Verwaltungsgericht Göttingen
Urt. v. 29.06.2004, Az.: 2 A 364/03

Abrissverfügung; Altanlagen; Außenbereich; bauplanungsrechtliche Zulässigkeit; Bestandsschutz; Erschließung; formell illegal; Instandhaltungsmaßnahmen; Modernisierungsmaßnahmen; Nutzungsunterbrechung; Nutzungsunterbrechung; Nutzungszweck

Bibliographie

Gericht
VG Göttingen
Datum
29.06.2004
Aktenzeichen
2 A 364/03
Entscheidungsform
Urteil
Referenz
WKRS 2004, 50672
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
[keine Angabe]

Tatbestand:

1

Die Beteiligten streiten um die Rechtmäßigkeit einer Abrissverfügung.

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Der Kläger ist nach dem Tode seiner Mutter am K. 2003 Alleineigentümer des Grundstücks L. Nr. M., Flurstück N. der Flur O. in der Gemarkung L.. Dieses Grundstück liegt unstreitig im Außenbereich. Es ist verkehrlich über die Bundesstraße P. erschlossen, verfügt aber weder über einen Stromanschluss noch über eine öffentliche Trinkwasserver- und Abwasserentsorgung. Auf dem Grundstück befindet sich ein Wohnhaus mit Nebenanlagen. Der bauliche Zustand des spätestens 1932 errichteten Hauses ist desolat. Laut dem in den Akten befindlichen Grundbuchauszug von L., Band Q. Blatt R. ist als Wirtschaftsart für das Grundstück Ackerland (Obstbau) sowie Hofraum, Hof- und Gebäudefläche eingetragen. Seit 1932 bis 1976 nutzte eine Familie S. das Grundstück. Anschließend erwarb es der Schleifer T. U., der das Grundstück 1979 an einen Herrn V. W. veräußerte. Dieser verkaufte das Grundstück mit notariellen Kaufvertrag vom 20. Mai 1980 an den Kläger und dessen Mutter. Diese wurden am 8. April 1982 als Eigentümer zu je 1/2 eingetragen.

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Eine tatsächliche Nutzung des Grundstücks erfolgte nach dem Verkauf durch Herrn W. am 20. Mai 1980 zunächst nicht. Mitte 1983 ließ sich der Kläger von der Gemeinde L. Bau- und Antragsunterlagen zusenden, stellte jedoch erst unter dem 16. Juni 1986 einen Bauantrag für Modernisierungsmaßnahmen durch Umbau/Ausbau des streitbefangenen Baugrundstücks. Dies lehnte der Beklagte mit bestandskräftigem Bescheid vom 29. September 1986 ab.

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Bereits am 18. August 1985 war ein Herr X. Y. Z. in das Gebäude eingezogen. Dies hatte er zuvor der aus dem Kläger und seiner Mutter bestehenden Grundstücksgemeinschaft mit Einschreiben so angekündigt, ohne dass hierauf reagiert worden wäre. Herr Z. bewohnte das Gebäude bis zu seinem Tode am AA. 2001.

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Nachdem der Beklagte durch einen benachbarten Unternehmer darauf aufmerksam gemacht worden war, dass auf dem klägerischen Grundstück eine Hundezucht entstanden sei und es auch abfallrechtliche Probleme gab, ordnete er mit Bescheid vom 22. Oktober 2001 gegenüber dem Kläger an, den gesamten Gebäudebestand auf dem streitbefangenen Grundstück innerhalb von 6 Monaten nach Bestandskraft des Bescheides restlos zu beseitigen und drohte gleichzeitig ein Zwangsgeld in Höhe von 10.000,- DM für den Fall der Nichtbefolgung an. An die Mutter des Klägers erließ der Beklagte Anfang 2003 einen Duldungsbescheid, nachdem der Kläger mitgeteilt hatte, seine Mutter stehe einem Abriss der Gebäude ablehnend gegenüber.

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Zur Begründung der an den Kläger ergangenen Verfügung gab der Beklagte an, für die auf dem Grundstück befindlichen baulichen Anlagen sei eine Baugenehmigung nicht erteilt. Der Baubestand verstoße darüber hinaus gegen materielle Vorschriften des öffentlichen Baurechts. Er widerspreche den Darstellungen des Flächennutzungsplanes der Samtgemeinde L., das Wohngebäude verfüge nicht über eine zeitgemäße Erschließung, der Gebäudebestand beeinträchtige die natürliche Eigenart der Landschaft und führe schließlich zu der Entstehung bzw. Erweiterung einer Splittersiedlung. Privilegiert sei das im Außenbereich gelegene Gebäude weder nach § 35 Abs. 1 noch nach Abs. 4 BauGB. Auf Bestandsschutz könne sich der Kläger nicht berufen. Er verfüge nicht über Baugenehmigungen und der Gebäudebestand habe zu keinem Zeitpunkt der materiellen Rechtslage entsprochen.

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Den hiergegen im wesentlichen mit Gesichtspunkten des Bestandsschutzes eingelegten Widerspruch des Klägers wies die Bezirksregierung Braunschweig mit Widerspruchsbescheid vom 26. August 2003 zurück, nachdem der Kläger seine zunächst signalisierte Bereitschaft zum Abbruch zurückgezogen hatte. Zur Begründung bezieht sich die Widerspruchsbehörde im Wesentlichen auf den Ausgangsbescheid und führt ergänzend aus:

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Selbst wenn das Gebäude auf dem klägerischen Grundstück im Jahre 1932 legal errichtet worden wäre, wäre Bestandsschutz erloschen, da das Gebäude mindestens seit ca. 20 Jahren nicht rechtmäßig genutzt werde. Mit Aufgabe der Nutzung sei eine Entprivilegierung des Gebäudes im Außenbereich eingetreten. Aus den seit 1985 vorgenommen illegalen Nutzungen ließen sich baurechtliche Schutzansprüche nicht herleiten. Daneben würde die Annahme von Bestandsschutz voraussetzen, dass eine rechtmäßige Nutzung überhaupt in Betracht komme. Hierfür ließe das öffentliche Baurecht jedoch keinen Raum. Die Unterbrechung einer etwaig rechtmäßigen Nutzung führe schließlich ebenfalls zum Wegfall von Bestandsschutz.

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Hiergegen hat der Kläger am 16. September 2003 Klage erhoben.

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Zur Begründung beruft er sich weiterhin auf Bestandsschutzgesichtspunkte. Er trägt vor, bei seiner Errichtung im Jahre 1932 sei der Gebäudebestand materiell legal gewesen, da er den Vorgaben der „Bau- und Feuerordnung für die Landgemeinden des Landbezirks AB.“ entsprochen habe. Die mit dem Gebäude im Zusammenhang stehende Nutzung sei ununterbrochen von 1932 bis zum Erwerb des Gebäudes durch den Kläger und seine Mutter im Jahre 1980 erfolgt. Dieser Bestandsschutz decke auch die von ihm beabsichtigten Instandhaltungs- und Modernisierungsmaßnahmen.

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Der Kläger beantragt,

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den Bescheid des Beklagten vom 22. Oktober 2001 und den Widerspruchsbescheid der Bezirksregierung Braunschweig vom 26. August 2003 aufzuheben.

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Der Beklagte beantragt,

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die Klage abzuweisen.

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Zur Begründung führt er aus, Bestandsschutz sei durch die Nutzungsaufgabe entfallen. Für beabsichtigte Modernisierungs- und Sanierungsmaßnahmen könne sich der Kläger nicht auf § 35 Abs. 4 BauGB berufen. Dem stehe eine fehlende Erschließung des Grundstücks und § 35 Abs. 3 Nr. 4 in BauGB entgegen. Darüber hinaus übersehe der Kläger die Regelung in § 35 Abs. 4 Nr. 2 c BauGB.

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Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Gerichtsakten sowie die Verwaltungsvorgänge des Beklagten und der Bezirksregierung Braunschweig verwiesen. Diese Unterlagen sind Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen.

Entscheidungsgründe

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Die zulässige Klage ist unbegründet.

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Der Bescheid des Beklagten vom 22. Oktober 2001 und der Widerspruchsbescheid der Bezirksregierung Braunschweig vom 26. August 2003 sind rechtmäßig und verletzen den Kläger nicht in seinen Rechten (§ 113 Abs. 1 S. 1 VwGO).

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Rechtsgrundlage für die angefochtene Verfügung ist § 89 Abs. 1 S. 2 Nr. 4 NBauO. Danach kann die Baubehörde die Beseitigung von baulichen Anlagen anordnen, wenn diese dem öffentlichen Baurecht widersprechen. Dies ist hier der Fall, weil die streitgegenständlichen Anlagen sowohl formell als auch materiell baurechtswidrig sind.

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Es lässt sich nicht feststellen, dass für das spätestens 1932 errichtete Wohngebäude nebst Nebenanlagen seinerzeit oder unter der Geltung der Nds. Bauordnung eine Baugenehmigung erteilt worden. Dies begründet die formelle Illegalität der Anlage. Ginge man zugunsten des Klägers davon aus, dass nach der damals geltenden Rechtslage eine solche auch nicht zu erteilen war, dürfte die materielle allerdings mit der formellen Illegalität zusammenfallen, wie dies nach der derzeitigen Rechtslage für genehmigungsfreie Baumaßnahmen angenommen wird (Große-Suchsdorf/Lindorf/Schmaltz/Wiechert, Nds. Bauordnung, 7. Auflage, § 89 Rdnr. 14).

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Die zu beseitigenden baulichen Anlagen widersprechen materiell dem öffentlichen Baurecht. Zu Unrecht beruft sich der Kläger auf Bestandsschutz.

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Für Außenbereichsvorhaben, wie hier, hat das Bundesverwaltungsgericht in mehreren Entscheidungen ausgeurteilt, dass sich ein Bestandsschutz nicht aus der unmittelbaren Anwendung des Verfassungsrechtes, hier Art. 14 Abs. 1 GG, ableiten lässt. Vielmehr würden allein die gesetzlichen Bestimmungen, bei Außenbereichsvorhaben § 35 BauGB, zur Anwendung gelangen (BVerwG, Beschluss vom 11.12.1996 - 4 B 231/96 -, NVwZ - RR 1997, 521; Urteil vom 07.11.1997 - 4 C 7.97 -, DVBl. 1998, 587; Urteil vom 12.03.1998 - 4 C 10.97 -, BVerwGE 106, 228). Aus dieser Rechtsprechung wird in der Literatur zum Teil die Konsequenz gezogen, dass baulichen Anlagen, die zwar im Einklang mit dem seinerzeit geltenden materiellen Recht, aber ohne Baugenehmigung errichtet worden sind, der Schutz des Art. 14 Abs. 1 GG zu entziehen sei, weil auch die Genehmigungspflicht baulicher Anlagen eine Inhalts- und Schrankenbestimmung des einfachen Gesetzgebers darstelle. Eine Abbruchverfügung halte sich daher jedenfalls nicht deshalb nicht im Rahmen der zulässigen Bestimmung des Eigentumsinhalts, weil eine bauliche Anlage ohne Baugenehmigung errichtet worden ist und nun dem öffentlichen Baurecht widerspreche (Schmaltz in: Schrödter, Baugesetzbuch, 6. Auflage, § 35 Rdnr. 116). Hieraus würde folgen, dass es dem Kläger von vorneherein verwehrt wäre, sich auf Bestandsschutz zu berufen, da für sein Wohngebäude nebst Nebenanlagen eine Baugenehmigung nicht vorhanden ist.

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Selbst wenn man dies so nicht sehen würde, sondern diesen sogenannten Altanlagen Bestandsschutz zuerkennen würde, könnte sich der Kläger auf einen solchen hier nicht berufen.

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Dabei kann die Kammer offen lassen, ob sich dies schon daraus ergibt, dass der ursprüngliche Nutzungszweck, wie er sich aus der Grundbucheintragung des Jahres 1932 ergeben dürfte (Wohn- und Wirtschaftsgebäude für einen Obstbaubetrieb), nach dem Verkauf des Grundstücks durch den ursprünglichen Eigentümer S. weggefallen ist. Mit der Änderung des Nutzungszweckes verliert ein Vorhaben als Ganzes seine Identität und der Bestandsschutz endet (BVerwG, Beschluss vom 30.01.1997 - 4 B 172.96 -, BRS 59, Nr. 81; Beschluss vom 18.07.1997 - 4 B 116/97 -, NVwZ - RR 1998, 357; Beschluss vom 09.09.2002 - 4 B 52.02 -, Buchholz 406.16 Grundeigentumsschutz Nr. 84; OVG Lüneburg, Urteil vom 22.03.2001 - 1- L 4487/99 -, zitiert nach der Entscheidungssammlung des Nds. Oberverwaltungsgerichts). Allerdings setzt diese Annahme voraus, dass sich der Nutzungszweck tatsächlich geändert hat. Hierfür müsste man einerseits wissen, welchem Nutzungszweck das Gebäude ab 1932 und welchem ab den späteren, in den Jahren 1976, 1979 und 1980 erfolgten Erwerben gedient hat. Eine ursprüngliche landwirtschaftliche Nutzung, der später eine reine Wohnnutzung gefolgt ist, liegt zwar nahe, lässt sich möglicherweise jedoch nicht - mehr - nachweisen. Auf die Beantwortung dieser Frage kommt es indes nicht an, weil Bestandsschutz für das streitbefangene Gebäude selbst dann entfallen ist, wenn man zugunsten des Klägers davon ausgeht, dass eine von Anfang an erfolgte Nutzung zu Wohnzwecken dem Bestandsschutz unterfallen sollte.

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Denn eine rechtmäßige Wohnnutzung unterstellt, endete diese mit dem Kauf des streitbefangenen Grundstücks durch den Kläger und seine Mutter im Mai 1980. Erst Mitte August 1985 wurde das Gebäude durch Herrn Z. wieder zu Wohnzwecken genutzt. Zu der Frage, nach welchem Zeitablauf ein Wechsel der Grundstückssituation auf den Bestandsschutz durchschlägt hat sich das Bundesverwaltungsgericht in der Vergangenheit mehrfach geäußert. Nach diesem “Zeitmodel“, das zunächst zu § 35 Abs. 4 S. 1 Nr. 3 BauGB entwickelt worden war (vgl. BVerwG, Urteil vom 21.08.1981 - IV C 65.80 -, BRS 38, Nr. 99; Urteil vom 25.03.1988 - 4 C 21.85 -, Buchholz 406.16 Grundeigentumsschutz Nr. 47) und später auf die Fortgeltung des Bestandsschutzes übertragen worden ist (vgl. BVerwG, Urteil vom 18.05.195 - 4 C 20.94 -, BVerwGE 98, 235), begründet der Ablauf von 2 Jahren die Vermutung, dass der Bestandsschutz entfallen ist. In neueren, nach Aufgabe des unmittelbar verfassungsrechtlich abgeleiteten Bestandsschutzes ergangenen Entscheidungen äußert sich das Bundesverwaltungsgericht zu dieser Zeitfrage nicht mehr. Demgegenüber hat das Nds. Oberverwaltungsgericht mit Beschluss vom 07.03.2000 (Aktenzeichen 1 M 482/00) aus der Rechtssprechungsänderung des Bundesverwaltungsgerichts geschlossen, dass auch die Frage des Bestandsschutzes in erster Linie der einfach rechtlichen Ausgestaltung des nach der grundgesetzlichen Kompetenzordnung berufenen Landes- oder auch Bundesgesetzgebers unterliege. Es hat hierzu die in § 77 S. 1 NBauO geregelte Geltungsdauer für Baugenehmigungen, die innerhalb von 3 Jahren nach ihrer Erteilung erlöschen, wenn mit der Ausführung der Baumaßnahmen nicht begonnen oder wenn die Ausführung 3 Jahre unterbrochen worden ist, auf die Nutzungsunterbrechung übertragen. Hiernach verändert sich die Nutzungssituation eines Grundstückes also nach Ablauf von 3 Jahren. Da hier eine Nutzungsunterbrechung von etwas mehr als 5 Jahren eingetreten ist, ist in jedem Fall vom Wegfall eines Bestandsschutzes für die vorhandenen Gebäude auszugehen. Aus welchen Gründen eine Nutzung nicht erfolgte, ist rechtlich unerheblich, da baurechtlich allein die tatsächliche Grundstückssituation maßgeblich ist. Infolge dessen kommt es nicht darauf an, warum eine Eigentumsumschreibung zugunsten des Klägers und seiner Mutter erst 2 Jahre nach Abschluss des notariellen Kaufvertrages erfolgte und ob der Kläger bereits 1983 beabsichtigte, das streitbefangene Gebäude umzubauen und zu sanieren.

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Da sich der Kläger auf Bestandsschutz nicht berufen kann, richtet sich die planungsrechtliche Zulässigkeit der baulichen Anlagen nach § 35 Abs. 2 BauGB, da eine Privilegierung im Sinne von § 35 Abs. 1 BauGB nicht vorliegt. In Anwendung dieser Vorschrift sind die baulichen Anlagen baurechtswidrig.

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Zum einen deshalb, weil eine ausreichende Erschließung im Sinne von § 35 Abs. 2 BauGB nicht gesichert ist. Denn es fehlt sowohl eine Trinkwasserversorgung als auch Brauchwasserentsorgung wie auch ein Anschluss an die öffentliche Stromversorgung, ohne die von einer ausreichenden Erschließung nicht geredet werden kann (vgl. Battis/Kautzberger/Löhr, BauGB, 8. Auflage, § 35 Rdnr. 7 sowie Schmaltz, a.a.O., Rdnr. 9).

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Daneben stehen dem Vorhaben öffentliche Belange im Sinne von § 35 Abs. 3 Nr. 1, Nr. 5 und Nr. 7 BauGB entgegen. Insoweit wird zur Begründung auf die zutreffenden Ausführungen des Beklagten in seinem Ausgangsbescheid vom 22. Oktober 2001 gemäß § 117 Abs. 5 VwGO Bezug genommen, die vom Kläger nicht angegriffen werden.

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Schließlich beruft sich der Kläger zu Unrecht darauf, die von ihm beabsichtigten Instandhaltungs- und Modernisierungsmaßnahmen seien nach § 35 Abs. 4 BauGB baurechtsgemäß. Diese Vorschrift regelt für sonstige Vorhaben im Außenbereich nach § 35 Abs. 2, dass ihnen Darstellungen des Flächennutzungsplanes, eine Beeinträchtigung der Eigenart der Landschaft sowie die Verfestigung oder Erweiterung einer Splittersiedlung nicht entgegengehalten werden können.

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Die Anwendung dieser Vorschrift scheitert zum einen schon daran, dass der Kläger konkrete Planungen für eine Nutzungsänderung im Sinne von § 35 Abs. 4 Nr. 1 oder eine Neuerrichtung bzw. Erweiterung von Wohngebäuden im Sinne von § 35 Abs. 4 Nr. 2 - 6 bisher nicht vorgelegt hat geschweige denn einen entsprechenden Bauantrag gestellt hat. Rein hypothetische Verwendungsmöglichkeiten rechtfertigen jedoch nicht die Anwendung des § 35 Abs. 4 BauGB.

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Daneben findet die Vorschrift auf Vorhaben, die, wie die streitbefangenen Gebäude, nicht an bundesrechtlichen Zulässigkeitsvoraussetzungen zu messen waren, keine Anwendung (BVerwG, Urteil vom 08.10.1998 - 4 C 6.97 -, BVerwGE 107, 264).

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Ganz abgesehen davon würde eine Änderung der bisherigen Nutzung im Sinne von § 35 Abs. 4 Nr. 1 BauGB an Buchstabe e und die Neuerrichtung eines gleichartigen Wohngebäudes im Sinne von § 35 Abs. 4 Nr. 2 BauGB an Buchstabe c scheitern.

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Die angefochtene Verfügung ist schließlich auch verhältnismäßig. Insbesondere ist ein milderes Mittel nicht erkennbar. Der bloße Ausspruch einer Nutzungsuntersagung würde nur dann ein milderes Mittel darstellen, wenn eine rechtmäßige Nutzung überhaupt noch in Betracht käme (BVerwG, Beschluss vom 09.09.2002, a.a.O.). Dies ist nach dem Gesagten nicht der Fall.

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Da die Klage keinen Erfolg hat, hat der Kläger gemäß § 154 Abs. 1 VwGO die Kosten des Verfahrens zu tragen.

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Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit stützt sich auf § 167 VwGO i.V.m. §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO.