Landesarbeitsgericht Niedersachsen
Urt. v. 12.01.2022, Az.: 8 Sa 599/19

Religionsbedingte Diskriminierung; Wesentliche, rechtmäßige und rechtfertigende berufliche Anforderung als Grund für unterschiedliche Behandlung von Bewerbern auf eine ausgeschriebene Stelle

Bibliographie

Gericht
LAG Niedersachsen
Datum
12.01.2022
Aktenzeichen
8 Sa 599/19
Entscheidungsform
Urteil
Referenz
WKRS 2022, 29064
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
[keine Angabe]

Redaktioneller Leitsatz

1. Wird ein Bewerber, der keiner Kirche angehört, nicht zu einem Bewerbergespräch für eine von der Evangelischen Kirche ausgeschriebenen Stelle eingeladen, besteht eine Indizwirkung gem. § 22 AGG dafür, dass er eine nachteilige religionsbedingte Diskriminierung erfährt.

2. Die Vorschrift des § 9 Abs. 1 2. Alt. AGG ist unionsrechtskonform dahin auszulegen, dass eine unterschiedliche Behandlung wegen der Religion bei der Beschäftigung durch Religionsgemeinschaften zulässig ist. Denn eine bestimmte Religion oder Weltanschauung kann unter Beachtung des Selbstverständnisses der jeweiligen Religionsgemeinschaft nach der Art der Tätigkeit eine rechtfertigende, wesentlich und rechtmäßige berufliche Anforderung sein.

In dem Rechtsstreit
Rechtsanwalt A., A-Straße, A-Stadt
- Kläger und Berufungskläger -
Prozessbevollmächtigte:
Rechtsanwälte B., B-Straße, B-Stadt
gegen
C., C-Straße, C-Stadt
- Beklagte und Berufungsbeklagte -
Prozessbevollmächtigte:
Rechtsanwälte D., D-Straße, D-Stadt
hat die 8. Kammer des Landesarbeitsgerichts Niedersachsen auf die mündliche Verhandlung vom 12.01.2022 durch den Vorsitzenden Richter am Landesarbeitsgericht Dr. Rinck sowie den ehrenamtlichen Richter Herrn Ahlrichs und den ehrenamtlichen Richter Herrn Kunzelmann als Beisitzer für Recht erkannt:

Tenor:

Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Arbeitsgerichts vom 5.6.2019 - 9 Ca 2/19 Ö wird auf seine Kosten zurückgewiesen.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

Der Kläger verlangt von der Beklagten als erfolglos gebliebener Bewerber die Zahlung einer Entschädigung. Er behauptet, wegen seiner Religionszugehörigkeit in unzulässiger Weise unterschiedlich behandelt und benachteiligt worden zu sein.

Die Beklagte ist eine Körperschaft des öffentlichen Rechts und wird durch die Gemeinschaft von 20 lutherischen, unierten und reformierten Kirchen in Deutschland gebildet. Das Ethos der evangelischen Theologie fußt insbesondere auf den Grundgedanken "sola gratia", d.h. allein durch das Geschenk der Gnade und Güte Gottes wird der Mensch gerettet, er kann sich die Errettung nicht durch noch so gute Werke "verdienen"; "sola fide": allein der Glaube an Jesus Christus lässt einen Menschen vor Gott als gerecht gelten; "sola scriptura": die Bibel ist die einzige Grundlage für das theologische Urteilen, sie ist der Maßstab und die Norm, an ihr ist alle Predigt und kirchliche Lehre zu messen; "solus Christus": allein der Person Jesu Christi, seinem Wirken und seiner Lehre gilt das Vertrauen für die Errettung.

Die Union Evangelischer Kirchen in der Evangelischen Kirche in Deutschland (UEK) ist ein Zusammenschluss von zwölf evangelischen Landeskirchen. Ihr gehören vornehmlich unierte bzw. reformierte Landeskirchen der Evangelischen Kirche in Deutschland an.

Die Beklagte veröffentlichte zu einem nicht näher konkretisierten Zeitpunkt im August 2018 eine Stellenausschreibung, die auszugsweise wie folgt lautet:

"Die C. und die Union Evangelischer Kirchen in der EKD suchen zum nächstmöglichen Zeitpunkt bis zum 31.08.2019 als Elternzeitvertretung eine Volljuristin oder einen Volljuristen in Vollzeit für die Leitung des Referates "Grund- und Menschenrechte, Europarecht" in der Rechtsabteilung des Kirchenamtes der EKD in C-Stadt sowie im Referat "Recht" im Amtsbereich der UEK im selben Haus.

Die EKD koordiniert die Zusammenarbeit der in ihr zusammengeschlossenen 20 Landeskirchen und vertritt die Interessen der evangelischen Kirche in Staat und Gesellschaft

Aufgabenschwerpunkte

Zum Aufgabenbereich im Referat in der Rechtsabteilung des Kirchenamts der EKD gehören u.a. die Kirche betreffende Fragen des Rechts der Europäischen Union, der Grund- und Menschenrechte und des Ausländerrechts sowie interreligiöse Rechtsaspekte. Dazu kommen Aufgaben in den Bereichen Religionsverfassungsrecht und kirchliches Verfassungsrecht. Im Rechtsreferat im Amtsbereich der UEK ist der/die Stelleninhaber/in an der Bearbeitung aller juristischen Belange der UEK und ihrer Gremien beteiligt."

Ihr Profil

- herausragende juristische Qualifikationen, wünschenswert sind dabei fundierte Kenntnisse des öffentlichen Rechts einschließlich des Religionsverfassungsrechts und des Europarechts sowie Grundkenntnisse des innerkirchlichen Rechts

- die Fähigkeit und das Interesse, sich mit Fragen der Religionsverfassungsrechts- und Kirchenrechtswissenschaft intensiv zu befassen

- systematisches Denken, sorgfältige Arbeitsweise, ausgeprägte kommunikative Fähigkeiten und Teamfähigkeit

- Kreativität in der Gestaltung von Regelungen und Rechtstexten

- Bereitschaft zur Durchführung von Dienstreisen

- Zugehörigkeit zu einer Gliedkirche der Evangelischen Kirche in Deutschland. Wir bitten um einen entsprechenden Hinweis in den Bewerbungsunterlagen.

...

Die Stelle eignet sich angesichts der Befristung und des Tätigkeitsfeldes besonders für Personen, die während dieser Zeit parallel eine thematisch einschlägige Promotion anstreben.

...

Schwerbehinderte Bewerberinnen oder Bewerber werden bei gleicher Eignung bevorzugt berücksichtigt.

...

Ihre vollständigen Bewerbungsunterlagen senden Sie bitte per E-Mail bis zum 31. August 2018 an die Evangelische Kirche in Deutschland ..."

Der Kläger ist Volljurist. Er ist seit 2004 als Rechtsanwalt in K. zugelassen. Er war vom 00.00.2010 bis zum 00.00.2012 als Justiziar der Fraktion der L. und vom 00.00.2012 bis zum 00.00.2018 als Justiziar, Referent im Hauptausschuss und Referent in der Verfassungskommission der Fraktion der P. bzw. der P. in Liquidation im Landtag tätig. Seit dem 1.3.2018 war der Kläger arbeitslos.

Mit E-Mail vom 13.08.2018 (Bl. 13 - 15 d.A.) bewarb der Kläger sich bei der Beklagten. Hierbei machte er keine Angaben zur Frage einer Kirchenmitgliedschaft oder zu seinem religiösen Bekenntnis.

Mit E-Mail vom 15.08.2018 (Bl. 16 d.A.) bestätigte die Beklagte dem Kläger den Eingang der Bewerbung und bat ihn, ihr kurzfristig mitzuteilen, ob er Mitglied in einer evangelischen Kirche sei.

Mit E-Mail vom gleichen Tage (Bl. 17 d.A.) antwortete der Kläger:

"Nein, ich bin nicht Mitglied einer evangelischen Kirche (weil ich viele, aber nicht jede wesentliche Glaubensaussage teile)."

Tatsächlich wurde der Kläger römisch-katholisch getauft, er trat 1992 aus der römisch-katholischen Kirche aus und ist seitdem kein Mitglied einer christlichen Kirche mehr.

Zu einem Bewerbungsgespräch lud die Beklagte den Kläger nicht ein.

Mit E-Mail vom 13.09.2018 erteilte die Beklagte dem Kläger eine Absage.

Mit Schreiben vom 01.11.2018 (Bl. 18, 19 d.A.), der Beklagten am 05.11.2018 zugegangen, machte der Kläger gegenüber der Beklagten eine Entschädigung in Höhe von 8.395,00 € geltend. Zur Begründung führte er aus, die Beklagte habe durch ihre Behandlung des Klägers im Bewerbungsverfahren gegen das Verbot der Benachteiligung wegen der Religion verstoßen.

Mit Schreiben vom 8.11.2018 (Bl. 97, 98 d.A.) lehnte die Beklagte die Zahlung einer Entschädigung ab. Sie führte aus, weshalb es sich bei der von ihr aufgestellten Voraussetzung der Religionszugehörigkeit um eine rechtmäßige und gerechtfertigte berufliche Anforderung handele.

Die Klage auf Zahlung einer Entschädigung trägt das Datum des 03.01.2019, ging bei Gericht am 09.01.2019 ein und wurde der Beklagten am 17.01.2019 zugestellt.

Der Kläger hat erstinstanzlich vorgetragen, die Umstände, dass die Stellenanzeige die Mitgliedschaft in einer evangelischen Landeskirche zur Bedingung mache, die Beklagte bei ihm hinsichtlich seiner Mitgliedschaft Nachfrage gehalten, ihn nicht zu einem Bewerbungsgespräch eingeladen und ihm schließlich eine Absage erteilt habe, indizierten, dass die Beklagte den Kläger aufgrund seiner Nichtmitgliedschaft in einer evangelischen Landeskirche und der damit verbundenen Religionszugehörigkeit diskriminiert habe. Die in der Stellenausschreibung genannten Aufgabenschwerpunkte und Profilanforderungen enthielten keinen Hinweis auf einen unmittelbaren Zusammenhang mit Verkündigung, Dienst am Nächsten, Feier des Gottesdienstes oder Stärkung und Stiftung von Gemeinschaft. Ein unmittelbarer Zusammenhang zwischen dem Glaubensethos der evangelischen Kirchen bzw. der Beklagten und der ausgeschriebenen Stelle sei nicht erkennbar. Es handele sich vielmehr um eine typisch juristische Tätigkeit. Ihm stehe ein Anspruch auf Zahlung einer Entschädigung aus § 15 Abs. 2 Satz 1 AGG zu.

Der Kläger hat vor dem Arbeitsgericht beantragt,

die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger eine Entschädigung zu zahlen, deren Höhe in das Ermessen des Gerichts gestellt wird, jedoch 8.575,00 € nicht unterschreiten sollte, nebst 5 % Zinsen über dem Basiszinssatz seit dem 05.11.2018.

Die Beklagte hat erstinstanzlich beantragt,

die Klage abzuweisen.

Sie hat erstinstanzlich vorgetragen, die ausgeschriebene Tätigkeit weise einen unmittelbaren Zusammenhang zwischen der religiösen Überzeugung der Beklagten und der Art und den Umständen der beruflichen Tätigkeit auf. Im Referat "Grund- und Menschenrechte, Europarecht" seien die juristischen Themen unter Berücksichtigung der konfessionellen Überzeugung zu beleuchten, um rechtlich fundierte und gleichermaßen religiös gerechtfertigte Aussagen zu treffen, die unmittelbar den öffentlichen Auftritt der Beklagten bestimmten. Zu den Rechtsangelegenheiten der Union evangelischer Kirchen (UEK) gehöre es, dass Gemeinsamkeiten in der Gesetzgebung der zugehörigen Kirchen erstrebt würden, insbesondere für die Ordnung der Gottesdienste und Amtshandlungen, die Vorbildung und Anstellungsfähigkeit sowie die dienstrechtlichen Verhältnisse der kirchlichen Mitarbeiter, das Verfahren bei Beanstandung der Lehre und die kirchliche Gerichtsbarkeit. Zu diesen liturgischen und theologischen Thematiken seien Lösungen zu finden, die dem christlichen Glauben Rechnung trügen.

Als Referent des Kirchenamtes vertrete der Stelleninhaber die Beklagte in vielfältiger Hinsicht auch nach außen gegenüber staatlichen Stellen und gesellschaftlichen Institutionen. Insbesondere die Position des Referenten für die UEK beinhalte kirchliche Leitungsmitverantwortung. Von ihren Referenten erwarte die Beklagte, dass sie Sitzungen und andere Veranstaltungen leiteten und diese mit einem passenden Bibelvers, einer geistlichen Besinnung oder einer Andacht eröffneten. Zudem gehöre zu den dienstlichen Verpflichtungen auch die Teilnahme an Gottesdiensten und Andachten, etwa im Rahmen von Synodentagungen, Einführungen und Verabschiedungen. Die öffentliche Praktizierung des Glaubens stelle einen wesentlichen Teil der ausgeschriebenen Tätigkeit dar.

Die ausgeschriebene Stelle sei auch in der Folge unbesetzt geblieben, da kein geeigneter Bewerber habe gefunden werden können. Im Rahmen des Ausschreibungsverfahrens sei es auch zu keinen Vorstellungsgesprächen mit Bewerbern gekommen.

Die Beklagte hat erstinstanzlich ihre Rechtsauffassung vorgetragen, die von ihr verlangte Religionszugehörigkeit habe sowohl unter Beachtung ihres Selbstverständnisses (§ 9 Abs. 1 Alt. 1 AGG) als auch als eine nach der Art der Tätigkeit gerechtfertigte berufliche Anforderung (§ 9 Abs. 1 Alt. 2 AGG) eine zulässige unterschiedliche Behandlung des Klägers dargestellt.

Wegen des weiteren erstinstanzlichen Vorbringens der Parteien wird auf die zwischen den Parteien in erster Instanz gewechselten Schriftsätze, auf die Sitzungsniederschrift vom 5.6.2019 (Bl. 75/75R d.A.) und auf den Tatbestand des angefochtenen Urteils (Bl. 77 ff. d.A.) Bezug genommen (§ 69 Abs. 3 Satz 2 ArbGG).

Mit Urteil vom 5.6.2019 (Bl. 77 ff. d.A.) hat das Arbeitsgericht die Klage abgewiesen. Es hat zur Begründung im Wesentlichen ausgeführt, die ausgeschriebene Stelle umfasse Leitungsmitverantwortung. Damit vertrete der Stelleninhaber die Beklagte auch nach außen gegenüber staatlichen Stellen und gesellschaftlichen Institutionen. In Bereichen, in denen religiöse Fragen und Stellungnahmen sowie die Ausgestaltung der Glaubenspraktizierung thematisiert würden, sei es notwendig, dass der ausübende Mitarbeiter mit diesen Fragestellungen vertraut sei und überzeugend die Glaubenspraktizierung nach außen vertreten könne. Hierzu gehörten die von der Beklagten vorgetragenen Tätigkeiten, die etwa bei Sitzungen und anderen Veranstaltungen den religiösen Rahmen böten. Für die Mitarbeit in der Gesetzgebung der zugehörigen Kirchen der UEK, für die Ordnung der Gottesdienste und Amtshandlungen, die Vorbildung und Anstellungsfähigkeit sowie die dienstrechtlichen Verhältnisse der kirchlichen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, das Verfahren bei Beanstandung der Lehre und die kirchliche Gerichtsbarkeit seien der christliche Glaube und eine entsprechende Loyalität zur evangelischen Kirche Voraussetzung, um liturgische und theologische Fragen ausreichend berücksichtigen zu können.

Das Urteil ist dem Kläger am 2.7.2019 zugestellt worden (ZU Bl. 82 d.A.). Die Berufung ist am 1.8.2019 vorab per Telefax und damit fristgerecht eingelegt worden (Bl. 84, 85 d.A.). Die Berufungsbegründung ist am 29.8.2019 und damit ebenfalls fristgerecht eingegangen (Bl. 89 ff. d.A.).

Der Kläger und Berufungskläger hat zweitinstanzlich vorgetragen, das Kirchenamt, seine Hauptabteilungen, Abteilungen und Referate seien ein reiner Verwaltungsapparat der Beklagten. Theologische Fragen gehörten nicht zur Hauptabteilung I und deren Abteilung II Recht.

Die Beklagte verkenne, dass der Kläger Christ sei. Die Taufe sei auch nach evangelischem Glaubensverständnis unaufhebbar. Der Kläger sei lediglich aus einer öffentlich-rechtlichen Körperschaft ausgetreten.

Die Stelle, auf die der Kläger sich beworben habe, sei entgegen den Behauptungen der Beklagten keine Stelle mit Leitungsfunktion. Der Kläger leite sich in seinem Referat selbst, weitere juristische Mitarbeiter neben ihm selbst gebe es in diesem Referat nicht.

Der Kläger bestreitet, dass Sitzungen oder Besprechungen, an denen der Kläger als Positionsinhaber teilzunehmen hätte, mit einem Gebet eingeleitet würden, oder dass er an Gottesdiensten teilnehmen müsse. Allerdings bereiteten ihm weder das Gebet noch die Teilnahme an einem Gottesdienst Schwierigkeiten.

Die Beklagte könne mit ihrer Forderung, der Leiter des Referats Recht müsse Mitglied einer Gliedkirche der Beklagten sein, nicht das erreichen, was die Beklagte als notwendig behaupte, denn ein Großteil der Kirchenangehörigen habe nach Taufe und Firmung bzw. Konfirmation kaum noch einen Bezug zur Kirche; nur 3,5 % der Kirchenmitglieder der Beklagten gingen jeden Sonntag zur Kirche, nur 12,2% besuchten wenigstens einmal im Monat einen Gottesdienst.

Um Rechtsfragen der Grund- und Menschenrechte und des Europarechts sowie die Kirche betreffende Fragen des Rechts der Europäischen Union, des Ausländerrechts und interreligiöser Aspekte sowie Fragen des Religionsverfassungsrechts und des kirchlichen Verfassungsrechts zu bearbeiten, müsse man nicht Mitglied einer Evangelischen Kirche sein. Man müsse natürlich kirchliche Positionen zu diesen Fragen kennen, was der Kläger tue. Man müsse dazu aber nicht Kirchenmitglied sein und noch nicht einmal an Jesus Christus glauben, was der Kläger allerdings tue.

Dass der Referent Grund- und Menschenrechte bzw. der Referent Recht im Amtsbereich der UEK seine Aufgaben bei der Erarbeitung von Rechtsfragen selbstständig wahrnehme, ändere nichts daran, dass er seine Aufgaben unter Aufsicht des Abteilungsleiters Recht und dieser unter der Aufsicht des Hauptabteilungsleiters I wahrnehme.

Es sei unter objektiven Gesichtspunkten nicht ersichtlich, inwiefern für die Erarbeitung von Entwürfen für kirchengesetzliche Regelungen, Verordnungen und Verträgen und für die Umsetzung des theologischen Grundwerks der Rahmenordnung des kirchlichen Lebens in juristische Vorlagen die formelle Kirchenmitgliedschaft erforderlich sei.

Der Kläger und Berufungskläger beantragt,

das Urteil des Arbeitsgerichts - 9 Ca 2/19 Ö - abzuändern und die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger eine Entschädigung zu zahlen, deren Höhe in das Ermessen des Gerichts gestellt wird, jedoch nicht weniger als 8.575 Euro, nebst 5 Prozentpunkten Zinsen über dem Basiszinssatz seit dem 5.11.2018.

Die Beklagte und Berufungsbeklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Der Beklagte hat zweitinstanzlich geltend gemacht, das Struktur- und Leitungsprinzip der Evangelischen Kirche sei nicht streng hierarchisch geprägt, sondern basiere auf der für die evangelischen Kirchen essentiellen theologischen Lehre des Allgemeinen Priestertums der Getauften. Nach dieser Lehre habe jeder Christ hierarchieunabhängig die Befähigung und den Auftrag der geistlichen Beurteilung von Entscheidungen. Der Kläger habe ausdrücklich vorgetragen, nicht nur kein Mitglied der Kirche zu sein, sondern sich auch nicht mit allen Grundsätzen der Evangelischen Kirche identifizieren zu können, was die Frage aufwerfe, wie er dem Auftrag der Dienstgemeinschaft dienen und den Auftrag, das Evangelium in Wort und Tat zu verkündigen, bei seiner Arbeit berücksichtigen könne.

Die streitgegenständliche, als Elternzeitvertretung befristete Stelle sei je zur Hälfte der EKD - als Referatsleitung "Grund- und Menschenrechte, Europarecht" - sowie der UEK - als Leitung des Referates "Recht" - zugeordnet. Der Referent sei inhaltlich eigenständig und allein für eine ordnungsgemäße Aufgabenwahrnehmung verantwortlich. Die Vertretung der ausgearbeiteten Inhalte und Themen erfolge sowohl hausintern wie auch in der Außenvertretung durch den Referenten selbstständig. Der juristische Referent sei gem. § 2 der Geschäftsordnung der Amtsstelle der UEK ständiges stimmberechtigtes Mitglied in der Amtsbereichskonferenz der UEK, welche für alle Angelegenheiten von herausragender Bedeutung der UEK zuständig sei.

Anders als im staatlichen Recht handele es sich bei kirchenrechtlichen Vorschriften um "bekennendes Recht", d.h., das Kirchenrecht sei gerade nicht religiös-weltanschaulich neutral, sondern an den religiösen Überzeugungen der Religionsgemeinschaft ausgerichtet. Der Referent habe in der ausgeschriebenen Position auch kirchenrechtliche Gesetze und Verordnungen zu erarbeiten und hierbei auch eine geistliche und theologische Abwägung der theologischen Grundsätze der Beklagten in Bezug auf die Regelungsgegenstände vorzunehmen, bevor auf dieser Grundlage eine Herstellung des rechtlichen Rahmens durch den Entwurf entsprechender kirchenrechtlicher Regelungen möglich werde, was auch persönliches geistliches Urteilsvermögen erfordere.

Der Referent habe an der EKD-Synode und an der Vollkonferenz der UEK teilzunehmen. Beide seien stark geistlich geprägt durch Gottesdienste, Andachten, biblische Impulse und Segensworte.

Die Referenten des Kirchamtes der Beklagten träten sowohl in der Politik und in Ministerien, gegenüber Gewerkschaften als auch gegenüber anderen gesellschaftlichen Institutionen für die Beklagte öffentlich in Erscheinung. Demzufolge müsse sich die Beklagte über die Anerkennung der von ihr vertretenen christlichen Grundsätze bei den Referenten des Kirchenamtes sicher sein. Für den Referenten sei es nicht möglich, sich vor jedem relevanten Kontakt mit Dritten nach innen abzustimmen; er müsse als Vertretung der Beklagten und nicht lediglich als deren Bote agieren können.

Im Bereich der UEK habe der juristische Referent gegenwärtig Präsidiumsvorlagen in Bezug auf die Ordnung des kirchlichen Lebens zu erarbeiten. Hier liege ein rein theologisches Werk zugrunde, das juristisch in entsprechende Vorlagen umgesetzt werden müsse. Gleiches gelte für die sog. Agenden, für die Liturgie verbindliche Ordnungen, deren Ausgangs- und Mittelpunkt das Evangelium sei.

Im Bereich des Referatsteils "Grund- und Menschenrechte, Europarecht" sei eine theologisch verantwortete kirchliche Positionierung zu aktuellen Rechtsfragen dieser Gebiete zu erarbeiten. Dies erfordere ein eigenes, inneres christliches Verständnis des Referenten, etwa über die Bedeutung der Sakramente, die christliche Sichtweise und die evangelischen Positionen zu den zu bearbeitenden Rechtsfragen.

Im Bereich des Religions- und Kirchenverfassungsrechts sei es Aufgabe des Referenten, die Abteilungsleitung durch Erstellung von Stellungnahmen zu staatlichen Gesetzentwürfen sowie Verfassungsbeschwerden zum Bundesverfassungsgericht zu unterstützen.

Wegen des weiteren Vorbringens der Parteien in zweiter Instanz wird auf die zwischen ihnen dort gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen sowie auf die Protokolle der Kammerverhandlungen vom 13.1.2020 und vom 12.01.2022 verwiesen.

Entscheidungsgründe

Die zulässige Berufung ist unbegründet.

I.

Die Berufung des Klägers ist gemäß § 64 Abs. 2 Buchst. c) ArbGG statthaft. Sie ist gemäß §§ 66 Abs. 1, 64 Abs. 6 ArbGG, 519 Abs. 1, 520 ZPO in der gesetzlichen Form und Frist eingelegt und begründet worden. Sie genügt auch den Anforderungen des § 520 Abs. 3 S. 2 Nr. 2 bis 4 ZPO.

II.

Die Berufung ist unbegründet. Das Arbeitsgericht hat die Klage zu Recht abgewiesen. Dem Kläger steht der geltend gemachte Anspruch nach § 15 Abs. 2 Satz 1 AGG auf Zahlung einer Entschädigung nicht zu. Die Beklagte hat den Kläger nicht wegen seiner Religion oder Weltanschauung in unzulässiger Weise benachteiligt.

1.

Der Kläger hat den behaupteten Anspruch auf Entschädigung allerdings frist- und formgerecht geltend gemacht und die Entschädigung fristgerecht eingeklagt.

Gemäß § 15 Abs. 4 Satz 1 AGG muss ein Anspruch nach § 15 Abs. 1 oder Abs. 2 innerhalb einer Frist von zwei Monaten geltend gemacht werden. Gemäß Satz 2 beginnt die Frist im Falle einer Bewerbung mit dem Zugang der Ablehnung.

Die Ablehnung der Beklagten ging dem Kläger am 13.9.2018 zu. Seine Ansprüche hat der Kläger mit Schreiben vom 1.11.2018, das der Beklagten am 5.11.2018 zuging, und somit binnen der Zweimonatsfrist sowie auch unter Wahrung der Schriftform geltend gemacht.

Gemäß § 61 b Abs. 1 ArbGG muss eine Klage auf Entschädigung iSd. § 15 AGG innerhalb von drei Monaten, nachdem der Anspruch schriftlich geltend gemacht worden ist, erhoben werden.

Die am 9.1.2019 bei Gericht eingegangene Klage erfolgte innerhalb von drei Monaten nach dem 5.11.2018, sie wahrt die durch § 61 b Abs. 1 ArbGG vorgeschriebene Frist.

2.

Der Kläger ist Bewerber für ein Beschäftigungsverhältnis und gilt damit als Beschäftigter im Sinne des AGG (§ 6 Abs. 1 Satz 2 AGG). Er hat dadurch, dass die Beklagte ihn nicht zu einem Vorstellungsgespräch eingeladen und ihm eine Absage erteilt hat, auch wegen seiner Religion - eines von § 1 AGG genannten Merkmals - eine unterschiedliche Behandlung erfahren. Die unterschiedliche, für den Kläger nachteilige Behandlung gründet auch unmittelbar iSd. § 3 Abs. 1 AGG auf seiner (fehlenden) Zugehörigkeit zu (einer Gliedkirche) der Evangelischen Kirche in Deutschland und damit unmittelbar auf seiner Religion.

§ 22 AGG sieht für den Rechtsschutz bei Diskriminierungen im Hinblick auf den Kausalzusammenhang eine Erleichterung der Darlegungslast, eine Absenkung des Beweismaßes und eine Umkehr der Beweislast vor. Wenn im Streitfall die eine Partei Indizien beweist, die eine unterschiedliche Behandlung wegen eines in § 1 AGG genannten Grundes vermuten lassen, trägt die andere Partei die Beweislast dafür, dass kein Verstoß gegen die Bestimmungen zum Schutz vor unterschiedlicher Behandlung vorgelegen hat (vgl. BAG 23. November 2017 - 8 AZR 372/16 - Rn. 21).

Schreibt ein Arbeitgeber - wie hier - eine Stelle aus, die unter "Profil" als Eigenschaft des Bewerbers ausdrücklich die Zugehörigkeit zu einer Gliedkirche der Evangelischen Kirche in Deutschland vorsieht, fragt er sodann bei einem Bewerber, der hierzu keine Angaben getätigt hat, explizit nach dem Vorliegen dieses Merkmals, erhält er eine verneinende Auskunft, lädt den Bewerber daraufhin nicht zum Bewerbungsgespräch und erteilt ihm später eine Absage, so ist eine unterschiedliche, nachteilige Behandlung, die unmittelbar auf dem (beim Bewerber fehlenden) Merkmal gründet, iSd. § 22 AGG indiziert.

3.

Die indizierte unterschiedliche und für ihn nachteilige Behandlung des Klägers als Bewerber durch die Beklagte aufgrund seiner Nichtmitgliedschaft in einer evangelischen Gliedkirche ist jedoch nach § 9 Abs. 1 Alt. 2 AGG zulässig, da die Zugehörigkeit zu (einer Gliedkirche) der Evangelischen Kirche in Deutschland eine wesentliche, rechtmäßige und gerechtfertigte berufliche Anforderung im Sinne des Art. 4 Abs. 2 der Richtlinie 200/78/EG darstellt.

a.

Der Gerichtshof der Europäischen Union hat in seinem Urteil vom 17. April 2018 (- C-414/16 - [Egenberger] Rn. 62 f.) zur Auslegung des Begriffs "wesentliche, rechtmäßige und gerechtfertigte berufliche Anforderung" ausgeführt, dass aus Art. 4 Abs. 2 der Richtlinie 2000/78/EG ausdrücklich hervorgehe, dass es von der "Art" der fraglichen Tätigkeiten oder den "Umständen ihrer Ausübung" abhänge, ob die Religion oder Weltanschauung eine solche berufliche Anforderung darstellen könne. Damit hänge die Rechtmäßigkeit einer Ungleichbehandlung wegen der Religion oder Weltanschauung vom objektiv überprüfbaren Vorliegen eines direkten Zusammenhangs zwischen der vom Arbeitgeber aufgestellten beruflichen Anforderung und der fraglichen Tätigkeit ab, wobei sich ein solcher Zusammenhang entweder aus der Art dieser Tätigkeit ergeben könne, etwa wenn sie mit der Mitwirkung an der Bestimmung des Ethos der betreffenden Kirche oder Organisation oder einem Beitrag zu deren Verkündigungsauftrag verbunden sei, oder aus den Umständen ihrer Ausübung, etwa der Notwendigkeit, für eine glaubwürdige Vertretung der Kirche oder Organisation nach außen zu sorgen.

Das Bundesarbeitsgericht hat sich dieser Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union angeschlossen. § 9 Abs. 1 Alt. 2 AGG ist unionsrechtskonform dahin auszulegen, dass eine unterschiedliche Behandlung wegen der Religion oder der Weltanschauung bei der Beschäftigung durch Religionsgemeinschaften, die ihnen zugeordneten Einrichtungen ohne Rücksicht auf ihre Rechtsform oder durch Vereinigungen, die sich die gemeinschaftliche Pflege einer Religion oder Weltanschauung zur Aufgabe machen, auch zulässig ist, wenn eine bestimmte Religion oder Weltanschauung unter Beachtung des Selbstverständnisses der jeweiligen Religionsgemeinschaft oder Vereinigung nach der Art der Tätigkeit oder den Umständen ihrer Ausübung eine wesentliche, rechtmäßige und gerechtfertigte berufliche Anforderung darstellt (BAG 25.10.2018 - 8 AZR 501/14, BAGE 164, 117 ff.).

b.

Hinsichtlich der drei vorbezeichneten Kriterien hat der Gerichtshof der Europäischen Union in seiner oben genannten Entscheidung erstens festgestellt, dass die Verwendung des Adjektivs "wesentlich" bedeutet, dass nach dem Willen des Unionsgesetzgebers die Zugehörigkeit zu der Religion bzw. das Bekenntnis zu der Weltanschauung, auf der das Ethos der betreffenden Kirche oder Organisation beruht, aufgrund der Bedeutung der betreffenden beruflichen Tätigkeit für die Bekundung dieses Ethos oder die Ausübung des Rechts dieser Kirche oder Organisation auf Autonomie notwendig erscheinen muss.

Vorliegend war - und ist - die Zugehörigkeit zu einer Gliedkirche der Beklagten für die Leitung des Referates "Grund- und Menschenrechte, Europarecht" in der Rechtsabteilung des Kirchenamtes der Beklagten in C-Stadt sowie im Referat "Recht" im Amtsbereich der UEK aufgrund der Bedeutung dieser Tätigkeit sowohl für die Bekundung des Ethos der Beklagten als auch für ihre Ausübung ihres Rechts auf Autonomie unabdingbar und notwendig.

Die Beklagte nimmt für ihre Gliedkirchen zahlreiche Aufgaben in zentralisierter Funktion wahr, darunter die auf der ausgeschriebenen Stelle wahrzunehmenden. Die in den beiden streitgegenständlichen Referaten erarbeiteten Inhalte wirken somit in alle Gliedkirchen hinein, prägen ihr alltägliches Tun und sind für sie verbindlich. Die im Kirchenamt (u.a.) auf der ausgeschriebenen Position zu verrichtenden Tätigkeiten besitzen damit eine herausragende Bedeutung für die Bekundung des Ethos der Beklagten.

Die Beklagte hat ins Einzelne gehend - und vom Kläger nicht mit beachtlichen, substantiellen Rügen angegriffen - dargestellt, dass der juristische Referent etwa im Bereich der UEK gegenwärtig Präsidiumsvorlagen in Bezug auf die Ordnung des kirchlichen Lebens zu erarbeiten habe; es liege diesen ein rein theologisches Werk zugrunde, das juristisch in entsprechende Vorlagen umgesetzt werden müsse. Gleiches gelte für die sog. Agenden, für die Liturgie verbindliche Ordnungen, deren Ausgangs- und Mittelpunkt das Evangelium sei. Ohne Zweifel berühren diese Tätigkeiten unmittelbar und in erheblicher Weise die Bekundung des Ethos der Beklagten. Der Stelleninhaber ist mit diesen Tätigkeiten auch in vollwertiger, unmittelbar (mit-) verantwortlicher Weise befasst. Die klägerische Sichtweise, die darauf hinausläuft, dass die Leitung der beiden Referate lediglich eine Art juristischer Dienstleistung darstelle, gibt die tatsächlichen Verhältnisse nach der Überzeugung der Kammer nicht zutreffend wieder. Der Referatsleiter ist kein bloßer "Rechtsprogrammierer", der beliebig geartete "Kundenwünsche" unter bloßer Konservierung eines bereits vollständig vorhandenen Aussagegehaltes in juristische Fachterminologie übersetzt. Es handelt sich vielmehr um einen komplexen Transformationsprozess, bei dessen Bewältigung grundsätzlich verschiedenartige Möglichkeiten der Umsetzung zur Verfügung stehen. Die Auswahl, welche dieser Gestaltungen gewählt wird, erfordert eben nicht bloß rechtliche Handwerkskunst, sondern in ganz erheblicher Weise auch eigene theologische Bewertungen. Die rechtliche und die theologische Ebene sind im Aufgabenbereich der streitgegenständlichen Referate eng miteinander verzahnt. Die Qualifikation als Volljurist ist eine bloße Grundbedingung der streitgegenständlichen Tätigkeit. Die zusätzlich zu bewältigenden geistlichen Aspekte erfordern zwar keine theologische Ausbildung, aber eine feste innere und äußere Verankerung im evangelischen Glauben und Leben. Das betrifft zum einen die Kenntnis der Glaubensinhalte und Riten, zum anderen aber auch eine klare innere Überzeugung und ein verbindliches Bekenntnis zu den evangelischen Glaubensinhalten und auch zur Beklagten selbst bzw. deren Gliedkirchen als Institution.

Der Stelleninhaber hat des Weiteren auch für eine glaubwürdige Vertretung der Beklagten und der UEK nach außen zu sorgen. Nach dem substantiierten, glaubhaften und vom Kläger nicht substantiiert bestrittenen Vortrag der Beklagten ist es auch Aufgabe des Stelleninhabers, die Beklagte gegenüber Ministerien, Politikern, Gewerkschaften, Verbänden und anderen Institutionen zu vertreten. Rechtskenntnisse allein bilden keine hinreichende Grundlage für eine solche Vertretung der Beklagten in der Öffentlichkeit. Es werden von jeglichen Repräsentanten der Beklagten in erheblichem Maße auch moralische und ethische Bewertungen erwartet. Die Beklagte ihrerseits kann vom Stelleninhaber erwarten, dass er entsprechende Aussagen in ihrem Sinne und in Übereinstimmung mit ihrem Ethos trifft. Ohne innere Bindung und nach außen hin durch eine Mitgliedschaft in einer evangelischen Gliedkirche manifestierte eigene Überzeugung ist eine gelingende Repräsentation in diesem Sinne kaum möglich. Die Beklagte kann von einem - akademischen, nach E 14 DVO.EKD vergüteten - Stelleninhaber mehr als eine bloße Botenfunktion verlangen und muss sich nicht darauf verweisen lassen, einen reinen "Rechtstechniker" einzustellen, der selbst grundlegende kirchlich-theologische Fragestellungen nicht eigenständig und spontan, sondern stets nur nach Rücksprache zu beantworten vermag.

Entgegen der Auffassung des Klägers kann die Beklagte auch über die bloße persönliche Überzeugung des Bewerbers hinaus, Christ zu sein, von diesem eine Mitgliedschaft in einer der Gliedkirchen der Beklagten verlangen. Die bloße innere Überzeugung ist nicht überprüfbar und vergänglich. Die Kirchenmitgliedschaft ist hingegen ein manifestes, regelmäßig auch dauerhaftes und auch nach außen hin wirksames Zeichen der inneren religiösen Überzeugung und Verbundenheit.

c.

Zweitens, so hat der Gerichtshof der Europäischen Union in der genannten Entscheidung ausgeführt, zeige die Verwendung des Ausdrucks "rechtmäßig", dass der Unionsgesetzgeber sicherstellen wollte, dass die die Zugehörigkeit zu der Religion bzw. das Bekenntnis zu der Weltanschauung, auf der das Ethos der in Rede stehenden Kirche oder Organisation beruht, betreffende Anforderung nicht zur Verfolgung eines sachfremden Ziels ohne Bezug zu diesem Ethos oder zur Ausübung des Rechts dieser Kirche oder Organisation auf Autonomie dient.

Es bestehen vorliegend keine Anhaltspunkte dafür, dass die Beklagte mit ihrer Ausschreibung sachfremde Ziele verfolgte, die nicht im Zusammenhang mit ihrem Ethos oder ihrer Autonomie stehen. Der Kläger meint zwar, dass die Religionszugehörigkeit nicht notwendig für die Ausfüllung der Stelle sei, behauptet aber nicht, dass die Beklagte darüber hinaus auch noch ein sachfremdes Ziel mit ihrer Vorgabe verfolge.

d.

Drittens, so der Gerichtshof der Europäischen Union, impliziere der Ausdruck "gerechtfertigt" nicht nur, dass die Einhaltung der in Art. 4 Abs. 2 der Richtlinie 2000/78/EG genannten Kriterien durch ein innerstaatliches Gericht überprüfbar sein müsse, sondern auch, dass es der Kirche oder Organisation, die diese Anforderung aufgestellt hat, obliege, im Licht der tatsächlichen Umstände des Einzelfalls darzutun, dass die geltend gemachte Gefahr einer Beeinträchtigung ihres Ethos oder ihres Rechts auf Autonomie wahrscheinlich und erheblich ist, so dass sich eine solche Anforderung tatsächlich als notwendig erweist.

Vorliegend ist die Gefahr für die Beklagte, dass ihr Ethos und ihr Recht auf Autonomie durch einen konfessionslosen Stelleninhaber beeinträchtigt wird, auch wahrscheinlich und erheblich, die Anforderung der Mitgliedschaft in einer Gliedkirche der Beklagten ist daher auch tatsächlich notwendig. Bei nahezu allen Tätigkeiten, die in den beiden streitgegenständlichen Referaten anfallen, sind sowohl theologische als auch rechtliche Wertungen zu treffen. Diese Wertungen muss der Stelleninhaber aufgrund ihrer Alltäglichkeit und Vielzahl auch selber treffen (können); eine stete Nachfrage ist mit dem Charakter der akademischen Stelle nicht vereinbar und den Vorgesetzten und Kollegen auch nicht zumutbar. Geschieht aber eine Tätigkeit, Stellungnahme, Repräsentation der Beklagten nach außen durch einen konfessionslosen Stelleninhaber ohne eine derartige Rücksprache, liegt die Gefahr auf der Hand, dass dieselbe nicht in Übereinstimmung mit dem Ethos der Beklagten ist. Angesichts des Umstandes, dass ethische, moralische, religiöse, theologische Themen regelmäßig besonders sensibel sind, können auch scheinbar unwichtige, "nebensächliche" Handlungen und Äußerungen, falls sie nicht dem Ethos der Beklagten entsprechen, erhebliche und langandauernde Schädigungen des Rufes und des Ansehens der Beklagten und ihrer Wahrnehmung sowohl in der Öffentlichkeit als auch "nach innen hin" bewirken.

e.

Letztlich, so der Gerichtshof der Europäischen Union, müsse die Anforderung, um die es in Art. 4 Abs. 2 der Richtlinie 2000/78/EG geht, mit dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit im Einklang stehen. Auch wenn Art. 4 Abs. 2 der Richtlinie 2000/78/EG im Gegensatz zu der in Art. 4 Abs. 1 der Richtlinie 2000/78/EG getroffenen Regelung nicht ausdrücklich vorsehe, dass die Anforderung "angemessen" sein müsse, so bestimme sie jedoch, dass jede Ungleichbehandlung ua. die "allgemeinen Grundsätze des Gemeinschaftsrechts", zu denen der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit gehöre, beachten müsse. Deshalb müssten die nationalen Gerichte prüfen, ob die fragliche Anforderung angemessen ist und nicht über das zur Erreichung des angestrebten Ziels Erforderliche hinausgeht.

Die Mitgliedschaft in einer Gliedkirche der Beklagten stellt auch eine angemessene Anforderung für die ausgeschriebene Stelle dar. Sie geht nicht über das zur Erreichung des von der Beklagten angestrebten Ziels Erforderliche hinaus. Wie oben bereits ausgeführt, erfordert die Leitung des Referates "Grund- und Menschenrechte, Europarecht" in der Rechtsabteilung des Kirchenamtes der EKD in C-Stadt sowie im Referat "Recht" im Amtsbereich der UEK die Mitgliedschaft in einer der Gliedkirchen der Beklagten. Es ist Bewerbern in aller Regel ohne Weiteres möglich, die Mitgliedschaft in einer Gliedkirche gegebenenfalls auch kurzfristig zu begründen, zumal wenn sie - wie der Kläger - bereits getauft und infolge Austritts konfessionslos sind. Bei der Beklagten und ihren Gliedkirchen findet nicht einmal eine Glaubens- oder Gewissensprüfung statt, auch ist - im Gegensatz etwa zur katholischen Kirche - keine Vorbereitungszeit zu absolvieren. Lediglich eine Selbstprüfung des Betroffenen, wie ernst es ihm mit der Kirche ist, ist erforderlich. Diesen Anforderungen zu genügen, ist leistbar und im Verhältnis zu der erheblichen Bedeutung, die die Kirchenmitgliedschaft, wie oben dargelegt, für die ausgeschriebene Stelle hat, angemessen.

Die Anforderung der Beklagten geht auch nicht über das zur Erreichung des angestrebten Ziels Erforderliche hinaus. Die bloße persönliche Bekundung, "Christ" zu sein, genügt der Beklagten zu Recht nicht. Ein derartiges Bekenntnis ist, wie oben bereits dargelegt, nicht überprüfbar, unverbindlich, vergänglich und in der Regel inhaltlich auch nicht hinreichend bestimmbar.

4.

Die Beklagte hat den Kläger somit zwar ungünstiger behandelt als ein Mitglied einer ihrer Gliedkirchen. Diese ungünstigere Behandlung ist jedoch zulässig, sie ist notwendig, rechtmäßig und gerechtfertigt und stellt daher keine Diskriminierung des Klägers dar. Dementsprechend fehlt es auch von vornherein an einer Grundlage für die geltend gemachten Schadenersatzansprüche des Klägers nach § 15 Abs. 2 AGG.

III.

Der Kläger trägt gemäß § 97 ZPO die Kosten der von ihm erfolglos eingelegten Berufung.

Gründe, die Revision zuzulassen (§ 72 Abs. 2 ArbGG), bestanden nicht. Auf die Möglichkeit der Nichtzulassungsbeschwerde (§ 72a ArbGG) und der sofortigen Beschwerde (§ 72b ArbGG) wird hingewiesen.

Dr. Rinck
Ahlrichs
Kunzelmann