Landgericht Braunschweig
Urt. v. 23.01.2008, Az.: 9 O 48/08 (1)

Bibliographie

Gericht
LG Braunschweig
Datum
23.01.2008
Aktenzeichen
9 O 48/08 (1)
Entscheidungsform
Urteil
Referenz
WKRS 2008, 43334
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
ECLI:DE:LGBRAUN:2008:0123.9O48.08.1.0A

In dem einstweiligen Verfügungsverfahren

...

wegen Markenverletzung

hat die 9. Zivilkammer des Landgerichts Braunschweig auf die mündliche Verhandlung vom 23.01.2008 durch

den Vorsitzenden Richter am Landgericht Dr. Meyer,

die Richterin Dembowski und

die Richterin am Landgericht Block-Cavallaro

für Recht erkannt:

Tenor:

  1. 1)

    Die Verfügungsbeklagte wird verurteilt es zu unterlassen im geschäftlichen Verkehr zu Zwecken des Wettbewerbs

    1. a.

      das Zeichen

      Bluehtee

      als Domainnamen zu verwenden

    2. b.

      mit

      Blühtee

      gekennzeichnete Waren, Dienstleistungen oder Informationen anzubieten

    3. c.

      das Zeichen in Geschäftspapieren oder in der Werbung, insbesondere im Internet, zu benutzen.

  2. 2)

    Für jeden Fall der schuldhaften Zuwiderhandlung wird der Verfügungsbeklagten Ordnungshaft von bis zu 6 Monaten oder ein Ordnungsgeld von bis zu 50 000,00 € angedroht; an die Stelle des Ordnungsgeldes tritt bei Nichtbeitreibbarkeit Ordnungshaft.

  3. 3)

    Die Verfügungsbeklagte trägt die Kosten des Verfahrens

  4. 4)

    Der Streitwert wird auf 30 000,- € festgesetzt.

Tatbestand

1

Die Verfügungsklägerin (nachfolgend Klägerin genannt) nimmt die Verfügungsbeklagte (nachfolgend Beklagte genannt) wegen einer Markenverletzung auf Unterlassung in Anspruch. Die Klägerin importiert weißen Tee in Teekugeln aus China und verkauft diese, zum Teil mit Teetassen oder Glaskaraffen gemeinsam oder in Form von Geschenksets, an Zwischenhändler, Versandhäuser und Endverbraucher. Der Verkauf erfolgt größtenteils über die Internetseite der Klägerin www.....com. Die Klägerin ist Inhaberin der Wort-/Bildmarke "ErblühTee" Nr. 30651606.3 für die Warenklassen 21 (Glaskaraffe), 30 (Tee) und 31 (natürliche Blumen), angemeldet am 23.08.2006 und eingetragen am 24.01.2007 (Registerauszug des DPMA Anlagenkonvolut Klägerin).

2

Die Beklagte bietet unter der Internetseite www.....com Teekugeln aus China an (Internetausdruck/Anlagenkonvolut Klägerin). Nach Kenntnis von der Internetseite der Beklagten wurde die Beklagte wegen Benutzung des Zeichens Bluehtee mit Schreiben vom 02.01.2008 (Anlagenkonvolut Klägerin) abgemahnt. Eine Reaktion seitens der Beklagten darauf erfolgte nicht. Die Klägerin ist der Ansicht, dass die Beklagte durch die angemeldete Internet-Domain die Rechte der Klägerin an dem geschützten Zeichen verletze. Die Klägerin trägt vor, dass ihr Geschäftsführer, Herr C.... B...., nach umfangreicher Marktanalyse über weiße Teekugeln das Wort Erblühtee erfunden habe. Mit diesem Wort sollten gewisse Assoziationen zu dem Produkt des weißen Tees geschaffen werden, die bisher auf dem Markt nicht zu finden seien, insbesondere der Bezug zu Ästhetik und Erlebnis. Die Klägerin habe einen erheblichen Werbeaufwand für dieses Produkt unter dem geschützten Zeichen betrieben und sei zunächst einziger Anbieter von Teekugeln dieser Art gewesen. Das Produkt habe sich unter der geschützten Bezeichnung etabliert.

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Die Klägerin beantragt,

  1. wie erkannt.

4

Die Beklagte beantragt,

  1. den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung zurückzuweisen.

5

Sie wendet ein, dass der Bezeichnung ErblühTee jegliche Unterscheidungskraft fehle und sie daher nicht schutzfähig sei, § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG. Bei der Bezeichnung ErblühTee handele es sich um die Übersetzung der englischen Bezeichnung "Blooming Tea". Da es bei dem Produkt, welches von den Parteien angeboten wird, darum gehe, dass beim Teeaufguss sich in der Teekanne sichtbar die Blüte entfaltet, sei die Bezeichnung ErblühTee rein beschreibend. Darüber hinaus verwende die Beklagte den Begriff Blühtee nur beschreibend im Sinne des § 23 Nr. 2 MarkenG. Ein Unterlassungsanspruch aus § 15 MarkenG bestehe nicht, weil die geschützte Bezeichnung nicht als Unternehmenskennzeichen verwendet wird. Ferner sei eine Eilbedürftigkeit im vorliegenden Fall nicht gegeben.

6

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen sowie auf das Protokoll der mündlichen Verhandlung vom 23.01.2008 (Bl. 29 - 31 d.A.) Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

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Die einstweilige Verfügung war zu erlassen, da sowohl ein Verfügungsgrund (1.) als auch ein Verfügungsanspruch (2.) gegeben ist.

8

1.

Ein Verfügungsgrund gemäß § 935 ZPO ist gegeben. Die Dringlichkeitsvermutung des § 12 Abs. 2 UWG findet auf Kennzeichenrechtsverletzungen analoge Anwendung (Ingerl/Rohnke, MarkenG, 2. A. Vor§§ 14-19 Rn. 94). Die Klägerin hat durch die Erklärung ihres Geschäftsführers Carsten Bartscht in der mündlichen Verhandlung glaubhaft gemacht, dass sie von dem Internet-Auftritt der Beklagten erst zwei Tage vor Fertigung des Abmahnschreibens (02.01.2008), mithin Ende Dezember 2007/Anfang Januar 2008, Kenntnis erlangt hat. Der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung vom 07.01.2008 ist somit unverzüglich erfolgt. Es sind auch seitens der Beklagten keine Anhaltspunkte vorgetragen worden, aus denen sich Zweifel an der Dringlichkeit ergeben.

9

2.

Der Verfügungsanspruch, nämlich der Unterlassungsanspruch, folgt aus § 14 Abs. 2 Nr. 2, Abs. 5 MarkenG.

10

a)

Die Klägerin ist unstreitig Inhaberin der in Kraft stehenden Wort-/Bildmarke "Erblüh- Tee". Sie ist somit aktiv legitimiert.

11

Entgegen der Ansicht der Beklagten ist von der Schutzfähigkeit der für die Klägerin eingetragenen Wort-/Bildmarke auszugehen. Über die Schutzfähigkeit einer Marke entscheidet grundsätzlich das DPMA im Eintragungsverfahren bzw. im Beschwerdeverfahren das Bundespatentgericht. Nach ständiger Rechtsprechung und herrschender Meinung sind die Verletzungsgerichte, wie vorliegend das erkennende Gericht, an die Entscheidung des DPMA gebunden, also ist von der Schutzfähigkeit der Marke auszugehen ( BGH GRUR 2000, 608, 610 [BGH 20.10.1999 - I ZR 110/97] -ARD - 1; BGH GRUR 2000, 888, 889 [BGH 03.11.1999 - I ZR 136/97] - Meck-Light; BGH GRUR 2002, 626, 628 [BGH 08.11.2001 - I ZR 139/99] - IMS; Ingerl/Rohnke, MarkenG, 2. A. § 8 Rn. 23). Hingegen ist der Einwand der Beklagten, es handele sich um eine rein beschreibende Angabe, bei der Bestimmung des Schutzumfangs und der Kennzeichnungskraft zu berücksichtigen.

12

b)

Die Wort-/Bildmarke der Klägerin verfügt über eine eher durchschnittliche als schwache Kennzeichnungskraft. Zunächst führt der Bildbestandteil zu einer Kennzeichnungskraft, wenn dieser Teil vorliegend auch als sehr gering einzuschätzen ist, weil der Bildbestandteil sich auf die Wahl einer geschwungenen Schriftart zur Darstellung des Wortes beschränkt.

13

Nach den Maßstäben des BGH kann einer Marke die normale Unterscheidungskraft nur dann abgesprochen werden, wenn sie infolge Anlehnung oder sonstiger Nähe an einen für die infrage stehenden Waren beschreibendes Wort vom Verkehr nicht in erster Linie und durchweg als Warenkennzeichen verstanden wird (Ingerl/Rohnke, MarkenG, 2. A. § 14 Rn. 343). Entgegen der Auffassung der Beklagten ist im vorliegenden Fall der (prägende) Wortbestandteil der Wort-/Bildmarke nicht rein beschreibend. Jegliche Unterscheidungskraft fehlt einer Bezeichnung dann, wenn es um eine Beschreibung konkreter Merkmale der in Rede stehenden Waren oder Dienstleistungen im Sinne von § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG geht oder wenn es sich sonst um ein gebräuchliches Wort der deutschen Sprache handelt, das vom Verkehr stets nur als solches und nicht als Unterscheidungsmittel verstanden wird ( BGH GRUR 2007, 1066 [BGH 20.09.2007 - I ZR 94/04] - 1071 - Kinderzeit; BGH GRUR 2003, 1050 [BGH 28.08.2003 - I ZB 6/03]f- Cityservice). Bei Zeichen, die aus mehreren Bestandteilen bestehen, ist die Kennzeichnungskraft für das Zeichen als ganzes, d.h. nach dessen Gesamteindruck, nicht isoliert für die einzelnen Zeichenelemente zu bestimmen ( BGH GRUR 1995, 50, 52 - Inodorectal-lndohexal). Das bedeutet im vorliegenden Fall, dass bei der Frage, ob es sich bei dem Wortbestandteil des Zeichens ErblühTee um eine beschreibende Angabe handelt, die Bestandteile Erblüh und Tee nicht für sich genommen, sondern als ganzes betrachtet werden müssen. Der Wortbestandteil Tee hat für die eingetragene Warenklasse 30 (Tee) einen beschreibenden Inhalt, während dieses für die weiteren Warenklassen 21 (Glaskaraffe) und 31 (natürliche Blumen) nicht zutrifft. In Zusammenschau mit dem weiteren Wortbestandteil "Erblüh" tritt der beschreibende Charakter in den Hintergrund.

14

aa) Zunächst ist das zusammengesetzte Wortzeichen "ErblühTee" nicht im Lexikon der deutschen Sprache auffindbar. Das ist ein Indiz dafür, dass es sich nicht um einen feststehenden Begriff der deutschen Sprache handelt, mit dem der Verkehr einen bestimmten Gegenstand oder eine bestimmte Ware assoziiert.

15

Die Bezeichnung "ErblühTee" wird auch nicht im allgemeinen Sprachgebrauch, wie von der Beklagten behauptet für eine bestimmte Ware, sprich Teekugeln, verwendet.

16

Dem Gericht war der Begriff nicht bekannt. Auch nach einer Recherche im Internet konnte keine gedankliche Zuordnung bestimmter Waren von verschiedenen Herstellern erfolgen, sondern nur eine gedankliche Verbindung mit den klägerischen Produkten. Bei Eingabe des Suchbegriffs "ErblühTee" in die Suchmaschine Google gibt es lediglich 487 Treffer, wovon ein Großteil der Treffer sich auf die von der Klägerin vertriebenen Produkte bezieht und nicht auf verschiedene Hersteller, die unter der Bezeichnung Erblühtee das gleiche Produkt wie die Klägerin anbieten. Auch bei Eingabe des Suchbegriffs Erblühteee in die Suchmaschine Yahoo ist festzustellen, dass sich die meisten der ersten 30 Eintragungen mit dem klägerischen Produkt befassen.

17

Die Beklagte selbst hat keine Unterlagen vorgelegt, aus denen sich ergibt, dass die Bezeichnung "ErblühTee" im allgemeinen Sprachgebrauch Fuß gefasst hat. Die Unterlagen, die die Beklagte vorgelegt hat, beziehen sich auf die englische Bezeichnung "Blooming Tea". Diese Nachweise sind jedoch nicht von Bedeutung, weil es vorliegend nicht darum geht, ob die englische Bezeichnung "Blooming Tea" als Fremdwort in die deutsche Sprache eingegangen ist und als solche in den umgangssprachlichen Wortschatz im Inland eingegangen ist (s. dazu BGH-Urteil vom 07.06.1996, Aktenzeichen I ZB 10/94 "The Home Depot").

18

bb) Auch vom Sinngehalt des Zeichens "ErblühTee" unter Berücksichtigung der dahinter stehenden Produkte ist nicht von einem beschreibenden Inhalt auszugehen. Bei der Betrachtung außen vor bleiben die Produkte der Warenklasse 21 (Glaskaraffe) und 31 (natürliche Blumen), weil diesbezüglich offensichtlich ist, dass der Begriff nicht beschreibend ist und im übrigen die Beklagte auch diesbezüglich keinen (bloß) beschreibenden Inhalt behauptet. Die Kennzeichnungskraft eines Zeichens ist stets produktbezogen festzustellen, da sie je nach Ware/Dienstleistung, für welche das Zeichen bestimmt ist, produktspezifisch unterschiedlich sein kann(EuGH GRUR 2002, 804 [EuGH 18.06.2002 - C 299/99]-Philips/Remington, Tz. 59; Ingerl/Rohnke, MarkenG, 2. Aufl., § 14 Rdnr. 331). Es ist unstreitig, dass es sich bei dem Tee, der verwendet wird, um weißen Tee handelt, welcher insbesondere im südlichen China angebaut und hergestellt wird. Zur Herstellung des Tees werden ungeöffnete Blattknospen verwendet, die handverlesen werden und nach dem Trocknen in Handarbeit zu einer sogenannten Teekugel verarbeitet werden. In Form von sogenannten Teekugeln wird das Produkt angeboten. Der Tee wird mit heißem Wasser aufgegossen. Bei dem Aufgießen öffnen sich die Blüten. Auf der Internetseite der Beklagten heißt es wörtlich:" Dabei öffnen und erblühen die Teekugeln während des Aufgußprozesses."

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Demzufolge ist es zutreffend, dass es sich bei dem von der Klägerin vertriebenen Tee um einen weißen Tee handelt, bei dem im Laufe des Aufgussprozesses Blüten in der Teekanne aufgehen. Von daher wird das Aufgußprozedere durch die Verwendung der Bezeichnung Erblühtee beschrieben. Das allein führt jedoch nicht dazu, dass dieser Bezeichnung nur beschreibender Charakter zukommt.

20

Denn es ist zu berücksichtigen, dass mit dieser Bezeichnung nur ein vorläufiger Zustand beschrieben wird, indem sich das Produkt in einem bestimmten Stadium befindet, nämlich wenn Tee aufgegossen wird. Der Zustand des Tees vor diesem Vorgang und danach wird damit hingegen nicht beschrieben.

21

Hinzu kommt folgendes: Der Wortlaut könnte zum einen dahingehend verstanden werden, dass der Tee in irgendeiner Weise blüht. Das Wort Erblüh könnte aber auch im übertragenen Sinne gemeint sein, dass der Teegenießer durch den Genuß aufblüht, sprich sein Wohlbefinden sich verbessert.

22

Aus diesen Gründen hat die Bezeichnung "ErblühTee" in geringem Umfang einen beschreibenden Anklang. Dieser ist jedoch so gering, dass nicht deshalb von einer schwachen Kennzeichnungskraft ausgegangen werden kann. Nicht jeder beschreibende Anklang darf einem unmittelbar beschreibenden Inhalt gleichgesetzt werden und deshalb eine nur schwache Kennzeichnungskraft angenommen werden ( BGH GRUR 2002, 342, 344 [BGH 20.12.2001 - I ZR 78/99] - Astra/Estra Puren; BGH GRUR 1998, 925, 927 - Bisotherm-Stein; Ingerl/Rohnke, MarkenG 2. A. § 14 Rn. 348).

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Dabei ist insbesondere zu berücksichtigen, dass es dem Produktkonzept der Klägerin entspricht, nicht den Tee als einzelnes zu vermarkten, sondern das Produkt der Klägerin sich dadurch auszeichnet, dass das Erleben und Genießen des Teetrinkens im Ganzen in den Vordergrund wird. Das zeigt insbesondere die von der Klägerin angebotene Glaskaraffe, in der der Tee aufgegossen werden soll, damit nicht nur das geschmackliche, sondern auch das optische Erlebnis zur Geltung kommt.

24

Denn der Erblühvorgang ist nur sehen und zu erleben wenn die Teekugel in einer Glaskanne aufgegossen wird.

25

cc) Maßgeblich für die eher durchschnittliche Kennzeichnungskraft sind auch die Umstände, unter denen die Marke und die dazugehörigen Produkte geschaffen worden sind und auf dem Markt etabliert worden sind. Bei der Bestimmung der Kennzeichnungskraft sind alle relevanten Umstände zu berücksichtigen, zu denen insbesondere die Eigenschaften, die die Marke von Hause aus besitzt, der von der Marke gehaltene Marktanteil, die Intensität, die geografische Verbreitung und die Dauer der Benutzung der Marke, der Werbeaufwand des Unternehmens für eine Marke und der Teil der beteiligten Verkehrskreise, die die Waren oder Dienstleistungen aufgrund der Marke als von einem bestimmten Unternehmen stammend erkennen gehören ( BGH GRUR 2007, 1066 [BGH 20.09.2007 - I ZR 94/04] - 1071 - Kinderzeit; EuGH GRUR Int. 1999, 734 TZ 23; BGH WRP 2002, 1152 - GKV/OKV). Es ist von der Klägerin durch Vorlage entsprechender Unterlagen (Anlagenkonvolut der Klägerin) glaubhaft gemacht, dass das Produkt der Klägerin mit der Bezeichnung "ErblühTee" mit erheblichen Werbeaufwand beworben wird. Die Klägerin hat diesbezüglich eine Bestätigung des Vertriebspartners Baldur-Garten vorgelegt, aus der hervorgeht, dass das Produkt "ErblühTee" in dem Katalog auf einer halben DIN A4 Seite beworben wird, bei einer Katalogauflage von über 1 Million. Auch die Vorlage des Internetausdrucks von dem Internet-Shop HSE 24 und des Internetausdrucks vom OTTO Onlineshop und Proidee Onlineshop (Anlagenkonvolut Klägerin) zeigt, dass das klägerische Produkt im großen Umfang beworben wird. Aufgrund der Anzahl der großen Vertriebspartner und des erheblichen Werbeaufwands ist glaubhaft gemacht, dass die klägerische Marke über einen erheblichen Marktanteil verfügt. Es spricht alles dafür, dass die Marke etabliert worden ist, um das klägerische Produkt auf den Markt zu bringen. Demzufolge kommt dem klägerischen Zeichen eine herkunftshinweisende Funktion zu.

26

c) Zwischen dem klägerischen Zeichen "ErblühTee" und der beanstandeten Bezeichnung der Beklagten "Blühtee" besteht auch Verwechselungsgefahr. Die Beurteilung der Verwechselungsgefahr ist nach der ständigen Rechtsprechung des BGH unter Heranziehung aller Umstände des Einzelfalles umfassend zu beurteilen. Dabei ist von einer Wechselwirkung zwischen der Identität oder Ähnlichkeit der Waren oder Dienstleistungen, dem Grad der Ähnlichkeit der Marken und der Kennzeichnungskraft der prioritätsälteren Marke in der Weise auszugehen, dass ein geringerer Grad der Ähnlichkeit der Waren oder Dienstleistungen durch einen höheren Grad der Ähnlichkeit der Marken oder durch eine gesteigerte Kennzeichnungskraft der älteren Marke ausgeglichen werden kann und umgekehrt ( BGH GRUR 2006, 859, 860 - Malteser Kreuz; BGH GRUR 2005, 513, 514 [BGH 24.02.2005 - I ZB 2/04] - Mey/Ellermay; BGH GRUR 2006, 60 - Coccodrillo).

27

Ausgehend von diesen Grundsätzen ist zunächst festzustellen, dass hinsichtlich der Verwendung des geschützten Zeichens der Klägerin und des angegriffenen Zeichens der Beklagten Produktidentität besteht und diese Identität für eine Verwechslungsgefahr spricht. Die klägerische Marke ist u.a. für Tee eingetragen. Unstreitig vertreibt die Beklagte in ihrem Onlineshop Tee in Teekugeln. Unter Berücksichtigung der Produktidentität sind die Abweichungen in den Wortbestandteilen der sich gegenüberstehenden Zeichen nicht ausreichend, um eine Verwechselungsgefahr auszuschließen. Es stehen sich die Bezeichnungen "ErblühTee" und die Bezeichnung "Blühtee" gegenüber. Die Toplevel-Domain com. ist bei der Beurteilung der Verwechselungsgefahr außer Betracht zu lassen (allg. Meinung -vgl. Ingerl/Rohnke, MarkenG, 2. Aufl. Nach § 15 Rdnr. 19 mwN).

28

Insofern unterscheiden sich die angegriffenen Zeichen in Wortbestandteil durch das Weglassen der Vorsilbe "er". Statt "Erblüh" heißt es "Blüh". In klanglicher Hinsicht ergibt sich ein Unterschied. Es ist aber durch das bloße Weglassen der ersten Silbe nicht so, dass das Klangbild völlig verändert wird, da erfahrungsgemäß im allgemeinen Sprachgebrauch dazu geneigt wird, derartige Vorsilben bei der Aussprache zu verschlucken bzw. die Vorsilbe zu überhören.

29

Die Bedeutung des angegriffenen Zeichens ist der des geschützten Zeichens gleichzusetzen. Durch das Weglassen der Vorsilbe "er" wird der Bedeutungsgehalt nur unwesentlich geändert. Denn nach wie vor besteht die gedankliche Verbindung zwischen Tee und einem Blühvorgang. Es wird lediglich nicht darauf abgestellt, dass erst ein Erblühvorgang stattfindet, sondern es wird lediglich auf das Blühen abgestellt. Diese in der deutschen Sprache vorgenommene Differenzierung wirkt sich jedoch im allgemeinen Sprachgebrauch nicht so aus, dass dem Zeichen Blühtee eine andere Bedeutung beigemessen wird als Erblühtee. Letztlich prägend und entscheidend für die Kennzeichnungskraft des klägerischen Zeichens ist die Kombination des Wortbestandteils blühen im Sinne einer Blumenblüte im Zusammenhang mit Tee. Diese Assoziation wird vom Verkehr sowohl bei Verwendung des Begriffs Erblühtee als auch bei Verwendung des Begriffs Blühtee erfolgen.

30

Die Verwechslungsgefahr wird auch nicht dadurch ausgeschlossen, dass der Verkehr "Blühtee" als geläufigen beschreibenden Begriff wahrnimmt und daher keine Assoziation zu einer Marke hat. Wie bereits für "Erblühtee" ausgeführt, ist auch für "Blühtee" festzustellen, dass es sich nicht um einen gebräuchlichen oder auch nur vom Verkehr benutzten Begriff zur Bezeichnung einer bestimmten Art von Teeprodukten handelt. Auch dieser Begriff findet sich nicht in Wörterbüchern. Suchergebnisse im Internet verweisen nahezu ausschließlich auf die angegriffene Zeichenverwendung durch die Beklagte. Substantiierter Vortrag der Beklagten zu einer Verwendung des deutschen Begriffs fehlt.

31

d) Die Beklagte hat die Bezeichnung Blühtee auch markenmäßig verwendet indem sie diese Bezeichnung als Internet-Domain hat registrieren lassen. Die Benutzung einer Domain durch den Domain-Inhaber kann eine markenmäßige Benutzung darstellen, wenn der Domain auch eine (Herkunftshinweisfunktion innewohnt (Lange, Marken- und Kennzeichen recht, Rn. 1854; OLG München, GRUR 2000, 518, 519 [OLG München 23.09.1999 - 29 U 4357/99] - Bücherde.com). Dabei wird der Begriff des kennzeichenmäßigen Gebrauchs im Interesse eines umfassenden Kennzeichenschutzes weitgefasst und es genügt, die objektive, nicht völlig fern liegende Möglichkeit, dass der Verkehr einen Herkunftshinweis annimmt (OLG Frankfurt "Cartier" MMR 2006, 38). Vorliegend ist davon auszugehen, dass der Verkehr in der Verwendung der Internet-Domain einen Herkunftshinweis sieht. Davon ist insbesondere aufgrund der Gestaltung der Internetseite und dessen Inhalt auszugehen. Denn die Bezeichnung Blühtee ist von der Größe und dem Schriftbild her, hervorgehoben und dient als Überschrift. Aus dem Text, der weitgehend beschreibenden Charakter hat, ist auch nicht ersichtlich, wer ansonsten, wenn nicht "bluehtee.com", das Produkt anbietet. Es gibt beispielsweise keine Hinweise auf das Bestehen einer Einzelhandelsfirma in Person der Beklagten oder ähnliches. Wegen der Gestaltung der Internetseite wird auf den Internetausdruck "bluehtee.com" verwiesen.

32

3.

Im Rahmen des § 938 ZPO ist die Antragsfassung auf den Hinweis des Gerichts in der mündlichen Verhandlung vom 23.01.2008 auf die konkrete Verletzungshandlung abgestellt worden.

33

4.

Die Ordnungsmittelandrohung hat ihre gesetzliche Grundlage in § 890 Abs. 1 ZPO.

34

5.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 92 Abs. 1 ZPO.

Streitwertbeschluss:

Der Streitwert war entsprechend dem wirtschaftlichen Interesse der Klägerin festzusetzen, § 3 ZPO, § 53 GKG.

Dr. Meyer
Dembowski
Block-Cavallaro