Verwaltungsgericht Lüneburg
Urt. v. 06.02.2017, Az.: 3 A 140/16
Gruppenverfolgung; Laschkar Gah; Laschkargah; Lashkargah; Taliban; Zwangsrekrutierung
Bibliographie
- Gericht
- VG Lüneburg
- Datum
- 06.02.2017
- Aktenzeichen
- 3 A 140/16
- Entscheidungsform
- Urteil
- Referenz
- WKRS 2017, 53840
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- [keine Angabe]
Rechtsgrundlagen
- § 3e AsylVfG
- § 4 Abs 1 S 2 Nr 3 AsylVfG
Amtlicher Leitsatz
Leitsatz
Derzeit ist es für eine Zivilperson in Lashkar Gah beachtlich wahrscheinlich infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines innerstaatlichen bewaffneten Konflikts verletzt oder getötet zu werden.
Tatbestand:
Der Kläger wendet sich gegen die Ablehnung der Zuerkennung internationalen Schutzes und der Feststellung von Abschiebungsverboten durch die Beklagte.
Er ist afghanischer Staatsangehöriger, in Kandahar / Afghanistan geboren, tadschikischer Volkszugehörigkeit und schiitischer Religionszugehörigkeit. Er verließ am 7. Januar 2016 Afghanistan, reiste am 11. Februar 2016 unter anderem über Griechenland sowie Österreich in die Bundesrepublik Deutschland ein und stellte am 18. Mai 2016 einen Asylantrag.
Bei seiner Anhörung am 17. August 2016 erklärte der Kläger, dass er bis zu seiner Ausreise zusammen mit seinen Eltern und vier Geschwistern in der Provinz Helmand in der Stadt Lashkar Gah im Haus seiner Tante gelebt habe. Seine Tante und sein Onkel würden in einem Dorf in der Provinz Helmand wohnen. Dort sei er auch bis zum Ende der sechsten Klasse zur Schule gegangen. Seine Reise nach Deutschland habe sein Vater bezahlt. Beruflich habe er Heizkörper hergestellt. Dies habe er drei Jahre lang gelernt, danach habe er zunächst in dem Beruf gearbeitet und sich dann selbständig gemacht. Im Jahr habe er ungefähr 250.000 Afghani (ca. 3.500 Euro) verdient. Er habe das Land verlassen, weil es keine Sicherheit mehr in Afghanistan gegeben habe. Deshalb habe ihn sein Vater nach Deutschland geschickt. Lashkar Gah sei von den Taliban besetzt. Er habe einen großen Auftrag von einer Schule erhalten. Nachdem die Heizkörper fertig gewesen seien, seien zwei Leute gekommen und hätten die Heizkörper mitnehmen wollen. Er habe sie ihnen aber nicht mitgegeben sondern an seinen Auftraggeber übergeben. Er habe dann Angst bekommen und sei geflohen. Er könne sich nicht erklären, wer die Personen gewesen seien. Sie hätten auch gesagt, dass sie wiederkommen würden. Von den Taliban sei er nie bedroht worden. Er sei wegen der Unsicherheit in Afghanistan geflohen, er habe sich dort nicht sicher gefühlt, dort sei Krieg.
Das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (im Folgenden: Bundesamt) lehnte mit Bescheid vom 25. August 2016, dem Kläger am 27. August 2016 zugestellt, die Anträge auf Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft, Asylanerkennung sowie auf subsidiären Schutz ab und stellte fest, dass Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 5 und Abs. 7 S. 1 AufenthG nicht vorliegen, forderte den Kläger unter Androhung der Abschiebung nach Afghanistan zur Ausreise innerhalb von 30 Tagen nach Bekanntgabe des Bescheides bzw. nach dem unanfechtbaren Abschluss des Asylverfahrens auf und befristete das gesetzliche Einreise- und Aufenthaltsverbot gem. § 11 Abs. 1 AufenthG auf 30 Monate ab dem Tag der Abschiebung.
Gegen diesen Bescheid hat der Kläger am 6. September 2016 Klage erhoben.
Die Personen, die ihm die Heizkörper haben abnehmen wollen seien nach seiner Ansicht wegen ihrer traditionellen Kleidung Taliban gewesen. Dies hätte er auch bereits in der Anhörung gesagt gehabt. Die Niederschrift sei nicht vollständig rückübersetzt worden. Nach seiner Flucht sei seine Familie wegen ihm von den Taliban bedroht worden. Dies habe er von seinem Cousin erfahren. Dieser habe berichtet, dass seine Familie daher zwischenzeitlich auch geflohen sei. Die Taliban hätten ihre Angriffe ausgeweitet und für ihn bestehe daher keine Fluchtalternative. Auch würden die Taliban über Netzwerke verfügen. Er habe mit seiner Verweigerung der Übergabe der Heizkörper faktisch eine Zwangsrekrutierung verweigert. Letztlich sei der Kläger als junger afghanischer Mann auch der Gefahr einer Rekrutierung als Kämpfer ausgesetzt.
Der Kläger beantragt,
die Beklagte unter Teilaufhebung ihres angegriffenen Bescheides vom 25. August 2016, Az. 6591548-423 zu verpflichten, festzustellen, dem Kläger die Flüchtlingseigenschaft nach § 3 AsylG zuzuerkennen, hilfsweise, dem Kläger subsidiären Schutz zu gewähren, hilfsweise, festzustellen, dass Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 5 und 7 Satz 1 AufenthG vorliegen.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakten und der beigezogenen Verwaltungsvorgänge der Beklagten verwiesen.
Entscheidungsgründe
Das Gericht konnte gemäß § 102 Abs. 2 VwGO trotz Abwesenheit der Beklagten bzw. eines Vertreters der Beklagten in der mündlichen Verhandlung über die Klage entscheiden, weil die Beteiligten in der Ladung zum Termin auf diese Rechtsfolge hingewiesen worden sind.
Die Klage ist zulässig, aber unbegründet. Der angefochtene Bescheid des Bundesamtes ist rechtmäßig und verletzt den Kläger daher nicht in seinen Rechten, § 113 Abs. 1 Satz 1, Abs. 5 Satz 1 VwGO. Der Kläger hat weder einen Anspruch auf Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft gemäß § 3 Abs. 1, Abs. 4 AsylG (dazu 1.) noch subsidiären Schutzes nach § 4 Abs. 1 AsylG (dazu 2.). Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 5 und Abs. 7 Satz 1 AufenthG bestehen nach der Sach- und Rechtslage im maßgeblichen Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung (§ 77 Abs. 1 Satz 1 HS 1 AsylG) ebenfalls nicht (dazu 3.). Auch die Abschiebungsandrohung unter Setzung einer Ausreisefrist ist rechtlich ebenso wenig zu beanstanden, wie die Dauer des gesetzlichen Einreise- und Aufenthaltsverbotes (dazu 4.).
1. Die von dem Kläger dargelegten Umstände betreffend den Besuch der beiden Personen vermögen - ihre Richtigkeit insoweit unterstellt - keinen Anspruch auf Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft (§ 3 Abs. 1, Abs. 4 AsylG) zu begründen.
Gem. § 3 Abs. 4 AsylG wird einem Ausländer, der Flüchtling nach § 3 Abs. 1 AsylG ist, die Flüchtlingseigenschaft zuerkannt, es sei denn, er erfüllt die Voraussetzungen des § 60 Abs. 8 Satz 1 des Aufenthaltsgesetzes (AufenthG) oder das Bundesamt hat nach § 60 Abs. 8 Satz 3 AufenthG von der Anwendung des § 60 Abs. 1 AufenthG abgesehen. Gem. § 3 Abs. 1 AsylG ist ein Ausländer Flüchtling im Sinne des Abkommens vom 28. Juli 1951 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge (BGBl. 1953 II S. 559, 560), wenn er sich (1.) aus begründeter Furcht vor Verfolgung wegen seiner Rasse, Religion, Nationalität, politischen Überzeugung oder Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe (2.) außerhalb des Landes (Herkunftsland) befindet, (a)) dessen Staatsangehörigkeit er besitzt und dessen Schutz er nicht in Anspruch nehmen kann oder wegen dieser Furcht nicht in Anspruch nehmen will (b)) oder in dem er als Staatenloser seinen vorherigen gewöhnlichen Aufenthalt hatte und in das er nicht zurückkehren kann oder wegen dieser Furcht nicht zurückkehren will.
a) Soweit der Kläger behauptet, dass er von zwei Personen besucht worden sei, die von ihm die Herausgabe von Heizkörpern gefordert hätten und die ihm für den Fall seiner Weigerung damit gedroht hätten, dass „sie schon wissen würden, was sie mit ihm tun“, macht er hiermit bereits keinen Verfolgung wegen seiner Rasse, Religion, Nationalität, politischen Überzeugung oder Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe, mithin keinen Verfolgungsgrund im Sinne der §§ 3 Abs. 1, 3b AsylG geltend.
b) Soweit der Kläger der Auffassung ist, dass er als junger afghanischer Mann der Gefahr einer Rekrutierung ausgesetzt ist, hat er weder schriftsätzlich noch in der mündlichen Verhandlung konkrete Umstände geschildert, die eine individuelle Gefahr einer Zwangsrekrutierung und eine drohende Verfolgung im Sinne des § 3 Abs. 1 AsylG für den Kläger begründen könnten.
Eine Gefahr eigener Verfolgung kann sich allerdings auch aus gegen Dritte gerichtete Maßnahmen ergeben, wenn diese Dritten wegen eines Grundes des § 3b AsylG verfolgt werden, den der Kläger mit ihnen teilt, und wenn er sich mit ihnen in einer nach Ort, Zeit und Wiederholungsträchtigkeit vergleichbaren Lage befindet und deshalb seine eigene bisherige Verschonung von Verfolgungshandlungen im Sinne des § 3a AsylG als eher zufällig anzusehen ist (vgl. BVerfG, Beschl. v. 23.01.1991 - 2 BvR 902/85, 2 BvR 515/89, 2 BvR 1827/89 -, juris Rn. 36 zum Asylrecht; BVerwG, Urt. v. 21.04.2009 - 10 C 11/08 -, juris Rn. 13; Urt. v. 18.07.2006 - 1 C 15/05 -, juris Rn. 20; Nds. OVG, Beschl. v. 28.11.2014 - 8 LA 150/14 -, juris Rn. 13; offen gelassen ob die Grundsätze des BVerfG auch für den Flüchtlingsschutz gelten BVerwG, Beschl. v. 24.02.2015 - 1 B 31/14 -, juris Rn. 5). Die Annahme einer alle Gruppenmitglieder erfassenden gruppengerichteten Verfolgung durch Dritte setzt voraus, dass Gruppenmitglieder Rechtsgutsbeeinträchtigungen erfahren, aus deren Intensität und Häufigkeit jedes einzelne Gruppenmitglied die begründete Furcht herleiten kann, selbst alsbald ein Opfer solcher Verfolgungsmaßnahmen zu werden, sich somit jeder Angehörige der Gruppe sich ständig der Gefährdung an Leib, Leben oder persönlicher Freiheit ausgesetzt sieht (vgl. BVerfG, Beschl. v. 23.01.1991 - 2 BvR 902/85, 2 BvR 515/89, 2 BvR 1827/89 -, juris Rn. 38 zum Asylrecht). Es muss eine die Regelvermutung der Verfolgung rechtfertigende Verfolgungsdichte hinsichtlich der Gruppe vorliegen, was der Fall ist, wenn die Gefahr einer so großen Vielzahl von Eingriffshandlungen in asylrechtlich geschützte Rechtsgüter besteht, dass es sich dabei nicht mehr nur um vereinzelt bleibende individuelle Übergriffe oder um eine Vielzahl einzelner Übergriffe handelt (BVerwG, Urt. v. 21.04.2009 - 10 C 11/08 -, juris Rn. 13; Urt. v. 18.07.2006 - 1 C 15/05 -, juris Rn. 20). Die Verfolgungshandlungen müssen - sofern kein (staatliches) Verfolgungsprogramm vorliegt - im Verfolgungszeitraum und Verfolgungsgebiet auf alle sich dort aufhaltenden Gruppenmitglieder zielen und sich in quantitativer und qualitativer Hinsicht so ausweiten, wiederholen und um sich greifen, dass daraus für jeden Gruppenangehörigen nicht nur die Möglichkeit, sondern ohne weiteres die aktuelle Gefahr eigener Betroffenheit entsteht (BVerwG, Urt. v. 18.07.2006 - 1 C 15/05 -, juris Rn. 20; Nds. OVG, Beschl. v. 28.11.2014 - 8 LA 150/14 -, juris Rn. 13).
Unter Berücksichtigung vorliegenden Erkenntnismittel ist das Gericht nicht davon überzeugt, dass eine solche Verfolgungsdichte für alle jungen männlichen afghanischen Staatsangehörigen hinsichtlich der Gefahr einer Zwangsrekrutierung in Afghanistan besteht, wenn es auch in Einzelfällen zu zwangsweisen Rekrutierungen kommt (vgl. hierzu auch OVG NRW, Beschl. v. 18.08.2016 - 13 A 1642/16.A -, juris). Vielmehr kommt es auf die Umstände des konkreten Einzelfalls an (so auch UNHCR, Richtlinien zur Feststellung des internationalen Schutzbedarfs afghanischer Asylsuchender v. 19.04.2016, S. 53). Grundsätzlich sind Zwangsrekrutierungen bei der afghanischen Armee oder der Polizei oder durch regierungsfeindliche Kräfte nicht auszuschließen (Lagebericht des Auswärtigen Amtes v. 19.10.2016, S. 12). Der UNHCR hat einige Berichte über (Zwangs-) Rekrutierungen durch Taliban in den Jahren 2014 und 2015, aber auch durch den ISIS im Jahr 2015 dokumentiert (Richtlinien zur Feststellung des internationalen Schutzbedarfs afghanischer Asylsuchender v. 19.04.2016, S. 51 Fn. 278, S. 52 Fn. 279). Auch wurden einige wenige Fälle von Zwangsrekrutierungen durch regierungsnahe Kräfte beschrieben (UNHCR, Richtlinien zur Feststellung des internationalen Schutzbedarfs afghanischer Asylsuchender v. 19.04.2016, S. 53 Fn. 287). Dies genügt nicht für die Annahme einer gruppengerichteten Verfolgung von Männern im jungen bzw. wehrfähigen Alter.
2. Der Kläger hat auch keinen Anspruch auf Zuerkennung subsidiären Schutzes gem. § 60 Abs. 2 AufenthG i.V.m.§ 4 Abs. 1 Satz 1 AsylG, weil er keine stichhaltigen Gründe für die Annahme vorgebracht hat, dass ihm im Herkunftsland ernsthafter Schaden im Sinne des § 4 Abs. 1 Satz 1, Satz 2 AsylG durch einen in § 4 Abs. 3 i.V.m. § 3 c AsylG genannten Akteur droht. Prognosemaßstab für den Schaden ist die beachtliche Wahrscheinlichkeit (OVG Nordrhein-Westfalen, Urt. v. 26.08.2014 - 13 A 2998/11.A -, juris Rn. 34).
Das Gericht ist bereits nicht davon überzeugt, dass sich das Zusammentreffen mit den beiden unbekannten Personen so wie in der mündlichen Verhandlung vom Kläger dargestellt zugetragen hat. Zudem würde - sein Vortrag als zutreffend unterstellt - ein Schaden im Sinne des § 4 Abs. 1 AsylG aus seiner Weigerung der Übergabe der Heizkörper nicht zur Überzeugung des Gerichts mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit drohen. Letztlich würden für ihn auch innerstaatliche Fluchtalternativen bestehen (dazu a)). Bei einer Rückkehr des Klägers in seine Heimatregion ist zwar seine körperliche Unversehrtheit mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit infolge eines bewaffneten Konflikts bedroht; die bestehenden Möglichkeiten, sich in anderen sichereren Regionen niederzulassen, schließen die Gewährung subsidiären Schutzes jedoch aus (dazu b)).
a) Aufgrund der Angaben des Klägers zu dem Besuch der zwei Personen ist das Gericht nicht davon überzeugt, dass sich das Geschehen so wie vom Kläger dargestellt zugetragen hat (dazu aa)). Darüber hinaus würde das Gericht selbst bei Unterstellung seiner Angaben in der mündlichen Verhandlung als zutreffend nicht zu der Überzeugung gelangen, dass ihm bei seiner Rückkehr nach Afghanistan mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit ein ernsthafter Schaden in Form einer erniedrigenden oder unmenschlichen Behandlung im Sinne des § 4 Abs. 1 Satz 1, Satz 2 Nr. 1 AsylG droht. Der Kläger hat in der mündlichen Verhandlung zwar angegeben, dass er nach dem Besuch der zwei Personen Angst gehabt habe, im Falle einer weiteren Weigerung beseitigt zu werden. Jedoch hat weder der Kläger Umstände geschildert, aufgrund derer mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit eine solche Reaktion zu erwarten wäre, noch liegen sonst Anhaltspunkte hierfür vor (dazu bb)). Zudem bestünden für den Kläger mit Herat und Kabul auch inländische Fluchtalternativen (dazu cc)).
aa) Die Angaben des Klägers vermochten das Gericht nicht von ihrer Richtigkeit zu überzeugen. Seine Schilderungen waren - wie auch bereits in der Anhörung durch das Bundesamt - weder anschaulich noch nachvollziehbar. In der zu Beginn der mündlichen Verhandlung noch freien Erzählung erschöpften sie sich in einer pauschalen Darstellung der angeblichen Geschehnisse. Insbesondere das Kerngeschehen, das Verlangen der Herausgabe der Heizkörper und die Weigerung des Klägers wurden blass und knapp geschildert. Letztlich erschöpfte sich die Darlegung darin, dass die beiden Personen die Heizkörper hätten haben wollen und er dies verweigert habe. Vor allem fehlte auch eine Beschreibung der Reaktion der beiden Personen auf seine Weigerung, die angesichts der vom Kläger geschilderten Situation für ihn beeindruckend bzw. spannend in der Erwartung der Reaktion gewesen sein und ihm daher auch im Gedächtnis geblieben sein müsste. Seine eigenen Emotionen dabei schilderte er knapp erst auf ausdrückliche Nachfrage danach, ob er Angst gehabt habe. Zwar konnte der Kläger auf Nachfragen - wenn auch wenige - konkretere Angaben dazu machen, was die Personen zu ihm gesagt hätten. Die Reaktionen der beiden Personen vermochte er aber auch auf Nachfrage nicht anschaulich und nachvollziehbar zu darzustellen, wenngleich er auch angegeben hat, dass sie gesagt hätten, dass es in Ordnung sei und sie wiederkommen würden. Die weitere Äußerung, dass sie wüssten, was sie mit ihm machen würden, wenn er ihnen die Heizkörper nicht gebe, schilderte er erst auf ausdrückliche Nachfrage des Gerichts nach einer Bedrohung. In seiner Schilderung in der Anhörung durch das Bundesamt erwähnte er eine „Bedrohung“ durch die beiden Männer auch erst auf Nachfrage. Dabei gab er allerdings auch nur an, dass sie gesagt hätten, dass sie wiederkommen würden. Von der in der mündlichen Verhandlung dargestellten Drohung, dass sie schon wüssten, was sie mit ihm machen würden, war bei der Anhörung nicht die Rede. Randgeschehen beschrieb er nur äußert wenig und auch nur auf Nachfrage, so etwa, dass die Personen mit einem Motorrad gekommen seien. Insgesamt waren seine Antworten auf die Fragen des Gerichts eher stockend, äußerst knapp und inhaltsarm. Auch erschließt sich an anhand der Darstellung des Klägers nicht, weshalb die beiden Personen am nächsten Tag nicht wiedergekommen wären, bevor er die 100 Heizkörper hat seinem Auftraggeber übergeben hätte können, wenn er ihnen zuvor berichtet habe, dass sie am nächsten Tag fertig seien. Ebenso erschließt sich nicht, weshalb die Personen nicht bereits die 90 fertigen Heizkörper mitgenommen bzw. ihre Abholung veranlasst hätten, sondern sich bis zum nächsten Tag gedulden hätten wollen. Nicht nachvollziehbar ist aufgrund der konkreten Erläuterungen des Klägers auch, weshalb er - nachdem die Personen ihr Kommen ja für den nächsten Tag angekündigt haben sollen - nicht doch wenigstens versucht hat, die Polizei einzuschalten.
bb) Selbst bei Unterstellung, dass sich der vom Kläger geschilderte Vorfall so zugetragen hat, würde das Gericht nicht zu der Überzeugung gelangen, dass ihm bei einer Rückkehr nach Afghanistan mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit ein ernsthafter Schaden im Sinne des § 4 Abs. 1 AsylG droht. Das Gericht wäre aufgrund der Angaben des Klägers nicht davon überzeugt, dass die beiden Personen ihn im Sinne des § 4 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 AsylG erniedrigend oder unmenschlich behandeln würden. Eine Bewaffnung der Personen hat der Kläger lediglich vermutet. Seinen schriftsätzlichen Vortrag, dass es sich um Taliban gehandelt habe, hat er in der mündlichen Verhandlung nicht mehr aufrechterhalten. Die vom Kläger geschilderte Reaktion der beiden Personen, „ist in Ordnung, kommen morgen wieder“ spricht auch nicht für ein hohes Aggressionspotential, zumal er in dieser Situation alleine gewesen sein will. Die angebliche Drohung, die der Kläger auch erst auf ausdrückliche Nachfrage nach einer Bedrohung wiedergab, „wüssten, was sie mit ihm machen würden“ ist nicht konkret. Nach der Schilderung des Klägers sei die Situation sonst insgesamt gewaltfrei abgelaufen. Nachdem der Kläger die Heizkörper bereits seinem Auftraggeber übergeben haben will, wäre eine Anwendung von Gewalt gegen ihn zur Herausgabe der Heizkörper auch nicht mehr zielführend. Letztlich käme allenfalls noch ein Racheakt oder eine Abschreckung anderer in Betracht. Die Gesamtumstände des von dem Kläger konkret geschilderten Geschehens würden allerdings nicht zu der Überzeugung des Gerichts führen, dass ihm mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit solche Vergeltungsmaßnahmen drohen würden. Aus Sicht des Gerichts wäre es mindestens ebenso so wahrscheinlich, dass die beiden Personen, nachdem ihr Herausgabeverlangen nicht erfüllt worden wäre und auch nicht mehr erfüllt werden könnte, den Kläger nicht mehr aufsuchen würden.
cc) Darüber hinaus würden sich dem Kläger auch inländische Fluchtalternativen bieten. Der Kläger könnte vorliegend in anderen Teilen seines Heimatstaates eine zumutbare Zuflucht finden (vgl. BVerfG, Beschl. v. 10.07.1989 - 2 BvR 502/86, 2 BvR 1000/86, 2 BvR 961/86 -, juris Rn. 61). Nach § 4 Abs. 3 Satz 1 AsylG i.V.m. § 3e AsylG wird dem Ausländer subsidiärer Schutz nicht gewährt, wenn ihm in einem Teil seines Herkunftslandes kein ernsthafter Schaden droht (dazu (1)) und er sicher und legal in diesen Landesteil reisen kann (dazu (2)), dort aufgenommen wird und vernünftigerweise erwartet werden kann, dass er sich dort niederlässt (dazu (3)). Diese Voraussetzungen würden für den Kläger hinsichtlich Kabul und Herat vorliegen.
Die Ausweichmöglichkeiten für diskriminierte, bedrohte oder verfolgte Personen hängen in Afghanistan maßgeblich vom Grad ihrer sozialen Verwurzelung, ihrer Ethnie und ihrer finanziellen Lage ab, wobei die größeren Städte aufgrund ihrer Anonymität eher Schutz als kleine Städte oder Dorfgemeinschaften bieten (Lagebericht des Auswärtigen Amtes, Stand: September 2016, S. 18).
(1) (a) Auch bei Unterstellung der Angaben des Klägers zu dem Zusammentreffen mit den beiden unbekannten Personen als zutreffend wäre das Gericht nicht davon überzeugt, dass der Kläger in Kabul oder Herat von den Personen, die ihm wegen der Heizkörper besucht haben sollen gefunden oder überhaupt auch nur gesucht werden würde. Das vom Kläger geschilderte Geschehen würde ein solches gesteigertes Interesse derjenigen nicht zu begründen vermögen, insbesondere nachdem die werthaltigen Heizkörper nicht mehr in seinem Besitz sind. Das Gericht ist auch nicht davon überzeugt, dass die Personen überhaupt die Möglichkeit hätten, den Kläger in Kabul oder Herat aufzuspüren.
(b) Dem Kläger würde in Kabul auch nicht mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit (vgl. Nds. OVG, Urt. v. 19.09.2016 - 9 LB 100/15 -, S. 12, 14) eine sonstige existenzielle Gefährdung, insbesondere eine Verletzung von Leib und Leben, die der Annahme Kabuls als inländischer Fluchtalternative entgegenstehen würde, drohen (Nds. OVG, Urt. v. 20.07.2015 - 9 LB 320/14 -, juris S. 8 f.; OVG Nordrhein-Westfalen, Urt. v. 27.01.2015 - 13 A 1201/12.A -, juris Rn. 46).
Nach dem Lagebericht des Auswärtigen Amtes mit Stand September 2016 (S. 4 unter Verweis auf den UNAMA-Bericht von Juli 2016 über den Schutz von Zivilisten im bewaffneten Konflikt) hat es in Afghanistan im ersten Halbjahr 2016 mit 1.601 getöteten und 3.565 verletzten Zivilisten einen Anstieg von 4 % gegenüber dem Vorjahreszeitraum gegeben, mit der Folge der höchsten Zahl seit Beginn der Erfassungen im Jahr 2009. Ende 2015 hatte die Anzahl der zivilen Opfer mit 11.002 einen neuen Höchststand erreicht (Schweizerische Flüchtlingshilfe, Afghanistan: Update, Die aktuelle Sicherheitslage v. 30.9.2016, S.6). 70 % der Opfer werden den Taliban und anderen bewaffneten Gruppen zugerechnet, was insoweit einen Rückgang um 3 % gegenüber dem Vorjahreszeitraum bedeutet (Amnesty Report 2016 Afghanistan, S. 1, 2), auch wenn die Opferzahl insgesamt um 4 % gestiegen ist (Schweizerische Flüchtlingshilfe, Afghanistan: Update, Die aktuelle Sicherheitslage v. 30.9.2016, S. 6). Im ersten Halbjahr 2016 hat die Verantwortlichkeit regierungsfeindlicher Gruppen für zivile Opfer 60 % (966 Tote und 2.116 Verletzte) betragen, was eine Zunahme um 11 % gegenüber dem Vorjahr bedeutet (Kurzinformation der Staatendokumentation Afghanistan, Aktualisierung der Sicherheitslage in Afghanistan - Q3.2016, Republik Österreich Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl, vom 19.09.2016). Im Zeitraum Mitte Mai bis Mitte August 2016 konzentrierten sich die Taliban darauf, die Regierungskontrolle in den Provinzen Baghlan, Kunduz, Takhar, Faryab, Jawzjan und Uruzgan zu bekämpfen (Kurzinformation der Staatendokumentation Afghanistan, Aktualisierung der Sicherheitslage in Afghanistan - Q3.2016, Republik Österreich Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl, v 19.09.2016). 68,1 % der landesweiten Vorfälle konzentrierten sich auf die südlichen, südöstlichen und östlichen Regionen (Kurzinformation der Staatendokumentation Afghanistan, Aktualisierung der Sicherheitslage in Afghanistan - Q3.2016, Republik Österreich Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl, vom 19.09.2016), im vierten Quartal noch 66 %; die Anzahl der sicherheitsrelevanten Vorfälle erhöhte sich gegenüber dem Vergleichszeitraum im Vorjahr um 9 %, in den Monaten Januar bis Oktober um 22 % (Kurzinformation der Staatendokumentation Afghanistan, Aktualisierung der Sicherheitslage in Afghanistan - Q4.2016, Republik Österreich Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl, v. 19.12.2016). Im Herbst 2016 übten die Taliban ohne anhaltenden Erfolg Druck auf die Provinzhauptstädte Helmand, Uruzgan, Farah und Kunduz aus (Kurzinformation der Staatendokumentation Afghanistan, Aktualisierung der Sicherheitslage in Afghanistan - Q4.2016, Republik Österreich Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl, v. 19.12.2016). Auch Anfang Januar 2017 griffen die Taliban erneut Helmand an (Neue Züricher Zeitung, Online-Ausgabe v. 02.01.2017). Die Sicherheitskräfte gehen weiterhin gegen die Taliban und IS-Kämpfer vor (Kurzinformation der Staatendokumentation Afghanistan, Aktualisierung der Sicherheitslage in Afghanistan - Q3.2016, Republik Österreich Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl, v. 19.09.2016). Die Bevölkerungszentren und Hauptverkehrsstraßen in Afghanistan werden von den afghanischen Sicherheitskräften (ANDSF), abgesehen von kurzzeitigen Störungen durch die regierungsfeindlichen Kräfte, kontrolliert, wenn die ANDSF auch Defizite unter anderem in der Führung, strategischer und taktischer Planungsfähigkeit, Aufklärung und technischer Ausstattung aufweisen (Lagebericht des Auswärtigen Amtes, Stand: September 2016, S. 6). So behält die afghanische Regierung die Kontrolle über Kabul, größere Transitrouten, die Provinzhauptstädte, fast alle Distriktszentren (Länderinformationsblatt der Staatendokumentation Afghanistan, Bundesrepublik Österreich Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl, vom 21.01.2016, aktualisiert am 29.07.2016, S. 38; vgl. für Kabul auch Nds. OVG, Beschl. v. 27.04.2016 - 9 LA 46/16 -, n.v.) und die größeren Provinzzentren (Schweizerische Flüchtlingshilfe, Afghanistan: Update, Die aktuelle Sicherheitslage v. 30.9.2016, S. 3). Die Provinzhauptstädte konnten auch im vierten Quartal gesichert werden, wenn es auch zu intensiven bewaffneten Zusammenstößen gekommen ist (Kurzinformation der Staatendokumentation Afghanistan, Aktualisierung der Sicherheitslage in Afghanistan - Q4.2016, Republik Österreich Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl, vom 19.12.2016). Die afghanischen Sicherheitskräfte sind im Allgemeinen fähig, die größeren Bevölkerungszentren effektiv zu beschützen, bzw. verwehren es den Taliban, für einen längeren Zeitraum Einfluss in einem Gebiet zu halten (Länderinformationsblatt der Staatendokumentation Afghanistan, Bundesrepublik Österreich Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl, vom 21.01.2016, aktualisiert am 29.07.2016, S. 38), bedürfen aber der Unterstützung durch internationale Sicherheitskräfte, die auch erfolgt (Schweizerische Flüchtlingshilfe, Afghanistan: Update, Die aktuelle Sicherheitslage v. 30.9.2016, S. 4). Eine Koalition von 40 Staaten leistet weiterhin Ausbildung, Beratung und Unterstützung; auch die USA sind weiterhin mit einer Anti-Terror-Mission in Afghanistan präsent (Lagebericht des Auswärtigen Amtes, Stand: September 2016, S. 6; vgl. etwa n-tv.de, IS-Anführer stirbt bei US-Drohnenangriff v. 19.11.2016). Auch Deutschland hat den Einsatz der Bundeswehr in Afghanistan verlängert (www.handelsblatt.com, Regierung verlängert Afghanistan Einsatz v. 15.12.2016). 13.000 internationale Soldaten werden in Afghanistan stationiert bleiben (Schweizer Flüchtlingshilfe, Afghanistan: Update Die aktuelle Sicherheitslage vom 30.09.2016, S. 6). Die Truppenstärke der afghanischen Nationalarmee (ANA) betrug Mitte des Jahres 2015 etwa 157.000 (Länderinformationsblatt der Staatendokumentation Afghanistan, Bundesrepublik Österreich Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl, vom 21.01.2016, aktualisiert am 05.10.2016, S. 137). Der künftige US-Präsident hat mehr Unterstützung für die Sicherheit Afghanistans angekündigt (www.zeit.de, Trump will Afghanistan stärker unterstützen v. 03.12.2016). Anfang des Jahres 2017 entsandten die Vereinigten Staaten von Amerika rund 300 Marinesoldaten in die Provinz Helmand, um die einheimischen Sicherheitskräfte im Kampf gegen die Taliban auszubilden (www.faz.net, Amerika schickt Marinesoldaten nach Afghanistan, v. 07.01.2017). Nach einem Bericht des amerikanischen Pentagons haben die afghanischen Streitkräfte - wenn auch unbeständige - Fortschritte gemacht; sie konnten mehrere große Taliban-Angriffe abwehren und verlorenes Territorium rasch wieder zurückgewinnen (Kurzinformation der Staatendokumentation Afghanistan, Aktualisierung der Sicherheitslage in Afghanistan - Q4.2016, Republik Österreich Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl, v. 19.12.2016). Die afghanischen Sicherheitskräfte führten zahlreiche Militäroperationen durch und konnten auch die Schlüsselbereiche des Distrikts Ghormach von den Taliban wieder zurück erobern; mit einer groß angelegten Militäroperation soll die Provinz Kundus von Aufständischen befreit werden (Kurzinformation der Staatendokumentation Afghanistan, Aktualisierung der Sicherheitslage in Afghanistan - Q4.2016, Republik Österreich Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl, v. 19.12.2016). In den Provinzen Nangarhar und Kunar wurden Operationen gegen den „Islamischen Staat in der Provinz Khorasan“ (ISIL-KP) durchgeführt (Kurzinformation der Staatendokumentation Afghanistan, Aktualisierung der Sicherheitslage in Afghanistan - Q4.2016, Republik Österreich Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl, vom 19.12.2016). In den Monaten November, Dezember 2016 und Januar 2017 gab es in Nangarhar 81 Militäroperationen, bei denen 251 Aufständische getötet und 184 gefangen genommen wurden (Bundesamt für Migration und Flüchtlinge, Briefing Notes v. 23.01.2017). Mitte Januar 2017 zerstörten Sicherheitskräfte eine Bombenwerkstatt der Taliban in Balkh (Bundesamt für Migration und Flüchtlinge, Briefing Notes v. 23.01.2017). Ende Januar wurden in zahlreichen Provinzen Anti-Terror-Operationen gegen die Taliban und den IS durchgeführt (deutsch.rt.com, Top-Funktionär der Taliban in Afghanistan getötet, v. 28.01.2017). Kabul steht grundsätzlich unter tatsächlicher staatlicher Kontrolle (vgl. Nds. OVG, Beschl. v. 27.04.2016 - 9 LA 46/16 -, n.v.). Dennoch lassen sich auch in Kabul Anschläge mit Toten und Verletzten nicht gänzlich vermeiden, so gab es in der ersten Jahreshälfte 2016 elf Vorfälle mit 107 Toten (vgl. Schweizer Flüchtlingshilfe, Schnellrecherche der SFH-Länderanalyse vom 6. Juni 2016 zu Afghanistan: Sicherheitslage in der Stadt Kabul, S. 3, 4).
Zwischen Mitte Mai und Mitte August 2016 kam es zu zwei High-Profile Angriffen in Kabul (Kurzinformation der Staatendokumentation Afghanistan, Aktualisierung der Sicherheitslage in Afghanistan - Q3.2016, Republik Österreich Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl, vom 19.09.2016). Mitte September kam es zu jeweils einem Anschlag auf Polizeiangehörige in Kabul und Kapisa und einem Angriff in einem Krankenhaus in Kandahar (Bundesamt für Migration und Flüchtlinge, Briefing Notes vom 19.09.2016). Im November 2016 wurden bei einem Anschlag auf eine Moschee in Kabul 27 Menschen getötet (www.tagesspiegel.de, „IS bekennt sich zu Anschlag auf eine Moschee in Kabul v. 21.11.2016). Bei einem Anschlag auf das deutsche Konsulat in Mazar-e Scharif starben acht Menschen (www.tagesspiegel.de, Acht Tote bei Taliban-Angriff auf deutsches Konsulat v. 11.11.2016). Bei einem Selbstmordanschlag vor einem Fahrzeug afghanischer Sicherheitskräfte am 16. November 2016 in Kabul starben vier Menschen (Zeit-Online v. 16.11.2016) und bei einem Bombenanschlag auf das deutsche Generalkonsulat in Kabul sechs Menschen (Berliner Morgenpost v. 11.11.2016). Im Herbst 2016 wurden Berichten zufolge in Baghlan Dörfer der Hazara im Rahmen der Taliban-Aufstände gegen regierungsnahe Kräfte angegriffen, was auch zu Vertreibungen der Hazara nach Bamyan, Balkh und Mazar-e Scharif führte (UNHCR, Anmerkung zur Situation in Afghanistan auf Anfrage des Deutschen Bundesministeriums des Innern, v. Dez. 2016, S. 6). In Kunduz und Kabul starben im Dezember Aufständische deren Sprengstoff vorzeitig explodierte (Bundesamt für Migration und Flüchtlinge, Briefing Notes vom 12.12.2016 und 19.12.2016). Zudem wurden in Kunar ein Kommandant der Grenzpolizei und sein Leibwächter bei einem Bombenanschlag getötet und in Badakshan ein Mädchen bei einem Überfall auf einen Bus, in Zabul starben zwei Kinder bei einer Explosion und in Kandahar wurden fünf Mitarbeiterinnen des Flughafens auf dem Weg zur Arbeit von Unbekannten erschossen (Bundesamt für Migration und Flüchtlinge, Briefing Notes vom 19.12.2016). In Nangarhar und Jalalabad konnte die Polizei hingegen im Dezember Anschläge verhindern (Bundesamt für Migration und Flüchtlinge, Briefing Notes vom 12.12.2016 und 19.12.2016). Ende Dezember starb ein Mann bei einem Bombenanschlag in Kandahar (Bundesamt für Migration und Flüchtlinge, Briefing Notes v. 09.01.2017). Auch kam es zu Anschlägen auf Parlamentarier (www.spiegel.de, Anschlag auf Parlamentarier - Sohn verletzt v. 28.12.2016; Waiblinger Kreiszeitung, dpa, Elf Tote bei Überfall auf Parlamentarier in Kabul v. 22.12.2016). Im Dezember 2016 starben in Paktika zwei Frauen durch eine Straßenbombe, wurde in Herat ein Geistlicher erschossen und richteten die Taliban in Parwan vier Zivilisten als Spione hin (Bundesamt für Migration und Flüchtlinge, Briefing Notes vom 12.12.2016). Im vierten Quartal 2016 kam es bis Mitte November zu zwei High-Profile-Angriffen, zum einen auf das Verteidigungsministerium in Kabul, zum anderen auf den Bagram (US-)Militärflugplatz in der Provinz Parwan (Kurzinformation der Staatendokumentation Afghanistan, Aktualisierung der Sicherheitslage in Afghanistan - Q4.2016, Republik Österreich Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl, vom 19.12.2016). Anfang Januar 2017 wurden bei zwei Bombenanschlägen vor dem Parlament in Kabul mehr als 20 Personen getötet worden (www.morgenpost.de, Bis zu 50 Tote bei drei Anschlägen in Afghanistan, v. 10.01.2017), bei einer weiteren Bombenexplosion gab es keine Verletzten (Bundesamt für Migration und Flüchtlinge, Briefing Notes v. 09.01.2017). In Logar explodierte eine Bombe und in Nangarhar wurden bei einem Bombenanschlag 8 Menschen verletzt sowie ein Arzt niedergeschossen (Bundesamt für Migration und Flüchtlinge, Briefing Notes v. 09.01.2017). In Kunduz wurden ein Vertreter der Sikhs und der Hindus erschossen (Bundesamt für Migration und Flüchtlinge, Briefing Notes v. 09.01.2017). Anfang Januar 2017 griffen Taliban in der Provinz Badakhshan einen Sicherheitskonvoi an (www.trt.net.tr, Taliban-Terror in Afghanistan v. 04.01.2017) und beschossen einen Bundeswehrhubschrauber (www.spiegel.de, Hubschrauber der Bundeswehr beschossen, v. 05.01.2017; Bundesamt für Migration und Flüchtlinge, Briefing Notes v. 09.01.2017). In Faryab erschlugen Taliban einen Mann, in Logar wurde ein Anschlag auf einen Distriktspolizeichef verübt, in Ghazni wurde ein Mitarbeiter der Schulbehörde erschossen und in Helmand eine Polizistin; in Baghlan wurden Minenarbeiter getötet (Bundesamt für Migration und Flüchtlinge, Briefing Notes v. 09.01.2017). Weitere Bombenanschläge gab es in Jalalabad, Parwan und in Faryab (Bundesamt für Migration und Flüchtlinge, Briefing Notes v. 09.01.2017). Bei einer Explosion im Haus des Governeurs der Provinz Kandahar starben 11 Menschen (www.morgenpost.de, Bis zu 50 Tote bei drei Anschlägen in Afghanistan, v. 10.01.2017; Bundesamt für Migration und Flüchtlinge, Briefing Notes v. 16.01.2017), bei einem Anschlag auf ein Gästehaus der Sicherheitskräfte in Lashkar Gah (Helmand) starben sechs Personen (de.sputniknews.com, Afghanistan: Selbstmord-Anschlag auf Militärobjekt - Tote und Verletzte, v. 10.01.2017; Bundesamt für Migration und Flüchtlinge, Briefing Notes v. 16.01.2017). In Herat wurde ein Mitarbeiter eines Telekommunikationsunternehmens von den Taliban getötet und in Ferat zwei Frauen durch eine Explosion einer Bombe am Straßenrand (Bundesamt für Migration und Flüchtlinge, Briefing Notes v. 16.01.2017). Mitte Januar wurden in Nangarhar durch einen am Straßenrand versteckten Sprengsatz mehrere Zivilpersonen getötet (www.zeit.de, Sieben Zivilisten sterben durch Sprengsatz in Ost-Afghanistan, v. 15.01.2017), im Distrikt Kot wurde ein Polizist und elf Studenten getötet sowie 65 Häuser von IS-Kämpfern in Brand gesetzt und in Baghlan ein Regierungsmitarbeiter bei einem Anschlag verletzt (Bundesamt für Migration und Flüchtlinge, Briefing Notes v. 16.01.2017). Bei einem Häuserkampf zwischen den Taliban und US-Truppen in der Provinz Kundus starben 33 Zivilpersonen (www.handelsblatt.de, 33 Zivilisten bei Gefecht mit Taliban getötet, v. 12.01.2017). Am 16. Januar 2017 setzten IS-Kämpfer in Kot (Nangarhar) weitere 20 Häuser in Brand (Bundesamt für Migration und Flüchtlinge, Briefing Notes v. 23.01.2017). Weiter starben in Kabul zwei Polizisten bei einem Bombenanschlag und in Farah zwei Kinder (Bundesamt für Migration und Flüchtlinge, Briefing Notes v. 23.01.2017). Ende Januar 2017 griffen Taliban das Polizeihauptquartier und das Bezirkszentrum von Sangin in der Provinz Helmand an (www.handelsblatt.de, Taliban stürmen berüchtigtes Bezirkszentrum, v. 30.01.2017).
Anschlagsziele sind in erster Linie Regierungsinstitutionen und internationale Einrichtungen, dennoch kommt es (auch) zu Opfern unter der Zivilbevölkerung (vgl. Schweizer Flüchtlingshilfe, Schnellrecherche der SFH-Länderanalyse vom 6. Juni 2016 zu Afghanistan: Sicherheitslage in der Stadt Kabul, S. 4), wenn auch die Taliban in der Erklärung zur Frühlingsoffensive 2015 angegeben haben, solche reduzieren zu wollen (UNHCR-Richtlinien zur Feststellung des internationalen Schutzbedarfs afghanischer Asylsuchender v. 19.04.2016, S. 39 Fn. 209). Im Jahr 2015 wurden 1.335 Zivilpersonen durch gezielte Tötungen bzw. Tötungsversuche verletzt oder getötet (UNHCR-Richtlinien zur Feststellung des internationalen Schutzbedarfs afghanischer Asylsuchender v. 19.04.2016, S. 38). Zwischen Februar und Mai 2016 gingen die gezielten Tötungen um 37 % gegenüber dem Vergleichszeitraum des Vorjahres zurück (ecoi.net-Themendossier: Allgemeine Sicherheitslage in Afghanistan & Chronologie für Kabul v. 30.09.2016). In der Erklärung der Taliban vom 12. April 2016 zum Ausruf der jährlichen Offensive sprachen sie anders als in vergangenen Jahren keine expliziten Drohungen mehr gegen zivile Regierungsbeamte aus (ecoi.net-Themendossier: Allgemeine Sicherheitslage in Afghanistan & Chronologie für Kabul v. 30.09.2016). Die Taliban haben ihre Taktik auf großangelegte Angriffe insbesondere in städtischen Gebieten umgestellt (UNHCR, Anmerkung zur Situation in Afghanistan auf Anfrage des Deutschen Bundesministeriums des Innern, v. Dez. 2016, S. 3). Am 22. September 2016 vereinbarte die afghanische Regierung mit der Mujahedin-Rebellengruppe Hezb-e Islami ein Friedensabkommen (Kurzinformation der Staatendokumentation Afghanistan, Unterzeichnetes Friedensabkommen mit Gulbuddin Hekmatyar Anführer der großen Mujahedin-Rebellengruppe Hezb-e Islami, Republik Österreich Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl, vom 05.10.2016). Die Sicherheitslage hat sich aus Sicht des UNHCR seit April 2016 weiter rapide verschlechtert (UNHCR, Anmerkung zur Situation in Afghanistan auf Anfrage des Deutschen Bundesministeriums des Innern, v. Dez. 2016, S. 3) In Einzelfällen kommt es zu Bedrohungen von Regierungs- und Behördenmitarbeiter, Menschenrechtsanwälten, Mitarbeitern ausländischer Organisationen und Journalisten (Lagebericht des Auswärtigen Amtes, Stand: September 2016, S. 5). Auch Würdenträger, Stammesälteste und Religionsgelehrte sind Ziel von Anschlägen der gewaltbereiten Opposition (Lagebericht des Auswärtigen Amtes, Stand: September 2016, S. 7). Der Reporter ohne Grenzen e.V. geht in 2016 von drei in Afghanistan getöteten Journalisten aus (www.reporter-ohne-grenzen.de, Barometer der Pressefreiheit, Stand: 29.12.2016), der Direktor des Nai Media Instituts von 14 (www.tagesschau.de, Blutiges Jahr für Journalisten, v. 09.01.2017; Bundesamt für Migration und Flüchtlinge, Briefing Notes v. 16.01.2017 (420 Angriffe auf Journalisten); Bundesamt für Migration und Flüchtlinge, Briefing Notes v. 23.01.2017 (101 Vorfälle)). Auch Übergriffe der Polizei auf Journalisten wurden gemeldet (Bundesamt für Migration und Flüchtlinge, Briefing Notes v. 09.01.2017). 13 % aller Anschläge gegen Zivilpersonen richten sich gegen Zivilisten, die für die afghanische Regierung oder internationale Organisation arbeiten (Lagebericht des Auswärtigen Amtes, Stand: September 2016, S. 20). Die Zahl der Mordanschläge ist im Zeitraum Mitte Mai bis Mitte August 2016 um 6,2 % gegenüber dem Vorjahr zurück gegangen, wenngleich sich die sicherheitsrelevanten Vorfälle um 4,7 % erhöht haben (Kurzinformation der Staatendokumentation Afghanistan, Aktualisierung der Sicherheitslage in Afghanistan - Q3.2016, Republik Österreich Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl, vom 19.09.2016). Im vierten Quartal 2016 wurden 183 Mordanschläge registriert, was einen Rückgang von 32 % gegenüber dem Vergleichszeitraum 2015 zum Ausdruck bringt; auch die Zahl der Entführungen hat mit 99 gegenüber dem Vorjahr (109) abgenommen (Kurzinformation der Staatendokumentation Afghanistan, Aktualisierung der Sicherheitslage in Afghanistan - Q4.2016, Republik Österreich Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl, vom 19.12.2016). Anfang Januar 2017 entführten Taliban in Kandahar 10 Arbeiter (Bundesamt für Migration und Flüchtlinge, Briefing Notes v. 09.01.2017) und Mitte Januar wurden im Osten Afghanistans durch mutmaßliche Anhänger des Islamischen Staates 13 Lehrer einer Religionsschule entführt (www.salzburg.com, IS verschleppt 13 Lehrer im Osten Afghanistans, v. 15.01.2017; Bundesamt für Migration und Flüchtlinge, Briefing Notes v. 16.01.2017). Ende Dezember 2016 wurden mehrere Entführer in Herat zum Tode verurteilt (Bundesamt für Migration und Flüchtlinge, Briefing Notes v. 09.01.2017). Mitte Januar 2017 wurden in Kunduz ein Richter des Militärgerichts und in Parwan ein Mitarbeiter des Gesundheitsministeriums entführt (Bundesamt für Migration und Flüchtlinge, Briefing Notes v. 23.01.2017). Auch kommt es immer wieder zu Exekutionen durch nicht-staatliche Akteure, vor allem auch durch Aufständische, die sich auf traditionelles Recht berufen und die Vollstreckung der Todesstrafe mit dem Islam legitimieren, für ein aus ihrer Sicht fehlerhaftes Verhalten (Lagebericht des Auswärtigen Amtes, Stand: September 2016, S. 20). So richteten Taliban am 19. Dezember 2016 eine Frau hin, weil sie nach dem Weggang ihres Mannes in den Iran einen anderen Mann geheiratet hatte und sich ihr früherer Ehemann an die Taliban gewandt hatte (Bundesamt für Migration und Flüchtlinge, Briefing Notes v. 19.19.2016). Anfang des Jahres 2017 wurden sechs Männer in Ghazni durch die Taliban für Diebstahl bzw. Ehebruch mit Peitschenhieben bestraft (www.spiegel.de, 39 Peitschenhiebe - Taliban bestrafen mehrere Männer v. 03.01.2017; Bundesamt für Migration und Flüchtlinge, Briefing Notes v. 09.01.2017). Auch gibt es Berichte über Gefängnisse von Aufständischen in der Provinz Kunduz (Bundesamt für Migration und Flüchtlinge, Briefing Notes v. 09.01.2017).
In der Zentralregion Afghanistans, die neben Kabul (Einwohnerzahl ca. 4,3 Millionen, jeweils nach dem Länderinformationsblatt der Staatendokumentation Afghanistan, Bundesrepublik Österreich Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl, vom 21.01.2016, aktualisiert am 29.07.2016, S. 46 ff.) die Provinzen Parwan (Einwohnerzahl ca. 65.000), Kapisa (Einwohnerzahl ca. 440.000), Logar (Einwohnerzahl ca. 390.000), Panjshir (Einwohnerzahl ca. 150.000) und Wardak (Einwohnerzahl ca. 595.000) umfasst (vgl. Länderinformationsblatt der Staatendokumentation Afghanistan, Bundesrepublik Österreich Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl, vom 21.01.2016, aktualisiert am 29.07.2016, S. 49; Schweizerische Flüchtlingshilfe, Afghanistan: Update, Die aktuelle Sicherheitslage v. 30.9.2016, S. 12) und in der insgesamt ca. 5,8 Millionen Einwohner leben, wurden im Zeitraum Januar bis Juni 2016 1113 Zivilpersonen verletzt oder getötet (UNAMA, Afghanistan Midyear Report on Protection of Civilians in Armed Conflict: 2016, vom 27.07.2016, S. 12), mithin für ein Jahr 2226 Zivilpersonen. Bei einer Verdreifachung der Anzahl der durch die UNAMA registrierten verletzten und getöteten Zivilpersonen aufgrund einer hohen Dunkelziffer (vgl. hierzu Nds. OVG, Urt. v. 07.09.2015 - 9 LB 98/13 -, juris Rn. 65) ergibt sich eine Wahrscheinlichkeit als Zivilperson binnen eines Jahres verletzt oder getötet zu werden von 1:868. Im Distrikt Kabul wurden im Zeitraum von Januar bis Ende August 2015 217 sicherheitsrelevante Vorfälle registriert, in der Provinz Kabul 352, bei einer Bevölkerungszahl der Provinz von über 4,3 Millionen (Länderinformationsblatt der Staatendokumentation Afghanistan, Bundesrepublik Österreich Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl, vom 21.01.2016, aktualisiert am 05.10.2016, S. 50). Teilweise wird auch die Bevölkerungszahl allein für die Stadt Kabul auf mehr als sieben Millionen Menschen geschätzt (Nds. OVG, Urt. v. 19.09.2016 - 9 LB 100/15 -, juris). Die allgemeine Gewalt in Kabul befindet sich auf dem Niveau des Jahres 2014 (Länderinformationsblatt der Staatendokumentation Afghanistan, Bundesrepublik Österreich Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl, vom 21.01.2016, aktualisiert am 05.10.2016, S. 50), bei den hochrangigen Angriffen (gegen Gebäude der Regierung oder internationaler Institutionen) hat es mit 28 jedoch gegenüber dem Jahr 2014 eine Steigerung um 27 % gegeben. Zwar verbessern sich die Sicherheitskräfte und ihre Fähigkeiten fortwährend, weitere Angriffe insbesondere auf Regierungsangehörige und internationale Organisationen sind aber nicht auszuschließen (Länderinformationsblatt der Staatendokumentation Afghanistan, Bundesrepublik Österreich Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl, vom 21.01.2016, aktualisiert am 29.07.2016, S. 47). Dies hat sich - wie oben bereits dargestellt - insbesondere in den Monaten November 2016 bis Anfang Januar 2017 deutlich gezeigt.
Nach alledem ist es angesichts der Bevölkerungszahl auf der einen und den Verletzten und getöteten Zivilpersonen auf der anderen Seite für eine Zivilperson in Kabul nicht beachtlich wahrscheinlich, aufgrund eines sicherheitsrelevanten Vorfalls verletzt oder getötet zu werden (vgl. auch Bay. VGH, Beschl. v. 17.08.2016 - 13a ZB 16.30090 -, juris Rn. 10; OVG Nordrhein-Westfalen, Beschl. v. 08.06.2016 - 13 A 1222/16.A -, juris Rn. 10; Nds. OVG, Beschl. v. 27.04.2016 - 9 LA 46/16 -, n.v.; Beschl. v. 13.04.2015 - 9 LA 58/13 -, n.v.). Die Mehrzahl der Binnenflüchtlinge zieht es dementsprechend gerade auch nach Kabul (vgl. etwa Länderinformationsblatt der Staatendokumentation Afghanistan, Bundesrepublik Österreich Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl, vom 21.01.2016, aktualisiert am 29.07.2016, S. 48).
(b) Auch in Herat würde dem Kläger nicht mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit eine solche sonstige Gefährdung drohen, die der Annahme Herats als inländische Fluchtalternative entgegenstehen würde.
In der westlichen Region Afghanistans, zu der neben der Provinz Herat (Einwohnerzahl: ca. 1.890.202, jeweils nach dem Länderinformationsblatt der Staatendokumentation Afghanistan, Bundesrepublik Österreich Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl, vom 21.01.2016, aktualisiert am 19.12.2016) Farah (Einwohnerzahl: ca. 507.405), Badghis (Einwohnerzahl: ca. 459.958) und Ghor (Einwohnerzahl: ca. 690.296) zählen (UNAMA, Afghanistan Midyear Report on Protection of Civilians in Armed Conflict: 2016, vom 27.07.2016, S. 2; UNHCR, Anfragebeantwortung v. 12.05.2016, S. 8) wurden im Zeitraum Januar bis Juni 2016 385 Menschen verletzt oder getötet (UNAMA, Afghanistan Midyear Report on Protection of Civilians in Armed Conflict: 2016, vom 27.07.2016, S. 11). Im Hinblick auf die Einwohnerzahl von ca. 3,5 Millionen ergibt sich daraus ein Verhältnis von 1:9090 bzw. für ein Jahr 1:4545. Bei einer Verdreifachung der Anzahl der durch die UNAMA registrierten verletzten und getöteten Zivilpersonen aufgrund einer hohen Dunkelziffer (vgl. hierzu Nds. OVG, Urt. v. 07.09.2015 - 9 LB 98/13 -, juris Rn. 65) ergibt sich eine Wahrscheinlichkeit als Zivilperson binnen eines Jahres verletzt oder getötet zu werden von 1:1515.
Anhaltspunkte dafür, dass innerhalb der Region gerade in der Provinz oder der Stadt Herat ein unverhältnismäßig hoher Anteil an verletzten oder getöteten Zivilpersonen zu verzeichnen wäre, aus dem eine besonders hohe Gefährdung von Zivilpersonen im Sinne einer beachtlichen Wahrscheinlichkeit resultieren könnte, sind nicht gegeben. Im Zeitraum vom 1. Januar bis 31. August 2015 wurden 447 Sicherheitsrelevante Vorfälle registriert (Länderinformationsblatt der Staatendokumentation Afghanistan, Bundesrepublik Österreich Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl, vom 21.01.2016, aktualisiert am 19.12.2016, S. 112). Anhaltspunkte für eine nachhaltige Verschlechterung der Sicherheitslage sind nicht gegeben, wenn auch etwa im August 2016 12 Touristen von den Taliban beschossen wurden (www.zeit.de, Taliban greifen deutsche Reisende an, v. 04.08.2016) und Anfang Januar eine Bombe vor einer Moschee explodierte (en.abna24.com, 7 killed, wounded in Shiite mosque blast in Herat, Afghanistan, v. 02.01.2017), drei Angehörige der afghanischen Armee bzw. Polizei entführt wurden (www.khaama.com, Afghan army and police officers kidnapped by Taliban in Herat, v. 01.01.2017) sowie zwei Arbeiter eines Telekommunikationsunternehmens von den Taliban angegriffen wurden (www.pajhwok.com, Afghan Telecom worker killed in Herat gun attack, v. 10.01.2017). Nachdem die Provinz Herat von der Khaama Press im Januar 2015 als relativ friedliche Provinz und im September 2015 als relativ volatil (so auch Schweizerische Flüchtlingshilfe, Afghanistan: Sicherheitssituation in Herat, v. 25.08.2015, S. 5) bezeichnet wurde (Länderinformationsblatt der Staatendokumentation Afghanistan, Bundesrepublik Österreich Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl, vom 21.01.2016, aktualisiert am 19.12.2016), geht die Khaama Press und auch die Schweizer Flüchtlingshilfe nunmehr wieder von einer der relativ sicheren Provinzen Afghanistans aus (www.khaama.com, Afghan army and police officers kidnapped by Taliban in Herat, v. 01.01.2017; Schweizerische Flüchtlingshilfe, Afghanistan: Update - Die aktuelle Sicherheitslage, v. 30.09.2016). Die Schweizer Flüchtlingshilfe geht von 13 Entführungen in den ersten sechs Monaten des Jahres 2016 aus und beschreibt - neben dem oben genannten Vorfall von August 2016 - die Tötung von fünf Angehörigen der afghanischen Streitkräfte, ebenfalls im August 2016 (Afghanistan: Update - Die aktuelle Sicherheitslage, v. 30.09.2016). In der Provinz Herat ist es einem Frauenkollektiv möglich, Safran anzubauen und bis nach Deutschland zu vertreiben (ze.tt, Wie Afghaninnen mit der Safran-Ernte den Opium-Anbau bekämpfen, v. 30.12.2016).
Nach alledem ist es angesichts der Bevölkerungszahl auf der einen und den Verletzten und getöteten Zivilpersonen auf der anderen Seite für eine Zivilperson in Herat nicht beachtlich wahrscheinlich, aufgrund eines sicherheitsrelevanten Vorfalls verletzt oder getötet zu werden.
(2) Der Kläger könnte auf dem Luftweg auch sicher und legal in die Städte Kabul (Nds. OVG, Urt. v. 19.09.2016 - 9 LB 100/15 -, juris, S. 19) und Herat reisen. Der Flughafen in Herat (vgl. etwa Länderinformationsblatt der Staatendokumentation Afghanistan v. 21.01.2016, Stand: 19.12.2016. S. 28) liegt zwar einige Kilometer außerhalb der Stadt Herat (http://aviation-safety.net). Anhaltspunkte dafür, dass eine Benutzung der die Stadt und den Flughafen verbindenden Straße aufgrund der Gefahr sicherheitsrelevanter Vorfälle nicht zumutbar wäre, sind jedoch nicht gegeben.
(3) Im Hinblick auf den internen Schutz gem. § 3e Abs. 1 Nr. 2 AsylG muss für den Rückkehrer in dem schutzgewährenden Landesteil auch die Existenzgrundlage so weit gesichert sein, dass von ihm erwartet werden kann, dass er sich vernünftigerweise dort aufhält. Dies geht als Zumutbarkeitsmaßstab über das Fehlen einer im Rahmen des § 60 Abs. 7 Satz 1 und Satz 5 AufenthG beachtlichen existenziellen Notlage hinaus (BVerwG, Urt. v. 31.01.2013 - 10 C 15/12 -, juris Rn. 20; Nds. OVG, Urt. v. 19.09.2016 - 9 LB 100/15 -, juris; OVG Nordrhein-Westfalen, Beschl. v. 06.06.2016 - 13 A 1882/15.A -, juris Rn. 14).
Afghanistan ist trotz der internationalen Unterstützung und erheblicher Anstrengungen der afghanischen Regierung eines der ärmsten Länder der Welt (Lagebericht des Auswärtigen Amtes, Stand: September 2016, S. 21; Schweizerische Flüchtlingshilfe, Afghanistan: Update, Die aktuelle Sicherheitslage v. 30.09.2016, S. 24) und das ärmste Land der Region (UNHCR-Richtlinien zur Feststellung des internationalen Schutzbedarfs afghanischer Asylsuchender vom 19.04.2016, S. 31). Das rapide Bevölkerungswachstum stellt eine weitere Herausforderung für die wirtschaftliche und soziale Entwicklung des Landes dar (Lagebericht des Auswärtigen Amtes, Stand: September 2016, S. 21). Rund 36 % der Bevölkerung leben unterhalb der Armutsgrenze, mit einem eklatanten Gefälle zwischen urbanen Zentren und ländlichen Gebieten Afghanistans: Außerhalb der Hauptstadt Kabul und der Provinzhauptstädte fehlt es vielerorts an grundlegender Infrastruktur für Energie, Trinkwasser und Transport (Lagebericht des Auswärtigen Amtes, Stand: September 2016, S. 21). 30 % der Bevölkerung sind auf humanitäre Hilfe angewiesen, 6,3 % sind von ernsthafter Lebensmittelunsicherheit betroffen und 9,1 % der Kinder sterben vor ihrem fünften Geburtstag (UNHCR-Richtlinien zur Feststellung des internationalen Schutzbedarfs afghanischer Asylsuchender vom 19.04.2016, S. 31; vgl. auch Lagebericht des Auswärtigen Amtes, Stand: September 2016, S. 13), wobei in letzterem eine Verbesserung zu sehen ist (Lagebericht des Auswärtigen Amtes, Stand: September 2016, S. 23). Die Arbeitslosenquote betrug im Oktober 2015 40 % (Lagebericht des Auswärtigen Amtes, Stand: September 2016, S. 22), teilweise wird sie auf bis zu 50 % geschätzt (Nds. OVG, Urt. v. 19.09.2016 - 9 LB 100/15 -, juris). Die Quote der Analphabeten ist hoch und die Anzahl der Fachkräfte gering (Schweizerische Flüchtlingshilfe, Afghanistan: Update, Die aktuelle Sicherheitslage v. 30.9.2016, S. 24). Auch der Abzug der internationalen Streitkräfte hat sich negativ auf die Nachfrage und damit die Wirtschaft ausgewirkt (Schweizerische Flüchtlingshilfe, Afghanistan: Update, Die aktuelle Sicherheitslage v. 30.9.2016, S. 24; Lagebericht des Auswärtigen Amtes, Stand: September 2016, S. 21). Das Wirtschaftswachstum betrug im Jahr 2015 0,8 %, in 2016 voraussichtlich 1,2 % und für 2017 werden im besten Fall 1,7 % erwartet (UNHCR, Anmerkung zur Situation in Afghanistan auf Anfrage des Deutschen Bundesministeriums des Innern, v. Dez. 2016, S. 5). Rückkehrer sehen sich, wie alle Afghanen, mit unzureichenden wirtschaftlichen Perspektiven und geringen Arbeitsmarktchancen konfrontiert, insbesondere wenn sie außerhalb des Familienverbandes oder nach einer längeren Abwesenheit aus dem Ausland zurückkehren und ihnen ein soziales oder familiäres Netzwerk sowie aktuelle Kenntnisse der örtlichen Verhältnisse fehlen (Lagebericht des Auswärtigen Amtes, Stand: November 2015, S. 5). Viele von ihnen zieht es daher nach Kabul, wo die Einwohnerzahl zwischen den Jahren 2005 und 2015 um 10 % gestiegen ist (Schweizerische Flüchtlingshilfe, Afghanistan: Update, Die aktuelle Sicherheitslage v. 30.9.2016, S. 27, 28). Naturkatastrophen und extreme Natureinflüsse im Norden tragen zur schlechten Versorgung der Bevölkerung bei (Lagebericht des Auswärtigen Amtes, Stand: September 2016, S. 23). Im Süden und Osten gelten nahezu ein Drittel aller Kinder als akut unterernährt (Lagebericht des Auswärtigen Amtes, Stand: November 2015, S. 24). Nach Berechnungen der Vereinten Nationen sind in Afghanistan insgesamt eine Millionen Kinder unterernährt (deutsch.rt.com, Vereinte Nationen: Afghanistan auf dem Weg in eine humanitäre Katastrophe, v. 24.01.2017). Im Winter 2016 / 2017 starben allein in einer Provinz im Norden Afghanistans 27 Kinder unter fünf Jahren aufgrund der Wetterbedingungen (www.zeit.de, 27 Kinder sterben wegen strengen Winterwetters in Afghanistan, v. 26.01.2017). Die humanitäre Situation ist weiterhin als schwierig anzusehen, insbesondere stellt neben der Versorgung von Hunderttausenden Rückkehrern und Binnenvertriebenen vor allem die chronische Unterversorgung in Konfliktgebieten das Land vor große Herausforderungen (Lagebericht des Auswärtigen Amtes, Stand: November 2015, S. 6). Die Anzahl der konflikt-induzierten Binnenflüchtlinge betrug im Jahr 2016 zwischen 1,1 und 1,2 Million (Lagebericht des Auswärtigen Amtes, Stand: September 2016, S. 21). Die pakistanische Regierung hat den dort aufhältigen afghanischen Flüchtlingen eine Frist zur Rückkehr bis März 2017 gesetzt; im Jahr 2016 sind bereits mehr als 600.000 Personen zurückgekehrt, insbesondere in der zweiten Jahreshälfte und über Nangarhar (Kurzinformation der Staatendokumentation Pakistan / Afghanistan - Rückkehr afghanischer Flüchtlinge nach Afghanistan v. 07.12.2016, S. 1, 2). Rund 2,4 Millionen afghanische Flüchtlinge leben in Pakistan (Kurzinformation der Staatendokumentation Pakistan / Afghanistan - Rückkehr afghanischer Flüchtlinge nach Afghanistan v. 07.12.2016, S. 2). Die UN will weitere finanzielle Hilfe leisten (Kurzinformation der Staatendokumentation Pakistan / Afghanistan - Rückkehr afghanischer Flüchtlinge nach Afghanistan v. 07.12.2016, S. 3). Aus Deutschland reisten im Jahr 2016 mit 3.200 Personen zehnmal mehr Menschen freiwillig nach Afghanistan zurück, als im Vorjahr (www.spiegel.de, Rund 55.000 Asylbewerber verlassen Deutschland freiwillig v. 28.12.2016). Für das Jahr 2017 erwartet die internationale humanitäre Gemeinschaft 450.000 neu in die Flucht getriebene Menschen im Inland und die UNHCR 650.000 Rückkehrer aus den umliegenden Ländern (UNHCR, Anmerkung zur Situation in Afghanistan auf Anfrage des Deutschen Bundesministeriums des Innern, v. Dez. 2016, S. 4). Die Rückkehrer siedeln sich vor allem in den Provinzen Kabul, Nangarhar, Kunduz, Logar und Baghlan an (Lagebericht des Auswärtigen Amtes, Stand: September 2016, S. 24). Viele Binnenvertriebene haben familiäre Verbindungen nach Kabul (UNHCR, Anmerkung zur Situation in Afghanistan auf Anfrage des Deutschen Bundesministeriums des Innern, v. Dez. 2016, S. 7). Die Aufnahmekapazität Kabuls ist aufgrund begrenzter Möglichkeiten der Existenzsicherung, Marktliquidität, der fehlenden Verfügbarkeit angemessener Unterbringungsmöglichkeiten sowie des mangelnden Zugangs zu grundlegenden Versorgungsleistungen, insbesondere im Gesundheits- und Bildungswesen, sowie im Dienstleistungsbereich äußerst eingeschränkt (UNHCR, Anmerkung zur Situation in Afghanistan auf Anfrage des Deutschen Bundesministeriums des Innern, v. Dez. 2016, S. 7). Auch in Herat hält sich eine große Zahl von Binnenvertriebenen auf, die sich mit einer erheblichen politischen Opposition und allgemeinen Ressentiments konfrontiert sehen (UNHCR, Anmerkung zur Situation in Afghanistan auf Anfrage des Deutschen Bundesministeriums des Innern, v. Dez. 2016, S. 8).
Staatliche Maßnahmen zur Integration oder Neuansiedlung haben bereits positive Ergebnisse gezeigt, sind allerdings auch weiter erforderlich (UNHCR, Anmerkung zur Situation in Afghanistan auf Anfrage des Deutschen Bundesministeriums des Innern, v. Dez. 2016, S. 8). Die Regierung hat sich ehrgeizige Ziele gesteckt und plant unter anderem durch ein Stimulus-Paket Arbeitsplätze und Wachstum zu schaffen (Lagebericht des Auswärtigen Amtes, Stand: November 2015, S. 24; Lagebericht des Auswärtigen Amtes, Stand: September 2016, S. 22). Afghanistan befindet sich in einem langwierigen Wiederaufbauprozess (Lagebericht des Auswärtigen Amtes, Stand: September 2016, S. 4). Die internationale Gemeinschaft unterstützt die afghanische Regierung maßgeblich dabei, die Lebensbedingungen der Bevölkerung zu verbessern (Lagebericht des Auswärtigen Amtes, Stand: September 2016, S. 22). Mehr als 95 % des afghanischen Budgets stammen auch im Jahre 2016 von der internationalen Staatengemeinschaft (Schweizerische Flüchtlingshilfe, Afghanistan: Update, Die aktuelle Sicherheitslage v. 30.9.2016, S. 2). Die internationale Gemeinschaft wird auch ihr ziviles Engagement fortsetzten und Deutschland wird den Wiederaufbau im Jahr 2017 mit 430 Millionen Euro unterstützen (www.bundesregierung.de, Deutsche Soldaten weiter in Afghanistan v. 16.11.2016). Zum Jahresende 2014 hat das Jahrzehnt der Transformation (2015‐2024) begonnen, in dem Afghanistan sich mit weiterhin umfangreicher internationaler Unterstützung zu einem voll funktionsfähigen und fiskalisch lebensfähigen Staat im Dienst seiner Bürgerinnen und Bürger entwickeln soll, wofür Afghanistan verstärkte eigene Anstrengungen zugesagt hat (Lagebericht des Auswärtigen Amtes, Stand: September 2016, S. 4). Im Mai 2016 startete das Projekt „Casa 1000“, mit dem eine Stromleitung von Tajikistan auch nach Afghanistan errichtet und ab 2019 dem Energiemangel begegnet werden soll (Schweizerische Flüchtlingshilfe, Afghanistan: Update, Die aktuelle Sicherheitslage v. 30.9.2016, S. 25). Auch soll Afghanistan eine Flugfrachtverbindung nach Indien erhalten (www.aerotelegraph.com, Afghanistan bekommt Frachtverbindung nach Indien, v. 06.01.2017). Das Verelendungsrisiko einzelner Bevölkerungsgruppen in Afghanistan weicht stark voneinander ab, für alleinstehende Personen bewegte es sich bis zum Jahr 2007 lediglich im Bereich zwischen 10 und 15 %; das Armutsrisiko stieg bei einer Haushaltsgröße von drei Personen (11 %) bis zu einer Haushaltsgröße von neun Personen (über 40 %) kontinuierlich und lag bei einer Haushaltsgröße von 15 Personen sogar bei über 45 % (OVG Münster, Urt. v. 27.01.2015 - 13 A 1201/12.A -, juris Rn. 48). Nachdem im Jahr 2011 nur 7,5 % der Bevölkerung über eine adäquate Wasserversorgung verfügten, haben im Jahr 2016 46 % Zugang zu Trinkwasser (Schweizerische Flüchtlingshilfe, Afghanistan: Update, Die aktuelle Sicherheitslage v. 30.9.2016, S. 25; vgl. auch UNHCR-Richtlinien zur Feststellung des internationalen Schutzbedarfs afghanischer Asylsuchender vom 19.04.2016, S. 31). Im Bereich der Menschenrechte hat Afghanistan unter schwierigen Umständen bereits erhebliche Fortschritte gemacht, die allerdings nach wie vor nicht alle Landesteile erreichen und außerhalb der Städte auch gegen willkürliche Entscheidungen von Amtsträgern und Richtern nur schwer durchzusetzen sind (Lagebericht des Auswärtigen Amtes, Stand: September 2016, S. 5). Die Situation der Kinder hat sich in den vergangenen Jahren verbessert, so werden mittlerweile rund zwei Drittel aller Kinder eingeschult; der Anteil der Mädchen beträgt mittlerweile 37,5 %, nachdem sie unter der Taliban-Herrschaft fast vollständig vom Bildungssystem ausgeschlossen waren (Lagebericht des Auswärtigen Amtes, Stand: September 2016, S. 12). Auch die medizinische Versorgung hat sich seit 2005 erheblich verbessert, was auch zu einem deutlichen Anstieg der Lebenserwartung geführt hat (Lagebericht des Auswärtigen Amtes, Stand: November 2015, S. 24, 25). Dennoch besteht landesweit eine unzureichende Verfügbarkeit von Medikamenten, Ausstattung und Fachpersonal, wobei die Situation in den Nord- und Zentralprovinzen um ein Vielfaches besser ist als in den Süd- und Ostprovinzen (Lagebericht des Auswärtigen Amtes, Stand: September 2016, S. 23). 36 % der Bevölkerung haben keinen Zugang zu einer medizinischen Grundversorgung (UNHCR-Richtlinien zur Feststellung des internationalen Schutzbedarfs afghanischer Asylsuchender vom 19.04.2016, S. 31). Insbesondere in ländlichen und unsicheren Gebieten sowie unter Nomaden kommt es zu schlechten Gesundheitszuständen von Frauen und Kindern (Schweizerische Flüchtlingshilfe, Afghanistan: Update, Die aktuelle Sicherheitslage v. 30.9.2016, S. 25). Aufgrund der Fortschritte in der medizinischen Versorgung hat sich allerdings etwa die Müttersterblichkeit von 1,6 % auf 0,324 % gesenkt (Lagebericht des Auswärtigen Amtes, Stand: September 2016, S. 23). An dieser Reduzierung kommen allerdings zwischenzeitlich Zweifel auf (www.tt.com, Müttersterblichkeit in Afghanistan laut Bericht deutlich höher als angegeben, v. 31.01.2017). Eine gute medizinische Versorgung auch komplizierterer Krankheiten bieten das French Medical Institute und das Deutsche Diagnostische Zentrum (Lagebericht des Auswärtigen Amtes, Stand: September 2016, S. 23). Eine Behandlung psychischer Erkrankungen findet nur unzureichend statt; in Kabul, Jalalabad, Herat und Mazar-e Sharif gibt es entsprechende Einrichtungen mit meist wenigen Betten (Lagebericht des Auswärtigen Amtes, Stand: September 2016, S. 23 f.). Rückkehrer aus Deutschland werden in Kabul vom afghanischen Flüchtlingsministerium, von Mitarbeitern der Internationalen Organisation für Migration, von der gemeinnützigen humanitären Organisation für psychosoziale Betreuung und der Bundespolizei vor Ort in Empfang genommen und versorgt (Schreiben des Bundesministeriums des Innern v. 09.01.2017 an die Innenminister und -senatoren der Länder, S. 4). Als Reintegrationshilfen können bis zu 700,00 Euro beantragt werden (Schreiben des Bundesministeriums des Innern v. 09.01.2017 an die Innenminister und -senatoren der Länder, S. 4). Weiter ist auch geplant, den Rückkehrern Anschlussflüge zum gewünschten Zielort innerhalb Afghanistans anzubieten und ein Informationsbüro als Beratungsstelle einzurichten (Schreiben des Bundesministeriums des Innern v. 09.01.2017 an die Innenminister und -senatoren der Länder, S. 4).
Unter Berücksichtigung der vorgenannten Erkenntnisse hat das Gericht keine durch-greifenden Zweifel daran, dass der Kläger als ein arbeitsfähiger junger Mann bei einer Rückkehr in sein Heimatland Afghanistan in der Lage wäre, in Kabul einen Lebensunterhalt insoweit zu verdienen, dass von ihm vernünftigerweise erwartet werden kann, sich dort aufzuhalten (vgl. OVG Nordrhein-Westfalen, Beschl. v. 08.06.2016 - 13 A 1222/16.A -, juris Rn. 10; Nds. OVG, Urt. v. 20.07.2015 - 9 LB 320/14 -, juris S. 8; OVG Nordrhein-Westfalen, Urt. v. 27.01.2015 - 13 A 1201/12.A -, juris Rn. 46; Urt. v. 26.08.2014 - 13 A 2998/11.A -, juris Rn. 197). Dies gilt gleichermaßen auch für die Stadt Herat mit etwa 477.452 (Länderinformationsblatt der Staatendokumentation Afghanistan, Bundesrepublik Österreich Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl, vom 21.01.2016, aktualisiert am 19.12.2016, S. 139) Einwohnern. Auch die UNHCR geht in ihren Richtlinien zur Feststellung des internationalen Schutzbedarfs afghanischer Asylsuchender vom 19. April 2016 davon aus, dass alleinstehende leistungsfähige Männer und verheiratete Paare im berufsfähigen Alter auch ohne Unterstützung von Familie und Gemeinschaft unter bestimmten Umständen in urbanen und semi-urbanen Umgebungen leben können, die die notwendige Infrastruktur sowie Erwerbsmöglichkeiten zur Sicherung der Grundversorgung bieten und die unter staatlicher Kontrolle stehen (S. 99). Der Kläger hat die Schule bis zur sechsten Klasse besucht, er ist gesund, gehört als Tadschike der zweitgrößten Volksgruppe in Afghanistan an (vgl. Lagebericht des Auswärtigen Amtes, Stand: September 2016, S. 9), spricht mit Dari eine der offiziellen Landessprachen (vgl. Lagebericht des Auswärtigen Amtes, Stand: September 2016, S. 9), hat mehrere Jahre wirtschaftlich erfolgreich als Heizungsbauer gearbeitet und verfügt über Verwandte in Afghanistan, jedenfalls in seiner Heimatregion. In der mündlichen Verhandlung hat er angegeben, dass eine Tante und ein Onkel sowie deren drei Kinder weiterhin in Lashkar Gah leben würden. Soweit der Kläger darüber hinaus berichtet hat, dass seine Eltern und vielleicht auch seine Geschwister nicht mehr in Afghanistan seien, ist das Gericht nicht von der Richtigkeit seiner Angaben überzeugt. Insoweit hat er zwar angegeben, dass er mit seinem Vater telefoniert und er ihm erzählt habe, dass sie nunmehr im Iran seien. Einzelheiten zu diesem Gespräch und insbesondere zum Inhalt konnte der Kläger auf Nachfrage des Gerichts allerdings nicht machen. Nach alledem geht das Gericht davon aus, dass der Kläger in Kabul und Herat jedenfalls in ausreichendem Maße seinen Lebensunterhalt sichern können wird. Vor allem in größeren Städten Afghanistans, wie etwa auch Kabul, ist eine Aufnahme auch außerhalb des eigenen Familien- bzw. Stammesverbandes sowie die Chancen realistisch (vgl. Nds. OVG, Urt. v. 19.09.2016 - 9 LB 100/15 -, juris). Die schiitische Religionszugehörigkeit des Klägers steht dem vorliegend nicht entgegen. Zwar ist der weit überwiegende Anteil der Bevölkerung sunnitischer Religionszugehörigkeit, Auseinandersetzungen sind jedoch selten (Lagebericht des Auswärtigen Amtes, Stand: September 2016, S. 10). Seit dem Ende des Taliban-Regimes ist auch gerade eine wesentliche Verbesserung der Situation der schiitisch-muslimischen Gemeinde eingetreten (Länderinformationsblatt der Staatendokumentation Afghanistan, Bundesrepublik Österreich Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl, vom 21.01.2016, aktualisiert am 05.10.2016, S. 155). Der Kläger hat insoweit zwar vorgetragen, dass vor allem die Paschtunen die Schiiten als Sünder bezeichnen würden. Hieraus folgt jedoch keine andere Beurteilung durch das Gericht. Gerade auch in Herat sind große Teile der Bevölkerung Schiiten und sowohl schiitische als auch sunnitische Führer berichten von einem weitgehend harmonischen Zusammenleben (UNHCR-Richtlinien zur Feststellung des internationalen Schutzbedarfs afghanischer Asylsuchender v. 19.04.2016, S. 59 Fn. 326).
c) Der Kläger hat auch keinen Anspruch auf Anerkennung als subsidiär Schutzberechtigter infolge einer ernsthaften individuellen Bedrohung seines Lebens oder seiner Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konflikts (§ 4 Abs. 1 Satz 1, Satz 2 Nr. 3 AsylG). Bezugspunkt für die Gefahrenprognose ist der tatsächliche Zielort des Ausländers bei einer Rückkehr, damit in der Regel seine Herkunftsregion, in die er typischerweise zurückkehren wird (BVerwG, Urt. v. 31.01.2013 - 10 C 15/12 -, juris Rn. 13, 16; Urt. v. 17.11.2011 - 10 C 13/10 -, juris Rn.16). Hiervon zu unterscheiden ist die Frage, ob er auf internen Schutz in einer anderen Region des Landes verwiesen werden kann (BVerwG, Urt. v. 31.01.2013 - 10 C 15/12 -, juris Rn. 14, 19, 32), vgl. § 3e AsylG, was vorliegend - wie oben bereits ausgeführt - der Fall ist. Zwar liegen für die Annahme eines drohenden Schadens stichhaltige Gründe (Nds. OVG, Urt. v. 19.09.2016 - 9 LB 100/15 -, n.v.; Beschl. v. 26.08.2016 - 9 ME 146/16 -, n.v.) vor. Für den Kläger bestehen jedoch - wie bereits ausgeführt - mit Kabul und Herat inländische Fluchtalternativen.
Ein innerstaatlicher bewaffneter Konflikt im Sinne des § 4 Abs. 1 Satz 1, Satz 2 Nr. 3 AsylG ist jedenfalls gegeben, wenn bewaffnete Konflikte im Hoheitsgebiet eines Staates zwischen dessen Streitkräften und abtrünnigen Streitkräften oder anderen organisierten Gruppen stattfinden, die unter einer verantwortlichen Führung eine solche Kontrolle über einen Teil des Hoheitsgebietes des Staates ausüben, dass sie anhaltende, koordinierte Kampfhandlungen durchführen (und das Zusatzprotokoll II vom 8. Juni 1977 - zu den Genfer Abkommen vom 12. August 1949 über den Schutz der Opfer nicht internationaler bewaffneter Konflikte (BGBl 1990 II S. 1550 <1637>) anzuwenden haben), nicht hingegen bereits bei Fällen innerer Unruhen und Spannungen wie Tumulte, vereinzelt auftretende Gewalttaten und anderen ähnlichen Handlungen (BVerwG, Urt. v. 27.04.2010 - 10 C 4/09 -, juris Rn. 23). Aber auch etwa Bürgerkriege und Guerilla-Kämpfe können einen bewaffneten Konflikt im Sinne des § 4 Abs. 1 Satz 1, Satz 2 Nr. 3 AsylG darstellen, wenn sie ein gewisses Maß an Intensität und Dauerhaftigkeit aufweisen (BVerwG, Urt. v. 27.04.2010 - 10 C 4/09 -, juris Rn. 23). Für das Vorliegen eines bewaffneten Konflikts kann es hinsichtlich des Organisationsgrades bei einer Gesamtwürdigung der Umstände auch genügen, dass die Konfliktparteien in der Lage sind, anhaltende und koordinierte Kampfhandlungen von solcher Intensität und Dauerhaftigkeit durchzuführen, dass die Zivilbevölkerung davon typischerweise erheblich in Mitleidenschaft gezogen wird. Entsprechendes dürfte auch für das Erfordernis gelten, dass die den staatlichen Streitkräften gegenüberstehende Konfliktpartei eine effektive Kontrolle über einen Teil des Staatsgebietes ausüben muss (BVerwG, Urt. v. 27.04.2010 - 10 C 4/09 -, juris Rn. 23).
Eine Individualisierung der Gefahr kann sich bei einem hohen Niveau willkürlicher Gewalt für die Zivilbevölkerung aus gefahrerhöhenden Umständen in der Person des Betroffenen ergeben, wie etwa einer berufsbedingten Nähe zu einer Gefahrenquelle oder einer bestimmten religiösen Zugehörigkeit (vgl. BVerwG, Urt. v. 17.11.2011 - 10 C 13/10 -, juris Rn. 18; Nds. OVG, Urt. v. 19.09.2016 - 9 LB 100/15 -, n.v.). Wenn solche individuellen gefahrerhöhenden Umstände fehlen, kann eine entsprechende Individualisierung ausnahmsweise auch bei einer außergewöhnlichen Situation eintreten, die durch einen so hohen Gefahrengrad gekennzeichnet ist, dass praktisch jede Zivilperson allein aufgrund ihrer Anwesenheit in dem betroffenen Gebiet einer ernsthaften individuellen Bedrohung ausgesetzt wäre (BVerwG, Urt. v. 17.11.2011 - 10 C 13/10 -, juris Rn. 19 m.w.N.; Nds. OVG Urt. v. 19.09.2016 - 9 LB 100/15 -, juris; Beschl. v. 26.08.2016 - 9 ME 146/16 -, n.v.; Beschl. v. 14.04.2016 - 9 LA 57/16 -, n.v.; Beschl. v. 28.09.2015 - 9 LA 247/14 -, n.v.). Dies setzt aber ein besonders hohes Niveau willkürlicher Gewalt voraus (BVerwG, Urt. v. 17.11.2011 - 10 C 13/10 -, juris Rn. 19; Nds. OVG, Urt. v. 19.09.2016 - 9 LB 100/15 -, juris; Beschl. v. 14.04.2016 - 9 LA 57/16 -, n.v.; Beschl. v. 28.09.2015 - 9 LA 247/14 -, n.v.). Permanente Gefährdungen der Bevölkerung und schwere Menschenrechtsverletzungen im Rahmen eines innerstaatlichen Konflikts reichen für sich allein nicht aus (BVerwG, Urt. v. 13.02.2014 - 10 C 6/13 -, juris Rn. 24; Nds. OVG, Urt. v. 19.09.2016 - 9 LB 100/15 -, juris; Beschl. v. 28.09.2015 - 9 LA 247/14 -, n.v.). Dies gilt auch bei heftigen Auseinandersetzungen zwischen der afghanischen Armee und aufständischen Gruppen, die auch die Zivilbevölkerung durch Massenentführungen, Vertreibungen, Kämpfe in bewohnten Gebieten oder Angriffe auf Dörfer im Mitleidenschaft ziehen (Nds. OVG, Beschl. v. 14.04.2016 - 9 LA 57/16 -, n.v.). Für die Bestimmung der Gefahrendichte hat eine quantitative Ermittlung der Verletzten und getöteten Zivilpersonen im Verhältnis zur Einwohnerzahl (Gewaltniveau) und daneben auch eine wertende Gesamtbetrachtung jedenfalls auch im Hinblick auf die medizinische Versorgungslage zu erfolgen (BVerwG, Urt. v. 17.11.2011 - 10 C 13/10 -, juris Rn. 23; Nds. OVG, Urt. v. 19.09.2016 - 9 LB 100/15 -, juris; Beschl. v. 26.08.2016 - 9 ME 146/16 -, n.v.; Nds. OVG, Beschl. v. 28.09.2015 - 9 LA 247/14 -, n.v.). Das Risiko einer Zivilperson von 1:800 (bezogen auf ein Jahr) verletzt oder getötet zu werden ist dabei weit von der Schwelle der beachtlichen Wahrscheinlichkeit eines ihr drohenden Schadens entfernt (BVerwG, Urt. v. 17.11.2011 - 10 C 13/10 -, juris Rn. 23; vgl. auch Nds. OVG, Urt. v. 19.09.2016 - 9 LB 100/15 -, juris; Beschl. v. 28.09.2015 - 9 LA 247/14 -, n.v.).
Unter Berücksichtigung dieser Maßstäbe und der vorliegenden Erkenntnismittel herrscht derzeit in der Heimatregion des Klägers ein bewaffneter innerstaatlicher Konflikt im Sinne des § 4 Abs. 1 Satz 1, Satz 2 Nr. 3 AsylG und in der Region von Lashkar Gah geht derzeit auch für eine Vielzahl von Zivilpersonen eine allgemeine Gefahr aus, die sich in der Person des Klägers so verdichtet, dass sie für diesen eine erhebliche individuelle Gefahr (vgl. BVerwG, Urt. v. 17.11.2011 - 10 C 13/10 -, juris Rn. 17) bzw. Bedrohung im Sinne des § 4 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 AsylG darstellt.
Bei dem Kläger liegen zwar keine persönlichen gefahrerhöhenden Umstände vor. Jedoch ist in der Region um Lashkar Gah derzeit praktisch jede Zivilperson einer ernsthaften individuellen Bedrohung ausgesetzt. Angesichts der Zahl der im Zeitraum Januar bis Juni 2016 von der UNAMA dokumentierten Toten und Verletzten, der aktuellen instabilen Sicherheitslage in Helmand und dem erklärten Ziel der Taliban, die Provinz Helmand und insbesondere auch die Provinzhauptstadt Lashkar Gah unter ihre Kontrolle zu bringen sowie der damit verbundenen auch weiterhin zu erwartenden bewaffneten Auseinandersetzungen geht das Gericht mit der für eine Überzeugungsbildung erforderlichen Gewissheit davon aus, dass es derzeit für eine Zivilperson in Lashkar Gah beachtlich wahrscheinlich ist, infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines innerstaatlichen bewaffneten Konflikts verletzt oder getötet zu werden, § 4 Abs. 1 Satz 1, Satz 2 Nr. 3 AsylG.
In der südlichen Region Afghanistans, zu der neben der Provinz Helmand (Einwohnerzahl: ca. 924.711, jeweils nach dem Länderinformationsblatt der Staatendokumentation Afghanistan, Bundesrepublik Österreich Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl, vom 21.01.2016, aktualisiert am 19.12.2016) Nimroz (Einwohnerzahl: ca. 164.978), Kandahar (Einwohnerzahl: ca. 1.226.593), Zabul (Einwohnerzahl: ca. 304.126) und Uruzgan (Einwohnerzahl: ca. 386.818) zählen (UNAMA, Afghanistan Midyear Report on Protection of Civilians in Armed Conflict: 2016, vom 27.07.2016, S. 2; UNHCR, Anfragebeantwortung v. 12.05.2016, S. 8) wurden im Zeitraum Januar bis Juni 2016 1.444 Menschen verletzt oder getötet (UNAMA, Afghanistan Midyear Report on Protection of Civilians in Armed Conflict: 2016, vom 27.07.2016, S. 11). Im Hinblick auf die Einwohnerzahl von ca. 3.007.226 ergibt sich daraus ein Verhältnis von 1:2.083 bzw. für ein Jahr 1:1.042. Bei einer Verdreifachung der Anzahl der durch die UNAMA registrierten verletzten und getöteten Zivilpersonen aufgrund einer hohen Dunkelziffer (vgl. hierzu Nds. OVG, Urt. v. 07.09.2015 - 9 LB 98/13 -, juris Rn. 65) ergibt sich eine Wahrscheinlichkeit von 1:347, mithin 0,288 %.
In der Provinz Helmand wurden im Zeitraum vom 1. Januar bis 31. August 2015 715 sicherheitsrelevante Vorfälle registriert, in Kandahar 961, in Nimroz 142, in Zabul 303 und in Uruzgan 240 (Länderinformationsblatt der Staatendokumentation Afghanistan, Bundesrepublik Österreich Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl, vom 21.01.2016, aktualisiert am 19.12.2016, S. 76 ff.). Dies entspricht in etwa dem Verhältnis der Einwohnerzahlen und deutet nicht darauf hin, dass in einer der Provinzen die Gefahr als Zivilperson verletzt oder getötet zu werden besonders hoch oder gering ist. Im Zeitraum vom 1. September 2015 bis 31. Mai 2016 wurden in der Provinz Helmand 1828 sicherheitsrelevante Zwischenfälle gezählt (EASO, Country of Origin Information Report, Afghanistan, Security Situation v. November 2016, S. 78). Davon ereigneten sich 166 im Distrikt Lashkar Gah, von dem auch einige Teile unter Kontrolle der Taliban stehen (EASO, Country of Origin Information Report, Afghanistan, Security Situation v. November 2016, S. 78, 81).
In Lashkar Gah existierten im Dezember 2015 85 Einrichtungen der Gesundheitsfürsorge (EASO, Country of Origin Information Report, Afghanistan, Security Situation v. November 2016, S. 81). Der Provinz Helmand droht die komplette Übernahme durch die Taliban (Länderinformationsblatt der Staatendokumentation Afghanistan, Bundesrepublik Österreich Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl, vom 21.01.2016, aktualisiert am 19.12.2016, S. 77), was auch ein zentrales Ziel der Taliban ist (EASO, Country of Origin Information Report, Afghanistan, Security Situation v. November 2016, S. 77). In den Jahren 2015 und 2016 ist es den Taliban gelungen, die afghanischen Sicherheitskräfte aus ganzen Distrikten zu vertreiben (Schweizerische Flüchtlingshilfe, Afghanistan: Update, Die aktuelle Sicherheitslage v. 30.09.2016, S. 13; EASO, Country of Origin Information Report, Afghanistan, Security Situation v. November 2016, S. 78). Zwischenzeitlich wird geschätzt, dass sie ca. 80 % der Provinz kontrollieren (Schweizerische Flüchtlingshilfe, Afghanistan: Update, Die aktuelle Sicherheitslage v. 30.09.2016, S. 13). Die Distrikte Baghran, Musaqala (37 Vorfälle), Nawzad (56 Vorfälle) und Deh-e-Shu (161 Vorfälle) sind vollständig unter Kontrolle der Taliban (EASO, Country of Origin Information Report, Afghanistan, Security Situation v. November 2016, S. 78). Helmand ist auch die Provinz mit dem größten Opiumanbau des Landes (47 %, vgl. auch EASO, Country of Origin Information Report, Afghanistan, Security Situation v. November 2016, S. 77), was zu einer weiteren Unsicherheit der Region führt (Länderinformationsblatt der Staatendokumentation Afghanistan, Bundesrepublik Österreich Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl, vom 21.01.2016, aktualisiert am 19.12.2016, S. 77). Bis Anfang 2016 waren die Opferzahlen unter der Zivilbevölkerung in Afghanistan zwar leicht zurückgegangen, sie waren im Süden aber dennoch landesweit am höchsten (Schweizerische Flüchtlingshilfe, Afghanistan: Update, Die aktuelle Sicherheitslage v. 30.09.2016, S. 13). Im August 2016 umzingelten die Taliban Lashkar Gah (Schweizerische Flüchtlingshilfe, Afghanistan: Update, Die aktuelle Sicherheitslage v. 30.09.2016, S. 13). Im Herbst 2016 übten sie ohne anhaltenden Erfolg Druck auf die Provinzhauptstädte von Helmand, Uruzgan, Farah und Kunduz aus (Kurzinformation der Staatendokumentation Afghanistan, Aktualisierung der Sicherheitslage in Afghanistan - Q4.2016, Republik Österreich Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl, v. 19.12.2016). Anfang Januar 2017 griffen die Taliban Sangin in der Provinz Helmand an (Neue Züricher Zeitung, Online-Ausgabe v. 02.01.2017). Die steigende Gewalt wirkt sich auch negativ auf das Schulwesen aus (EASO, Country of Origin Information Report, Afghanistan, Security Situation v. November 2016, S. 81). Aufgrund der instabilen Lage in anderen Distrikten in der Provinz Helmand findet eine Abwanderung nach Lashkar Gah statt (EASO, Country of Origin Information Report, Afghanistan, Security Situation v. November 2016, S. 81). Anfang des Jahres 2017 entsandten die Vereinigten Staaten von Amerika rund 300 Marinesoldaten in die Provinz Helmand, um die einheimischen Sicherheitskräfte im Kampf gegen die Taliban auszubilden (www.faz.net, Amerika schickt Marinesoldaten nach Afghanistan, v. 07.01.2017). Bei einem Anschlag auf ein Gästehaus der Sicherheitskräfte in Lashkar Gah starben im Januar 2017 sechs Personen (de.sputniknews.com, Afghanistan: Selbstmord-Anschlag auf Militärobjekt - Tote und Verletzte, v. 10.01.2017; Bundesamt für Migration und Flüchtlinge, Briefing Notes v. 16.01.2017). Ende Januar 2017 griffen Taliban das Polizeihauptquartier und das Bezirkszentrum von Sangin in der Provinz Helmand an (www.handelsblatt.de, Taliban stürmen berüchtigtes Bezirkszentrum, v. 30.01.2017). Am 1. Februar meldete Khaama Press einen Raketenangriff der Taliban auf die Verkehrsbehörde in Lashkar Gah und Angriffe auf Sicherheitsposten in Sangin (www.khaarma.com, Taliban attack Lashkar Gah with rockets following Abdullah’s visit). Die US-Streitkräfte flogen daraufhin eine Serie von Luftangriffen auf die Taliban in Helmand (www.handelsblatt.de, USA verstärken Luftangriffe auf Taliban v. 01.02.2017).
Für den Kläger bestehen jedoch mit Kabul und Herat - wie oben bereits ausgeführt - innerstaatliche Schutzalternativen im Sinne des § 4 Abs. 3 AsylG i.V.m. § 3e AsylG.
3. Der Kläger hat auch keinen Anspruch auf Feststellung von Abschiebungsverboten nach § 60 Abs. 5 AufenthG (dazu a)) oder § 60 Abs. 7 AufenthG (dazu b)).
a) § 60 Abs. 5 AufenthG i.V.m. Art. 3 EMRK steht einer Abschiebung entgegen, wenn es ernsthafte und stichhaltige Gründe dafür gibt, dass der Betroffene dadurch tatsächlich Gefahr läuft, im Aufnahmeland einer Art. 3 EMRK widersprechenden Behandlung aus-gesetzt zu werden (vgl. Nds. OVG, Urt. v. 19.09.2016 - 9 LB 100/15 -, juris S. 12 m.w.N.). Insoweit sind die Verhältnisse im Abschiebungszielstaat landesweit in den Blick zu nehmen (Nds. OVG, Beschl. v. 27.04.2016 - 9 LA 46/16 -, n.v.). Ob eine unmenschliche oder erniedrigende Behandlung im Sinne des § 60 Abs. 5 AufenthG i.V.m. Art. 3 EMRK vorliegt, hängt nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte (EGMR) von den Gesamtumständen des jeweiligen Einzelfalls ab, wie etwa der Art und dem Kontext der Fehlbehandlung, der Dauer, den körperlichen und geistigen Auswirkungen, sowie - in einigen Fällen - vom Geschlecht, Alter und Gesundheitszustand des Opfers (Nds. OVG, Urt. v. 19.09.2016 - 9 LB 100/15 -, juris S. 13; Urt. v. 07.09.2015 - 9 LB 98/13 -, juris Rn. 25; jeweils m.w.N.). Art. 3 EMRK verpflichtet die Konventionsstaaten allerdings nicht, Unterschiede in der medizinischen Versorgung oder soziale und wirtschaftliche Unterschiede durch freie und unbegrenzte Versorgung von Ausländern ohne Bleiberecht zu beseitigen, da die Konventionsstaaten hierdurch übermäßig belastet würden (EGMR, Urt. v. 27.05.2008 - 26565/05 N./Vereinigtes Königreich -, NVwZ 2008, 1334 ff. [EGMR 27.05.2008 - EGMR (Große Kammer) Nr. 26565/05], Rn. 44). Eine unmenschliche Behandlung im Sinne des Art. 3 EMRK hat der EGMR etwa dann angenommen, wenn sie unter anderem geplant war, ohne Unterbrechung über mehrere Stunden erfolgte und körperliche Verletzungen oder ein erhebliches körperliches oder seelisches Leiden bewirkte (Nds. OVG, Urt. v. 19.09.2016 - 9 LB 100/15 -, juris S. 13; Urt. v. 07.09.2015 - 9 LB 98/13 -, juris Rn. 25; jeweils unter Bezugnahme auf EGMR, Urt. v. 09.07.2015 - 32325/13, Mafalani ./. Croatia - HUDOC Rn. 69 m.w.N.). Von einer erniedrigenden Behandlung im Sinne des Art. 3 EMRK ist der EGMR ausgegangen, wenn sie bei dem Opfer Gefühle der Angst, seelischer Qualen und der Unterlegenheit hervorruft, wenn sie das Opfer in dessen oder in den Augen anderer entwürdigt und demütigt, und zwar unabhängig davon, ob dies beabsichtigt ist, ferner, wenn die Behandlung den körperlichen oder moralischen Widerstand des Opfers bricht oder dieses dazu veranlasst, gegen seinen Willen oder Gewissen zu handeln sowie dann, wenn die Behandlung einen Mangel an Respekt offenbart oder die menschliche Würde herabmindert (Nds. OVG, Urt. v. 19.09.2016 - 9 LB 100/15 -, juris S. 13; Urt. v. 07.09.2015 - 9 LB 98/13 -, juris Rn. 25; jeweils unter Bezugnahme auf EMGR, Urt. v. 03.09.2015 - 10161/13, M. und M. ./. Croatia - HUDOC Rn. 132). Prognosemaßstab ist die beachtliche Wahrscheinlichkeit (Nds. OVG, Urt. v. 07.09.2015 - 9 LB 98/13 -, juris Rn. 26).
Grundsätzlich schützt Art. 3 EMRK vor den dort genannten Behandlungsweisen durch vorsätzlich vorgenommene Maßnahmen der öffentlichen Gewalt des Empfangsstaates oder nichtstaatlicher Organisationen in diesem Staat, sofern die Behörden außerstande waren, ihm einen angemessenen Schutz zu gewähren; wegen der grundlegenden Bedeutung des Art. 3 EMRK wendet der EGMR ihn wegen des absoluten Charakters des Schutzes aber auch dann an, wenn die Gefahr einer verbotenen Behandlung im Abschiebungszielstaat von Faktoren herrührt, die weder unmittelbar noch mittelbar die Verantwortung der staatlichen Behörden dieses Staates auslöst (EGMR (Große Kammer), Urt. v. 27.05.2008 - 26565/05 N./Vereinigtes Königreich -, NVwZ 2008, 1334 [1335] [EGMR 27.05.2008 - EGMR (Große Kammer) Nr. 26565/05]; EGMR, Urt. v. 02.05.1997 - 146/1996/767/964 -, NVwZ 1998, 161 [162]). In der Rechtsprechung des EGMR gilt die ohnehin für Art. 3 EMRK bestehende hohe Schwelle in diesem Fall (keine Verantwortung des Staates) insbesonders (vgl. EGMR, Urt. v. 13. 10. 2011 − 10611/09 (Husseini/Schweden) -, NJOZ, 2012, 952 [954]). Im Rahmen des durch das AsylG und das AufenthG vermittelten Abschiebungsschutzes wird der vom EGMR insoweit über die Anwendung des Art. 3 EMRK auch ohne Verantwortung des Staates bzw. ohne Handeln eines bestimmten Akteurs angenommene Schutz bereits - jedenfalls für Krankheiten - ausreichend durch § 60 Abs. 7 AufenthG vermittelt, zumal im Rahmen des § 60 Abs. 5 AufenthG die gleichen Anforderungen an die Substantiierungspflicht zu stellen sind. Dies gilt hingegen nicht bei den allgemeinen Lebensbedingungen, da dort - jedenfalls soweit diese als allgemeine Gefahr zu werten sind - wegen § 60 Abs. 7 Satz 5 AufenthG bei Abs. 7 und Abs. 5 unterschiedliche Maßstäbe gelten (vgl. dazu BVerwG, Urt. v. 31.01.2013 - 10 C 15/12 -, juris Rn. 38; BVerwG, Urt. v. 29.09.2011 - 10 C 24/10 -, juris Rn. 20; Nds. OVG, Urt. v. 28.07.2014 - 9 LB 2/13 -, juris Rn. 45).
aa) Ein Abschiebungsverbot aufgrund einer mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit drohenden unmenschlichen oder erniedrigenden Behandlung (§ 60 Abs. 5 AufenthG i.V.m. Art. 3 EMRK) infolge der allgemeinen Situation der Gewalt im Herkunftsland kommt unter Berücksichtigung der Rechtsprechung zu Art. 3 EMRK nur in Fällen ganz extremer allgemeiner Gewalt in Betracht, wenn eine tatsächliche Gefahr einer Fehlbehandlung infolge des bloßen Umstands der Anwesenheit im Zielstaat besteht (vgl. Nds. OVG, Urt. v. 19.09.2016 - 9 LB 100/15 -, juris S. 14 m.w.N.; Beschl. v. 26.08.2016 - 9 ME 146/16 -, n.v. unter Verweis auf EGMR, Urteile vom 09.04.2013 - 70073/10 und 44539/11, H. and B./United Kingdom - HUDOC Rn. 91 f.; vom 04.06.2015 - 59166/12, J.K. u.a./Sweden - HUDOC Rn. 53). Nach der Rechtsprechung des EGMR ist die allgemeine Lage in Afghanistan nicht als so ernst anzusehen, dass eine Abschiebung dorthin ohne Weiteres eine Verletzung von Art. 3 EMRK darstellt (vgl. Nds. OVG, Urt. v. 19.09.2016 - 9 LB 100/15 -, juris S. 16 für Kabul folgend; Beschl. v. 26.08.2016 - 9 ME 146/16 -, n.v.; jeweils unter Verweis auf EGMR, Urteile vom 20.7.2010 - 23505/09, N./Sweden - HUDOC Rn. 52; vom 13.10.2011 - 10611/09, Husseini/Sweden - HUDOC Rn. 84; vom 9.4.2013, a.a.O., Rn. 91 f.; vom 12.01.2016 - 25077/06, A.W.Q. and D.H./The Netherlands - HUDOC Rn. 71; - 8161/07, S.D.M. and others/The Netherlands - HUDOC Rn. 79; - 8161/07, S.D.M. and others/The Netherlands - HUDOC Rn. 74; - 39575/06, S.S./The Netherlands - HUDOC Rn. 66; - 46856/07, M.R.A. and others/The Netherlands - HUDOC Rn. 112; - 13442/08, A.G.R./The Netherlands - HUDOC Rn. 59; vom 05.07.2016 - 29094/09, A.M./The Netherlands - HUDOC Rn. 87). Dem folgt das Gericht unter Berücksichtigung der obigen Ausführungen jedenfalls auch für die Regionen Herat und Kabul.
bb) Aber auch die allgemeine humanitäre Lage in Afghanistan begründet kein Abschiebungsverbot nach § 60 Abs. 5 AufenthG i.V.m. Art. 3 EMRK.
Sozialwirtschaftliche und humanitäre Bedingungen im Abschiebezielstaat haben weder notwendig noch einen ausschlaggebenden Einfluss auf die Frage, ob eine Person Gefahr läuft, einer Art. 3 EMRK widersprechenden Behandlung ausgesetzt zu werden, weil Art. 3 EMRK hauptsächlich dem Schutz bürgerlicher und politischer Rechte dient (Nds. OVG, Urt. v. 19.09.2016 - 9 LB 100/15 -, juris S. 16 m.w.N.). Eine erhebliche Beeinträchtigung der (humanitären) Lage des Betroffenen im Herkunftsland - ein-schließlich seiner Lebenserwartung - im Falle seiner Rückkehr ist für einen Verstoß gegen Art. 3 EMRK nicht ausreichend, sofern nicht in ganz außergewöhnlichen Fällen ausnahmsweise besondere humanitäre Gründe zwingend gegen eine Aufenthaltsbeendigung im Konventionsstaat sprechen (BVerwG, Urt. v. 31.01.2013 - 10 C 15/12 -, juris Rn. 23, 25 m.w.N.; Nds. OVG, Urt. v. 19.09.2016 - 9 LB 100/15 -, juris S. 16 m.w.N.; Beschl. v. 27.04.2016 - 9 LA 46/16 -, n.v. m.w.N.). Die Annahme einer unmenschlichen Behandlung allein durch die humanitäre Lage und die allgemeinen Lebensbedingungen setzt ein sehr hohes Gefährdungsniveau voraus (Bay. VGH, Beschl. vom 30. September 2015 - 13a ZB 15.30063 -, juris Rn. 5), das nur unter strengen Voraussetzungen erreicht wird (OVG Nordrhein-Westfalen, Beschl. v. 13.05.2015 - 14 B 525/15.A -, juris Rn. 15, 13 (monatelange Obdachlosigkeit ohne Zugang zu jeder Versorgung). Ein anderer Maßstab kommt allerdings (und nur) dann in Betracht, wenn die im Zielstaat bestehenden schlechten humanitären Bedingungen nicht maßgebend auf fehlende staatliche Ressourcen für eine staatliche Fürsorge zurückzuführen sind, sondern auf direkte oder indirekte Handlungen oder Unterlassungen der dortigen Konfliktparteien (Nds. OVG, Urt. v. 19.09.2016 - 9 LB 100/15 -, juris S. 16 m.w.N.). Grundsätzlich ist bei der Prüfung des Abschiebungsverbotes auf den gesamten Abschiebungszielstaat abzustellen, ausgehend vom dem Ort, an dem die Abschiebung endet (BVerwG, Urt. v. 31.01.2013 - 10 C 15/12 -, juris Rn. 26 m.w.N.; für Afghanistan verneint EGMR, Urt. v. 13.10.2011 - 10611/09 (Husseini/Schweden) - NJOZ 2012, 952 [953] Rn. 84; Nds. OVG, Beschl. v. 27.04.2016 - 9 LA 46/16 -, n.v.).
Unter Zugrundelegung der vorgenannten strengen Maßstäbe sind unter Berücksichtigung der zur Verfügung stehenden Erkenntnismittel keine ernstlichen Gründe dafür vorgetragen oder sonst ersichtlich, dass der Kläger bei seiner Abschiebung nach Afghanistan landesweit mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit (vgl. Nds. OVG, Urt. v. 19.09.2016 - 9 LB 100/15 -, juris) Gefahr liefe, aufgrund der dortigen allgemeinen Lebensbedingungen einer Art. 3 EMRK widersprechenden Behandlung ausgesetzt zu werden und die einer Abschiebung nach Afghanistan ausnahmsweise entgegenstehen würden. Das Gericht geht vielmehr - wie bereits ausgeführt - davon aus, dass der Kläger seinen Lebensunterhalt in Kabul oder Herat sichern können wird.
b) Auch droht dem Kläger bei einer Rückkehr nach Afghanistan keine erhebliche konkrete Gefahr für Leib, Leben oder Freiheit, die gem. § 60 Abs. 7 AufenthG, im Sinne einer einzelfallbezogenen, individuell bestimmten Gefährdungssituation (Nds. OVG, Urt. v. 19.09.2016 - 9 LB 100/15 -, juris S. 22), ein Abschiebungsverbot begründen würde. Eine Gefahr im Sinne des § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG muss - ausgehend vom Zielort der Abschiebung - landesweit bestehen (vgl. BVerwG, Urt. v. 31.01.2013 - 10 C 15/12 -, juris Rn. 38; Nds. OVG, Urt. v. 19.09.2016 - 9 LB 100/15 -, juris S. 22, 23; Nds. OVG, Beschluss vom 04. Februar 2005 - 11 LA 17/05 -, juris Rn. 4).
Dies gilt insbesondere auch unter Berücksichtigung der dortigen Lebensbedingungen. Gefahren, denen die Bevölkerung oder die Bevölkerungsgruppe, der der Betroffene angehört, allgemein ausgesetzt ist, sind nach § 60 Abs. 7 Satz 5 AufenthG grundsätzlich nur bei Anordnungen nach § 60a Abs. 1 Satz 1 AufenthG zu berücksichtigen (Sperrwirkung) und damit auch die Beurteilung des demokratisch legitimierten Gesetz-gebers zu beachten (BVerwG, Urt. v. 31.01.2013 - 10 C 15/12 -, juris Rn. 37, 40; Nds. OVG, Urt. v. 19.09.2016 - 9 LB 100/15 -, juris S. 22; OVG Nordrhein-Westfalen, Urt. v. 27.01.2015 - 13 A 1201/12.A -, juris Rn. 27). Bei solchen allgemeinen Gefahren ist daher Abschiebungsschutz nach § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG in verfassungskonformer Auslegung erst dann zu gewähren, wenn der Betroffene mit der Abschiebung gleichsam sehenden Auges dem sicheren Tod oder schwersten Verletzungen ausgeliefert würde, wobei sich die Gefahr bereits alsbald nach seiner Rückkehr realisieren muss (BVerwG, Urt. v. 29.09.2011 - 10 C 24/10 -, juris Rn. 19, 20; OVG Nordrhein-Westfalen, Urt. v. 27.01.2015 - 13 A 1201/12.A -, juris Rn. 28; Hess. VGH, Urt. v. 04.09.2014 - 8 A 2434/11.A -, juris Rn. 41; Nds. OVG, Beschl. v. 27.04.2016 - 9 LA 46/16 -, n.v.; Urt. v. 28.07.2014 - 9 LB 2/13 -, juris Rn. 45). Die im Abschiebezielstaat herrschenden wirtschaftlichen Existenzbedingungen und die damit zusammenhängende Versorgungslage können nur ausnahmsweise dann ein Abschiebungsverbot begründen, wenn der Betroffene bei einer Rückkehr aufgrund dieser Bedingungen mit hoher Wahrscheinlichkeit einer extremen Gefahrenlage ausgesetzt wäre, wobei die drohenden Gefahren allerdings nach Art, Ausmaß und Intensität von einem solchen Gewicht sein müssen, dass sich daraus bei objektiver Betrachtung für den Betroffenen die begründete Furcht ableiten lässt, selbst in erheblicher Weise ein Opfer der extremen allgemeinen Gefahrenlage zu werden (BVerwG, Urt. v. 31.01.2013 - 10 C 15/12 -, juris Rn. 38; Urt. v. 29.09.2011 - 10 C 24/10 -, juris Rn. 20 „sehenden Auges dem sicheren Tod oder schwersten Verletzungen ausgeliefert würde“). Hierbei handelt es sich um einen gegenüber (§ 60 Abs. 5 AufenthG i.V.m.) Art. 3 EMRK strengeren (Nds. OVG, Urt. v. 28.07.2014 - 9 LB 2/13 -, juris Rn. 45) und gegenüber dem Prognosemaßstab der beachtlichen Wahrscheinlichkeit erhöhten Maßstab (BVerwG, Urt. v. 31.01.2013 - 10 C 15/12 -, juris Rn. 38; BVerwG, Urt. v. 29.09.2011 - 10 C 24/10 -, juris Rn. 20). Dies ist derzeit bei jungen gesunden alleinstehenden und arbeitsfähigen männlichen afghanischen Staatsangehörigen jedenfalls bei einer Rückkehr nach Kabul in der Regel auch dann nicht der Fall, wenn der Rückkehrer nicht besonders qualifiziert ist und weder über nennenswertes Vermögen noch über Rückhalt und Unterstützung durch Familie oder Bekannte, die in Kabul leben, verfügt (vgl. Nds. OVG, Urt. v. 19.09.2016 - 9 LB 100/15 -, juris S. 23, m.w.N.; Nds. OVG, Beschl. v. 27.04.2016 - 9 LA 46/16 -, n.v., m.w.N.; zu Afghanistan vgl. Bay. VGH, Beschl. v. 30.07.2015 - 13a ZB 15.30031 -, juris Rn. 10; so im Ergebnis auch Bay. VGH, Beschl. v. 22.12.2016 - 13a ZB 16.30684 -, juris Rn. 6; Beschl. v. 04.01.2017 - 13a ZB 16.30600, juris Rn. 4).
Für den Kläger besteht aufgrund der Lebensbedingungen in Afghanistan - wie bereits ausgeführt - keine erhebliche konkrete Gefahr für Leib - im Sinne von schwersten Gesundheitsbeeinträchtigungen -, Leben oder Freiheit im Sinne des § 60 Abs. 7 AufenthG alsbald nach seiner Rückkehr. Vielmehr ist anzunehmen, dass der Kläger in Kabul oder Herat wieder beruflich tätig sein und seinen Lebensunterhalt sichern können wird.
4. Nach alledem ist auch die Ausreiseaufforderung und Abschiebungsandrohung nicht zu beanstanden, insbesondere entspricht sie den Anforderungen des § 34 AsylG.
Ermessensfehler (vgl. zum eingeräumten Ermessen VG Lüneburg, Urt. v. 12.07.2016 - 5 A 63/16 -, juris Rn. 30) bei der Befristung des gesetzlichen Einreise- und Aufenthaltsverbotes gem. § 11 Abs. 1, Abs. 2 AufenthG durch die Beklagte sind weder vorgetragen noch sonst ersichtlich.
5. Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO i.V.m. § 83 b AsylG. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 167 VwGO i.V.m. §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO.