Verwaltungsgericht Göttingen
Urt. v. 24.06.2004, Az.: 3 A 3449/02

Anrechnungsvorschrift; Dienstunfähigkeit; Entreicherung; Erwerbseinkommen; Hinzuverdienensgrenze; Höchstgrenze; Ruhensregelung; Ruhestandsbeamte; Rückzahlung; ungerechtfertigte Bereicherung; Versorgungsbezüge; Verwendungseinkommen; Zuflussprinzip

Bibliographie

Gericht
VG Göttingen
Datum
24.06.2004
Aktenzeichen
3 A 3449/02
Entscheidungsform
Urteil
Referenz
WKRS 2004, 50666
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
[keine Angabe]

Tatbestand:

1

Die Klägerin wendet sich gegen die Rückforderung überzahlter Versorgungsbezüge. Sie leistete zuletzt Dienst als Psychologieoberrätin am Bildungsinstitut der Polizei Niedersachsen (BIPN) und wurde durch Bescheid vom 06.05.1999 zu Beginn ihres 59. Lebensjahrs antragsgemäß mit Ablauf des 30.06.1999 wegen Dienstunfähigkeit in den Ruhestand versetzt. Ab dem 01.07.1999 erzielte sie - neben ihren Versorgungsbezügen mit einem Ruhegehaltsatz von 74 % - Einnahmen aus selbständiger Tätigkeit als Psychotherapeutin, die zunächst zeitnah nur in Höhe von 60 - 70 % der voraussichtlichen Honorierung als Abschläge ausgezahlt wurden. Wegen der verzögerten Abrechnungen ihrer Honorare durch die kassenärztliche Vereinigung (KV) kamen insgesamt 12.388,11 DM der 1999 erwirtschafteten Einnahmen erst im Jahr 2000 zur Auszahlung. Deshalb wies der Einkommensteuerbescheid der Klägerin vom 01.03.2001 für das Jahr 1999 bei den Einkünften aus selbständiger Arbeit einen Verlust von 19.150,00 DM aus, während sie für das Jahr 2000 ausweislich des Einkommensteuerbescheides vom 03.04.2002 aus selbständiger Arbeit einen Gewinn von 42.385,00 DM erzielte. Soweit ersichtlich, hat die Klägerin die Einkommensteuerbescheide der Jahre 1999 und 2000 nicht mit Rechtsbehelfen angegriffen.

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Mit Bescheid vom 25.04.2002 stellte das beklagte Landesamt eine Überzahlung der Versorgungsbezüge der Klägerin im Jahr 2000 in Höhe von 27.629,06 DM (entspricht 14.126,51 Euro) fest und forderte diesen Betrag zurück, wobei das Jahreserwerbseinkommen von 42.385,00 DM geteilt durch 12 Monate einen Durchschnittsbetrag von 3.532,08 DM/Monat bei monatlichen Einkommenshöchstgrenzen zwischen 6.496,72 DM und 6.996,72 DM ergab. Zur Begründung ihres hiergegen eingelegten Widerspruchs bezog sich die Klägerin auf eine Erklärung ihres Steuerberaters vom 30.01.2002, wonach 12.388,11 DM des im Jahr 2000 erzielten Überschusses wirtschaftlich dem Jahr 1999 zuzurechnen seien. Mit Bescheid vom 14.05.2002 ordnete das beklagte Landesamt die sofortige Vollziehung des Rückforderungsbescheides vom 25.04.2002 an, weil ein besonderes öffentliches Interesse daran bestehe, dass die zur Versorgung der Ruhestandsbeamten bereit gestellten Haushaltsmittel unter Wahrung des Sparsamkeitsgrundsatzes ausgegeben würden. Eine verzögerte Rückzahlung sei unter Umständen später nicht mehr zu realisieren. Das private Interesse an der Anrechnung geringerer Beträge müsse dahinter zurückstehen. Eine Gefährdung des Unterhaltes sei nicht zu befürchten. Der Klägerin stehe die Möglichkeit offen, Ratenzahlung oder Stundung zu beantragen. Den hiergegen eingelegten Widerspruch wies das beklagte Landesamt mit Widerspruchsbescheid vom 09.09. 2002 zurück.

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Am 09.10.2002 hat die Klägerin Klage erhoben; einen zwischenzeitlich gestellten Antrag auf Aussetzung der Vollziehung hat das erkennende Gericht bereits mit Beschluss vom 19.08.2002 - 3 B 3266/02 - abgelehnt.

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Zur Begründung ihrer Klage vertritt die Klägerin die Auffassung, das beklagte Landesamt übertrage zu Unrecht das steuerrechtliche Zuflussprinzip auf die Berechnung der Versorgungsbezüge; maßgeblich müsse vielmehr die wirtschaftliche Zuordnung der Einkünfte zu dem Zeitraum sein, in dem die bezahlte Erwerbstätigkeit ausgeübt worden sei. Dies ergebe sich aus einer entsprechenden Auslegung des § 53 Abs. 2 und 7 BeamtVG. Ein Teilbetrag von 12.388,11 DM sei erst im Jahre 2000 von der KV ausgezahlt, jedoch bereits im Jahre 1999 von der Klägerin erwirtschaftet worden und fällig geworden. Sie habe keine Möglichkeit gehabt, für eine Auszahlung der erwirtschafteten Honorare bereits im Jahr 1999 zu sorgen - was auch die KV bestätige - oder den Steuerbescheid dieses Jahres nachträglich korrigieren zu lassen. Die steuerliche Behandlung der Honorare, bei der das Zuflussprinzip gelte, könne lediglich ein Anhaltspunkt für die Ruhensregelung sein. Da die verspäteten Zahlungen für Leistungen der Klägerin im Jahr 1999 erfolgt seien, müssten sie auch dem Jahr zugeordnet werden. Der Gesetzgeber habe eine monatsbezogene Betrachtungsweise gewollt und einer Doppelalimentierung entgegenwirken wollen. Das beklagte Landesamt müsse nicht prüfen, welchem Kalenderjahr jede einzelne Honorarabrechnung zuzuordnen sei, sondern könne die vom Steuerberater ermittelten Daten übernehmen; hierzu sei das beklagte Landesamt auch personell in der Lage.

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Die Klägerin beantragt,

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den Rückforderungsbescheid des beklagten Landesamtes vom 25.04.2002 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 09.09.2002 aufzuheben, soweit darin überzahlte Versorgungsbezüge von mehr als 7.640,77 Euro zurückgefordert werden.

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Das beklagte Landesamt beantragt,

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die Klage abzuweisen,

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und verteidigt die angegriffenen Bescheide.

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Die Kammer hat den Rechtsstreit nach Anhörung der Beteiligten auf den Einzelrichter übertragen. Wegen der weiteren Einzelheiten des Vorbringens der Beteiligten und zur Sachlage wird auf die Gerichtsakte und die beigezogenen Verwaltungsvorgänge des beklagten Landesamtes Bezug genommen; diese Unterlagen sind Gegenstand der Verhandlung und Entscheidungsfindung gewesen.

Entscheidungsgründe

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Die zulässige Klage ist nicht begründet. Die Klägerin hat gegen das beklagte Landesamt keinen Anspruch auf eine Reduzierung des Rückforderungsbetrages auf 7.640,77 €; der Bescheid vom 25.04.2002 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 09.09.2002 ist rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten, § 113 Abs. 1 Satz 1 VwG0.

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Bereits mit Beschluss vom 19.08.2002 hat die Kammer im Verfahren 3 B 3266/02 ausgeführt, woran der Einzelrichter entgegen den von der Klägerin vorgetragenen Rechtsauffassungen auch für das vorliegende Klageverfahren festhält:

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... ist der Rückforderungsbescheid vom 25.04.2002 nicht zu beanstanden. Seine materiellrechtliche Grundlage findet er in § 52 Abs. 2 BeamtVG, wonach sich die Rückforderung zuviel gezahlter Versorgungsbezüge nach den Vorschriften des Bürgerlichen Gesetzbuchs über die Herausgabe einer ungerechtfertigten Bereicherung richtet, soweit gesetzlich nichts anderes bestimmt ist. Der Kenntnis des Mangels des rechtlichen Grundes der Zahlung steht es gleich, wenn der Mangel so offensichtlich war, dass der Empfänger ihn hätte erkennen müssen. Zu Recht ist der Antragsgegner im vorliegenden Falle davon ausgegangen, dass in Anwendung dieser Vorschrift die Antragstellerin die im Jahr 2000 zuviel erhaltenen Versorgungsbezüge zurückzahlen muss.

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Unter besonderer Berücksichtigung der allein zwischen den Beteiligten streitigen Frage, ob die wirtschaftliche Zuordnung von Tätigkeitsentgelten zu einem bestimmten Zeitraum oder das steuerrechtliche Zuflussprinzip maßgeblich sein muss, teilt die Kammer die Auffassung des Antragsgegners, dass die Antragstellerin nach § 53 BeamtVG im Jahre 2000 zuviel gezahlte Versorgungsbezüge in Höhe von 14.126,51 Euro erhalten hat.

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Bezieht ein Versorgungsberechtigter Erwerbs- oder Erwerbsersatzeinkommen (§ 53 Abs. 7 BeamtVG), so erhält er daneben seine Versorgungsbezüge nur bis Erreichen der in Abs. 2 bezeichneten Höchstgrenze (§ 53 Abs. 1 BeamtVG). Als Höchstgrenzen nach § 53 Abs. 2 Nr. 3 BeamtVG gelten für Ruhestandsbeamte, die - wie die Antragstellerin - wegen Dienstunfähigkeit, die nicht auf einem Dienstunfall beruht, in den Ruhestand getreten sind, bis zum Ablauf des Monats, in dem das 65. Lebensjahr vollendet wird, 75 % des sich nach Nr. 1 ergebenden Betrages, zuzüglich 630,00 DM. Sinn und Zweck dieser durch Art. 6 Nr. 24 Versorgungsreformgesetz vom 29.06.1998 (BGBl. I S. 1666/1674) eingeführten Anrechnungsvorschrift ist es, die sich aus den hergebrachten Grundsätzen des Berufsbeamtentums folgende Alimentationspflicht des Staates in den Fällen zu begrenzen, in denen ein Ruhestandsbeamter, der vor Erreichen der Altersgrenze (65 Jahre) wegen Dienstunfähigkeit in den Ruhestand versetzt wird, neben seinen Versorgungsbezügen Erwerbseinkommen bezieht, wobei ihm nach § 53 Abs. 5 BeamtVG mindestens ein Betrag in Höhe von 20 % seines Versorgungsbezuges zu belassen ist. Diese zur Schonung öffentlicher Kassen eingeführte Regelung ist mit dem Alimentationsgrundsatz vereinbar, da dem Versorgungsempfänger beim Hinzuverdienen jedenfalls im Ergebnis ein ausreichendes Einkommen im Sinne einer angemessenen Alimentation verbleibt. Die öffentliche Hand soll nicht verpflichtet sein, Zusatzeinkommen im Zeitraum vorzeitiger Zurruhesetzung (bis zum Erreichen der Altersgrenze) ungekürzt hinzunehmen (vgl. VG Karlsruhe, Urteil vom 07.08. 2001 - 11 K 1253/01 -). Insbesondere bei Beamten, die wegen Dienstunfähigkeit vorzeitig in den Ruhestand versetzt worden sind, muss der Gesetzgeber nicht tatenlos akzeptieren, dass diese Beamten zwar einerseits nicht mehr fähig sind, ihrer Dienstleistungspflicht überhaupt noch - geschweige denn mit voller Hingabe, § 54 Satz 1 BBG, § 62 Satz 1 NBG - nachzukommen, andererseits aber durchaus ihre Arbeitskraft und -zeit so einsetzen können, dass ihre aus Versorgungsbezügen und Erwerbseinkommen erwachsenden Gesamteinkünfte die Alimentation deutlich übersteigt, die ihnen bei fortbestehender Dienstfähigkeit und pflichtgemäßer Dienstleistung zustehen würde.

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In Anwendung dieser verfassungskonformen Vorschriften ist die vom Antragsgegner vorgenommene Berechnung des Überzahlungsbetrages und die daraus folgende Rückforderung nicht zu beanstanden. Gegen die rechnerische Richtigkeit des Rückforderungsbetrages werden Bedenken weder geltend gemacht noch sind sie sonst ersichtlich. Zwar ist der Antragstellerin mit der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts darin zuzustimmen, dass beim Zusammentreffen von Versorgungsbezügen mit Erwerbs- und Erwerbsersatzeinkommen grundsätzlich jeweils darauf abzustellen ist, für welchen Zeitraum das Erwerbseinkommen bestimmt ist, mag dies im Einzelfall für den Versorgungsberechtigten zu einer Besserstellung führen oder auch nicht (vgl. BVerwG, Beschluss vom 31.03.2000 - 2 B 67.99 -, Buchholz 239.1 § 53 BeamtVG Nr. 10; Urteil vom 12.06.1975 - 2 C 45.73 -, Buchholz 238.41 § 53 SVG Nr. 1). Gerade in Fällen wie dem vorliegenden, in denen unterschiedliche Leistungen im Rahmen des zusätzlichen Erwerbseinkommens für ganz bestimmte Zeiträume erwirtschaftet werden, besteht kein allgemeiner Rechtsgrundsatz des Inhalts, dass diese Einkünfte ungeachtet des Zeitraums, für den sie ein zusätzliches Einkommen bilden sollen, in vollem Umfang als Erhöhung nur für den Zeitraum der Zahlung behandelt werden. Dies wird besonders deutlich, wenn eine jährliche Sonderzuwendung ausschließlich auf den Zahlungsmonat angerechnet wird und deshalb aufgrund der Anrechnungsvorschriften zum größten Teil wieder verloren geht (vgl. BVerwG, Urteil vom 12.06.1975, aaO., S. 6).

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Für welchen Zeitraum ein Verwendungseinkommen bestimmt ist, muss sich nicht zwangsläufig aus dessen steuerrechtlicher Behandlung ergeben. Die Auffassung des Steuerberaters der Antragstellerin, dass ein Teil der in einem nachfolgenden Steuerjahr ausgezahlten Tätigkeitsentgelte als im vorhergehenden Steuerjahr erwirtschaftet behandelt werden müsste, weil die zu Grunde liegenden Tätigkeiten im früheren Zeitraum durchgeführt worden seien, ist allerdings noch viel weniger geeignet, diese Bestimmung zu treffen. Regelmäßig ist die Zweckbestimmung der Leistung durch den Leistenden zu treffen, vorliegend also durch die KV. Aufgrund von Abrechnungsproblemen war diese nicht in der Lage, für 1999 abzurechnende Honorare vollständig in diesem Jahr auszuzahlen; ohnehin wird es kaum jemals zu bewerkstelligen sein, dass die Dezember-Abrechnungen vollständig vor dem Jahreswechsel abgewickelt und ausgezahlt werden können. ...

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Gegenüber dieser Rückzahlungsverpflichtung kann sich die Antragstellerin auch nicht mit Erfolg auf den Einwand der Entreicherung im Sinne von § 818 Abs. 3 BGB berufen. Dieser ist ihr gemäß § 820 Abs. 1 S. 2 BGB i. V. m. § 818 Abs. 4 BGB abgeschnitten. Nach der Rechtsprechung der Verwaltungsgerichte kommt die auf Rechtsgeschäfte zugeschnittene Regelung des § 820 Abs. 1 S. 2 BGB in ihrer entsprechenden Anwendung auf die Zahlung von Dienstbezügen oder Versorgungsbezügen zum Tragen, wenn solche Bezüge unter dem stillschweigenden gesetzlichen Vorbehalt gezahlt werden, dass der Rechtsgrund der Zahlung später wegfällt. Diese Rechtslage wird insbesondere angenommen, wenn - wie vorliegend - die Anwendung der Ruhensvorschriften der §§ 53 f. BeamtVG auf die Zahlung von Versorgungsbezügen in Betracht kommt (vgl. BVerwG, Urteil von 05.12.1968 - 2 C 41.67 -, ZBR 1969, 243 [BVerwG 05.12.1968 - BVerwG I C 41.67]).

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Schließlich wird auch nicht beanstandet werden können, dass der Antragsgegner von der Rückforderung aus Billigkeitsgründen nicht abgesehen hat (§ 52 Abs. 2 Satz 3 BeamtVG), da die Antragstellerin trotz entsprechenden Hinweises weder Stundung oder Ratenzahlung beantragt noch ihre vollständigen Vermögensverhältnisse hinreichend offen gelegt hat.

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Die generelle „Anrechnung“ von Erwerbseinkommen auf beamtenrechtliche Versorgungsbezüge hat seinen Grund darin, dass der Beamte verpflichtet ist, dem Dienstherrn seine ganze Arbeitskraft zur Verfügung zu stellen. Diese Verpflichtung endet erst mit dem Erreichen der gesetzlichen Altersgrenze. Tritt ein Beamter vor diesem Zeitpunkt in den Ruhestand, so entzieht er dem Dienstherrn seine Arbeitskraft. Nimmt er nach dem Eintritt in den Ruhestand, aber vor dem Erreichen der Altergrenze eine Erwerbstätigkeit auf, so liegt darin im weitesten Sinne ein treuwidriges Verhalten, was den Dienstherrn zur Abschöpfung dieser Einkünfte durch eine entsprechende Verringerung der geleisteten Alimentation berechtigt; erst mit dem Erreichen der gesetzlichen Altersgrenze entfällt diese Motivation und damit auch die Ruhensregelung nach § 53 BeamtVG (Kümmel/ Ritter, BeamtVG, Stand: 03/04, § 53 Rn 12; vgl. auch BVerwG, Urteil vom 18.09.1997 - 2 C 35.96 -, ZBR 1998, 207, 208f). Nicht zu erkennen ist, dass dieser Gesetzeszweck gerade im konkreten Falle der Klägerin zu untragbaren und vom Gesetzgeber so nicht beabsichtigten Ergebnissen führen würde. Ausweislich der von ihr vorgelegten Unterlagen nahm die Klägerin bereits während der Anlaufphase ihrer selbständigen Erwerbstätigkeit im zweiten Halbjahr 1999 Abschlagszahlungen von annähernd 20.000,- DM ein; angesichts des steuerlich zu berücksichtigenden Überschusses im Jahr 2000 dürften ihre Bruttoeinnahmen aus der selbständigen Erwerbstätigkeit nur wenig hinter ihrer früheren Besoldung als Oberrätin zurückgestanden haben. Da die Klägerin vor der Versetzung in den Ruhestand dienstlich mit Aufgaben betraut gewesen war, die ihrer freiberuflichen Tätigkeit nach der Zurruhesetzung wegen Dienstunfähigkeit durchaus vergleichbar waren, erscheint angesichts des Umfangs ihrer erwerbswirtschaftlichen Tätigkeit und der sich daraus erschließenden Erwerbsfähigkeit schon kaum nachvollziehbar, dass ihr Dienstherr nicht ein Verfahren zur Reaktivierung nach § 59 NBG eingeleitet hat; um so weniger kann es zu einer unbeabsichtigten Härte kommen, wenn die Versorgungsbezüge der Klägerin im Umfang der zusätzlichen Einkünfte zum Ruhen gebracht werden.

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Aus Art. 33 Abs. 5 GG hat die Klägerin einen Anspruch auf eine lebenslange Alimentierung, die ihrem vor dem Eintritt in den Ruhestand bekleideten Amt angemessen ist; nach §§ 49 Abs. 4 BeamtVG, 3 Abs. 5 BBesG erfüllt das Land Niedersachsen als Dienstherr diesen Anspruch durch die monatliche Überweisung der Versorgungsbezüge im Voraus. Dem folgend legt § 53 Abs. 7 Satz 4 BeamtVG fest, dass die Berücksichtigung des Erwerbseinkommens ebenfalls monatsbezogen erfolgt; wird - wie bei der Klägerin in den Jahren 1999 und 2000 der Fall - das Erwerbseinkommen nicht in Monatsbeträgen erzielt, so ist das Einkommen des Kalenderjahres durch die 12 Kalendermonate geteilt anzusetzen (§ 53 Abs. 7 Satz 5 BeamtVG). Zwar gibt der Wortlaut des § 53 Abs. 7 BeamtVG keinen Aufschluss darüber, ob es auf die wirtschaftliche Zurechenbarkeit des Erwerbseinkommens zu einem bestimmten Kalenderjahr ankommt, in dem die Zahlungsansprüche dem Grunde nach entstanden sind, oder ob maßgeblich ist, in welchem Kalenderjahr die Zahlungen tatsächlich erfolgt sind. Eine Auslegung der Vorschrift nach ihrem Zweck unter Beachtung des systematischen Zusammenhangs mit den vorstehend zitierten Normen über die Erfüllung der Alimentationspflicht ergibt jedoch, dass die Versorgungsbezüge - soweit dies mit angemessenem Aufklärungsaufwand möglich ist - auf eine amtsangemessene Alimentierung für jeden einzelnen Bezugsmonat zurückgeführt werden sollen, in welchem der Ruhestandsbeamte die Hinzuverdienensgrenze überschreitet. Dies ist nicht schon der Fall, wenn er Zahlungsansprüche dem Grunde nach erwirbt oder wenn sie fällig werden, sondern erst dann, wenn das Erwerbseinkommen zusätzlich zu den Versorgungsbezügen tatsächlich ausgezahlt wird. Denn nur nach einer erfolgten Auszahlung steht dem Beamten für den laufenden Monat real mehr an Einkommen zur Verfügung, als nach dem Versorgungsfestsetzungsbescheid an Alimentation bereitgestellt werden muss. Im konkret zur Entscheidung stehenden Fall erhielt die Klägerin nur den überwiegenden Teil der ihr zustehenden Erwerbseinkünfte in Form von Abschlagszahlungen so zeitnah im Kalenderjahr 1999 ausgezahlt, dass sie nach § 53 Abs. 7 Satz 5 BeamtVG auf die Kalendermonate dieses Jahres verteilt und auch tatsächlich von ihr verbraucht werden konnten. Ihre Ansprüche auf die Restzahlungen für die 1999 durchgeführten Behandlungen wurden erst im Folgejahr von der KV erfüllt und standen folglich auch erst im Jahr 2000 zu ihrer freien Verfügung, so dass sie in vollem Umfang auf die im Jahr 2000 gewährte Alimentation anzurechnen waren.

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Nach alledem ist die Klage mit der Kostenfolge aus § 154 Abs. 1 VwGO abzuweisen. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 VwGO i. V. m. §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO.