Oberlandesgericht Celle
Urt. v. 28.05.2003, Az.: 9 U 5/03

Auswirkungen der Anzeige der Masseunzulänglichkeit gemäß § 208 Insolvenzordnung (InsO) auf die Zulässigkeit einer Klage; Verstoß eines Gerichtes gegen seine Hinweispflicht und Vorliegen einer Überraschungsentscheidung

Bibliographie

Gericht
OLG Celle
Datum
28.05.2003
Aktenzeichen
9 U 5/03
Entscheidungsform
Urteil
Referenz
WKRS 2003, 32725
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
ECLI:DE:OLGCE:2003:0528.9U5.03.0A

Fundstellen

  • DStZ 2003, 632
  • GmbH-StB 2003, 220 (Volltext mit amtl. LS)
  • GmbHR 2003, 898-899 (Volltext mit amtl. LS)
  • NZI (Beilage) 2004, 37* (amtl. Leitsatz)
  • NZI (Beilage) 2004, 44-45 (amtl. Leitsatz)
  • OLGReport Gerichtsort 2003, 384-386
  • ZInsO 2004, 93-95 (Volltext mit red. LS)

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Verkündet am 28. Mai 2003

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Redaktioneller Leitsatz

  1. 1.

    Die Anzeige der Masseunzulänglichkeit gem. § 208 InsO steht der Zulässigkeit einer Klage eines Insolvenzverwalters nicht entgegen. Auch in masseunzulänglichen Verfahren ist die Führung von Aktivprozessen weiter zulässig. Zwar ist richtig, dass der Insolvenzverwalter nach Anzeige der Masseunzulänglichkeit gehalten ist, möglichst "kostenschonend" tätig zu sein, gleichwohl kann es ihm nicht verwehrt sein, Ansprüche weiterzuverfolgen, die zu einer Massemehrung führen können. Allenfalls dann, wenn von vornherein und offenkundig eine Forderung, die klageweise geltend gemacht wird, nicht besteht oder gegen den Schuldner, gegen den sie verfolgt wird, nicht durchgesetzt werden kann (etwa weil dieser selbst insolvent ist), kann ein Aktivprozess ausnahmsweise unzulässig sein.

  2. 2.

    Die gegenteilige Auffassung würde überdies zu der - ersichtlich unbilligen - Konsequenz führen, dass Schuldner einer gänzlich masseunzulänglichen Gemeinschuldnerin keiner gerichtlichen Inanspruchnahme ausgesetzt wären, selbst wenn sie - wie bei Gesellschaftern und Geschäftsführer häufig der Fall - diese Unzulänglichkeit zumindest mit zu verantworten hätten. Zudem wäre - bei Forderungen, deren rechtlicher Bestand zumindest zweifelhaft ist - zunächst die Begründetheit des Anspruchs zu prüfen, um sodann - wenn sich bei dieser Prüfung die Unbegründetheit ergeben sollte - die Zulässigkeit der Klage zu verneinen, was offensichtlich unsinnig wäre, weil in eine Sachprüfung erst einzutreten ist, wenn die Zulässigkeitsvoraussetzungen vorliegen.

  3. 3.

    Schließlich bestimmt § 208 InsO in seinem Absatz 3, dass auch nach der Anzeige der Masseunzulänglichkeit die Pflicht des Verwalters zur Verwaltung und zur Verwertung der Masse fortbesteht. Diese Pflicht umfasst aber auch die Geltendmachung solcher Forderungen, deren Durchsetzbarkeit nicht von vornherein ausgeschlossen ist. Es ist auch nicht ersichtlich, inwiefern die Anzeige die Rechtsstellung des Verwalters als Partei kraft Amtes ändern könnte, wenn seine Verwaltungsbefugnis fortbesteht.

  4. 4.

    Erweist sich ein gerichtlicher Hinweis später als nicht tragend für die Entscheidung, liegt darin kein Verfahrensmangel, wenn einer Partei in keiner Weise die Möglichkeit genommen war, zu den weiteren, zwischen den Parteien streitigen Fragen tatsächlicher und rechtlicher Art vorzutragen. Das Gericht ist auch nicht gehalten, auf schon bekannte Problemfelder hinzuweisen. Eine Hinweispflicht besteht nur, wenn das Gericht entweder eine von beiden Parteien übersehene rechtliche Problematik zur Grundlage seiner Entscheidung gemacht oder aber in einer entscheidungserheblichen Frage eine andere Auffassung als beide Parteien vertreten hätte.

  5. 5.

    Eine Zahlung von Gesellschaftern an eine GmbH stellt sich nicht als wirksame Erfüllung einer von ihnen übernommenen Bareinlagepflicht dar, wenn sie als unwirksame Umgehung der gesetzlichen Sacheinlagevorschriften anzusehen ist. Das ist der Fall, wenn der Gesellschaft unter Verstoß gegen den Grundsatz der realen Kapitalaufbringung keine zusätzlichen Mittel zugeflossen sind, was die Barkapitalerhöhung erfordert hätte, sondern sie im Ergebnis nur von einer Gesellschafterforderung befreit worden ist.

  6. 6.

    Zwar verbietet § 19 Abs. 5 GmbHG nach seinem Wortlaut nur die Auf- oder Verrechnung der Bareinlageschuld des Gesellschafters mit einer Gegenforderung des Gesellschafters gegen die Gesellschaft aus der Überlassung von Gegenständen. Dies stünde einer Wirksamkeit einer vorgenommenen Überweisungen nicht entgegen, weil ihre im Gegenzug getilgte Forderung nicht auf Sachüberlassung, sondern auf Darlehen beruhte, bei der die Gegenleistung für die Überlassung der Valuta nicht deren Rückzahlung, sondern die vereinbarten Zinsen sind, und überdies die Tilgung der beiderseitigen Forderungen nicht durch Auf- oder Verrechnung, sondern durch die Hin- und Herzahlung entsprechender Geldbeträge geschehen ist. Es ist jedoch allgemein anerkannt, dass § 19 Abs. 5 GmbHG über seinen Wortlaut hinaus als - wenn auch in Tatbestand und Rechtsfolge unvollkommener - Ausdruck der das Kapitalaufbringungsrecht der Körperschaften mit beschränktem Haftungsfonds beherrschenden Grundsätze der realen Kapitalaufbringung und des aus ihm folgenden Verbots verdeckter Sacheinlagen zu verstehen ist. Danach sind von den Gründern der Gesellschaft oder den Zeichnern einer Kapitalerhöhung übernommene Einlageverpflichtungen unverkürzt und in der Form zu erfüllen, wie sie der Gesellschaft zugesagt und in der Satzung oder im Kapitalerhöhungsbeschluss verlautbart sind. Dies geschieht regelmäßig durch Einzahlung eines dem Nennwert der versprochenen Einlage entsprechenden Geldbetrages (Bareinlage). Sollen Einlagen gemacht werden, die nicht in Geld, sondern in anderen Vermögenswerten bestehen (Sacheinlagen), so bedarf dies der förmlichen Festsetzung im Gesellschaftsvertrag oder im Kapitalerhöhungsbeschluss, § 5 Abs. 4 GmbHG. Diese Grundsätze liefen leer, wenn es den Gesellschaftern gestattet wäre, ihrer Bareinlagepflicht nachträglich auch durch Leistung eines anderen Vermögenswertes anstelle des versprochenen Geldes zu genügen.

  7. 7.

    Dabei kann es keinen Unterschied machen, ob die Ersetzung der geschuldeten Bareinlage durch einen anderen Gegenstand unmittelbar mit Hilfe einer Aufrechnung oder einer anderen ihr wirtschaftlich gleich kommenden Technik herbeigeführt wird. Es entspricht deshalb allgemeiner Ansicht, dass der Zweck des in § 19 Abs. 5 GmbHG enthaltenen Rechtsgedankens die sinngemäße Anwendung dieser Vorschrift über ihren Wortlaut hinaus grundsätzlich auch auf solche Forderungen gebietet, die nicht im engeren Sinne Vergütungsansprüche für die Überlassung von Vermögensgegenständen sind. Dies gilt jedenfalls dann, wenn die betreffende Forderung zeitlich vor der Einlagepflicht entstanden ist. Solche Forderungen können nur als Sach-, nicht aber als Bareinlage eingebracht werden. Dieser Regel unterliegen auch Darlehensforderungen, weil der durch Verlautbarung einer Barkapitalerhöhung entstehende Eindruck der Zuführung neuen liquiden Kapitals vermieden und offen gelegt werden soll, dass lediglich ein Umschichtungsprozess in Gestalt der Umwandlung von Fremd- in Eigenkapital stattfindet.

  8. 8.

    Außerdem soll die Vollwertigkeit der eingebrachten Forderung einer präventiven Kontrolle zugänglich gemacht werden, weil das Registergericht u.a. zu prüfen hat, ob Sacheinlagen angemessen bewertet sind, §§ 57 a, 9 c GmbHG. Überdies hat die Bekanntmachung der Eintragung der Kapitalerhöhung die bei einer Sacheinlage erforderlichen Festsetzungen zu enthalten oder auf sie Bezug zu nehmen, § 57 b GmbHG. Die Einhaltung dieser Prüfungs- und Publizitätserfordernisse ist überall dort unverzichtbar, wo die Einlage im wirtschaftlichen Ergebnis durch eine andere Leistung als durch eine Barzahlung aufgebracht werden soll.

Tenor:

Die Berufung der Beklagten gegen das am 19. November 2002 verkündete Urteil der 1. Kammer für Handelssachen des Landgerichts H wird zurückgewiesen.

Die Kosten des Berufungsverfahrens werden den Beklagten als Gesamtschuldnern auferlegt.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Beklagten können die Vollstreckung gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 115% des aus dem Urteil vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht der Kläger vorher Sicherheit in Höhe von 115% des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

Gründe

1

I.

Wegen des Sach und Streitstandes wird auf die Feststellungen der angefochtenen Entscheidung verwiesen, § 540 ZPO.

2

Mit ihrer Berufung begehren die Beklagten weiterhin Abweisung der Klage. Hierzu vertreten sie die Ansicht, dass die Klage unzulässig sei, weil der Kläger die Masseunzulänglichkeit angezeigt habe. Ferner sind sie der Auffassung, dass das LG gegen seine Hinweispflicht verstoßen habe. Denn es habe weiteren Vortrag zur Werthaltigkeit der Darlehensforderung erbeten, dann aber im Urteil diesen Punkt für unerheblich erachtet; daher liege eine Überraschungsentscheidung vor.

3

Das LG habe zudem seine Entscheidung auf einen unzutreffenden Sachverhalt gestützt.

4

Schließlich tragen die Beklagten ausführlich dazu vor, warum nach ihrer Ansicht kein Fall des Hin- und Herzahlens oder einer verdeckten Sacheinlage anzunehmen sei.

5

Der Kläger verteidigt die angefochtene Entscheidung.

6

Der Senat hat die Akte 15 HRB 672 - AG G - beigezogen und zum Gegenstand der mündlichen Verhandlung gemacht.

7

II.

Die Berufung ist unbegründet.

8

1.

Entgegen der Ansicht der Beklagten steht der Umstand, dass der Kläger gem. § 208 InsO die Masseunzulänglichkeit angezeigt hat, der Zulässigkeit der Klage nicht entgegen.

9

a)

Zutreffend hat das LG festgestellt, dass auch in masseunzulänglichen Verfahren die Führung von Aktivprozessen weiter zulässig ist. Zwar ist richtig, dass der Insolvenzverwalter nach Anzeige der Masseunzulänglichkeit gehalten ist, möglichst "kostenschonend" tätig zu sein, gleichwohl kann es ihm nicht verwehrt sein, Ansprüche weiterzuverfolgen, die zu einer Massemehrung führen können. Allenfalls dann, wenn von vornherein und offenkundig eine Forderung, die klageweise geltend gemacht wird, nicht besteht oder gegen den Schuldner, gegen den sie verfolgt wird, nicht durchgesetzt werden kann (etwa weil dieser selbst insolvent ist), kann ein Aktivprozess ausnahmsweise unzulässig sein. Ein derartiger Ausnahmefall ist vorliegend aber nicht anzunehmen.

10

b)

Die von den Beklagten vertretene Auffassung würde überdies zu der - ersichtlich unbilligen - Konsequenz führen, dass Schuldner einer gänzlich masseunzulänglichen Gemeinschuldnerin keiner gerichtlichen Inanspruchnahme ausgesetzt wären, selbst wenn sie - wie bei Gesellschaftern und Geschäftsführer häufig der Fall - diese Unzulänglichkeit zumindest mit zu verantworten hätten. Zudem wäre - bei Forderungen, deren rechtlicher Bestand zumindest zweifelhaft ist - zunächst die Begründetheit des Anspruchs zu prüfen, um sodann - wenn sich bei dieser Prüfung die Unbegründetheit ergeben sollte - die Zulässigkeit der Klage zu verneinen, was offensichtlich unsinnig wäre, weil in eine Sachprüfung erst einzutreten ist, wenn die Zulässigkeitsvoraussetzungen vorliegen.

11

c)

Schließlich bestimmt § 208 InsO in seinem Abs. 3, dass auch nach der Anzeige der Masseunzulänglichkeit die Pflicht des Verwalters zur Verwaltung und zur Verwertung der Masse fortbesteht. Diese Pflicht umfasst aber auch die Geltendmachung solcher Forderungen, deren Durchsetzbarkeit nicht von vornherein ausgeschlossen ist. Es ist auch nicht ersichtlich, inwiefern die Anzeige die Rechtsstellung des Verwalters als Partei kraft Amtes ändern könnte, wenn seine Verwaltungsbefugnis fortbesteht.

12

2.

Das Verfahren des LG ist nicht zu beanstanden. Weder hat das LG gegen die ihm obliegende Hinweispflicht verstoßen, noch hat es seiner Entscheidung einen unzutreffenden Sachverhalt zugrunde gelegt.

13

a)

Zwar ist richtig, dass das LG zunächst den Parteien aufgegeben hatte, zur Werthaltigkeit der Darlehensforderung der Beklagten zu 2 gegen die Gemeinschuldnerin ergänzend vorzutragen, um sodann in der angefochtenen Entscheidung diesen Punkt für nicht entscheidungserheblich zu erachten. Der Senat vermag aber nicht zu erkennen, dass hierdurch das Verfahren fehlerhaft betrieben worden wäre. Dies gilt umso mehr, als mit diesem gerichtlichen Hinweis den Beklagten in keiner Weise die Möglichkeit genommen war, zu den weiteren zwischen den Parteien streitigen Fragen tatsächlicher und rechtlicher Art vorzutragen. Dabei ist auch zu berücksichtigen, dass den Beklagten aufgrund des Vortrages des Klägers klar sein musste, dass die Rechtsfragen des "Hin- und Herzahlens" und der "Einbringung einer verdeckten Sacheinlage" die Entscheidung des LG maßgeblich beeinflussen konnten. Das LG seinerseits war gem. § 139 ZPO nicht gehalten, auch auf diese - zudem von den Beklagten auch nicht übersehenen - Problemfelder hinzuweisen, weil eine derartige Hinweispflicht nur bestanden hätte, wenn das LG entweder eine von beiden Parteien übersehene rechtliche Problematik zur Grundlage seiner Entscheidung gemacht hätte oder aber in einer entscheidungserheblichen Frage eine andere Auffassung als beide Parteien vertreten hätte; diese Fallgruppen liegen hier aber nicht vor. Darauf, dass eine Partei "zu viel" vorgetragen habe, braucht sie nicht aufmerksam gemacht zu werden, gleichgültig, worauf dies beruht.

14

b)

Das LG hat seiner Entscheidung - entgegen der Behauptung der Beklagten - keinen unzutreffenden Sachverhalt zugrunde gelegt. Aus den vom Senat beigezogenen Registerakten, deren Inhalt mit den Parteien im Termin zur mündlichen Verhandlung vor dem Senat ausführlich erörtert worden ist, ergibt sich zweifelsfrei, dass der Kapitalerhöhungsbeschluss am 2.6.1998 in einer - notariell beurkundeten - außerordentlichen Gesellschafterversammlung gefasst worden ist, dass dabei die Erhöhungsanteile von jeweils 50.000 DM von den beiden Beklagten zu übernehmen und zudem bis zum 30.7.1998 zu erbringen waren. Diese Tatsachen hat das LG daher zutreffend zur Grundlage seiner Entscheidung gemacht. Mängel des Beschlusses oder der Übernahmevereinbarungen sind nicht ersichtlich.

15

3.

Es kann offen bleiben, ob - wie dies die von den Beklagten vorgelegten Kontoauszüge nahe legen - zunächst von dem Konto der Gemeinschuldnerin 100.000 DM als Darlehensrückzahlung an die Beklagte zu 2 geflossen sind und diese sodann den Betrag - in zwei Teilbeträgen zu jeweils 50.000 DM - als "Stammeinlage" für sich und den Beklagten zu 1 auf das Konto der Gemeinschuldnerin zurückgezahlt hat oder ob - worauf die vom Kläger vorgelegten Kontoauszüge der Gemeinschuldnerin hindeuten - zunächst der aufgrund der Kapitalerhöhung von den Beklagten zu 1 und zu 2 geschuldete Betrag auf das Konto der Gemeinschuldnerin eingezahlt und umgehend auf die Darlehensverbindlichkeit an die Beklagte zu 2 zurückgezahlt wurde. Denn in beiden Fällen stellt sich die Zahlung nicht als wirksame Erfüllung der von den Beklagten übernommenen Bareinlagepflicht, sondern als unwirksame Umgehung der gesetzlichen Sacheinlagevorschriften dar. Tatsächlich sind der Gesellschaft unter Verstoß gegen den Grundsatz der realen Kapitalaufbringung keine zusätzlichen Mittel zugeflossen - was die Barkapitalerhöhung erfordert hätte -, sondern sie ist im Ergebnis von einer Gesellschafterforderung befreit worden.

16

a)

Zwar verbietet § 19 Abs. 5 GmbHG nach seinem Wortlaut nur die Auf- oder Verrechnung der Bareinlageschuld des Gesellschafters mit einer Gegenforderung des Gesellschafters gegen die Gesellschaft aus der Überlassung von Gegenständen. Dies stünde einer Wirksamkeit der von der Beklagten zu 2 vorgenommenen Überweisungen nicht entgegen, weil ihre im Gegenzug getilgte Forderung nicht auf Sachüberlassung, sondern auf Darlehen beruhte, bei der die Gegenleistung für die Überlassung der Valuta nicht deren Rückzahlung, sondern die vereinbarten Zinsen sind, und überdies die Tilgung der beiderseitigen Forderungen nicht durch Auf- oder Verrechnung, sondern durch die Hin- und Herzahlung entsprechender Geldbeträge geschehen ist. Es ist jedoch allgemein anerkannt, dass § 19 Abs. 5 GmbHGüber seinen Wortlaut hinaus als - wenn auch in Tatbestand und Rechtsfolge unvollkommener - Ausdruck der das Kapitalaufbringungsrecht der Körperschaften mit beschränktem Haftungsfonds beherrschenden Grundsätze der realen Kapitalaufbringung und des aus ihm folgenden Verbots verdeckter Sacheinlagen zu verstehen ist (BGHZ 113, 335, 340 f. [BGH 18.02.1991 - II ZR 104/90] m.z.N.). Danach sind von den Gründern der Gesellschaft oder den Zeichnern einer Kapitalerhöhung übernommene Einlageverpflichtungen unverkürzt und in der Form zu erfüllen, wie sie der Gesellschaft zugesagt und in der Satzung oder im Kapitalerhöhungsbeschluss verlautbart sind. Dies geschieht regelmäßig durch Einzahlung eines dem Nennwert der versprochenen Einlage entsprechenden Geldbetrages (Bareinlage). Sollen Einlagen gemacht werden, die nicht in Geld, sondern in anderen Vermögenswerten bestehen (Sacheinlagen), so bedarf dies der förmlichen Festsetzung im Gesellschaftsvertrag oder im Kapitalerhöhungsbeschluss, § 5 Abs. 4 GmbHG. Diese Grundsätze liefen leer, wenn es den Gesellschaftern gestattet wäre, ihrer Bareinlagepflicht nachträglich auch durch Leistung eines anderen Vermögenswertes anstelle des versprochenen Geldes zu genügen.

17

b)

Dabei kann es keinen Unterschied machen, ob die Ersetzung der geschuldeten Bareinlage durch einen anderen Gegenstand unmittelbar mit Hilfe einer Aufrechnung oder einer anderen ihr wirtschaftlich gleich kommenden Technik herbeigeführt wird (BGH, a.a.O.). Es entspricht deshalb allgemeiner Ansicht, dass der Zweck des in § 19 Abs. 5 GmbHG enthaltenen Rechtsgedankens die sinngemäße Anwendung dieser Vorschrift über ihren Wortlaut hinaus grds. auch auf solche Forderungen gebietet, die nicht im engeren Sinne Vergütungsansprüche für die Überlassung von Vermögensgegenständen sind. Dies gilt jedenfalls dann, wenn die betreffende Forderung zeitlich vor der Einlagepflicht entstanden ist. Solche Forderungen können nur als Sach-, nicht aber als Bareinlage eingebracht werden.

18

Dieser Regel unterliegen auch Darlehensforderungen, weil der durch Verlautbarung einer Barkapitalerhöhung entstehende Eindruck der Zuführung neuen liquiden Kapitals vermieden und offen gelegt werden soll, dass lediglich ein Umschichtungsprozess in Gestalt der Umwandlung von Fremd- in Eigenkapital stattfindet (BGH, a.a.O.). Außerdem soll die Vollwertigkeit der eingebrachten Forderung einer präventiven Kontrolle zugänglich gemacht werden, weil das Registergericht u.a. zu prüfen hat, ob Sacheinlagen angemessen bewertet sind, §§ 57a, 9c GmbHG. Überdies hat die Bekanntmachung der Eintragung der Kapitalerhöhung die bei einer Sacheinlage erforderlichen Festsetzungen zu enthalten oder auf sie Bezug zu nehmen, § 57b GmbHG. Die Einhaltung dieser Prüfungs- und Publizitätserfordernisse ist überall dort unverzichtbar, wo die Einlage im wirtschaftlichen Ergebnis durch eine andere Leistung als durch eine Barzahlung aufgebracht werden soll.

19

c)

Vorstehende Bewertungen gelten auch für das von der Beklagten zu 2 gewählte Verfahren, unter Vermeidung einer förmlichen Auf- oder Verrechnung den als Bareinlage geschuldeten Betrag zunächst einzuzahlen und umgehend zur Tilgung der Forderung der Einleger an diese zurückzuzahlen. Denn im wirtschaftlichen Ergebnis erhält die Gesellschaft auch durch ein solches Hin- und Herzahlen von ihrem Einleger nicht anders als bei der Aufrechnung anstelle des im Kapitalerhöhungsbeschluss verlautbarten neuen liquiden Barkapitals lediglich ein Surrogat in Form der Befreiung von einer Verbindlichkeit gegenüber ihrem Gesellschafter. Dabei macht es für die rechtliche Bewertung in einem Fall wie dem vorliegenden keinen Unterschied, ob man die Unzulässigkeit eines solchen Vorgehens auf eine Umgehung des Aufrechnungsverbots und damit, da bereits dieses Verbot seinerseits eine Umgehung der Sacheinlagevorschriften verhindern soll, auf eine Umgehung eines Umgehungsverbotes oder unmittelbar auf das auch in § 19 Abs. 5 GmbHG - wenn auch in unvollkommener Form - zum Ausdruck kommende Verbot verdeckter Sacheinlagen gründet (BGH, a.a.O.).

20

d)

Aus dem engen zeitlichen Zusammenhang zwischen Rückzahlung der Darlehensforderung einerseits und Einzahlung der Kapitalerhöhungsbeträge andererseits sowie dem gleichfalls engen zeitlichen Zusammenhang zwischen den vorgenannten Zahlungsvorgängen und dem Kapitalerhöhungsbeschluss folgt die - von den Beklagten nicht widerlegte - Vermutung, dass die Beklagten von vornherein nicht die Absicht hatten, ihrer Bareinlageverpflichtung zu genügen, sondern eine verdeckte Sacheinlage erbringen wollten. Der enge Zusammenhang zwischen der Rückzahlung der Darlehensforderung an die Beklagte zu 2 und der Einlagezahlung an die Gemeinschuldnerin rechtfertigt die Annahme, dass die gewählte Vorgehensweise von den Beteiligten abgesprochen wurde und eine unmittelbare Verrechnung der beiden Ansprüche ersetzen sollte (BGHZ 125, 142, 144 [BGH 21.02.1994 - II ZR 60/93]; 132, 133, 139 [BGH 04.03.1996 - II ZR 89/95]; 135, 381, 383) [BGH 26.05.1997 - II ZR 69/96]. Diese Vermutung erstreckt sich auch darauf, dass diese Vorgehensweise bereits anlässlich des Kapitalerhöhungsbeschlusses getroffen worden war, weil zwischen dem Kapitalerhöhungsbeschluss und den Zahlungsvorgängen ein Zeitraum von weniger als eine Woche lag, mithin ein unmittelbarer zeitlicher Zusammenhang zwischen dem Kapitalerhöhungsbeschluss und der (Quasi-)Verrechnung gegeben ist (vgl. BGH, NJW 2002, 3774 ff.). Auf die zeitliche Reihenfolge von Einzahlung und Darlehensrückzahlung kommt es deshalb nicht an, weil für die rechtliche Betrachtung allein der Leistungserfolg maßgeblich ist, der in beiden Fällen darin besteht, dass die Gesellschaft als wirtschaftliches Ergebnis der als innerlich zusammen gehörig zu bewertenden und auch so gewollten Vorgänge des Hin- und Herzahlens am Ende keine Zuführung neuer Liquidität, sondern lediglich die Befreiung von einer Gesellschafterforderung erhielt. Eine verdeckte Sacheinlage liegt sowohl dann vor, wenn erst die Einlage eingezahlt und sodann zur Tilgung der Gesellschafterforderung zurückgezahlt wird, als auch dann, wenn in umgekehrter Reihenfolge erst die Gesellschafterforderung getilgt und der erhaltene Betrag sodann ganz oder teilweise als Einlage zurückgezahlt wird.

21

e)

Schließlich ist es auch unerheblich, dass nur die Beklagte zu 2, nicht aber auch der Beklagte zu 1 von der Gesellschaft eine Darlehensrückzahlung erhalten hat. Denn die Einlage des Beklagten zu 1 ist nicht von ihm, sondern allein von der Beklagten zu 2, der Ehefrau des Beklagten zu 1, aufgebracht worden. Der innere Zusammenhang zwischen der von seiner Ehefrau für ihn geleisteten Einzahlung und der sofortigen Rückzahlung dieses Betrages an seine Ehefrau zur Erfüllung ihrer Darlehensforderung rechtfertigt es, auch in diesem Teilakt des Hin- und Herzahlens trotz Zwischenschaltung eines Familienangehörigen eines Gesellschafters einen einheitlichen, als verdeckte Sacheinlage zu wertenden Vorgang zu sehen. Demgemäß hat auch der Beklagte zu 1 keine eigene Bareinlage geleistet, sondern eine Sacheinlage in Gestalt der Einbringung der gegen die Gesellschaft gerichteten Forderung seiner Ehefrau auf Darlehensrückzahlung (so auch BGHZ 113, 335, 345 ff. [BGH 18.02.1991 - II ZR 104/90] für den Fall eines Elternteils und seines Kindes). Ob ihm die Beklagte zu 2 dafür einen Teil ihrer Forderung, etwa durch Abtretung, zur Verfügung gestellt hat, oder ob sie als Dritte gem. § 267 BGB für ihn geleistet hat, spielt keine Rolle.

22

4.

Die prozessualen Nebenentscheidungen folgen aus §§ 97 Abs. 1; 708 Nr. 10, 711, 108 Abs. 1 Satz 2 ZPO.