Innenbereichsstandortes sei offensichtlich nach keiner denkbaren Sichtweise ausgeschlossen, nicht zu stützen. Diese Berechnung berücksichtigt nicht ausreichenden Umfangs die Vorteile, welche die beabsichtigte Mall ihrer Qualität nach gegenüber der bisherigen Nutzung durch Möbel Unger hat. Aus der X-Expertise vom Oktober 2000 (die Innenstadt Hannover/Struktur, Funktion, Dynamik, siehe dort insbesondere S. 147) zählt zu den drei Negativpunkten, welche das Ergebnis der Innenstadtgeschäfte der Antragstellerin belastet, u.a. das Fehlen von Passagen, in denen witterungsunabhängiges Einkaufen möglich ist. Gerade dies soll in verkehrlich und von den Stellplätzen her besonders attraktiven Lage in der Mall erstmalig ermöglicht werden, deren Vorbereitung die angegriffene Planänderung dient. Der verkehrlichen Situation kommt dabei besondere Bedeutung zu. Es mag zwar sein, dass die Antragstellerin in ihrer Innenstadt rd. 13.500 Einstellplätze zur Verfügung stellt, davon 7.260 in Parkhäusern (S. 25 der genannten X-Expertise vom Oktober 2000). Das dürfte indes nichts daran ändern, dass das Aufsuchen der Innenstadt der Antragstellerin mit dem Kraftfahrzeug erschwert ist und erhebliche Nachteile gegenüber der Erreichbarkeit der hier in Rede stehenden Mall bestehen. Das ergibt sich u.a. aus dem Zeitungsartikel der Hannoverschen Allgemeinen Zeitung vom 12. Dezember 2001, welche die Verfahrensbevollmächtigten der Antragsgegnerin als Anlage zum Schriftsatz vom 23. Januar 2002 zu den Akten gereicht haben. Darin wird ausgeführt, dass die Innenstadtläden der Antragstellerin einen ganz wesentlichen Teil ihres Umsatzes, nämlich zu 42 v.H., mit Personen erzielen, welche mit dem Pkw anreisen. Das ist deshalb hervorhebenswert, weil dieser Kreis der Innenstadtkunden nur 30 v.H. ausmacht. Wenn daher in einer verkehrlich erheblich günstiger zu erreichenden Mall innenstadtrelevantes Sortiment in mehr als 130 Geschäften angeboten wird, so verdeutlicht dies, dass die bisher auf dem östlichen Teil des Plangebiets erzielten Umsätze keinen ausreichenden Anhaltspunkt für diejenigen Umsatz- und Gewinnerwartungen geben, welche die Mall auf der Grundlage der hier angegriffenen 1. Änderung des Bebauungsplanes 2/149 hegen darf. Dass der Anteil der nicht im Gebiet der Antragstellerin lebenden Konsumenten gerade an den umsatzstärkeren Wochenenden das Verkaufsgeschehen wesentlich bestimmt, ergibt sich aus den Ausführungen auf S. 16 der X-Expertise vom Oktober 2000. An den Wochenenden nämlich sinkt der Anteil der Besucher aus dem Gemeindegebiet der Antragstellerin auf 50,6 v.H.. Das zeigt gerade die Gefahr, welcher der Innenstadtstandort der Antragstellerin durch eine gleichsam vor ihren Toren stehende Mall zu befürchten hat, deren Sortiment im Gegensatz zu dem bisherigen Angebot von Möbel Unger und den anderen großflächigen Einzelhandelsunternehmen innenstadtrelevant ist. Diesem Gesichtspunkt kommt gerade wegen des großflächigen real-Einkaufsmarkts verstärkte Bedeutung zu. Hatte man das Fachmarktzentrum Altwarmbüchen bislang im Wesentlichen deshalb besucht, um dort aperiodischen Bedarf zu stillen, und den periodischen Bedarf in der näheren Umgebung des Wohnortes befriedigt, so spricht nunmehr Erhebliches, jedenfalls durch sachverständige Begutachtung zu Klärendes für die Annahme, die Errichtung einer Mall mit etwa 140 größeren und kleineren Ladenlokalen werde die Konsumenten in einem nicht mehr nur unwesentlichen Umfang dazu bewegen, ihre Wochenendtour ausschließlich zum einstigen Fachmarktzentrum Altwarmbüchen zu orientieren und dort den gesamten Bedarf - den aperiodischen wie den periodischen - zu stillen.

33

Die Möglichkeit einer Rechtsverletzung hat die Antragstellerin des Weiteren durch den plausiblen Hinweis dargetan, zwischen den für Ladenlokale in der Innenstadt zu entrichtenden Mieten (260,-- DM bis 310,-- DM je qm/Monat und in 1-a-Lagen) und denjenigen, welche in dem neuen Einkaufszentrum nunmehr würden bezahlt werden müssen (ca. 100,-- DM je qm), bestehe ein so großes Gefälle, dass damit auch für bislang im Innenstadtbereich angesiedelte Läden ein Anreiz eröffnet werde, sich in dem Einkaufszentrum mit innenstadtrelevantem Sortiment niederzulassen. Dies ist gerade deshalb plausibel, weil die Attraktivität der Innenstadt der Antragstellerin nach der oben zitierten X-Expertise vom Oktober 2000 (a.a.O., S. 62 f) gerade in deren 1-a-Lagen bestehen. Die Attraktivität der Innenstadt kann hiernach im Wesentlichen allein dadurch gesteigert werden, dass Flächenreserven der 1-a-Lagen aktiviert würden. Wird deren Rentabilität durch die Ansiedlung von bis zu 140 Läden - dieses entspricht etwa 1/5 der im Innenstadtbereich der Antragstellerin vorhandenen 630 Läden (mit zusammen 219.500 qm Verkaufsfläche, s.S. 26 der X-Expertise v. Oktober 2000) - geschmälert, so wird deutlich, dass zumindest die konkrete, für § 47 Abs. 2 Satz 1 VwGO ausreichende Möglichkeit besteht, die durch die 1. Änderung des Bebauungsplans Nr. 2/149 erstmals ermöglichte Errichtung einer Mall werde ernsthafte Auswirkungen auf das Innenstadtgeschehen der Antragstellerin haben. Welchen Umfang diese Umsatzeinbußen zu Lasten der städtebaulichen Innenstadtsituation der Antragstellerin annehmen wird, lässt sich nicht so weit eingrenzen, dass eine Verletzung des interkommunalen Abstimmungsgebotes ausgeschlossen erscheint. Das gilt trotz der von der Antragsgegnerin und der Beigeladenen zutreffend hervorgehobenen Tatsache, dass die Mall und die angrenzenden Geschäfte nicht allein von Personen aufgesucht werden wird, die aus dem Gebiet der Antragstellerin stammen oder dort als Kunden einreisend bislang das finanzielle Rückgrat gebildet haben. Vielmehr werden auch aus den Gebieten der Antragstellerinnen der Parallelverfahren 1 MN 30/02 und 1 MN 15/02 Kunden anreisen. Es hieße indes die Zulässigkeitsprüfung unter Verstoß gegen § 47 Abs. 2 Satz 1 VwGO zu befrachten, schon hier zu versuchen, die Zusammensetzung des Kundenaufkommens des "neuen Sondergebietes" zu ergründen.

34

Die Verletzung des § 2 Abs. 2 BauGB erscheint auch nicht aus anderen Gründen ausgeschlossen. Richtig ist zwar, dass sich an die soeben diskutierte, in ihrer Beantwortung offene Frage, ob die Ansiedlung der Mall im Bereich der Antragsgegnerin zu unmittelbaren städtebaulichen Auswirkungen gewichtiger Art führen wird, die weitere Frage anschließt, ob es der Antragstellerin zumutbar und möglich ist, die im Zusammenhang mit dem angegriffenen Vorhaben befürchteten Beeinträchtigungen durch eigene Planungen zumindest so weit wieder auszugleichen, dass die (unmittelbaren) Auswirkungen nicht mehr einen "gewichtigen" Umfang annehmen (vgl. BVerwG, Urt. v. 15.12.1989 - 4 C 36.86 -, BVerwGE 84, 209 = NVwZ 1990, 464 = BRS 50 Nr. 193; vgl. auch OVG Koblenz, Beschl. v. 8.1.1999 - 8 B 12650/98 -, NVwZ 1999, 435; Senatsurt. v. 30.3.2000 - 1 K 2491/98 -, ZfBR 2000, 573 = UPR 2000, 396 =NST-N 2000, 193). Diese Frage stellt sich deshalb, weil Gemeinden untereinander keine wettbewerbsrechtlichen "Cordon sanitair" beanspruchen können und dementsprechend auch angesichts des Gebots interkommunaler Abstimmung bestrebt sein müssen, durch eigene, ihnen zumutbare Maßnahmen die Auswirkungen von Planungen der Nachbargemeinde so weit wieder auszugleichen, dass die Auswirkungen unterhalb der nach § 2 Abs. 2 BauGB beachtlichen Schwelle bleiben (können).

35

Auch diese Frage ist nicht in einer Eindeutigkeit zu Lasten der Antragstellerin zu beantworten, dass dies ihrem Normenkontrollantrag die Befugnis nach § 47 Abs. 2 Satz 1 VwGO raubte. Dafür könnte zunächst sprechen, dass das Verhältnis von 13.500 Einstellplätzen zu 630 Innenstadtläden oder 219.500 qm Verkaufsfläche/Innenstadt ähnlich günstig, wenn nicht noch günstiger ist als das Verhältnis, in dem die rd. 2.188 Einstellplätze zu den rd. 140 in der Mall unterzubringenden Läden stehen, welche nach der Neuplanung maximal werden angelegt werden können. In diesem Zusammenhang könnte von Interesse sein, dass die Antragstellerin durch ihr vom Verein der Einzelhändler (vgl. HAZ-Artikel vom 12.12.2001, Anlage 1 zum Schriftsatz der Antragsgegnerin vom 23.1.2002) beklagtes Verkehrskonzept das Erreichen ihrer Innenstadt nicht gerade begünstigt. Das wird in der Begründetheitsprüfung u.a. die Frage aufwerfen, ob die Antragstellerin einerseits durch Verkehrsführung und Parkgebühr das Erreichen ihrer Innenstadt erschweren, auf der anderen Seite aber dann einer Nachbargemeinde die sich daraus ergebenden Wettbewerbsvorteile streitig machen darf, die diese durch eine weniger restriktive Verkehrspolitik genießen zu können sich anschickt. Aber auch die Auswirkungen einer solchen "städtebaulichen Selbsthilfe", welche der Antragstellerin im Rahmen des § 2 Abs. 2 BauGB voraussichtlich zuzumuten sein wird, lassen sich nicht mit der Verlässlichkeit prognostizieren, dass schon die Antragsbefugnis nach § 47 Abs. 2 Satz 1 VwGO entfiele.

36

Ein weiterer Indikator spricht für die Annahme, das interkommunale Abstimmungsgebot sei möglicherweise verletzt worden. Aus der oben zitierten Senatsrechtsprechung ergibt sich, dass der Abfluss bislang absorbierter Kaufkraft nicht in jedem Fall den alleinigen Indikator für das Maß nachteiliger städtebaulicher Auswirkungen unmittelbarer und gewichtiger Art darstellt. Vielmehr sind neben Gesichtspunkten des Vertrauensschutzes auch solche des Verkehrs zu berücksichtigen. Die Antragsgegnerin musste eingestehen, der für das neue Vorhaben zu erwartende Verkehr werde allenfalls bis zum Jahre 2005 mit den bisherigen Kapazitäten der öffentlichen Verkehrsanlagen sicher bewältigt werden können. Für die danach liegende Zeit ist die Problematik nicht bewältigt. Diese stellt sich vor allem deshalb verstärkten Umfangs, weil seit längerer Zeit zwischen der Antragstellerin und der Antragsgegnerin eine Verlängerung der Stadtbahnlinie auf das Gebiet der Antragsgegnerin verabredet ist. Deren Installation würde das Freiraumprofil der Straßenverkehrsanlagen in einem Umfang verringern, der eine Erweiterung der Straßenverkehrsfläche nach der einen oder anderen Seite unumgänglich macht. Es erscheint jedenfalls in einer für § 47 Abs. 2 Satz 1 VwGO ausreichenden Weise möglich, dass diese Probleme durch die angegriffene Planänderung ebenfalls nicht in einer Weise gelöst worden sind, welche vor § 2 Abs. 2 BauGB Bestand haben. Die Antragsgegnerin hat in der insoweit bemerkenswert kurzen Planbegründung dazu lediglich ausgeführt (a.a.O. S. 10), jedenfalls bis zum Jahre 2005 stelle sich ein Bedarf nach Verkehrsplanung nicht. Der kritische Bereich könne jedenfalls so ausgebaut werden, dass er in absehbarer Zeit den Verkehrserfordernissen genüge; die notwendigen Maßnahmen seien zwischen der Antragstellerin, der Antragsgegnerin, der Region Hannover und den Fachbehörden abzustimmen. Für den bereits jetzt ins Auge zu fassenden Zeitraum nach dem Jahr 2005 fehlen Ausführungen.

37

Danach erscheint es zumindest möglich, dass diese Verlagerung der Problembewältigung auf einen späteren Zeitpunkt nicht dem Grundsatz und der Verpflichtung zur Problembewältigung entspricht. Es kommt zumindest ernsthaft in Betracht anzunehmen, dass das Problem auskömmlicher Verkehrserschließung lediglich angesprochen, für den nicht eben fernliegenden Zeitraum ab dem Jahre 2006 indes nicht befriedigend gelöst, sondern gleichsam ein ungedeckter Wechsel auf die Zukunft gezogen worden ist. Es mag unter Umständen zulässig sein, auch in diesem Bereich planerische Zurückhaltung zu üben. Für § 47 Abs. 2 Satz 1 VwGO reicht indes die Möglichkeit aus, dass gerade wegen des erforderlichen Zusammenspiels mehrerer Behörden und der Verfahrensbeteiligten dieses Verfahrens die normale Reihenfolge - erst Planung, dann Herstellung der einen verstärkten Verkehrsfluss auslösenden Nutzung - umgekehrt und damit die Antragstellerin in einen Zugzwang hat gebracht werden sollen, den § 2 Abs. 2 BauGB gerade ausschließen will.

38

Auch im Übrigen bestehen gegen die Zulässigkeit des Normenkontrollantrages begründete Einwendungen nicht. Namentlich kann der Antragstellerin nicht entgegengehalten werden, sie habe durch ihren Bebauungsplan Nr. 1369 eine Intensivierung des geschäftlichen Geschehens ermöglicht, welche zu Lasten ihrer Innenstadt zu gehen geeignet ist. Das ist der Antragstellerin indes nicht nach Art des "venire contra factum proprium" entgegenzuhalten. Denn mit dieser Planung ist nicht zwangsläufig die Planung der Antragsgegnerin verbunden, auf ihrem Gebiet außerhalb des Bereichs, welcher der Antragstellerin planerisch offen steht, die erstmals die Grundlage für die Herstellung einer Mall mit innenstadtrelevantem Sortiment zu schaffen.

39

Der Eilantrag hat auch in der Sache Erfolg.

40

Nach § 47 Abs. 6 VwGO kann das Gericht auf Antrag eine einstweilige Anordnung erlassen, wenn dies zur Abwehr schwerer Nachteile oder aus anderen wichtigen Gründen dringend geboten ist. Ein schwerer Nachteil ist anzunehmen, wenn rechtlich geschützte Interessen in ganz besonderem Maße beeinträchtigt oder dem Betroffenen außergewöhnliche Opfer abverlangt werden (vgl. Erichsen/Scherzberg, DVBl 1987, 168, 174 f). Ob dies der Fall ist, kann der Senat hier offen lassen. Denn die beantragte einstweilige Anordnung ist aus anderen wichtigen Gründen i.S. des § 47 Abs. 6 VwGO dringend geboten. Hierzu reicht das Interesse, die Herstellung vollendeter Tatsachen zu verhindern, nach der Senatsrechtsprechung nicht aus. Andererseits kann die Antragstellerin auch nicht - wie namentlich die Antragsgegnerin (ebenso z.B. Eyermann-Jörg Schmidt, VwGO, 11. Aufl., § 47 Rdnr. 107) angedeutet hat - darauf verwiesen werden, ihre behaupteten Rechte im Rahmen eines Anfechtungsverfahrens gegen die Erteilung einer Baugenehmigung zu wahren, welche auf der Grundlage der angegriffenen 1. Planänderung erteilt wird. Die Rechtsschutzformen aus §§ 80 a Abs. 3 i.V.m. 80 Abs. 5 VwGO einerseits und aus § 47 Abs. 6 VwGO andererseits stehen vielmehr gleichberechtigt nebeneinander (Beschl. des Sen. v. 30.8.2001 - 1 MN 2456/01 -, NVwZ 02, 109). Der Verwaltungsgerichtsordnung ist kein Rangverhältnis zwischen beiden zu entnehmen. Während ein Antrag nach § 47 Abs. 6 VwGO "aus anderen wichtigen Gründen" nach der Senatsrechtsprechung erst dann Erfolg haben kann, wenn der Normenkontrollantrag mit einem hohen Grad der Wahrscheinlichkeit aussichtsreich erscheint - erst bei dieser Gewissheit ist es gerechtfertigt, unabhängig von einem drohenden Nachteil allein zur Erhaltung des Status quo einen Bebauungsplan ganz oder teilweise außer Vollzug zu setzen (vgl. Senatsbeschl. v. 21.3.1988 - 1 B 6/87 -, BRS 48 Nr. 30; Beschl. v. 30.6.1991 - 1 M 144/91 -, BRS 52 Nr. 40) -, kann sich das Gericht bei der Ermittlung der Erfolgsaussichten, die bei der Interessenabwägung nach § 80 Abs. 5 i.V.m. § 80 Abs. 3 VwGO eine ausschlaggebende Bedeutung gewinnen können, mit einem geringeren Grad der Wahrscheinlichkeit künftigen Erfolges des Rechtsbehelfs zufrieden geben. Andererseits ist es dort erforderlich, dass die angegriffene Genehmigung auch materiell Rechte der Antragstellerin verletzt und dies mit der für das Eilverfahren zureichenden Gewissheit festgestellt werden kann. Ein Normenkontrollantrag und damit auch ein Eilantrag nach § 47 Abs. 6 VwGO kann wegen des "abstrakten Charakters" des Normenkontrollverfahrens dagegen auch dann Erfolg haben, wenn (die Verletzung eigener Rechte nur möglich erscheint, § 47 Abs. 2 Satz 1 VwGO, jedoch) andere, d.h. außerhalb der Rechtssphäre der Antragstellerin liegende Gesichtspunkte die Annahme stützen, die angegriffene Planung verstoße gegen geltendes Recht. Angesichts der unterschiedlichen Tragweite beider Formen einstweiligen Rechtsschutzes und der in gewissem Umfang die Antragstellerseite begünstigenden abstrakten Natur der Normenkontrollverfahren hätte es einer ausdrücklichen Anordnung des Gesetzgebers bedurft, um annehmen zu können, einstweiliger Rechtsschutz dürfe nicht nach § 47 Abs. 6 VwGO gewährt werden, wenn die Gewährung einstweiligen Rechtsschutzes nach § 80 a Abs. 3 Satz 1 i.V.m. § 80 Abs. 5 VwGO in Betracht komme. Eine solche, etwa der Vorschrift des § 123 Abs. 5 VwGO entsprechende Vorschrift fehlt indes. Sie kann namentlich nicht dem Tatbestandsmerkmal des § 47 Abs. 6 VwGO entnommen werden, nur im dringend gebotenen Umfang könne hiernach unmittelbar gegen einen Bebauungsplan einstweiliger Rechtsschutz gewährt werden. Damit werden nur gesteigerte Anforderungen an das Maß der Gewissheit künftigen Obsiegens gestellt, nicht aber eine Rangfolge zwischen mehreren vom Gesetz ohne Anordnung eines Rangverhältnisses nebeneinander gestellter Möglichkeiten einstweiligen Rechtsschutzes festgelegt (vgl. HessVGH, Beschl. v. 12.1.1989 - 3 NG 4239/88 -, DVBl 1989, 887 unter Hinweis auf Erichsen/Scherzberg, DVBl. 1987, 168, 172 f.). Einer solchen ausdrücklichen Anordnung hätte es angesichts der Verbürgung effektiven Rechtsschutzes durch Art. 19 Abs. 4 Satz 1 GG bedurft. Denn stellt der Gesetzgeber mehrere Rechtsschutzformen zur Verfügung, bedarf es besonderer Rechtfertigung, eine davon im Einzelfall zu versagen. Eine solche ist angesichts der unterschiedlichen Ausgestaltung beider Rechtsschutzformen, welche auf ganz unterschiedlichen Gebieten Vor- und Nachteile vereinen, nicht gegeben (wie hier schon Senatsbeschluss vom 14.6.1990 - 1 M 33/90 -, BRS 50 Nr. 53 = BauR 1990, 579).

41

Der Normenkontrollantrag wird in einem hohen Grad der Wahrscheinlichkeit Erfolg haben. Daher ist der Erlass der begehrten einstweiligen Anordnung aus einem anderen wichtigen Grund i.S. des § 47 Abs. 6 VwGO dringend geboten.

42

Diese Erfolgsaussichten ergeben sich - erstens - in Fortsetzung der Ausführungen zur Zulässigkeit daraus, dass die Antragsgegnerin die Folgen der 1. Planänderung, welche eine gegenüber der bisherigen Planfassung quantitativ andersartige und intensivere Nutzung der Planflächen zu Lasten benachbarter Gemeinden ermöglicht, nicht - wie geboten - sachverständig hat ergründen lassen. Daraus ergibt sich ein Abwägungsdefizit, welches voraussichtlich nicht nach § 215 a BauGB nur die Unwirksamkeit der Satzung zur Folge hat, sondern in einer zur Nichtigkeit führenden Weise deren Grundkonzeption berührt.

43

Das Gebot zur interkommunalen Abstimmung (§ 2 Abs. 2 BauGB) stellt einen speziellen Unter- und Anwendungsfall des allgemeinen Abwägungsgebotes (§ 1 Abs. 6 BauGB) dar (vgl. Senatsbeschl. v. 31.10.2000 - 1 M 3407/00 -, NST-N 2001, 159 = NdsRpfl 2001, 277). Eine gerechte Abwägung kann nach der grundlegenden Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts vom 12. Dezember 1969 (- IV C 105.66 -, BVerwGE 34, 301, 309) [BVerwG 12.12.1969 - IV C 105/66] nur dann stattfinden, wenn die Gemeinde das Gewicht der konkurrierenden Belange zutreffend ermittelt hat. Geht es um die städtebaulichen Auswirkungen auf benachbarte Gemeinden, so erfordert dies in der Regel eine sachverständige Begutachtung der zu erwartenden Folgen; erst gutachtliche Stellungnahmen können die Grundlage für eine ausgewogene Planungsentscheidung darstellen (vgl. BayVGH, Urt. v. 3.5.1999 - 1 N 98.1021 -, NVwZ 2000, 822 = GewArch 1999, 432 = BayVBl 2000, 273; OVG Greifswald, Beschl. v. 30.6.1999 - 3 M 144/98 -, NVwZ-RR 2000, 559 = BRS 62 Nr. 62 = DÖV 2001, 134). Ein Ausnahmefall, wie er dem Senatsurteil vom 30. März 2000 (- 1 K 2401/98 -, UPR 2000, 396 = ZfBR 2000, 573) zugrunde lag, ist hier nicht gegeben. Darin hatte der Senat zwar entschieden, die planende Gemeinde sei nicht verpflichtet, jedwede Zweifelsfrage gutachtlich klären zu lassen. Eine derartige Pflicht bestehe vielmehr erst dann, wenn vorgebracht sei oder von Amts wegen ersichtlich sein müsse, abwägungsrelevante Zweifelsfragen existierten in einem Ausmaß, denen mit "gemeindlichen Bordmitteln" nicht mehr begegnet werden könne. Das hatte der Senat seinerzeit deshalb verneint, weil die Antragstellerin eine sachverständige Begutachtung zu den Akten hatte gelangen lassen, deren Würdigung (in der Begründetheitsstation!) zu dem ergab, die angegriffene Planung werde keine unmittelbaren Auswirkungen gewichtiger Art zu ihren Lasten zur Folge haben. Ein solcher Fall ist hier nicht gegeben. Unter anderem die Industrie- und Handelskammer Hannover/Hildesheim (Anregungen und Bedenken v. 17.9.2001), die Antragstellerin (Anregungen und Bedenken v. 13.9.2001), die Stadt Burgdorf (Anregungen und Bedenken v. 3.9.2001) sowie die Stadt Langenhagen (Anregungen und Bedenken v. 4.9.2001) hatten im Planaufstellungsverfahren geltend gemacht, die städtebaulichen Auswirkungen der Planänderung müssten sachverständig geklärt werden, bevor der Rat der Antragsgegnerin eine gerechte Abwägungsentscheidung überhaupt würde treffen können. Dieser Anregung ist die Antragsgegnerin im Wesentlichen deshalb nicht gefolgt, weil sie annahm, die 1. Planänderung führe nicht zu einer qualitativen Veränderung des im Planbereich anzusiedelnden Sortiments. Das ist eine Annahme, welche nach den Ausführungen zur Antragsbefugnis nicht zutrifft. Außerdem hat sie sich ausweislich der Ausführungen zu Nr. V 2.d der Planbegründung (S. 19) mit folgenden Erwägungen begnügt:

"Durch das Vorhaben wird die Versorgung der Bevölkerung verbessert. Es entsteht ein größeres und vielseitigeres Warenangebot.

Nachteilige Auswirkungen könnten sich dadurch ergeben, dass vorhandene Betriebe verdrängt werden. Für die Verbraucher entstehen längere Wege zum Einkaufen. Diese Gefahr ist aus der Sicht der Gemeinde gering. Die Warenangebote, die im Plangebiet zu erwarten sind, kauft man schon jetzt nicht an der nächsten Ecke, sondern im Zentrum von Hannover und in den Einkaufszentrum rund um Hannover. Sie befinden sich untereinander in einem scharfen Wettbewerb. Das kommt den Verbrauchern zu gute."

44

Es bedarf keiner näheren Ausführungen, dass das nicht annähernd die Ermittlung der städtebaulichen Auswirkungen sein kann, welche die innenstadtrelevante Intensivierung des Sortiments zur Folge haben können.

45

Die Antragsgegnerin kann sich zur Rechtfertigung dieser unzureichenden Planungsgrundlage auch nicht auf den Grundsatz der planerischen Zurückhaltung berufen. Die durch die 1. Planänderung aufgeworfenen Probleme hätten vielmehr im Planaufstellungsverfahren ermittelt, berücksichtigt und gelöst werden müssen. Eine hoheitliche Planung muss die Probleme, die sie aufwirft, grundsätzlich auch abwägend bewältigen. Sie darf jedenfalls solche Fragen nicht unabgewogen offen lassen und ihre Lösungen nachfolgenden Verfahrensschritten, insbesondere dem Baugenehmigungsverfahren, überlassen, welche das "Ob" ihrer Planung betreffen und nicht nur Modalitäten der Bauausführung (vgl. BVerwG, Urt. v. 23.1.1981 - 4 C 4.78 -, BVerwGE 61, 295, 306 zum Fernstraßenplanungsrecht).

46

Ein solcher Fall ist hier zum Nachteil der Antragsgegnerin gegeben. Die Fragen, ob die Ausnutzung der 1. Planänderung bei den Nachbargemeinden zu Folgen führen, welche diese nach § 2 Abs. 2 BauGB abzuwehren berechtigt sind, können nicht mehr im Baugenehmigungsverfahren geprüft und gelöst werden. Vielmehr handelt es sich dabei um die Frage, ob diese Planänderung überhaupt beschlossen werden kann. Das gilt unter anderem und kumulativ deshalb, weil die Antragsgegnerin auch in den textlichen Festsetzungen auf eine einschränkende Konkretisierung der Planausnutzungsmöglichkeiten verzichtet hat und daher der Überprüfung der Planungsentscheidung die maximale Ausnutzung der durch die 1. Planänderung ermöglichten Grundstücksnutzungen zugrunde zulegen ist (vgl. nochmals BayVGH, Urt. v. 3.5.1999 - 1 N 98.1021 -, a.a.O.). Dieser Mangel im Abwägungsvorgang ist nach § 214 Abs. 3 Satz 2 BauGB erheblich, weil er offensichtlich und auf das Abwägungsergebnis von Einfluss gewesen ist. Das bedarf näherer Darlegung nicht.

47

Auch für eine Anwendung des § 215 a Abs. 1 BauGB besteht voraussichtlich kein Raum. Das ist stets dann der Fall, wenn der festgestellte Mangel so schwer wiegt, dass er die Grundzüge der Planung berührt bzw. den Kern der Abwägungsentscheidung betrifft (vgl. BVerwG, Urt. v. 8.10.1998 - 4 CN 7.97 -, DVBl 1999, 243 = BRS 60 Nr. 52 = NVwZ 1999, 414; Beschl. v. 10.11.1998 - 4 BN 45.98 -, NVwZ 1999, 420 = BRS 60 Nr. 53 = BauR 1999, 361). Ob ein ergänzendes Verfahren in Betracht kommt, beurteilt sich nach den konkreten Umständen des Einzelfalls. Diese Prüfung wird hier aller Voraussicht nach ergeben, dass ein ergänzendes Verfahren ausscheidet und allenfalls eine vollständige Neuaufrollung des Verfahrens in Betracht kommen kann, wenn eine zuvor stattgefundene sachverständige Begutachtung die Chance ergibt, die angegriffene Planung werde § 2 Abs. 2 BauGB sowie die nachstehend zu erörternden Gesichtspunkte, namentlich solche des Raumordnungsrechtes "überstehen können".

48

Der Normenkontrollantrag der Antragstellerin scheint - zweitens - deshalb mit einem hohen Grad der Wahrscheinlichkeit aussichtsreich, weil die angegriffene Planung § 1 Abs. 4 BauGB verletzt. Hiernach sind Bauleitpläne den Zielen der Raumordnung und Landesplanung anzupassen. Als Ziele sind nach der Rechtsprechung des Senats (vgl. Urt. v. 30.8.1995 - 1 L 894/94 -, BRS 57 Nr. 273 = BauR 1996, 348 [OVG Niedersachsen 29.08.1995 - 1 L 894/94] unter Hinw. a. BVerwG, Beschl. v. 20.8.1992 - 4 NB 20.91 -, DVBl 1992, 1438) nur raumordnungsrechtliche Letztentscheidungen anzusehen. Es muss sich um nicht mehr ergänzungsbedürftige und -fähige Aussagen handeln und nicht nur um eine Abwägungsdirektive für die Gemeinde.

49

In seiner bisherigen Rechtsprechung hat der Senat angenommen, namentlich in C 1.6 06 des Landesraumordnungsprogramms, Teil II (v. 18.7.1994, GVBl S. 317 - LROP II -, durch die Verordnung vom 19.3.1998, GVBl. 270 insoweit nicht verändert) sei ein solches "Ziel" nicht bestimmt worden. Der Senat lässt unentschieden, ob an dieser Auffassung angesichts der eingehenden Zweifel festgehalten werden kann, welche namentlich die Antragstellerin des Parallelverfahrens 1 MN 30/02 (hier insbesondere mit Schriftsatz vom 23.2.2002) geäußert hat.

50

Jedenfalls in der Gestalt des Regionalen Raumordnungsprogramms des Großraums Hannover von 1996 stehen der 1. Planänderung aller Voraussicht nach Ziele i.S. des § 1 Abs. 4 BauGB entgegen, und zwar unabhängig davon, ob man dieses Regionale Raumordnungsprogramm in der Fassung seiner 3. Änderung oder der Fassung zugrundelegt, welche es im Rahmen der 4. Änderung im Jahre 2001 erhalten hat. Richtiger wird es aller Voraussicht nach sein, die letzte Fassung zugrunde zulegen, welche die Verbandsversammlung des Kommunalverbandes Großraum Hannover am 27. Juni 2001 als Satzung beschlossen und im Amtsblatt des Regierungsbezirks Hannover Nr. 22 am 24. Oktober 2001 ortsüblich bekannt gemacht hat. Die Rechtsauffassung der Antragsgegnerin und der Beigeladenen, dies könne der angegriffenen 1. Änderung des Bebauungsplans 2/149 nicht entgegengehalten werden, weil dieser schon am 18. Oktober 2001 als Satzung beschlossen worden sei, wird aller Voraussicht nach nicht durchdringen können. Denn bei der Prüfung, ob ein Bauleitplan den Zielen der Raumordnung angepasst ist, ist auf den Zeitpunkt des Wirksamwerdens (§ 10 Abs. 3 BauGB) und nicht auf den Zeitpunkt der Beschlussfassung abzustellen, da die Anpassungspflicht kein Element der Abwägung ist (so zutreffend Brügelmann-Gierke, § 1 Rdnr. 444). D 1.6.1 05 RROP 1996 - 4. Änderung - bestimmt als Ziel folgendes:

"In der zeichnerischen Darstellung festgelegte Fachmarkstandorte außerhalb der zentralörtlichen Standortbereichen dürfen in der Bauleitplanung nicht um neue Verkaufsflächen für innenstadtrelevante Sortimente - auch nicht als Randsortimente - erweitert werden; eine innere Umstrukturierung und Nutzungsänderung ist nur zulässig, wenn der Nachweis erbracht wird, dass dadurch keine wesentlichen Auswirkungen auf die Funktion der Versorgungskerne, die zentralörtlichen Standortbereiche sowie auf herausgehobene Nahversorgungsbereiche im Einzugsbereich zu erwarten sind."

51

In der Beikarte 2 zum RROP 1996/4. Änderung ist zwar das Fachmarktzentrum Lahe-Altwarmbüchen einschließlich der auf dem Gebiet der Antragstellerin liegenden Flächen bis hin zur Hannoverschen Straße (K 112) als herausgehobener Fachmarktstandort festgelegt worden. Die Antragsgegnerin hat indes den Nachweis nicht erbracht, die mit der 1. Änderung des Planes 2/149 ermöglichte innere Umstrukturierung und Nutzungsänderung (vgl. insoweit noch einmal die Ausführungen zur Normenkontrollantragsbefugnis) ließen keine wesentlichen Auswirkungen auf die Funktionen der Versorgungskerne im Einzugsbereich erwarten. Eine solche Untersuchung hat sie - wie oben dargelegt - nicht angestellt. Zudem werde mit der angegriffenen Planung erstmals die Möglichkeit eröffnet, innenstadtrelevantes Sortiment dort anzubieten (s.o.).

52

Angesichts dessen bedarf es keiner näheren Untersuchung, ob auch das in D 1.6.1 06, tiré 1 RROP 1996/4. Änderung bestimmte Ziel der 1. Planänderung entgegensteht. Nach den Erläuterungen zu dieser Bestimmung soll hierdurch eine Ausweitung des Verkaufsflächenanteils innenstadtrelevanter Sortimentsbereiche verhindert werden. Der Wortlaut dieser Bestimmung lässt jedoch Zweifel aufkommen, ob es dem Kommunalverband Großraum Hannover im Jahre 2001 gelungen ist, dies in den soweit maßgeblich beschreibenden Darstellungen wirksam als "Ziel" i.S. des § 1 Abs. 4 BauGB zu formulieren. Darin heißt es zwar:

"Das Fachmarktzentrum Lahe-Altwarmbüchen hat sich in den vergangenen Jahrzehnten weitgehend ungeplant zu dem bei weitem bedeutendsten Fachmarktstandort der Region entwickelt. Zum Schutz der Innenstädte ist eine unkontrollierte Entwicklung dieses Standortes zu verhindern. Dies bedeutet vor allem, dass die räumliche Erweiterung dieses Standortbereichs über den in der zeichnerischen Darstellung festgelegten Bereich hinaus unzulässig und die Umstrukturierung der angrenzenden Gewerbegebiete für Zwecke des Handels zu verhindern ist. Da das Fachmarktzentrum Lahe-Altwarmbüchen den Druck zur Entwicklung weiterer vergleichbarer Standorte der Region Hannover vermindert, sind innerhalb des festgelegten Standortbereichs die Anpassung der baulichen Struktur sowie verträgliche Erweiterungen und kontrollierte Neuansiedlungen möglich. Verträglich ist eine Zunahme der vorhandenen Verkaufsfläche pro Betrieb um bis zu 10%, jedoch nicht mehr als 10.000 qm insgesamt am Standort Lahe-Altwarmbüchen."

53

Es liegt nicht ganz auf der Hand, ob mit dieser Formulierung das Ziel erreicht worden ist, welches hiermit nach den Erläuterungen zur beschreibenden Darstellung hat erreicht werden sollen. Denn auch der Geltungsbereich der 1. Änderung des Bebauungsplans Nr. 2/149 (zeichnerische Festsetzung) liegt vollständig in dem in der Beikarte 2 festgelegten Fachmarktstandort.

54

Der Normenkontrollantrag der Antragstellerin wäre aber auch dann mit hoher Wahrscheinlichkeit aussichtsreich, wenn man das Regionale Raumordnungsprogramm Großraum Hannover 1996 in der Fassung seiner 3. Änderung zugrunde legte. Unter D 1.6.2 05 ist dem Standort Isernhagen-Altwarmbüchen zwar die Schwerpunktaufgabe "Sicherung von Arbeitsstätten" im Bereich von Einzelhandel und Dienstleistungen zugemessen worden. Ergänzend heißt es indes nicht nur, dass vorhandene Betriebe dort (lediglich) Bestandsschutz genießen und Ziel der Raumordnung sei, die Entwicklung der Verkaufsflächen an diesem Standort zu beschränken. Es heißt dort vielmehr weiter, die Umwandlung von Verkaufsflächen für Flächen extensiver Sortimente in zusätzliche Flächen intensiver Sortimente solle ausgeschlossen werden. Dies lässt aller Voraussicht nach nur den Schluss zu, dass die angegriffene 1. Änderung des Planes 2/149 auch die Ziele verletzt, welche bereits in der 3. Fassung des Regionalen Raumordnungsprogramms des Kommunalverbandes Großraum Hannover formuliert worden waren. Der Inhalt der Zeitungsartikel (HAZ vom 20.2.2002 und NP vom gleichen Tage, Anlage zum Schriftsatz der Antragsgegnerin vom 22.2.2002) gestatten eine dem Vorhaben günstigere raumordnerische Bewertung der Planänderung nicht. Aus ihnen geht nicht hervor, welchen Einwendungen raumordnerischer Natur die Staatskanzlei nachgegangen sein soll.

55

Angesichts der vorstehenden Erwägungen bedarf es keiner Erörterung mehr der Frage, ob die angegriffene Planung auch deshalb § 1 Abs. 6 i.V.m. § 2 Abs. 2 BauGB verletzt, weil die verkehrlichen Folgen der mit der 1. Planänderung verbundenen Nutzungsintensivierung nicht ausreichend gelöst worden sind. Es kommt in Betracht anzunehmen, dass die 1. Planänderung auch insoweit dem Gebot der Konfliktbewältigung nicht genügt. Das ist nur dann nicht erforderlich, wenn sichergestellt wird, der erforderliche Ausgleich der widerstreitenden Interessen werde noch im Rahmen des Planvollzuges stattfinden können (vgl. BVerwG, Urt. v. 11.3.1988 - 4 C 56.84 -, NVwZ 1989, 659 = BRS 48 Nr. 8 = DVBl 1988, 845). Auch das unterliegt hier Zweifeln. Die Antragsgegnerin hat sich - wie im Rahmen der Zulässigkeit kurz dargestellt - im Wesentlichen mit der Erwartung begnügt, ab dem Jahre 2005 werde der Verkehr - (nur) unter anderem infolge einer Ausnutzung der mit der 1. Planänderung eröffneten Nutzungsmöglichkeiten - auf der Hannoverschen Straße (K 112) so zugenommen haben, dass sich dann die Frage einer planerischen Bewältigung der hierdurch hervorgerufenen Folgen stellen werde; eine solche Lösung werde dann zwischen den Beteiligten dieses Verfahrens sowie den Straßenbauträgers gefunden werden können. Es kommt in Betracht anzunehmen, dass dies nicht mehr ist als nur eine vage Hoffnung, welche die Antragsgegnerin nicht in Wahrnehmung planerischer Zurückhaltung berechtigen durfte, die Folgen konkret abwägend in die Festsetzungen einzubeziehen. Denn der in Aussicht genommene Zeitpunkt (2005) ist nicht so weit entfernt, dass er jetzt als "vernachlässigbare Größe" unberücksichtigt bleiben dürfte. Es mag zwar auch sein, dass sich die Frage nach einer Neuordnung der Straßenverkehrsverhältnisse nicht allein wegen des hier in Rede stehenden Vorhabens, sondern auch wegen der allgemeinen Zunahme des Straßenverkehrs sowie der Verjüngung des Straßenprofils durch die zwischen den Hauptbeteiligten dieses Verfahrens verabredete Verlängerung der Straßenbahnlinie ergeben wird. Das dürfte aber nichts daran ändern, dass mit der 1. Änderung des Planes Nr. 2/149 eine nicht unwesentliche Ursache zur Zunahme des Verkehrs gesetzt worden sei - selbst dann, wenn die "Mall" aller Voraussicht nach auch von solchen Kunden angefahren wird, welche nördlich und östlich des Plangebiets wohnen und daher über andere Straßen, namentlich über die Bundesautobahnen 2, 7 und 37 das "Fachmarktzentrum" anfahren.

56

Ebenso unerörtert kann bleiben, ob die 1. Planänderung in einer § 8 Abs. 2 BauGB genügenden Weise aus den Darstellungen des Flächennutzungsplans der Antragsgegnerin entwickelt worden ist. Das ist zwar aller Voraussicht nach zu verneinen, weil im Zuge der parallel zur Aufstellung des Bebauungsplans 2/149 durchgeführten Änderung des Flächennutzungsplans (wohl die 47. Änderung) bewusst der östliche Bereich als gewerbliche Baufläche dargestellt worden ist, um eine Ausweitung des Sondergebiets zur Hannoverschen Straße hin auszuschließen. Es kommt jedoch in Betracht anzunehmen, dass dieser Mangel gemäß § 214 Abs. 2 Nr. 2 BauGB unbeachtlich ist. Danach ist eine Verletzung des Entwicklungsgebotes unbeachtlich, wenn die sich aus dem Flächennutzungsplan ergebende geordnete städtebauliche Entwicklung nicht beeinträchtigt ist. Weil bereits § 8 Abs. 2 Satz 1 BauGB bei der Frage, ob ein Abweichen noch dem Entwicklungsgebot genügt, auf die Einhaltung der Grundkonzeption des Flächennutzungsplanes abzustellen ist, werden von § 214 Abs. 2 Nr. 2 BauGB die Fälle erfasst, in denen der Bebauungsplan zu stark (für seinen Bereich) vom Flächennutzungsplan abweicht, ohne jedoch seine großräumige Konzeption in Frage zu stellen (Senatsurt. v. 14.1.2002 - 1 KN 270/01 - u.a. unter Hinw. auf Schmaltz, in: Schrödter, BauGB, 6. Aufl., 1998, § 214 Anm. 37, sowie Bielenberg, in: Ernst/Zinkahn/Bielenberg, BauGB, Stand: Mai 2001, § 214 Anm. 24). Die großräumige Zuordnung der verschiedenen Bauflächen wird hier voraussichtlich trotz der seinerzeit beibehaltenen Darstellung einer gewerblichen Baufläche an der Hannoverschen Straße nicht ernstlich in Zweifel gezogen worden sein. Ob eine Anwendung des § 214 Abs. 2 Nr. 2 BauGB deshalb ausscheidet, weil die Antragsgegnerin bewusst gegen § 8 Abs. 2 BauGB verstoßen hat, liegt jedenfalls nicht offensichtlich auf der Hand. Es kommt indes in Betracht dieses näher zu prüfen. Denn die Antragsgegnerin hat (u.a. unter Punkt I 5. der Planbegründung) in bemerkenswerter Weise sich der Einsicht verschlossen, mit der 1. Planänderung werde einer qualitativ ganz andersartigen Nutzung die Planungsgrundlage geschaffen, als sie nach der Urfassung des erst vier Jahre zuvor rechtsverbindlich gewordenen Planes beabsichtigt gewesen war. Das liegt indes nicht in einer Weise auf der Hand, dass dies zur Stütze einer einstweiligen Anordnung nach § 47 Abs. 6 VwGO gemacht werden könnte.

57

Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 154 Abs. 1 und 3, 162 Abs. 3 VwGO. Die Beigeladene hat einen Antrag gestellt und kann daher mit Kosten belastet werden. Da sie in der Sache unterliegt, entspricht es nicht der Billigkeit, ihre außergerichtlichen Kosten für erstattungsfähig zu erklären.

58

Die Streitwertfestsetzung folgt aus §§ 13 Abs. 1 Satz 1, 20 Abs. 3 GKG i.V.m. Nr. 9 a der regelmäßigen Streitwertannahmen des Senats. Danach ist in Normenkontrollverfahren regelmäßig ein Streitwert von 15.000,-- DM bis 200.000,-- DM bzw. (für Verfahren, die nach dem 1. Januar 2002 beim Senat anhängig geworden sind) von 10.000,-- EUR bis 100.000,-- EUR angemessen. Hier ist zu berücksichtigen, dass die Antragstellerin von dem angegriffenen Vorhaben ganz erhebliche städtebauliche Nachteile für ihre City befürchtet, welche unter Umständen sogar die für die Aufrechterhaltung ihrer Attraktivität erforderlichen Projekte (X-Expertise vom Oktober 2000, S. 62), namentlich die Verwirklichung der Umbaupläne für das Kröpcke-Center, gefährdet.

59

Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO, § 25 Abs. 3 Satz 2 GKG).

Schmaltz
Claus
Muhsmann