Oberverwaltungsgericht Niedersachsen
Beschl. v. 25.07.2024, Az.: 11 LA 303/23

Nichtzulassung der Berufung gegen die angeordnete Fortnahme von Schafen und die Verfügung von Haltungs- und Betreuungsverboten hinsichtlich verschiedener Tierarten

Bibliographie

Gericht
OVG Niedersachsen
Datum
25.07.2024
Aktenzeichen
11 LA 303/23
Entscheidungsform
Beschluss
Referenz
WKRS 2024, 20209
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
ECLI:DE:OVGNI:2024:0725.11LA303.23.00

Verfahrensgang

vorgehend
VG Lüneburg - 12.06.2023 - AZ: 6 A 157/21

Amtlicher Leitsatz

Unsubstantiierter Beweisantrag, der auf die Entkräftung einer Stellungnahme des beamteten Tierarztes gemäß § 15 Abs. 2 TierSchG gerichtet ist.

  1. 1.

    Im Anwendungsbereich des Tierschutzgesetzes sind bei Beweisanträgen hinsichtlich des Maßes der erforderlichen Substantiierung die Besonderheiten des Tierschutzgesetzes in Bezug auf das Gewicht amtstierärztlicher Stellungnahmen zu beachten

  2. 2.

    Bei einer Mehrfachbegründungen für die Ablehnung eines Beweisantrages genügt es, wenn ein Ablehnungsgrund tragfähig ist, um eine Verletzung des rechtlichen Gehörs gemäß Art 103 Abs. 1 GG auszuschließen.

Tenor:

Der Antrag des Klägers auf Zulassung der Berufung gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Lüneburg - Einzelrichterin der 6. Kammer - vom 12. Juni 2023 wird abgelehnt.

Der Kläger trägt die Kosten des Zulassungsverfahrens.

Der Wert des Streitgegenstandes für das Zulassungsverfahren wird auf 10.000 EUR festgesetzt.

Gründe

Der Antrag des Klägers auf Zulassung der Berufung gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts hat keinen Erfolg.

Der Kläger wendet sich gegen die vom Beklagten angeordnete Fortnahme von 14 Schafen und die Verfügung von Haltungs- und Betreuungsverboten hinsichtlich verschiedener Tierarten.

Er ist Inhaber eines landwirtschaftlichen Betriebes auf dem Betriebsgrundstück "A-Straße" in A-Stadt und Erster Vorsitzender des Vereins "E.". Zum Zeitpunkt des streitgegenständlichen Bescheides vom 29. März 2021 hielt der Kläger nach den Angaben des Beklagten 63 Schafe, drei Rinder und ein Schwein.

Die Tierhaltung des Klägers wurde in den letzten Jahren regelmäßig und ab 2018 vermehrt von dem Beklagten kontrolliert. Im Jahr 2020 fanden über 20 tierschutzrechtliche Kontrollen der Tierhaltung statt, bei denen die Amtstierärzte des Beklagten wiederholt tierschutz- und tierseuchenrechtliche Mängel feststellten und gegenüber dem Kläger mündliche und schriftliche Anordnungen zur Beseitigung der Mängel erließen.

Bei einer am 9. Februar 2021 durchgeführten tierschutzrechtlichen Kontrolle stellten die Amtstierärztinnen des Beklagten bei den gehaltenen Rindern einen unzureichenden Ernährungszustand und so stark verunreinigte Einstreu fest, dass die Rinder mit Kot verschmutzt gewesen seien. Schafe seien in einer baufälligen Scheune gehalten worden und ebenfalls in einem unzureichenden Ernährungszustand gewesen und ohne hinreichende Einstreu gehalten worden. Die auf dem Hofgelände und in einer Stallung in einem ehemaligen Wohnhaus gehaltenen Schafe hätten kein Futter zur Verfügung gehabt. Bezüglich des gehaltenen Schweins stellten die Amtstierärztinnen ebenfalls einen unzureichenden Ernährungszustand und ungenügende Einstreu fest. Bei einer weiteren amtstierärztlichen Kontrolle am 22. Februar 2021 wurden mindestens drei tote Schafe verscharrt auf dem Hofgelände gefunden. Bei einer am 3. März 2021 durchgeführten Kontrolle wurden etwa neun Tierkörper und Teile eines Skelettes gefunden. Unter dem 24. März 2021 erfolgte eine abschließende amtstierärztliche Stellungnahme, in der die Amtstierärzte zu dem Ergebnis kamen, die Haltungsform des Klägers führe zu erheblichem Leiden seiner Tiere.

Nach ordnungsgemäßer Anhörung mit Schreiben des Beklagten vom 23. Februar 2021 und anschließender Stellungnahme des Klägers vom 12. März 2021, ordnete der Beklagte gegenüber dem Kläger mit Bescheid vom 29. März 2021 die Fortnahme von 14 Schafen an (Ziffer 1). Der Beklagte räumte dem Kläger die Möglichkeit ein, die Schafe innerhalb von zwei Wochen nach Zustellung des Bescheides an einen anderen Halter abzugeben und ihm darüber einen Nachweis zu erbringen. Weiterhin verfügte der Beklagte gegenüber dem Kläger ein Haltungs- und Betreuungsverbot für Rinder (Ziffer 2), ein Haltungs- und Betreuungsverbot für Schafe und Ziegen, soweit der Kläger insgesamt mehr als 40 Schafe und/oder Ziegen halte (Ziffer 3), sowie ein Haltungs- und Betreuungsverbot für Schweine (Ziffer 4), wobei das derzeit vom Kläger gehaltene Schwein bei ihm verbleiben dürfe. Weiter ordnete der Beklagte die sofortige Vollziehung der Maßnahmen der Ziffern 1 bis 4 des Bescheides an und drohte für den Fall des Nichtbefolgens von Ziffern 1 bis 3 unmittelbaren Zwang an. Zur Begründung führte der Beklagte im Wesentlichen aus, die Ziffer 1 des Bescheides beziehe sich auf die 14 Schafe, die in einem einsturzgefährdeten Stall gehalten würden und einen sehr schlechten Ernährungszustand aufwiesen. Ferner halte er drei Rinder, die nur unzureichend mit Futter und Wasser versorgt würden. Auch stehe den Rindern keine ausreichend eingestreute trockene Unterlage zur Verfügung. Die Tiere seien mager bis sehr mager; die Rippen und Dornfortsätze der Wirbelsäule seien erkennbar. Zudem halte der Kläger ein Schwein, dem kein regelmäßiger Zugang zu sauberem Trinkwasser und Futter gewährt werde. Auch habe dem Tier wiederholt keine trockene Liegefläche zur Verfügung gestanden. Der Kläger habe mehrere Anordnungen in Bezug auf die Tiere nicht umgesetzt.

Ein durch den Kläger betriebenes vorläufiges Rechtsschutzverfahren blieb sowohl in der ersten Instanz (6 B 43/21) als auch in dem nachfolgenden Beschwerdeverfahren (11 ME 122/21) erfolglos.

Der Kläger legte eine Tierarztrechnung der Tierarztpraxis F. datierend auf den 29. Januar 2021 (Bl. 72 Gerichtsakte) vor, der zu entnehmen ist, dass am 28. Januar 2021 ein Besuch/eine Beratung stattgefunden habe und folgende Beobachtungen gemacht worden seien:

"Untersuchung Tierbestand (60 Mutterschafe, 3 Rinder), Schafsherde in G. mittlerer bis guter Ernährungszustand, keine Lahmheiten: 6 Schafe "Stall" schlechter Ernährungszustand; Rind (99475) mager".

Ferner legte der Kläger eine Stellungnahme des Tiergesundheitsdiensts der Landwirtschaftskammer Niedersachsen vom 30. November 2021 zu einem tierärztlichen Bestandsbesuch der Frau H. vom 22. November 2021 auf dem Betrieb des Klägers hinsichtlich seiner Schafshaltung in einem Umfang von nunmehr 30 Tieren vor (vgl. zum Inhalt der tierärztlichen Stellungnahme Bl. 195 ff. Gerichtsakte). Darüber hinaus legte der Kläger eine Stellungnahme des Rindergesundheitsdienstes der Landwirtschaftskammer Niedersachsen - datierend auf den 15. November 2021 - zu einer Beurteilung der Tiergesundheit der drei Rinder des Klägers, welche seit Juni 2021 auf einem anderen Betrieb untergebracht waren, vom 10. November 2021 vor (vgl. zum Inhalt der Stellungnahme Bl. 198 ff. Gerichtsakte).

In der mündlichen Verhandlung vor dem Verwaltungsgericht vom 12. Juni 2023 stellte der Kläger einen Antrag auf Vernehmung des Betriebsarztes I. sowie des Fachtierarztes für Schafhaltung J. als Zeugen (nachfolgend: Betriebs-/Fachtierärzte) zum Beweis seiner Behauptung, die am 29. März 2021 auf seinem Betrieb gehaltenen Rinder, Schafe und Schweine seien am 29. März 2021 und zuvor in einem guten Gesundheits- und altersgerechten physischen Zustand gewesen.

Diesen Antrag lehnte das Verwaltungsgericht ab und wies die Klage mit dem angefochtenen Urteil vom 12. Juni 2023 ab.

Der gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts gerichtete Antrag des Klägers auf Zulassung der Berufung ist nicht begründet.

Der Antrag hat in der Sache keinen Erfolg, da der von dem Kläger allein geltend gemachte Berufungszulassungsgrund eines Verfahrensmangels nach § 124 Abs. 2 Nr. 5 VwGO nicht hinreichend dargelegt ist bzw. nicht vorliegt.

Der Kläger macht insoweit im Wesentlichen geltend, die Ablehnung seines in der mündlichen Verhandlung vom 12. Juni 2023 gestellten Antrags auf Vernehmung der Betriebs-/Fachtierärzte stelle einen Verstoß gegen seinen Anspruch auf rechtliches Gehör dar (dazu 1.). Darüber hinaus macht er geltend, die amtstierärztliche Stellungnahme, auf die das Verwaltungsgericht tragend abgestellt habe, sei offensichtlich widersprüchlich gewesen, sodass das Verwaltungsgericht gehalten gewesen sei, weiter aufzuklären (dazu 2.).

1. Die Ablehnung des in der mündlichen Verhandlung vom 12. Juni 2023 gestellten Antrags des Klägers auf Vernehmung seiner Betriebs-/Fachtierärzte als Zeugen stellt keinen Verstoß gegen seine Rechte auf rechtliches Gehör nach Art. 103 Abs. 1 GG dar, da die Ablehnung des Antrags eine Stütze im Verfahrensrecht findet.

Die Nichtberücksichtigung eines erheblichen Beweisantrages kann zwar einen Verstoß gegen den Grundsatz der Gewährung rechtlichen Gehörs (Art. 103 Abs. 1 GG) darstellen; dies ist aber nur der Fall, wenn sie im Prozessrecht keine Stütze findet (vgl. BVerfG, Beschl. v. 8.4.2004 - 2 BvR 743/03 - juris Rn. 11; BVerwG, Beschl. v. 7.11.2022 - 1 B 64/22 - juris Rn. 4 u. Beschl. v. 12.3.2004 - 6 B 2/04 - juris Rn. 9). Ob dies bereits bei jeder sachlich unrichtigen Ablehnung eines Beweisantrages der Fall ist oder zusätzlich voraussetzt, dass aus den konkret angegebenen Gründen ein Beweisantrag schlechthin nicht abgelehnt werden darf (vgl. Nds. OVG, Beschl. v. 16.12.2004 - 8 LA 262/04 - juris Rn. 5), kann hier offen bleiben, da jedenfalls einer der von dem Verwaltungsgericht genannten Ablehnungsgründe eine Stütze im Prozessrecht findet.

Das Verwaltungsgericht hat den in der mündlichen Verhandlung vom 12. Juni 2023 durch den Kläger gestellten Antrag auf Vernehmung seiner Betriebs-/Fachtierärzte als Zeugen mit der folgenden Begründung abgelehnt:

Der Beweisantrag ist abzulehnen, weil er zu unsubstantiiert ist, da lediglich pauschal behauptet wird, die benannten Tierärzte könnten darlegen, dass die Tiere des Klägers sich am 29. März 2021 und zuvor in einem angemessenen Gesundheitszustand befunden haben. Es ist nicht ersichtlich, dass diese Tatsache mit einem gewissen Maß an Bestimmtheit als wahr und mit den benannten Zeugen als beweisbar behauptet wird. Nach vorläufiger Einschätzung des Gerichts können heutige Bekundungen der benannten Zeugen nicht die damalige Feststellung der Amtstierärzte des Klägers widerlegen, selbst wenn sie damals Tiere im Bestand des Klägers behandelt haben.

Jedenfalls die erste durch das Verwaltungsgericht genannte Begründung, hinsichtlich der Unsubstantiiertheit des Beweisantrags, findet eine Stütze im Prozessrecht und ist auch sachlich richtig.

a) Der in der mündlichen Verhandlung vom 12. Juni 2023 gestellte Antrag des Klägers auf Vernehmung seiner Betriebs-/Fachtierärzte als Zeugen erfüllt nicht die Anforderungen der erforderlichen Substantiierung.

Ein Beweisantrag ist unter anderem dann unzulässig und kann abgelehnt werden, wenn es sich um einen Ausforschungs- oder Beweisermittlungsantrag handelt, wenn er also lediglich zum Ziel hat, Zugang zu einer bestimmten Informationsquelle zu erlangen, um auf diesem Wege Anhaltspunkte für neuen Sachvortrag zu gewinnen. Auch Beweisanträge, die so unbestimmt sind, dass im Grunde erst die Beweiserhebung selbst die entscheidungserheblichen Tatsachen und Behauptungen aufdecken kann, müssen regelmäßig dem Gericht eine weitere Sachaufklärung nicht nahelegen und können als unsubstantiiert abgelehnt werden. So liegt es, wenn für den Wahrheitsgehalt der Beweistatsachen nicht wenigstens eine gewisse Wahrscheinlichkeit spricht, das heißt, wenn sie mit anderen Worten ohne greifbare Anhaltspunkte willkürlich "aus der Luft gegriffen", "ins Blaue hinein", also "erkennbar ohne jede tatsächliche Grundlage" behauptet worden sind (BVerwG, Beschluss v. 19.10.2022 - 7 B 19/21 - juris Rn. 19, m.w.N.; Beschl. v. 6.1.2011 - 4 B 51/10 - juris Rn. 14; Beschl. v. 13.6.2007 - 4 BN 6/07 - juris Rn. 10). Unsubstantiierte Beweisanträge können auch solche sein, die dazu dienen sollen, unsubstantiierte Behauptungen zu stützen, etwa solche, die erkennbar ohne jede tatsächliche Grundlage erhoben worden sind und ohne ein Eingehen auf die sie entkräftenden Gegenbehauptungen aufrecht erhalten werden (Hüttenbrink, in: Kuhla/Hüttenbrink, Verwaltungsprozess, 3. Aufl. 2002, E. Rn. 220, m.w.N.).

Dies berücksichtigend hat das Verwaltungsgericht den Beweisantrag zutreffend wegen mangelnder Substantiierung abgelehnt. Hinsichtlich des Maßes der erforderlichen Substantiierung sind dabei die Besonderheiten des TierSchG in Bezug auf das Gewicht amtstierärztlicher Stellungnahmen zu beachten.

In der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts sowie des Senates ist geklärt, dass den Amtstierärzten bei der Frage, ob die Anforderungen des § 2 TierSchG erfüllt werden, eine vorrangige Beurteilungskompetenz zusteht. In einem exakten Nachweisen nur begrenzt zugänglichen Bereich einzelfallbezogener Wertungen - wie etwa der Bewertung der Folgen nicht artgerechter Haltung mit der Folge des Zufügens erheblicher oder länger anhaltender Schmerzen oder Leiden oder erheblicher Schäden - kommt der fachlichen Beurteilung von Amtstierärzten besonderes Gewicht zu. Als gesetzlich vorgesehene Sachverständige sind die Amtstierärzte gemäß § 15 Abs. 2 TierSchG für Aufgaben wie diese eigens bestellt (BVerwG, Beschl. v. 2.4.2014 - 3 B 62/13 - juris Rn. 10; Senatsurt. v. 20.4.2016 - 11 LB 29/15 - juris Rn. 39 u. v. 18.6.2013 - 11 LC 206/12 - juris Rn. 28; Senatsbeschl. v. 17.8.2015 - 11 LA 303/14 -). Durch ihr öffentlich-rechtliches Dienstverhältnis ist zudem gewährleistet, dass die Verfolgung eigener Interessen ausgeschlossen werden kann (vgl. Hirt, in: Hirt/Maisack/Moritz/Felde, TierSchG, 4. Aufl., 2023 § 15 Rn. 5 ff. u. § 16 a Rn. 23). Aus dieser besonderen Rolle der Amtstierärzte folgt, dass amtstierärztliche Untersuchungen bzw. Feststellungen in amtstierärztlichen Gutachten nicht durch pauschales Bestreiten oder unsubstantiierte gegenteilige Behauptungen erschüttert werden können (Senatsurt. v. 20.4.2016 - 11 LB 29/15 - juris Rn. 39; OVG SH, Beschl. v. 12.10.2021 - 4 MB 39/21 - juris Rn. 11; vgl. Hirt, in: Hirt/Maisack/Moritz/Felde, TierSchG, 4. Aufl., 2023 § 16 a Rn. 23a). Andererseits ist es nicht ausgeschlossen, dass die von diesen Amtstierärzten getroffenen Feststellungen substantiiert durch fachliche Stellungnahmen von Amtstierärzten anderer Körperschaften und bei anderen öffentlich-rechtlichen Körperschaften beschäftigten Fachtierärzten dergestalt in Frage gestellt werden können, dass den ggf. unterschiedlichen fachlichen Auffassungen durch die Tierschutzbehörde und die Gerichte nachzugehen ist (vgl. Senatsbeschl. v. 27.11.2017 - 11 LA 1/17 - V.n.b sowie Senatsurt. v. 20.4.2016 - 11 LB 29/15 - juris Rn. 39; OVG SA, Beschl. v. 16.4.2015 - 3 M 517/14 - juris Rn. 13).

Dies berücksichtigend hat das Verwaltungsgericht den Antrag des Klägers auf Vernehmung seiner Betriebs-/Fachtierärzte zutreffend als unsubstantiiert zurückgewiesen, soweit er damit seine Behauptung unter Beweis gestellt hat, die auf seinem Betrieb gehaltenen Rinder, Schafe und Schweine seien am 29. März 2021 und zuvor in einem guten Gesundheits- und altersgerechten physischen Zustand gewesen.

Diese Behauptung muss vor dem Hintergrund des Inhalts der amtstierärztlichen Stellungnahme vom 24. März 2021 als pauschal und eindeutig unsubstantiiert bewertet werden.

So ist durch die beamteten Tierärzte in ihrer abschließenden Stellungnahme vom 24. März 2021 u.a. ausgeführt worden, in der ersten Bucht hinter den Rindern hätten sich fünf Schafe befunden. Bei vier von fünf Tieren sei der Ernährungszustand mit der Ziffer eins und somit als schlecht zu bewerten. Bei den Tieren hätten scharf hervortretende Dornen- und Querfortsätze und ein schwach entwickelter Rückenmuskel ohne Fettabdeckung ertastet werden können. Bei einem Tier seien die Dornfortsätze als wellenförmige Erhebung, die Querfortsätze als weich fühlbar mit geringer Fettabdeckung gefühlt worden. Der Ernährungszustand sei mit der Ziffer zwei und somit als mäßig zu bewerten. In der zweiten Bucht hätten sich drei Minischafe befunden, bei denen der Ernährungszustand mit der Ziffer null und somit als stark unterernährt zu werten sei. Bei allen drei Tieren hätten weder entsprechende Muskulatur noch Fett erfühlt werden können. Auf dem "Mistberg" hätten sich zwei Schafsböcke befunden. Einer von diesen habe fixiert werden können. Der Ernährungszustand sei mit der Ziffer eins und somit als schlecht zu bewerten. Bei dem Tier hätten scharf hervortretende Dorn- und Querfortsätze und ein schwach entwickelter Rückenmuskel ohne Fettabdeckung ertastet werden können. In einer weiteren Bucht im maroden Stallgebäude hätten sich vier Schafsböcke befunden. Diese hätten allein adspektorisch mit einem stark unterernährten Ernährungszustand bewertet werden können. Die Dornfortsätze seien bei allen Tieren sichtbar gewesen. Bei zwei Tieren seien zusätzlich - trotz Wolle - noch die Hüft-, Sitz- und Kreuzbeinhöcker sichtbar gewesen. Der Ernährungszustand einer frei laufenden Heidschnucke sei durchschnittlich mit der Ziffer drei und einer guten Muskel- und Fettabdeckung zu bewerten gewesen. Bei Rindern würde der Ernährungszustand nach einer Skala von eins bis fünf bewertet, wobei die Rinder des Klägers zwischen eins und zwei einzuordnen seien. Die Ziffer eins stehe für extrem abgemagert und die Ziffer fünf für extrem verfettet. Dieser Index werde eingesetzt, um Kühe zu bewerten, die zur Milchproduktion verwendet würden. Der Wert solle zwischen 2,5 und 3,75 liegen. Der niedrigste Wert entstehe, wenn die Kuh durch die Abgabe von Milch mehr Energie verliere, als sie durch die Nahrung aufnehme. Da die Rinder des Klägers nicht gemästet würden, sei von einem angemessenen Index zwischen 3 und 3,5 auszugehen. Die Rinder des Klägers erreichten lediglich einen Wert von eins bis zwei, der auf eine unzureichende Fütterung oder mangelnde Liegemöglichkeiten der Rinder zurückgeführt werden könne. Das Schwein habe bei der Kontrolle am 9. Februar 2021 einen schlechten (mäßigen) Ernährungszustand aufgewiesen und dem Tier habe keine trockene Liegefläche zur Verfügung gestanden.

Die unter Beweis gestellte Behauptung des Klägers, seine Tiere befänden sich in einem guten Gesundheits- und altersgerechten physischen Zustand, setzt sich mit keiner der vorstehend ausgeführten, ins Detail gehenden, Beschreibungen der Amtstierärzte u.a. zum Ernährungszustand seiner Tiere auseinander. Soweit der Kläger mit seiner Formulierung "altersgerecht" - nach äußerst wohlwollender Auslegung - darauf abzuheben versuchen mag, dass seine Tiere zwar mager seien, dies aber als altersgerecht zu bewerten sei, wäre sodann jedenfalls ein Vortrag dazu erforderlich gewesen, was aus Sicht des Klägers - nach den seitens der beamteten Tierärzte aufgeworfenen Grundsätzen (Sichtbarkeit der Dornfortsätze bzw. Querfortsätze, vorhandene Muskulatur etc.) - ein altersgerechter physischer Zustand wäre und in welchem Bereich er die seitens der beamteten Tierärzte in Bezug genommenen Tiere zum fraglichen Zeitpunkt gesehen hat beziehungsweise in Bezug auf welches Kriterium die beamteten Tierärzte möglicherweise eine unzutreffende Wahrnehmung hatten. All dies erfolgte nicht. Vielmehr wären konkrete Tatsachen, die den Feststellungen der Amtstierärzte etwaig entgegen stehen könnten, mittels der beantragten Beweisaufnahme erst zu befördern gewesen, was - wie bereits ausgeführt - einen unzulässigen Ausforschungsbeweis darstellt.

b) Soweit der Kläger hinsichtlich seines in der mündlichen Verhandlung vom 12. Juni 2023 gestellten Antrags auf Vernehmung seiner Betriebs-/Fachtierärzte erstmals mit der Berufungszulassungsbegründung vom 21. August 2023 ausführt, sein Beweisantrag habe sich auf die fachliche Unrichtigkeit der amtstierärztlichen Einschätzung bezogen, die widersprüchlich sei, da die Amtstierärzte eine völlig unzureichende Tierhaltung durch den Kläger festgestellt hätten, wenngleich der wesentliche Tierbestand des Klägers gut ernährt gewesen sei und lediglich die Haltung der eingestallten 14 Schafe, drei Rinder und einem Schwein beanstandet worden sei, dieser Widerspruch habe durch das Verwaltungsgericht durch die beantragte Zeugenvernehmung aufgeklärt werden müssen, die benannten Zeugen seien aufgrund eigener fachkundiger Erkenntnisse im Betrieb des Klägers in der Lage, eigene Einschätzungen über den Gesundheitszustand seiner Tiere zu treffen, sowohl hinsichtlich des Tages der Entscheidung als auch in Bezug auf die Zeit davor, die benannten Zeugen hätten als Betriebstierärzte den Gesundheitszustand des gesamten Tierbestandes des Klägers über einen langen Zeitraum im Blick gehabt und die Tiere regelmäßig angesehen, untersucht und behandelt, vermag dies seinem in der mündlichen Verhandlung gestellten Antrag auf Vernehmung seiner Betriebs-/Fachtierärzte im Nachhinein nicht mehr zum Erfolg zu verhelfen, da für die Beurteilung, ob ein Beweisantrag zutreffend wegen mangelnder Substantiiertheit abgelehnt werden durfte auf den Inhalt des Beweisantrages abzustellen ist, wie er sich aus der Niederschrift der mündlichen Verhandlung ergibt (vgl. auch Schübel-Pfister, in: Eyermann, VwGO, 16. Aufl. 2022, § 86 Rn. 61 ff.). Ungeachtet dessen bleiben auch diese Ausführungen hinter dem notwendigen Maß an Substantiierung zurück. Denn auch diesen Ausführungen ist eine hinreichende tatsächliche Grundlage, die geeignet sein könnte, die ausgeführten, ins Detail gehenden Beschreibungen der Amtstierärzte in Frage zu stellen, nicht zu entnehmen.

c) Soweit das Verwaltungsgericht den Antrag des Kläger auf Vernehmung seiner Betriebs-/Fachtierärzte darüber hinaus mit der Begründung abgelehnt hat, nach vorläufiger Einschätzung des Gerichts könnten heutige Bekundungen der benannten Zeugen nicht die damaligen Feststellungen der Amtstierärzte des Beklagten widerlegen, selbst wenn sie damals Tiere im Bestand des Klägers behandelt hätten, dürfte darin, wie der Kläger wohl zutreffend mit seinem Berufungszulassungsantrag geltend macht, eine unzulässige Vorwegnahme der Beweisaufnahme liegen (vgl. etwa BVerwG, Urt. v. 11.12.1981 - 4 C 71/79 - juris Rn. 6). Vor dem Hintergrund des im Übrigen aber tragenden Beweisantragsablehnungsgrundes der mangelnden Substantiierung, vermag dies einen Verfahrensfehler gemäß § 124 Abs. 2 Nr. 5 VwGO gleichwohl nicht zu begründen, da ein tragfähiger Ablehnungsgrund zureichend ist.

2. Soweit der Kläger zur Begründung seines Berufungszulassungsantrags darüber hinaus mit den vorstehenden Ausführungen unter 1.b) sowie dem weiteren Vortrag, die amtstierärztliche Stellungnahme, auf die das Verwaltungsgericht tragend abgestellt habe, sei offensichtlich widersprüchlich gewesen, was das Verwaltungsgericht versäumt habe aufzuklären, einen Verstoß gegen die richterliche Aufklärungspflicht gemäß § 86 Abs. 1 VwGO zu rügen beabsichtigt, erfolgt auch dies nicht mit Erfolg.

Die Amtsermittlungspflicht nach § 86 Abs. 1 VwGO verpflichtet das Gericht zur Aufklärung des entscheidungserheblichen Sachverhalts. Die Rüge einer Verletzung der gerichtlichen Aufklärungspflicht erfordert die substantiierte Darlegung, welche Tatsachen auf Grundlage der materiell-rechtlichen Auffassung des Gerichts aufklärungsbedürftig waren, welche für erforderlich oder geeignet gehaltenen Aufklärungsmaßnahmen hierfür in Betracht kamen, welche tatsächlichen Feststellungen dabei voraussichtlich getroffen worden wären und inwiefern diese unter Zugrundelegung der materiell-rechtlichen Auffassung des Tatsachengerichts zu einer für den Rechtsmittelführer günstigeren Entscheidung hätten führen können (vgl. Senatsbeschl. v. 9.1.2023 - 11 LA 233/21 - V.n.b.; OVG Saarland, Beschl. v. 18.10.2022 - 1 A 161/21 - juris Rn. 9; OVG BB, Beschl. v. 19.9.2022 - OVG 9 N 24.19 - juris Rn. 20, jew. m.w.N.). Diesen Anforderungen genügt das Zulassungsvorbringen des Klägers nicht.

a) Soweit der Kläger insoweit geltend macht, das Verwaltungsgericht habe durch die Vernehmung seiner Betriebs-/Fachtierärzte den Sachverhalt weiter aufklären müssen, da offensichtlich gewesen sei, dass der Ernährungszustand seiner Tiere altersgerecht sei, legt er schon nicht dar, inwieweit sich dies auf der Grundlage der maßgeblichen materiell-rechtlichen Auffassung des Veraltungsgerichts ergeben soll. Hierfür ist dem Senat auch nichts ersichtlich. Nach der amtstierärztlichen Stellungnahme vom 24. März 2021 war wiederholt keine Futtervorlage festgestellt worden, sind angeforderte Fütterungspläne für die Tiere nur zeitverzögert und dann auch nur teilweise vorgelegt worden und bestanden Zweifel an dessen Einhaltung.

Im Übrigen folgt aus dem Zulassungsvorbringen keine substantiierte Darlegung einer zu beweisenden konkreten Tatsache, da das Kriterium eines "altersgerechten Ernährungszustandes" an sich bereits eine Schlussfolgerung enthält, die auf der Basis konkreter Tatsachen anzustellen ist, welche durch den Kläger nicht benannt wurden. So wären Tatsachen, anhand derer auf einen altersgerechten Ernährungszustand geschlossen werden könnte, das konkrete Alter des Tieres und welche äußere Erscheinung in diesem Alter - aus Sicht des Klägers - altersgerecht gewesen wäre. All dies hat er nicht dargelegt. Darüber hinaus ist auch davon auszugehen, dass die Amtstierärzte das Alter der Tiere bei ihrer Beurteilung berücksichtigten. So führten sie in ihrer Stellungnahme vom 24. März 2021 aus: "Eine dauerhafte Futtervorlage gerade für ältere Tiere, die keine gute altersgerechte Futterverwertung mehr haben, findet nicht statt" (Bl. 707 Beiakte 001 III).

b) Soweit der Kläger darüber hinaus geltend macht, das Verwaltungsgericht habe sich auf die amtstierärztliche Stellungnahme nicht stützen dürfen, da diese vor dem Hintergrund widersprüchlich sei, dass der wesentliche Teil des Tierbestandes gut ernährt gewesen sei, während lediglich die Haltung der eingestallten 14 Schafe, drei Rinder und ein Schwein beanstandet wurde, was im Widerspruch zu dem amtstierärztlichen Ergebnis stehe, dass die Tierhaltung völlig unzureichend sei, folgt auch daraus nichts für einen Verfahrensverstoß. Diese klägerischen Ausführungen gehen sowohl an den amtstierärztlichen Feststellungen als auch der behördlichen Entscheidung vorbei, da dem Kläger gerade lediglich ein Teil seiner Tiere fortgenommen wurde und er die übrigen Tiere behalten durfte. Diese Entscheidung war vor dem Hintergrund der amtstierärztlichen Stellungnahme vom 24. März 2021 auch nachvollziehbar, in der das Fazit gezogen wurde, der Kläger sei mit der Versorgung eines zu großen Tierbestandes überfordert, sodass dieser zu reduzieren sei. Dies impliziert gerade, dass die Tierhaltung des Klägers lediglich teilweise zu beanstanden ist. Dies berücksichtigend sieht der Senat - entgegen der anderslautenden Auffassung des Klägers - keine Widersprüche in der amtstierärztlichen Stellungnahme, sondern erachtet diese mit dem Verwaltungsgericht als nachvollziehbar. Zur Vermeidung von Wiederholungen wird auf die diesbezüglichen zutreffenden Ausführungen des Verwaltungsgerichts Bezug genommen. Insbesondere vermögen auch die vorgelegten Stellungnahmen vom 30. November 2021 (Bl. 195 ff. Gerichtsakte) sowie vom 15. November 2021 (Bl. 198 ff. Gerichtsakte) an dieser Einschätzung nichts zu ändern, da die entsprechenden Begutachtungen nach dem Erlass des angefochtenen Bescheides, einer Bestandsreduzierung der Schafe und der Umstallung der drei Rinder erfolgten, wobei der maßgebliche Beurteilungszeitpunkt der des Erlasses des angefochtenen Bescheides ist (vgl. Senatsurt. v. 20.4.2016 - 11 LB 29/15 - juris Rn. 34).

Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO.

Die Streitwertfestsetzung folgt aus den §§ 47 Abs. 1 und Abs. 3, 52 Abs. 2, § 39 Abs. 1 GKG und berücksichtigt die Streitwertempfehlung in Nr. 35.2 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit 2013 (NordÖR 2014, 11). Der Senat legt für die Fortnahme und das Haltungs- und Betreuungsverbot jeweils den Auffangwert von 5.000 EUR zugrunde (2 x 5.000 EUR = 10.000 EUR).

Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO bzw. § 68 Abs. 1 Satz 5 i.V.m. § 66 Abs. 3 Satz 3 GKG).