Verwaltungsgericht Lüneburg
Urt. v. 01.11.2006, Az.: 1 A 232/04
Amt; Aufhebung; Auslese; Beurteiler; Beurteilerkonferenz; Beurteilung; Beurteilungsermächtigung; Beurteilungsspielraum; Beurteilungszeitraum; dienstliche Beurteilung; Erstbeurteiler; Gesamturteil; Laufbahnwechsel; Leistungsabfall; Maßstab; Neubeurteilung; Plausibilisierung; Plausibilisierungslast des Dienstherrn; Polizeibeamter; Ranking; Rankingverfahren; Regelbeurteilung; statusrechtliches Amt; Verbesserung; Vergleichsgruppe; Werturteil; Zuständigkeit; Zweitbeurteiler
Bibliographie
- Gericht
- VG Lüneburg
- Datum
- 01.11.2006
- Aktenzeichen
- 1 A 232/04
- Entscheidungsform
- Urteil
- Referenz
- WKRS 2006, 53217
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- [keine Angabe]
Rechtsgrundlagen
- § 126 Abs 3 BRRG
- § 8a VwGOAG ND
- § 68 VwGO
- Art 33 Abs 2 GG
Tatbestand:
Der Kläger setzt sich gegen seine dienstliche Beurteilung vom 21. Oktober 2003 (Zeitraum 1. November 2000 - 31. August 2003) zur Wehr.
Seine Beurteilung vom 10. September 1998 wurde aufgrund des Urteils der Kammer vom 20. März 2002 (1 A 164/00) aufgehoben und die damalige Bezirksregierung Lüneburg verpflichtet, den Kläger zum Stichtag 1. Juni 1998 unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts neu zu beurteilen.
Aufgrund der aufgehobenen Beurteilung konnte der Kläger jedoch am 13. Aufstiegslehrgang (Mai-Okt. 1999) nicht teilnehmen. Er besuchte vielmehr den 18. Aufstiegslehrgang von Mai bis Oktober 2002 und schloss ihn erfolgreich ab. Außerdem wurde er antragsgemäß mit Schreiben vom 14. Oktober 2003 so gestellt, als sei der 1. November 1999 (fiktiv) der Beginn seiner Standzeit im gehobenen Polizeivollzugsdienst. In der Regelbeurteilung vom 28. November 2000 (für den Zeitraum 1. Juni 1998 bis 31. Oktober 2000 / A 9 m.D.) erhielt er das Gesamturteil „Übertrifft erheblich die Anforderungen (4)“.
Zum Stichtag 1. September 2003 wurde der Kläger für den anschließenden Zeitraum (1.11.00 - 31.8.03) durch die Beurteilung vom 21. Oktober 2003 mit dem Gesamturteil „Entspricht voll den Anforderungen (3)“ beurteilt. Ein Erörterungsgespräch dazu fand am 27. Oktober 2003 statt, der zugehörige Entwurf wurde am 29. Oktober 2003 ausgehändigt. Es wurde darauf hingewiesen, dass er seinen Dienst in zwei statusrechtlichen Ämtern - A 9 m.D. vom 1.11.2000 - 31.10.2002 und A 9 g.D. vom 1.11.2002 - 31.8.2003 - versehen habe. Außerdem wurde hervorgehoben, dass er von Januar 2000 bis Januar 2002 in der Mission der Vereinten Nationen in Bosnien und Herzegowina (UNMIBH) tätig gewesen war, er für diesen Zeitraum durch Beurteilung vom 8. Januar 2002 mit „hervorragend - eine außergewöhnliche Leistung“ beurteilt worden war.
Der Kläger war damit nicht einverstanden, so dass es zu einem Beurteilungsgespräch unter Einbeziehung eines Personalratsmitgliedes kam. Der Erstbeurteiler vermerkte hierauf in der angegriffenen Beurteilung u.a.:
„Der Beamte strebt demnach eine Verbesserung seiner Beurteilung um eine Vollnote an.
Dem kann auch auf Grund des Ergebnisses der Beurteilerkonferenz nicht entsprochen werden, da PK W. u.a. keine weiteren Fakten geltend macht als die, die auch während der oben genannten Konferenz schon im Wesentlichen Berücksichtigung gefunden haben.“
Hierauf legte der Kläger durch Schreiben vom 21. Januar 2004 förmlich Widerspruch ein und verwies u.a. darauf, dass er als IPTF-Beamter bei der UN in Bosnien-Herzegowina eingesetzt gewesen sei, u.zw. vom Januar 2002 bis August 2003; er habe für diesen Zeitraum die Wertungsstufe 5 erhalten.
Der Widerspruch wurde durch Widerspruchsbescheid vom 15. April 2004 mit der Begründung zurückgewiesen, der Kläger sei in der Beurteilerkonferenz einem Ranking unterworfen worden; hierbei seien die Beurteiler zu der Auffassung gelangt, der Kläger sei mit der Wertungsstufe 3 zu beurteilen: „Damit wurde er entsprechend seinen Leistungen gemessen an der Vergleichsgruppe beurteilt“. Auch die Tätigkeit bei der IPTF oder die Belobigung durch den Nds. Innenminister v. 6.12.2001 sei kein Grund, den Kläger besser zu beurteilen.
Mit seiner am 19. Mai 2004 erhobenen Klage erweitert und vertieft der Kläger seinen Standpunkt, die angegriffene Beurteilung sei rechtsfehlerhaft und er daher neu zu bescheiden. Zunächst gelte für ihn kein strengerer Maßstab. Denn die vorliegende Beurteilung müsse bereits als die zweite Beurteilung in seinem neuen statusrechtlichen Amt gelten: Im Widerspruchsbescheid sei betont worden, dass die Dauer seiner Zugehörigkeit zum Amt A 9 g.D. ab dem 1.11.1999 berücksichtigt worden sei. So sei das durch Schreiben vom 14.10.2003 zu seiner „Standzeit“ im g.D. auch ausdrücklich geregelt worden. Unter diesen Voraussetzungen wäre er bereits im Beurteilungszeitraum Juni 1998 bis Oktober 2000 in seinem neuen Amt zu beurteilen gewesen. Die hier streitige Beurteilung vom 21. Oktober 2003 sei daher bereits die 2. Beurteilung im neuen statusrechtlichen Amt, so dass nicht mehr - wie sonst bei einer Erstbeurteilung nach Laufbahnwechsel - ein strengerer Maßstab anzulegen sei.
Nachdem er bereits schon einmal rechtswidrig unzutreffend beurteilt worden sei (vgl. Urteil der Kammer v. 20.3.2002), wofür nicht er, sondern die Beklagte verantwortlich sei, könnten ihm daraus nicht noch Folgeschäden erwachsen: Einschränkungen und Verzögerungen (sowie wirtschaftliche Einbußen) dürften nicht noch zu weiteren Schäden führen. Es sei daneben unberücksichtigt geblieben, dass er noch 12 Monate mit einer hervorragenden Leistung bei den Vereinten Nationen im Ausland eingesetzt gewesen sei. Die nach Meinung des Innenministers als positiv zu berücksichtigende Leistung im Ausland sei nur formal benannt, aber nicht der Sache nach gewichtet und gewertet worden. Er sei im Übrigen für einen Empfang der Landesregierung für verdiente Polizeibeamte vorgeschlagen worden - u.zw. aufgrund seiner weit überdurchschnittlichen Leistungen auf seiner Dienststelle, nicht wegen seiner Tätigkeit bei den Vereinten Nationen. Das sei unberücksichtigt geblieben.
Der Kläger beantragt,
den Bescheid der Beklagten vom 21.10.2003 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 15.4.2004 aufzuheben und die Beklagte zu verpflichten, den Kläger zum Stichtag 1.9.2003 unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts neu zu beurteilen.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie bezieht sich zur Begründung auf den Widerspruchsbescheid und betont, der ihr zustehende Beurteilungsspielraum sei zutreffend ausgefüllt worden, die angegriffene Beurteilung frei von Rechtsfehlern.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakten und der beigezogenen Verwaltungsvorgänge der Beklagten verwiesen.
Entscheidungsgründe
Die zulässige Klage ist begründet.
Der Kläger wird durch die angegriffene Beurteilung in seinen Rechten verletzt, § 113 Abs. 5 VwGO. Deshalb ist die beklagte Polizeidirektion zu verpflichten, den Kläger unter Beachtung der maßgeblichen Rechtsauffassung des Gerichts neu zu bescheiden.
1. Ein Widerspruch gegen eine Beurteilung, die lediglich ein internes Auslese-, Verwendungs- und Förderungsurteil des Dienstherrn darstellt und nicht als Verwaltungsakt zu werten ist (BVerwGE 49, 351; vgl. auch Oppenheimer, ZBR 1971, 189/193), ist nicht möglich. Denn die Beurteilung enthält nicht eine auf Rechtsverbindlichkeit hin angelegte Regelung. Deshalb sind die Fristen des § 70 VwGO im Falle einer Beurteilung unanwendbar, kann gegen eine Beurteilung auch noch nach längerer Zeit vorgegangen werden. Erst die Ablehnung eines Abänderungsantrages stellt sich als „potentiell rechtsverbindliche“ Festlegung (BVerwGE a.a.O.) und damit als regelnder Verwaltungsakt dar, der mit dem Widerspruch angreifbar ist. Erst insoweit ist ein Vorverfahren (§§ 68 f. VwGO, 126 Abs. 3 BRRG) möglich.
Allerdings wird es auch für denkbar gehalten, die Beurteilung unmittelbar mit dem Widerspruch anzugreifen (so Günther, ZBR 1981, 77 / 82; Schenke, JuS 1982, 906 / 910; für ein Wahlrecht zwischen Änderungsantrag und Widerspruch: OVG Koblenz, RiA 2000, 200 [OVG Rheinland-Pfalz 18.02.2000 - 10 A 11245/99.OVG]). Das nach § 126 Abs. 3 BRRG erforderliche Vorverfahren hätte dann hier stattgefunden, wobei darauf hingewiesen sei, dass § 8a Nds. AG VwGO (idF v. 1.7.1993, zuletzt geänd. d. Art. 2 d. Gesetzes v. 5.11.2004 / Nds GVBl. S. 394) als ein erst ab 1.1.2005 geltendes Zeitgesetz (in Verbindung mit § 126 Abs. 3 Nr. 4 BRRG) noch nicht einschlägig gewesen wäre.
Von einem derartigen Widerspruch, der sich unmittelbar gegen die Beurteilung richtet, geht die Kammer im vorliegenden Fall aus.
2. In der Sache liegen erhebliche Fehler vor, die dazu zwingen, die Beklagte zu einer Neubescheidung unter Beachtung der gerichtlichen Rechtsauffassung zu verpflichten.
Die Kontrolldichte der Verwaltungsgerichte ist bei dienstlichen Beurteilungen mit Blick auf die dem Dienstherrn zustehende Auslese- und Beurteilungsermächtigung (Kellner, DÖV 1969, 309) zwar eingeschränkt, so wie das in der verwaltungsgerichtlichen Rechtsprechung allgemein anerkannt ist (vgl. u.a. BVerwG, ZBR 1981, 197 u. 315 [BVerwG 02.04.1981 - BVerwG 2 C 13.80]). Allerdings können die Verwaltungsgerichte neben Verfahrensverstößen vor allem das Einhalten gesetzlicher Vorgaben und Maßstäbe (Beurteilungsrichtlinien), die Vollständigkeit der Beurteilungsgrundlagen (Tatsachen) und deren Plausibilität, die Beachtung und Einhaltung allgemeingültiger Wert- und Beurteilungsmaßstäbe und den Einfluss sachfremder Erwägungen bei den Beurteilern kontrollieren (vgl. Schnellenbach, NJW-Schriften 40, 5. Aufl. 2001, Rdn. 477 ff. m.w.N.). Vgl. dazu BVerfG, NVwZ 2002, 1368 [BVerfG 29.05.2002 - 2 BvR 723/99]:
„Auch im Rahmen der eingeschränkten verwaltungsgerichtlichen Kontrolle erstreckt sich diese voll auf den Sachverhalt, soweit Einzelvorkommnisse in der dienstlichen Beurteilung konkret benannt werden (vgl. BVerwGE 97, 128 [129] = NVwZ-RR 1995, 340, und schon BVerwGE 60, 245 [246]). Wird die Beurteilung auf allgemein gehaltene Tatsachenbehauptungen oder auf allgemeine oder pauschal formulierte Werturteile gestützt, hat der Dienstherr diese auf Verlangen des Beamten im Beurteilungsverfahren zu konkretisieren bzw. plausibel zu machen (so BVerwGE 60, 245 [251] m.w. Nachw.). Im nachfolgenden Verwaltungsgerichtsprozess kann das Gericht auch insoweit voll kontrollieren, ob der Dienstherr von einem zutreffenden Sachverhalt ausgegangen ist (so z.B. BVerwGE 21, 127 [130]; BVerwGE 97, 128 [129] = NVwZ-RR 1995, 340; BVerwG , NVwZ-RR 2000, 619 = ZBR 2000, 303 [BVerwG 10.02.2000 - BVerwG 2 A 10/98] [304]).“
Derartige gerichtlich kontrollierbare Mängel sind hier angesichts dessen, dass die Beklagte wegen der Beweissphären bei Beurteilungen ihrerseits eine dienstherrliche Plausibilisierungspflicht erfüllen muss (vgl. OVG Saarlouis, DÖD 2000, 65 [OVG Rheinland-Pfalz 10.05.1999 - 3 A 12725/98] mwN.; VG Regensburg, Urt. v. 15.11.1994, - RN 1 K 94.34 -, ÖD 1995, 53-55), deutlich hervorgetreten. Die angegriffene Beurteilung mit ihrem Gesamturteil „Entspricht voll den Anforderungen (3)“ ist nach Lage der Dinge nicht nachvollziehbar.
2.1 Die Beurteiler haben sich - wie der Erstbeurteiler ausgeführt hat (9.4 der angegriffenen Beurteilung) - von den „Ergebnissen der Beurteilerkonferenz“ und deren Einschätzung leiten lassen, also das übernommen, was in der Konferenz in einem Rankingverfahren festgelegt worden ist. Das ist deshalb fehlerhaft, weil der den Beurteilern persönlich anvertraute Beurteilungsspielraum damit aufgegeben, vielmehr an die Konferenz abgegeben worden ist. Zuständig für die Beurteilung der Polizeibeamten sind aber grundsätzlich die Erst- und Zweitbeurteiler (Abschnitt 8 BRLPol), denen mit ihrer Zuständigkeit eine zweckgebundene Beurteilungsermächtigung mit einem entsprechenden persönlichen Freiraum in der Einschätzung und Bewertung ausdrücklich zugestanden worden ist. Das wird missachtet, wenn von Seiten der Beklagten - wie in der Vergangenheit geschehen - Schreiben folgenden Inhalts an nachgeordnete Polizeiinspektionen versandt werden (vgl. dazu Urteil der Kammer v. 20.3.2002 - 1 A 8/00 -):
„Sollten Ihnen Erkenntnisse vorliegen, nach denen der zuständige Erstbeurteiler, Herr Kriminalhauptkommissar C., nicht bereit ist, eine Beurteilung i.S. der Konferenzergebnisse zu fertigen, bitte ich um eine entsprechende Information. Neben dienstrechtlichen Maßnahmen werde ich dann über den Entzug und die weitere Delegation der Beurteilerkompetenz entscheiden.“
Mit der ausdrücklichen Übertragung der Zuständigkeit für Beurteilungen sind den Erst- und Zweitbeurteilern vielmehr die Wertschätzungen und -urteile hinsichtlich sämtlicher Leistungen und Befähigungen der zu beurteilenden Beamten persönlich anvertraut worden. Diese „höchstpersönlichen“ Werturteile dürfen nicht durch eine Beurteilerkonferenz berührt, ausgehöhlt oder gar mit Bindungswirkung ersetzt werden. Denn Eindrücke, die die Erst- und Zweitbeurteiler über einen längeren Zeitraum hinweg von dem Verhalten eines Beamten gewinnen, sind stets und notwendigerweise persönlichkeitsbedingt und von außenstehenden Dritten in den Einzelheiten nicht nachvollziehbar. Das begrenzt von der Sache her die Möglichkeit, Gesamturteile in einer Konferenz verbindlich und für die an sich zuständigen Beurteiler verpflichtend festzulegen. Die in 1.3 BRLPol - mit Blick auf die Beurteiler - gestellte Aufgabe vermag eine Beurteilerkonferenz nicht zu erfüllen:
„Die Erstellung dienstlicher Beurteilungen erfordert daher von allen Beurteilungsvorgesetzten ein besonders hohes Maß an Sensibilität, Gewissenhaftigkeit, Objektivität sowie Verantwortungsbewusstsein“ (so 1.3 BRLPol).
Wenn der Erstbeurteiler davon spricht (9.4 der Beurteilung v. 21.10.2003), der Kläger habe „keine weiteren Fakten geltend gemacht als die, die auch während der oben genannten Konferenz schon im Wesentlichen Berücksichtigung gefunden haben“, so wird hieran deutlich, dass der Erstbeurteiler in Verkennung seines eigenen Wertungs- und Einschätzungsspielraums lediglich auf „Fakten“ und deren Zusammenstellung abgehoben hat, die in der Beurteilerkonferenz offenbar erörtert worden sind. Es sind jedoch neben „Arbeitsergebnissen“, die wertend zu erfassen sind, auch die „allgemeinen Fähigkeiten“ des betroffenen Beamten, die keine Fakten sind, persönlichkeitsbedingt zu beurteilen (5.1 BRLPol). In der wertenden Erfassung von Fähigkeiten und Leistungen liegt die Aufgabe der Erst- und Zweitbeurteiler, die in solcher Bewertung frei und nicht an „Vorgaben“ der Konferenz gebunden sind - schon gar nicht hinsichtlich des Gesamturteils, das von der Beurteilerkonferenz festgelegt und in eine Reihung gebracht worden sein mag. Dieses „Ranking“ bindet die Beurteiler nicht.
Ob nämlich ein Beamter z.B. beim „geschickten Angehen“ umfangreicher Aufgaben (5.1 der Beurteilung v. 21.10. 2003) „erheblich herausragt“ (5.5 BRLPol / Wertungsstufe 4) oder dabei nur den „Anforderungen in vollem Umfange gerecht“ wird (5.5 BRLPol / Wertungsstufe 3), ist allein aufgrund eines persönlichkeitsbedingten, die Fähigkeiten und Leistungen des betroffenen Beamten in den Blick nehmenden Werturteils der allein zuständigen Beurteiler zu erfassen und verbindlich festzulegen. Das kann eine Beurteilerkonferenz bei Beachtung allgemeingültiger Wert- und Beurteilungsmaßstäbe, deren Einhaltung gerichtlich zu kontrollieren ist, vom Sinn und Zweck einer Beurteilung her nicht.
Insofern trifft es nicht zu, wenn der Vertreter der Beklagten in der mündlichen Verhandlung nochmals ausdrücklich betont hat, die Beurteiler „hätten sich an das Ranking zu halten“, seien „nicht frei“, da anders „das System nicht zu halten sei“. Vielmehr haben die allein zuständigen Beurteiler mit Sensibilität und Gewissenhaftigkeit ihre persönlichen Einschätzungen in eigener Verantwortung und frei von Direktiven vorzunehmen.
Die hier zuständigen Beurteiler haben damit nicht „ihren“ Wertungs- und Beurteilungsspielraum ausgeübt, sondern sich offensichtlich von der Beurteilerkonferenz bestimmen lassen. Abschn. 11 der BRLPol v. 1999 gibt jedoch den Konferenzen nur das eingeschränkte Recht, einen Maßstab vorzustellen, zu konturieren, „zu verdeutlichen“ und auf diesem Wege - bei uneingeschränkter Achtung der Zuständigkeit und des Freiraums der Beurteiler - auf eine Vergleichbarkeit der Gesamturteile (lediglich) „hinzuwirken“.
„Die für die Differenzierung und die Einhaltung des Richtwertes verantwortlichen Stellen führen vor der Erstellung der Regelbeurteilung Beurteilerkonferenzen durch. Die Konferenzen dienen dazu, den für die Beurteilung vorgegebenen Maßstab zu verdeutlichen und auf leistungsgerecht abgestufte und untereinander vergleichbare Beurteilungsergebnisse hinzuwirken.“ (11.1 BRLPol).
Die Kompetenz, Gesamtnoten in einem Ranking verbindlich festzulegen, fehlt den Konferenzen. Denn zuständig für die Beurteilungen und die persönlichkeitsbedingte Festlegung der Gesamturteile sind allein die Erst- und Zweitbeurteiler (Pkt. 8 BRLPol).
2.2 Die Beklagte hat hier - nach der positiveren Beurteilung aus dem Jahre 2000 (mit der Wertungsstufe 4) - bei der streitigen Beurteilung zum Stichtag 1. September 2003 zu Lasten des Klägers einen strengeren Maßstab angelegt: Der Verweis auf die beiden Statusämter, die der Kläger während des Beurteilungszeitraums bekleidet habe, zeigt das auf. Im Widerspruchsbescheid vom 15. April 2004 heißt es demgemäß:
„Bei der ersten Beurteilung eines Beamten nach dem Wechsel der Laufbahn ist lediglich ein strengerer Maßstab anzuwenden. An diesem strengeren Maßstab orientieren sich die Erstbeurteiler folglich bei der Vergabe der Wertungsstufen. Erst das Ergebnis aus dieser strengen Maßstabsbildung bewirkt, dass in diesen Fällen regelmäßig die Wertungsstufe 3 vergeben wird.“
Nun ist es zwar nach den BRLPol (5.4.1) so, dass die Anforderungen des statusrechtlichen Amtes, so wie es zum Stichtag verliehen war, für die Einschätzungen und Bewertungen auch maßgeblich ist:
„Maßgeblich für die Bewertung sind die Anforderungen des bis zum Beurteilungsstichtag verliehenen statusrechtlichen Amtes. Die Anforderungen des jeweiligen Dienstpostens und die in der Tätigkeitsbeschreibung aufgeführten Tätigkeiten sind zu berücksichtigen.“
Jedoch gibt es keinen „Wirkungsmechanismus“ dahingehend, dass bei der ersten Beurteilung nach einem Laufbahnwechsel „regelmäßig die Wertungsstufe 3“ zu vergeben sei. Eine derartige (Vor-)Festlegung auf konkret die Stufe 3 widerspricht dem Grundsatz eines höchstpersönlichen Werturteils der zuständigen Beurteiler und ist rechtswidrig.
Darüber hinaus sind aber auch nach 5.4.1 BRLPol die Anforderungen des konkret ausgeübten Dienstpostens und die tatsächlich wahrgenommenen Tätigkeiten zu berücksichtigen. Somit ist hier zwingend die Tätigkeit des Klägers im Rahmen der UNMIBH vom 31.1.2001 bis 22.1.2002 einzubeziehen und wertend zu berücksichtigen gewesen, so wie das in der Anlage zur angefochtenen Beurteilung vom Erstbeurteiler deskriptiv ausgewiesen wird. Angesichts der Beurteilung vom 8. Januar 2002, die das Gesamturteil „Hervorragend - eine außergewöhnliche Leistung“ ausweist, ist die Vergabe der (Regel-) Wertungsstufe 3 jedoch in keiner Weise nachvollziehbar und plausibel. Die in dieser Beurteilung vom 8. Januar betonte „außergewöhnliche Planungsfähigkeit“ (S. 2 unten) weicht erheblich ab von Pkt. 5 / 1. der angegriffenen Beurteilung, wo die Außergewöhnlichkeit dieser Fähigkeit nicht aufgenommen, sondern lediglich auf eine durchschnittliche Bewältigung umfangreicher Aufgaben abgehoben wird. Auch die ihm in der Beurteilung vom 8. Januar attestierte „sehr gute Entscheidungsfähigkeit“ - auch in „stressigen Situationen“ (vgl. S. 3 der Beurteilung v. 8.1. 2002) - steht mit Pkt. 5 / 4. der angefochtenen Beurteilung nicht im Einklang, da auch hier das Prädikat nicht wieder aufgenommen wird. An nachvollziehbaren Begründungen oder Erläuterungen für diese erheblichen Abstufungen fehlt es.
Im Übrigen ist ein Leistungsabfall als Voraussetzung für eine negativere Bewertung zum Stichtag 1. September 2003 nicht ersichtlich. Ein solcher ist von der Beklagten auch nicht nachvollziehbar gemacht worden. Nicht nachvollziehbar ist, weshalb gerade die Kommunikationsfähigkeit des Klägers (Pkt. 5 / 6) mit seinem Laufbahnwechsel von der Wertungsstufe 4 (so die dienstliche Beurteilung v. 28.11.2000) auf die Wertungsstufe 3 (angegriffene Beurteilung) abgefallen sein soll - eine Fähigkeit, die in der Beurteilung vom 8. Januar 2002 (S. 3) als „außerordentlich“ hervorgehoben worden ist.
Die offenbar gezielt strengere Bewertung mit Rücksicht auf ein anderes Statusamt, ggf. aber auch aus anderen Gründen, reicht beim Kläger als Begründung zudem deshalb nicht aus, weil seine Standzeit rückwirkend zu seinen Gunsten verändert wurde. Diese Veränderung - vgl. das Schreiben vom Okt. 2003 - ist bei der angegriffenen Beurteilung, die ebenfalls im Oktober 2003 gefertigt wurde, offenbar unberücksichtigt geblieben. Damit ist die angegriffene Beurteilung nicht den sachlichen Gegebenheiten gemäß erfolgt.
2.3 Es ist schließlich fehlerhaft, wenn in der angegriffenen Beurteilung unter Pkt. 7 lediglich die Sprachkenntnisse des Klägers erwähnt werden, nicht jedoch auch die in der Beurteilung der UNMIBH vom 8. Januar 2002 hervorgehobenen und vom Kläger absolvierten Kurse („Programmkurs für lokale Verbindungsbeamte“ und „Flüchtlinge und Asylsuchende - Grundsätzliche Schutzprinzipien“). Insoweit ist ein Defizit an Tatsachen festzustellen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 167 VwGO i.V.m. § 708 Nr. 11 ZPO. Gründe, die Berufung nach § 124 a Abs. 1 S. 1 iVm § 124 Abs. 2 Nr. 3 oder Nr. 4 VwGO zuzulassen, liegen nicht vor.