Oberlandesgericht Oldenburg
Urt. v. 26.02.1998, Az.: 1 U 156/97

Wettbewerbswidrigkeit von Werbung ; GmbH mit Unternehmensgegenstand arbeitsmedizinische und sicherheitstechnische Leistungen

Bibliographie

Gericht
OLG Oldenburg
Datum
26.02.1998
Aktenzeichen
1 U 156/97
Entscheidungsform
Urteil
Referenz
WKRS 1998, 28909
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
ECLI:DE:OLGOL:1998:0226.1U156.97.0A

Amtlicher Leitsatz

Die Werbung einer GmbH, mit der arbeitsmedizinische und sicherheitstechnische Leistungen angeboten werden, ist nicht wettbewerbswidrig.

Gründe

1

Nach dem Urteil des BGH vom 14. April 1994 (MedR 95, 113) kommt ein Verstoß gegen § 1 UWG bei einer GmbH, die (auch) ärztliche Leistungen anbietet, nur dann in Betracht, wenn sie als wettbewerbsrechtliche Störerin dazu beiträgt, dass die in ihr tätigen Ärzte gegen das für sie geltende standesrechtliche Werbeverbot verstoßen.

2

Der Störerhaftung der Beklagten steht nicht entgegen, dass die Beklagte selbst dem Werbeverbot aus § 21 Abs. 1 Berufsordnung für Ärzte der Ärztekammer Niedersachsen (wortgleich mit §25 Abs. 1 MuBO) nicht unmittelbar unterliegt, weil sie als juristische Person nicht Adressatin der standesrechtlichen Werbebeschränkungen für Ärzte ist. Sie haftet vielmehr gleichwohl als Störerin, wenn sich ihr Verhalten als Umgehung eines an die in ihr tätigenden Ärzte gerichteten standesrechtlichen Verbotes erweist (vergl. BGH a.a.O.). Ob eine derartige Gesetzesumgehung vorliegt, kann nicht allgemein sondern nur anhand aller Umstände des Einzelfalls beurteilt werden. Nach der Rechtsprechung des BGH in der angeführten Entscheidung ist dabei von Bedeutung, ob etwa erhebliche betriebswirtschaftliche Unterschiede auch eine unterschiedliche Behandlung rechtfertigen, wie es z.B. bei ärztlichen Inhabern von Sanatorien im Vergleich zu niedergelassenen Ärzten zutrifft. Von Bedeutung kann es auch sein, wenn das Leistungsangebot der gewerblichen Betätigung der medizinischen GmbH über das Leistungsangebot der Arztpraxis eines niedergelassenen Arztes hinausgeht. Nicht erforderlich ist jedoch, dass die auch von den niedergelassenen Ärzten erbrachten Leistungen und die Mehrleistungen in der GmbH wie in einem Krankenhaus zwangsläufig gekoppelt sind. Insoweit sind durch die Entscheidung des BGH vom 14. April 1994 die Urteile des OLG München vom 16. April 1992 (NJW 1993, 800 [OLG München 16.04.1992 - 6 U 4140/91]) und des OLG Hamburg vom 05. Mai 1994 (Medizinrecht 1994, 451) überholt.

3

Nach den besonderen Umständen des vorliegenden Falles ist davon auszugehen, dass eine Gesetzesumgehung nicht vorliegt. Eine Besonderheit liegt hier bereits darin, dass bei einem arbeitsmedizinischen Dienst die ärztliche Tätigkeit nicht zu Stande kommt, weil ein besonders Vertrauensverhältnis zwischen Arzt und Patient vorliegt, sondern weil der Unternehmer den Arbeitsmediziner mit der Durchführung der gesetzlich vorgeschriebenen Leistungen beauftragt. Eine weitere Besonderheit liegt im vorliegenden Fall darin, dass die arbeitsmedizinischen und sicherheitstechnischen Leistungen der Beklagten regelmäßig nicht in einer Praxis erbracht werden können sondern in dem Betrieb des auftraggebenden Unternehmens. Mit dem Erscheinungsbild einer ärztlichen Praxis ist der Betrieb der Beklagten nicht zu vergleichen. Dies wird auch von der Klägerin nicht so behauptet.

4

Wie die Klägerin ebenfalls nicht in Frage stellt, ist es durchaus betriebswirtschaftlich zweckmäßig, arbeitsmedizinische und sicherheitstechnische Aufgaben in einem Unternehmen zusammenzufassen. Dies hat zudem für die potenziellen Auftraggeber den Vorteil, dass sie sich zur Erfüllung ihrer Verpflichtungen nach dem Arbeitssicherheitsgesetz und dem Arbeitsschutzgesetz nur mit einem einzigen Partner auseinander zu setzen haben.

5

Schließlich ist es bei der Beklagten auch ein besonderer Umstand, dass sie in ihrem Leistungsangebot über das Leistungsangebot einer Arztpraxis eines niedergelassenen Arztes hinausgeht, denn sie bietet über die ärztlichen Leistungen hinaus auch sicherheitstechnische Leistungen an.