Finanzgericht Niedersachsen
Urt. v. 03.07.2001, Az.: 6 K 10171/00

Widerruf der Bestellung als Steuerberater wegen potentiellen Interessengefährdung durch Vermögensverfall

Bibliographie

Gericht
FG Niedersachsen
Datum
03.07.2001
Aktenzeichen
6 K 10171/00
Entscheidungsform
Urteil
Referenz
WKRS 2001, 14563
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
ECLI:DE:FGNI:2001:0703.6K10171.00.0A

Redaktioneller Leitsatz

  1. 1.

    Die Bestellung als Steuerberater ist nach § 46 Abs. 2 Nr. 4 StBerG zu widerrufen, wenn dieser in Vermögensverfall geraten ist, es sei denn, dass dadurch die Interessen der Auftraggeber nicht gefährdet sind.

  2. 2.

    Die Darlegungs- und Feststellungslast trifft den Steuerberater. Er muss im Einzelnen darlegen, aus welchen Gründen in seinem konkreten Fall Interessen seiner Auftraggeber durch seinen Vermögensverfall nicht gefährdet sind.

  3. 3.

    Der Umstand, dass ein Stpfl. als Angestellter bei einem vereidigten Buchprüfer tätig ist, steht der Interessengefährdung allein nicht entgegen.

  4. 4.

    Hat ein Steuerberater ersichtlich keinen Überblick mehrüber seine eigenen Angelegenheiten, ist von einer potentiellen Interessengefährdung durch Vermögensverfall auszugehen.

Tatbestand

1

Die Beteiligten streiten um den Widerruf der Bestellung des Klägers als Steuerberater.

2

Der am .... geborene Kläger beendete seine Schulausbildung im Jahre 19.. mit dem Abitur. Anschließend studierte er Wirtschaftswissenschaften an der Technischen Hochschule X und an der Universität Y. Im Juli 19.. schloss er seine Ausbildung als Diplom-Volkswirt und im Dezember 19.. als Diplom-Kaufmann ab. Anschließend war er bei verschiedenen Arbeitgebern im Bereich des Rechnungs- und des Steuerwesens tätig. Nach Bestehen der Steuerberaterprüfung bestellte ihn das Niedersächsische Finanzministerium am .. 19.. zum Steuerberater. Der Kläger war zunächst im Angestelltenverhältnis tätig. Im Jahre 19.. begründete er als selbständiger Steuerberater seine berufliche Niederlassung in Z.

3

Im Jahre 19.. erwarb der Kläger neben seiner Einzelpraxis den Anteil an einer Steuerberaterpraxis in A und gründete mit seinem Partner die B GmbH Steuerberatungsgesellschaft. Ab 19.. führte er diese Gesellschaft allein als C GmbH Steuerberatungsgesellschaft weiter. Mit Wirkung vom 1. Oktober 19.. schloss er mit zwei Steuerberatern in D einen Sozietätsvertrag ab und brachte die Mandate der Steuerberatung in Z und die der GmbH in die Sozietät ein. 19.. kündigten seine Partner das Sozietätsverhältnis; der Kläger schied zum .. 19.. gegen eine Abfindung aus. Nach eigenen Angaben war er ab .. 20.. bei einer Steuerberatungsgesellschaft in D angestellt, ab .. 20.. ist er für einen vereidigten Buchprüfer in D tätig.

4

Mit Schreiben vom .. 19.. unterrichtete die Beklagte das seinerzeit für den Widerruf zuständige Finanzministerium darüber, dass nach Mitteilung des G-Konzerns die Berufshaftpflichtversicherung des Klägers ab .. 19.. unterbrochen war. Unter dem .. 19.. teilte die Oberfinanzdirektion dem Finanzministerium mit, die Steuerrückstände des Klägers beim Finanzamt .. (FA) betrügen derzeit 197.738,61 DM. Das Ministerium hörte den Kläger zum Widerruf der Bestellung als Steuerberater wegen Nichtunterhaltens einer Berufshaftpflichtversicherung an. Das Versicherungsverhältnis trat ab .. 19.. wieder in Kraft. Die Versicherungslücke vom .. 19.. bis .. 19.. schloss der Kläger erst im .. 19.. durch eine sogenannte Rückwärtsversicherung. Ab 1. Oktober 19.. endete das Versicherungsverhältnis, da er nunmehr im Rahmen einer Sozietät versichert war.

5

Seine Steuererklärungen gab der Kläger nach Mitteilung der Oberfinanzdirektion vom .. 19.. zum Teil erst nach Erinnerung (Einkommensteuer- und Umsatzsteuererklärungen 19.. bis 19..) ab, teilweise mit erheblicher Verspätung (Jahreserklärungen 19.. bis 19..) oder gar nicht bzw. erst nach erfolgter Schätzung (Einkommensteuer- und Umsatzsteuererklärungen 19.. bis 19..). Mangels Abgabe von Umsatzsteuervoranmeldungen wurden die Besteuerungsgrundlagen mehrfach geschätzt. Weitere Umsatzsteuervoranmeldungen wurden erst mit Verspätung abgegeben. Die im Rahmen des Vollstreckungsverfahrens mit dem FA getroffenen Vereinbarungen hielt der Kläger überwiegend nicht ein. Gegen die Aufforderung des FA zur Abgabe einer eidesstattlichen Versicherung erhob der Kläger Klage, über die nach eigenen Angaben noch nicht entschieden ist. Die Generalstaatsanwaltschaft Celle schuldigte den Kläger mit Anschuldigungsschrift vom .. 19.. an, seine Pflichten als Steuerberater zur Zahlung von Beiträgen an die Beklagte und zur Auskunftserteilung verletzt zu haben. Dieses berufsgerichtliche Verfahren wurde nach Erfüllung einer Zahlungsauflage i.H.v. 600 DM mit Beschluss vom .. 19.. eingestellt.

6

Zwischenzeitlich erfuhr das Finanzministerium von den gestiegenen Steuerrückständen des Klägers i.H.v. 219.589,44 DM (Stand .. 19..: Steuerschulden 152.144,14 DM zzgl. Säumniszuschläge i.H.v. 67.445,30 DM). Ein im .. 19.. erfolgter Pfändungsversuch war erfolglos geblieben. Der Kläger erklärte gegenüber dem FA mit Schreiben vom .. 19.., er habe Schulden von insgesamt 421.500 DM. Diese hätten sich aufgebaut durch den Fehlkauf der Steuerberatungspraxis von Steuerberater...zum Preis von 360.000 DM. Ein Großteil der Mandanten habe der Steuerberater jedoch wieder zurückerworben. Zusätzlich sei es in den Jahren 19.. und 19.. durch die Trennung von der Ehefrau und den beiden minderjährigen Kindern sowie durch den Tod seines Vaters zu einer psychisch labilen Situation gekommen, die zur Nichtabgabe von Steuererklärungen undüberhöhten Schätzungen für Steuern 19.. und 19.. geführt hätten. Zudem seien 19.. drei der größten Mandanten ausgefallen. Der Kläger bot dem FA Ratenzahlung an.

7

Unter dem .. 19.. hörte das Finanzministerium den Kläger wiederum zum Widerruf der Bestellung als Steuerberater, nunmehr auch wegen Vermögensverfalls, an. Der Kläger erläuterte unter dem .. 19.. die Gründe für seine finanzielle Situation und gab einen Gesamtbestand von Verbindlichkeiten i.H.v. ca. 466.000 DM an. Seine wirtschaftliche Lage habe sich inzwischen durch den Eintritt in eine Steuerberatungssozietät stabilisiert. Er habe zwischenzeitlich bereits zwei mal Raten an das FA in Höhe von jeweils 1.350 DM zahlen können. Er sei nunmehr in der Lage, an Zins und Tilgung insgesamt monatlich 3.000  DM aufzubringen. Daher dürfe inzwischen nicht mehr von einem Vermögensverfall ausgegangen werden. Das Finanzministerium sah zunächst im Hinblick auf die in Aussicht genommene Schuldentilgung von dem Widerruf der Bestellung als Steuerberater ab. In der Folgezeit kam der Kläger Vereinbarungen zur Ratenzahlung gegenüber dem FA nicht, jedenfalls nicht vollständig nach.

8

Mit Bescheid vom .. 20.. widerrief das Finanzministerium die Bestellung des Klägers als Steuerberater. Der Vermögensverfall ergebe sich allein schon aufgrund der bestehenden und nicht beitreibbaren Abgabenrückstände i.H.v. 233.808,64 DM (Stand .. 19..), da deren Begleichung offensichtlich die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit des Klägers übersteige. Es müsse daher davon ausgegangen werden, dass er auch nicht in absehbarer Zeit in der Lage sein werde, seine wirtschaftlichen Verhältnisse zu ordnen und eine Gefährdung der Mandanten durch den Vermögensverfall auszuschließen. Dass in seinem konkreten Fall die Interessen seiner Auftraggeber durch den Vermögensverfall nicht gefährdet seien, habe der Kläger trotz Aufforderung und mehrfachen Aufschub des Widerrufs nicht bzw. nur äußerst unzureichend dargetan. Auch die von seinem anwaltlichen Vertreter zugesagten vierteljährlichen Sachstandsberichte über die Entwicklung der Vermögenslage zum .. und .. 19.. lägen nicht vor.

9

Der Kläger hat Klage erhoben. Er trägt vor, die von der Beklagten genannten Steuerrückstände i.H.v. ca. 200.000 DM zu haben. Seine finanziellen Mittel reichten nicht aus, um diese Rückstände umgehend auszugleichen. Der Widerruf der Bestellung als Steuerberater sei jedoch rechtswidrig, weil die Interessen seiner Auftraggeber bei der weiteren Berufsausübung tatsächlich nicht gefährdet seien. Seit .. 20.. sei er als angestellter Steuerberater tätig. Im Rahmen dieses Anstellungsverhältnisses stehe ihm keine Kontenvollmacht zu. Er könne nicht über Mandantengelder verfügen. Er übe weder im Rahmen seines Arbeitsverhältnisses noch sonst eine vermögensverwaltende Tätigkeit für die Mandanten aus. Da inzwischen die Versicherungslücke für die Zeit vom .. 19.. bis .. 19.. geschlossen sei, ergebe sich auch hieraus nichts für eine Mandantengefährdung. Es treffe zwar zu, dass er sein Abfindungsanspruch gegen die Steuerberatungssozietät i.H.v. 50.000 DM an seinen Rechtsanwalt abgetreten habe. Dies habe jedoch zur Tilgung von Darlehen, die der Rechtsanwalt ihm in den Jahren 19.. bis 19.. aus freundschaftlicher Verbundenheit i.H.v. insgesamt 65.000 DM gewährt habe, gedient. Im Hinblick auf diese Abtretungsvereinbarung sei nicht ansatzweise erkennbar, wie diese Verhaltensweise vermuten lassen könne, er werde im Fall des Zugriffs der Gläubiger eher geneigt sein, die eigenen wirtschaftlichen Interessenüber seine beruflichen Verpflichtungen zu stellen. Es stehe auch nicht fest, dass die vom FA am .. 19.. gegen ihn ausgebrachte Pfändung rechtmäßig erfolgt sei und die Abtretung zwischen ihm und dem Rechtsanwalt das FA als Gläubiger objektiv beeinträchtigt habe. Die persönlichen Probleme, die zu der finanziellen Situation geführt hätten, habe er, der Kläger, nunmehr überwunden.

10

In der mündlichen Verhandlung vom .. 20.. ist dem Kläger aufgegeben worden, ein Vermögensstatus vorzulegen, und zwar unter Angabe der Schuldsumme des Gläubigers und der ggf. laufend oder zeitweilig gezahlten Tilgungsbeträge und der jährlich sich ergebenden Zinsbeträge, sowie mitzuteilen, welche Art von Berufstätigkeit er derzeit ausübe und ob der Versicherungsschutz, der nach dem Steuerberatungsgesetz vorgeschrieben sei, gewährleistet sei und schließlich einen Nachweis über die Versicherung von Januar 20.. bis ..20.. beizubringen. Der Kläger legt unter dem .. 20.. eine Aufstellungüber seine Schulden vor und gibt an, er habe sich bisher bemüht, bei einem Gerichtsvollzieher pro Monat 850 bis 1.000 DM zu tilgen. Ab .. 20.. sei er bei einem vereidigten Buchprüfer angestellt. Nach der ebenfalls vorgelegten Bescheinigung des Buchprüfers erhält der Kläger ein Grundgehalt von 3.000 DM brutto im Monat sowie eine erfolgsabhängige Tantieme, die Berufshaftpflichtversicherung erfolgtüber das Büro. Die Berufshaftpflicht für die Zeit vom 1. Januar 20.. bis .. 20.. müsse er, der Kläger, noch klären. In dieser Zeit sei er aber nicht als Steuerberater im eigenen Namen tätig geworden. Für die Einzelheiten wird auf den Schriftsatz verwiesen.

11

Im Termin zur mündlichen Verhandlung am .. 20.. legt der Kläger ein an das FA gerichtetes Schreiben vom .. 20.. vor, in dem er dem FA ab .. 20.. Tilgungen i.H.v. 1.000 DM monatlich anbot und im Gegenzug Aussetzung der Vollstreckung erbat. Ferner legt er Kopien von Quittungenüber Bareinzahlungen beim Gerichtsvollzieher zur Tilgung diverser Schulden vor (z.B. G-Konzern, Fa. Sch, ...krankenkasse, AOK).

12

Nach der mündlichen Verhandlung vom .. 20.. ist der Kläger gebeten worden, spätestens am .. 20.. eine schriftliche Vereinbarung mit dem FA über die Tilgung der Steuerschulden oder eine schriftliche Bestätigung des FA, dass keine Vereinbarung getroffen werde, vorzulegen. Mit Schreiben vom .. 20.. legt der Kläger ein Schreiben des FA vom .. 20.. vor, in dem das FA dem Kläger mitteilt, für den Antrag vom .. 20.. auf Vollstreckungsaufschub sehe es keine Erfolgsaussichten. Die Abgabenrückstände beliefen sich zur Zeit auf 189.951,78 DM. Seit längerer Zeit habe der Kläger keine Steuererklärungen mehr abgegeben, so dass das FA verpflichtet gewesen sei, die Besteuerungsgrundlagen zu schätzen. Kenntnisse über die Vermögensverhältnisse lägen wegen der fehlenden Erklärungen nicht vor. Weil der Kläger seine Vermögensverhältnisse bisher nicht dargelegt und insbesondere kein Vermögensverzeichnis vorgelegt habe, könne das FA nicht prüfen, in welcher Höhe Ratenzahlung angemessen sei. Der Kläger teilt in seinem o.g. Schreiben dem Gericht mit, er verstehe das Schreiben des FA dahingehend, dass gegenwärtig kein rechtsbehelfsfähiger ablehnender Bescheid erteilt werde, aber dieser auf Antrag erteilt würde. Er sei zur Abgabe des Vermögensverzeichnisses an das FA jederzeit bereit, die Steuererklärungen für 19.. habe er nicht abgeben können, weil seine ehemaligen Sozietätspartner ihm seine Anteile aus dem Jahr 19.. nicht mitteilen würden.

13

Auf Befragen des Gerichts in der mündlichen Verhandlung vom .. 20.. erklärt der Kläger, Bankschulden habe er derzeit nicht mehr. Die im Schriftsatz vom .. 20.. aufgeführten und nicht bestrittenenübrigen Schulden seien durch Zahlung an den Gerichtsvollzieher getilgt. Genaueres könne er aber nicht sagen. So wisse er nicht, ob noch Restschulden in kleinerem Umfang bestehen würden, insbesondere wie der Gerichtsvollzieher seine Barzahlungen auf die Gläubiger verteilt habe. Kontoauszüge aus den letzten Jahren habe er nicht und könne sie auch nicht beschaffen, da er den Bankverkehr über seinen PC abgewickelt habe. So könne er auch nicht sagen, welche Zahlungen er selbst während der Tätigkeit in der Sozietät erhalten habe, die er zur Grundlage einer Steuererklärung machen könnte. Wegen möglicher Ratenzahlung habe er das FA am Freitag vor der mündlichen Verhandlung (.. 20..) angerufen und um Klärung gebeten. Dies sei aber, weil noch keine Unterlagen vorgelegt worden seien, abgelehnt worden.

14

Der Kläger beantragt,

den Widerrufsbescheid des Niedersächsischen Finanzministeriums vom .. 20.. aufzuheben.

15

Die Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

16

Der Kläger befinde sich in Vermögensverfall. Die Steuerrückstände beliefen sich zuletzt auf 181.041,78 DM (Stand .. 20..: Steuerschulden 84.074,48 DM zzgl. Säumniszuschläge 96.967,30 DM). Die Reduzierung der Steuerschulden sei ausschließlich auf zwei Zahlungen i.H.v. insgesamt 52.000 DM durch den Rechtsanwalt als Duldungsschuldner nach Abtretung der Abfindung zurückzuführen. Der Kläger habe nicht hinreichend substantiiert dargetan, dass trotz Vermögensverfalls die Interessen der Auftraggeber entgegen der gesetzlichen Vermutung nicht gefährdet seien. So könne eine Interessengefährdung schon dann angenommen werden, wenn der Steuerberater zwar keinen Zugriff auf Mandantengelder habe, jedoch seine eigenen steuerlichen Verpflichtungen vernachlässige. In einem solchen Fall liege es nahe, dass er auch Interessen seiner Mandanten dadurch gefährde, dass er beispielsweise deren Steuererklärungen nicht oder verspätet abgebe. Mit der Abtretungsvereinbarung zugunsten des Rechtsanwalts habe er eigennützig gegen die berechtigten Vermögensinteressen Dritter gehandelt; die vom FA ausgebrachte Pfändung am .. 19.. sei erfolglos verlaufen. Auch die Unterbrechung des Versicherungsverhältnisses deute auf eine Mandantengefährdung hin. Der Hinweis des Klägers auf seine Angestelltentätigkeit ab dem .. 20.. könne die gesetzliche Vermutung der Gefährdung der Auftraggeberinteressen nicht entkräften. Das Gesetz unterscheide für Widerrufsgründe nicht danach, ob ein Steuerberater selbständig oder angestellt tätig sei. Als angestellter Steuerberater könne er sich zudem jederzeit wieder selbständig machen. Die Voraussetzungen für eine Wiederbestellung lägen nicht vor, denn die Sachlage habe sich nicht verändert. Die Reduzierung der Abgabenrückstände in der Zwischenzeit beruhe allein auf zwei größere Zahlungen, der Kläger komme seinen Verpflichtungen gegenüber der Finanzbehörde nach wie vor nicht nach. Für die Einzelheiten wird auf die Schriftsätze vom .. 20.. und vom .. 20.. verwiesen.

Gründe

17

Die Klage ist unbegründet. Das seinerzeit zuständige Finanzministerium hat die Bestellung des Klägers als Steuerberater zu Recht widerrufen.

18

1. 

Der Widerrufsbescheid vom .. 20.. ist rechtmäßig. Aufgrund des ihm seinerzeit bekannt gewesenen Sachverhalts konnte das Finanzministerium davon ausgehen, zum Widerruf der Bestellung des Klägers als Steuerberater verpflichtet zu sein.

19

Nach § 46 Abs. 2 Nr. 4 StBG in der am .. 20.. geltenden Fassung ist die Bestellung als Steuerberater zu widerrufen, wenn dieser in Vermögensverfall geraten ist, es sei denn, dass dadurch die Interessen der Auftraggeber nicht gefährdet sind. Ein Vermögensverfall liegt vor, wenn der Steuerberater in ungeordnete, schlechte finanzielle Verhältnisse geraten ist, die er in absehbarer Zeit nicht ordnen kann, und er außerstande ist, seinen Verpflichtungen nachzukommen (BFH-Urteil v. 3. November 1992 VII R 95/91, BFH/NV 1993, 624). Diese Voraussetzungen sind im Streitfall gegeben.

20

Der Kläger hatte im Zeitpunkt des Widerrufs der Bestellung als Steuerberater allein Abgabenrückstände i.H.v. 233.808,64 DM (Stand: .. 19..). Darüber hinaus hatte er nach eigenen Angaben im Schriftsatz vom .. 19.. Bankschulden von 125.000 DM, sonstige Schulden i.H.v. 60.900 DM und bestrittene Schulden gegenüber einem Rechtsanwalt i.H.v. 30.000 DM. Über Vermögen verfügte der Kläger seinerzeit nicht mehr. Dies hat der Kläger stets selbst eingeräumt. Dementsprechend weist das die Niederschrift über die fruchtlose Pfändung am .. 19.. kein verwertbares nennenswertes Vermögen aus. Das einzig verwertbare Vermögen, nämlich die Abfindung aus der Steuerberatungssozietät i.H.v. 50.000 DM, hatte der Kläger an einen Rechtsanwalt im Jahre 19.. abgetreten. Die Vermögensverhältnisse waren auch ungeordnet, denn der Kläger war nicht in der Lage, seine Schulden in absehbarer Zeit geregelt zurückzuführen. Das folgt schon daraus, dass er bis zum Erlass des Widerrufsbescheids Ratenzahlungsvereinbarungen mit dem FA nicht oder nicht vollständig einhielt. Die von ihm zugesagten vierteljährlichen Sachstandsberichte über die Entwicklung der Vermögenslage zum .. und zum .. 19.. legte er dem Ministerium nicht vor.

21

Zudem war seine Einkommenssituation im Zeitpunkt des Widerrufsbescheids nicht geklärt. Zum .. 19.. schied er aus der Steuerberatersozietät aus. Er war danach im Angestelltenverhältnis als Steuerberater tätig. Der Kläger hat gegenüber dem Finanzministerium trotz Aufforderung nicht konkret angegeben, in welcher Höhe sich seine monatlichen Einnahmen bewegten. Auch in der mündlichen Verhandlung vom .. 20.. hat er zu seiner Tätigkeit in der Steuerberatungssozietät im Jahre 19.. angegeben, keinen Überblicküber seine damaligen Einnahmen zu haben, denn er verfüge nichtüber Kontoauszüge und könne solche auch nicht beschaffen. Da er keine Angaben zu seinen Einnahmen machen könne, könne er auch keine Steuererklärung für 19.. erstellen. Seine erwarteten Einnahmen und seine Ausgabensituation hat der Kläger zwar in den Jahren 19.. und 19.. wiederholt aufgezeigt und ratenweise Rückführung seiner Verbindlichkeiten in Aussicht gestellt. Da er Ratenzahlungen in der Folgezeit nur unzureichend erfüllte, kann die Darstellung der Einnahme- und Ausgabensituation nur als unrealistisch betrachtet werden. Es war daher weder ersichtlich noch vom Kläger realistisch dargestellt, wie er in absehbarer Zeit seine Vermögenssituation verbessern wollte. Für die Zeit von .. bis .. 20.. hat der Kläger trotz Befragens nur vage Angaben über seine Tätigkeit und die daraus erzielten Einnahmen gemacht.

22

Ein Widerruf wegen Vermögensverfall kommt dann nicht in Betracht, wenn durch diesen die Interessen der Auftraggeber nicht gefährdet sind. Die Darlegungs- und Feststellungslast trifft den Steuerberater. Er muss im Einzelnen genau und überprüfbar darlegen, aus welchen Gründen in seinem konkreten Fall Interessen seiner Auftraggeber durch seinen Vermögensverfall nicht gefährdet sind (BFH-Urteil v. 4. April 1995 VII R 74/94, BFH/NV 1995, 1919). Dazu hat der Kläger bis zum Erlass des Widerrufsbescheids nichts vorgetragen. Im Zeitpunkt des Erlasses des Widerrufsbescheids am .. 20.. war der Kläger allerdings nicht mehr selbständig tätig, sondern als angestellter Steuerberater tätig. Entgegen der Auffassung des Klägers ist§ 46 Abs. 2 Nr. 4 StBG aber nicht nur auf selbständige Steuerberater, sondern auch auf angestellte Steuerberater anzuwenden; denn dem Wortlaut des Gesetzes ist nichts zu entnehmen, was eine andere Auffassung stützen könnte (BFH-Beschl. v. 8. Februar 2000 VII B 245/99, BFH/NV 2000, 992). Zudem verletzte der Kläger seine eigene steuerliche Pflicht zur rechtzeitigen Abgabe von Steuererklärungen.

23

2. 

Die Aufhebung des Widerrufsbescheids kommt auch nicht aufgrund der bis zum Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung am .. 20.. eingetretenenÄnderung der Sach- oder Rechtslage in Betracht. Zwar kann der Widerruf der Bestellung als Steuerberater nicht aufrecht erhalten werden, wenn im Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung eine Rechtspflicht für eine sofortige Wiederbestellung besteht (BFH-Urteil v. 22. August 1995 VII R 63/94, BStBl II 1995, 909). Ein solcher Anspruch des Klägers besteht jedoch nicht.

24

Hinsichtlich des Vermögensverfalls hat sich die Sachlage nicht geändert. Der Vermögensverfall besteht nach wie vor und wird vom Kläger auch nicht bestritten. Er hat zwar Schulden außerhalb der Steuerschulden durch Zahlungen an einen Gerichtsvollzieher zurückgeführt. Nach eigenen Angaben sollen auch die Bankschulden inzwischen getilgt sein. Dazu, wie ihm dies gelungen ist, hat der Kläger jedoch keine Angaben gemacht. Als größte Verbindlichkeit bleiben die Steuerschulden. Trotz mehrfacher Aufforderung durch das Gericht hat der Kläger es nicht vermocht, bis zum Termin zur mündlichen Verhandlung am .. 20.. eine Stundung oder eine Ratenzahlung mit dem FA zu vereinbaren. Dies beruht nach Auffassung des Gerichts im Hinblick auf die ihm gemachten und konkret formulierten Auflagen im Wesentlichen auf einem Untätigbleiben des Klägers.

25

Der Kläger hat dem Gericht auch nicht überzeugend zu erklären vermocht, wie er sich die Tilgung der Steuerschulden in Zukunft vorstellt. Seit .. 20.. ist er bei einem vereidigten Buchprüfer angestellt. Nach einer vorgelegten Bescheinigung erhält er ein Grundgehalt von 3.000 DM brutto sowie eine in der Größenordnung nicht näher bezeichnete erfolgsabhängige Tantieme. Mit dem Grundgehalt von monatlich 3.000 DM brutto können die Steuerschulden allenfalls mit minimalen Beträgen getilgt werden. Ob der Kläger die ihm versprochene erfolgsabhängige Tantieme erhalten wird und wie hoch diese sein wird, ist im Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung unklar. Von dem Kläger ist hierzu nichts ausgeführt worden.

26

Der Kläger meint allerdings, durch den Vermögensverfall seien Mandanteninteressen nicht beeinträchtigt. Das Gericht vermag diese Auffassung nicht zu teilen. Die Tatsache, dass der Kläger als Angestellter bei einem vereidigten Buchprüfer tätig ist, steht der Interessengefährdung allein nicht entgegen (BFH-Beschl. v. 8. Februar 2000 a.a.O.). Es obliegt dem Steuerberater, im Einzelnen genau undüberprüfbar zu erläutern, aus welchen Gründen in seinem konkreten Fall Interessen seiner Auftraggeber durch seinen Vermögensverfall nicht gefährdet sind. Die bloße Behauptung bestimmter Tatsachen reicht nicht aus (BFH-Urteil v. 4. April 1995 a.a.O.). Der Steuerberater muss etwa die Umstände seiner Geschäftstätigkeit und die Beziehung zu seinen Mandanten im Hinblick auf den möglichen Zugriff auf Mandantengelder darstellen. Angesichts der eigenen häufigen verspäteten bzw. unterlassenen Abgabe von Steuererklärungen bedarf es auch einer Erläuterung, dass er die Abgabetermine für die Steuererklärungen der Mandanten, soweit dies in seinem Verantwortungsbereich liegt, einhält, so dass diesen kein finanzieller oder anderer Schaden entsteht (vgl. BFH-Beschl. v. 11. November 1994 VII B 129/94, BFH/NV 1995, 441). Auch muss er darlegen, dass er als in Vermögensverfall geratener Steuerberater mit eigenen Steuerschulden die Interessen seiner Auftraggeber nicht dadurch gefährdet, dass er den Finanzbehörden gegenüber nicht mehr mit der notwendigen Unabhängigkeit auftreten kann (vgl. BFH-Beschl. v. 8. Februar 2000 a.a.O.).

27

Der Kläger weist lediglich auf seine abhängige Stellung bei dem vereidigten Buchprüfer hin. Dies reicht nicht aus. Weitere Gründe, die eine Interessengefährdung ausschließen könnten, ergeben sich weder aus den Akten noch aus dem Vorbringen des Klägers. Im Gegenteil geht das Gericht von der potenziellen Interessengefährdung durch Vermögensverfall deshalb aus, weil der Kläger ersichtlich keinen Überblick mehr über seine eigenen Angelegenheiten hat. So ist auch in der mündlichen Verhandlung am .. 20.. trotz Befragen des Klägers unklar geblieben, über welche Einnahmen er derzeit verfügt, wie er welche noch bestehende Schulden durch Zahlungen an den Gerichtsvollzieher tilgen will und wie der genaue Stand seiner Schulden überhaupt ist. Der Kläger hat auf Befragen dazu lediglich ausgeführt, die Schuldentilgung mit Ausnahme der Steuerschulden regele der Gerichtsvollzieher durch Verteilung seiner Barzahlungen an die verschiedenen Gläubiger. Der Kläger hat, wie er selbst erklärte, auch keinenÜberblick über seine Einnahmesituation im Jahre 19.. und später, denn er gibt an, über Kontoauszüge nicht zu verfügen und solche auch nachträglich nicht erlangen zu können, weil er seit 19.. seine Bankgeschäfte über seinen PC abwickele. Der Kläger ist offenbar zudem nicht willens oder in der Lage, wegen einer Ratenzahlungsvereinbarung an das FA heranzutreten und etwa geforderte Unterlagen dem FA vorzulegen. Das Gericht erkennt zwar die intensiven Bemühungen des Klägers, seine Schulden zurückzuführen, an. Dabei scheint er aber die Übersichtüber seine finanziellen Angelegenheiten verloren zu haben. Insgesamt hat das Gericht den Eindruck gewonnen, dass der Kläger derzeit kein klares Bild über seine eigenen Vermögens- und Einkommensverhältnisse hat. Er scheint auch nicht in der Lage, sich diesen Überblick zu verschaffen. Solcher Art Unklarheiten in existenziellen Angelegenheiten deuten darauf hin, dass der Kläger auch nicht in der Lage ist, die Gefährdung seiner Auftraggeber durch seinen eigenen Vermögensverfall auszuschließen.

28

3. 

Die Kostenentscheidung folgt aus § 135 Abs. 1 FGO.