Landgericht Braunschweig
Beschl. v. 04.08.2008, Az.: 9 O 1990/08
Bibliographie
- Gericht
- LG Braunschweig
- Datum
- 04.08.2008
- Aktenzeichen
- 9 O 1990/08
- Entscheidungsform
- Beschluss
- Referenz
- WKRS 2008, 43323
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- ECLI:DE:LGBRAUN:2008:0804.9O1990.08.0A
Rechtsgrundlagen
- UrhG § 94 Abs. 1
- UrhG § 10 Abs. 2
- UrhG § 94 Abs. 2
- ZPO § 890
- UrhG § 94 Abs. 31
Tenor:
- 1.
Der Antragsgegnerin wird untersagt, ... das Filmwerk ... ohne Zustimmung der Antragstellerin im Internet zugänglich zu machen.
- 2.
Für jeden Fall der schuldhaften Zuwiderhandlung wird der Antragsgegnerin Ordnungshaft von bis zu 6 Monaten oder ein Ordnungsgeld von bis zu 250 000,00 € angedroht; an die Stelle des Ordnungsgeldes tritt bei Nichtbeitreibbarkeit Ordnungshaft.
- 3.
Die Antragsgegnerin trägt die Kosten des Verfahrens.
- 4.
Der Streitwert wird auf 15 000,00 € festgesetzt.
Gründe
Mit der Antragsschrift, auf die verwiesen wird, hat die Antragstellerin Tatsachen glaubhaft gemacht, die sowohl den Verfügungsanspruch als auch den Verfügungsgrund bejahen lassen.
Die Klägerin hat gegen die Beklagte einen aus 97 Abs. 1 Satz 1 UrhG olgenden Anspruch auf Unterlassung, den streitgegenständlichen Film in einen Filesharing-System der Öffentlichkeit zugänglich zu machen.
Die Antragstellerin ist Inhaberin der ausschließlichen Nutzungs- und Verwertungsrecht im Sinne der §§ 15 ff UrhG bzw. §§ 94 Abs. 2, 31Abs. 1 UrhG an dem Filmwerk ..., einem Filmwerk aus der pornographischen Erwachsenenunterhaltung. Da die Klägerin auf dem Cover des Filmträgers beim so genannten als Inhaberin der Filmrechte aufgeführt ist, greift die Vermutung nach § 10 Abs. 2 UrhG analog für ihre ausschließlichen Nutzungs- und Verwertungsrechte an den Filmaufnahmen.
Diese Aufnahmen wurden von dem Internetanschluss des Beklagten über ein Filesharing-System (sog. Peer-to-Peer-Netzwerk) der Öffentlichkeit zugänglich gemacht und konnten so heruntergeladen und angesehen werden. Wie die von der Klägerin veranlasste Überwachung des streitgegenständlichen Filmwerks ... durch die Antipiracy-Firma Logistep AG ergab, wurde dieser am 12.02.2008 um 4:32:28 MEZ über ein Filesharing-System im Internet zum Kopieren von einem Anschluss bereit gestellt, dem die IP-Adresse ... zugewiesen war. Durch die sekundengenaue Ermittlung von Zeitpunkt und Rechtsverletzungen mittels der eingesetzten Software "File Sharing Monitor V 1.3.1." ist sichergestellt, dass die zu einem bestimmten Zeitpunkt von einem Provider vergebenen IP-Adressen entsprechenden Nutzern zugeordnet werden können. Vorliegend ist die so ermittelte IP-Adresse auswe slich der Auskunft des Internetproviders Telefonica der Benutzerkennung ... zugeordnet werden und nach weiterer Auskunft der Telefongesellschaft 1 & 1 AG dem Anschluss ... zugewiesen und dieser wiederum der Beklagten.
Die so ermittelten Daten sind im hiesigen Verfahren auch verwertbar. Gemäß 113 TKG haben die jeweiligen Provider den Namen und die Adresse der Urheberrechtsverletzer auf Ersuchen der Staatsanwaltschaft hin ohne gerichtlichen Beschluss mitzuteilen.
Das Anbieten der Aufnahmen zum Download beinhaltete die Nutzungshand ungen des Vervielfältigens und des öffentlich Zugänglichmachens, die der Klägerin als Rechtsinhaberin vorbehalten sind. Eine solche Nutzung hätte daher einer Rechtseinräumung durch die Klägerin bedurft, die nicht vorlag. Daraus folgt eine widerrechtliche Nutzung.
Der Beklagte hat für die damit begangene Rechtsverletzung einzustehen. Dabei kann dahinstehen, ob sie selbst die Handlungen begangen hat, da sie jedenfalls nach den Grundsätzen der Störerhaftung haftet. Im Rahmen des Unterlassungsanspruchs haftet in entsprechender Anwendung des § 1004 BGB jeder als Störer für eine Schutzrechtsverletzung, der - ohne selbst Täter oder Teilnehmer zu sein - in irgendeiner Weise willentlich und adäquat kausal an der rechtswidrigen Beeinträchtigung mitgewirkt hat. Um eine solche Haftung nicht über Gebühr auf Dritte zu erstrecken, die nicht selbst die rechtswidrige Beeinträchtigung vorgenommen haben, setzt die Haftung des Störers die Verletzung von Prüfungspflichten voraus. Deren Umfang bestimmt sich danach, ob und inwieweit dem als Störer in Anspruch Genommenen nach den Umständen eine Prüfung zuzumuten ist (vgl. BGH GRUR 2004, 860 (864) [BGH 11.03.2004 - I ZR 304/01][BGH 11.03.2004 - I ZR 304/01] - Störerhaftung des Internetauktionshauses bei Fremdversteigerung m.w.N.), wobei sich Art und Umfang der gebotenen Prüf- und Kontrollmaßnahmen nach Treu und Glauben bestimmen. So hat sich auch die Verpflichtung, geeignete Vorkehrungen zu treffen, durch welche die Rechtsverletzung soweit wie möglich verhindert werden kann, im Rahmen des Zumutbaren und Erforderlichen zu halten (vgl. BGH GRUR 1984, 54/55 - Kopierläden).
Diesen Pflichten ist die Beklagte - einmal unterstellt, sie hat die Rechtsverletzung nicht selbst begangen, offenbar nicht nachgekommen. Nachdem Rechtsverletzungen über das Internet allgemein zugenommen haben durch das Herunterladen und öffentliche Zugänglichmachen insbes. urheberrechtlich, geschmacksmusterrechtlich und markenrechtlich geschützter Leistungen, worunter auch die Aneignung und das Bereitstellen von Filmaufnahmen im Internet über Peer-to-Peer-Dienste und mit Hilfe von Filesharing-Software, sog. "Tauschbörsen", fällt. In der Rechtsprechung ist anerkannt, dass sie jedenfalls seit dem Auftreten der Filesharing-Software "Napster" im Herbst 999 allgemein bekannt sei, so dass eine Störerhaftung selbst bei Verwendung von ungeschützten WLan-Verbindungen angenommen wird, da bekannt sei, dass diese von Dritten missbraucht werden können, um über einen fremden Internetanschluss, ins Internet zu gelangen. Das löst Prüfungs- und ggf. Handlungspflichten aus, um der Möglichkeit der Rechtsverletzung vorzubeugen (vgl. Urteil LG Hamburg vom 26.07.2006 - Az. 308 O 407/06).
Die Ordnungsmittelandrohung hat ihre Grundlage in § 890 ZPO.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 91 ZPO
Der Streitwert war gem. § 53 Abs. 1 GKG, § 3 ZPO festzusetzen.