Finanzgericht Niedersachsen
Urt. v. 05.07.2001, Az.: 14 K 243/97
Kraftfahrzeugsteuer für Zugmaschine; Zulassung in den Niederlanden (NL); Tatsächliche Dauer des inländischen Aufenthaltes ; Entgegennahme von kraftfahrzeugsteuerlichen Verwaltungsakten; Bekanntgabe gegenüber inländischem Zollfahndungsbeamten; Durchführung von Binnentransporten ; Steuerbefreiung nach deutsch-niederländischem Gegenseitigkeitsabkommen ; Einfuhr zum vorübergehenden Aufenthalt; Beförderung von Personen oder Waren im grenzüberschreitenden Verkehr
Bibliographie
- Gericht
- FG Niedersachsen
- Datum
- 05.07.2001
- Aktenzeichen
- 14 K 243/97
- Entscheidungsform
- Urteil
- Referenz
- WKRS 2001, 14568
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- ECLI:DE:FGNI:2001:0705.14K243.97.0A
Rechtsgrundlagen
- § 123 AO
- § 122 Abs. 2 Nr. 2 AO
- § 1 Abs. 1 Nr. 2 KraftStG
- § 5 Abs. 1 Nr. 2 KraftStG
- § 5 Abs. 2 S. 3 KraftStG
- § 11 Abs. 4 Nr. 2 KraftStG
- § 170 Abs. 2 Nr. 1 AO
Fundstellen
- EFG 2002, 51-53
- IWB 2002, 221
Redaktioneller Leitsatz
Das Halten von gebietsfremden Fahrzeugen zur Durchführung von Binnentransporten auf öffentlichen Straßen unterliegt der deutschen Kraftfahrzeugsteuer, welche nach der tatsächlichen Dauer des inländischen Aufenthaltes des streitbefangenen Fahrzeugs festzusetzen ist.
Tatbestand
Streitig ist die Kraftfahrzeugsteuer für eine in den Niederlanden (NL) zugelassene Zugmaschine.
Die in den NL ansässige Klägerin betreibt ein Transportunternehmen. Sie führt Gütertransporte in den NL und teilweise auch in anderen europäischen Ländern durch. In den Jahren 1988 bis 1990 nahm die Klägerin mit ihren in den NL zugelassenen Tanksattelzügen auch Binnentransporte in der Bundesrepublik Deutschland vor. Die Transporte betrafen nach den Feststellungen des Zollfahndungsamtes Transporte von Produkten der inländischen Firma T in X zu verschiedenen Empfängern in Deutschland. Zur Durchführung dieser Inlandstransporte setzte die Klägerin mindestens 22 ihrer in den NL zugelassenen Tanksattelzüge ein, die jeweils im grenzüberschreitenden Verkehr zur vorübergehenden Zollgutverwendung eingangsabgabenfrei in das deutsche Zollgebiet eingeführt wurden. Zu diesen Fahrzeugen gehört auch die Zugmaschine mit dem niederländischen Kennzeichen NL. Über eine erst seit dem 01.07.1990 mögliche Genehmigung für Kabotagefahrten in der Bundesrepublik Deutschland verfügte die Klägerin nicht.
Das Zollfahndungsamt leitete insoweit ein Ermittlungsverfahren wegen des Verdachts der Steuerverkürzung (Einfuhrumsatzsteuer) ein. Das zuständige Hauptzollamt setzte durch Bescheid vom 12.09.1995 u.a. für das hier streitige Fahrzeug die Einfuhrumsatzsteuer fest. Nach einem in der Ermittlungsakte enthaltenen Vermerk vom 10.02.1995 hat der Direktor der Klägerin den Beamten B des Zollfahndungsamtes zum inländischen Zustellungsbevollmächtigten ernannt.
Das beklagte Finanzamt (FA) ging davon aus, dass die Verwendung der ausländischen Fahrzeuge für die durchgeführten Binnentransporte im Inland kraftfahrzeugsteuerpflichtig sei. Die Steuerbefreiung nach dem deutsch-niederländischen Gegenseitigkeitsabkommen gelte nur für den grenzüberschreitenden Verkehr. Die Verwendung der Fahrzeuge für Binnentransporte stelle daher eine widerrechtliche Nutzung dar, die nach § 1 Abs. 1 Nr. 3 Kraftfahrzeugsteuergesetz (KraftStG) Kraftfahrzeugsteuer (Kfz-Steuer) auslöse. Die Steuerpflicht richte sich gemäß § 5 Abs. 1 Nr. 3 KraftStG bei einem widerrechtlich genutzten Fahrzeug nach der Dauer der widerrechtlichen Nutzung, betrage in diesem Falle aber mindestens einen Monat. Es sei davon auszugehen, dass die Klägerin wenigstens einen ungenehmigten Binnentransport pro Monat durchgeführt habe. Das FA setzte daher durch Bescheid vom 27.12.1995 die Kfz-Steuer für den Zeitraum vom 10.03.1988 bis 10.01.1989 unter Zugrundelegung eines Nutzungszeitraums von 10 Monaten auf 3.732 DM fest. Dabei ging das FA davon aus, dass wegen vorsätzlicher Steuerhinterziehung nach § 370 AO i.V. mit § 169 Abs. 2 Satz 2 AO noch keine Festsetzungsverjährung eingetreten sei. Der Kfz-Steuerbescheid wurde dem Zollbeamten B als Zustellungsbevollmächtigten bekannt gegeben, der den Bescheid am 02.01.1996 an die Klägerin weiterleitete.
Hiergegen wurde durch ein am 31.01.1996 beim FA eingegangenes Schreiben vom gleichen Tage Einspruch eingelegt. Die Vertreter der Klägerin machten geltend, dass die angebliche fernmündliche Bevollmächtigung allenfalls das zollrechtliche Verfahren, nicht hingegen die Kfz-Steuer betreffe. Im übrigen sei der Kfz-Steueranspruch verjährt. Der subjektive Tatbestand einer Steuerhinterziehung sei nicht dargetan. Der Einspruch blieb ohne Erfolg.
Hiergegen wendet sich die Klägerin mit der Klage. Die Klägerin räumt zwar ein, dass in dem streitigen Zeitraum auch Inlandstransporte durchgeführt worden seien. Diese Transporte seien allerdings über die Niederlande abgewickelt worden, weil bei der niederländischen Muttergesellschaft in K jeweils Warenproben aus den Lieferungen gezogen worden seien. Beweismittel hierüber lägen jedoch nicht mehr vor. Die Fahrten erfüllten nicht den Tatbestand der widerrechtlichen Benutzung. Dem stehe entgegen, dass die Zugmaschine in den NL wirksam zugelassen gewesen sei. Die Besteuerung könne auch nicht auf § 1 Abs. 1 Nr. 2 KraftStG gestützt werden, weil die Fahrten nach dem deutsch-niederländischen Gegenseitigkeitsabkommen vom 01.06.1930 (RStBl I 1930, 454) steuerbefreit seien. Danach würden "Kraftfahrzeuge jeder Art, die zum vorübergehenden Aufenthalt in das deutsche Reich gelangen" von der Kfz-Steuer befreit, wenn der einzelne inländische Aufenthalt 14 aufeinander folgende Tage nicht überschreite. Dieser Wortlaut lasse eine Beschränkung auf den grenzüberschreitenden Verkehr nicht erkennen. Die entsprechende Auslegung des FA widerspreche auch dem Sinn und Zweck des Abkommens, das darauf abziele, die Doppelbelastung mit Kfz-Steuer zu vermeiden. Auf zollrechtliche Begriffe könne in diesem Zusammenhang nicht abgestellt werden, denn dort spiele der Gesichtspunkt der Vermeidung einer Doppelbelastung keine Rolle. Auch die ab 01.07.1990 geltende Regelung zur Genehmigung von Inlandstransporten (EWG-VO-Nr. 4059/89 vom 21.12.1989) lasse ein berechtigtes Interesse der Rechtsordnung an der Steuerfreiheit von Inlandstransporten erkennen. Aus dem Urteil des FG Münster vom 23.02.2000 (EFG 2000, 704) könne für den vorliegenden Fall nichts hergeleitet werden. Dort sei die Anwendung des Gegenseitigkeitsabkommens lediglich im Hinblick auf die Standortbegründung im Inland verneint worden.
Schließlich bestünden auch Bedenken gegen die Höhe der festgesetzten Kfz-Steuer. Da keine widerrechtliche Nutzung vorliege, könne die Kfz-Steuer nach § 5 Abs. 1 Nr. 2 KraftStG allenfalls tageweise berechnet werden. Das Fahrzeug sei nicht an 300 Tagen, sondern wesentlich geringer im Inland eingesetzt worden. Entgegen der Auffassung des FA stelle die Durchführung eines Binnentransports mit einem im Ausland zugelassenen Lastzug auch keine zweckfremde Nutzung im Sinne des § 5 Abs. 2 Satz 3 KraftStG dar.
Die Klägerin beantragt,
den Kraftfahrzeugsteuerbescheid vom 27.12.1995 für die Zugmaschine mit dem niederländischen Kennzeichen NL aufzuheben,
sowie für den Fall der Klagabweisung die Zulassung der Revision.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Das FA hat zunächst geltend gemacht, die Kfz-Steuer beruhe auf der widerrechtlichen Nutzung des Fahrzeugs im Sinne des § 1 Abs. 1 Nr. 3 KraftStG. Unter Hinweis auf das Urteil des FG Rheinland-Pfalz vom 10.06.1988 4 K 324/86 n.v. macht das FA nunmehr geltend, dass die Kfz-Steuerpflicht gemäß § 1 Abs. 1 Nr. 2 KraftStG durch den Inlandsaufenthalt des Fahrzeugs ausgelöst worden sei. Das deutsch-niederländische Gegenseitigkeitsabkommen gewähre für die streitigen Kabotagefälle keine Steuerbefreiung, sondern gelte nur für den grenzüberschreitenden Verkehr. Der Begriff des vorübergehenden Aufenthaltes sei nicht nur zeitraumbezogen zu verstehen. Das Gegenseitigkeitsabkommen werde vielmehr durch das Genfer Abkommen vom 18.05.1956, dem die Niederlande beigetreten sei, überlagert. Danach gelte ein Inlandsaufenthalt nur solange als vorübergehend, "als die in den geltenden Zollvorschriften dieses Gebietes vorgeschriebenen Voraussetzungen für die vorübergehende eingangsabgabenfreie Einfuhr der in Art. 2 des Abkommens angeführten Fahrzeuge" erfüllt sei. Diese Einschränkung lasse den Willen der Unterzeichnerstaaten deutlich werden, die gegenseitigen Kfz-Steuerbefreiungen generell auf Fahrzeuge zu beschränken, hinsichtlich derer die Voraussetzungen für die vorübergehende eingangsabgabenfreie Einfuhr erfüllt seien. Die Eingangsabgabenfreiheit habe während eines Teils des inländischen Aufenthaltes nicht vorgelegen. Nach den zollrechtlichen Vorschriften sei für die Freiheit von Eingangsabgaben erforderlich, dass das Fahrzeug im "grenzüberschreitenden Verkehr" eingesetzt werde. Daran fehle es bei reinen Inlandsfahrten, d.h. bei Fahrten deren Beginn und Ende im Zollgebiet liege. Das treffe auf die Fahrten des hier streitigen Fahrzeuges zu.
Die Kfz-Steuer sei auch noch nicht verjährt. Die Kfz-Steuer sei mit Ablauf der Kalenderjahre 1988 bzw. 1989 entstanden; die Festsetzungsfrist habe nach § 170 Abs. 2 Nr. 1 AO i.V. mit § 11 KraftStDV mit Ablauf des 3. Kalenderjahres nach Steuerentstehung zu laufen begonnen und für das Jahr 1988 daher erst mit Ablauf des 31.12.1995 geendet. Es bedürfe daher nicht der verlängerten Festsetzungsfrist von 10 Jahren.
Im Übrigen sei die Kfz-Steuer auch der Höhe nach richtig bemessen. Zwar werde die durch § 1 Abs. 1 Nr. 2 KraftStG ausgelöste Kfz-Steuer nach § 5 Abs. 1 Nr. 2 KraftStG grundsätzlich nur nach der Dauer des Inlandsaufenthaltes bemessen. Die Vorschrift werde aber durch § 5 Abs. 2 KraftStG überlagert. Da das Fahrzeug im Zuge der grundsätzlich nach dem Gegenseitigkeitsabkommen bestehenden Steuerbefreiung vorübergehend für nicht genehmigten Inlandsverkehr eingesetzt und damit zweckfremd benutzt worden sei, müsse die Kfz-Steuer nach der Dauer der zweckfremden Nutzung und damit für den Mindestzeitraum von einem Monat bemessen werden (§ 5 Abs. 2 Satz 3 KraftStG). Insoweit müssten inländische und ausländische Fahrzeuge gleich behandelt werden, zumal die Mindestbesteuerung von einem Monat als Lenkungsmaßnahme zur Einhaltung der Voraussetzungen der Steuerbefreiung zu verstehen sei und Unsicherheiten bei der Ermittlung des Umfangs der zweckfremden Nutzung ausgleichen solle. Angesichts der verletzten kraftfahrzeugsteuerlichen Erklärungspflichten und des wiederholten Einsatzes des Fahrzeuges im Inland müsse davon ausgegangen werden, dass das Fahrzeug auch in anderen Fällen bei sich bietender Gelegenheit im Inland genutzt worden sei. Dies rechtfertige es, den Zeitraum der zweckfremden Nutzung im Sinne des § 5 Abs. 2 Satz 3 KraftStG auf die Zeit von März 1988 bis Januar 1989 auszudehnen.
Der Senat hat eine Auskunft des Zollfahndungsamtes zum Inhalt der erteilten Empfangsbevollmächtigung und zu den Feststellungen hinsichtlich des Inlandsaufenthaltes des streitbefangenen Fahrzeugs eingeholt. Insoweit wird auf das Auskunftsersuchen vom 18.05.2001 und die erteilte Auskunft vom 23.05.2001 Bezug genommen.
Gründe
Die Klage hat zum überwiegenden Teil Erfolg. Die Kraftfahrzeugsteuer ist nach der tatsächlichen Dauer des inländischen Aufenthaltes des streitbefangenen Fahrzeugs festzusetzen.
1.
Der angefochtene Kfz-Steuerbescheid vom 27.12.1995 ist nicht bestandskräftig geworden und daher in diesem Verfahren noch abänderbar.
a)
Der Einspruch der Klägerin vom 31.01.1996 war nicht verspätet, denn der Kfz-Steuerbescheid ist der Klägerin nicht bereits mit der Übersendung an den Zollfahndungsbeamten B wirksam bekannt gegeben worden (§§ 122 Abs. 1 Nr. 2, 123 AO). Die diesem nach einem Aktenvermerk (angeblich) erteilte Empfangsvollmacht umfasste nach Auffassung des Senats nicht die Entgegennahme von kraftfahrzeugsteuerlichen Verwaltungsakten. Die nach der eingeholten Auskunft offenbar auf § 132 Abs. 1 Nr. 2 StPO gestützte Zustellungsvollmacht diente der Sicherstellung der Strafverfolgung und bezog sich deshalb nur auf die Bekanntgabevorgänge im Rahmen des Strafverfahrens. Sie erfasste daher nicht die Bevollmächtigung zur Entgegennahme von sonstigen Verwaltungsakten.
b)
Es ist auch nicht dargetan, dass eine umfassende Empfangsvollmacht im Sinne des § 123 AO, die auch kraftfahrzeugsteuerliche Bescheide einbezogen hätte, erteilt worden ist. Dagegen spricht bereits die Erteilung der Zustellungsvollmacht im Rahmen des laufenden Ermittlungsverfahrens auf Anforderung durch einen Zollfahndungsbeamten. Einzelne Sachverhalte, auf die sich die Bevollmächtigung beziehen sollte, sind nach der erteilten Auskunft ohnehin nicht angesprochen worden.
Unter diesen Umständen konnte dahingestellt bleiben, ob die - im Klageverfahren von der Klägerin nunmehr bestrittene - Zustellungsvollmacht überhaupt erteilt worden ist.
c)
Fehlt es damit an einer wirksamen Bekanntgabe gegenüber dem inländischen Zollfahndungsbeamten, greift die Vorschrift des § 122 Abs. 2 Nr. 2 AO ein. Bei einer Bekanntgabe einen Monat nach Aufgabe zur Post ist der Einspruch vom 31.01.1996 fristgerecht eingegangen.
2.
Der angefochtene Kfz-Steuerbescheid ist abzuändern. Das strittige Fahrzeug unterliegt der inländischen Kfz-Steuer; diese ist aber der Höhe nach nicht zutreffend festgesetzt worden.
a)
Das Fahrzeug der Klägerin war in dem hier streitigen Zeitraum 1988 bis 1989 an drei Tagen kraftfahrzeugsteuerpflichtig. Die Steuerpflicht folgt aus § 1 Abs. 1 Nr. 2 KraftStG i.d.F. der Streitjahre. Danach unterliegt das Halten von gebietsfremden Fahrzeugen zum Verkehr auf öffentlichen Straßen der Kfz-Steuer, solange die Fahrzeuge sich im Geltungsbereich des KraftStG befinden. Das (im Ausland) zugelassene Fahrzeug der Klägerin hat sich im streitigen Zeitraum im Inland befunden, denn aus den von der Zollfahndung vorgelegten Rechnungen geht hervor, dass die Klägerin mit dem Fahrzeug in verschiedenen Monaten an insgesamt drei Tagen Transporte im Inland durchgeführt hat.
b)
Der inländische Aufenthalt war nicht nach dem deutsch-niederländischen Gegenseitigkeitsabkommen und dem darauf beruhenden Erlass des Reichsministers der Finanzen vom 01.07.1930 steuerbefreit. Danach sind zwar "Karftfahrzeuge jeder Art, die zum vorübergehenden Aufenthalt in das deutsche Reich gelangen" von der Kraftfahrzeugsteuer befreit, "wenn der einzelne inländische Aufenthalt 14 aufeinanderfolgende Tage nicht überschreitet (vgl. Mitteilung des RdF vom 01.07.1930, RStBl I 1930, 454). Es entspricht allerdings der einhelligen Auffassung, dass die im Gegenseitigkeitsabkommen geregelten zeitlich befristeten Steuerbefreiungen nur den sogenannten grenzüberschreitenden Verkehr, nicht hingegen die Durchführung von Binnentransporten betreffen (vgl. z.B. Erlass Finanzminister Niedersachsen vom 31.01.1980, DB 1980, 2480; vom 09.06.1981, DB 1981, 1645; vom 27.01.1992, StEd 1992, 121; Strodthoff, KraftStG, Kommentar, Einf. Rdnr. 52; Egly, KraftStG, Kommentar, 3. Aufl., Abschn. 25 Seite 249). Für die Auslegung des Begriffes "zum vorübergehenden Aufenthalt eingeführt" sollen danach die zollrechtlichen Bestimmungen für die eingangsabgabenfreie Einfuhr von Waren maßgebend sein. Danach war in dem hier streitigen Zeitraum die "vorübergehende Verwendung" von Fahrzeugen im Inland einfuhrabgabenfrei, wenn Personen oder Waren im grenzüberschreitenden Verkehr befördert wurden (§§ 9 Abs. 1 Nr. 3, 24 Abs. 1 Nr. 4, 55 Zollgesetz i.V. mit §§ 117 Abs. 1, 118 der Allgemeinen Zollordnung und Abschn. I a der Allgemeinen Bewilligung des BdF zur vorübergehenden Verwendung im Sinne des § 117 Abs. 1 der Allgemeinen Zollordnung). Der Senat folgt diesem im Wege der Auslegung gewonnenen Ergebnis.
aa)
Dafür sprechen zunächst Sinn und Zweck der bilateralen Gegenseitigkeitsabkommen. Diese zielen darauf ab, die sich durch den internationalen Verkehr zwischen den Staaten ergebenden Doppelbelastungen bei der Kfz-Steuer zu vermeiden. Doppelbelastungen können regelmäßig aber nur entstehen, wenn Fahrzeuge im internationalen Straßenverkehr in mehreren Staaten, mithin grenzüberschreitend eingesetzt werden. Dementsprechend wird in den Präambeln der (veröffentlichten) Gegenseitigkeitsabkommen auch regelmäßig klargestellt, dass die dort enthaltenen Regelungen dazu dienen "den internationalen Straßenverkehr zwischen den beiden Staaten und durch deren Hoheitsgebiet zu erleichtern" (vgl. hierzu die Zusammenstellung der Abkommen bei Strodthoff, KraftStG, Anhang 53 ff). Da reine Binnentransporte im europäischen Raum vor der Liberalisierung des Güterfernverkehrs ab dem 01.07.1990 nicht zulässig waren (vgl. hierzu Strodthoff, KraftStG, Einf. Rdnr. 52 ff), konnte mit der Steuerbefreiung im Gegenseitigkeitsabkommen nur der sogenannte grenzüberschreitende Verkehr gemeint sein. Dafür spricht auch die Kürze der auf 14 Tage begrenzten Steuerbefreiung (so Strodthoff, Einf., Rdnr. 79).
Zwar lässt der zum deutsch-niederländischen Abkommen ergangene Erlass des RdF nicht erkennen, welche Präambel dem Abkommen vorangestellt war. Da der Kernbereich der Regelung (Steuerfreiheit bei vorübergehendem Aufenthalt von bis zu 14 Tagen) mit den sonstigen Gegenseitigkeitsabkommen übereinstimmt, kann aber auch für das hier zu beurteilende Gegenseitigkeitsabkommen von einem vergleichbaren Regelungszweck ausgegangen werden.
bb)
Bestätigt wird diese Auslegung durch das multilaterale Genfer Abkommen vom 18.05.1956, das die Besteuerung von Straßenfahrzeugen zum privaten Gebrauch im internationalen Verkehr betrifft (vgl. Amtliche Ausgabe Kraftfahrzeugsteuer, 1991, unter G, Seite 55). Danach sind Fahrzeuge, die "vorübergehend zum privaten Gebrauch in das Gebiet einer anderen Vertragspartei eingeführt werden" dort von der Kraftfahrzeugsteuer befreit, solange die "in den geltenden Zollvorschriften ... vorgeschriebenen Voraussetzungen für die vorübergehende eingangsabgabenfreie Einfuhr" erfüllt sind. Aus diesem Abkommen, dem die NL und die Bundesrepublik Deutschland beigetreten sind, wird der Wille der vertragsbeteiligten Staaten deutlich, dass der Begriff des vorübergehenden Aufenthaltes nur Einreisen im grenzüberschreitenden Verkehr betrifft. Da das multilaterale Abkommen auf eine weitergehende Erleichterung des Straßenverkehrs abzielte (keine enge zeitliche Befristung der Steuerbefreiung), kann die sachliche Beschränkung auf den eingangsabgabenfreien und damit grenzüberschreitenden Verkehr nicht als gegenüber den bilateralen Abkommen gewollte (erstmalige) Einschränkung, sondern als Ausdruck der stillschweigend bereits diesen vorangegangenen Abkommen zugrunde liegenden Rechtsvorstellung begriffen werden. Der Senat folgt daher im Ergebnis dem Urteil des FG Rheinland-Pfalz vom 10.06.1988 4 K 324/86, wonach das vergleichbare Gegenseitigkeitsabkommen vom 01.07.1930 mit dem Großherzogtum Luxemburg nur für den grenzüberschreitenden Verkehr gilt.
cc)
Danach waren die Fahrten der Klägerin mit dem hier streitigen Fahrzeug nicht steuerbefreit. Denn aufgrund der Feststellungen der Zollfahndung ist davon auszugehen, dass es sich bei den aus den Rechnungen vom ... erkennbaren Transportleistungen um reine Binnentransporte gehandelt hat. Denn dabei handelte es sich um Fahrten, deren Beginn (Beladung) und Ende (Entladung) im Inland liegen. Aufgrund der im Wege des Urkundsbeweises verwertbaren Aussage des Zeugen Z (BFH-Urteil vom 23.01.1985 I R 30/81, BStBl II 1985, 305) steht fest, dass die Transporte ausschließlich im Inland abgewickelt wurden. Dafür sprechen auch die Lage des Beladungsortes in X und der Zielorte (D und E). Hiergegen hat die Klägerin keine substantiierten Einwendungen erhoben. Der pauschale Einwand, die Transporte seien über den Sitz der holländischen Muttergesellschaft in K erfolgt, ist nicht unter Beweis gestellt worden. Unabhängig davon würde sich der Charakter der Transporte als Inlandsfahrten durch einen Grenzübertritt ohne Entladevorgang nicht ändern. Entscheidend ist, dass die eigentliche Transportleistung nur inländische Orte betraf.
c)
Die Höhe der Kfz-Steuer bemißt sich nach § 5 Abs. 1 Nr. 2 KraftStG nach der Dauer des inländischen Aufenthaltes.
aa)
Auf der Grundlage der vorgelegten Rechnungen hält der Senat lediglich einen dreitägigen inländischen Aufenthalt für nachgewiesen. Die aus den Rechnungen ersichtlichen Transporte konnten aufgrund der Entfernungen innerhalb eines Tages abgewickelt werden. Dass die Klägerin auch an anderen Tagen und in anderen Monaten reine Inlandstransporte ausgeführt hat, ist von der Zollfahndung nicht festgestellt worden. Die Nichterfüllung der steuerlichen Erklärungspflichten und der Umfang der konkret festgestellten Fahrten erlaubt entgegen der Auffassung des FA keinerlei Rückschlüsse auf Art und Umfang der in der übrigen Zeit durchgeführten Transporte. Etwaige Inlandstransporte hätten vom FA im einzelnen festgestellt und nachgewiesen werden müssen. Die Vorschrift des § 5 Abs. 2 Satz 3 KraftStG gewährt insoweit keine Beweiserleichterung; ihre Anwendung setzt grundsätzlich den Nachweis zumindest einer Fahrt pro Monat voraus. Daran fehlt es hier für den gesamten vom FA in die Besteuerung einbezogenen Zeitraum.
bb)
Soweit aufgrund der vorgelegten Rechnungen (eintägige) Binnentransporte feststehen, kommt im vorliegenden Fall eine Mindestbesteuerung von jeweils einem Monat nach § 5 Abs. 2 Satz 3 KraftStG im übrigen nicht in Betracht.
Nach § 5 Abs. 2 Satz 3 KraftStG dauert die Steuerpflicht bei einem Fahrzeug, dessen Halten von der Steuer befreit ist und das vorübergehend zu anderen als den begünstigten Zwecken benutzt wird, solange die zweckfremde Nutzung währt, mindestens jedoch einen Monat. Wie der Regelungszusammenhang mit Abs. 1 zeigt, lässt die Vorschrift des Abs. 2 Satz 3 für die Dauer der zweckfremden Benutzung lediglich die nach dem Grundtatbestand des § 1 Abs. 1 Nr. 2 i.V. mit § 5 Abs. 1 Nr. 2 KraftStG bestehende Steuerpflicht aufleben. Diese Steuerpflicht ist aber nach § 5 Abs. 1 Nr. 2 KraftStG durch die Dauer des inländischen Aufenthaltes begrenzt ("solange sich das Fahrzeug im Inland befindet"). Da § 5 Abs. 1 Nr. 2 KraftStG anders als § 5 Abs. 1 Nr. 1 KraftStG keine Regelung zur Mindestbesteuerung kennt, endet die durch die zweckfremde Benutzung aufgelebte Kfz-Steuerpflicht zwangsläufig mit der durch den Grundtatbestand vorgegebenen kürzeren Dauer der Steuerpflicht. Unter diesen Umständen kann die in Abs. 2 Satz 3 vorgesehene Mindestbesteuerung nur in Betracht kommen, wenn feststeht, dass der gesamte - wenn auch steuerbefreite - inländische Aufenthalt mindestens den Mindestbesteuerungszeitraum von jeweils einem Monat übersteigt. Diese Feststellung kann hier nicht (mehr) getroffen werden. Es steht nicht fest, in welchem Umfang das streitige Fahrzeug in den Streitjahren im Inland - wenn auch steuerbefreit - eingesetzt worden ist.
Selbst wenn man die Vorschrift des § 5 Abs. 2 Satz 3 KraftStG ohne die dargelegte Einschränkung anwenden wollte, ist für die festgestellten Fahrten eine jeweilige einmonatige Mindestbesteuerung nicht anzusetzen. Denn bei dem vorliegenden Sachverhalt lässt sich eine vorübergehende zweckfremde Benutzung des Fahrzeugs nicht feststellen. Es ist nicht ersichtlich, dass das Fahrzeug vor oder nach den im Inland durchgeführten Binnentransporten begünstigte Transporte im grenzüberschreitenden Verkehr durchgeführt hat, mithin trotz inländischen Aufenthaltes von der Kfz-Steuer befreit gewesen ist. Unter diesen Umständen ist der Tatbestand einer vorübergehenden zweckfremden Verwendung im Inland nicht erfüllt. Vielmehr hat sich das Fahrzeug mit dem jeweiligen Grenzübertritt ausschließlich steuerpflichtig im Inland aufgehalten, so dass von vornherein der Grundtatbestand der Kfz-Steuerpflicht nach § 1 Abs. 1 Nr. 2 i.V. mit § 5 Abs. 1 Nr. 2 KraftStG erfüllt war. Dies schließt die Anwendung des § 5 Abs. 2 Satz 3 KraftStG aus (vgl. ebenso Egly, KraftStG, Abschn. 41 Seite 285, der die Anwendung des § 5 Abs. 2 Satz 3 im Falle der für gebietsfremde Personenkraftwagen geltenden Steuerfreiheit nach § 3 Nr. 13 KraftStG a.F. verneint).
d)
Die Kfz-Steuer ist danach gemäß § 11 Abs. 4 Nr. 2 KraftStG für einen nach Tagen berechneten Zeitraum zu bemessen. Sie beträgt nach § 11 Abs. 4 Satz 2 i.V. mit Satz 3 KraftStG 3/360 der Jahressteuer. Da die Jahressteuer nach § 9 Abs. 1 Nr. 3 KraftStG bei dem vom FA festgestellten Gewicht (17.600 kg) 4.465 DM beträgt, ergibt sich eine Kfz-Steuer von 37,20 DM, abgerundet (§ 11 Abs. 5 KraftStG) von 37 DM.
3.
Im Übrigen gehen die Beteiligten zutreffend davon aus, dass die Kfz-Steuer im Zeitpunkt der Festsetzung noch nicht verjährt war. Dies folgt aus § 170 Abs. 2 Nr. 1 AO i.V. mit § 11 KraftStDV.
4.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 136 Abs. 2 Satz 3 FGO. Da die Klägerin nur geringfügig unterlegen ist, waren dem FA die gesamten Kosten aufzuerlegen. Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit ergibt sich aus den §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO, 155 FGO.