Oberlandesgericht Oldenburg
Beschl. v. 15.09.1995, Az.: 5 W 150/95
Bemessung eines Streitwertes; Bemessungsgrundlage für den Streitwert einer Klage auf Feststellung der Nichtigkeit eines Grundstückskaufvertrages; Bedeutung des Verkehrswerts des Grundstücks bei der Bemessung des Streitwerts
Bibliographie
- Gericht
- OLG Oldenburg
- Datum
- 15.09.1995
- Aktenzeichen
- 5 W 150/95
- Entscheidungsform
- Beschluss
- Referenz
- WKRS 1995, 29111
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- ECLI:DE:OLGOL:1995:0915.5W150.95.0A
Rechtsgrundlage
- § 3 ZPO
Fundstelle
- MDR 1996, 101-102 (Volltext mit amtl. LS)
Amtlicher Leitsatz
Kaufpreis als regelmäßige Bemessungsgrundlage für den Streitwert einer Klage auf Feststellung der Nichtigkeit eines Grundstückskaufvertrages.
Gründe
Die Bemessung des Streitwertes hat sich im Wesentlichen nach dem Gegenstand des Streites zu richten, der durch die Anträge und den maßgeblichen Lebenssachverhalt bestimmt wird. Etwaige dahinter stehende Motive haben grundsätzlich unberücksichtigt zu bleiben.
Danach ist hier der Streitwert zutreffend mit 30.000,00 DM festgesetzt worden.
Die Klägerseite (Verkäufer) begehrt Feststellung der Nichtigkeit eines Grundstückskaufvertrages, weil ihre für den Vertragsabschluss abgegebenen Willenserklärungen infolge Geschäftsunfähigkeit nichtig seien. Der Wert dieses Vertragsverhältnisses, dessen Bestand die Kläger überprüft haben möchten, wird durch den von den Parteien ihm zugrundegelegten Wert bestimmt. Das ist regelmäßig der Kaufpreis. In ihm spiegelt sich die Bewertung in Geld wider, wie sie die Parteien vorgenommen haben. Zu Recht wird daher in der Rechtsprechung angenommen, dass Grundlage für die Streitwertbemessung eines auf Eigentum- und Besitzverschaffung gerichteten Vertrages der Preis der verkauften Sache ist (KG Rpfleger 1962, 153). Dem entspricht es, wenn der Streitwert einer Klage auf Feststellung der Wirksamkeit eines geschlossenen Grundstückskaufvertrages und auf Verurteilung zur Vornahme von Erfüllungsleistungen den Betrag des vereinbarten Kaufpreises nicht übersteigen kann (KG Rpfleger 1962, 154).
Ohne Erfolg berufen sich die Beschwerdeführer demgegenüber für ihr Erhöhungsbegehren darauf, dass die Kläger den wahren Grundstückswert mit 300.000,00 DM bis 500.000,00 DM angegeben haben und dieser Unterschied zu dem vertraglich festgelegten Kaufpreis der eigentliche Grund für ihr Feststellungsbegehren sei.
Maßstab ist grundsätzlich das Vertragsverhältnis und dessen Wert, wie er von den Parteien nach dem Vertragsinhalt eingeschätzt worden ist. Die Berücksichtigung von etwaigen wahren - wirtschaftlichen oder auch ideellen - Interessen würde den für die Bemessung ausschlag-gebenden Bezug zum Streitgegenstand verlassen und könnte zu Ergebnissen führen, die mit dem Streit der Parteien nicht mehr in Einklang zu bringen sind (vgl. OLG Celle KostRsp ZPO § 3 Nr.·746 = VersR·1985, 397 LS). Die Feststellungsklage soll die Möglichkeit jeder Leistungsklage des Gegners ausschließen (Baumbach/Lauterbach/Hartmann, ZPO, 52. Aufl., Anh. § 3 "Feststellungsklage"). Ein solches Begehren des Beklagten wäre hier unzweifelhaft mit 30.000,00 DM zu bewerten.
Soweit die Beschwerdeführer unter Hinweis auf Schneider (Streitwertkommentar für den Zivilprozess, 10. Aufl., Rn. 2574) den Verkehrswert des Grundstücks heranziehen möchten, vermag der Senat dem nicht zu folgen. Das Interesse des Klägers ist darauf gerichtet, die vertragliche Grundlage zu vernichten, die ihn verpflichtet, das Grundstück für 30.000,00 DM zu veräußern. An diesem Klageantrag hat sich die richtige Lösung zu orientieren (so auch
Schneider a.a.O. Rn. 3374). Nicht das Grundstück, sondern das Vertragsverhältnis prägt den Streit. Nur dazu verhält sich das Verfahren in der Hauptsache. Eine Auseinandersetzung mit dem unterschiedlichen Parteivortrag zur Angemessenheit des festgelegten Kaufpreises bzw. des Verkehrswertes des Grundstücks ist nicht erfolgt. Eine dafür ggfls. erforderliche Beweisaufnahme käme allein für das Streitwertfestsetzungsverfahren ohnehin nicht in Betracht.
Der Vertragsbestand steht auf dem Prüfstand und ist damit ausschlaggebend für die Wertfestsetzung. Insoweit trifft es zu, wenn in der Rechtsprechung grundsätzlich auf den Wert der Gegenleistung bei solchen Fallgestaltungen abgestellt wird (OLG Celle a.a.O.; Schneider a.a.O., Rn. 3369, 3370 m.v.w.N.).
Damit steht auch der Streitwertbeschluss des 3. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Oldenburg in dem vorangegangenen einstweiligen Verfügungsverfahren vom 22.09.1993 - 3 U 28/93 - in Einklang. Der Antrag bezog sich auf die Durchführung des Kaufvertrages mithin auf das Grundstück selbst bzw. seine Übertragung und hatte sich demgemäß an dessen Wert zu orientieren.