Oberlandesgericht Celle
Beschl. v. 12.05.2003, Az.: 19 WF 111/03
Versagung von Prozesskostenhilfe wegen Mutwilligkeit
Bibliographie
- Gericht
- OLG Celle
- Datum
- 12.05.2003
- Aktenzeichen
- 19 WF 111/03
- Entscheidungsform
- Beschluss
- Referenz
- WKRS 2003, 33976
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- ECLI:DE:OLGCE:2003:0512.19WF111.03.0A
Verfahrensgang
- vorgehend
- AG Osterholz-Scharmbeck - 28.03.2003 - AZ: 17 F 1011/03
Rechtsgrundlage
- § 114 ZPO
Fundstellen
- FamRZ 2004, 63-64 (Volltext mit amtl. LS)
- ZFE 2003, 377 (Volltext mit red. LS)
Verfahrensgegenstand
Kindesunterhalt
hier: Prozesskostenhilfe
In der Familiensache
...
hat der 19. Zivilsenat - Senat für Familiensachen - des Oberlandesgerichts Celle
auf die sofortige Beschwerde des Klägers vom 23. April 2003
gegen den Beschluss des Amtsgerichts - Familiengericht - Osterholz-Scharmbeck vom 28. März 2003
durch
den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht Schmitz,
den Richter am Oberlandesgericht Noack sowie
den Richter am Amtsgericht Dr. Botur
am 12. Mai 2003
beschlossen:
Tenor:
Der angefochtene Beschluss wird aufgehoben und die Sache zur erneuten Behandlung und Entscheidung an das Amtsgericht - Familiengericht - Osterholz-Scharmbeck zurückverwiesen.
Gründe
Die gemäß § 127 Abs. 2 ZPO zulässige Beschwerde hat in der Sache den aus der Beschlussformel ersichtlichen vorläufigen Erfolg. Das Familiengericht kann mit der von ihm herangezogenen Begründung zumindest für den Zeitraum zwischen Juli 2001 und März 2002 der Rechtsverfolgung des Klägers die Erfolgsaussicht nicht absprechen.
1.
Zutreffend hat das Familiengericht allerdings erkannt, dass das Schreiben der Unterhaltsvorschusskasse vom 18. Dezember 2000, mit dem offensichtlich der gemäß § 7 Abs. 1 UVG auf den Landkreis O. übergegangene Auskunftsanspruch gegenüber der Beklagten geltend gemacht worden war, keine verzugsbegründende Wirkung für Unterhaltsansprüche entfaltet, die nicht oder nicht mehr auf die Unterhaltsvorschusskasse übergegangen sind. Nur der Gläubiger des Unterhaltsanspruches selbst kann durch eine Mahnung die Wirkungen des Verzuges zu seinen Gunsten herbeiführen.
2.
Auch hat das Familiengericht für den Zeitraum seit April 2002 bis Oktober 2002 die nachgesuchte Prozesskostenhilfe wegen Mutwillens (§ 114 ZPO) der Rechtsverfolgung mit Recht versagt. Eine Rechtsverfolgung ist mutwillig, wenn eine verständige, nicht hilfebedürftige Partei ohne staatliche Prozessfinanzierung ihre Rechte nicht in gleicher Weise verfolgen würde. Unter den obwaltenden Umständen würde eine bemittelte Partei von der gerichtlichen Geltendmachung rückständigen Kindesunterhalts lediglich zu Titulierungszwecken zum jetzigen Zeitpunkt absehen. Die Verpflichtung der Beklagten zur Zahlung eines monatlichen Kindesunterhalts in Höhe von 287 EUR seit April 2002 ist außergerichtlich anerkannt worden, und auf der Grundlage der vereinbarten Verrechnungsabrede besteht auch die begründete Aussicht, dass der Unterhaltsrückstand bis Anfang 2004 zurückgeführt werden wird. Die konkrete Gefahr eines Rechtsverlustes besteht für den Kläger derzeit nicht, so dass ihm ein Zuwarten mit der gerichtlichen Geltendmachung jedenfalls solange anzusinnen ist, als die Verrechnungsabrede von den Parteien durchgeführt wird.
3.
Nicht gefolgt werden kann dem Amtsgericht allerdings in der rechtlichen Einschätzung, dass eine aufgrund von § 18 Abs. 1 SGB VIII (KJHG) von dem Träger der Jugendhilfe für den Unterhaltsberechtigten entfaltete Tätigkeit im Rahmen der außergerichtlichen Geltendmachung von Unterhaltsansprüchen keine Verzugswirkungen erzeugen kann. Dabei muss nicht entschieden werden, ob die nach außen wirkenden Tätigkeiten des Jugendamtes im Namen des Berechtigten eine unerlaubte Rechts beratung im Sinne von Art. 1 § 1 Abs. 1 RBerG darstellen oder ob man mit der abweichenden Ansicht in der außergerichtlichen Geltendmachung von Unterhaltsansprüchen eine erlaubnisfreie behördliche Rechts betreuung nach Art. 1 § 3 Abs. 1 RBerG sieht (vgl. KG FamRZ 2002, 546, 547). Denn selbst wenn man - wie das Amtsgericht - davon ausginge, dass die dem Landkreis O. von dem Vater des Klägers erteilte Vollmacht zur außergerichtlichen Geltendmachung von Unterhaltsansprüchen wegen eines Verstoßes gegen das RBerG unwirksam war, so folgt daraus nicht die Unwirksamkeit einer Mahnung. Zwar ist eine Mahnung ohne Vertretungsmacht nach § 180 Satz 1 BGB grundsätzlich unzulässig. Sie kann aber unter den Voraussetzungen des § 180 Satz 2 BGB zulässig sein, wenn der Verpflichtete eine von dem Vertreter behauptete Vertretungsmacht nicht unverzüglich beanstandet hat (vgl. hierzu OLG Stuttgart NJW-RR 1992, 1093, 1094 [OLG Stuttgart 19.09.1991 - 16 UF 181/91]; OLG Zweibrücken FamRZ 1992, 1464 f. [OLG Zweibrücken 12.02.1992 - 2 UF 46/91]). Es kann indes im vorliegenden Fall kein Zweifel daran bestehen, dass der Landkreis O. bereits im Schreiben vom 17. Mai 2001 (Blatt 7 GA) ausdrücklich darauf hingewiesen hat, im Sinne des § 18 Abs. 1 SGB VIII (KJHG) für den Kläger beratend und unterstützend tätig zu werden. Damit hat sich der Landkreis O. ausdrücklich einer Vertretungsmacht für ein Handeln im Namen des Klägers berühmt, so dass die Beklagte selbst bei Unwirksamkeit der dem Landkreis erteilten Vollmacht die Rechtswirkungen einer etwaigen Mahnung nur dann von sich abwenden konnte, wenn sie dem Handeln des Landkreises unverzüglich widersprach. Da dies unstreitig nicht geschehen ist, können jedenfalls dann, wenn das in den Akten nicht enthaltene Schreiben des Landkreises O. vom 09. Juli 2001 eine hinreichend bestimmte Zahlungsaufforderung enthielt, der beabsichtigten Rechtsverfolgung für den Unterhaltszeitraum von Juli 2001 bis März 2002 die hinreichende Erfolgsaussichten nicht mehr mit der Erwägung abgesprochen werden, es habe kein Verzug vorgelegen. Im Übrigen ergibt sich aus den Anlagen zur Klageschrift (Blatt 5 GA), dass der Vater des Klägers unter dem 24. Juli 2001 die Beklagte auch persönlich zur Zahlung rückständigen und laufenden Unterhalts aufgefordert haben soll, so dass die Sache auch insoweit weiterer Aufklärung bedurft hätte.
Da sich das Amtsgericht - aus seiner Sicht konsequent - mit der Bedürftigkeit des Klägers und den sonstigen materiellen Voraussetzungen des Unterhaltsanspruches nicht befasst hat, war die Sache zur erneuten Sachbehandlung an das Familiengericht zurückzuverweisen. In der Sache kann derzeit auch deshalb nicht entschieden werden, weil die Angaben zu den persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen des Klägers nicht vollständig sind. Es kann insbesondere nicht nachvollziehbar überprüft werden, inwieweit der prozesskostenvorschusspflichtige Vater des Klägers in der Lage ist, durch Einsatz von Einkommen und Vermögen die voraussichtlichen Prozesskosten zu bestreiten.
Noack
Dr. Botur