Verwaltungsgericht Lüneburg
Urt. v. 01.11.2006, Az.: 1 A 184/04
Angemessenheit; Aufwendungen; Begründung; Begründungsanforderungen; Beihilfe; beihilfefähig; Bemessungskriterien; Gebührenfaktor; Gebührenrahmen; Gebührensatz; Höchstwert; Schwellenwert; Schwellenwertüberschreitung; Schwierigkeit; Zahnbehandlung; zahnärztliche Begründung; zahnärztliche Tätigkeit; Zeitaufwand
Bibliographie
- Gericht
- VG Lüneburg
- Datum
- 01.11.2006
- Aktenzeichen
- 1 A 184/04
- Entscheidungsform
- Urteil
- Referenz
- WKRS 2006, 53254
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- [keine Angabe]
Rechtsgrundlagen
- § 87c BG ND
- § 5 Abs 1 S 2 BhV
- § 5 Abs 2 S 4 GOZ
Tatbestand:
Der Kläger begehrt die Gewährung weiterer Beihilfe zu den Aufwendungen einer zahnärztlichen Behandlung
Er ist als niedersächsischer Finanzbeamter dem Grunde nach beihilfeberechtigt und zwar zu einem Bemessungssatz von 50 %.
Mit Beihilfeantrag vom 23. Februar 2004 begehrte er bei dem Beklagten die Gewährung einer Beihilfe u.a. zu den ihm mit Rechnung seines Zahnarztes vom 18. Februar 2004 geltend gemachten Aufwendungen für zahnärztliche Behandlungen in der Zeit vom 28. August 2003 bis 29. Januar 2004 in Höhe von insgesamt 5.095,66 EUR. In der Rechnung machte der Zahnarzt bei mehreren Gebühren-Nummern den 3,3-fachen, den 3,5-fachen bzw. den 5,5-fachen Gebührenfaktor geltend und begründete dies kurz. Es handelte sich um die Gebühren-Nummern Ä 3, 219, 221, 222, 517, 801, 802 und 805. Wegen der Begründung im Einzelnen wird auf die Rechnung Bezug genommen. Für die Aufstellung eines schriftlichen Heil- und Kostenplanes auf Anforderung wurde in der Rechnung die Gebühren-Nummern 002 GOZ berechnet.
Das beklagte Amt erkannte mit Beihilfebescheid vom 26. Februar 2004 von den zahnärztlichen Aufwendungen nur einen Betrag in Höhe von 3.416,12 EUR als beihilfefähig an. Während es die Material- und Laborkosten ohne Kürzung als beihilfefähig anerkannte, war vom Zahnarzthonorar ein Betrag in Höhe von 1.007,14 EUR als nicht beihilfefähig abgezogen worden. Zur Begründung war angegeben, die Überschreitung der vorgesehenen Schwellen- oder Höchstwerte sei nicht bzw. nicht ausreichend begründet. Die GOZ-Nummer 619 sei nicht beihilfefähig, da die durchgeführten Maßnahmen außerhalb von einer kieferorthopädischen Behandlung in Zusammenhang mit einer Zahnbehandlung stehen würden. Die Aufstellung eines schriftlichen Heil- und Kostenplanes auf Anforderung, die nach der Gebührenziffer 002 berechnet worden sei, sei nicht beihilfefähig.
Der Kläger legte dagegen mit der Begründung Widerspruch ein, die von dem Zahnarzt für den erhöhten Gebührenfaktor gegebene Begründung sei ausreichend im Sinne von § 5 und § 10 GOZ. Sofern gewünscht, könne er eine zusätzliche Begründung seines Zahnarztes beibringen, wofür allerdings weitere Kosten entstehen würden. Den Heil- und Kostenplan habe er zur Vorlage bei dem Beklagten und seiner Krankenversicherung erstellen lassen. Er sei davon ausgegangen, dass dieser Heil- und Kostenplan erforderlich sei.
Den Widerspruch wies das beklagte Amt mit Widerspruchsbescheid vom 18. März 2004 zurück. Zur Begründung führte es im Wesentlichen aus, eine Überschreitung des 2,3-fachen Satzes sei gemäß der GOZ nur zulässig, wenn Besonderheiten der genannten Bemessungskriterien - Schwierigkeit und Zeitaufwand der einzelnen Leistungen sowie die Umstände bei der Ausführung - dies rechtfertigten. Dabei sei davon auszugehen, dass die in der Regel einzuhaltende Spanne zwischen dem einfachen und dem 2,3-fachen Gebührensatz nicht nur für einfache oder durchschnittlich schwierige und aufwendige Behandlungsfälle, sondern auch für die große Mehrzahl aller Behandlungsfälle zur Verfügung gestellt sei und in diesem Rahmen auch die Mehrzahl der schwierigen und aufwendigen Behandlungen abgedeckt werde. Die Annahme von Besonderheiten der Bemessungskriterien im Sinne von § 5 Abs. 2 Satz 4 GOZ setze daher voraus, dass Besonderheiten gerade bei der Behandlung der betreffenden Patienten, abweichend von der großen Mehrzahl der Behandlungsfälle, aufgetreten seien. Von daher müsse eine Begründung für das Überschreiten des Schwellenwertes die Besonderheit der Bemessungskriterien hinlänglich genau erkennen lassen. Die vom Zahnarzt in seiner Rechnung gegebenen Begründungen erfüllten nicht die Anforderungen an eine Darlegung der erforderlichen Besonderheiten. Es fehle die individuelle, patientenbezogene Begründung. Die GOZ - Nummer 619 sei außerhalb von einer kieferorthopädischen Behandlung im Zusammenhang mit einer Zahnbehandlung nicht beihilfefähig. Die Aufstellung eines Heil- und Kostenplanes sei hier nicht erforderlich gewesen und daher nicht beihilfefähig.
Am 13. April 2004 hat der Kläger Klage erhoben, mit der er für die mit Rechnung vom 18. Februar 2004 geltend gemachten zahnärztlichen Aufwendungen einer weiteren Beihilfe in Höhe von 291,84 EUR begehrt. Zur Begründung trägt er im Wesentlichen vor: Die von seinem Zahnarzt in der Rechnung gegebenen Begründungen für die Erhöhung des Gebührenfaktors entspreche den Anforderungen der Gebührenordnung für Zahnärzte. Dieser allein sei maßgeblich. Eine Verschärfung der Begründungsanforderungen durch die Beihilfestelle sei rechtlich nicht zulässig. Dass die Begründungen seines Arztes ausreichten und auch patientenbezogen seien, sei ihm durch ein Schreiben der C. Abrechnungs- und Service GmbH vom 30. März 2004 bestätigt worden. Die im Klageverfahren erhobenen Rügen des beklagten Amtes an einzelnen Gebührenpositionen seien nicht gerechtfertigt. Zum einen habe das beklagte Amt übersehen, dass zum Teil die Begründung für mehrere Positionen zusammengefasst worden sei und diese deshalb nicht fehle. Die Begründungen seien alle auch patientenbezogen, da sie sich auf seine Person beziehen würden. Soweit das beklagte Amt vortrage, bei einigen Begründungen stellten die angeführten Besonderheiten keine besonderen Einzelfälle dar, sondern die Besonderheiten würden bei einer großen Mehrheit der Patientinnen und Patienten vorkommen, stelle dies eine bloße Behauptung dar. Sein Zahnarzt habe das Gegenteil vorgetragen. Dies sei letztlich maßgebend, da er nach der GOZ befugt sei, die Gebühren nach billigem Ermessen zu bestimmen.
Der Kläger beantragt,
das beklagte Amt zu verpflichten, ihm auf seinen Antrag vom 23. Februar 2004 zu den mit Rechnung vom 18. Februar 2004 geltend gemachten zahnärztlichen Aufwendungen eine weitere Beihilfe in Höhe von 291,84 EUR zu gewähren und den Beihilfebescheid des beklagten Amtes vom 26.Februar 2004 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 18. März 2004 aufzuheben, soweit er dem Begehren entgegensteht.
Das beklagte Amt beantragt,
die Klage abzuweisen.
Zur Begründung wiederholt und vertieft es seine Ausführungen aus dem Widerspruchsbescheid. Ergänzend führt es aus, dass die in der Zahnarztrechnung vom 18. Februar 2004 gegebenen Begründungen für eine Schwellenwertüberschreitung nicht ausreichten. Die Begründungen wiesen auf methodenbedingte und nicht auf patientenbezogene Erschwernisumstände hin. Es würde dem Ausnahmecharakter des Überschreitens des Schwellenwertes widersprechen, wenn schon eine vom Arzt allgemein oder häufig, jedenfalls nicht nur bei einzelnen Patienten wegen in ihre Person liegender Schwierigkeiten angewandte Behandlung als eine das Überschreiten des Schwellenwertes rechtfertigende Besonderheit angesehen würde. Die Feststellung derartige Besonderheiten erfordere eine hinreichend konkrete Bezeichnung, die in keinem Fall in ausreichendem Umfang gegeben worden sei.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und der beigezogenen Verwaltungsvorgänge des beklagten Amtes Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
Die Klage ist zulässig, aber nicht begründet.
Der Kläger hat keinen Anspruch auf die von ihm begehrte weitergehende Beihilfe, soweit es die Schwellenwertüberschreitung in der Rechnung seines Zahnarztes vom 18. Februar 2004 angeht. Der Bescheid des beklagten Amtes vom 26. Februar 2004 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 18. März 2004 ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten (§ 113 Abs. 5 Satz 1 VwGO).
Rechtsgrundlage für den geltend gemachten Anspruch des Klägers ist § 87 c NBG i. V. m. der zur Zeit der Entstehung der Aufwendungen (Februar 2004) geltenden Allgemeinen Verwaltungsvorschrift für Beihilfen in Krankheits-, Pflege-, Geburts- und Todesfällen in der Fassung vom 1. November 2001 (GMBl. S. 919) - BhV -. Nach der neuesten Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichtes (vgl. Urt. v. 17.6.2004 - 2 C 50.02 -, ZBR 2005, 42 = DVBl. 2004, 1420) genügen diese Beihilfevorschriften als Verwaltungsvorschriften zwar nicht (mehr) den Anforderungen des verfassungsrechtlichen Gesetzesvorbehaltes, da die wesentlichen Entscheidungen über Leistungen an Beamte, Richter und Versorgungsempfänger im Falle von Krankheit und Pflegebedürftigkeit der Gesetzgeber zu treffen habe. Dies gilt auch, soweit die Beihilfevorschriften des Bundes - wie hier - durch Landesrecht inkorporiert worden sind (vgl. BVerwG, Urt. v. 25.11.2004 - 2 C 30.03 -, ZBR 2005, 168). Trotz dieses Defizits normativer Regelungen ist aber hiernach für eine - nicht näher bestimmte - Übergangszeit von der Weitergeltung der Beihilfevorschriften auszugehen.
Nach § 5 Abs. 1 Satz 2 BhV bestimmt sich die Angemessenheit der Aufwendungen für zahnärztliche Leistungen ausschließlich nach dem Gebührenrahmen der GOZ. Dabei kann nach dem Halbsatz 2 dieser Vorschrift nur eine Gebühr, die den Schwellenwert des Gebührenrahmens der GOZ nicht überschreitet, als angemessen angesehen werden, soweit keine begründeten besonderen Umstände vorliegen. Gemäß § 5 Abs. 2 Satz 4 GOZ richtet sich eine Gebühr in der Regel nach dem 1-fachen bis 2,3-fachen des Gebührensatzes; eine Überschreitung des Schwellenwertes von 2,3 ist nur zulässig, wenn Besonderheiten der in Satz 1 dieser Vorschrift genannten Bemessungskriterien dies rechtfertigen. Dabei ist gemäß § 10 Abs. 3 Satz 1 GOZ die Überschreitung des 2,3-fachen Gebührensatzes schriftlich zu begründen. Mithin hat die Annahme von „Besonderheiten“ i. S. v. § 5 Abs. 2 Satz 4 Halbsatz 2 GOZ den Charakter einer Ausnahme und setzt voraus, dass Besonderheiten gerade bei der Behandlung des betreffenden Patienten, abweichend von der großen Zahl der Behandlungsfälle aufgetreten sind. Dem Ausnahmecharakter des Überschreitens des Schwellenwertes widerspräche es, wenn schon eine vom Zahnarzt allgemein oder häufig, jedenfalls nicht nur bei einzelnen Patienten wegen in ihrer Person liegenden Schwierigkeiten, angewandte Verfahrensweise bei der Ausführung einer im Gebührenverzeichnis beschriebenen Leistung als das Überschreiten des Schwellenwertes rechtfertigende Besonderheit angesehen würde. Der Schwellenwert deckt gerade auch die Mehrzahl der schwierigen und aufwendigen Behandlungsfälle ab. Zur Rechtfertigung einer Überschreitung dieses Schwellenwertes müssen also aufgrund patientenbezogener Umstände abweichend von der Mehrzahl der Behandlungsfälle erheblich überdurchschnittliche Leistungen erbracht worden sein. Dem Bereich des Schwellenwertes sind folglich die große Mehrzahl aller Behandlungsfälle und damit auch solche zugeordnet, die überdurchschnittlich aufwendig oder schwierig, aber eben noch nicht durch ungewöhnliche Besonderheiten gekennzeichnet sind. Es müssen mit anderen Worten schwerwiegende Besonderheiten auftreten, die bei der Mehrzahl vergleichbarer Behandlungsfälle so nicht auftreten, die also ganz außergewöhnlich sind und völlig aus dem Rahmen fallen. Demgegenüber ist es nicht von Bedeutung, dass seit dem In-Kraft-Treten der GOZ zum 1. Januar 1988 sich verschiedene Verfahren weiterentwickelt haben, da technische Neuerungen eingetreten sind und praktische Erkenntnisse den Qualitätsstandard im Allgemeinen gehoben haben. Allein die Anwendung eines bestimmten Verfahrens, das früher vielleicht so noch nicht angewandt worden ist, reicht als Begründung für die Überschreitung des Schwellenwertes nicht aus (so auch VG Oldenburg, Urt. v. 8.10.2004 - 6 A 4255/02 -, vgl. hierzu auch Schröder/Beckmann/Weber, Beihilfevorschriften, Kommentar, Stand: Mai 2006, § 5 Anm. 5 (3) und (4); Topka/Möhle, Kommentar zum Beihilferecht Niedersachsens und des Bundes, Stand: August 2006, § 5 Anm. 3.7.5 m. w. N.).
Hierin liegt kein Verstoß gegen höherrangiges Recht. Die Gewährung von Beihilfe ist Ausdruck der Fürsorgepflicht des Dienstherrn. Diese gebietet aber nicht, generell Beihilfe zu jeglichen Aufwendungen zu gewähren, die aus Anlass einer Erkrankung im Einzelfall entstanden sind. Die Beihilfevorschriften können angesichts des weiten Gestaltungsspielraums, den der Dienstherr bei der Konkretisierung der ihm obliegenden Fürsorgepflicht hat, vielmehr Art und Umfang der Fürsorgepflicht des Dienstherrn am Maßstab durchschnittlicher Verhältnisse losgelöst vom Einzelfall pauschalierend festlegen. Im Hinblick auf die lediglich ergänzende Funktion der Beihilfe muss der Beamte daher Härten und Nachteile hinnehmen, die sich aus dieser pauschalierenden und typisierenden Betrachtungsweise ergeben. Die Grenze ist erst dann überschritten, wenn dem Beamten unzumutbare Kosten und Risiken aufgebürdet werden, so dass sein amtsangemessener Lebensunterhalt wegen der finanziellen Belastungen nicht mehr gewährleistet und deswegen die Fürsorgepflicht in ihrem Wesenskern verletzt ist (BVerwG, Urt. v. 3.7.2003 - 2 C 36.02 -, BVerwGE 118, 277 = ZBR 2004, 49).
Ausgehend von diesen Grundsätzen ist festzustellen, dass die für die Schwellenwertüberschreitung gegebenen Begründungen, die allein noch im Streit sind, allesamt nicht ausreichen.
Nach Gebührennummer 3 der GOÄ erhält der Zahnarzt eine Gebühr für eine eingehende, das gewöhnliche Maß übersteigende Beratung - auch mittels Fernsprecher. Warum hier der 2,3-fache Gebührenfaktor nicht ausreichend ist, wurde vom Zahnarzt nicht hinreichend deutlich gemacht. Hierfür reicht es bei dieser Gebührennummer nicht, nur zu schreiben „abweichend von der Mehrzahl der Behandlungsfälle überdurchschnittlicher Zeitaufwand und Schwierigkeit, aufgrund erneutes, weiter vertieftes Aufklärungsgespräch sowie einschließlich intensiver und alternativer Zahnersatzbesprechung. Weit über vorgeschriebene Zeit hinausgehend, erheblich erhöhter zeitlicher Aufwand“.
Die Gebühren-Nummer 517 der GOZ erhält der Zahnarzt bei anatomischer Abformung des Kiefers mit individuellem Löffel bei ungünstigen Zahnbogen und Kieferformen und /oder tiefansetzenden Bändern oder spezieller Abformung zur Remontage. Angesichts dieser vergüteten Leistung ist die Begründung für die Erhöhung des Faktors über 2,3 hinaus nicht ausreichend. Der Zahnarzt schreibt lediglich „abweichend von der Mehrzahl der Behandlungsfälle überdurchschnittlicher Zeitaufwand und Schwierigkeit, aufgrund mehrfacher Abformung wegen Schwierigkeit der Detaildarstellung und Präzision sowie Sicherheit erforderlich. Zusätzlich erheblich erschwert aufgrund extrem tiefer Abformung mit Behinderung durch einstrahlende Bänder“. Diese Begründung stellt nur eine Beschreibung dessen dar, was mit der Leistung nach 517 abgerechnet wird. Individuelle Besonderheiten, wie sie nicht bei vielen Patienten vorkommen und die möglicherweise ein Überschreiten des Schwellenwertes rechtfertigen könnten, werden nicht deutlich.
Das Gleiche gilt für die Überschreitung des Schwellenwertes bei den Nummern 801, 802 und 805 GOZ . Es handelt sich hier um funktionsanalytische und funktionstherapeutische Leistungen, die u.a. bei Erkrankungen der Kieferngelenke angewendet werden. Die vom Zahnarzt für eine Schwellenwertüberschreitung gegebene Begründung ist ebenfalls nicht ausreichend. Er schreibt „abweichend von der Mehrzahl der Behandlungsfälle überdurchschnittlicher Zeitaufwand und Schwierigkeit aufgrund erheblich erschwert durch starke Abrasionen und sehr starken Bruxismus sowie fehlender Eckzahnführung“. Die gegebene Begründung Abrasionen und Bruxismus sowie fehlender Eckzahnführung sind aber lediglich der Grund für eine funktionsanalytische und funktionstherapeutische Leistung. Es wird nicht deutlich, warum hier der 2,3-fache Gebührenrahmen nicht ausreichend sein soll.
Mit der Gebühren-Nummer 219 GOZ wird die Vorbereitung eines zerstörten Zahnes durch gegossenen Aufbau mit Stiftverankerung oder Schraubenaufbau zur Aufnahme einer Krone abgerechnet. Die Gebühren-Nummer 221 GOZ wird bei der Versorgung eines Zahnes durch eine Vollkrone (Hohlkehl- oder Stufenpräparation) angesetzt. Angesichts dieser Leistungsbeschreibungen belegt die vom Zahnarzt gegebene Begründung nicht die Notwendigkeit für eine Überschreitung des Schwellenwertes. Die Begründung „Präparation tief unter der Gingiva, dadurch erheblicher erhöhter Aufwand“, ist nicht ausreichend, da bei diesen Gebühren-Nummern eine Präparation regelmäßig unter der Gingiva stattfinden muss. Sie trifft eine Vielzahl der Patienten. Das Gleiche gilt hinsichtlich der weiteren Begründung „abweichend von der Mehrzahl der Behandlungsfälle überdurchschnittlicher Zeitaufwand und Schwierigkeit aufgrund erheblich erschwerter Retentionsfindung wegen umfangreicher Zahnreduktion“ und für die zusätzlich bei der Gebühren-Nummer 221 GOZ gegebene Begründung „erhöhter Aufwand wegen zusätzlicher keramischer Stufe vestibulär sowie anatomisch sehr schwierig sowie erheblich erschwert aufgrund chirurgischer Kronenverlängerung“. Bei der Vorbereitung eines zerstörten Zahnes ist die Retentionsfindung regelmäßig schwierig. Worin hier beim Kläger die ungewöhnlichen Besonderheiten bestanden haben, die eine ausnahmsweise Überschreitung des Schwellenwertes rechfertigen könnten, wird durch die Begründung nicht deutlich. Die zusätzliche keramische Stufe sowie Schwierigkeiten aufgrund einer Kronenverlängerung stellen zahnärztliche „Herausforderungen“ dar, die häufiger vorkommen und eine schwerwiegende Besonderheit nicht deutlich machen.
Mit der Gebühren-Nummer 222 GOZ wird die Versorgung eines Zahnes durch eine Teilkrone mit Retentionsrillen oder -kasten oder mit Pinledges einschließlich Rekonstruktion der gesamten Kaufläche abgerechnet. Zur Überschreitung des Schwellenwertes hat der Zahnarzt ausgeführt, dass „abweichend von der Mehrzahl der Behandlungsfälle ein überdurchschnittlicher Zeitaufwand und eine Schwierigkeit aufgetreten ist wegen besonders aufwendiges Einsetzen mit Dentin-Adhäsiv-Bond-Klebe-Technik“ und dass es zusätzlich anatomisch schwierig war. Die Begründung die Verwendung der Adhäsiv-Technik sei besonders aufwendig reicht nicht. Diese Technik stellt keine besonders außergewöhnliche Art der zahnärztlichen Behandlung dar (so auch VG Oldenburg, Urteil vom 6.8.2002 - 6 A 4176/00 -). Der bloße Hinweis „anatomisch schwierig“ lässt nicht erkennen, dass beim Kläger insoweit eine von der Mehrzahl aller Behandlungsfälle abweichende außergewöhnliche Situation vorliegt, die eine Überschreitung des Schwellenwertes rechtfertigen könnte. Die Begründung ist zu pauschal.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 167 VwGO i.V.m. § 708 Nr. 11 ZPO.
Gründe, die Berufung nach § 124 a Abs. 1 Satz 1 i.V.m. § 124 Abs. 2 Nr. 3 oder Nr. 4 VwGO zuzulassen, sind nicht gegeben.