Landgericht Braunschweig
Urt. v. 19.03.2008, Az.: 5 O 1603/07
Bibliographie
- Gericht
- LG Braunschweig
- Datum
- 19.03.2008
- Aktenzeichen
- 5 O 1603/07
- Entscheidungsform
- Urteil
- Referenz
- WKRS 2008, 43331
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- ECLI:DE:LGBRAUN:2008:0319.5O1603.07.0A
In dem Rechtsstreit
...
hat die 5. Zivilkammer des Landgerichts Braunschweig im schriftlichen Verfahren gemäß § 128 ZPO mit einer Erklärungsfrist bis zum ... durch
den Vorsitzenden Richter am Landgericht ...,
die Richterin ... und
den Richter am Landgericht ...
für Recht erkannt:
Tenor:
- 1.
Der Beklagte wird verurteilt, an die klagende Partei nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem ... zu zahlen.
- 2.
Der Beklagte wird ferner verurteilt, die klagende Partei von sämtlichen Verpflichtungen aus dem Treuhandvertrag Nr. ... mit dem Insolvenzverwalter über das Vermögen der ..., freizustellen.
- 3.
Die Verurteilungen zu 1. und 2. erfolgen jeweils Zug um Zug gegen Abtretung sämtlicher Ansprüche, die der klagenden Partei gegen den Insolvenzverwalter über das Vermögen der ... und der ... und ..., wegen Forderungsanmeldungen und aus dem Treuhandvertrag ... zustehen.
- 4.
Es wird festgestellt, dass sich der Beklagte mit der Annahme der Abtretungserklärung gemäß Ziffer 3. in Annahmeverzug befindet.
- 5.
Die klagende Partei hat die Kosten zu tragen, die infolge der Anrufung des Landgerichts ... entstanden sind. Die übrigen Kosten des Rechtsstreits hat der Beklagte zu tragen.
- 6.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar, für die klagende Partei nur gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 Prozent des zu vollstreckenden Betrages. Der klagenden Partei wird nachgelassen, eine Vollstreckung des Beklagten wegen der Kosten gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 Prozent des aus dem Urteil vollstreckbaren Betrages abzuwenden, wenn nicht der Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 Prozent des zu vollstreckenden Betrages leistet.
Tatbestand
Die klagende Partei macht Schadenersatz aufgrund einer Kapitalanlage geltend.
Mit Beitrittserklärung vom ..., für deren weitere Einzelheiten auf die verwiesen wird, beteiligte sich die klagende Partei über die ... GmbH ... als Treuhandkommanditistin mit einer "Kombi-Einlage" in Höhe von insgesamt ... EUR (inklusive Agio) an der ... mit Sitz in ...
Das Formular der Beitrittserklärung schließt mit einer so bezeichneten
"Vermittlererklärung" folgenden Inhalts ab:
"Ich bestätige, dass ich den Treugeber umfassend über dieses Beteiligungsangebot mit allen Chancen und Risiken entsprechend dem Inhalt des Emissionsprospektes informiert habe und dem Treugeber ein Exemplar des Emissionsprospektes vor Vertragsabschluss ausgehändigt habe."
Alleinige Komplementärin und alleinvertretungsberechtigte Geschäftsführerin der ... war die ..., deren Sitz sich ab Juli 2004 ebenfalls in ... befand. Die ... sowie ihre Komplementärin gehörten zum Konzern der ... in ..., Stellvertretender Aufsichtsratsvorsitzender der ... war der Beklagte.
Über die ... wurde die Rechtsvorgängerin der ursprünglichen Beklagten zu 1., der ... Zukunftsunternehmen für ... (...), deren Vorstand der Beklagte ebenfalls war, mit dem Vertrieb der Beteiligungen beauftragt, wobei die ... eine Platzierungsgarantie über ein Gesamtvolumen von ... EUR abgab (Einzelheiten Anlage G 5).
Die ... gab zum Zweck der Gewinnung von Anlegern mit Datum vom ..., später in geänderter Fassung mit Datum vom ..., einen Emissionsprospekt heraus, welcher das Konzept vorstellte und u.a. auch Risikohinweise enthielt.
Das Beteiligungskonzept der ... sah für den Beginn der Tätigkeit in 2004 und 2005 vor, im Bereich des so genannten Private Equity (d.h. privates Beteiligungskapital) Portfolios schwerpunktmäßig - als alleinige Kommanditistin - in eine Direktbeteiligung an einem neu gegründeten Unternehmen zu investieren, der ... mit Sitz in ... welche Investment-, Bank- und Versicherungsprodukte vertreiben sollte. Für die Einzelheiten wird insoweit auf S. 4, 13 f. des Emissionsprospektes verwiesen. Das Geschäftsmodell der ... war wiederum darauf angelegt, einen Großteil finanzieller Mittel an Dritte durch Unteraufträge weiterzureichen. So schloss die ... am ... einen Rekrutierungs-, Beratungs- und Schulungsvertrag mit der .... Für die Einzelheiten dieses Vertrages wird auf die Anlage KS 15 Bezug genommen.
Entsprechend einer vorhergehenden Ankündigung mit Schreiben vom ... untersagte die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht ... mit Verfügung vom ... der ... die weitere Geschäftstätigkeit und Werbung, ordnete die Abwicklung des Fonds an und übertrug dem bestellten Abwickler die Befugnisse eines alleinvertretungsberechtigten Geschäftsführers. Sie begründete dies damit, dass die ... gewerbsmäßig das Finanzkommissionsgeschäft betreibe, ohne eine Erlaubnis hierfür zu haben. Die ... erhob Widerspruch und beantragte, dessen aufschiebende Wirkung gem. § 80 Abs. 5 Satz 1 VWGO anzuordnen. Das Verwaltungsgericht ... wies den Antrag mit Beschluss vom ... mit der Begründung zurück, die ... habe erlaubnispflichtige Bankgeschäfte ohne die erforderliche Genehmigung betrieben, und zwar Investmentgeschäfte. Ob auch ein Finanzkommissionsgeschäft vorliege, könne dahinstehen.
Aus den Anordnungen der ... ergab sich für die Fondsgesellschaft die Verpflichtung, den Anlegern ihre geleisteten Einlagen zu erstatten.
Das Vermögen der Gesellschaft reichte nicht aus, um jedem Anleger die volle Einlage zuzüglich des Agio zurückzuzahlen. Über das Vermögen der Fondsgesellschaft wurde im das Insolvenzverfahren eröffnet.
Die Klägerseite hält den Emissionsprospekt unter anderem deshalb für fehlerhaft, weil über die konzeptimmanente Gefahr einer Schließung durch die ... und die Beteiligung an der ... nicht ausreichend aufgeklärt werde. Insofern wird insbesondere auf S. 13 ff. der Klageschrift Bezug genommen.
Die klagende Partei behauptet außerdem, der Vermittler habe die Beteiligung insbesondere als "Top-Sache" bezeichnet, die ganz sicher sei. Der Emissionsprospekt sei bei Unterzeichnung ausgehändigt worden, der klagenden Partei aber mitgeteilt worden, darin stehe noch einmal alles, was der Vermittler der Klägerseite schon gesagt habe. Für den weiteren Vortrag der klagenden Partei zu den Einzelheiten der Vermittlungsgespräche wird vor allem auf Blatt 11 f. verwiesen.
Auf die Einlage habe die klagende Partei insgesamt ... EUR gezahlt, keine Ausschüttungen erhalten und keine Steuervorteile gehabt (vgl. dazu auch die von Klägerseite vorgelegte Bestätigung Kl. 8).
Das Verfahren gegen die ... ist abgetrennt worden, nachdem über deren Vermögen am ... das Insolvenzverfahren eröffnet und ... zum Insolvenzverwalter bestellt worden war.
Die klagende Partei beantragt hinsichtlich des verbliebenen Beklagten,
wie erkannt.
Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Er behauptet unter anderem, die klagende Partei habe den Emissionsprospekt vor der Anlageentscheidung nicht zur Kenntnis genommen. Er sei auch unerheblich für den Entschluss gewesen, sich zu beteiligen.
Für die weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die gewechselten Schriftsätze der Parteien nebst Anlagen sowie auf die Sitzungsniederschrift vom ... Bezug genommen. Dies gilt insbesondere auch für die ausführlich ausgetauschten Rechtsausführungen.
Klage ist zum Landgericht ... erhoben. Durch Beschluss des Oberlandesgerichts ... vom ... ist das Landgericht ... als zuständiges Gericht bestimmt worden.
Entscheidungsgründe
I.
Die Klage hat Erfolg.
Die Klage ist zulässig. Die Zuständigkeit des Landgerichts ... folgt bereits gemäß § 36 ZPO aus der Zuständigkeitsbestimmung des Oberlandesgerichts ....
Die Klage ist auch begründet. Der Anspruch der klagenden Partei ergibt sich aus §§ 280 Abs. 1, Abs. 3, 241 Abs. 2, 311 Abs. 2 BGB (so genannte Prospekthaftung im engeren Sinne). Wegen der Fehlerhaftigkeit des Prospekts besteht ein Schadensersatzanspruch auf Rückzahlung der geleisteten Aufwendungen und auf Freistellung der aus der Beteiligung an der Anlagegesellschaft bestehenden Zahlungsverpflichtung Zug um Zug gegen Abtretung der Ansprüche aus der Beteiligung (vgl. BGH NJW 2006, 2042, 2043 [BGH 06.02.2006 - II ZR 329/04] m.w.N.).
1.
Die Voraussetzungen für einen Zahlungsanspruch liegen vor:
a)
Der Emissionsprospekt vom 17.03.2004 ist fehlerhaft.
Ein Prospekt hat den Beteiligungsinteressenten ein zutreffendes Bild von dem Anlageobjekt zu vermitteln. Dazu gehört, dass sämtliche Umstände, die für die Anlageentscheidung von Bedeutung sind oder sein können, insbesondere über die mit der angebotenen speziellen Beteiligungsform verbundenen Nachteile und Risiken zutreffend, verständlich und vollständig aufgeklärt werden ( BGH NJW 2006, 2042, 2043 [BGH 06.02.2006 - II ZR 329/04]). Daran fehlt es hier. So weist der Prospekt bereits nicht darauf hin, dass die ... - unstreitig - von vornherein beabsichtigte, in den Jahren 280 und ... ausschließlich in die ... zu investieren.
Der Prospekt enthält (S. 42) sogar den unrichtigen Hinweis, dass im Jahr ... auch in die anderen Anlageformen investiert werden sollte. Verbunden mit dem Hinweis auf S. 3, 8, dass "schwerpunktmäßig" im ... in ein neu gegründetes Unternehmen, die bereits genannte ..., investiert werden würde, wird dem Anleger eine gewisse Sicherheit für seine Anlage vorgetäuscht, die tatsächlich nicht vorhanden war. Denn entgegen dem Hinweis auf S. 42 des Prospekts bestand von vornherein nur die Absicht, in ... vorab das gesammelte Eigenkapital ausschließlich in die Invictum zu investieren. Diese Investition stellte für die Anleger jedoch keinerlei Sicherheit dar, da - wie unten noch ausgeführt wird - fast das gesamte investierte Kapital als "Kosten" an Dritte weitergereicht werden sollte, ohne es auch nur ansatzweise in - risikofreie - Werte zu investieren.
Der Prospekt ist auch deshalb fehlerhaft, weil zum einen die prospektierte Erklärung über das Geschäftsmodell der ... nicht hinreichend aufklärt und zum anderen der falsche Eindruck vermittelt wird, für die ... seien im Zeitpunkt der Herausgabe des Prospekts bereits exklusive Vertriebsmitarbeiter angeworben worden.
Es ist für die Anlegerentscheidung bedeutend, dass das Geschäftsmodell der ... von Anfang an darauf angelegt war, einen Großteil finanzieller Mittel - Gelder in zweistelliger Millionenhöhe - an Dritte durch Unteraufträge weiterzureichen.
So schloss die ... am 11.06.2004 einen Rekrutierungs-, Beratungs- und Schulungsvertrag mit der .... Nach § 9 dieses Vertrages wurde ein Honorar von ... EUR vereinbart. Die Rekrutierung sollte offenbar von Anfang an nicht von der ... wahrgenommen werden. Denn durch zeitnahe Verträge wurden weitere Unterverträge mit verschiedenen Gesellschaften abgeschlossen. So verpflichtete sich die ... bereits unmittelbar nach Abschluss des Vertrages mit der ... zu Zahlungen in Höhe von ... EUR an Gesellschaften, die zur ... Gruppe gehören bzw. dieser - wie etwa die ... - offensichtlich zumindest nahe stehen. Auch der ... verblieben gerade einmal ... EUR, d.h. gerundet 1,12 Prozent.
Da der Anlageerfolg aber im Wesentlichen auf dem Erfolg des Investments in die ... basierte, wäre es erforderlich gewesen, dass das Modell der ... und die Verwendung der Finanzmittel transparenter dargestellt werden. Im Prospekt wird lediglich unter dem Punkt "betriebliche Aufwendungen" unter dem Jahr ... ein Betrag von ... EUR aufgelistet. Wie sich dieser Betrag im Einzelnen zusammensetzt, wird nicht erläutert. Angesichts der zentralen Bedeutung der ... vermittelt diese pauschale Auflistung angesichts der unklaren und mit vielfältigen Verflechtungen verbundenen Verwendung der Finanzmittel keine hinreichende Aufklärung über das Anlagemodell insgesamt. Nicht ausreichend ist aus Sicht der Kammer insbesondere auch der Hinweis, es seien "weitere Dienstleistungsverträge" vorgesehen. Hierdurch wird nicht im Ansatz deutlich gemacht, in welchem Umfang weitere Gesellschaften - direkt oder mittelbar - von Anlegergeldern profitieren sollten. Der gewöhnliche Anleger (die Anlage sollte sich gerade an Leute mit mittlerem bzw. unterem Einkommen richten) konnte anhand der rudimentären Angaben im Prospekt erkennen, dass die ... praktisch sämtliche Tätigkeiten auslagern sollte.
Es liegt nach Auffassung der Kammer auch auf der Hand, dass Anleger ein Interesse daran haben zu erfahren, dass in nicht geringem Umfang Gesellschaften bzw. deren Repräsentanten von Anlegergeldern profitieren, die nicht nur in der Fachpresse einen schlechten Ruf genießen. Über die Beteiligung einer Reihe von Gesellschaften, die der sog. ... Gruppe zuzuordnen sind, wie die Gesellschaften ... wurden die Anleger mit keinem Wort informiert. Die Kammer ist der Überzeugung, dass es für die Anlegerentscheidung von nicht unwesentlicher Bedeutung ist, über die Beteiligung derartiger Gesellschaften bzw. deren Repräsentanten aufgeklärt zu werden. Angesichts der Finanzströme drängt sich hier zudem der Eindruck auf, dass auch das Konstrukt der ... lediglich vorgeschoben war, um zu kaschieren, dass eine Vielzahl weiterer Gesellschaften und Personen von den Anlegergeldern letztlich profitieren würden.
Der Prospekt ist überdies fehlerhaft, da fälschlicherweise der Eindruck vermittelt wird, es seien bereits Verträge über die Rekrutierung von exklusiven, d.h. ausschließlich für die ... tätigen, Mitarbeitern abgeschlossen gewesen. Im Zeitpunkt der Herausgabe des Prospekts gab es aber weder eine schriftliche (zu Zweifeln gegenüber Behauptungen, es seien bereits mündliche Verträge abgeschlossen: BGH NZG 2003, 920, 921 [BGH 14.07.2003 - II ZR 202/02]) Vereinbarung noch wurde später schriftlich eine solche exklusive Bindung von Vertriebsmitarbeitern vereinbart. So heißt es auf S. 14 des Prospekts: "Die Vertriebsmitarbeiter ... sollen ... exklusiv für die ... tätig werden." Angesichts dieser und der im Prospekt überdies verwendeten Formulierungen ist dem Anleger das (falsche) Bild vermittelt worden, es sollte sich um einen exklusiven Vertrieb handeln. Eine Auslegung dahingehend, es sollten lediglich exklusive Produkte vertrieben werden, scheitert ebenfalls. Es wird zwar im Prospekt auch von exklusiven Produkten gesprochen; an verschiedenen Stellen wird aber gerade der Vorzug der Anlage dergestalt in den Vordergrund gerückt, dass über exklusive Mitarbeiter bzw. exklusiv für die ... tätige Mitarbeiter informiert wird. Nicht nur nach dem Vorstellungsbild und Horizont eines gewöhnlichen Anlegers, sondern auch bei mehrmaligem Lesen wird deutlich, dass der Prospekt nur so zu verstehen ist, dass zumindest auch der Vorteil herausgekehrt worden ist, es sei "insoweit ein Rekrutierungs- und Schulungsvertrag für die Anwerbung von exklusiv für die ... tätigen Vertriebsmitarbeiter ... abgeschlossen." Diese Information ist irreführend und falsch.
Ein exklusiver Vertrieb unterscheidet sich signifikant von sog. bloßen Mehrfachagenten, d.h. Vertretern, die Produkte verschiedener Gesellschaften anbieten. Im Übrigen hat die Fondsgesellschaft offensichtlich selbst die fehlerhafte Darstellung zur Kenntnis genommen, da in dem Prospekt vom 27.10 204 etwa das Attribut "exklusiv" durch die Wendung "innovativ" ersetzt worden ist.
Als weitere - zumindest lückenhafte - Information ist anzusehen, dass nirgendwo im Prospekt die Kosten zusammengefasst und einigermaßen überschaubar dargestellt werden, die die ... und die ... durch die Vergabe außerordentlich zahlreicher Dienstleistungsverträge generieren würden. Erfasst man die an zahlreichen verstreuten Stellen des Prospekts genannten Kosten (oft auch durch euphemistische Begriffe geschönt, wie z.B. "Vermittlung Eigenkapital" - immerhin Provisionen von mehr als ... Euro für die ... , siehe S. 39/44 des Prospekts), ergibt sich, dass von dem aufzubringenden Kapital in Höhe von ... Euro (zzgl. fünf Prozent Agio) mindestens ... Euro in den Jahren ... für "Kosten" verausgabt werden würden. Hinzuweisen ist dabei auf die Seiten 15 (...), 39, 44 (...). Das bedeutet, dass mehr als 15 Prozent des von Anlegern insgesamt geleisteten Kapitals ohne jede Risikoabsicherung verausgabt werden sollten und dass dies vor allem die Anleger trifft, die im Jahre ... ihre Anteile zeichneten. Denn ihre Zahlungen wurden mehr oder weniger ungekürzt für die "Kosten" verausgabt. Abgesehen davon, dass diese Kostenquote als ungewöhnlich hoch angesehen werden kann, mindert sie natürlich auch die Chancen, die versprochenen Gewinne zu erzielen. Das ist als unzulässige Verschleierung der tatsächlich beabsichtigten Investitionen anzusehen. Denn nur wenn ein Anleger auch die konkrete Kostenstruktur seiner Anlage im Wesentlichen überblicken kann, vermag er auch das Risiko der Anlage für sich korrekt einzuschätzen. Das gilt gerade hier,-wo die ersten Anleger im Jahre ... praktisch ohne jede Absicherung blieben und ihnen lediglich die Hoffnung auf die kommenden - vielleicht erfolgreichen - Jahre verblieb.
Darüber hinaus ist die Kammer der Auffassung, es hätte einer Thematisierung im Prospekt bedurft, dass die bankrechtliche Zulässigkeit des Geschäftsmodell nicht unproblematisch und insoweit nicht auszuschließen war, dass mit einem Einschreiten der ... gerechnet werden musste. Ein Anleger muss im Prospekt auch über juristische Zweifel bezüglich der bankrechtlichen Zulässigkeit des beworbenen Anlagemodells sachlich richtig und vollständig informiert werden ( BGH, Urteil vom 21.03.2005, II ZR 149/03, zitiert nach Juris; Emmerich, in: MüKo, a.a.O., § 311 BGB Rn. 201).
b)
Der Beklagte haftet auch als Prospektverantwortlicher für diese Prospektfehler. Denn er ist zumindest als "Hintermann" im Sinne der Rechtsprechung anzusehen.
Danach haftet eine Person wegen falscher oder unvollständiger Prospektangaben unabhängig von einer Beteiligung an einem Vertrag mit dem Erwerber als so genannter Hintermann unter anderem dann, wenn sie auf die Konzeption des konkreten Modells maßgeblich Einfluss genommen hat und damit für die Herausgabe des Prospekts verantwortlich ist. Nicht entscheidend ist, ob eine Mitwirkung unmittelbar bei der Gestaltung des Prospekts gegeben ist. Ausschlaggebend dagegen ist, ob der Prospekt mit Kenntnis des Verantwortlichen in den Verkehr gebracht worden ist. Ob ein Beteiligter als so genannter Hintermann anzusehen ist, hängt jeweils von den Umständen des Einzelfalles ab, wobei die gesellschaftsrechtliche Funktion sowie ein erhebliches wirtschaftliches Eigeninteresse für eine Einflussnahme auf die Konzeption des Modells sprechen können ( BGH, 08.12.2005, VII ZR 372/03, NJW-RR 2006, 610).
Der Beklagte war hier in dem Geflecht der beteiligten Gesellschaften in einer Vielzahl von Gesellschaften mit verantwortlicher Stellung präsent: So war er im Aufsichtsrat der ..., der ..., der ..., d.h. er war praktisch auf allen Ebenen der ... (Muttergesellschaft, Gesellschaft selbst und Vertrieb) präsent und verfügte damit über alle Informationen über die Entstehung des Anlageprojekts und seine Vermarktung. Nun mag er im jeweiligen Aufsichtsrat vorrangig jeweils Mitwirkungspflichten und -rechte gegenüber den eigentlichen Gesellschaften gehabt haben, seine Omnipräsenz schließt es aber faktisch aus, dass irgendetwas Wesentliches ohne sein Wissen und seine Zustimmung geschah.
Dies war auch von den handelnden Personen durchaus so gewollt: Immerhin wird der Beklagte in der Werbung als "der" Vertriebsprofi herausgestellt, ein Profil, das keine andere Person derart für sich in Anspruch nimmt (s.S. 24 R der "Produktinformation").
Hinzu kommt, dass der Beklagte als Vorstand und Hauptaktionär der ... ein eigenes wirtschaftliches Interesse an der Platzierung der ...-Anteile hatte. So erhielt die ... von der ... den alleinigen Auftrag zum Vertrieb der ...-Anteile (Entgelt nicht bekannt, aber an die ... flössen mehr als ... Euro), zum anderen aber auch von der ... den Auftrag zur Vermittlung ihrer Produkte auf Provisionsbasis. Andererseits stellte die ... gleichzeitig auch ein Konkurrenzunternehmen zur ... dar. Denn beide befassten sich mit dem Vertrieb ähnlicher, wenn nicht gleichartiger Produkte. Unter diesem Aspekt musste dem Beklagten daran gelegen sein, die Konkurrenzsituation entweder aufzulösen oder aber sie so zu nutzen, dass der ... durch die Tätigkeit der ... kein wirtschaftlicher Schaden entstand. Das konnte er aber nur, wenn er nicht nur bei der ..., sondern auch im Geflecht der ... maßgeblichen Einfluss hatte. Dass er diesen Einfluss tatsächlich auch besaß, wird durch die Vorgänge bei der Kautionsgestellung deutlich: Es gelang dem Beklagten - offenbar ohne jegliches Problem - von der ... einen Betrag von ... Euro für die Stellung einer Kaution zu erhalten. Es ist schlechthin unvorstellbar, dass er das erreicht hätte, ohne im Bereich der ... eine maßgebliche Funktion auszuüben. Gestützt wird diese Überlegung durch die Art und Weise, wie die Kaution vom Beklagten "zurückgezahlt" wurde. Hier wurde zunächst - nachträglich - ein Darlehensvertrag zwischen der ... als Darlehensgeberin und dem Beklagten abgeschlossen. "Erfüllt" wurde der Rückzahlungsanspruch der ... dann nicht etwa durch eine Barzahlung des Beklagten, sondern durch eine Aufrechnung, für die die Aufrechnungslage unter den Beteiligten erst durch diverse Abtretungen hergestellt wurde (vgl. Darstellung auf S. 18/19 im Schriftsatz des Beklagten vom ... zu ...). Die Schaffung einer derartigen Aufrechnungslage spricht ebenfalls für einen maßgeblichen Einfluss des Beklagten im Geflecht der .... Denn sie ermöglicht Manipulationen zur Vermeidung einer Barzahlung durch den Beklagten. So lassen sich z.B. die - angeblichen - Honoraransprüche des Beklagten, gegen die die Aufrechnung erklärt wurde, völlig unkontrolliert in beliebiger Höhe beziffern, um den Beteiligten zum einen die Barzahlung der ... zu erhalten und darüber hinaus den Beklagten durch Aufrechnung von der - tatsächlichen - Rückzahlung der ... Euro zu befreien. Vorstellbar ist ein derartiges Verfahren nur, wenn bei allen Beteiligten dieser Verfahrensweise gleichlaufende und nicht etwa konkurrierende wirtschaftliche Interessen vorlagen. Und das wiederum spricht für eine weitgehende wirtschaftliche Einbindung des Beklagten in das gesamte System.
c)
Der Prospektfehler ist im vorliegenden Fall auch für die Anlageentscheidung der klagenden Partei ursächlich geworden, denn der Prospekt hat bei dem Vertragsschluss Verwendung gefunden.
Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs kommt es nicht darauf an, ob der Prospekt dem Anlageinteressenten übergeben worden ist. Ursächlich ist ein Prospektfehler vielmehr auch dann, wenn der Prospekt entsprechend dem Vertriebskonzept der Fondgesellschaft von den Anlagevermittlern als Arbeitsgrundlage für die Beratung verwendet und der Anlageinteressent von dem Vermittler im Ergebnis nur auf Risiken hingewiesen werden kann, die sich aus dem Prospekt ergeben ( BGH, Urteil vom 03.12.2007 zu II ZR 21/06, Rz. 17).
So liegt es auch in dem vorliegenden Fall. Die zentrale Bedeutung des Prospektes für die Beratung der klagenden Partei wird insbesondere dadurch verdeutlicht, dass im Rahmen der Beitrittserklärung mehrfach auf den Inhalt des Emissionsprospektes abgestellt wird und der Vermittler durch eine das Formular abschließende Vermittlererklärung bestätigt hat, dass er den Treugeber umfassend über das Beteiligungsangebot mit allen Chancen und Risiken entsprechend dem Inhalt des Emissionsprospektes informiert und dem Treugeber ein Exemplar des Emissionsprospektes vor Vertragsabschluss ausgehändigt habe. Es sind keinerlei Anhaltspunkte vorhanden, die Vermittler seien unabhängig vom Inhalt des Emissionsprospektes geschult worden, auf Risiken der Anlage hinzuweisen. Der Kammer ist bekannt, dass zur Beratung der Anlageinteressenten in vielen Fällen auch Verkaufsprospekte verwendet wurden, die allerdings einen vornehmlich anpreisenden Inhalt hatten und zu diesem Zwecke Sprüche und zahlreiche Fotos aufwiesen, während es an Risikohinweisen fehlte. Um sich und dem Kunden ein zutreffendes Bild über Chancen und Risiken der Anlage zu verschaffen, waren danach sowohl die Vermittler wie auch die Anlageinteressenten allein auf den Emissionsprospekt angewiesen. Fehlende Hinweise im Rahmen des Prospektes wirkten sich unmittelbar auf die Vorstellung der Anleger aus.
Soweit der 2. Senat des Bundesgerichtshofs mit seiner Entscheidung vom ... über seine bisherige Rechtsprechung zur Kausalität von Prospektfehlern hinausgehen mag, ist diese Entscheidung im Kern den Parteien durch entsprechende Presseveröffentlichungen bereits seit Anfang ... bekannt, sodass sie dazu für den vorliegenden Fall ggf. hätten ergänzend vortragen können. Der Umstand, dass die vollständige Begründung des Urteils erst im Laufe des ... veröffentlicht worden ist, gibt keinen Anlass, die gesetzten Fristen im schriftlichen Verfahren zu verlängern, da die Begründung lediglich eine Vertiefung der im Kern bereits bekannten Rechtsgedanken darstellt.
d)
Im Falle eines Prospektmangels ist grundsätzlich von einem Verschulden der Prospektverantwortlichen auszugehen (vgl. BGH NJW 2006, 2042, 2043 [BGH 06.02.2006 - II ZR 329/04]).
Umstände, die ein Verschulden ausnahmsweise ausschließen könnten, sind nicht ersichtlich bzw. dargetan worden. Es liegt insbesondere auf der Hand, dass wegen der überragenden Bedeutung der ... für den Erfolg der Anlage darüber zu informieren ist, wie die Anlegergelder investiert werden sollten.
e)
Die Klage ist hinsichtlich des Zahlungsantrages in zuerkanntem Umfang begründet. Die klagende Partei ist nach den §§ 249 ff. BGB so zu stellen, wie sie stünde, wenn sie die Anlageentscheidung nicht getroffen hätte.
Zu berücksichtigen sind danach grundsätzlich die eingezahlten Beträge abzüglich eventuell erhaltener Ausschüttungen. Steuervorteile muss sich die klagende Partei dagegen nicht im Rahmen eines Vorteilsausgleichs entgegenhalten lassen. Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs bleiben solche Steuervorteile unberücksichtigt, wenn dem ursprünglichen Steuervorteil bei Zahlung einer Schadenersatzleistung Steuernachteile gegenüber steht. So liegt es auch, wenn sich der Anleger als Kommanditist an einer KG beteiligt (vgl. dazu BGH, Urteil vom 22.03.1979 zu VII ZR 259/77 Randzeichen 54 ff.). Die Schadenersatzleistung stellt nämlich für den Kläger eine steuerpflichtige Betriebseinnahme im Sinne des § 15 Abs. 1 Nr. 2 EStG dar, wobei es keine Rolle spielt, dass die Schadenersatzleistung auf einer bürgerlich-rechtlichen Schadenersatzpflicht beruht (BGH, a.a.O., Rz. 58 mit weiteren Nachweisen). Ein anderer Fall mag gegeben sein, wenn die Steuervorteile auf Vermietung bzw. Verpachtung beruhen. Ein solcher Fall ist hier jedoch nicht gegeben (vgl. zum Ganzen auch BGH, Urteil vom 17.11.2006 zu III ZR 350/04, sowie OLG München, Urteil vom 11.12.2007 zu 5 U 4838/06 ).
Die Klägerseite hat durch schriftliche Bestätigung des Insolvenzverwalters im Sinne des § 287 Abs. 1 S. 1 ZPO ausreichend belegt, dass der geforderte Betrag eingezahlt worden ist und dass sie keine Ausschüttungen erhalten hat.
Auch eine Insolvenzquote muss sich die klagende Partei nicht entgegenhalten lassen, da völlig ungewiss ist, ob und in welchem Umfang Ausschüttungen an die Gläubiger erfolgen werden.
f)
Die Nebenforderung ist gemäß §§ 280, 286, 288 BGB begründet.
2.
Nach den Ausführungen zu Ziffer 1. Buchstabe e) besteht auch ein Anspruch der klagenden Partei gegen den Beklagten, sie für die Zukunft von möglichen, aus der Anlage resultierenden Ansprüchen Zug um Zug gegen Abtretung der Ansprüche freizustellen.
3.
Der Antrag auf Feststellung des Annahmeverzugs ist im Hinblick auf § 756 ZPO zulässig und auch begründet, da der Beklagte spätestens durch den Klageabweisungsantrag unmissverständlich die Annahme der Gegenleistung verweigert hat.
II.
Die prozessualen Nebenentscheidungen beruhen auf §§ 91 Abs. 1 S. 1, 281 Abs. 3, 708 Nr. 11, 709 S. 1 und 2, 711 ZPO.
III.
Wert: Wertstufe bis ... EUR.