Oberlandesgericht Oldenburg
Urt. v. 25.02.1998, Az.: 2 U 282/97
Anspruch nach den Grundsätzen des Verschuldens bei Vertragsschluss; Vertrauen in den geschäftlichen Auftritt eines Maklers für Finanzierungen und Kapitalanlagen durch Verwendung eines dementsprechenden Briefkopfes
Bibliographie
- Gericht
- OLG Oldenburg
- Datum
- 25.02.1998
- Aktenzeichen
- 2 U 282/97
- Entscheidungsform
- Urteil
- Referenz
- WKRS 1998, 39201
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- ECLI:DE:OLGOL:1998:0225.2U282.97.0A
Verfahrensgang
- vorgehend
- LG Oldenburg - 18.11.1997 - AZ: 7 O 3504/96
Rechtsgrundlage
- § 263 StGB
In dem Rechtsstreit
...
hat der 2. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Oldenburg
auf die mündliche Verhandlung vom 25. Februar 1998
durch
die Richter xxx, xxx und xxx
für Recht erkannt:
Tenor:
Die Berufung des Beklagten gegen das am 18. November 1997 verkündete Urteil der 7. Zivilkammer des Landgerichts Oldenburg wird auf Kosten des Beklagten zurückgewiesen.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Der Wert der Beschwer und der Streitwert für den zweiten Rechtszug betragen 19.700,-- DM.
Entscheidungsgründe
Die Berufung hat keinen Erfolg. Der Kläger hat gegen den Beklagten den vom Landgericht zuerkannten Anspruch nach den Grundsätzen des Verschuldens bei Vertragsschluß.
Zu Unrecht vertritt die Berufung die Auffassung, es fehle auf Seiten des Beklagten an der notwendigen Voraussetzung der Inanspruchnahme eines besonderen Vertrauens. Ein Vertreter, Vermittler oder sogenannter Sachwalter kann zwar nur ausnahmsweise dann wie eine Vertragspartei nach den Grundsätzen zum Verschulden bei Vertragsschluß haften, wenn er über das bei der Anbahnung von Geschäftsbeziehungen immer vorausgesetzte normale Verhandlungsvertrauen hinaus in besonderem Maße Vertrauen für sich persönlich in Anspruch nimmt und auf diese Weise dem anderen Vertragspartner eine zusätzliche Gewähr für den Bestand und die Richtigkeit der Erklärungen und des in Aussicht genommenen Rechtsgeschäfts bietet (BGHZ 80, 82 [BGH 16.02.1981 - II ZR 179/80]; BGH NJW 1989, 293; BGH WM 1994, 149 [BGH 16.11.1993 - XI ZR 214/92]; BGH NJW 1997, 1233). Diese Voraussetzung ist aber vorliegend bereits durch die beiden vom Beklagten stammenden Rundschreiben erfüllt. Der Beklagte ist in den genannten Schreiben unter dem von ihm verwandten Briefkopf unter anderem als Makler für Finanzierungen und Kapitalanlagen aufgetreten. Er hat damit den Eindruck vermittelt, über eigene besondere Sachkunde hinsichtlich der von ihm angepriesenen "Geschäftsidee" zu verfügen. Bei dem Leser der Schreiben wird der Eindruck erweckt, die werbenden Aussagen seien von dem - anscheinend - für Kapitalanlagen erfahrenen Beklagten verfaßt. Auch im Text beider Schreiben hat der Beklagte den Eindruck erweckt, er sei für den Interessenten der alleinige und sachkundige Ansprechpartner. So heißt es in dem Schreiben mit der Überschrift "Betr.: Finanzierungen für privat und gewerblich, sowie gewerbliche Betriebsmittel und Immobilien - Finanzierungen": "Gerne erwarten wir von Ihnen einen Terminvorschlag, wobei wir die Einzelheiten und die Abwicklung besprechen" (Unterstreichung vom Senat)." Der mögliche Vertragspartner des Interessenten wird in dem Schreiben nicht genannt. Nur beiläufig heißt es, daß eine nicht genauer bezeichnete Firma xxx auf eine "Geschäftsidee" gestoßen sei.
Ebenso wird in dem Schreiben mit der Überschrift "An unsere Interessenten für das "xxx" nicht nur im Briefkopf, sondern auch im Text der Eindruck vermittelt, der Beklagte sei besonders sachkundig und der allein maßgebliche Ansprechpartner. Auch in diesem Schreiben bietet er nämlich einerseits dem Interessenten weitere Auskünfte an; andererseits kann der Leser dem Schreiben nicht entnehmen, wer denn Vertragspartner des geplanten Rechtsgeschäfts sein könnte. Gezielt verwirrend werden Namen genannt, deren Funktion im Rahmen des beabsichtigten Vertragsschlusses nicht erschließbar ist. So wird die Firma Sxxx nichtssagend als "Initiator" bezeichnet. Unklar ist auch, ob sich hinter dem nicht in einen verständlichen Satz aufgeführten Hinweis auf "xxx Vertrieb in Europa" ein möglicher Vertragspartner verbergen könnte.
Für eine persönliche Gewährübernahme hinsichtlich der Richtigkeit der abgegebenen Erklärungen spricht ferner, daß der Beklagte in der "Einstiegsbestätigung" vom 10.06.1994 als "Repräsentant" bezeichnet wird. Zudem ist eine haftungsbegründende Sachwalterstellung des Vermittlers in der Regel dann gerechtfertigt, wenn die Vertragsbeziehungen bewußt so gestaltet werden, daß sie für einen Laien kaum durchschaubar sind (OLG Köln NJW - RR 1997, 308 [OLG Köln 29.03.1996 - 20 U 185/95]). Eben dies ist hier der Fall. Neben der als "Initiator" bezeichneten Firma Sxxx wird in einem vom Kläger unter dem Datum des 06.06.1994 unterzeichneten Formular eine Firma "xxx" beauftragt, ohne daß klar wird, welche Tätigkeit diese Firma für den Interessenten entfalten soll. Im gleichen Formular wird ausgeführt, der Unterzeichner trete einer "Interessengemeinschaft xxx" bei. Dabei wird keine Anschrift der "Interessengemeinschaft" genannt; ebensowenig wird erkennbar, um was es sich dabei überhaupt handelt.
Daß vorliegend eine Verletzung der Aufklärungspflicht vorliegt, ist in der angefochtenen Entscheidung und im Beschluß des Senats vom 03.07.1997 im Prozeßkostenhilfeverfahren begründet worden. Es besteht kein Anlaß zu Ergänzungen.
Zu Unrecht wendet die Berufung sich auch gegen ein Verschulden des Beklagten. Die dazu aufgestellte Behauptung, der Beklagte habe seine Rundschreiben ohne Kenntnis hinsichtlich des von ihm angepriesenen Spielsystems gemacht, dürfte möglicherweise geeignet sein, ein bedingt vorsätzliches Handeln im Rahmen eines Betrugs gemäß § 263 StGB zu Lasten des Klägers zu belegen; Anhaltspunkte, die den Schluß auf mangelnde Fahrlässigkeit des Beklagten zulassen könnten, lassen sich diesem Vortrag nicht entnehmen.
Die Nebenentscheidungen beruhen auf den §§ 97 Abs. 1, 708 Nr. 10, 713 und 546 Abs. 1 und 2 ZPO.