Oberverwaltungsgericht Niedersachsen
Urt. v. 15.07.2015, Az.: 2 LB 363/13

Dissertation; Plagiat; Promotion; Täuschung; Ungültigerklärung; bedingter Vorsatz

Bibliographie

Gericht
OVG Niedersachsen
Datum
15.07.2015
Aktenzeichen
2 LB 363/13
Entscheidungsform
Urteil
Referenz
WKRS 2015, 45328
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
[keine Angabe]

Verfahrensgang

vorgehend
VG - 12.12.2012 - AZ: 3 A 163/09

Amtlicher Leitsatz

Leitsatz

Einzelfall einer schuldhaften Täuschung durch eine unzureichend gekennzeichnete Übernahme fremder Texte.

Tenor:

Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Osnabrück - 3. Kammer - vom 12. Dezember 2012 wird zurückgewiesen.

Die Klägerin trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.

Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar.

Der Vollstreckungsschuldner kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des auf Grund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht der Vollstreckungsgläubiger zuvor Sicherheit in Höhe von 110% des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Die Klägerin wendet sich gegen die Ungültigkeitserklärung ihrer Dissertation durch den Promotionsausschuss im Fachbereich Humanwissenschaften der Beklagten.

Nachdem sie zunächst 1992 ein Studium an der E. -Universität zu Berlin als Diplommedizinpädagogin abgeschlossen hatte, verfolgte sie später - zunächst anderwärts, dann bei der Beklagten - das Vorhaben einer Promotion; unter dem 18. Dezember 2003 wurde ihr bescheinigt, dass F. ihr Promotionsvorhaben zusammen mit G. gemeinsam wissenschaftlich betreuen werde.

Die von ihr mit Schreiben vom 21. November 2007 vorgelegte Dissertation mit dem Titel: „Dekubitustherapie. Empirische Untersuchung zur Effektivität der Behandlung von Dekubiti mit einer neuartigen Wundauflage zur aktiven Wundtherapie (PROMOGRAN) im Vergleich zur Standardtherapie mit Hydrokolloiden“ gliedert sich in ein Vorwort, die Darstellung der „Theoretischen Grundlagen“ (S. 29 - 123), die Beschreibung der „Forschungsmethodik der Anwendungsbeobachtung“ (S. 124 - 141), die „Darstellung der Forschungsergebnisse der Anwendungsbeobachtung“ (S. 142 - 158) und die „Diskussion der Ergebnisse“. Das Schlusswort bescheinigt dem untersuchten Produkt, dass es zu einer ca. 75 % besseren durchschnittlichen Wundheilung führe als die herkömmliche Anwendung von Hydrokolloiden.

Die Klägerin versicherte unter dem 20. November 2007 u.a. an Eides Statt, dass sie die vorgelegte Arbeit ohne unzulässige Hilfe Dritter und ohne Benutzung anderer als der angegebenen Hilfsmittel angefertigt habe. Die aus anderen Quellen direkt oder indirekt übernommenen Daten und Konzepte seien unter Angabe der Quelle gekennzeichnet.

Nachdem die Disputation am 30. September 2008 mit der Bewertung „rite“ an sich erfolgreich stattgefunden hatte, unterrichtete der Erstgutachter - F. - den inzwischen verstorbenen Vorsitzenden des Promotionsausschusses - H. mit Schreiben vom 8. Oktober 2008 darüber, dass er Plagiate festgestellt habe. Nachdem der Promotionsausschuss die Angelegenheit in einer Sitzung vom 11. Februar 2009 erörtert hatte, hörte der Vorsitzende die Klägerin mit Schreiben vom 23. Februar 2009 zu einer beabsichtigten Ungültigkeitserklärung an. Nach deren schriftlicher Stellungnahme vom 31. März 2009 erklärte der Promotionsausschuss die schriftliche Promotionsleistung in seiner Sitzung vom 6. Mai 2009 für ungültig; dies gab der Vorsitzende der Klägerin mit Bescheid vom 20. Mai 2009 bekannt. Zur Begründung führte er aus, nach § 16 der Promotionsordnung könne der Promotionsausschuss die Promotionsleistung für ungültig erklären und die Verleihung des Doktorgrades zurücknehmen, wenn sich vor Aushändigung der Promotionsurkunde ergebe, dass sich die Bewerberin oder der Bewerber bei den Promotionsleistungen einer Täuschung schuldig gemacht habe. Die Klägerin habe über mehrere Seiten Texte anderer Autoren unverändert wiedergegeben, ohne dies angemessen - also etwa durch doppelte Anführungszeichen und Kursivschrift - zu kennzeichnen. Beispiele für die wörtlichen Übereinstimmungen seien

Seiten 50 - 53 mit professionellen Informationen über Dekubitus der Quelle www.jnjgateway.com,

Seiten 69 - 72 mit wörtlichen Übereinstimmungen mit der „Wundfibel“ (Fischer, 2004, S. 35 - 39),

Seiten 73 - 80 mit wortwörtlichen Übereinstimmungen mit Informationen über Dekubitus der Quelle www.pflegende-angehoerige-net.de,

Seiten 10, 11, 12 mit Leffmann, C., Anders, J., Heinemann, A. Leutenberger M & Pröfener, F. (2002). Dekubitus. Gesundheitsberichterstattungen des Bundes. Heft 12. Berlin: Robert Koch-Institut,

Seiten 16, 17 mit Protz, K. (20074). Moderne Wundversorgung. München: Elsevier, Urban & Fischer,

Seiten 17, 18 mit Scholz, N. (20042). Lehrbuch und Bildatlas für die Podologie. München: Verlag Neuer Merkur (Übernahme auch nicht als indirekte Übernahme gekennzeichnet),

Seite 13, 14 mit Homecare Journal, 2002, Oktober (Übernahme auch nicht als indirekte Übernahme gekennzeichnet),

Seiten 18, 19, 20, 21 mit www.jnjgateway.com/public/DEGER/begruendung_praxisbesonderheit_deger.pdf,

Seite 17 mit Wundforum, 1999, 2 (Übernahme auch nicht als indirekte Übernahme gekennzeichnet).

Dazu kämen weitere Übereinstimmungen mit dem Text der „Wundfibel“.

Es könne dahinstehen, ob die Klägerin alle von ihr verwendeten Quellen und Hilfsmittel im Literaturverzeichnis angegeben habe. Jeder Leser eines wissenschaftlichen Werkes erwarte Quellenangaben bei den jeweiligen Textstellen. Jeder Gedankengang und jede Fußnote, die nicht aus eigener gedanklicher Leistung, sondern von dem Werk eines anderen herrühre, seien als solche kenntlich zu machen. Auch die von der Klägerin gewählte Zitierung mittels „vgl.“ (z.B. Seiten 11, 17, 53, 82) lasse nach den allgemein gültigen wissenschaftlichen Standards nur eine sinngemäße und keine direkte Wiedergabe erwarten.

Soweit die Klägerin vortrage, die übernommenen Textstellen beträfen nur den einführenden Teil mit den theoretischen Grundlagen, nicht aber die eigenständige wissenschaftliche Leistung, komme es hierauf nicht an; maßgeblich für die Entscheidung des Promotionsausschusses könne nur die zur Bewertung vorgelegte Arbeit in ihrer Gesamtheit sein. Es sei daher unerheblich, dass die Klägerin eine veränderte Version ihrer Dissertationsschrift nachgereicht habe.

Die Feststellung von wortwörtlichen Übereinstimmungen sei eine Tatsachenfeststellung, die der Promotionsausschuss selbst habe treffen können; eines weiteren Gutachtens habe es nicht bedurft.

Die Eigenständigkeit als wissenschaftliche Arbeit sei durch die Gutachten nicht belegt. Den I. und J. sei im Zeitpunkt der Begutachtung nicht bekannt gewesen, dass und in welchem Umfang die Klägerin Texte anderer Autoren übernommen habe. Die Forderung nach einer Überarbeitung unter formalen Gesichtspunkten habe sich auf das unvollständige Literaturverzeichnis und die fehlende Nummerierung von Tabellen und Abbildungen bezogen.

Die Klägerin habe über die Urheberschaft der zu bewertenden Leistung vorsätzlich getäuscht, wobei bedingter Vorsatz ausreichend sei. Dass die Promotionsordnung keine expliziten Regelungen bezüglich der Kennzeichnung der Übernahme von Textstellen anderer Autoren enthalte, entkräfte diesen Vorwurf nicht. Von der Klägerin habe erwartet werden können, dass sie sich mit den Mindestanforderungen für das wissenschaftliche Arbeiten vertraut mache. Der Umstand, dass seitenweise Übereinstimmungen an mehreren Stellen festgestellt worden seien, lasse darauf schließen, dass die Klägerin das fremde Gedankengut systematisch und planmäßig übernommen habe. Die Vielzahl der übernommenen Textstellen schließe es aus, von einer eigenständigen Leistung auszugehen.

Über die Rechtsfolge sei im Wege der Ermessensausübung zu entscheiden. Der Promotionsausschuss sei sich bewusst gewesen, dass die Klägerin im Familienkreis und im beruflichen Umfeld nach der bestandenen Disputation wahrscheinlich den erfolgreichen Abschluss der Promotion bekannt gegeben habe, so dass die Ungültigerklärung nicht ohne Folgen im sozialen und beruflichen Umfeld bleibe. Ihr Vertrauen in den Bestand der Entscheidung über die Promotionsleistung sei jedoch nicht schutzwürdig gewesen. Unabhängig hiervon seien das öffentliche Interesse am Ansehen des Fachbereichs und der wissenschaftliche Ruf der Universität stärker zu bewerten als ein persönliches Interesse.

Nach Durchführung des Widerspruchsverfahrens hat die Klägerin Klage erhoben, mit der sie verschiedene Verfahrensmängel gerügt und eine Täuschung bestritten hat.

Die Klägerin hat beantragt,

den Bescheid der C., Fachbereich Humanwissenschaften, Promotionsausschuss vom 20. Mai 2009, sowie den Widerspruchsbescheid der C., Fachbereich Humanwissenschaften, Promotionsausschuss vom 25. November 2009 aufzuheben.

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Sie ist dem Vorbringen der Klägerin entgegengetreten.

Das Verwaltungsgericht hat die Klage nach Beweiserhebung abgewiesen, weil die für eine Ungültigkeitserklärung in § 16 der Promotionsordnung des Fachbereichs Erziehungs- und Kulturwissenschaften der Beklagten niedergelegten Voraussetzungen vorlägen. Entscheidungserhebliche Verfahrensmängel seien nicht ersichtlich. Weder habe es einer Anhörung des früheren Ausschussvorsitzenden bedurft noch sei die Teilnahme des Erstgutachters an Sitzungen des Promotionsausschusses zu beanstanden; Anhaltspunkte dafür, dass letzterer befangen gewesen sei, lägen nicht vor.

In der Sache habe sich die Klägerin einer Täuschung schuldig gemacht, indem sie Teile ihrer Arbeit größtenteils wortwörtlich aus verschiedenen Quellen übernommen habe, ohne sie als Zitate ausreichend auszuweisen. Damit habe sie entgegen ihrer eigenen Behauptung keine eigenständige wissenschaftliche Leistung vorgelegt. Es gehöre zu den Grundanforderungen wissenschaftlichen Arbeitens, dass der Beitrag auf eigenständigen Erwägungen beruhe und nicht bloß Passagen aus dem Werk eines anderen Autors übernehme.

Ein von der Kammer vorgenommener Textabgleich - dem allerdings nicht alle Originalquellen hätten zugrunde gelegt werden können - habe (im Einzelnen dargestellt) insbesondere Textübernahmen auf den Seiten 49-53, 69-72 und 73-83 bestätigt.

Mit diesen wortgleichen, aber nicht als direkte Übernahme gekennzeichneten Wiederholungen von Text, Gliederung und Abbildungen erwecke die Klägerin den falschen Eindruck, Wortwahl, Inhalt und Darstellungsweise beruhten auf ihrer eigenen gedanklichen und geistigen Leistung. Dies könne sie nicht dadurch entkräften, dass sie - wie eidesstattlich versichert - alle Quellen angegeben habe. Denn wortwörtliche Übernahmen seien durch eine in unmittelbarem Zusammenhang zu der entsprechenden Textpassage stehende Fußnote kenntlich zu machen. Es genüge auch nicht, an einer beliebigen Stelle und aufgrund der Länge der fraglichen Passage mit dieser nicht in unmittelbarem Zusammenhang stehend einen Hinweis auf die Originalstelle zu geben. Diesen Nachweisangaben könne nicht entnommen werden, dass ganze Passagen über Seitenumbrüche, Absätze und fettgedruckte Gliederungsüberschriften sowie eingesetzte Grafiken hinweg wörtlich entlehnt seien. Ferner lasse die von der Klägerin gewählte Zitierung mittels „vgl.“ nach allgemein gültigen wissenschaftlichen Standards nur eine sinngemäße und keine direkte Wiedergabe erwarten.

Gegenstand der Überprüfung sei allein die zur Begutachtung vorgelegte Ursprungfassung der Dissertation, nicht eine nachgereichte überarbeitete Fassung.

Die Täuschungshandlung der Klägerin sei erheblich und stelle nicht nur einen Bagatellverstoß dar. Sie habe fremde Passagen wiederholt und planmäßig als eigenständige wissenschaftliche Leistung ausgegeben. Die dazu getroffenen Feststellungen des Promotionsausschusses, dem insoweit ein Beurteilungsspielraum zukomme, seien nicht zu beanstanden. Auf der Basis unstreitiger Angaben seien wenigsten 36 von 178 Textseiten und damit 20 % der Dissertation betroffen. Die Klägerin habe auch gleich bei mehreren Autoren abgeschrieben und Gliederungen sowie Wortwiederholungen übernommen. Besonders schwer wiege, dass sie durch Übernahme von Abbildungen und Statistiken über empirische Studien den unzutreffenden Eindruck erweckt habe, sie habe die zugrunde liegenden Versuchsreihen selbst durchgeführt.

Es komme nicht darauf an, ob der Doktorgrad bei einem Hinwegdenken der beanstandeten Stellen oder bei korrekter Zitierweise hätte verliehen werden können.

Die Klägerin habe den Promotionsausschuss mit bedingtem Vorsatz getäuscht, nämlich billigend in Kauf genommen, dass die Berichterstatter des Promotionsverfahrens einem Irrtum über die Herkunft der genannten Textstellen erlägen. Die Klägerin sei mit der wissenschaftlichen Zitierweise durchaus vertraut gewesen, wie sich an korrekten Zitaten auf den Seiten 12 f. und 26 f. und an den Zitaten in ihrer Diplomschrift zeige. Außerdem habe sie angesichts der von ihr abgegebenen eidesstattlichen Versicherung gewußt, dass sie aus anderen Quellen direkt oder indirekt übernommene Daten und Konzepte unter Angabe der Quelle zu kennzeichnen habe. Demgegenüber habe sie durch ihre Zitierweise die geistige Urheberschaft der betroffenen Passagen verschleiert. Hinzu komme, dass ihr nach Überzeugung der Kammer eine den wissenschaftlichen Standards genügende Vergleichsdissertation ausgehändigt worden sei.

Die Klägerin könne sich nicht damit entlasten, dass sie über wissenschaftliche Standards nicht genügend aufgeklärt worden sei. Diese seien wissenschaftliches Allgemeingut; ihre Kenntnis dürfe bei Doktoranden vorausgesetzt werden. Die Aufklärung und/oder Anleitung zum wissenschaftlichen Zitieren sei keine Bringschuld der Promotionsbetreuer, sondern falle in den eigenen Verantwortungsbereich der Doktoranden.

Schließlich habe der Promotionsausschuss sein Ermessen frei von Fehlern ausgeübt. Er sei von einer hinreichend ermittelten Tatsachengrundlage ausgegangen. Die tragenden Ermessenserwägungen hätten nicht bereits in den Sitzungsprotokollen niedergelegt werden müssen. Das öffentliche Interesse am Ansehen des Fachbereichs und dem wissenschaftlichen Ruf der Universität habe höher bewertet werden dürfen als die privaten Interessen der Klägerin. Eine erneute Einreichung eines Promotionsgesuches im Sinne des § 14 Abs. 2 der Promotionsordnung habe als weniger belastende Maßnahme nicht zu Verfügung gestanden, weil sich dabei um ein nicht auf den gleichen Zweckerfolg gerichtetes aliud handele.

Der Senat hat die Berufung gegen dieses Urteil mit Beschluss vom 11. November 2013 wegen besonderer tatsächlicher Schwierigkeiten zugelassen (§ 124 Abs. 2 Nr. 2 VwGO) und hierzu ausgeführt:

„Der Senat geht in Bezug auf die bei wissenschaftlichen Arbeiten einzuhaltende Methodik grundsätzlich davon aus, dass die daran zu stellenden Anforderungen - insbesondere an die Kennzeichnung der Übernahme fremder Texte - in der aktuellen Rechtsprechung im Wesentlichen zutreffend beschrieben werden (vgl. neben der angegriffenen Entscheidung z.B. VG Bremen, Beschl. v. 4.6.2013 - 6 V 1056/12 -; VG Schwerin, Urt. v. 9.4.2013 - 3 A 354/12 -; VG Karlsruhe, Urt. v. 4.3.2013 - 7 K 3335/11 -; VG Köln, Urt. v. 6.12.2012 - 6 K 2684/12 -, NWVBl. 2013, 154; VG Freiburg, Urt. v. 23.5.2012 - 1 K 58/12 -; VG Köln, Urt. v. 22.3.2012 - 6 K 6097/11 -; VG Gießen, Urt. v. 15.9.2011 - 3 K 474/10.GI -; VG Darmstadt, Urt. v. 14.4.2011 - 3 K 899/10.DA -; VG Darmstadt, Beschl. v. 3.8.2010 - 7 L 898/10.DA -; vgl. auch schon Senatsbeschl. v. 18.5.2009 - 2 ME 96/09 -, NJW 2009, 2394; ferner den Gesamtüberblick über Fragen der wissenschaftlichen Redlichkeit bei von Bargen, JZ 2013, 714).

Wissenschaftlichen Ansprüchen genügt es danach nicht, wenn längere Textpassagen (zum Teil einschließlich Graphiken) wörtlich aus anderen Schriften übernommen werden, dies aber nur durch eine abschließende, mit "vgl." eingeleitete Fußnote gekennzeichnet wird, die nicht erkennen lässt, in welchem Umfang die Textübernahme erfolgt ist (wie hier im Falle der vom Verwaltungsgericht erörterten Fußnoten auf den Seiten 53, 72 und 82). Dies sieht inzwischen auch die Klägerin so, nachdem sie - wie sie vorträgt - erstmals nach der Disputation vom Prüfungsvorsitzenden über die Grundsätze der wissenschaftlichen Zitierweise instruiert worden ist.

Näherer Prüfung bedarf indes die Frage, ob sich die Klägerin mit diesem Vorgehen im Sinne des § 16 der Promotionsordnung "einer Täuschung schuldig gemacht hat". Es spricht einiges dafür, insoweit an den strafrechtlichen Schuldbegriff anzuknüpfen und jedenfalls nur vorsätzliches Handeln ausreichen zu lassen (vgl. § 15 StGB), allerdings auch in Gestalt des bedingten Vorsatzes. Der Frage, ob eine die Besonderheiten des Verwaltungsverfahrens berücksichtigende oder spezifisch "wissenschaftsbezogene", zusätzlich einengende Auslegung geboten sein könnte, braucht hier noch nicht nachgegangen zu werden. Dem in der öffentlichen Diskussion solcher Fälle gelegentlich angeführten Begriff der "Täuschungsabsicht" kommt für den vorliegenden Fall allerdings wohl keine Bedeutung zu, weil er im Wortlaut der Norm keinen Anklang findet; auch eine vergleichende Betrachtung zu § 263 StGB (Betrug) legt eine solche Begriffsbildung nicht nahe, weil sich die dort vorausgesetzte Absicht nicht auf die Täuschung bezieht, sondern auf die Verschaffung eines rechtswidrigen Vermögensvorteils.

Zur Überzeugung des Gerichts muss danach feststehen, der Prüfling habe nicht lediglich "handwerklich" unsauber gearbeitet, sondern billigend in Kauf genommen, dass die Prüfer die übernommenen Textbestandteile dem Prüfling irrtümlich als eigene wissenschaftliche Leistung zuschreiben. Hierzu bedarf es einer umfassenden Bewertung der Umstände des Einzelfalls.

Offensichtlich ist hier, dass handwerkliche Mängel vorlagen. Soweit die Klägerin mit Fußnoten gearbeitet hat, hat sie die darin enthaltenen Nachweise - bis auf die Angaben von URL's - durchgängig mit "vgl." eingeleitet, auch bei Zitaten, die im Fließtext mit Anführungszeichen und Kursivschrift als wörtlich ausgewiesen waren (S. 27). Die Fußnoten verweisen außerdem ganz überwiegend auf längere, mehrere bis viele Seiten umfassende Passagen der zitierten Werke. Diese handwerklichen Mängel sind evident und fallen schon bei erster flüchtiger Lektüre auf.

Es ist nicht von vornherein von der Hand zu weisen, dass die Klägerin Fehlvorstellungen darüber hatte, in welchem Umfang und mit welcher Präzision sie die Herkunft fremden Gedankenguts in ihrer Dissertation mit Fußnoten zu belegen hatte. Dass sie überhaupt auf fremdes Gedankengut zurückgegriffen hat, wird ihr nicht vorgeworfen; es lag auch nahe, bei der Darstellung des Sach- und Erkenntnisstandes, auf den ihre eigenen klinischen Forschungen aufsetzten, nicht "das Rad neu zu erfinden", sondern Bewährtes einzubeziehen und vor allem Eigendarstellungen des Herstellers des von ihr eingesetzten Produkts Raum zu geben.

Zwar ist es - wovon das Verwaltungsgericht zu Recht ausgeht - grundsätzlich Sache der Doktoranden selbst, sich mit den Anforderungen an eine wissenschaftliche Arbeitsweise vertraut zu machen. Aus dem Fehlen entsprechender Anstrengungen kann indes nicht auf Täuschungsvorsatz geschlossen werden; dieser setzt vielmehr davon unabhängige Anhaltspunkte voraus. Ebensowenig ist es angängig, als Grundlage für einen Schuldvorwurf die bloße Vermutung zugrunde zu legen, die Klägerin habe bei ihrer ursprünglichen, im Jahr 1992 abgeschlossenen Universitätsausbildung zur Diplommedizinpädagogin an der Humboldt-Universität in Berlin bereits die Grundlagen wissenschaftlichen Arbeitens kennengelernt. Jedenfalls dann, wenn Besonderheiten dieser Ausbildung geltend gemacht werden - hier die Betonung des Praxisbezugs dieser Ausbildung, die außerdem nach Übergangsrecht erfolgt sei -, bedarf es näherer Sachaufklärung, bevor ein Schuldvorwurf darauf gestützt werden kann.

Der Klägerin kann ferner nicht vorgehalten werden, ihr sei (was nach der Überzeugung des Verwaltungsgerichts zutrifft) zur Orientierung für eine gute wissenschaftliche Arbeitsweise eine andere, beispielgebende Dissertation zur Verfügung gestellt worden. Dies mag zwar eine Orientierung darüber geben, wie die einzureichende Arbeit formal und optisch zu gestalten ist, ob z.B. - wie hier angesprochen - die Universität im Literaturverzeichnis zwischen der Spalte mit den Autorenangaben und der Spalte mit den Werktiteln einen senkrechten Strich zu sehen wünscht. Ohne zusätzliche Erläuterungen verhilft eine solche Vorgabe einem unzureichend vorbereiteten Doktoranden jedoch nicht von sich aus zu einem besseren Verständnis der inhaltlichen Anforderungen an "richtiges" Zitieren. Im Gegenteil konnte sich die Klägerin dadurch in ihrer Zitierweise sogar irrtümlich bestärkt fühlen, weil die Beispiels-Dissertation äußerlich nur geringe Unterschiede zu ihrer eigenen Fußnotengestaltung aufweist. Soweit das Voranstellen eines "vgl." nach Auffassung der Beklagten nach allgemein gültigen wissenschaftlichen Standards nur eine sinngemäße und keine direkte Wiedergabe erwarten lasse, erweist sich nämlich, dass auch die Beispiels-Dissertation ihre Fußnoten in der ganz überwiegende Mehrzahl mit "vgl." einleitet; in vielen Fällen werden darüber hinaus ebenfalls mehr- bis vielseitige Passagen in Bezug genommen. Ohne weiterführende Erklärungen konnte die Klägerin dieser Beispiels-Dissertation deshalb nicht entnehmen, dass sie selbst Fehlvorstellungen über die Funktion der Fußnoten unterlag.

Des Weiteren wird für die Frage, ob die Klägerin schuldhaft getäuscht hat, aufzuklären sein, ob sie - wie sie vorträgt - zu einer an sich verfrühten Abgabe ihrer Arbeit gedrängt worden ist, damit der Zweitprüfer noch vor seinem Ausscheiden aus dem Hochschuldienst tätig werden konnte, und ob es zutrifft, dass sie dem Erst- und dem Zweitprüfer vorab bereits Versionen ihrer Arbeit zugeleitet hatte, welche an den gleichen evidenten Mängeln litten, und diese auch gelesen wurden, wie auf Seite 3 des Protokolls vom 21. Oktober 2009 hervorgehoben worden ist. Blieben bereits die ins Auge fallenden Mängel unbeanstandet, obwohl die Klägerin erkennbar Wert auf Betreuung gelegt hatte, könnte dies in ihr die Fehlvorstellung begünstigt haben, sie arbeite wissenschaftlich korrekt.

Unabhängig hiervon wird die Frage zu prüfen sein, ob die Beklagte ihre Handlungsmöglichkeiten nicht zu Unrecht verengt gesehen hat. Sie ist ersichtlich selbst davon ausgegangen, die Klägerin verfüge nicht über hinreichende Kenntnisse der an eine Dissertation zu stellenden Anforderungen, denn sie hat sich - wie bereits angesprochen - veranlasst gesehen, der Klägerin eine andere Dissertation als beispielhaft zur Verfügung zu stellen. Unabhängig davon, ob dies eine angemessene oder ausreichende Qualitätssicherungsmaßnahme (vgl. Empfehlung der 14. Mitgliederversammlung der HRH am 14. Mai 2013, Gute wissenschaftliche Praxis an deutschen Hochschulen, II. 2.) darstellte, ergibt sich daraus jedenfalls, dass der Beklagten bestehende Defizite universitärer Vorbereitung und Betreuung für Doktoranden (vgl. hierzu nunmehr die Ergänzung der Empfehlungen der Deutschen Forschungsgemeinschaft zur Sicherung guter wissenschaftlicher Praxis, Juli 2013, Nr. 4) durchaus bewusst waren. Das wirft die Frage auf, ob es ihre Fürsorgepflicht jedenfalls wegen der Offenkundigkeit der Mängel der vorgelegten Arbeit möglicherweise geboten hätte, diese vor einer näheren Bewertung und vor allem vor Erhebung eines Täuschungsvorwurfs zunächst zur Nachbesserung zurückzureichen.“

Mit ihrer fristgemäß eingegangenen Berufung hebt Klägerin weiterhin hervor, dass sie nach vorangegangenen ungünstigen Erfahrungen Wert auf eine gute Betreuung bei ihrem Promotionsverfahren gelegt habe. Zuvor habe sie sich im Jahr 2002 an der Charité Berlin für ein Propädeutikum angemeldet, dieses aber wegen besonderer beruflicher Belastung nur drei Tage besucht. Ausreichende Anleitung durch Professoren habe es nicht gegeben, sondern nur Gruppenarbeit ohne Betreuung. Dieses Konzept habe ihr nicht zugesagt, so dass sie sich im Jahr 2003 an F. gewandt und ihm ihre Situation geschildert habe. Auch bei der Besprechung vom 19. Mai 2003, an der auch G. teilgenommen habe, seien der Abbruch in Berlin und ihr erhöhter Betreuungsbedarf Thema gewesen.

Die von ihr erbetene Betreuung habe sie aber nicht in ausreichendem Maße erhalten. Das sei mitursächlich dafür, dass nicht alle handwerklichen Mängel ihrer Dissertation rechtzeitig genug aufgefallen seien, um ihr die Chance einer Überarbeitung noch im Vorfeld der förmlichen Bewertung der Arbeit zu geben. Sie habe mit wissenschaftlichem Arbeiten wenig Erfahrung besessen. Der von ihr verwandte Ratgeber (Giebel/Galic, Die medizinische Doktorarbeit, 4. Aufl., Seite 60) verweise hinsichtlich der richtigen Zitierweise lediglich auf den jeweiligen Doktorvater. Durch die unzureichende Betreuung sei ihr Blick für diese Fragen auch nicht geschärft worden. Sie sei zu keinem Zeitpunkt darauf hingewiesen worden, dass G. Kolloquien für Doktoranden und Seminare für das wissenschaftliche Arbeiten angeboten habe. Sie hätte gern an solchen Veranstaltungen teilgenommen. Wie ein wissenschaftlicher Text auszusehen habe, sei ihr erst vom jetzigen Vorsitzenden des Promotionsausschusses, K., im Anschluss an die Disputation erläutert worden.

Insbesondere F. habe bei ihren mehrfachen Bitten um ordentliche Betreuung den Eindruck vermittelt, dass er sich von diesem Ansinnen belästigt fühlte. Soweit die Beklagte demgegenüber auf ein von ihr verfasstes Dankschreiben an F. vom 23. Mai 2007 verweise, belege dies tatsächlich nur ihre eigene Bereitschaft, jeden Hinweis auf Verbesserungsmöglichkeiten umzusetzen.

Auch soweit es darum gehe, dass ihr im Rahmen der Betreuung Vorgaben für den formalen Aufbau der Dissertation gemacht worden seien, auch anhand einer „Musterdissertation“, hätten diese Hinweise nicht den jetzt von der Beklagten angenommenen Umfang gehabt. Allerdings habe G. ihr in einer Besprechung am 1. März 2006 Hinweise zur Strukturierung einer Dissertation gegeben. Danach sei das Literaturverzeichnis fortlaufend alphabetisch zu sortieren; 1/3 der Seitenbreite sei dem Verfasser vorzubehalten, 2/3 der Seite für Titel, Veröffentlichungsdatum und Seitenangabe. Dazwischen sei ein Strich zu ziehen. Darüber habe sie Notizen angefertigt, die sie dem Gericht auch vorgelegt habe. Es treffe jedoch nicht zu, dass ihr die Musterdissertation übergeben worden sei. Anderenfalls hätte sie ein deutlich besseres Literaturverzeichnis abgeben können. Allein die Verwendung eines senkrechten Strichs darin reiche als Beweis für die Übergabe einer Musterdissertation nicht aus.

Zum Besprechungstermin am 1. November 2006 habe sie eine vollständige Fassung ihrer Arbeit vorgelegt. Dazu hätten G. und F. nur angemerkt, Diskussion und Ausblick seien zu verändern; sie solle ihre persönlichen Wertungen weglassen. Ansonsten sei alles in Ordnung. Darauf habe sie die kritisierten Punkte geändert und den Betreuern die neue Fassung übermittelt. G. habe darauf mitgeteilt, dass die Arbeit so eingereicht werden könne. Die Zitierweise sei nicht beanstandet worden.

Ungeachtet dieser Betreuungsmängel habe G. allerdings wesentliche Entscheidungen für ihr Verfahren getroffen, die sie angesichts der Dominanz seiner Persönlichkeit nicht in Frage zu stellen gewagt habe. Wäre er als mitbetreuender Professor vor der Ungültigerklärung der Dissertation angehört worden, hätte er zum Einen bestätigen können, dass er selbst seinerzeit entschieden habe, dass die vorgelegte Fassung trotz erkannter Mängel als Bewertungsgrundlage dienen solle. Er habe ihr mitgeteilt:

„Sie müssen Veränderungen vornehmen, aber nicht jetzt. Auf Grund meines Gesundheitszustandes und der bevorstehenden Berentung habe ich keine Zeit mehr. Wir ziehen das jetzt durch und die Veränderungen sind zu einem späteren Zeitpunkt, vor Veröffentlichung, von Ihnen zu erbringen.“

Richtig sei, dass auch ein emeritierter Professor Doktoranden betreuen könne. G. sei aber schwer erkrankt gewesen und habe deshalb auf eine zügige Beendigung des Promotionsverfahrens hingewirkt.

Zum Anderen hätte er bestätigen können, dass er sie auf eine telefonische Anfrage angewiesen habe, bei der eidesstattlichen Versicherung die Absätze 2 und 3 der Mustererklärung nicht zu übernehmen.

Hinsichtlich des Verfahrensablaufs sei das Verwaltungsgericht im Zusammenhang mit dem Zeitpunkt des Bekanntwerdens der handwerklichen Mängel der Dissertation von einem falschen Sachverhalt ausgegangen. Bis zur mündlichen Verhandlung habe die Beklagte vorgetragen, F. habe Ungenauigkeiten in der Zitierweise erst nach der Disputation festgestellt (z.B. Schreiben vom 8. Oktober 2008). Nach der Niederschrift zur mündlichen Verhandlung sei er dagegen vor der Disputation über handwerkliche Mängel der Arbeit aufgeklärt worden. Zudem habe eine andere Zeugin in einer Verhandlungspause ein Gespräch zwischen F. und der Justitiarin der Beklagten mitverfolgen können, in dem letztere ihn instruiert habe auszusagen, dass er eine Stunde vor der Disputation von einer Kollegin gehört habe, die Arbeit sei ein Plagiat. Unter diesen Umständen hätte die Disputation zunächst abgesetzt werden müssen; zumindest hätte eine gesonderte Entscheidung des Promotionsausschusses darüber herbeigeführt werden müssen. Unerlässlich sei auch in diesem Zusammenhang gewesen, auch G. anzuhören.

Verfahrensfehlerhaft sei ferner, dass der Promotionsausschuss nicht über die Frage entschieden habe, ob F. befangen sei. Das sei entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichts der Fall gewesen. Dafür sprächen schon die eingangs genannten Gründe. Soweit das Verwaltungsgericht gemeint habe, es sei F. nicht in erster Linie um den Schutz seiner Reputation in Bezug auf eigene Versäumnisse bei der Betreuung gegangen, habe es u.a. nicht die Aussage der Zeugin L. gewürdigt.

Der Promotionsausschuss habe zu Unrecht auch sich anbietende Handlungsalternativen nicht genutzt. Er hätte - abgesehen von einer Verschiebung des Disputationstermins - als milderes Mittel die Arbeit auch zur Nachbesserung zurückreichen können. Darin hätte entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichts im Verhältnis zu der in § 16 der Promotionsordnung vorgesehenen Sanktion kein „aliud“ gelegen.

Schließlich sei zu beanstanden, dass die Ermessenserwägungen des Promotionsausschusses nicht hinreichend dokumentiert seien. Die Ermessensausübung dürfe nicht an das Justitiariat delegiert werden.

In der Sache lägen die Voraussetzungen des § 16 der Promotionsordnung nicht vor. Ein Irrtum über die Korrektheit der Zitierweise habe nicht entstehen können, weil die handwerklichen Mängel bei flüchtiger Lektüre hervorträten. Im Übrigen sei der Einführungsteil lediglich schmückendes Beiwerk für die klinische Studie. Hätte sie darauf verzichtet, wäre die klinische Studie ohne Weiteres als bestanden erklärt worden. Soweit sie im Allgemeinen Teil Quellen verwandt habe, habe sie „das Rad nicht neu erfinden“ wollen.

Aus ihrer Diplomarbeit habe man seinerzeit keine Schlüsse auf ihre Vertrautheit mit wissenschaftlichen Gepflogenheiten ziehen können, weil diese Arbeit damals der Beklagten nicht bekannt gewesen sei; sie sei erst in der mündlichen Verhandlung des Verwaltungsgerichts zur Gerichtsakte gegeben worden. Im Übrigen enthalte sie keinen Fußnotenapparat und das Literaturverzeichnis nur 17 Quellen. Nur zwei Quellen würden im Text zitiert. An mehreren Stellen würden wörtliche Zitate mit „vgl.“ angeführt.

Der Hinweis des Verwaltungsgerichts, aus vereinzelten korrekten Zitaten ergebe sich, dass sie richtig zitieren könne, sei falsch. Auch die von ihm angegebenen Zitate wiesen Mängel auf.

Im Übrigen habe F. sehr wohl gewusst, dass die in der Arbeit verwandten Abbildungen nicht von ihr selbst stammten. In seinen Notizen zur Disputation habe er selbst angemerkt „Quellen von Abb. nicht angegeben“.

Jedenfalls habe sie keinen Täuschungsvorsatz gehabt, auch nicht Gestalt eines dolus eventualis. Soweit sie sich nicht hinreichend über die korrekte Zitierweise informiert habe, sei dies bloß fahrlässig gewesen. Sie hätte auf keinen Fall die klinische Studie, für die sie nur mit großen Mühen habe Probanden finden können, durch eine bewusste Täuschung gefährden wollen.

Ihre Befähigung zu wissenschaftlicher Arbeit habe sie bereits durch den klinischen Teil der Arbeit unter Beweis gestellt. Im Übrigen habe sie den allgemeinen Teil komplett überarbeitet. Es sei treuwidrig, einerseits zu behaupten, dass sie nicht in der Lage sei, die Ergebnisse ihrer Arbeit schriftlich darzustellen, andererseits aber den Nachweis dafür, dass sie sehr wohl dazu in der Lage sei, nicht zur Kenntnis zu nehmen.

Soweit die Beklagte in der Berufungserwiderung nunmehr auf eine Tatbestandsalternative des § 16 Promotionsordnung verweise, auf welche der angegriffene Bescheid nicht gestützt sei, stelle dies einen unzulässigen Austausch der Begründung dar.

Die Klägerin beantragt,

das angefochtene Urteil zu ändern und den Bescheid vom 20. Mai 2009 sowie den Widerspruchsbescheid vom 25. November 2009 aufzuheben.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie führt aus, angesichts des Diploms der Klägerin - ihre damalige Diplomarbeit habe wissenschaftlich korrekt zitiert - und ihrer Erklärung, dass sie sich im Graduierten-Studiengang „Nursing Science“ an der Universität Maastricht (in Kooperation mit der Charité Berlin) eingeschrieben habe, habe man davon ausgehen können, dass sie mit wissenschaftlichem Arbeiten vertraut sei. Hinsichtlich der Betreuung habe G. als Pharmakologe/Toxikologe vor allem den klinisch-experimentellen Teil, F. die wissenschaftssystematische Einordnung der klinischen Studie in die Pflegewissenschaft als rahmende Handlungswissenschaft übernommen. Beide hätten mehrfach Beratungsgespräche geführt, die zum Teil kalendermäßig festgehalten seien; die Klägerin habe F. nach dessen Erinnerung gelegentlich auch telefonisch (zum Teil in den späten Abendstunden) kontaktiert. Er habe sie auch auf wissenschaftliche Literatur aufmerksam gemacht. Die Klägerin habe sich später in einem Schreiben vom 23. Mai 2007 auch ausdrücklich für die Betreuung bedankt.

Die angebotenen Veranstaltungen zum wissenschaftlichen Arbeiten hätten sich dem Veranstaltungsverzeichnis entnehmen lassen. Die Behauptung, G. habe der Klägerin mitgeteilt, dass sie an solchen Veranstaltungen nicht teilnehmen müsse, werde mit Nichtwissen bestritten.

Die Klägerin habe F. darüber informiert, dass sie die Kosten für das kooperative Promotionsprogramm der Charité Berlin und der Universität Maastricht für zu hoch halte, weil sie dafür keinen überzeugenden Gegenwert erhalte. Von mangelnder Betreuung sei in diesem Zusammenhang jedoch nicht die Rede gewesen.

Im Übrigen habe es zumindest ein Gespräch zwischen G. und der Klägerin gegeben, an welchem F. nicht teilgenommen habe. Letzterer erinnere sich jedenfalls daran, dass die Klägerin ihm gegenüber hernach das forsche Auftreten von G. beanstandet habe.

In der von der Klägerin vorgelegten Arbeit fänden sich eine Reihe von wörtlichen Zitaten, die in Anführungsstriche gesetzt und kursiv gefasst worden seien. Demgegenüber seien in erheblichem Umfang Passagen wörtlich oder mit leichten Abwandlungen aus anderen Werken übernommen worden, ohne korrekt gekennzeichnet zu sein. Belegt seien insoweit 17 mehr oder weniger lange, im Einzelnen dargestellte Passagen, beginnend auf Seite 10 und endend auf Seite 104 der Dissertation.

Die Ungültigerklärung sei nach § 16 der Promotionsordnung gerechtfertigt gewesen.

Dies gelte zunächst nach der zweiten Alternative der Vorschrift; wesentliche Voraussetzungen für die Zulassung zur Promotion seien irrigerweise als gegeben angenommen worden. Die Promotionsordnung setze in § 3 Satz 2 b voraus, dass eine ordnungsgemäße Dissertation vorgelegt werde, und nach § 3 Satz e, dass eine eidesstattliche Versicherung bestimmten Inhalts abgegeben werde. An beidem fehle es. Die Klägerin habe keine eigenständige wissenschaftliche Arbeit abgegeben. Die eidesstattliche Versicherung habe auch nicht den vorgesehenen Inhalt.

Darüber hinaus habe die Klägerin sich einer Täuschung schuldig gemacht, indem sie vorgespiegelt habe, eine eigenständige und reguläre Prüfungsleistung erbracht zu haben. Sie habe billigend in Kauf genommen, dass ihr die Prüfer übernommene Textbestandteile als eigene wissenschaftliche Leistung zurechnen würden. Sie habe in ihrer unvollständigen eidesstattlichen Versicherung ausdrücklich erklärt, dass die aus anderen Quellen direkt oder indirekt übernommenen Daten und Konzepte von ihr unter Angabe der Quelle gekennzeichnet worden seien.

Ihre Behauptung, sie habe keine Kenntnis von zutreffender Zitierweise gehabt, sei nicht glaubhaft. Tatsächlich habe sie teilweise korrekt zitiert. Sie habe zu Unrecht bestritten, dass ihr eine Vergleichsdissertation zur Verfügung gestellt worden sei. Ein Vergleich zwischen ihrer Arbeit und der Vergleichsdissertation erweise, dass Format und Gliederung dieser Arbeiten haargenau identisch seien.

Die Klägerin sei auch nicht zu einer verfrühten Abgabe ihrer Arbeit gedrängt worden. Der bevorstehende Ruhestand eines Professors habe keinen Einfluss auf das Promotionsverfahren.

Zurückzuweisen sei die Annahme des Zulassungsbeschlusses, sie sei selbst davon ausgegangen, dass die Klägerin nicht über hinreichende Kenntnisse der an eine Dissertation zu stellenden Anforderungen verfüge. Diese wisse als Absolventin eines Studienganges an der E. -Universität Berlin, wie wissenschaftlich zitiert werde. Die Aushändigung der Vergleichsdissertation habe lediglich dazu gedient, der Klägerin ein Muster für ein mögliches äußeres Erscheinungsbild einer Doktorarbeit an die Hand zu geben. Die Klägerin habe Unsicherheiten in Bezug auf Layout und formale Gestaltung der Arbeit gehabt.

Der Umstand, dass die Klägerin an keinem der angebotenen Doktoranden-Kolloquien und den sonstigen Veranstaltungen teilgenommen habe, zeige, dass sie offensichtlich der Auffassung gewesen sei, sie verfüge bereits über hinreichende Kenntnisse.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Vorbringens der Beteiligten und des Sachverhalts wird auf die Gerichtsakte und die Beiakten verwiesen, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen sind.

Entscheidungsgründe

Die Berufung ist zulässig, aber unbegründet. Es ist - wie bereits das Verwaltungsgericht mit zutreffender Begründung ausgeführt hat - rechtlich nicht zu beanstanden, dass der Promotionsausschuss der Beklagten die Dissertation der Klägerin als Promotionsleistung für ungültig erklärt hat.

Rechtsgrundlage ist die Promotionsordnung des Fachbereichs Erziehungs- und Kulturwissenschaften der C. für die Verleihung des Grades einer Doktorin oder eines Doktors rerum medicinalum (Nds.MBl. 1997, 1433), die einfachgesetzlich ursprünglich auf § 23 Abs. 5 NHG 1994 beruhte (nunmehr § 9 Abs. 3 NHG), im Übrigen aber auf der Satzungsautonomie der Hochschulen fußt (vgl. BVerfG, 3. Kammer des Ersten Senats, Beschl. v. 26.6.2015 - 1 BvR 2218/13 -, juris).

Während § 17 dieser Ordnung allgemein für die Rücknahme oder den Widerruf des Doktorgrades auf die gesetzlichen Bestimmungen verweist, enthält sie in § 16 eine besondere Regelung für vergleichbare Maßnahmen „vor Aushändigung der Promotionsurkunde“. Danach kann der Promotionsausschuss die Promotionsleistungen für ungültig erklären und die Verleihung des Doktorgrades zurücknehmen, wenn sich bis zu dem genannten Zeitpunkt ergibt, dass sich die Bewerberin oder der Bewerber bei den Promotionsleistungen einer Täuschung schuldig gemacht hat oder dass wesentliche Voraussetzungen für die Zulassung zur Promotion irrigerweise als gegeben angenommen worden sind. Durchgreifende Bedenken gegen eigenständige Regelungen dieser Art, die Fälle betreffen, welche im Vergleich zum Regelungsbereich der §§ 1 f. NVwVfG, 48 ff. VwVfG von einer minder gefestigten Vertrauensposition des Begünstigten geprägt sind, sind weder geltend gemacht worden noch ersichtlich. Unter diesen Umständen muss der Sinnhaftigkeit solcher Regelungen auch nicht mit Blick darauf nachgegangen werden, dass andere Promotionsordnungen eine entsprechende Regelung gerade umgekehrt für den Zeitraum nach Aushändigung der Promotionsurkunde treffen, wie sie etwa das Verwaltungsgericht Düsseldorf seinem Urteil vom 20. März 2014 (- 15 K 2271/13 -, ZUM 2014, 602; juris Rdnr. 42) zugrunde zu legen hatte.

1. Jedenfalls die Voraussetzungen der ersten Variante dieser Vorschrift - „einer Täuschung schuldig gemacht“ - liegen hier vor.

a) Zu den dahingehenden Feststellungen sind die angegriffenen Bescheide ohne durchgreifende Verfahrensmängel gelangt.

Bedenken dagegen, dass die Gründe für die Ermessenentscheidung über die Ungültigerklärung nicht im Detail im Protokoll der Ausschusssitzung festgehalten worden sind, bestehen nicht. Bei einer Kollegialentscheidung wie der hier in Rede Stehenden hat der Vorsitzende des Gremiums die sich ergebende Mehrheitsmeinung darzustellen (vgl. Stelkens/Bonk/Sachs, VwVfG, 8. Aufl. 2014, § 39 Rdnr. 7). Das ist ausweislich der angefochtenen Bescheide, die unter dem allgemeinen Briefkopf der Beklagten den Vorsitzenden des Promotionsausschusses als Verfasser ausweisen, hier geschehen. Ob der Ausschussvorsitzende hierbei eine Unterstützung durch das Justitiariat der Beklagten in Anspruch genommen hat, ist unerheblich.

Ohne rechtliche Folgen bleibt, dass der Promotionsausschuss den inzwischen verstorbenen früheren Vorsitzenden G. nicht gesondert angehört hat. Das führt allenfalls dazu, dass das Gericht in Bezug auf deshalb nicht mehr aufklärbare Sachverhalte nicht zu Feststellungen gelangen darf, die für die Klägerin nachteilig sind. Angesichts der von ihr vorgelegten Unterlagen geht der Senat aber ohnehin davon aus, dass G. die Klägerin gedrängt hat, die Arbeit ohne eine an sich noch wünschenswerte Überarbeitung vorzulegen, weil er offenbar meinte, sie aus gesundheitlichen Gründen sonst nicht mehr zu Ende betreuen zu können. Der Senat legt ferner auch ohne Beweisaufnahme zugrunde, dass es sich bei G. - wie von der Klägerin in der mündlichen Verhandlung eingehend geschildert - um eine dominante Persönlichkeit handelte, dass er meinte, sie von bestimmten Anforderungen der Promotionsordnung dispensieren zu können (insbesondere von dem Erfordernis des Nachweises des Besuches eines Doktorandenseminars und Abgabe einer vollständigen eidesstattlichen Versicherung im Sinne der Anlage 1 der Promotionsordnung) und dass die Klägerin nicht wagte, demgegenüber auf eine buchstabengenauen Erfüllung der Anforderungen der Promotionsordnung zu bestehen. Dies wirkt sich - wie nachgehend dargestellt - im Ergebnis jedoch nicht zugunsten der Klägerin aus.

Der Umstand, dass der Promotionsausschuss im Widerspruchsverfahren nicht gesondert nach §§ 21 Abs. 2, 20 Abs. 4 VwVfG über die im Widerspruchsschreiben vom 30. Juni 2009 gerügte Befangenheit von F. entschieden hat, wirkt sich im Ergebnis ebensowenig aus. Einen nachträglichen Ausschluss für eine bereits erfolgte Mitwirkung sieht das Gesetz nicht vor; über einen Ausschluss wäre danach nur noch für die Ausschusssitzungen vom 16. Juli und 21. Oktober 2009 zu entscheiden gewesen. Es kann offen bleiben, ob der Ausschuss keine förmliche Entscheidung getroffen hat, weil sich F. in beiden Fällen der Stimme enthalten hat, am 21. Oktober 2009 mit dem Protokollzusatz „als am Promotionsverfahren Beteiligter“. Eine „Mitwirkung“ kann auch bei Enthaltung bereits darin liegen, dass sich der Betroffene inhaltlich an der Erörterung beteiligt. Zeigt sich jedoch bereits in dem Umstand der Stimmenthaltung, dass der Betroffene über den Anwendungsbereich des § 20 Abs. 1 VwVfG hinaus seinen Einfluss auf das Verfahren schon von sich auch beschränken wollte, legt dies die Anwendung von § 46 VwVfG nahe, wonach eine Verletzung von Vorschriften über das Verfahren unschädlich ist, wenn offensichtlich ist, dass die Verletzung die Entscheidung in der Sache nicht beeinflusst hat (vgl. dazu z.B. Kopp/ Ramsauer, VwVfG, 14. Aufl. 2013, § 21 Rdnrn. 25 ff; Mann/Sennekamp/Uechtritz, VwVfG, 2014, § 20 Rdnrn. 126 ff.).

Davon geht der Senat hier jedenfalls deshalb aus, weil Befangenheitsgründe nicht erkennbar sind. Insoweit kann zunächst auf die zutreffenden Erwägungen des Verwaltungsgerichts Bezug genommen werden. Ergänzend weist der Senat darauf hin, dass der Promotionsausschuss in Bezug auf F. - auch in den vorangegangenen Ausschusssitzungen - der Sache nach gerade die (intensive) Anhörung vorgenommen hat, deren Unterbleiben die Klägerin selbst in Bezug auf G. gerügt hat.

Auch soweit in die Betrachtung einbezogen wird, dass F. bei der Darstellung seiner eigenen Rolle im Promotionsverfahren möglicherweise eigene Interessen dahingehend verfolgt hat, etwaige Betreuungsmängel zu beschönigen, ändert dies im Ergebnis nichts. Wenn es ihm zuvörderst um die Schonung seines eigenen Rufs gegangen wäre, hätte er von vornherein jeden Vorwurf in diese Richtung vermeiden können, indem er auf die weitere Prüfung der Arbeit nach der Disputation gänzlich verzichtet hätte. Auch handgreifliche Anhaltspunkte dafür, dass er durch die ihm gegenüber erfolgte Täuschung persönlich zu sehr betroffen war, als dass er der Klägerin noch unbefangen hätte gegenübertreten können, sind nicht ersichtlich geworden.

Soweit die Klägerin fehlerhafte Sachverhaltsfeststellungen durch den Promotionsausschuss beanstandet, hat sich dies in der Beweisaufnahme durch das Verwaltungsgericht nicht bestätigt. Insbesondere ist die Sachdarstellung hinsichtlich des Ablaufs des Bekanntwerdens der Täuschungen in sich widerspruchsfrei geblieben. Zu unterscheiden ist insoweit zwischen handwerklichen Mängeln, unkorrekter Zitierweise und Plagiaten. Dass die Dissertation der Klägerin nicht frei von handwerklichen Mängeln war, war bereits im Vorfeld bekannt, hat teilweise zu Nachbesserungen noch im Vorhinein geführt und war auch Anlass zu im Zusammenhang mit der Disputation formulierten Auflagen. Auch die Zitierweise war - wie der Senat bereits im Zulassungsbeschluss bemerkt hat - offenkundig nicht korrekt (etwa die durchgängige Verwendung von „vgl.“). Eine unkorrekte Zitierweise legt aber für sich noch nicht den Schluss auf Plagiate nahe. Infolgedessen ist auch der Umstand, dass F. kurz vor der Disputation auf Mängel in der Zitierweise aufmerksam gemacht worden sei, nicht gleichbedeutend damit, dass ihm zu diesem Zeitpunkt bereits eine mögliche Täuschung im Sinne von § 16 der Promotionsordnung bewusst geworden sein muss. Hinreichende Gewissheit, dass die Dissertation in Richtung auf eine mögliche Ungültigerklärung zu überprüfen sei, hat er danach erst am Abend nach der Disputation gewonnen. Aus dem protokollierten Ablauf seiner Aussage ergeben sich keine Hinweise auf eine mögliche Unrichtigkeit seiner Darstellung, so dass entgegen der Auffassung der Klägerin auch eine Zeugenbeeidigung nach § 391 ZPO nicht veranlasst war, deren Unterbleiben die Klägerin im Übrigen auch nicht im Sinne des § 295 ZPO rechtzeitig gerügt hat.

Der Senat sieht in diesem Zusammenhang keinen Anlass, der Behauptung nachzugehen, die Zeugin L. habe gehört, wie F. im Zusammenhang mit der mündlichen Verhandlung vor dem Verwaltungsgericht von der Justitiarin der Beklagten zu einer bestimmten Aussage instruiert worden sein soll, nämlich dazu, er habe eine Stunde vor der Disputation von einer Kollegin erfahren, „dass die Arbeit ein Plagiat ist“. Die Klägerin legt nicht dar, inwieweit dies entscheidungserheblich sein könnte. Tatsächlich hat F. ausgesagt, er sei von einem Mitglied der Promotionskommission etwa eine halbe Stunde vor Beginn der Disputation auf Mängel der Zitierweise aufmerksam gemacht worden. Die Klägerin gibt keine Erklärung dafür, warum er überhaupt unzutreffende Angabe gemacht oder auch nur erwogen haben sollte und erläutert nicht, wie es zu der - rechtlich relevanten - Abweichung zwischen der angeblichen Instruktion und der tatsächlichen Aussage gekommen sein könnte. Mangels eines vorstellbaren Geschehensablaufes, der die von der Zeugin L. geschilderten Ereignisse erklären könnte, liegt die Annahme nahe, dass sie das nicht für ihr Ohren bestimmte Gespräch zwischen F. und der Justitiarin schon akustisch nur eingeschränkt verfolgen konnte und im Übrigen möglicherweise unzutreffende eigene rechtliche Wertungen („Plagiat“) an die Stelle des Wortlauts („Mängel in der Zitierweise“) gesetzt hat. Auch unabhängig hiervon würde sich in der rechtlichen Beurteilung nichts ändern, wenn unterstellt wird, dass kurz vor der Disputation schon Plagiatsvorwürfe aufgekommen sind. Zwar hätte die Möglichkeit bestanden, die Disputation bis zur Klärung dieser Vorwürfe auszusetzen. Bereits dies hätte jedoch schwere Rufschäden für die Klägerin nach sich gezogen. Es ist deshalb nicht zu beanstanden, wenn eine Disputation nicht bereits bei kurzfristigem Aufkommen von Vorwürfen ausgesetzt wird, sondern nur, wenn diese Vorwürfe in einem Maße substantiiert sind, dass sie nicht nur einen Verdacht auslösen, sondern die Gewissheit, dass sie zumindest einen realen Kern haben. Dafür, dass F. hiervon schon vor der Disputation überzeugt sein musste, ist weder etwas ersichtlich noch ist in das Wissen der Zeugin L. gestellt worden, dass sie hierzu Näheres sagen könnte.

Auch der Vorwurf einer fehlerhaften Rechtsfolgenwahl durch den Promotionsausschuss geht fehl. Insoweit darf die Frage zulässiger Sanktionen nach § 16 der Promotionsordnung nicht mit der Frage vermengt werden, welche Möglichkeiten vor Bekanntwerden der Plagiate bestanden. Eine frühzeitige Durchsicht von Dissertationsentwürfen mit der Option, wegen erkannter Schwächen eine Überarbeitung vor der endgültigen Vorlage nahezulegen, mag gängige Praxis in Promotionsverfahren sein, ohne dass dies rechtlich im Einzelnen einer Regelung bedürfte. Nach Bekanntwerden einer Täuschung im Sinne des § 16 der Promotionsordnung verengen sich die rechtlichen Reaktionsmöglichkeiten hingegen auf die in dieser Vorschrift angeführte Sanktion. Dabei ist die Ungültigerklärung zwar keine zwingende Reaktion auf eine Täuschung, sondern sie „kann“ erfolgen. Die hiernach zu treffende Ermessensentscheidung kann unter Berücksichtigung des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes danach auch zu einem Absehen von einer Ungültigerklärung führen, etwa wenn die Täuschung sich nur als Marginalie darstellt. Andere als die in der einschlägigen Vorschrift vorgesehenen - manchmal tatsächlich eine Abstufung ermöglichenden - Sanktionen für das Fehlverhalten kommen hingegen nicht in Betracht (vgl. insoweit BVerwG, Urt. v. 21.3.2012 - 6 C 19.11 -, NVwZ 2012, 1188, insbesondere juris Rdnr. 27 am Ende). Das gilt hier insbesondere im Blick auf die in § 14 Abs. 2 der Promotionsordnung geregelte „erneute Einreichung eines Promotionsgesuchs“; eine in diese Richtung gehende Sanktionsoption hält § 16 der Promotionsordnung nicht bereit.

Eine der Klägerin günstigere Betrachtungsweise ergibt sich auch nicht im Hinblick darauf, dass sich die inkriminierten Stellen nur im ersten, „Allgemeinen“ Teil der Arbeit befinden, in der die Klägerin einen Überblick über die Problematik gegeben hat, nicht aber im zweiten, klinisch geprägten Teil. Soweit die Klägerin meint, dass der erste Teil an sich gar nicht nötig gewesen und auch von G. nur als „schmückendes Beiwerk“ verstanden worden sei, mag eine Beschränkung von medizinischen Doktorarbeiten auf die Darstellung klinischer Befunde und deren Bewertung einer verbreiteten Praxis entsprechen, auch wenn - worauf die Beklagte zu Recht hinweist - § 4 der Promotionsordnung eine Auseinandersetzung mit dem maßgeblichen Schrifttum erfordert. Ob damit eine lediglich beschreibende Darstellung wie die von der Klägerin vorgenommene gemeint ist, kann offen bleiben. Der Senat hält der Klägerin jedenfalls nicht den von der Beklagten herangezogenen Beschluss des Verwaltungsgerichtshofs Mannheim vom 13. Oktober 2008 (- 9 S 494/08 -, NVwZ-RR 2009, 285) entgegen, weil dieser einen Fall betraf, in welchem eine entsprechende Untergliederung in einen allgemeinen und einen klinischen Teil gerade nicht in Rede stand.

Mit ihrer - möglicherweise - eigenen Entscheidung, einen allgemeinen Teil voranzustellen, hat die Klägerin aber zumindest selbst den Rahmen abgesteckt, innerhalb dessen sie wissenschaftlich korrekt zu arbeiten hatte. Es versteht sich von selbst, dass eine Doktorarbeit, die den Leser ausführlich in die Problematik einführt, weitaus bessere Chancen hat, im Wissenschaftsbetrieb und der Fachöffentlichkeit wahrgenommen und rezipiert zu werden, als eine Doktorarbeit, deren Gegenstand sich der Leser praktisch erst selbst erarbeiten muss. Dieses Abzielen auf eine breitere Resonanz hat zur selbstverständlichen Folge, dass an den so verstandenen allgemeinen Teil keine minderen Ansprüche an die Wissenschaftlichkeit gestellt werden dürfen als an die klinischen Ausarbeitungen. Selbst wenn insoweit Zugeständnisse in Betracht zu ziehen wären, ist die „Erheblichkeitsschwelle“ hier jedenfalls angesichts des Umfangs der Textübernahmen deutlich überschritten.

b) Die Klägerin hat sich auch im Sinne des § 16 der Promotionsordnung bei der Promotionsleistung „Dissertation“ einer Täuschung schuldig gemacht. Der Senat hat insoweit nicht von allgemeinen Grundsätzen, sondern von der konkreten Regelung der hier zugrunde liegenden Promotionsordnung auszugehen, sieht sich aber unabhängig hiervon auch weiterhin in Einklang mit den Grundzügen der seit dem Zulassungsbeschluss in nicht geringem Umfang angefallenen Rechtsprechung und Literatur (vgl. z.B. OVG Münster, Urt. v. 24.7.2013 - 14 A 880/11 -, NWVBl. 2014, 69; VG Hamburg, Beschl. v. 29.8.2013 - 2 E 3236/13 -; OVG Hamburg, Beschl. v. 19.11.2013 - 3 Bs 274/13, 3 So 102/13 -, DÖV 2014, 399; VGH Mannheim, Beschl. v. 3.2.2014 - 9 S 885/13 -, DVBl. 2014, 1189; VG Düsseldorf, Urt. v. 20.3.2014 - 15 K 2271/13 -, ZUM 2014, 602; OVG Münster, Beschl. v. 8.4.2014 - 19 A 991/12 -; VG Regensburg, Urt. v. 31.7.2014 - RO 9 K 13.1442 -; VG Berlin, Urt. v. 26.9.2014 - 12 K 978.13 -; OVG Saarlouis, Beschl. v. 2.2.2015 - 2 D 371/14 -; VGH Mannheim, Beschl. v. 9.2.2015 - 9 S 327/14 -; OVG Münster, Beschl. v. 24.3.2015 - 19 A 1111/12 -).

Eine Täuschungshandlung lag objektiv vor; die Klägerin hat im allgemeinen Teil ihrer Dissertation nicht hinreichend als solche gekennzeichnete „fremde“ Texte verwendet und damit den Eindruck erweckt, sie habe diese selbst verfasst.

Eine Dissertation soll nach § 4 Abs. 1 Satz 1 der Promotionsordnung eine eigenständige wissenschaftliche Leistung darstellen, die nachweist, dass die Bewerberin oder der Bewerber zu vertiefter wissenschaftlicher Arbeit in Auseinandersetzung mit dem maßgeblichen Schrifttum fähig und in der Lage ist, die Ergebnisse dieser Arbeit verständlich schriftlich mitzuteilen. Das hält sich im Rahmen der einschlägigen gesetzlichen Vorgaben (§ 23 Abs. 1 NHG 1994: „Nachweis der Befähigung zu vertiefter wissenschaftlicher Arbeit“; § 9 Abs. 1 NHG heutiger Fassung: „Nachweis der Befähigung zu selbständiger vertiefter wissenschaftlicher Arbeit“).

Aus dem Begriff der eigenständigen wissenschaftliche Leistung folgt, dass fremde geistige Hervorbringungen, die zulässigerweise in der Dissertation verwertet werden, als solche in einer Weise zu kennzeichnen sind, dass der Leser ohne eigenen Aufwand - etwa das Nachschlagen von Zitaten oder die Suche nach Abhandlungen ähnlichen Inhalts - in die Lage versetzt wird, fremde geistige Hervorbringungen in der Dissertation zuverlässig von eigenen geistige Hervorbringungen des Verfassers der Dissertation zu unterscheiden. Daraus folgt zugleich, dass ein Promotionsgesuch im Sinne des § 3 der Promotionsordnung - ungeachtet des Inhalts beigefügter eidesstattlicher Versicherungen - schon von sich aus zwingend mit der konkludenten Erklärung verbunden ist, die vorgelegte „Dissertation nach den Bestimmungen des Abschnittes II“ stelle in jeder Hinsicht eine eigene geistige Leistung dar, soweit nicht zulässig in Bezug genommene fremde geistige Hervorbringungen ausdrücklich als solche gekennzeichnet sind. Inwieweit eine darauf bezogene Täuschung gleichzeitig nach allgemeinem Begriffsverständnis ein „Plagiat“ darstellt (vgl. die Darstellung der Definitionsansätze bei Wikipedia), ist rechtlich ohne Bedeutung. Insbesondere kommt es hiernach jedenfalls nicht darauf an, ob mit der Täuschung zugleich eine Urheberrechtsverletzung verbunden ist.

Die Feststellung, ob eine Täuschung im vorgenannten Sinne vorliegt, obliegt dem Promotionsausschuss. Dessen Befund ist allerdings jedenfalls in denjenigen Fällen voll gerichtlich überprüfbar, in denen es um den Vorwurf der im Wesentlichen unveränderten Übernahme fremder Texte ohne entsprechende Kennzeichnung geht. Je stärker fremde Texte bei ihrer Übernahme abgewandelt werden - bis hin zur Übernahme bloßer Ideen -, desto eher wird allerdings ein Beurteilungsspielraum der Prüfer anzunehmen sein; dieser ist ihnen auch in Bezug auf die Frage einzuräumen, ob eine Täuschung als Marginalie hingenommen werden kann oder über eine für jede Fallgestaltung besonders zu bestimmende Erheblichkeitsschwelle hinausgeht.

Hiervon ausgehend liegt eine Täuschung in Gestalt unzureichend gekennzeichneter Übernahme fremder Texte in erheblichem Umfang unzweifelhaft vor. Das haben die angegriffenen Bescheide, das Urteil des Verwaltungsgerichts und die Schriftsätze der Beklagten im Berufungsverfahren umfassend dokumentiert; dieser Befund wird von der Klägerin auch allenfalls in Randbereichen in Frage gestellt, die für das Gesamtbild nicht ins Gewicht fallen.

Dass die Kennzeichnung der fremden Texte unzureichend und damit irreführend ist, hat der Promotionsausschuss zu Recht angenommen. Welche Anforderungen insoweit zu stellen sind, leitet der Senat für die hier vorliegende Fallgestaltung nicht aus Regelwerken oder Handreichungen ab, die für den Wissenschaftsbetrieb nützlich sein mögen, sondern aus der auch für die Klägerin ohne Weiteres erkennbaren Natur der Sache:

- Die Einleitung eines Zitats mit dem Kürzel „vgl.“ ist sinnwidrig, wenn ein fremder Text wörtlich übernommen wird, denn der Leser hätte nichts davon, zwei wörtlich gleiche Texte miteinander zu vergleichen. Sie wäre nur berechtigt, wenn das in Bezug genommene Werk die gleiche Thematik aus einer eigenen Perspektive beleuchtet und damit zusätzlichen Erkenntnisgewinn verheißt. Die Klägerin hat demgegenüber das Kürzel „vgl.“ fast durchgängig und ohne Rücksicht darauf eingesetzt, ob Text wörtlich übernommen war.

- Ein Zitat darf bei dem Leser keine Fehlvorstellungen darüber hervorrufen, welchen Textumfang in der vorgelegten Arbeit es „abdeckt“. Durch entsprechende Anordnung der Zitatstelle und/oder der Einleitung des Zitats kann in der Regel ohne Weiteres verdeutlicht werden, ob sie sich auf eine Idee, ein Wort, einen Satz oder einen Absatz bezieht. Zitate für größeren Textumfang werden regelmäßig nicht verwendet, anderenfalls aber jedenfalls üblicherweise mit einer entsprechenden Bemerkung eingeleitet („Zum Ganzen:“ o.ä.). Zu unterscheiden hiervon ist, wie die Zitatstelle die zitierte Quelle ihrerseits in Bezug nimmt. Das kann ebenfalls „punktgenau“ geschehen, etwa durch Angabe einer Seitenzahl oder einer Randziffer, oder großräumiger etwa durch Angabe eines Seitenbereichs oder eines Gliederungspunktes. Wird in letzterem Sinne ein größerer Textbereich in Bezug genommen, lässt dies jedoch nicht den Rückschluss darauf zu, dass mit diesem Zitat eine vergleichbare Textmenge in der vorgelegten Arbeit „abgedeckt“ werden soll; das eine hat mit dem anderen nichts zu tun.

Vor diesem Hintergrund ist der Abschluss größerer Textmengen mit einem Zitat, das selbst keinen Aufschluss darüber gibt, auf welchen Textabschnitte der vorgelegten Arbeit es sich beziehen soll (sog. Bauernopferreferenz, vgl. VG Düsseldorf, Urt. v. 20.3.2014 - 15 K 2271/13 -, juris Rdnr. 112 f.), kein für wissenschaftliche Arbeiten geeignetes Instrument, weil diese Handhabung dem Leser nicht ermöglicht, die eigene geistige Leistung des Autors von derjenigen des Zitierten ohne eigene Zusatzaufwände zuverlässig abzugrenzen. Die Klägerin hat jedoch - wie sie selbst einräumt - mit nur geringfügigen Abwandlungen übernommene längere Textpassagen wiederholt mit einer Zitatstelle abgeschlossen, die zwar jeweils auf einen längeren Textbereich in der Quelle Bezug nahm, nicht jedoch offenlegte, welche Textmengen in der vorgelegten Arbeit selbst damit unterlegt sein sollten. Das betrifft - unbeschadet des in der Berufungserwiderung akribisch dargestellten deutlich größeren Gesamtumfangs an mangelhaft gekennzeichneten Textübernahmen - insbesondere die schon vom Verwaltungsgericht auf den Seiten 13 f. des Urteilsabdrucks hervorgehobenen Passagen auf den Seiten 48-53, 69-72 und 73-82 der vorgelegten Arbeit mit den Fußnoten 24 („vgl. Produktmonografie - PROMOGRAN®; S. 6-8“), 28 („vgl. Fischer, B.; S. 35-39“), 29 („vgl. Leitlinie Dekubitus 2000, S. 36-44“) und 30 („vgl. Fischer, B.; S. 49“). Die angegebenen Textpassagen in der vorgelegten Arbeit sind ihrerseits durch Gliederungspunkte, Überschriften, eine Grafik, eine Abbildung und eine Tabelle strukturiert. Infolgedessen ist es für den Leser schlechterdings nicht vorstellbar, dass eine nachgestellte Zitatstelle sich (auch) auf Textpassagen rückbeziehen soll, die vor einer dieser Textzäsuren liegen.

- Besondere Sorgfalt bei der Kennzeichnung „fremder“ Texte ist darüber hinaus geboten, soweit diese Texte nicht dem „maßgeblichen Schrifttum“ im Sinne von § 4 Abs. 1 Satz 1 der Promotionsordnung zuzuordnen sind, zu dem insbesondere Schrifttum aus der Sphäre der Fachwissenschaft zählt, sondern der „Interessentenliteratur“, also insbesondere Texten, die der Produktvermarktung dienen. Mit anderen Worten dürfen die Maßstäbe für die wissenschaftliche Bewertung des zu untersuchenden Produktes nicht mehr oder weniger dem hierfür verbreiteten Promotionsmaterial - wie hier der „Produktmonografie Promogran“ - entnommen werden. Zwar kann es angezeigt sein, die Produktselbstdarstellung als solche in die Untersuchung einzuführen, wenn deren Gegenstand auch die Klärung der Frage ist, ob an sich selbst gestellte Ansprüche des Produktherstellers tatsächlich erfüllt werden. Als Referenzmaterial schon für eine bloße Problembeschreibung kommen Promotionsmaterialien in einer wissenschaftlichen Arbeit hingegen nicht in Betracht, weil damit in unzulässiger Weise - bewusst oder unbewusst - der Prüfungsmaßstab beeinflusst werden könnte.

Die Gefahr einer solchen Beeinflussung lag hier auf der Hand. Die Klägerin hat demjenigen Produkt, das bereits im Titel der Doktorarbeit als registrierte Marke angesprochen ist, im Schlusswort ihrer Doktorarbeit eine ca. 75 % bessere durchschnittliche Wundheilung attestiert als herkömmlichen Produkten. Ihre Bewertung dieses Produkts ist so günstig ausgefallen, dass dies in erster Instanz zu einem Beweisantrag des Inhalts Anlass gab, F. habe im Anschluss an die Disputation gegenüber der Klägerin geäußert: „Die Ergebnisse sind so gut ausgefallen, dass Johnson und Johnson mit den Ergebnissen in der Öffentlichkeit hausieren kann.“ Ihr war dabei bekannt, dass der Produkthersteller erhebliches Interesse an positiver Resonanz aus dem Bereich der medizinischen Literatur hatte; die genannte „Produktmonografie“ enthielt selbst bereits ein Literaturverzeichnis mit 74 Quellen.

Unter diesen Umständen verbot sich die hier vorgenommene „flächige“ und in diesem Umfang als solche nicht gekennzeichnete Übernahme von Teilen der Produktmonografie in den Text der Doktorarbeit von vornherein.

c) Im Hinblick auf die Formulierung „einer Täuschung schuldig gemacht“ in § 16 der Promotionsordnung geht der Senat davon aus, dass nur eine vorsätzliche Begehensweise zu einer Ungültigkeitserklärung führen kann, wobei dies die Schuldform des bedingten Vorsatzes (dolus eventualis) einschließt. In Anlehnung an strafrechtliche Begriffsbildungen ist hierfür erforderlich, dass der Täuschungserfolg zumindest billigend in Kauf genommen wird; nicht dagegen reicht aus, dass der Betreffende jedenfalls hätte erkennen müssen, dass sein Verhalten zu einer Täuschung führt.

Insoweit ergeben sich aus den äußeren Umständen, die der Senat in Anknüpfung an das Beteiligtenvorbringen in seinem Zulassungsbeschluss angesprochen hat - vor allem der Vorbildung eines Betroffenen, dem Maß der Erfüllung seiner eigenen Obliegenheiten bei seiner Betätigung im Wissenschaftsbetrieb und dem Maß der ihm zugewandten Betreuung -, letztlich keine ausschlaggebenden Anhaltspunkte für das Vorliegen oder Fehlen eines bedingten Vorsatzes, selbst wenn sie im allgemeinen gewisse Rückschlüsse auf seine Vertrautheit mit wissenschaftlichen Standards zulassen mögen. Dazu im Einzelnen:

Grundsätzlich muss derjenige, der einen Doktorgrad erreichen will, sich selbst um die nötigen Vorkenntnisse und wissenschaftlichen Fertigkeiten bemühen; er kann nicht erwarten, dass die Universität ihm dies durch entsprechend intensive Betreuung gleichsam aufnötigt. Zwar sah die der Promotionsordnung zugrunde liegende Fassung des Niedersächsischen Hochschulgesetzes von 1994 in § 23 Abs. 4 Satz 2 vor, dass der Fachbereich auf Antrag die Betreuung des wissenschaftlichen Vorhabens vermitteln könne; nach dem heute geltenden § 9 Abs. 2 Satz 3 NHG sollen die Hochschulen zur Ausbildung und Betreuung von Doktorandinnen und Doktoranden Promotionsstudiengänge anbieten. Das war und ist aber vor allem dem rationalen Einsatz der beiderseits eingesetzten menschlichen und sächlichen Ressourcen geschuldet, soll die Doktorandinnen und Doktoranden aber nicht von zumutbaren eigenen Bemühungen entlasten. So hält der Senat es etwa für selbstverständlich, dass sich ein Doktorand von sich aus mit dem einschlägigen Schrifttum, insbesondere aber auch mit bereits erfolgreichen anderen Doktorarbeiten vertraut macht, um die Gepflogenheiten des Wissenschaftsbetriebes zu erlernen.

Fehlt es einem Doktoranden gleichwohl an der Kenntnis wissenschaftlicher Standards, weil er sich damit nicht aus eigenem Antrieb vertraut gemacht hat und dieses Defizit auch nicht durch ein „proaktives“ Betreuungsangebot der Universität ausgeglichen worden ist, mag dies im Einzelfall dazu führen, dass ein Täuschungsvorsatz nicht angenommen werden kann. Der Senat unterstellt insoweit, dass die Klägerin tatsächlich keine formale Bildung in Bezug auf die Förmlichkeiten wissenschaftlicher Arbeit besaß. Ihr früheres Studium mit dem Abschluss als Diplommedizinpädagogin hatte sie auch ausweislich der seinerzeit vorgelegten Diplomarbeit nicht in die Nähe der Anforderungen geführt, wie sie sich nunmehr aus § 4 der Promotionsordnung ergaben. In den Wissenschaftsbetrieb der Beklagten war sie während ihrer Promotion kaum integriert. Unstreitig hat die Beklagte selbst sich veranlasst gesehen, ihr eine fremde Dissertation als Beispiel für die Bewältigung formaler Aufbaufragen vorzulegen, die im Übrigen aber ihrerseits schon keine korrekte Zitierweise aufwies. Das alles spricht nicht dafür, dass die Klägerin positive Kenntnisse davon hatte, welche wissenschaftlichen Regeln sie bei der Anfertigung ihrer Doktorarbeit einzuhalten hatte.

Der Senat geht gleichwohl davon aus, dass die Klägerin jedenfalls mit bedingtem Vorsatz gehandelt hat, weil die Erkenntnis, dass sie täuschte, einerseits nicht entscheidend von bestehender Vertrautheit mit Zitiergepflogenheiten abhing, andererseits aber auch nicht davon, ob sie möglicherweise nach oberflächlichen Befassung mit dieser Thematik von der Verbreitetheit einer „laxen“ Handhabung der Zitierregeln im Bereich der Beklagten ausging. Maßgeblich für die „Parallelwertung in der Laiensphäre“ ist vielmehr, dass der Sinn und Zweck des wissenschaftlichen Zitierens bei verständiger Betrachtung (zwar nicht in seinen Feinheiten und besonderen herkömmlichen Ausprägungen, aber) jedenfalls in seinem wesentlichen Kern von sich aus offensichtlich ist und sich zumal jemandem, der die Voraussetzungen für die Durchführung eines Promotionsverfahrens erfüllt, ohne Weiteres erschließt. Unter diesen Umständen konnte die Klägerin nach Auffassung des Senats an der Erkenntnis, dass die von ihr eingesetzte Zitiermethode zu einer Täuschung des Lesers führen musste, schlechterdings nicht vorbei kommen.

Dafür spricht hier insbesondere der oben angesprochene Umstand, dass die von ihr mit einer abschließenden Zitatstelle versehenen, übernommenen Textpassagen durch Gliederungspunkte, Überschriften und Tabellen strukturiert waren; die Klägerin konnte deshalb nicht annehmen, dass ein Leser die fraglichen Zitatstellen bei unbefangener Betrachtungsweise auf Textteile zurückbeziehen würde, die vor einer solchen Zäsur angeordnet waren.

Hinzu kommt Folgendes: Die Klägerin hat nach der Niederschrift zur mündlichen Verhandlung vor dem Verwaltungsgericht erklärt, sie habe zum damaligen Zeitpunkt mal 5 oder 10 Seiten einfach so übernommen und habe die Quelle jeweils an deren Schluss angegeben. Jeder habe dort nachschauen können. Diese Sicht der Rollenverteilung zwischen Doktorand und Berichterstatter bzw. späterem Leser ist ersichtlich unvertretbar. Der Klägerin kann deshalb nicht ernsthaft abgenommen werden, dass sie seinerzeit von dieser Einstellung ausgegangen ist. Auch die Berichterstatterin bzw. der Berichterstatter im Promotionsverfahren haben trotz der Notwendigkeit einer kritischen Würdigung der vorgelegten Arbeiten nicht die vorrangige Aufgabe, erst selbst herauszufinden, welchen Text gelegentlich eingestreute Zitate in einer ihnen vorgelegten Dissertation jeweils wohl abdecken. Während bei diesem Personenkreis allerdings noch vorstellbar ist, dass Werke aus dem Literaturverzeichnis vergleichend gelesen werden, kann das für die Fachöffentlichkeit, auf welche die Doktorarbeit abzielt, in der Regel nicht angenommen werden. Wer bei defizitärer Zitierweise auf die Möglichkeit des „Nachschauens“ verweist, vertraut deshalb in Wahrheit nur darauf, dass der Leser ihm wegen der mit dem Nachschauen verbundenen Mühen im Zweifel fremde Texte eher als eigene Leistung zurechnen werde.

Dem kann auch nicht entgegengehalten werden, dass die Berichterstatter hier ohnehin zu schärferen Kontrollen angehalten gewesen seien, weil die handwerklichen Mängel - wie der Senat im Zulassungsbeschluss formuliert hat - in der Dissertation der Klägerin evident sind und schon bei erster flüchtiger Lektüre auffallen. Das lässt zunächst nur den Schluss zu, dass die Klägerin Schwächen im formalen Aufbau der Arbeit gezeigt hatte. Die weitergehende Annahme, dass sie umfangreiche Textübernahmen verschleiern wollte, rechtfertigt sich allein daraus noch nicht.

In Anbetracht der vorstehenden Erwägungen ist auch die von der Beklagten getroffene Ermessensentscheidung mängelfrei. Dass der Promotionsausschuss in Bezug auf die Auswahl von Sanktionen keine Handlungsalternativen besaß, ist bereits oben ausgeführt. Die Täuschung war auch bei Weitem nicht so marginal, dass von der in der Promotionsordnung allein vorgesehenen Sanktion im Hinblick auf den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit abgesehen werden musste. Soweit Beteiligte am Promotionsverfahren dazu beigetragen haben mögen, dass die Klägerin den Allgemeinen Teil ihrer Dissertation nicht mit größerem Bedacht angefertigt hat, ist dies zwar misslich und mag Anlass zu Optimierungen in der praktischen Handhabung von Promotionsverfahren geben. Von ihrer eigenen Verantwortung für die letztlich nur auf ihre eigenen Entscheidungen zurückzuführende Täuschung entlastet dies die Klägerin jedoch nicht. Die Folgenabwägung - öffentliches Interesse einerseits, schwerwiegende soziale Folgen für die Klägerin andererseits - hat der Promotionsausschuss in nicht zu beanstandender Weise vorgenommen.

2. Soweit die Beklagte im Berufungsverfahren auch die zweite Alternative des § 16 der Promotionsordnung als gegeben angesehen hat, kann im Ergebnis offen bleiben, ob sie sich darauf stützen darf. Der Vorwurf der Klägerin jedenfalls, darin liege ein unzulässiger Austausch der Ermessensbegründung, greift zu kurz, weil die Beklagte der ersten Begründung nur eine zweite an die Seite stellen, also Gründe nachschieben wollte. Unter welchen Umständen dies zulässig ist (vgl. z.B. BVerwG, Urt. v. 20.6.2013 - 8 C 46.12 -, BVerwGE 147, 81 = DVBl. 2014, 579 m. Anm. Schenke = NVwZ 2014, 151; Sodan/Ziekow, VwGO, 4. Aufl. 2014, § 113 Rdnrn. 70 ff. und § 114 Rdnrn. 202 ff.; Schenke, DVBl. 2014, 285), bedarf hier schon wegen des Vorliegens der Voraussetzungen der ersten Alternative keine näheren Betrachtung.

Im Übrigen wäre das „Prüfprogramm“ der zweiten Alternative ebenfalls nicht frei von zu klärenden Rechtsfragen. Soweit die Beklagte die irrige Annahme des Gegebenseins wesentlicher Voraussetzungen für die Zulassung zur Promotion darin erblickt, dass eine ordnungsgemäße Dissertation im Sinne des § 4 der Promotionsordnung nicht vorgelegt worden sei, knüpft sie tatbestandlich an Umstände an, die auch für die erste Alternative von Bedeutung sind. Könnte der Schuldvorwurf hinsichtlich einer Täuschung nicht erbracht werden, läge es nahe, von einer Sperrwirkung der ersten Alternative auszugehen, die insoweit einen Rückgriff auf die zweite Alternative verbietet.

Auch der daneben geltend gemachte Irrtum über das Vorliegen einer mängelfreien eidesstattlichen Versicherung dürfte kaum durchgreifen, weil die Abweichung der abgegebenen eidesstattlichen Versicherung von dem vorgegebenen Text in Anlage 1 der Promotionsordnung auf den ersten Blick erkennbar ist und davon ausgegangen werden kann, dass der Promotionsausschuss mit der Anlage 1 vertraut ist. Die schlichte Nichtbefassung mit der vorgelegten eidesstattlichen Versicherung in der Annahme, sie werde schon korrekt sein, dürfte als Grundlage für Irrtum im Sinne des § 16 der Promotionsordnung kaum ausreichen. Die Beklagte setzt sich aber auch nicht hinreichend mit der Vortrag der Klägerin auseinander, G. habe bestimmenden Einfluss auf die Abfassung der eidesstattlichen Versicherung genommen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO.

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 167 VwGO i. V. m. §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.

Gründe für die Zulassung der Revision gemäß § 132 Abs. 2 VwGO liegen nicht vor.