Verwaltungsgericht Lüneburg
Urt. v. 29.05.2017, Az.: 3 A 118/16
Briefkasten; Container; Zustellungsurkunde
Bibliographie
- Gericht
- VG Lüneburg
- Datum
- 29.05.2017
- Aktenzeichen
- 3 A 118/16
- Entscheidungsform
- Urteil
- Referenz
- WKRS 2017, 53613
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- [keine Angabe]
Rechtsgrundlagen
- § 180 ZPO
- § 181 ZPO
- § 182 ZPO
- § 418 Abs 1 ZPO
Tatbestand:
Der 1988 geborene Kläger ist afghanischer Staatsangehöriger, tadschikischer Volkszugehörigkeit und schiitischer Religionszugehörigkeit.
Nach eigenen Angaben reiste der Kläger von Teheran aus über unter anderem Griechenland, wo er sich ca. 7 Tage aufgehalten hat, und Österreich am 9. Oktober 2015 in das Gebiet der Bundesrepublik Deutschland ein. Im Juli 2016 stellte er einen Asylantrag.
Bei seiner Anhörung durch das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (im Folgenden: Bundesamt) gab er an, dass er im Iran geboren und dort auch aufgewachsen sei. Seine Eltern seien Afghanen. Er habe ein Jahr in der Islamischen Republik Afghanistan (im Folgenden: Afghanistan), in Herat gelebt. Ihre dort ansässige Familie habe damals zu ihnen gesagt gehabt, dass sie dort leben können würden. In Herat hätten sie dann mit den Taliban in den Krieg ziehen sollen. Deshalb seien sie wieder zurück in den Iran gekehrt. Die Angabe seines Geburtsortes in den Unterlagen mit Herat sei auf einen Fehler seines Bruders bei der Aktenanlage zurückzuführen. In Afghanistan lebe noch eine Cousine. Im Iran sei er sechs Jahre zur Schule gegangen. Er habe dann in einer Pizzeria und im Anschluss als Reinigungskraft in einem Süßwarengeschäft gearbeitet. Er sei psychisch krank und zwar zum Arzt gegangen, jedoch nie richtig behandelt worden. Er sei untersucht worden und habe als Medikamente Fluoxetin und Schlafmittel bekommen, welche er auch heute noch nehme. Er sei auf den Kopf gefallen und habe Angst und Stress. Im Jahr 2009 sei er zusammen mit seinem Vater und seinem Bruder vom Iran aus nach Afghanistan abgeschoben worden. Bei ihrer Rückkehr sei an der Grenze auf sie geschossen worden. Seitdem habe er Depressionen und Angst und sei ungeduldig. Er sei auf die Hilfe seines Bruders angewiesen, der auch in Deutschland sei.
Das Bundesamt lehnte mit Bescheid vom 2. August 2016 die Anträge auf Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft (Ziff. 1 des Bescheides), Asylanerkennung (Ziff. 2) sowie auf subsidiären Schutz (Ziff. 3) ab und stellte fest, dass Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 5 und Abs. 7 S. 1 AufenthG nicht vorliegen (Ziff. 4), forderte den Kläger unter An-drohung der Abschiebung nach Afghanistan zur Ausreise innerhalb von 30 Tagen nach Bekanntgabe des Bescheides bzw. nach dem unanfechtbaren Abschluss des Asylver-fahrens auf (Ziff. 5) und befristete das gesetzliche Einreise- und Aufenthaltsverbot gem. § 11 Abs. 1 AufenthG auf 30 Monate ab dem Tag der Abschiebung (Ziff. 6). Es bestünden keine Anhaltspunkte dafür, dass der Kläger bei einer Rückkehr nach Afghanistan nicht in der Lage sei, sich eine existenzsichernde Grundlage zu schaffen. Auch sei nicht anzunehmen, dass der Kläger in Afghanistan nicht behandelt werden könne oder sehenden Auges schwersten Gesundheitsbeeinträchtigungen ausgesetzt wäre.
Nach der Zustellungsurkunde der Deutschen Post AG vom 6. August 2016 wurde der Bescheid unter der Anschrift B. dem Kläger zu übergeben versucht. Weil dies in der Wohnung / dem Geschäftsraum nicht möglich gewesen sei, sei das Schriftstück in den zur Wohnung gehörenden Briefkasten oder eine ähnliche Einrichtung eingelegt worden.
Gegen diesen Bescheid hat der Kläger am 23. August 2016 Klage erhoben.
Im Zusammenhang mit der Abschiebung aus dem Iran im Alter von 15 Jahren sei er auch inhaftiert und geschlagen worden. Der angegriffene Bescheid sei ihm am 9. August 2016 übergeben worden. Eine Behandlung der Erkrankung des Klägers sei in Afghanistan nicht möglich. Der Kläger ist der Auffassung, dass die Klage fristgerecht erhoben ist. § 180 ZPO erlaube keine Ersatzzustellung in Gemeinschaftsunterkünften, zumal der Postbedienstete zunächst versucht haben müsste, den Kläger persönlich in seinem Zimmer anzutreffen, was nicht erfolgt sei und bereits für sich zu einer Unwirksamkeit der Zustellung führe.
Der Kläger beantragt,
die Beklagte unter teilweiser Aufhebung ihres Bescheides vom 2. August 2016 zu verpflichten, für den Kläger das Vorliegen von Abschiebungsverboten gemäß § 60 Abs. 5 und Abs. 7 AufenthG festzustellen.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Die Klage würde wohl verfristet sein, im Übrigen nimmt die Beklagte auf die Begründung des angefochtenen Bescheides Bezug.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakten und der beigezogenen Verwaltungsvorgänge der Beklagten verwiesen.
Entscheidungsgründe
Das Gericht konnte gemäß § 102 Abs. 2 VwGO trotz Abwesenheit eines Vertreters der Beklagten in der mündlichen Verhandlung über die Klage entscheiden, weil die Beteiligten in der Ladung zum Termin auf diese Möglichkeit hingewiesen worden sind.
Die Klage ist zulässig (dazu 1.), aber unbegründet (dazu 2.).
1. Die Klage ist zulässig, insbesondere wurde durch die Klageerhebung am 23. August 2016 die ab Bekanntgabe des Bescheides laufende einmonatige Klagefrist des § 74 Abs. 1 VwGO gewahrt. Der Kläger hat den Bescheid nach seinen insoweit glaubhaften Angaben am 9. August 2016 erhalten.
Nach § 1 Abs. 1 NVwVfG i.V.m. § 41 Abs. 2 VwVfG gilt ein schriftlicher Verwaltungsakt, der im Inland durch die Post übermittelt wird, am dritten Tage nach der Aufgabe als bekannt gegeben, wenn er nicht zu einem späteren Zeitpunkt zugegangen ist; im Zweifel hat die Behörde den Zeitpunkt nachzuweisen. Gem. § 41 Abs. 5 VwVfG bleiben die Vorschriften über eine Bekanntgabe mittels Zustellung unberührt. Für die Ausführung der Zustellung mit Zustellungsurkunde gelten gem. § 1 Abs. 1 NVwZG i.V.m. § 3 Abs. 2 Satz 1 VwZG die §§ 177 bis 182 ZPO entsprechend. Gem. § 177 ZPO ist das zuzustellende Schriftstück grundsätzlich der Person, der zugestellt werden soll, zu übergeben. Wird die Person, der zugestellt werden soll, in ihrer Wohnung, in dem Geschäftsraum oder in einer Gemeinschaftseinrichtung, in der sie wohnt, nicht angetroffen, kann gem. § 178 Abs. 1 ZPO das Schriftstück zugestellt werden (1.) in der Wohnung einem erwachsenen Familienangehörigen, einer in der Familie beschäftigten Person oder einem erwachsenen ständigen Mitbewohner, (2.) in Geschäftsräumen einer dort beschäftigten Person, (3.) in Gemeinschaftseinrichtungen dem Leiter der Einrichtung oder einem dazu ermächtigten Vertreter. Ist auch die Zustellung nach § 178 Abs. 1 Nr. 1 oder 2 ZPO nicht ausführbar, kann das Schriftstück in einen zu der Wohnung oder dem Geschäftsraum gehörenden Briefkasten oder in eine ähnliche Vorrichtung eingelegt werden, die der Adressat für den Postempfang eingerichtet hat und die in der allgemein üblichen Art für eine sichere Aufbewahrung geeignet ist, § 180 ZPO.
Der Kläger bewohnt in einer Asylbewerberunterkunft zusammen mit seinem Bruder einen als Wohnraum dienenden Container, an dem sich kein Briefkasten befindet. Nach der Zustellungsurkunde vom 6. August 2016 (Samstag) wurde der Bescheid vom 2. August 2016 an diesem Tage dem Kläger zu übergeben versucht. Weil dies in der Wohnung / dem Geschäftsraum nicht möglich gewesen sei, sei das Schriftstück in den zur Wohnung gehörenden Briefkasten oder eine ähnliche Einrichtung eingelegt worden. Der Kläger hat in der mündlichen Verhandlung glaubhaft ausgeführt, dass sich an dem Container selbst kein Briefkasten befinden würde. Vielmehr würden die Bewohner der Unterkunft ihre Post über das dortige Büro von einem Sozialarbeiter erhalten. Bereits schriftsätzlich hatte der Kläger vorgetragen, dass ihm der Bescheid wegen seiner Abwesenheit am 8. August 2016 erst am 9. August 2016 übergeben hätte werden können. Dem ist die Beklagte nicht entgegengetreten und auch sonst sind keine Umstände ersichtlich, aus denen sich begründete Zweifel des Gerichts an dem Vortrag des Klägers ergeben könnten.
Demnach ist am 6. August 2016 auch keine wirksame Ersatzzustellung nach § 1 Abs. 1 NVwZG i.V.m. § 3 Abs. 2 Satz 1 VwZG i.V.m. § 180 ZPO erfolgt. Es mangelt insoweit bereits an einem zur Wohnung des Klägers gehörenden Briefkasten bzw. ähnlichen Einrichtung. Soweit die Zustellungsurkunde gem. § 1 Abs. 1 NVwZG i.V.m. § 3 Abs. 2 Satz 1 VwZG i.V.m. § 182 ZPO i.V.m. § 418 Abs. 1 ZPO vollen Beweis der darin bezeugten Tatsachen begründet, ist die Richtigkeit der Tatsache des Vorhandenseins eines Briefkastens an dem vom Kläger bewohnten Container - soweit dieser überhaupt eine Wohnung im Sinne des § 180 ZPO darstellt - zur Überzeugung des Gerichts widerlegt (vgl. § 182 ZPO i.V.m. § 418 Abs. 2 ZPO). Der Kläger hat - wie oben bereits ausgeführt - glaubhaft geschildert, dass er keinen eigenen Briefkasten hat, sondern die Bewohner der Unterkunft ihre Post über einen Sozialarbeiter verteilt erhalten. Insoweit ist für das Gericht auch durchaus vorstellbar, dass der beurkundende Postzusteller einen Briefkasten des Büros der Unterkunft zum Einwurf des Bescheides genutzt und diese Vorrichtung auf der Zustellungsurkunde als zur Wohnung gehörend angegeben hat. Ein an dem Büro der Unterkunft befindlicher Briefkasten wird dem Kläger nicht, etwa durch eine entsprechende Beschriftung, zugeordnet (vgl. hierzu Musielak, ZPO, Kommentar, 14. Auflage 2017, § 180 Rn. 2; und auch VG Freiburg (Breisgau), Beschl. v. 19.04.2016 - A 6 K 947/16 -, juris Rn. 15, VG Stuttgart, Urt. v. 28.05.2014 - A 12 K 4301/12 -, juris Rn. 25 f.) und auch nicht zugänglich sein.
In der Übergabe an das Büro der Unterkunft bzw. einen Einwurf in einen dort befindlichen Briefkasten ist auch keine Niederlegung im Sinne des § 1 Abs. 1 NVwZG i.V.m. § 3 Abs. 2 Satz 1 VwZG i.V.m. § 181 ZPO zu sehen. Unabhängig davon, ob es sich bei dem Büro der Unterkunft überhaupt um eine für die Niederlegung von der Post dafür bestimmte Stelle handelt (vgl. § 181 Abs. 1 Satz 2 ZPO), war eine Zustellung durch Niederlegung ausweislich der Postzustellungsurkunde nicht beabsichtigt und insoweit wurde auch keine schriftliche Mitteilung abgegeben (vgl. § 181 Abs. 1 Satz 3, Satz 4 ZPO, § 3 Abs. 2 Satz 2, Satz 3 VwZG).
2. Die Klage ist unbegründet. Der angefochtene Bescheid des Bundesamtes ist rechtmäßig und verletzt den Kläger daher nicht in seinen Rechten, § 113 Abs. 1 Satz 1, Abs. 5 Satz 1 VwGO. Der Kläger hat nach der Sach- und Rechtslage im maßgeblichen Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung (§ 77 Abs. 1 Satz 1 HS 1 AsylG) keinen Anspruch auf Feststellung eines Abschiebungsverbotes nach § 60 Abs. 5 (dazu a)) oder Abs. 7 Satz 1 AufenthG (dazu b)).
a) § 60 Abs. 5 AufenthG i.V.m. Art. 3 EMRK steht einer Abschiebung entgegen, wenn es ernsthafte und stichhaltige Gründe dafür gibt, dass der Betroffene dadurch tatsächlich Gefahr läuft, im Aufnahmeland einer Art. 3 EMRK widersprechenden Behandlung aus-gesetzt zu werden (vgl. Nds. OVG, Urt. v. 19.09.2016 - 9 LB 100/15 -, juris S. 12 m.w.N.). Insoweit sind die Verhältnisse im Abschiebungszielstaat landesweit in den Blick zu nehmen (Nds. OVG, Beschl. v. 27.04.2016 - 9 LA 46/16 -, n.v.). Ob eine unmenschliche oder erniedrigende Behandlung im Sinne des § 60 Abs. 5 AufenthG i.V.m. Art. 3 EMRK vorliegt, hängt nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte (EGMR) von den Gesamtumständen des jeweiligen Einzelfalls ab, wie etwa der Art und dem Kontext der Fehlbehandlung, der Dauer, den körperlichen und geistigen Auswirkungen, sowie - in einigen Fällen - vom Geschlecht, Alter und Gesundheitszustand des Opfers (Nds. OVG, Urt. v. 19.09.2016 - 9 LB 100/15 -, juris S. 13; Urt. v. 07.09.2015 - 9 LB 98/13 -, juris Rn. 25; jeweils m.w.N.). Art. 3 EMRK verpflichtet die Konventionsstaaten allerdings nicht, Unterschiede in der medizinischen Versorgung oder soziale und wirtschaftliche Unterschiede durch freie und unbegrenzte Versorgung von Ausländern ohne Bleiberecht zu beseitigen, da die Konventionsstaaten hierdurch übermäßig belastet würden (EGMR, Urt. v. 27.05.2008 - 26565/05 N./Vereinigtes Königreich -, NVwZ 2008, 1334 ff. [EGMR 27.05.2008 - EGMR (Große Kammer) Nr. 26565/05], Rn. 44). Prognosemaßstab ist die beachtliche Wahrscheinlichkeit (Nds. OVG, Urt. v. 07.09.2015 - 9 LB 98/13 -, juris Rn. 26).
Grundsätzlich schützt Art. 3 EMRK vor den dort genannten Behandlungsweisen durch vorsätzlich vorgenommene Maßnahmen der öffentlichen Gewalt des Empfangsstaates oder nichtstaatlicher Organisationen in diesem Staat, sofern die Behörden außerstande sind, dem Betroffenen einen angemessenen Schutz zu gewähren; wegen der grundlegenden Bedeutung des Art. 3 EMRK wendet der EGMR ihn wegen des absoluten Charakters des Schutzes aber auch dann an, wenn die Gefahr einer verbotenen Behandlung im Abschiebungszielstaat von Faktoren herrührt, die weder unmittelbar noch mittelbar die Verantwortung der staatlichen Behörden dieses Staates auslöst (EGMR (Große Kammer), Urt. v. 27.05.2008 - 26565/05 N./Vereinigtes Königreich -, NVwZ 2008, 1334 [1335] [EGMR 27.05.2008 - EGMR (Große Kammer) Nr. 26565/05]; EGMR, Urt. v. 02.05.1997 - 146/1996/767/964 -, NVwZ 1998, 161 [162]). In der Rechtsprechung des EGMR gilt die ohnehin für Art. 3 EMRK bestehende hohe Schwelle in diesem Fall (keine Verantwortung des Staates) insbesonders (vgl. EGMR, Urt. v. 13. 10. 2011 - 10611/09 (Husseini/Schweden) -, NJOZ, 2012, 952 [954]). Im Rahmen des durch das AsylG und das AufenthG vermittelten Abschiebungsschutzes wird der vom EGMR insoweit über die Anwendung des Art. 3 EMRK auch ohne Verantwortung des Staates bzw. ohne Handeln eines bestimmten Akteurs angenommene Schutz bereits - jedenfalls für Krankheiten - ausreichend durch § 60 Abs. 7 AufenthG vermittelt, zumal im Rahmen des § 60 Abs. 5 AufenthG die gleichen Anforderungen an die Substantiierungspflicht zu stellen sind. Dies gilt hingegen nicht bei den allgemeinen Lebensbedingungen, da dort - jedenfalls soweit diese als allgemeine Gefahr zu werten sind - wegen § 60 Abs. 7 Satz 5 AufenthG bei Abs. 7 und Abs. 5 unterschiedliche (Prognose-)Maßstäbe gelten (vgl. dazu BVerwG, Urt. v. 31.01.2013 - 10 C 15/12 -, juris Rn. 38; BVerwG, Urt. v. 29.09.2011 - 10 C 24/10 -, juris Rn. 20). Nach beiden Absätzen ist ein Abschiebungsverbot im Hinblick auf die wirtschaftliche Situation allerdings nicht gegeben, wenn der Rückkehrer durch Gelegenheitsarbeiten ein kümmerliches Einkommen erzielen und sich damit ein Leben am Rande des Existenzminimums finanzieren kann (BVerwG, Urteil v. 31.01.2013 - 10 C 15/12 -, juris Rn. 39 (zu § 60 Abs. 7 AufenthG); BVerwG, Beschl. v. 25.10.2012 - 10 B 16.12 -, BeckRS 2012, 59390 Rn. 10 (zu Art. 3 EMRK)).
aa) Ein Abschiebungsverbot aufgrund einer mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit drohenden unmenschlichen oder erniedrigenden Behandlung (§ 60 Abs. 5 AufenthG i.V.m. Art. 3 EMRK) infolge der allgemeinen Situation der Gewalt im Herkunftsland kommt unter Berücksichtigung der Rechtsprechung zu Art. 3 EMRK nur in Fällen ganz extremer allgemeiner Gewalt in Betracht, wenn eine tatsächliche Gefahr einer Fehlbehandlung infolge des bloßen Umstands der Anwesenheit im Zielstaat besteht (vgl. Nds. OVG, Urt. v. 19.09.2016 - 9 LB 100/15 -, juris Rn 56 m.w.N.; Beschl. v. 26.08.2016 - 9 ME 146/16 -, n.v.). Nach der Rechtsprechung des EGMR ist die allgemeine Lage in Afghanistan nicht als so ernst anzusehen, dass eine Abschiebung dorthin ohne Weiteres eine Verletzung von Art. 3 EMRK darstellt (vgl. Nds. OVG, Urt. v. 19.09.2016 - 9 LB 100/15 -, juris Rn 57 f. für Kabul folgend; Beschl. v. 26.08.2016 - 9 ME 146/16 -, n.v.; jeweils m.w.N.). Dem folgt das Gericht auch für die Regionen Herat und Kabul (vgl. zur dortigen Sicherheitslage etwa VG Lüneburg, Beschl. v. 23.05.2017 - 3 B 14/17 -, juris Rn. 17; Urt. v. 06.02.2017 - 3 A 140/16 -, juris Rn. 25 ff.). Unter Berücksichtigung der vorliegenden Erkenntnismittel ergeben sich auch keine ausreichenden Anhaltspunkte dafür, dass sich die Gefahrenlage im Jahr 2016 und bis zum Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung in einer für ein Abschiebungsverbot relevanten Weise verändert hätte (vgl. auch Bay. VGH, Beschl. v. 06.03.2017 - 13a ZB 17.30099 -, juris Rn. 11 f.; Beschl. v. 22.12.2016 - 13a ZB 16.30684 -, juris Rn. 7 f.).
Soweit der Kläger in der Anhörung durch das Bundesamt noch angegeben hatte, dass sie als sie vor mehreren Jahren in Afghanistan gelebt hätten, mit den Taliban in den Krieg hätten ziehen sollen, besteht - unter Berücksichtigung der dem Gericht vorliegenden Erkenntnismittel - derzeit in Afghanistan nicht für alle kampffähigen Männer die Gefahr einer Zwangsrekrutierung (VG Lüneburg, Urt. v. 15.05.2017 - 3 A 102/16 -, juris Rn. 27 - 29).
bb) Auch die allgemeine humanitäre Lage in Afghanistan begründet kein Abschiebungsverbot nach § 60 Abs. 5 AufenthG i.V.m. Art. 3 EMRK.
Sozialwirtschaftliche und humanitäre Bedingungen im Abschiebezielstaat haben weder notwendig noch einen ausschlaggebenden Einfluss auf die Frage, ob eine Person Gefahr läuft, einer Art. 3 EMRK widersprechenden Behandlung ausgesetzt zu werden, weil Art. 3 EMRK hauptsächlich dem Schutz bürgerlicher und politischer Rechte dient (Nds. OVG, Urt. v. 19.09.2016 - 9 LB 100/15 -, juris S. 16 m.w.N.). Eine erhebliche Beeinträchtigung der (humanitären) Lage des Betroffenen im Herkunftsland - einschließlich seiner Lebenserwartung - im Falle seiner Rückkehr ist für einen Verstoß gegen Art. 3 EMRK nicht ausreichend, sofern nicht in ganz außergewöhnlichen Fällen ausnahmsweise besondere humanitäre Gründe zwingend gegen eine Aufenthaltsbeendigung im Konventionsstaat sprechen (BVerwG, Urt. v. 31.01.2013 - 10 C 15/12 -, juris Rn. 23, 25 m.w.N.; Nds. OVG, Urt. v. 19.09.2016 - 9 LB 100/15 -, juris S. 16 m.w.N.; Beschl. v. 27.04.2016 - 9 LA 46/16 -, n.v. m.w.N.). Die Annahme einer unmenschlichen Behandlung allein durch die humanitäre Lage und die allgemeinen Lebensbedingungen setzt ein sehr hohes Gefährdungsniveau voraus (Bay. VGH, Beschl. vom 30. September 2015 - 13a ZB 15.30063 -, juris Rn. 5), das nur unter strengen Voraussetzungen erreicht wird (OVG NRW, Beschl. v. 13.05.2015 - 14 B 525/15.A -, juris Rn. 15, 13 (monatelange Obdachlosigkeit ohne Zugang zu jeder Versorgung). Ein anderer Maßstab kommt allerdings (und nur) dann in Betracht, wenn die im Zielstaat bestehenden schlechten humanitären Bedingungen nicht maßgebend auf fehlende staatliche Ressourcen für eine staatliche Fürsorge zurückzuführen sind, sondern auf direkte oder indirekte Handlungen oder Unterlassungen der dortigen Konfliktparteien (vgl. Nds. OVG, Urt. v. 19.09.2016 - 9 LB 100/15 -, juris S. 16 m.w.N.). Grundsätzlich ist bei der Prüfung des Abschiebungsverbotes auf den gesamten Abschiebungszielstaat abzustellen, ausgehend vom dem Ort, an dem die Abschiebung endet (BVerwG, Urt. v. 31.01.2013 - 10 C 15/12 -, juris Rn. 26 m.w.N.; für Afghanistan verneint EGMR, Urt. v. 13.10.2011 - 10611/09 (Husseini/Schweden) - NJOZ 2012, 952 [953] Rn. 84; Nds. OVG, Beschl. v. 27.04.2016 - 9 LA 46/16 -, n.v.).
Unter Zugrundelegung der vorgenannten strengen Maßstäbe sind unter Berücksichtigung der zur Verfügung stehenden Erkenntnismittel keine ernsthaften und stichhaltigen Gründe dafür vorgetragen oder sonst ersichtlich, die zu der Überzeugung des Gerichts führen, dass der Kläger bei seiner Abschiebung nach Afghanistan landesweit mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit (vgl. Nds. OVG, Urt. v. 19.09.2016 - 9 LB 100/15 -, juris) Gefahr liefe, aufgrund der dortigen allgemeinen Lebensbedingungen einer Art. 3 EMRK widersprechenden Behandlung ausgesetzt zu werden und die einer Abschiebung nach Afghanistan ausnahmsweise entgegenstehen würden.
Afghanistan ist trotz internationaler Unterstützung und erheblicher Anstrengungen der afghanischen Regierung eines der ärmsten Länder der Welt (Lagebericht des Auswärtigen Amtes, Stand: September 2016, S. 21; Schweizerische Flüchtlingshilfe, Afghanistan: Update, Die aktuelle Sicherheitslage v. 30.09.2016, S. 24) und das ärmste Land der Region (UNHCR-Richtlinien zur Feststellung des internationalen Schutzbedarfs afghanischer Asylsuchender vom 19.04.2016, S. 31). Der Kreditversicherer Coface hat (wohl für den Zeitraum bis einschließlich das Jahr 2015) Afghanistan als das Land mit dem höchsten politischen Risiko weltweit eingestuft (www.finanznachrichten.de, Von Afghanistan bis Island / Kreditversicherer Coface betrachtet politische Risiken in 159 Ländern, v. 03.04.2017). Das rapide Bevölkerungswachstum stellt eine weitere Herausforderung für die wirtschaftliche und soziale Entwicklung des Landes dar (Lagebericht des Auswärtigen Amtes, Stand: September 2016, S. 21). Rund 36 % der Bevölkerung leben unterhalb der Armutsgrenze, mit einem eklatanten Gefälle zwischen urbanen Zentren und ländlichen Gebieten Afghanistans: Außerhalb der Hauptstadt Kabul und der Provinzhauptstädte fehlt es vielerorts an grundlegender Infrastruktur für Energie, Trinkwasser und Transport (Lagebericht des Auswärtigen Amtes, Stand: September 2016, S. 21). 30 % der Bevölkerung sind auf humanitäre Hilfe angewiesen, 6,3 % sind von ernsthafter Lebensmittelunsicherheit betroffen und 9,1 % der Kinder sterben vor ihrem fünften Geburtstag (UNHCR-Richtlinien zur Feststellung des internationalen Schutzbedarfs afghanischer Asylsuchender vom 19.04.2016, S. 31; vgl. auch Lagebericht des Auswärtigen Amtes, Stand: September 2016, S. 13), wobei in letzterem eine Verbesserung zu sehen ist (Lagebericht des Auswärtigen Amtes, Stand: September 2016, S. 23). Für das Jahr 2017 wird erwartet, dass 9,3 Millionen Afghanen von humanitärer Hilfe abhängig sein werden (Asylmagazin 3/2017, Überleben in Afghanistan?, S. 74). Die Arbeitslosenquote betrug im Oktober 2015 40 % (Lagebericht des Auswärtigen Amtes, Stand: September 2016, S. 22), teilweise wird sie auf bis zu 50 % geschätzt (Nds. OVG, Urt. v. 19.09.2016 - 9 LB 100/15 -, juris). Die Jugendarbeitslosigkeit beträgt 82 % (Asylmagazin 3/2017, Überleben in Afghanistan?, S. 74). Auch der Abzug der internationalen Streitkräfte hat sich negativ auf die Nachfrage und damit die Wirtschaft ausgewirkt (Schweizerische Flüchtlingshilfe, Afghanistan: Update, Die aktuelle Sicherheitslage v. 30.9.2016, S. 24; Lagebericht des Auswärtigen Amtes, Stand: September 2016, S. 21). Eine staatliche finanzielle Unterstützung findet bei Arbeitslosigkeit nicht statt; freie Stellen können über das Internet recherchiert werden (International Organization for Migration (IOM), Länderinformationsblatt Afghanistan 2016, S. 2). Landwirtschaft ist mit 60 bis 70 %, je nach Region, der größte Beschäftigungsfaktor (International Organization for Migration (IOM), Länderinformationsblatt Afghanistan 2016, S. 2). Darüber hinaus findet eine Beschäftigung vor allem in Familien- und Kleinbetrieben (Einzelhandel) und im Bauwesen statt, gefolgt vom öffentlichen Sektor und dem industriellen (International Organization for Migration (IOM), Länderinformationsblatt Afghanistan 2016, S. 2). Die Quote der Analphabeten ist hoch und die Anzahl der Fachkräfte gering (Schweizerische Flüchtlingshilfe, Afghanistan: Update, Die aktuelle Sicherheitslage v. 30.9.2016, S. 24). Die Alphabetisierungsrate bei den über 15-jährigen betrug im Jahr 2015 38 % (Asylmagazin 3/2017, Überleben in Afghanistan?, S. 79). Qualifiziertes, vor allem höherqualifiziertes, Personal wird gesucht (vgl. Dr. L, Gutachterliche Stellungnahme an das Oberverwaltungsgericht Rheinland-Pfalz v. 08.06.2011, S. 6 f.). Das Wirtschaftswachstum betrug im Jahr 2015 0,8 %, in 2016 voraussichtlich 1,2 % und für 2017 werden im besten Fall 1,7 % erwartet (UNHCR, Anmerkung zur Situation in Afghanistan auf Anfrage des Deutschen Bundesministeriums des Innern, v. Dez. 2016, S. 5). Im Jahr 2012 hatte es noch 14,4 % betragen (Asylmagazin 3/2017, Überleben in Afghanistan?, S. 74). Grundsätzlich haben Menschen, die in Afghanistan gearbeitet haben, Zugang zu Rentenzahlungen (International Organization for Migration (IOM), Länderinformationsblatt Afghanistan 2016, S. 3). Rückkehrer sehen sich, wie auch viele andere Afghanen, mit unzureichenden wirtschaftlichen Perspektiven und geringen Arbeitsmarktchancen konfrontiert, insbesondere wenn sie außerhalb des Familienverbandes oder nach einer längeren Abwesenheit aus dem Ausland zurückkehren und ihnen ein soziales oder familiäres Netzwerk sowie aktuelle Kenntnisse der örtlichen Verhältnisse fehlen (Lagebericht des Auswärtigen Amtes, Stand: November 2015, S. 5). Viele von ihnen zieht es daher nach Kabul, wo die Einwohnerzahl zwischen den Jahren 2005 und 2015 um 10 % gestiegen ist (Schweizerische Flüchtlingshilfe, Afghanistan: Update, Die aktuelle Sicherheitslage v. 30.9.2016, S. 27, 28; Asylmagazin 3/2017, Überleben in Afghanistan?, S. 75 f.: Anstieg von 500.000 im Jahr 2001 auf 5 bis 7 Millionen). Das durchschnittliche Monatseinkommen beträgt in Afghanistan 80 bis 120 USD (International Organization for Migration (IOM), Länderinformationsblatt Afghanistan 2016, S. 2). Naturkatastrophen und extreme Natureinflüsse im Norden tragen zur schlechten Versorgung der Bevölkerung bei (Lagebericht des Auswärtigen Amtes, Stand: September 2016, S. 23). Im Süden und Osten gelten nahezu ein Drittel aller Kinder als akut unterernährt (Lagebericht des Auswärtigen Amtes, Stand: November 2015, S. 24). Nach Berechnungen der Vereinten Nationen sind in Afghanistan insgesamt eine Millionen Kinder unterernährt (deutsch.rt.com, Vereinte Nationen: Afghanistan auf dem Weg in eine humanitäre Katastrophe, v. 24.01.2017). Im Winter 2016 / 2017 starben in einer Provinz im Norden Afghanistans 27 Kinder unter fünf Jahren aufgrund der Wetterbedingungen (www.zeit.de, 27 Kinder sterben wegen strengen Winterwetters in Afghanistan, v. 26.01.2017). Das Rote Kreuz hat im Februar 2017 seine Arbeit ausgesetzt, nachdem sechs Mitarbeiter erschossen wurden (www.tagesschau.de, Rotes Kreuz setzt Arbeit in Afghanistan aus, v. 09.02.2017). Zwar weist Afghanistan Bodenschätze auf, eine staatliche Förderung findet derzeit allerdings nur eingeschränkt statt; die größten Lithium-Vorkommen gibt es etwa in Ghazni, Herat und Nimroz (vgl. www.20min.ch, Afghanistan wirbt um Trumps Unterstützung, v. 10.04.2017). Die humanitäre Situation ist weiterhin als schwierig anzusehen, insbesondere stellt neben der Versorgung von Hunderttausenden Rückkehrern und Binnenvertriebenen vor allem die chronische Unterversorgung in Konfliktgebieten das Land vor große Herausforderungen (Lagebericht des Auswärtigen Amtes, Stand: November 2015, S. 6). Die Anzahl der konflikt-induzierten Binnenflüchtlinge betrug im Jahr 2016 zwischen 1,1 und 1,2 Million (Lagebericht des Auswärtigen Amtes, Stand: September 2016, S. 21). Aufgrund der Kämpfe in der Region um die Provinz Kunduz im Mai 2017 fliehen viele Zivilpersonen nach Kunduz City (Bundesamt für Migration und Flüchtlinge, Briefing Notes v. 08.05.2017). Die pakistanische Regierung hat den dort aufhältigen afghanischen Flüchtlingen eine Frist zur Rückkehr bis März 2017 gesetzt; im Jahr 2016 sind mehr als 600.000 Personen zurückgekehrt, insbesondere in der zweiten Jahreshälfte und über Nangarhar (Kurzinformation der Staatendokumentation Pakistan / Afghanistan - Rückkehr afghanischer Flüchtlinge nach Afghanistan v. 07.12.2016, S. 1, 2). Dieser Termin wurde zwischenzeitlich vertagt (Asylmagazin 3/2017, Überleben in Afghanistan?, S. 75). Rund 2,4 Millionen afghanische Flüchtlinge leben in Pakistan (Kurzinformation der Staatendokumentation Pakistan / Afghanistan - Rückkehr afghanischer Flüchtlinge nach Afghanistan v. 07.12.2016, S. 2; Asylmagazin 3/2017, Überleben in Afghanistan?, S. 75: 1,6 Millionen) bzw. 2,6 Millionen Flüchtlinge im Ausland (Amnesty Report 2017 Afghanistan, S. 1, 3). Der UNHCR nahm am 1. April 2017 das Programm zur Rückkehrunterstützung von afghanischen Flüchtlingen aus Pakistan wieder auf, die finanzielle Unterstützung wurde von 400 auf 200 USD verringert (Bundesamt für Migration und Flüchtlinge, Briefing Notes, v. 03.04.2017). Im Iran erließ das Geistliche Oberhaupt im Jahr 2015 ein Gesetz, welches allen afghanischen Kindern, mit und ohne offizielle Papiere, erlaubt, die Schule zu besuchen (deutsch.rt.com, UNO lobt iranische Flüchtlingspolitik: Millionen Menschen Zuflucht geboten, v. 20.03.2017). Im Jahr 2016 sind trotz der Schwierigkeiten für Afghanen im Iran nur 2.426 Menschen in ihre afghanische Heimat zurückgekehrt (deutsch.rt.com, UNO lobt iranische Flüchtlingspolitik: Millionen Menschen Zuflucht geboten, v. 20.03.2017). Aus der EU sind im Jahr 2016 7.000 Afghanen in ihr Heimatland zurückgekehrt, gegenüber 1.400 im Jahr 2015 (www.tt.com, Organisation für Migration und EU helfen Rückkehrern in Afghanistan, v. 14.03.2017). Aus Deutschland reisten im Jahr 2016 mit 3.200 Personen zehnmal mehr Menschen freiwillig nach Afghanistan zurück, als im Vorjahr (www.spiegel.de, Rund 55.000 Asylbewerber verlassen Deutschland freiwillig v. 28.12.2016), die Zahl der Familien stieg von 22 auf 356 (www.faz.net, IOM warnt vor Abschiebungen nach Afghanistan, v. 22.02.2017). Mit Stand September 2016 waren insgesamt 246.954 afghanische Staatsangehörige in Deutschland aufhältig, davon 12.539 ausreisepflichtig (BT-Drs. 18/10336, 18. Wahlperiode, v. 16.11.2016, Frage Nr. 40, Nr. 6). Für das Jahr 2017 erwartet die internationale humanitäre Gemeinschaft 450.000 neu in die Flucht getriebene Menschen im afghanischen Inland und die UNHCR 650.000 Rückkehrer aus den umliegenden Ländern (UNHCR, Anmerkung zur Situation in Afghanistan auf Anfrage des Deutschen Bundesministeriums des Innern, v. Dez. 2016, S. 4). Die Rückkehrer siedeln sich vor allem in den Provinzen Kabul, Nangarhar, Kunduz, Logar und Baghlan an (Lagebericht des Auswärtigen Amtes, Stand: September 2016, S. 24). Viele Binnenvertriebene haben familiäre Verbindungen nach Kabul (UNHCR, Anmerkung zur Situation in Afghanistan auf Anfrage des Deutschen Bundesministeriums des Innern, v. Dez. 2016, S. 7). Die Aufnahmekapazität Kabuls ist aufgrund begrenzter Möglichkeiten der Existenzsicherung, Marktliquidität, der fehlenden Verfügbarkeit angemessener Unterbringungsmöglichkeiten sowie des mangelnden Zugangs zu grundlegenden Versorgungsleistungen, insbesondere im Gesundheits- und Bildungswesen, sowie im Dienstleistungsbereich äußerst eingeschränkt (UNHCR, Anmerkung zur Situation in Afghanistan auf Anfrage des Deutschen Bundesministeriums des Innern, v. Dez. 2016, S. 7). Auch in Herat hält sich eine große Zahl von Binnenvertriebenen auf, die sich mit einer erheblichen politischen Opposition und allgemeinen Ressentiments konfrontiert sehen (UNHCR, Anmerkung zur Situation in Afghanistan auf Anfrage des Deutschen Bundesministeriums des Innern, v. Dez. 2016, S. 8). Nach dem IOM entscheide sich die größte Zahl der Rückkehrer für Herat, einige die vorher im Iran gelebt hätten wohl auch, um von dort aus wieder in den Iran zurückzukehren (www.faz.net, IOM warnt vor Abschiebungen nach Afghanistan, v. 22.02.2017). Die UN will weitere finanzielle Hilfe leisten (Kurzinformation der Staatendokumentation Pakistan / Afghanistan - Rückkehr afghanischer Flüchtlinge nach Afghanistan v. 07.12.2016, S. 3). Bereits in den Jahren 2013 und 2014 sollen 73,8 % der städtischen Bevölkerung in Slums gelebt haben (vgl. Asylmagazin 3/2017, Überleben in Afghanistan?, S. 76 f.).
Staatliche Maßnahmen zur Integration oder Neuansiedlung haben jedoch bereits positive Ergebnisse gezeigt, sind allerdings auch weiter erforderlich (UNHCR, Anmerkung zur Situation in Afghanistan auf Anfrage des Deutschen Bundesministeriums des Innern, v. Dez. 2016, S. 8). Die Regierung hat sich ehrgeizige Ziele gesteckt und plant unter anderem durch ein Stimulus-Paket Arbeitsplätze und Wachstum zu schaffen (Lagebericht des Auswärtigen Amtes, Stand: November 2015, S. 24; Lagebericht des Auswärtigen Amtes, Stand: September 2016, S. 22). Afghanistan befindet sich in einem langwierigen Wiederaufbauprozess (Lagebericht des Auswärtigen Amtes, Stand: September 2016, S. 4). Die internationale Gemeinschaft unterstützt die afghanische Regierung maßgeblich dabei, die Lebensbedingungen der Bevölkerung zu verbessern (Lagebericht des Auswärtigen Amtes, Stand: September 2016, S. 22). Mehr als 95 % des afghanischen Budgets stammten auch im Jahre 2016 von der internationalen Staatengemeinschaft (Schweizerische Flüchtlingshilfe, Afghanistan: Update, Die aktuelle Sicherheitslage v. 30.9.2016, S. 2). Die internationale Gemeinschaft wird auch ihr ziviles Engagement fortsetzen und Deutschland wird den Wiederaufbau im Jahr 2017 mit 430 Millionen Euro unterstützen (www.bundesregierung.de, Deutsche Soldaten weiter in Afghanistan v. 16.11.2016). Auch wurde ein Beschäftigungsprogramm unter anderem für den Bau von Straßen und Schulen in ländlichen Regionen auf den Weg gebracht (www.stern.de, Deutschland will Afghanistan mit 240 Millionen Euro unterstützen, v. 10.03.2017). Für die Jahre 2017 bis 2021 versprachen mehr als 70 Länder insgesamt 13,6 Milliarden Euro finanzielle Unterstützung (Amnesty Report 2017 Afghanistan, S. 1). Zum Jahresende 2014 hat das Jahrzehnt der Transformation (2015‐2024) begonnen, in dem Afghanistan sich mit weiterhin umfangreicher internationaler Unterstützung zu einem voll funktionsfähigen und fiskalisch lebensfähigen Staat im Dienst seiner Bürgerinnen und Bürger entwickeln soll, wofür Afghanistan verstärkte eigene Anstrengungen zugesagt hat (Lagebericht des Auswärtigen Amtes, Stand: September 2016, S. 4). Im Mai 2016 startete das Projekt „Casa 1000“, mit dem eine Stromleitung von Tajikistan auch nach Afghanistan errichtet und ab 2019 dem Energiemangel begegnet werden soll (Schweizerische Flüchtlingshilfe, Afghanistan: Update, Die aktuelle Sicherheitslage v. 30.9.2016, S. 25). Auch soll Afghanistan eine Flugfrachtverbindung nach Indien erhalten (www.aerotelegraph.com, Afghanistan bekommt Frachtverbindung nach Indien, v. 06.01.2017). Von Kabul aus soll in ganz Afghanistan ein 4G/LTE-Mobilfunknetz geschaffen werden, wozu die Afghan Wireless Communication Compay 400 Millionen US-Dollar investiert (www.finanzen.net, Afghan Wireless startet Afghanistans erstes 4G/LTE-Kommunikationsnetz, v. 05.05.2017). Das Verelendungsrisiko einzelner Bevölkerungsgruppen in Afghanistan weicht stark voneinander ab, für alleinstehende Personen bewegte es sich bis zum Jahr 2007 lediglich im Bereich zwischen 10 und 15 %; das Armutsrisiko stieg bei einer Haushaltsgröße von drei Personen (11 %) bis zu einer Haushaltsgröße von neun Personen (über 40 %) kontinuierlich und lag bei einer Haushaltsgröße von 15 Personen sogar bei über 45 % (OVG NRW, Urt. v. 27.01.2015 - 13 A 1201/12.A -, juris Rn. 48). In Dschalalabad wird eine Teppichknüpferinnenschule gebaut, die Witwen und alleinstehenden Frauen ab April 2017 die Möglichkeit geben soll, ihren Lebensunterhalt zu verdienen (www.badische-zeitung.de, Eine neue Chance für 120 Frauen, v. 31.03.2017). Nachdem im Jahr 2011 nur 7,5 % der Bevölkerung über eine adäquate Wasserversorgung verfügten, haben im Jahr 2016 46 % Zugang zu Trinkwasser (Schweizerische Flüchtlingshilfe, Afghanistan: Update, Die aktuelle Sicherheitslage v. 30.9.2016, S. 25; vgl. auch UNHCR-Richtlinien zur Feststellung des internationalen Schutzbedarfs afghanischer Asylsuchender vom 19.04.2016, S. 31). Die Deutsche Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit (GIZ) hat seit 2002 in Afghanistan über 700 Trinkwassersysteme gebaut (www.giz.de, Afghanistan: Unter einem Dach, v. 04.04.2017). Im Bereich der Menschenrechte hat Afghanistan unter schwierigen Umständen bereits Fortschritte gemacht, die allerdings nach wie vor nicht alle Landesteile erreichen und außerhalb der Städte auch gegen willkürliche Entscheidungen von Amtsträgern und Richtern nur schwer durchzusetzen sind (vgl. Lagebericht des Auswärtigen Amtes, Stand: September 2016, S. 5). Die Situation der Kinder hat sich in den vergangenen Jahren verbessert, so werden mittlerweile rund zwei Drittel aller Kinder eingeschult; der Anteil der Mädchen beträgt mittlerweile 37,5 %, nachdem sie unter der Taliban-Herrschaft fast vollständig vom Bildungssystem ausgeschlossen waren (Lagebericht des Auswärtigen Amtes, Stand: September 2016, S. 12). Nach inoffiziellen Abmachungen zwischen dem afghanischen Staat und den Taliban, akzeptieren diese seit 2014 prinzipiell auch Mädchenschulen bis zur sechsten Klasse (www.taz.de, Kurioses aus Afghanistan: Die Taliban entdecken ihre grüne Ader, v. 26.02.2017). Die Organisation Kinderhilfe Afghanistan hat im Osten Afghanistans im Paschtunen Gebiet und Heimat der Taliban in Absprache und mit Einverständnis der jeweiligen Mullahs 30 Haupt-, Ober- und Berufsschulen für ca. 60.000 Schüler, die meisten von ihnen Mädchen, gebaut sowie 15 Computerschulen; im Jahr 2014 wurde dort die erste Universität der Organisation eingeweiht (SZ, „Wir zahlen nie Schmiergeld“, v. 07.04.2017). Das Bildungswesen ist kostenfrei (International Organization for Migration (IOM), Länderinformationsblatt Afghanistan 2016, S. 3). Allerdings werden die Bildungsmöglichkeiten im Jahr 2017 durch die anhaltenden Kämpfe und die Rückkehr vieler Flüchtlinge aus Pakistan eingeschränkt (www.deutschlandfunk.de, Mehr als 400.000 Kinder können nicht mehr zur Schule gehen, v. 24.03.2017). Aufgrund der Idee einer Gruppe von afghanischen Unternehmensgründerinnen, die die Mädchenbildung in Afghanistan fördern, wurde ein Computer-Trainingsprogramm ins Leben gerufen und dreizehn Computer- und Programmierzentren in Kabul und Herat gegründet, wodurch bislang 55.000 Studentinnen online gebracht werden konnten (www.dw.com/de, Afghanische Mädchen durchbrechen Cyber-Grenzen, v. 19.04.2017). Auch die medizinische Versorgung hat sich seit 2005 erheblich verbessert, was auch zu einem deutlichen Anstieg der Lebenserwartung geführt hat (Lagebericht des Auswärtigen Amtes, Stand: November 2015, S. 24, 25). Dennoch besteht landesweit eine unzureichende Verfügbarkeit von Medikamenten, Ausstattung und Fachpersonal, wobei die Situation in den Nord- und Zentralprovinzen um ein Vielfaches besser ist als in den Süd- und Ostprovinzen (Lagebericht des Auswärtigen Amtes, Stand: September 2016, S. 23). 36 % der Bevölkerung haben keinen Zugang zu einer medizinischen Grundversorgung (UNHCR-Richtlinien zur Feststellung des internationalen Schutzbedarfs afghanischer Asylsuchender vom 19.04.2016, S. 31). Insbesondere in ländlichen und unsicheren Gebieten sowie unter Nomaden kommt es zu schlechten Gesundheitszuständen von Frauen und Kindern (Schweizerische Flüchtlingshilfe, Afghanistan: Update, Die aktuelle Sicherheitslage v. 30.9.2016, S. 25). Aufgrund der Fortschritte in der medizinischen Versorgung hat sich allerdings etwa die Müttersterblichkeit von 1,6 % auf 0,324 % gesenkt (Lagebericht des Auswärtigen Amtes, Stand: September 2016, S. 23). An dieser Reduzierung kommen allerdings zwischenzeitlich Zweifel auf (www.tt.com, Müttersterblichkeit in Afghanistan laut Bericht deutlich höher als angegeben, v. 31.01.2017). Eine begrenzte Anzahl staatlicher Krankenhäuser bieten kostenfreie medizinische Versorgung (International Organization for Migration (IOM), Länderinformationsblatt Afghanistan 2016, S. 1). Private Krankhäuser gibt es in größeren Städten wie Kabul, Jalalabad, Masar-e Scharif, Herat und Kandahar (International Organization for Migration (IOM), Länderinformationsblatt Afghanistan 2016, S. 1). Chirurgische Eingriffe etwa oder spezielle Untersuchungen (wie etwa Computer Tomographie) werden nur an ausgewählten Orten geboten (International Organization for Migration (IOM), Länderinformationsblatt Afghanistan 2016, S. 18). Eine gute medizinische Versorgung auch komplizierterer Krankheiten bieten das French Medical Institute und das Deutsche Diagnostische Zentrum (Lagebericht des Auswärtigen Amtes, Stand: September 2016, S. 23). Die Organisation Kinderhilfe Afghanistan hat im Osten Afghanistans Mutter-Kind-Kliniken sowie zwei Waisenhäuser gebaut (SZ, „Wir zahlen nie Schmiergeld“, v. 07.04.2017). Medikamente sind auf allen Märkten zu erwerben (International Organization for Migration (IOM), Länderinformationsblatt Afghanistan 2016, S. 1). Eine Behandlung psychischer Erkrankungen findet nur unzureichend statt; in Kabul, Jalalabad, Herat und Masar-e Scharif gibt es entsprechende Einrichtungen mit meist wenigen Betten (Lagebericht des Auswärtigen Amtes, Stand: September 2016, S. 23 f.). In Kabul gibt es etwa nur eine einzige staatliche psychiatrische Klinik mit 60 Betten (Asylmagazin 3/2017, Überleben in Afghanistan?, S. 77). Nach den Angaben des afghanischen Gesundheitsministers Anfang April 2017 habe sein Ministerium allerdings jüngst 700 psychologische Berater und 101 spezialisierte Ärzte ausgebildet (derstandard.de, Afghanistan: Psychische Verwüstung, v. 10.04.2017). Psychisch Erkrankte benötigen eine starke familiäre Unterstützung (International Organization for Migration (IOM), Länderinformationsblatt Afghanistan 2016, S. 1).
Rückkehrer aus Deutschland, deren Flüge grundsätzlich von einem Arzt begleitet werden (www.sozialticker.com, 700 Euro pro Person für tolle Maßnahmen in Afghanistan, v. 05.05.2017) werden in Kabul vom afghanischen Flüchtlingsministerium, von Mitarbeitern der Internationalen Organisation für Migration, von der gemeinnützigen humanitären Organisation für psychosoziale Betreuung und der Bundespolizei vor Ort in Empfang genommen und versorgt (Schreiben des Bundesministeriums des Innern v. 09.01.2017 an die Innenminister und -senatoren der Länder, S. 4). Das Rückkehrförderprogramm REAG/GARP sieht neben der Übernahme der Rückreisekosten eine Reisebeihilfe von 200 Euro und zusätzlich Startgeld in Höhe von 500 Euro je Person über zwölf Jahren vor (BT-Drs. 18/10336, 18. Wahlperiode 16.11.2016, Frage Nr. 34). Das Rückkehr- und Integrationsprojekt ERIN sieht einen Service bei der Ankunft, Beratung und Begleitung zu behördlichen, medizinischen und caritativen Einrichtungen sowie berufliche Qualifizierungsmaßnahmen, Hilfe bei der Arbeitsplatzsuche sowie Unterstützung bei der Existenzgründung vor (BT-Drs. 18/10336, 18. Wahlperiode 16.11.2016, Frage Nr. 34). Die Europäische Union unterstützt das Programm mit 18 Millionen Euro (www.tt.com, Organisation für Migration und EU helfen Rückkehrern in Afghanistan, v. 14.03.2017). Im Falle der freiwilligen Rückkehr ist eine Integrationshilfe von bis zu 2.000 Euro vorgesehen, bei einer Rückführung bis zu 700 Euro (BT-Drs. 18/10336, 18. Wahlperiode 16.11.2016, Frage Nr. 34). Einige Rückkehrer nutzen die Hilfen allerdings für ein erneutes Verlassen des Landes (www.focus.de, Schicksal von Arasch und Badam, v. 17.03.2017). Weiter ist auch geplant, den Rückkehrern Anschlussflüge zum gewünschten Zielort innerhalb Afghanistans anzubieten und ein Informationsbüro als Beratungsstelle einzurichten (Schreiben des Bundesministeriums des Innern v. 09.01.2017 an die Innenminister und -senatoren der Länder, S. 4). Rückkehrer können bis zu zwei Wochen im IOM Empfangszentrum in Jangalak untergebracht werden (International Organization for Migration (IOM), Länderinformationsblatt Afghanistan 2016, S. 2). Auch Flüchtlingsorganisationen bieten Unterkunft für die ersten Tage bzw. Wochen nach einer Rückkehr (SZ, Zurück auf Null, v. 08.04.2017). Die IOM hilft in Gemeinden mit vielen Rückkehrern die Infrastruktur zu verbessern, Ideen zum Verdienen des Lebensunterhaltes zu entwickeln und Märkte zu organisieren, auf dem Land werden Felder hergerichtet und Wasserkanäle gesäubert (www.tt.com, Organisation für Migration und EU helfen Rückkehrern in Afghanistan, v. 14.03.2017). Die von der deutschen Regierung unterstützte Organisation IPSO bietet in Kabul psycho-soziale Hilfe an, nimmt die Rückkehrer am Flughafen in Empfang und geht auch in die Gästehäuser, in denen die Abgeschobenen erst einmal unterkommen; für schwere Fälle ist die Organisation allerdings nicht ausgerüstet (www.focus.de, Schicksal von Arasch und Badam, v. 17.03.2017). Nach der gutachterlichen Stellungnahme von Frau Dr. L. an das Oberverwaltungsgericht Rheinland-Pfalz vom 8. Juni 2011 sei es eher unwahrscheinlich sei, dass ein afghanischer Migrant weder im Herkunftsland bzw. den Nachbarländern noch im Aufnahmeland keine familiären Bezugspersonen hat, zumal es ein übliches Verfahren sei, durch Beschluss des Familienclans das stärkste Mitglied ins Ausland zu senden, um die wirtschaftliche Situation der Familie zu unterstützen (S. 3). Rückkehrer würden auch in der Regel nicht verstoßen und selbst bei entfernten Verwandtschaftsverhältnissen zumindest zeitweise aufgenommen (Dr. L, Gutachterliche Stellungnahme an das Oberverwaltungsgericht Rheinland-Pfalz v. 08.06.2011, S. 13). Auch würden diejenigen, denen es gelungen sei, bis nach Europa zu kommen, zum mobileren Teil der Bevölkerung gehören, die es erfahrungsgemäß bei einer Rückkehr schaffen würden, ihre Beziehungen so zu gestalten, dass sie ihr Leben sichern können würden (Dr. L, Gutachterliche Stellungnahme an das Oberverwaltungsgericht Rheinland-Pfalz v. 08.06.2011, S. 12). Insoweit würden ohnehin soziale Kompetenzen, wie Durchsetzungs- und Kommunikationsfähigkeit mehr zählen als eine Ausbildung, so etwa für den Start eines Kleinhandels, den Rückkehrer auch eher eröffnen, als sich der Konkurrenz um Aushilfsjobs zu stellen (Dr. L, Gutachterliche Stellungnahme an das Oberverwaltungsgericht Rheinland-Pfalz v. 08.06.2011, S. 12, 9). Für Aushilfsjobs bzw. Tagelöhnerjobs sei die körperliche Konstitution maßgeblich, bei handwerklichen Tätigkeiten das Vorhandensein von eigenem Werkzeug und bei längerfristigen Arbeitsverhältnissen eine Vermittlung über einen Stammes- oder Clanzugehörigen (Dr. L, Gutachterliche Stellungnahme an das Oberverwaltungsgericht Rheinland-Pfalz v. 08.06.2011, S. 11; vgl. auch Asylmagazin 3/2017, Überleben in Afghanistan?, S. 76)
Unter Berücksichtigung der vorgenannten Erkenntnisse ist das Gericht nicht davon überzeugt, dass der Kläger als ein arbeitsfähiger junger Mann bei einer Rückkehr in sein Heimatland Afghanistan nicht in der Lage wäre, in Kabul oder Herat sein Existenzminimum zu sichern (vgl. auch Bay. VGH, Beschl. v. 22.12.2016 - 13a ZB 16.30684 -, juris Rn. 8; Nds. OVG, Urt. v. 19.09.2016 - 9 LB 100/15 -, juris; OVG NRW, Beschl. v. 08.06.2016 - 13 A 1222/16.A -, juris Rn. 10; Bay. VGH, Beschl. v. 30.09.2015 - 13a ZB 15.30063 -, juris Rn. 6; Nds. OVG, Urt. v. 20.07.2015 - 9 LB 320/14 -, juris S. 8; OVG NRW, Urt. v. 26.08.2014 - 13 A 2998/11.A -, juris Rn. 197; a.A. VG Hamburg, Gerichtsbescheid v. 10.01.2017 - 10 A 6516/16 -, juris Rn. 38). Der Kläger hat die Schule besucht, kann lesen und schreiben und war bereits in verschiedenen Bereichen beruflich tätig. Verwandte des Klägers leben in Herat, auf deren Hilfe er zurückgreifen kann. Zwar spricht der Kläger - seine Angaben insoweit als zutreffend unterstellt - „nur“ Farsi. Damit ist allerdings auch eine Verständigung mit Personen möglich, die mit Dari eine der offiziellen Landessprachen (vgl. Lagebericht des Auswärtigen Amtes, Stand: September 2016, S. 9) sprechen (vgl. http://derstandard.at/1308680777512/Landessprache-als-Politikum-Keine-Unterschiede-zwischen-Farsi-und-Dari; http://www.orbis-uebersetzungen.de/die-sprachen-der-fluechtlinge-persisch-dari-farsi-und-pashtu/; https://farsi-persisch-lernen.de/unterschied-zwischen-persisch-farsi-und-dari/; Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl, Dossier der Staatendokumentation, AfPak, Grundlagen der Stammes- & Clanstruktur, 2016, S. 11 f.). Vor allem in größeren Städten Afghanistans, wie etwa auch Kabul, ist eine Aufnahme auch außerhalb des eigenen Familien- bzw. Stammesverbandes sowie die Chancen realistisch (vgl. Nds. OVG, Urt. v. 19.09.2016 - 9 LB 100/15 -, juris). Auch die UNHCR geht in ihren Richtlinien zur Feststellung des internationalen Schutzbedarfs afghanischer Asylsuchender vom 19. April 2016 davon aus, dass alleinstehende leistungsfähige Männer und verheiratete Paare im berufsfähigen Alter auch ohne Unterstützung von Familie und Gemeinschaft unter bestimmten Umständen in urbanen und semi-urbanen Umgebungen, die die notwendige Infrastruktur sowie Erwerbsmöglichkeiten zur Sicherung der Grundversorgung bieten und die unter staatlicher Kontrolle stehen, leben können (S. 99).
Dies gilt auch insoweit der Kläger bis auf ca. ein Jahr nicht in Afghanistan gelebt hat (vgl. hierzu auch Nds. OVG, Beschl. vom 27.04.2016 - 9 LA 46/16 -, n.v. sowie Bay. VGH Beschl. v. 12.04.2017 - 13a ZB 17.30230 -, juris Rn. 7; Beschl. v. 04.01.2017 - 13a ZB 16.30600 -, juris Rn. 7; Beschl. v. 20.12.2016 - 13a ZB16.30129 -, juris Rn. 10; Beschl. v. 13.02.2015 - 13a ZB 14.30432 -, juris Rn. 9; VG München, Urt. v. 20.04.2017 - M 17 K 16.35674 -, juris Rn. 59; a.A. VG Hamburg, Gerichtsbescheid v. 10.01.2017 - 10 A 6516/16 -, juris Rn. 44), insbesondere auch weil er im Unterschied zu weiten Teilen der Bevölkerung lesen und schreiben kann, Berufserfahrung aufweist und auf Verwandte zurückgreifen kann. Zudem hat er mit dem Iran in einem Land mit einer islamisch geprägten Umgebung (vgl. Bay. VGH, Urt. v. 12.02.2015 - 13a B 14.30309 -, juris Rn. 24; a.A. VG Hamburg, Gerichtsbescheid v. 10.01.2017 - 10 A 6516/16 -, juris Rn. 44) gelebt und kann sich mit einer der Landessprachen Afghanistans verständigen (vgl. Bay. VGH, Beschl. v. 12.04.2017 - 13a ZB 17.30230 -, juris Rn. 7).
Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus dem Gesundheitszustand des Klägers. In der mündlichen Verhandlung hat er insoweit vorgetragen, dass er krank sei und in Afghanistan seine Medikamente nicht besorgen und nicht behandelt werden könne. Zu den Symptomen seiner Krankheit hat der Kläger, auch auf mehrmalige Nachfrage des Gerichts, lediglich ausgeführt, dass er früher nachts nicht habe schlafen können, weil seine Nerven kaputt gewesen seien und teilweise bis morgens wachgelegen habe. Diese Probleme würden bestehen, seit sein Vater, sein Bruder und er vor ca. 10 Jahren einmal aus dem Iran nach Afghanistan abgeschoben worden seien. Die Erkrankung habe er seit fünf Jahren. Ein Arzt im Iran habe ihm gesagt, er habe Nervenprobleme. Er habe dann Risperidon, Biperidon und ein weiteres Schlafmittel erhalten. Erst auf Vorhalt des Gerichts, dass in dem ärztlichen Attest vom 8. Mai 2017 ausgeführt werde, dass er Geister sehen und Stimmen hören soll, machte er hierzu - auf Nachfragen - Angaben. So erklärte er, dass dies der Fall sei, wenn er seine Tabletten nicht nehme. Die Geister seien schwarz, gruselig und würden flüstern. Vor einem Jahr habe er diese zum ersten Mal gesehen.
Aufgrund dieser Angaben ist das Gericht nicht davon überzeugt, dass der Kläger an einer Erkrankung leidet, die einer Erwerbstätigkeit entgegenstünde und dazu führen würde, dass er bei einer Rückkehr nach Afghanistan mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit einer unmenschlichen oder erniedrigenden Behandlung im Sinne des Art. 3 EMRK ausgesetzt wäre. Die Angaben des Klägers waren nicht glaubhaft. Sie decken sich bereits nicht mit seinen Ausführungen in der Anhörung durch das Bundesamt im Juli 2016. Dort hatte er zwar auch angegeben, psychisch krank zu sein. Allerdings erklärte er insoweit, dass er auf den Kopf gestürzt sei und Angst und Stress hätte. Er sei bei verschiedenen Ärzten gewesen, ohne konkrete Ergebnisse. Nachdem er im Iran untersucht worden sei, habe er Medikamente - Fluoxetin und ein Schlafmittel - bekommen. Die Erkrankung bestehe seit seiner Abschiebung in den Iran vor ca. sieben Jahren. Er sei daraufhin depressiv geworden und habe Angst bekommen und sei ungeduldig geworden. Von Schlafstörungen - als einziges Symptom von dem der Kläger in der mündlichen Verhandlung von sich aus berichtete - war dort nicht die Rede. Weder die behaupteten Krankheiten deckten sich, noch die Medikamente, die der Kläger im Iran erhalten haben will. Auch der Zeitpunkt des Beginns der angeblichen Erkrankung wurde in der Anhörung durch das Bundesamt mit 2009 und in der mündlichen Verhandlung einmal mit 2007 und einmal mit 2012 angegeben.
Die abweichenden Angaben lassen sich auch nicht auf die Persönlichkeit des Klägers und seine damit verbundene Fähigkeit zum mündlichen Vortrag erklären. Zum einen weichen die Angaben in der mündlichen Verhandlung zu sehr von den Angaben gegenüber dem Bundesamt ab. Zum anderen geht das Gericht aufgrund der Ausführungen des Klägers in der mündlichen Verhandlung und dem persönlichen Eindruck, den das Gericht von ihm in der mündlichen Verhandlung gewonnen hat, davon aus, dass der Kläger bei seiner Anhörung durch das Gericht darauf bedacht war, den Eindruck eines psychisch angeschlagen Menschen zu erwecken und insoweit seine Äußerungen bewusst knapp bzw. oberflächlich gehalten und leise gesprochen hat. So erfolgte etwa zu Beginn der Anhörung durch das Gericht zunächst kaum ein freier Vortrag des Klägers und seine Antworten waren äußerst kurz und inhaltsarm. So gab er auf Nachfrage des Gerichts, ob sich an seinem Wohncontainer ein Briefkasten befindet lediglich an, dass er dies nicht wisse. Nach der Ansprache des Klägers durch das Gericht, dass er diese Frage wohl aufgrund eigener täglicher Wahrnehmung durchaus beantworten können sollte, wenn er sich seinen Container vorstelle, zeigte der Kläger dann, dass er grundsätzlich sehr wohl in der Lage ist, angemessene Antworten zu geben, indem er anschaulich - wenn auch knapp - schilderte, wie die Bewohner der Unterkunft dort an ihre Post kommen würden. Auch im weiteren Verlauf war der Kläger dann durchaus in der Lage, adäquat zu antworten.
Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus den im Verlauf des gerichtlichen Verfahrens vorgelegten ärztlichen Stellungnahmen. In dem Schreiben vom 12. Oktober 2016 führt ein Facharzt für Nervenheilkunde aus, dass sich der Kläger am 10. Oktober erstmals in der Psychiatrischen Institutsambulanz vorgestellt habe und sich nach einer ersten Einschätzung der Verdacht auf eine behandlungsbedürftige paranoide Schizophrenie ergebe. Ein nächster Termin sei für den 27. Oktober 2016 geplant. In der Stellungnahme einer Ärztin vom 8. Mai 2017 wird ausgeführt, dass sich der Kläger seit Oktober 2016 in Behandlung in der Psychiatrischen Institutsambulanz befinde und vom 22. Dezember 2016 bis 5. Januar 2017 ein stationärer Aufenthalt des Klägers erforderlich gewesen sei. Er leide an einer paranoiden Schizophrenie, die nach seinen Angaben im Jahr 2008 begonnen und im Iran mit dem Antipsychotikum Risperidon behandelt worden sei. Er habe nach einigen ruhigeren Jahren in Bezug auf seine Krankheit zunehmend an Halluzinationen gelitten, er habe Geister gesehen, die ihm bedrohlich nahe gekommen seien und ihm Botschaften zugerufen hätten, so dass er vor Angst nicht habe schlafen können. Der ärztlichen Stellungnahme ist nicht zu entnehmen, ob die Diagnosestellung allein aufgrund der Angaben des Klägers erfolgte oder ob (auch) objektive Umstände herangezogen werden konnten. Die Befunderhebung wird nicht erläutert. Letztlich sind dem Schreiben lediglich die Diagnose und die Angaben des Klägers zu entnehmen. Das Gericht ist nicht davon überzeugt, dass die der Diagnose zugrunde gelegten Angaben des Klägers zutreffend sind. Diese decken sich bereits in weiten Teilen nicht mit den Angaben des Klägers in der mündlichen Verhandlung oder gegenüber dem Bundesamt. In der Anhörung durch das Bundesamt war von Halluzinationen und Risperidon keine Rede. In der mündlichen Verhandlung hat der Kläger erst auf konkreten Vorhalt des Gerichts von Geistern, die er sehen würde, berichtet. Dort hatte er jedoch nicht angegeben, dass er diese bereits seit dem Jahr 2008 sehen würde. Er hatte vielmehr erklärt, erst seit einem Jahr Geister zu sehen. Auch stellte er in der mündlichen Verhandlung selbst auf konkrete Nachfrage keinen Bezug der Geister zu den Schlafstörungen her. Er konnte keine konkreten Angaben dazu machen, was ihn nicht schlafen lassen würde. In dem ärztlichen Schreiben wird demgegenüber ganz klar dargestellt, dass er wegen den Geistern nicht habe schlafen können. Dies passt dann auch wiederum nicht zu den Angaben des Klägers in der mündlichen Verhandlung, dass er die Schlafstörungen bereits seit fünf bzw. zehn Jahren habe, die Geister aber das erste Mal vor einem Jahr gesehen habe. Auch weichen die Angaben insoweit ab, als er in der mündlichen Verhandlung nicht davon gesprochen hat, dass ihm die Geister nahe kommen und ihm Botschaften zurufen würden. Gegenüber dem Gericht war lediglich von einem Flüstern die Rede, dass er nicht verstehen würde. Die Angaben zu den Geistern in der mündlichen Verhandlung - auch erst - auf konkrete Nachfrage waren zudem unkonkret, nicht anschaulich, mithin nicht glaubhaft.
Aus den vorstehenden Erwägungen sah sich das Gericht - auch soweit der Kläger nach dem Schluss der mündlichen Verhandlung eine weitere ärztliche Stellungnahme vom 8. Mai 2017 eingereicht hat - auch nicht gehalten, einen medizinischen Sachverständigen mit der Begutachtung des Klägers hinsichtlich der Möglichkeit einer psychischen Erkrankung zu beauftragen.
Dabei hat das Gericht auch berücksichtigt, dass der Kläger in der Zeit über Weihnachten und Neujahr 2016/2017 mehr als eine Woche stationär in einer psychiatrischen Klinik gewesen ist. Der Kläger hat als Grund für seine stationäre Aufnahme angegeben, dass ihn die Polizei dorthin verbracht hätte, nachdem er ein Messer auf einem Spaziergang dabei gehabt habe. Eine Verknüpfung zu der von ihm behaupteten psychischen Erkrankung oder zu Geistern stellte der Kläger hierbei nicht her. Unter Berücksichtigung dieser Angaben des Klägers sowie der Dauer und des Zeitpunktes seines stationären Aufenthaltes schließt das Gericht nicht auf Umstände, die einen tatsächlich krankheitsbedingten Aufenthalt des Klägers in der Klinik nahelegen würden. Vielmehr ist - die Angaben des Klägers zu dem Anlass seines stationären Aufenthaltes zugrunde gelegt - ebenso gut denkbar, dass die eingesetzten Polizeibeamten sich unsicher über den psychischen Zustand des Klägers gewesen sind und den Kläger vorsorglich in die Klinik gebracht haben, die über die weihnachtlichen Feiertage auch weniger stark besetzt gewesen sein dürfte und auch Verständigungsprobleme aufgetreten sein könnten. Dafür spricht auch, dass als ärztliche Unterlagen insoweit lediglich die ärztliche Stellungnahme vom 8. Mai 2017 vorliegt, die zwar auf den stationären Aufenthalt verweist, hierzu aber weitere Angaben vollständig vermissen lässt. Ausführungen zum Anlass der Aufnahme, der Notwendigkeit des Aufenthaltes überhaupt und der Behandlung während des Aufenthaltes fehlen nahezu völlig. Dort werden - wie bereits ausgeführt - einzig knapp Angaben des Klägers wiedergegeben.
Für eine entsprechende Erwerbsfähigkeit des Klägers spricht letztlich auch, dass der Kläger - nach seinen eigenen Angaben - in den Jahren vor und bis zu seiner Ausreise aus dem Iran in verschiedenen Bereichen beruflich tätig gewesen ist. Auch hat der Kläger selbst in der mündlichen Verhandlung nicht behauptet, dass sein Gesundheitszustand oder sonstige Umstände einer Erwerbstätigkeit entgegenstehen würden.
b) Dem Kläger droht bei einer Rückkehr nach Afghanistan auch keine erhebliche konkrete Gefahr für Leib, Leben oder Freiheit, die gem. § 60 Abs. 7 AufenthG, im Sinne einer einzelfallbezogenen, individuell bestimmten Gefährdungssituation (Nds. OVG, Urt. v. 19.09.2016 - 9 LB 100/15 -, juris Rn. 80), ein Abschiebungsverbot begründen würde.
aa) Dies gilt insbesondere auch unter Berücksichtigung der dortigen Lebensbedingungen. Gefahren, denen die Bevölkerung oder die Bevölkerungsgruppe, der der Betroffene angehört, allgemein ausgesetzt ist, sind nach § 60 Abs. 7 Satz 5 AufenthG grundsätzlich nur bei Anordnungen nach § 60a Abs. 1 Satz 1 AufenthG zu berücksichtigen (Sperrwirkung) und damit auch die Beurteilung des demokratisch legitimierten Gesetzgebers zu beachten (vgl. BVerwG, Urt. v. 31.01.2013 - 10 C 15/12 -, juris Rn. 37, 40; Nds. OVG, Urt. v. 19.09.2016 - 9 LB 100/15 -, juris Rn. 82; OVG NRW, Urt. v. 27.01.2015 - 13 A 1201/12.A -, juris Rn. 27). Bei solchen allgemeinen Gefahren ist daher Abschiebungsschutz nach § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG in verfassungskonformer Auslegung erst dann zu gewähren, wenn der Betroffene mit der Abschiebung gleichsam sehenden Auges dem sicheren Tod oder schwersten Verletzungen ausgeliefert würde, wobei sich die Gefahr bereits alsbald nach seiner Rückkehr realisieren müsste (BVerwG, Urt. v. 29.09.2011 - 10 C 24/10 -, juris Rn. 19, 20; OVG NRW, Urt. v. 27.01.2015 - 13 A 1201/12.A -, juris Rn. 28; Hess. VGH, Urt. v. 04.09.2014 - 8 A 2434/11.A -, juris Rn. 41; Nds. OVG, Beschl. v. 27.04.2016 - 9 LA 46/16 -, n.v.; Urt. v. 28.07.2014 - 9 LB 2/13 -, juris Rn. 45). Die im Abschiebezielstaat herrschenden wirtschaftlichen Existenzbedingungen und die damit zusammenhängende Versorgungslage können nur ausnahmsweise dann ein Abschiebungsverbot begründen, wenn der Betroffene bei einer Rückkehr aufgrund dieser Bedingungen mit hoher Wahrscheinlichkeit einer extremen Gefahrenlage ausgesetzt wäre, wobei die drohenden Gefahren allerdings nach Art, Ausmaß und Intensität von einem solchen Gewicht sein müssen, dass sich daraus bei objektiver Betrachtung für den Betroffenen die begründete Furcht ableiten lässt, selbst in erheblicher Weise ein Opfer der extremen allgemeinen Gefahrenlage zu werden (BVerwG, Urt. v. 31.01.2013 - 10 C 15/12 -, juris Rn. 38; Urt. v. 29.09.2011 - 10 C 24/10 -, juris Rn. 20 „sehenden Auges dem sicheren Tod oder schwersten Verletzungen ausgeliefert würde“). Hierbei handelt es sich um einen gegenüber dem Prognosemaßstab der beachtlichen Wahrscheinlichkeit erhöhten Maßstab (BVerwG, Urt. v. 31.01.2013 - 10 C 15/12 -, juris Rn. 38; Urt. v. 29.09.2011 - 10 C 24/10 -, juris Rn. 20). Eine Gefahr im Sinne des § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG muss - ausgehend vom Zielort der Abschiebung - landesweit bestehen (vgl. BVerwG, Urt. v. 31.01.2013 - 10 C 15/12 -, juris Rn. 38; Nds. OVG, Urt. v. 19.09.2016 - 9 LB 100/15 -, juris Rn. 83; Nds. OVG, Beschl. v. 04.02.2005 - 11 LA 17/05 -, juris Rn. 4). Dies ist derzeit bei jungen gesunden alleinstehenden und arbeitsfähigen männlichen afghanischen Staatsangehörigen jedenfalls bei einer Rückkehr nach Kabul in der Regel selbst dann nicht der Fall, wenn der Rückkehrer nicht besonders qualifiziert ist und weder über nennenswertes Vermögen noch über Rückhalt und Unterstützung durch Familie oder Bekannte, die in Kabul leben, verfügt (vgl. Bay. VGH, Beschl. v. 22.12.2016 - 13a ZB 16.30684 -, juris Rn. 6; Nds. OVG, Urt. v. 19.09.2016 - 9 LB 100/15 -, juris Rn. 84 m.w.N.; Beschl. v. 27.04.2016 - 9 LA 46/16 -, n.v., m.w.N.; zu Afghanistan vgl. Bay. VGH, Beschl. v. 30.07.2015 - 13a ZB 15.30031 -, juris Rn. 10; so im Ergebnis auch Bay. VGH, Beschl. v. 17.01.2017 - 13a ZB 16.30929 -, juris Rn. 2; Beschl. v. 04.01.2017 - 13a ZB 16.30600, juris Rn. 4; Beschl. v. 22.12.2016 - 13a ZB 16.30684 -, juris Rn. 6).
Das Gericht ist nicht davon überzeugt, dass für den Kläger in Afghanistan aufgrund der dortigen Lebensbedingungen eine erhebliche konkrete Gefahr für Leib - im Sinne von schwersten Gesundheitsbeeinträchtigungen -, Leben oder Freiheit im Sinne des § 60 Abs. 7 AufenthG alsbald nach seiner Rückkehr besteht. Insoweit wird auf die obigen Ausführungen zu § 60 Abs. 5 AufenthG Bezug genommen. Eine Rückkehr ist im Hinblick auf § 60 Abs. 7 AufenthG zumutbar, wenn der Betroffene bei allen - auch existenzbedrohenden - Schwierigkeiten nicht chancenlos ist, sondern die Möglichkeit hat, Einfluss auf sein Schicksal zu nehmen und er nicht ohne jeden Ausweg in eine Situation gebracht wird, in der er so gut wie keine Überlebensmöglichkeit hat (vgl. BVerwG, Urteil v. 31.01.2013 - 10 C 15/12 -, juris Rn. 40). Bei 3.000 in den Jahren 2001 bis 2011 für ein Jahr beobachteten Rückkehrerfällen sind keine Todesfälle aufgrund von Hunger oder Unterernährung bekannt geworden (vgl. Dr. L, Gutachterliche Stellungnahme an das Oberverwaltungsgericht Rheinland-Pfalz v. 08.06.2011, S. 11).
bb) Auch soweit der Kläger eine psychische Erkrankung geltend macht, begründet dies kein Abschiebungsverbot nach § 60 Abs. 7 Satz 1, Satz 2 AufenthG. Nach dieser Vorschrift soll von der Abschiebung eines Ausländers in einen anderen Staat abgesehen werden, wenn dort für ihn eine erhebliche konkrete Gefahr für Leib, Leben oder Freiheit besteht, wobei eine solche Gefahr aus gesundheitlichen Gründen nur bei lebensbedrohlichen oder schwerwiegenden Erkrankungen, die sich durch die Abschiebung wesentlich verschlechtern würden, vorliegt. Zwar ist gem. § 60 Abs. 7 Satz 3 AufenthG nicht erforderlich, dass die medizinische Versorgung im Zielstaat mit der in der Bundesrepublik Deutschland vergleichbar ist, die Abschiebung soll nach dem Willen des Gesetzgebers aber auch nicht dazu führen dürfen, dass sich die schwerwiegende Erkrankung des Ausländers mangels Behandlungsmöglichkeit dort in einem Ausmaß verschlechtern wird, dass ihm eine individuell konkrete, erhebliche Gefahr an Leib oder Leben droht (BT.-Drs. 18/7538 v. 16.02.2016, S. 18). In die Beurteilung sind sämtliche zielstaatsbezogenen Umstände einzubeziehen, etwa auch unzureichende Behandlungsmöglichkeiten (BVerwG, Urt. v. 17.10.2006 - 1 C 18/05 -, juris Rn. 15; Bay. VGH, Beschl. v. 21.09.2016 - 10 C 16.1164 -, juris Rn. 15; Nds. OVG, Urt. v. 23.11.2015 - 9 LB 106/15 -, n.v.). Insbesondere darf dem Betroffenen eine notwendige Behandlung oder Medikation nicht aus finanziellen oder sonstigen Gründen nicht zugänglich sein (BVerwG, Urt. v. 22.03.2011 - 1 C 3/11 -, juris Rn. 34; Nds. OVG, Urt. v. 23.11.2015 - 9 LB 106/15 -, n.v.).
An eine substantiierte Darlegung bestimmter psychischer Erkrankungen (vgl. VGH Baden-Württemberg, Urt. v. 10.11.2014 - A 11 S 1778/14 -, juris Rn. 54 „insbesondere PTBS“; a.A. Bay. VGH, Beschl. v. 26.08.2014 - 13a ZB 14.30219 -, juris Rn. 5 („nur PTBS“; Beschl. v. 26.05.2014 - 13a ZB 13.30310 -, juris Rn. 5 „nicht auf Depressionen übertragbar“; VG München, Beschl. v. 23.12.2016 - M 15 E 16.35844 -, juris Rn. 24), jedenfalls solcher, die eine Unschärfe des Krankheitsbildes sowie vielfältige Symptome aufweisen, wie etwa eine posttraumatische Belastungsstörung (PTBS), in einem aktuellen und fachärztlichen Attest (BVerwG, Beschl. v. 26.07.2012 - 10 B 21/12 -, juris Rn. 7; Bay. VGH, Beschl. v. 28.07.2015 - 13a ZB 15.30073 -, juris Rn. 8; nach OVG Berlin-Brandenburg, Beschl. v. 27.09.2016 - OVG 3 N 24.15 -, juris Rn. 18 und Bay. VGH, Beschl. v. 11.08.2016 - 20 ZB 16.30110 -, juris Rn. 4 m.w.N. kann auch ein Bericht eines Psychologischen Psychotherapeuten genügen) sind besondere Anforderungen zu stellen. Aus einem solchen Attest muss sich nachvollziehbar ergeben, auf welcher Grundlage der Facharzt seine Diagnose gestellt hat und wie sich die Krankheit im konkreten Fall darstellt. Dazu gehören etwa Angaben darüber, seit wann und wie häufig sich der Patient in ärztlicher Behandlung befunden hat und ob die von ihm geschilderten Beschwerden durch die erhobenen Befunde bestätigt werden. Des Weiteren sollte das Attest Aufschluss über die Schwere der Krankheit, deren Behandlungsbedürftigkeit sowie den bisherigen Behandlungsverlauf (Medikation und Therapie) geben. Diese Anforderungen an die Substantiierung ergeben sich aus der Pflicht des Beteiligten, an der Erforschung des Sachverhalts mitzuwirken (§ 86 Abs. 1 Satz 1 Halbs. 2 VwGO), die in besonderem Maße für Umstände gilt, die in die eigene Sphäre des Beteiligten fallen (BVerwG, Urt. v. 11.09.2007 - 10 C 8/07 - und - 10 C 17/07 -, juris jeweils Rn. 15). Eine darüber hinausgehende Beibringung einer detaillierten, an den Forschungskriterien der ICD-10 (Internationale statistische Klassifikation der Krankheiten und verwandter Gesundheitsprobleme) orientierten gutachtlichen fachärztlichen Stellungnahme ist demgegenüber nicht erforderlich, weil dies auf eine Art Beweisführungspflicht hinauslaufen würde, die in der Regel mit den verwaltungsprozessualen Grundsätzen nicht vereinbar ist (BVerwG, Urt. v. 11.09.2007 - 10 C 8/07 -, juris Rn. 16 und - 10 C 17/07 -, juris Rn. 17); gleichermaßen kann von dem Kläger keine Glaubhaftmachung etwa im Sinne des § 294 ZPO verlangt werden (BVerwG, Urt. v. 11.09.2007 - 10 C 17/07 -, juris Rn. 13).
Das Gericht ist vorliegend - wie oben bereits ausgeführt - nicht davon überzeugt, dass bei dem Kläger eine (lebensbedrohliche oder schwerwiegende) psychische Erkrankung im Sinne des § 60 Abs. 7 Satz 2 AufenthG besteht, aus der sich die Gefahr einer wesentlichen Verschlechterung ergeben könnte, in dem Sinne, dass sich die Krankheit mangels (ausreichender) Behandlung im Abschiebungszielstaat alsbald (vgl. hierzu BVerwG, Beschl. v. 26.01.1999 - 9 B 617-98 -, NVwZ 1999, 668 [BVerwG 26.01.1999 - BVerwG 9 B 617/98]; Urt. v. 27.04.1998 - 9 C 13/97 -, NVwZ 1998, 973 [974]; Nds. OVG, Beschl. v. 19.08.2016, - 8 ME 87/16 -, juris Rn. 14) nach seiner Rückkehr in einer Weise verschlimmert, die zu einer wesentlichen oder sogar lebensbedrohlichen Verschlechterung seines Gesundheitszustandes führen würde (BVerwG, Urt. v. 22.03.2011 - 1 C 3/11 -, juris Rn. 34; Nds. OVG, Urt. v. 23.11.2015 - 9 LB 106/15 -, n.v.), im Sinne einer erheblichen und konkreten Gefahr für Leib und Leben (BVerwG, Urt. v. 17.10.2006 - 1 C 18/05 -, juris Rn. 15; VGH Baden-Württemberg, Urt. v. 05.10.2016 - A 10 S 332/12 -, juris Rn. 106). Dabei gilt der Prognosemaßstab der beachtlichen Wahrscheinlichkeit (Nds. OVG, Urt. v. 23.11.2015 - 9 LB 106/15 -, n.v.; OVG NRW, Urt. v. 27.01.2015 - 13 A 1201/12.A -, juris Rn. 25), d.h. die drohende Rechtsgutsverletzung darf nicht nur im Bereich des Möglichen liegen, sondern muss mit überwiegender Wahrscheinlichkeit zu erwarten sein (Nds. OVG, Urt. v. 28.06.2011 - 8 LB 221/09 -, juris Rn. 27; OVG NRW, Urt. v. 27.01.2015 - 13 A 1201/12.A -, juris Rn. 27, 28 „hohe Wahrscheinlichkeit“).
Im Hinblick auf die widersprüchlichen und im Ergebnis nicht zu einer entsprechenden Überzeugungsbildung des Gerichts führenden Angaben des Klägers zu der von ihm behaupteten psychischen Erkrankung, die zum Teil auch - wohl einzig - der Diagnosestellung in dem ärztlichen Schreiben vom 8. Mai 2017 zugrunde gelegt wurden, sah sich das Gericht auch nicht zu weiteren Ermittlungen, insbesondere der Hinzuziehung eines Sachverständigen veranlasst.
3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO i.V.m. § 83 b AsylG. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 167 VwGO i.V.m. § 708 Nr. 11 ZPO.