Finanzgericht Niedersachsen
Urt. v. 19.07.2001, Az.: 10 K 378/98
Eigenheimzulage bei objektiv fehlender Baugenehmigung
Bibliographie
- Gericht
- FG Niedersachsen
- Datum
- 19.07.2001
- Aktenzeichen
- 10 K 378/98
- Entscheidungsform
- Urteil
- Referenz
- WKRS 2001, 14628
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- ECLI:DE:FGNI:2001:0719.10K378.98.0A
Verfahrensgang
- nachfolgend
- BFH - 22.01.2004 - AZ: III R 39/02
Fundstellen
- DB 2002, 1968 (Kurzinformation)
- EFG 2002, 1014
Tatbestand
Streitig ist, ob das von der Klägerin erworbene Haus die Voraussetzungen für die Gewährung der Eigenheimzulage erfüllt.
Die Klägerin hat ein bebautes Grundstück erworben, das bebauungsrechtlich im Außenbereich (§ 35 Baugesetzbuch) liegt. Der rechtsgültige Flächennutzungsplan stellt "Wald-/Landwirtschaftliche Flächen" dar. Es liegt kein Bebauungsplan vor und die Stadt X hat für eine Wohnnutzung zu keiner Zeit eine Genehmigung erteilt.
Die Klägerin beantragte die Gewährung der Eigenheimzulage. Den Antrag wies das beklagte Finanzamt (FA) ab, da es die Ansicht vertrat, dass das Grundstück nicht mit einem baurechtlich zum Dauerwohnen zugelassenen Gebäude bebaut sei. Das Einspruchsverfahren blieb aus den selben Gründen ohne Erfolg.
Mit der Klage begehrt die Klägerin die Gewährung der Eigenheimzulage. Zur Begründung trägt sie vor, sie habe das Haus mit Grundstück unter der Voraussetzung erworben, dass ihr Eigenheimzulage gewährt werde. Von der bauplanungsrechtlichen Situation und der fehlenden Baugenehmigung habe sie erst nach dem Ablehnungsbescheid des FA erfahren.
Sie ist der Ansicht, dass die Voraussetzungen zur Gewährung der Eigenheimzulage nach § 2 Eigenheimzulagegesetz (EigZulG) erfüllt seien. Die Vorschrift setze voraus, das es sich um eine Wohnung im bewertungsrechtlichen Sinn handele. Ihr Haus erfülle insoweit diese Voraussetzung, da es die näher ausgeführte, erforderliche Ausstattung habe. Die Erteilung einer Baugenehmigung sei nach dieser Vorschrift keine Voraussetzung, die Baugenehmigung habe lediglich formellen Charakter. Es reiche aus, wenn das Objekt genehmigungsfähig sei, da sich hieraus die materiell-baurechtliche Ordnungsmäßigkeit ableiten lasse und es für die Entscheidung lediglich auf diese ankomme.
Die Stadt X habe die Nutzung der Wohnhäuser geduldet und so einen Vertrauenstatbestand geschaffen. Die Klägerin genieße Bestandsschutz und die Nutzung könne nicht behördlich untersagt werden. Hieran sei auch das FA gebunden.
Der Beklagte verweist zur Begründung auf den Einspruchsbescheid und trägt ergänzend vor, dass nach den im Klageverfahren vorgelegten Unterlagen der Klägerin das Wohnhaus baurechtswidrig erstellt worden sei. Die Förderung nach dem EigZulG sei aber ausgeschlossen, wenn die Wohnung, die hergestellt oder angeschafft worden sei, ohne die erforderliche Baugenehmigung errichtet worden sei; gleiches gelte für baurechtswidrige Ausbauten und Erweiterungen. (Urteil des Bundesfinanzhofs -BFH- vom 31.05.1995 X R 245/93, Bundessteuerblatt - BStBl II - II 1995, 875). Selbst wenn die Genehmigung nachträglich erteilt werden würde, könne dies nur Wirkung für die Zukunft, also für den nach Erteilung verbleibenden Förderzeitraum haben.
Gründe
Die Klage ist unbegründet.
Das FA hat rechtmäßig die Festsetzung der Eigenheimzulage versagt. Das Haus der Klägerin ist nicht nach dem Eigenheimzulagegesetz begünstigt.
Nach § 2 Abs. 1 S. 1 EigZulG ist die Herstellung oder Anschaffung einer Wohnung in einem Inland belegenen eigenen Haus oder einer im Inland belegenen eigenen Wohnung begünstigt. Auch wenn das Haus der Klägerin nach bewertungsrechtlichen Merkmalen den Wohnungsbegriff im Sinne der Vorschrift erfüllt, ist das Haus dennoch nicht begünstigt, weil die Errichtung nicht mit einer Baugenehmigung und somit entgegen den baurechtlichen Vorschriften erfolgt ist. Nach der Rechtsprechung des BFH sind Wohnungen, die entgegen den baurechtlichen Vorschriften ohne Baugenehmigung errichtet worden sind, nicht nach § 10e Einkommensteuergesetz (EStG) begünstigt (BFH-Urteil vom 31.05.1995 X R 245/93, BStBl II 1995, 875). Der insoweit erforderliche Nachweis kann regelmäßig nur durch Vorlage einer Baugenehmigung oder einer Bescheinigung der zuständigen Behörde, dass eine Baugenehmigung nicht erforderlich ist, erbracht werden (BFH-Urteil vom 31.05.1995 a.a.O., BFH-Urteil vom 18.11.1998, X R 143/95, BFH/NV 1999, 915). Die zum Einkommensteuergesetz entwickelte höchstrichterliche Rechtsprechung ist auch auf das Eigenheimzulagegesetz anzuwenden, da die materiellen Regelungen des Eigenheimzulagegesetzes weitgehend den Tatbeständen der zuvor im Einkommensteuergesetz geregelten Wohnungseigentumsförderung, insbesondere der Steuerbegünstigung gemäß § 10 e EStG nachgebildet sind (BFH-Beschluss vom 04.05.1999 IX B 38/99, BStBl II 1999, 587; BFH-Beschluss vom 24.05.2000 IX B 21/00, BFH/NV 2000, 1205).
Die Klägerin hat nicht nachgewiesen, dass das Haus mit einer Baugenehmigung errichtet wurde oder diese in späteren Jahren nachträglich erteilt wurde. Nach Auskunft der Baugenehmigungsbehörde (Stadt X) ist eine entsprechende Genehmigung jedenfalls nicht erteilt worden.
Da die Voraussetzungen zur Gewährung der Eigenheimzulage sich insoweit ausschließlich auf die Eigenschaft des Gebäudes bzw. dessen baurechtliche Ordnungsmäßigkeit beziehen, kommt es für die Entscheidung der Frage, ob für die Anschaffung des Gebäudes Eigenheimzulage gewährt werden kann, weder auf die Beweggründe der Klägerin an, die diese zum Kauf des Hauses veranlasst haben, noch darauf, ob der Klägerin bekannt war, dass das Haus ohne Baugenehmigung errichtet war.