Oberlandesgericht Celle
Beschl. v. 29.01.2014, Az.: 10 WF 25/14

Erforderlichkeit einer Anwaltsbeiordnung für ein einstweiliges Anordnungsverfahren nach dem GewSchG wegen Geheimhaltungsinteresses an der Wohnanschrift; Abstandsgebot und Verbot weiterer Kontaktaufnahmen bei einmaligem Übergriff mit Körperverletzung

Bibliographie

Gericht
OLG Celle
Datum
29.01.2014
Aktenzeichen
10 WF 25/14
Entscheidungsform
Beschluss
Referenz
WKRS 2014, 10334
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
ECLI:DE:OLGCE:2014:0129.10WF25.14.0A

Verfahrensgang

vorgehend
AG Hannover - 03.01.2014 - AZ: 630 F 6429/13

Fundstellen

  • FamRZ 2014, 2017
  • FuR 2014, 601
  • JurBüro 2014, 252
  • MDR 2014, 799-800
  • ZKJ 2014, 210-211

Amtlicher Leitsatz

  1. 1.

    Für ein einstweiliges Anordnungsverfahren nach dem Gewaltschutzgesetz, in dem die Antragstellerin unter eidesstattlich versichertem Vortrag eines einmaligen Übergriffs des Antragsgegners unter Köperverletzung ("blaue Flecken") mit anschließendem Polizeieinsatz ein Abstandsgebot und das Verbot weiterer Kontaktaufnahmen begehrt, ist die Beiordnung eines Anwaltes nicht erforderlich.

  2. 2.

    Eine Erforderlichkeit der Anwaltsbeiordnung i.S.d. § 78 Abs. 2 FamFG ergibt sich auch nicht allein daraus, daß die in einem Frauenhaus wohnhafte Antragstellerin ein Geheimhaltungsinteresse an ihrer Wohnanschrift geltend macht.

In der Familiensache
N. W.,
Antragstellerin und Beschwerdeführerin,
Verfahrensbevollmächtigte:
Anwaltsbüro A. a. O. S.,
gegen
A. W.,
Antragsgegner,
hat der 10. Zivilsenat - Senat für Familiensachen - des Oberlandesgerichts Celle durch die Richter am Oberlandesgericht H. und G. sowie den Richter am Amtsgericht Dr. P. am 29. Januar 2014
beschlossen:

Tenor:

Die sofortige Beschwerde der Antragstellerin gegen den Beschluss des Amtsgerichts - Familiengericht - Hannover vom 3. Januar 2014 wird zurückgewiesen.

Gründe

I.

Die Antragstellerin begehrt in einem gegen ihren getrennt lebenden Ehemann gerichteten Gewaltschutzverfahren neben der durch das Amtsgericht bereits gewährten Verfahrenskostenhilfe auch die Beiordnung eines Rechtsanwalts.

Die Antragstellerin ist infolge der von ihr behaupteten körperlichen Angriffe des Antragsgegners in ein Frauenhaus gezogen. Unter der Postfachanschrift des Frauenhauses beantragte die Antragstellerin Sozialleistungen und hat diese auch in der Erklärung über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse als ihre Anschrift angegeben.

Das Amtsgericht hat den Antrag der Antragstellerin auf Beiordnung eines Rechtsanwalts, der schon in der Antragsschrift erbeten hatte, Zustellungen an die Antragstellerin über ihn vorzunehmen, mit dem Hinweis auf die einfach gelagerte Sach- und Rechtslage zurückgewiesen.

Gegen diese Entscheidung richtet die Antragstellerin ihre sofortige Beschwerde mit der Begründung, dass es zur Geheimhaltung ihrer Anschrift der Beiordnung zwingend deshalb bedürfe, weil bei Anträgen bei der Rechtsantragsstelle des Amtsgerichts eine Geheimhaltung der eigenen Anschrift unmöglich sei. Nur durch die Beauftragung eines Rechtsanwalts, an den Zustellungen auch für sie möglich seien, könne ihr Schutz gewährleistet werden.

Das Amtsgericht hat der sofortigen Beschwerde unter Hinweis auf die Verwendung von Postfachadressen seitens der Frauenhäuser nicht abgeholfen und die Sache dem Senat vorgelegt.

II.

Die zulässige sofortige Beschwerde bleibt ohne Erfolg.

Das Amtsgericht hat in der angefochtenen Entscheidung zutreffend erkannt, dass es angesichts der einfachen Sach- und Rechtslage vorliegend keiner Anwaltsbeiordnung bedurfte (vgl. insoweit auch Senatsbeschlüsse vom 30. Juni 2011 - 10 WF 176/11 - FamFR 2011, 345 = BeckRS 17564 = [...] und vom 8. Januar 2014 - 10 WF 2/14 - BeckRS 2014, 01690 = [...]).

Auch gebietet entgegen der Auffassung der Antragstellerin nicht ihr Interesse an der Geheimhaltung ihrer aktuellen Wohnanschrift gegenüber dem Antragsgegner ausnahmsweise doch die Beiordnung eines Rechtsanwalts. Es ist zwar zutreffend, dass gerade in Gewaltschutzsachen nicht selten Zustellungen über den eigenen Anwalt erbeten werden. Dies ist indessen, wie auch vom Amtsgericht im Nichtabhilfebeschluss erkannt, nicht zwingend. Die Antragstellerin verfügt über eine Postfachadresse, die sie nicht nur gegenüber dem Gericht, sondern auch gegenüber anderen Behörden erkennbar erfolgreich nutzt. Damit ist eine Anwaltsbeiordnung auch nicht allein aus Geheimhaltungswünschen betreffend die eigene (Wohn-)Anschrift erforderlich.