Finanzgericht Niedersachsen
Urt. v. 11.07.2001, Az.: 4 K 378/94
Doppelte Haushaltsführung und Wohnen am Beschäftigungsort bei Künstlern
Bibliographie
- Gericht
- FG Niedersachsen
- Datum
- 11.07.2001
- Aktenzeichen
- 4 K 378/94
- Entscheidungsform
- Urteil
- Referenz
- WKRS 2001, 14591
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- ECLI:DE:FGNI:2001:0711.4K378.94.0A
Fundstellen
- EFG 2002, 321
- StLex 2002
Tatbestand
Der Kläger ist Schauspieler. Im Streitjahr 1990 gehörte er zum Ensemble des ... Staatstheaters in X und bezog aus dieser Tätigkeit Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit. Aus Nebentätigkeiten erzielte er daneben unter anderem weitere Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit von der Firma Y Fernsehproduktions GmbH und der Firma Z - Film - GmbH. Für Dreharbeiten für Produktionen dieser beiden Firmen hielt sich der Kläger vom 04. bis zum 07.07.1990 in D auf und vom 26. bis 30.07.1990 in M. In der Einkommensteuererklärung für das Streitjahr machte der Kläger Pauschalen für Fahrtkosten und Verpflegungsmehraufwendungen für die Dreharbeiten in D und M im Rahmen doppelter Haushaltsführung in Höhe von insgesamt DM 1.207,60 als Werbungskosten bei den Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit geltend. Der Beklagte gewährte dem Kläger im Einkommensteuerbescheid 1990 vom 19.08.1991 gemäß Abschnitt 47 Abs. 1 Nr. 2 a Lohnsteuer-Richtlinien (LStR) 1990 die Werbungskostenpauschale für darstellende Künstler in Höhe von DM 4.380,--, versagte aber den zusätzlich begehrten Abzug der hier streitigen Aufwendungen, weil es sich nicht um Aufwendungen für eine doppelte Haushaltsführung handele, die nach Abschnitt 47 Abs. 1 LStR neben der Werbungskostenpauschale für darstellende Künstler abzugsfähig seien; die streitigen Aufwendungen seien typische Reisekosten, die als "übrige Werbungskosten" vielmehr mit der Werbungskostenpauschale abgegolten wären.
Hiergegen richtet sich die nach dem insoweit erfolglosen Vorverfahren erhobene Klage. Der Kläger meint, er habe bei seinen Aufenthalten in D und M jeweils eine doppelte Haushaltsführung im Sinne von § 9 Abs. 1 Nr. 5 Einkommensteuergesetz (EStG) begründet. Ein "Wohnen" am Beschäftigungsort läge schon dann vor, wenn der Steuerpflichtige am Beschäftigungsort mindestens eine Nacht übernachte. Das vom Beklagten auch für den Aufenthalt am Beschäftigungsort verlangte Element einer gewissen Dauer beziehe sich nur auf den Hausstand am Heimatort; für den Aufenthalt am Beschäftigungsort werde nur ein "Wohnen" vorausgesetzt. Diese Auffassung habe auch das Niedersächsische Finanzgericht in seinem Urteil vom 19.04.1996 - X 117/96 - vertreten.
Die Kläger beantragen sinngemäß,
unter Änderung des Einspruchsbescheids des Beklagten vom 01.06.1994 die Einkommensteuer 1990 auf DM 24.752,-- herabzusetzen.
Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Er bleibt bei seiner bereits im Vorverfahren vertretenen Auffassung.
Gründe
Die Klage ist unbegründet. Die streitigen Aufwendungen sind mit dem gewährten Pauschbetrag für darstellende Künstler gemäß Abschnitt 47 Abs. 1 Nr 2 a LStR 1990 abgegolten; sie sind deshalb nicht zusätzlich zu diesem Pauschbetrag als Werbungskosten abziehbar.
Nach Abschnitt 47 Abs. 1 LStR 1990 können neben dem Werbungskostenpauschbetrag für darstellende Künstler, neben anderen, hier nicht in Betracht kommenden Aufwendungen, nur Mehraufwendungen bei doppelter Haushaltsführung als Werbungskosten abgezogen werden. Alle übrigen Werbungskosten sind mit dem Pauschbetrag für darstellende Künstler abgegolten. Bei den streitigen Aufwendungen handelt es sich jedoch nicht um Mehraufwendungen für eine doppelte Haushaltsführung. Eine doppelte Haushaltsführung gemäß § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 5 EStG ist gegeben, wenn der Arbeitnehmer außerhalb des Ortes, an dem er einen eigenen Hausstand unterhält, beschäftigt ist und auch am Beschäftigungsort wohnt. Die Frage, ob die Anforderungen an die Wohnung am Beschäftigungsort die gleichen sind, wie an die Wohnung im Sinne des § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 4 EStG (Aufwendungen des Arbeitnehmers für Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte; so Schmidt/Drenseck, EStG, 20. Aufl. 2001, § 9 Tz. 143; dagegen spricht die unterschiedliche Behandlung eines Hotelzimmers als Wohnung in der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs [BFH]; vgl. BFH, Urteil vom 25.03.1988 - VI R 207/84 - BStBl II 1988, 706 [Hotelzimmer als Wohnung im Sinne von § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 4 EStG] und BFH, Urteil vom 22.04.1998 - XI R 59/97 - BFH/NV 1998, 1216 [gelegentliche Hotelübernachtungen sind kein Wohnen am Beschäftigungsort]) kann hier dahinstehen. Jedenfalls verlangt der Begriff des Wohnens am Beschäftigungsort im Sinne von § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 5 EStG, dass der Arbeitnehmer am Beschäftigungsort eine fest angemietete Unterkunft zur jederzeitigen Verfügung hat (vgl. FG Münster, Urteil vom 21.11.1997 - 11 K 3585/96 E - EFG 1998, 444, m.w.N.). Das gelegentliche Übernachten im Hotel oder bei Freunden, wie im Streitfall, genügt hierfür nicht (ebenso BFH, Urteil vom 22.04.1998 - XI R 59/97 - a.a.O.). Folgte man der Auffassung des Klägers, läge schon bei jeder beruflich veranlaßten mehrtägigen Reise mit Hotelübernachtung eine doppelte Haushaltsführung vor. Aus diesen Gründen folgt der Senat auch nicht der Auffassung des X. Senats des Niedersächsischen Finanzgerichts (Urteil vom 19.04.1996 - X 117/94), der auch gelegentliches Übernachten in Hotelzimmern als Wohnen am Beschäftigungsort behandelt. Es ist zwar nicht zu fordern, dass die Unterkunft für einen Zeitraum von mindestens drei Monaten zur Verfügung stehen muss, wie der Beklagte sowohl dort als auch hier geltend gemacht hat. Es ist jedoch erforderlich, dass dem Arbeitnehmer über die bloßen Übernachtungskosten bei mehrtägigen Reisen hinaus Mehraufwendungen für die Unterhaltung eines doppelten Haushalts (so der Gesetzeswortlaut in § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 5 EStG) entstehen. Diese Voraussetzung ist im Streitfall nicht erfüllt.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 1 FGO.