Verwaltungsgericht Lüneburg
Beschl. v. 29.11.2006, Az.: 4 A 385/06

Arbeitsgemeinschaft; Arbeitssuchender; Auslegung; Ausnahmevorschrift; Fachgerichtsbarkeit; Grundsicherung; Gründung; Klageart; Leistungsanspruch; Rechtsmaterie; Rechtsweg; Sachgebiet; Sozialgericht; Sozialgerichtsbarkeit; Sozialgesetzbuch; Verwaltungsgerichtsbarkeit; Zuständigkeit; Zuständigkeitsregelung

Bibliographie

Gericht
VG Lüneburg
Datum
29.11.2006
Aktenzeichen
4 A 385/06
Entscheidungsform
Beschluss
Referenz
WKRS 2006, 53229
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
[keine Angabe]

Gründe

1

Nach § 51 Abs. 1 Nr. 4 a Sozialgerichtsgesetz - SGG - entscheiden die Gerichte der Sozialgerichtsbarkeit über öffentlich-rechtliche Streitigkeiten in Angelegenheiten der Grundsicherung für Arbeitssuchende. Um eine derartige Streitigkeit der Grundsicherung für Arbeitssuchende handelt es sich auch im vorliegenden Fall. Der Kläger wendet sich unter Berufung auf zwei Entscheidungen des Landessozialgerichts dagegen, dass die Beklagte zu 1. und der Beklagte zu 2. keine Arbeitsgemeinschaft gegründet haben.

2

Streitentscheidende Norm, auf die der Kläger seinen Anspruch stützt, ist vorliegend § 44 b SGB II i. V. m. § 6 SGB II. Beide Vorschriften sind im Sozialgesetzbuch, 2. Buch - SGB II - enthalten, das die Grundsicherung für Arbeitssuchende regelt. § 44 b Abs. 1 SGB II sieht vor, dass zur einheitlichen Wahrnehmung ihrer Aufgaben die Träger der Leistungen im Bezirk jeder Agentur für Arbeit eine Arbeitsgemeinschaft errichten. Die Vorschrift steht im 4. Kapitel des SGB II unter der Überschrift „Gemeinsame Vorschriften für Leistungen“. Streitigkeiten wie die Vorliegende, in der der Kläger geltend macht, es sei nicht die gesetzlich vorgesehene Arbeitsgemeinschaft gebildet worden und die vorhandenen Leistungsträger würden unzulässiger Weise konkurrierend tätig, sind daher dem Sachgebiet der „Angelegenheiten der Grundsicherung für Arbeitssuchende“ im Sinne von § 51 Abs. 1 Nr. 4 a SGG zuzuordnen. Diese Zuständigkeitsregelung ist trotz der enumerativen Auflistung in § 51 Abs. 1 SGG und ihres Charakters als Ausnahmevorschrift zu § 40 Abs. 1 Satz 1 VwGO weit auszulegen, um die gesetzgeberische Absicht einer Konzentration sozialrechtlicher Sachen bei speziellen Gerichten - den Sozialgerichten - zu erreichen (vgl. Eyermann, VwGO, Kommentar, 11. Aufl. 2000, § 40 Rdnr. 140). Ihr Anwendungsbereich beschränkt sich, wie schon der im Gesetzestext verwendete Begriff der „Angelegenheiten“ deutlich macht, nicht auf sozialrechtliche Ansprüche im engeren Sinne, wie etwa Leistungsansprüche, sondern umfasst alle Streitigkeiten, die mit der Gewährung von Leistungen der Grundsicherung an Arbeitssuchende durch die Leistungsträger i.S.v. §§ 44 b, 6 SGB II zusammen hängen. Eine Zuständigkeit der allgemeinen Verwaltungsgerichtsbarkeit für isolierte Verfahrensfragen, die in der Sozialgerichtsbarkeit zugewiesenen Rechtsstreitigkeiten auftreten können, wie vorliegend die Fragen der Behördenorganisation und der einheitlichen Entscheidung nach dem Zweiten Abschnitt des Vierten Kapitels des SGB II, besteht daher nicht (vgl. Beschluss der Kammer v. 15.2.1006 - 4 A 272/05 -).

3

Soweit der Kläger geltend macht, die Sozialgerichte hätten bereits erklärt, dass ihnen bezüglich der „Uelzener Besonderheiten“ die Hände gebunden seien, rechtfertigt dies keine abweichende Beurteilung. Gleiches gilt für die Frage der statthaften Klageart. Das Gericht des unzuständigen Rechtsweges hat kein Ermessen bei der Prüfung seiner Zuständigkeit und der Entscheidung über die Verweisung des Rechtsstreits an das Gericht des zulässigen Rechtsweges. Die vom Gesetzgeber getroffenen Entscheidungen über die Zuweisung von einzelnen Rechtsmaterien an die Fachgerichtsbarkeiten betreffen den Bereich des gesetzlichen Richters im Sinne von Art. 101 Abs. 1 GG.

4

Die Kostenentscheidung beruht auf § 173 VwGO i. V. m. § 17 b Abs. 2 Satz 1 GVG.