Oberlandesgericht Oldenburg
Beschl. v. 19.02.1998, Az.: 5 W 7/98
Umgehung des gemeindlichen Genehmigungsvorbehaltes für eine Hypothekeneintragung durch notarielle Urkunde; Anwendbarkeit des § 144 Abs. 2 Baugesetzbuch (BauGB) auf die Eintragung einer Zwangshypothek im Zwangsvollstreckungsverfahren
Bibliographie
- Gericht
- OLG Oldenburg
- Datum
- 19.02.1998
- Aktenzeichen
- 5 W 7/98
- Entscheidungsform
- Beschluss
- Referenz
- WKRS 1998, 28960
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- ECLI:DE:OLGOL:1998:0219.5W7.98.0A
Rechtsgrundlagen
- § 144 Abs. 2 BauGB
- § 794 Abs. 1 Nr. 5 ZPO
Fundstellen
- NJW-RR 1998, 1239-1240 (Volltext mit amtl. LS)
- OLGReport Gerichtsort 1998, 239-241
Amtlicher Leitsatz
Keine Umgehung des Genehmigungsvorbehaltes gem. § 144 Abs. 2 BauGB für Hypothekeneintragung durch notarielle Urkunde gem. § 794 Abs. 1 Nr. 5 ZPO.
Gründe
I.
Der Beteiligte zu 2. und Antragsteller hat unter Vorlage einer Urkunde des Notars ... vom 25.9.1997, in der die Beteiligte zu 1. eine Geldschuld gegenüber dem Antragsteller in Höhe von 1.500.000.- DM anerkannt und sich der sofortigen Zwangsvollstreckung in ihr gesamtes Vermögen unterworfen hatte, am 30.10.1997 die Eintragung einer Zwangshypothek in das Grundbuch beantragt. Das Amtsgericht hat diesen Antrag durch Zwischenverfügung vom 3.11.1997 beanstandet und dem Antragsteller aufgegeben, eine Genehmigung der Stadt .... -Sanierungsstelle- nach § 144 Abs. 2 Nr. 2 BauGB vorzulegen. Durch die angefochtene, hiermit in Bezug genommene Entscheidung hat das Landgericht die Zwischenverfügung des Grundbuchamts bestätigt.
II.
Die dagegen gerichtete weitere Beschwerde des Antragstellers ist gemäß §§ 78, 79, 80 GBO zulässig, hat aber in der Sache keinen Erfolg.
1.
Der Beschwerdeführer weist zwar zu Recht darauf hin, dass § 144 Abs. 2 BauGB auf die vorliegende Fallgestaltung keine Anwendung findet. Nach dieser Vorschrift, die insoweit der aufgehobenen Bestimmung des § 15 Abs. 1 StBauFG entspricht, bedürfen in förmlich festgelegten Sanierungsgebieten u.a. die Bestellung eines das Grundstück belastenden Rechts sowie auch ein schuldrechtlicher Vertrag, durch den eine Verpflichtung zu einem solchen Rechtsgeschäft begründet wird, der schriftlichen Genehmigung der Gemeinde. Diese Voraussetzungen werden durch das in der notariellen Urkunde abgegebene Schuldanerkenntnis nicht erfüllt, denn § 144 Abs. 2 Nr. 3 BauGB erfasst seinem Wortlaut nach nur solche schuldrechtlichen Verträge, durch die eine Verpflichtung zur Bestellung eines das Grundstück belastenden Rechts begründet wird; eine solche Verpflichtung enthält das in der notariellen Urkunde abgegebene Schuldanerkenntnis nicht. Die Bestimmung lässt sich auch nicht entsprechend auf ein solches Rechtsgeschäft anwenden, da kein sachlicher Bezug des Schuldversprechens zu einer genehmigungspflichtigen Bestellung von Grundstücksrechten besteht. Auf die Eintragung einer Zwangshypothek im Zwangsvollstreckungsverfahren findet § 144 Abs. 2 BauGB auch keine Anwendung. Da der eindeutige Wortlaut der §§ 51, 144 BauGB auf rechtsgeschäftliche Einwirkungen auf Grundstücksrechte abstellt, bleiben Vollstreckungsmaßnahmen von den Verfügungs- und Veränderungssperren nach §§ 51, 144 BauGB unberührt (vgl. Ernst- Zinkahn- Bielenberg, BauGB, § 144 Rdn. 24). Dabei kommt es nicht darauf an, dass der Beschwerdeführer die Eintragung der Zwangshypothek auf Grund eines vollstreckbaren Titels gemäß § 794 Abs. 1 Nr. 5 ZPO beantragt hat, denn auch diese Fälle können allein wegen der Natur des Vollstreckungstitels nicht anders als andere Zwangsvollstreckungsverfahren behandelt werden.
2.
Das Amtsgericht hat aber durch die angegriffene Zwischenverfügung zu Recht den Antrag auf Eintragung einer Zwangshypothek zurückgewiesen, weil nach den festgestellten Umständen des vorliegenden Falles mit der gewählten Rechtsgestaltung das Genehmigungserfordernis gemäß § 144 Abs. 2 BauGB umgangen werden sollte.
a)
Sinn und Zweck der bauplanungsrechtlichen Verfügungs- und Veränderungssperre ist es, dass eine Sanierung mit der vom öffentlichen und privaten Interesse gebotenen Intensität planvoll, zügig und in absehbarer Zeit durchgeführt werden kann. Daher sollen mit der Verfügungs- und Veränderungssperre solche Maßnahmen verhindert werden, die die Durchführung der Sanierung unmöglich machen oder wesentlich erschweren oder den Zielen und Zwecken der Sanierung zuwiderlaufen würden (vgl. Ernst- Zinkahn- Bielenberg, BauGB, § 144 Rdn. 24). Deshalb sind nach § 144 Abs. 2 BauGB alle Verfügungen über Rechte am Grundstück einschließlich der Bestellung beschränkt dinglicher Rechte gemäß § 134 BGB unwirksam, wenn die erforderliche Genehmigung nicht erteilt worden ist. Diese öffentlich- rechtliche Verbotsnorm mit Genehmigungsvorbehalt wird umgangen, wenn an Stelle einer genehmigungspflichtigen schuldrechtlichen Vereinbarung über die Bestellung eines Grundpfandrechts die dingliche Sicherung einer Geldforderung im Wege der Zwangsvollstreckung auf Grund einer notariellen Urkunde nach § 794 Abs. 1 Nr. 4 ZPO bewirkt werden soll, ohne dass eine Zwangsvollstreckungslage vorliegt.
Die Unterwerfung der Beteiligten zu 1) unter die sofortige Zwangsvollstreckung gemäß § 794 Abs. 1 Nr. 5 ZPO sollte nur die Voraussetzungen für die Eintragung der Zwangshypothek zur dinglichen Absicherung der vertraglich begründeten Geldforderung schaffen sollte und die beantragte Zwangsvollstreckungsmaßnahme nicht der Beitreibung der vollstreckbaren Geldforderung dienen. Diese Feststellung findet ihre weitere Bestätigung in dem Umstand, dass sich der Antragsteller in dem dem Schuldanerkenntnis zu Grunde liegende Kausalgeschäft zur Bestellung von Grundpfandrechten verpflichtet hat, mithin eine dingliche Sicherung der gegenseitigen Ansprüche der Vertragsparteien beabsichtigt ist. Damit liegt aber eine Gesetzesumgehung vor, da der Antragsteller durch die Verwendung rechtlicher Gestaltungsmöglichkeiten einen Erfolg zu erreichen sucht, der durch die Verbotsnorm in § 144 Abs. 2 BauGB gerade vermieden werden soll.
Dass die zwischen dem Antragsteller und der Grundstückseigentümerin getroffene schuldrechtliche Vereinbarung im Übrigen wirtschaftlich sinnvoll und rechtlich wirksam ist, ist für die Feststellung der Gesetzesumgehung bedeutungslos. Die Gesetzesumgehung ist eine Frage der Rechtsanwendung, die an die Rechtsgestaltung und die Durchsetzbarkeit des Regelungsinhalts einer Norm aus eigener Kraft anknüpft (vgl. BGHZ 37, 363, 366 [BGH 12.07.1962 - VII ZR 28/61]; 51, 255, 262 [BGH 19.12.1968 - VII ZR 83/66]; 56, 285, 289 [BGH 23.06.1971 - VIII ZR 166/70]; BAGE 10, 65, 70 [BAG 12.10.1960 - 3 AZR 65/56]; Soergel- Hefermehl, BGB, 12. Aufl., § 134 Rdn. 40). Sie kann von einem subjektiv vorwerfbaren Verhalten nicht berührt werden (vgl. BGHZ 110, 47, 64) [BGH 15.01.1990 - II ZR 164/88].
Eine unzulässige Umgehung des Genehmigungsvorbehalts lässt sich auch nicht mit der Erwägung verneinen, dass der Genehmigungsvorbehalt in § 144 Abs. 2 BauGB im Rahmen der Sozialbindung des Eigentums nur den Grundeigentümer und nicht auch dessen Gläubiger in die Pflicht nehmen soll (so LG Regensburg Rpfleger 1977, 24; Ernst- Zinkahn- Bielenberg BauGB, § 144 Rdn. 24); soweit im Geschäftsverkehr ein Interesse an der Besicherung von Geldforderungen durch Grundpfandrechte an dem betroffenen Grundstück besteht, wirkt die bauplanungsrechtliche Verfügungs- und Veränderungssperre gemäß § 144 Abs. 2 BauGB naturgemäß auch gegenüber vertraglich beteiligten Dritten. Wesentlich ist vielmehr, dass § 144 Abs. 2 BauGB die Möglichkeit einer wirtschaftlichen Verwertung des Grundeigentums in umfassender Weise einschränkt.
b)
Der Antragsteller muss sich daher auf Grund der von ihm gewählten Rechtsgestaltung so behandeln lassen, wie wenn er die vom Eigentümer bewilligte Eintragung eines Grundpfandrechts beantragt hätte, ohne dass die hierfür erforderliche Genehmigung der Gemeinde nach § 144 Abs. 2 Nr. 2 und 3 BauGB erteilt worden ist. Die Eintragung einer Zwangshypothek ist nicht nur eine Zwangsvollstreckungsmaßnahme, sondern auch ein Akt der freiwilligen Gerichtsbarkeit. Der Grundbuchrechtspfleger hat daher sowohl die Voraussetzungen der Zwangsvollstreckung als auch die grundbuchrechtlichen Voraussetzungen zu prüfen (Meikel/ Böttcher, Grundbuchrecht 10. Aufl. GBO § 18 Anm. 48). Dies schließt die Prüfung einer Gesetzesumgehung als Vollstreckungshindernis ein. Das Amtsgericht hat im Ergebnis zu Recht die Eintragung der Sicherungshypothek auf Grund der vollstreckbaren Ausfertigung des Notars ... vom 25.9.1997 versagt, da der beantragten Eintragung gemäß § 18 Abs. 1 S. 1 GBO ein Hindernis entgegensteht.