Landgericht Braunschweig
Beschl. v. 04.11.2008, Az.: 6 T 778/08 (105)
Rechtmäßigkeit der Versagung einer Restschuldbefreiung wegen sorgfaltswidriger Nichtgeltendmachung eines Pflichtteilsanspruchs durch den Schuldner in der Wohlverhaltensphase
Bibliographie
- Gericht
- LG Braunschweig
- Datum
- 04.11.2008
- Aktenzeichen
- 6 T 778/08 (105)
- Entscheidungsform
- Beschluss
- Referenz
- WKRS 2008, 38551
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- ECLI:DE:LGBRAUN:2008:1104.6T778.08.105.0A
Verfahrensgang
- vorgehend
- AG Braunschweig - 28.08.2008 - AZ: 274 IK 111/02 a
- nachfolgend
- BGH - 16.07.2009 - AZ: IX ZB 72/09
- LG Braunschweig - 20.10.2009 - AZ: 6 T 778/08 (105)
Rechtsgrundlage
- § 290 Abs. 1 Ziff. 5 InsO
In dem Restschuldbefreiungsverfahren
...
hat die 6. Zivilkammer des Landgerichts Braunschweig
am 04.11.2008
durch
den ... als Einzelrichter
beschlossen:
Tenor:
Auf die sofortige Beschwerde der Antragsteller vom 09.09.2008 wird der Beschluss des Amtsgerichts Braunschweig vom 28.08.2008 abgeändert.
Dem Schuldner wird die Restschuldbefreiung versagt.
Der Beschwerdewert wird auf 1.250,00 € festgesetzt.
Gründe
Dem Schuldner war die Restschuldbefreiung zu versagen, weil er seine Mitwirkungspflichten nach § 290 Abs. 1 Ziff. 5 der Insolvenzordnung (InsO) zumindest grob fahrlässig verletzt hat. Nach seinen Angaben im Schreiben vom 12.08.2008 ist der Pflichtteilsanspruch werthaltig gewesen. Zur Verteilung an die Masse hätten 1.250,00 € zur Verfügung gestanden.
Die Kammer ist der Auffassung, dass der Schuldner in der Wohlverhaltensperiode grundsätzlich nicht auf einen ihm zugefallenen Pflichtteilsanspruch verzichten darf, weil er dadurch seine Gläubiger schädigt. Diese Auffassung wird in der Kommentarliteratur überwiegend vertreten (vgl. Münchner Kommentar zur Insolvenzordnung, 2. Auflage 2008, § 295, Randnummer 57; Uhlenbrock, Kommentar zur Insolvenzordnung, 12. Auflage 2003, § 295 Randnummer 32; Frankfurter Kommentar zur Insolvenzordnung, 4. Aufl. 2006, § 295, 38). Die davon abweichende Auffassung teilt die Kammer nur für den Fall, dass im Einzelfall besondere Gründe bestehen, von der Geltendmachung des Pflichtteils abzusehen. Der vom Schuldner in seinem Schreiben vom 12.08.2008 geltend gemachte Grund reicht dafür nicht aus. Er hat angegeben, dass seine Mutter den Vater, der schwerst pflegebedürftig gewesen sei, bis zu dessen Tode gepflegt und er deshalb seinen Pflichtteil nicht geltend gemacht habe. Dies ist zwar grundsätzlich anerkennenswert, kann aber in der konkreten Situation seiner erheblichen Verschuldung nicht als vorrangig gegenüber den Interessen der Gläubiger angesehen werden. Die Nichtgeltendmachung des Pflichtteils ist als grob fahrlässiger Verstoß gegen die Wohlverhaltenspflichten zu werten, weil es einem Schuldner ohne weiteres klar sein muss, dass er alles in seiner Macht stehende tun muss, um seine Schulden abzutragen.