Verwaltungsgericht Lüneburg
Beschl. v. 21.11.2005, Az.: 3 B 84/05
aufschiebende Wirkung; Aussetzungsantrag; Castor; Eilantrag; Platzverweis; vorläufiger Rechtsschutz; Widerspruchsverfahren; Zulässigkeit
Bibliographie
- Gericht
- VG Lüneburg
- Datum
- 21.11.2005
- Aktenzeichen
- 3 B 84/05
- Entscheidungsform
- Beschluss
- Referenz
- WKRS 2005, 50819
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- [keine Angabe]
Rechtsgrundlagen
- § 80 Abs 5 VwGO
- § 80 Abs 2 S 1 Nr 2 VwGO
- Art 19 Abs 4 GG
- § 80 Abs 8 VwGO
Amtlicher Leitsatz
Leitsatz
Ein Aussetzungsantrag nach § 80 Abs. 5 VwGO kann zulässigerweise erst gestellt werden, wenn der jeweilige Antragsteller Anfechtungsklage erhoben hat. Erst sie kann die aufschiebende Wirkung auslösen, die vom Gericht angeordnet werden soll. Die Anordnung der aufschiebenden Wirkung eines noch nicht eingelegten Rechtsbehelfs kann nicht beantragt werden, da § 80 Abs. 5 VwGO nicht der Gewährung vorbeugenden Rechtsschutzes dient.
Gründe
Der Antragsteller begehrt vorläufigen Rechtschutz gegen einen Platzverweis.
Der Antrag auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes nach § 80 VwGO ist unzulässig, da der Antragsteller keine Klage erhoben hat.
Nach § 80 Abs. 1 Satz 1 VwGO haben Widerspruch und Anfechtungsklage aufschiebende Wirkung. Nach § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 VwGO entfällt die aufschiebende Wirkung bei unaufschiebbaren Anordnungen und Maßnahmen von Polizeivollzugsbeamten. Nach Abs. 5 a.a.O. kann das Gericht der Hauptsache die aufschiebende Wirkung jedoch anordnen, wobei der Antrag schon vor Erhebung der Anfechtungsklage zulässig ist.
Ausgehend von dieser Vorschrift ist der Antrag unzulässig.
Der Platzverweis wurde im Sinne des § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 VwGO von Polizeibeamten angeordnet: Nach dem von dem Antragsteller überreichten Protokoll wurde am 20. November 2005 ein bis zum Ablauf des 22. November 2005 befristeter Platzverweis vom einem „PM B.“ ausgesprochen.
Indes kann der Aussetzungsantrag nach § 80 Abs. 5 VwGO zulässigerweise erst gestellt werden, wenn der jeweilige Antragsteller - was hier nicht geschehen ist - Anfechtungsklage erhoben hat. Erst die Klage löst die aufschiebende Wirkung aus, die vom Gericht angeordnet werden kann. Die Anordnung der aufschiebenden Wirkung eines noch nicht eingelegten Rechtsbehelfs kann nicht beantragt werden, da § 80 Abs. 5 VwGO nicht der Gewährung vorbeugenden Rechtsschutzes dient. Wenn es in § 80 Abs. 5 VwGO heißt, dass der Antrag schon vor Erhebung der Anfechtungsklage zulässig ist, betrifft dies den Fall, in dem die aufschiebende Wirkung eines eingelegten Widerspruches betroffen ist. Ist - wie in Niedersachsen - das Widerspruchsverfahren weitgehend (auch für Fälle der vorliegenden Art) abgeschafft, kann der Eilantrag frühestens mit der Klageerhebung gestellt werden. Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus Art. 19 Abs. 4 GG und dem Zweck der Rechtsbehelfsfristen, dem Betreffenden eine Überlegungszeit einzuräumen (so aber Kopp/Schenke, VwGO, 14. Auflage 2005, § 80 Randnr. 139). Denn wer Zeit zur Überlegung hat, ob er einen Aussetzungsantrag stellen will, hat auch Zeit zur Überlegung, ob er eine Anfechtungsklage erheben will. Zudem besteht für vorläufigen Rechtsschutz kein Bedürfnis, wenn ein durch Klage offengehaltenes Hauptsacheverfahren (noch) gar nicht vorhanden ist (vgl. Schoch/Schmidt-Assmann/Pietzner, VwGO, Kommentar, § 80 Randnr. 314 f; Finkelnburg/Jank, Vorläufiger Rechtsschutz im Verwaltungsstreitverfahren, 4. Auflage 1998, Randnr. 952; a.A.: Kopp/u.a., a.a.O.).
Da es dem Antragsteller darum geht, seine Proteste gegen den Castor-Transport zum Ausdruck zu bringen, solange der Transport noch nicht im Zwischenlager eingetroffen ist, sieht es der Vorsitzende als geboten an, selbst unverzüglich gem. § 80 Abs. 8 VwGO zu entscheiden, ohne den Antragsteller zuvor auf die aufgezeigte Rechtsproblematik zur Zulässigkeit des Antrages hinzuweisen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO. Die Festsetzung des Streitwerts beruht auf §§ 53 Abs. 3, 52 Abs. 2 GKG.