Finanzgericht Niedersachsen
Urt. v. 31.07.2001, Az.: 15 K 840/97

Ertragsteuerliche Behandlung betriebsgebundener Zuckerrübenlieferrechte; Betriebsgebundene Rübenlieferrechte als immaterielles Wirtschaftsgut; Besonderheiten des "Zuckerrübenlieferrechts" gegenüber den "Milchquoten" nach der Milchgarantiemengenverordnung

Bibliographie

Gericht
FG Niedersachsen
Datum
31.07.2001
Aktenzeichen
15 K 840/97
Entscheidungsform
Urteil
Referenz
WKRS 2001, 30382
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
ECLI:DE:FGNI:2001:0731.15K840.97.0A

Fundstellen

  • DStZ 2002, 294-295 (Urteilsbesprechung von RA, FA für Steuerrecht Matthias Mahrenholz; kritisch)
  • EFG 2001, 1431-1433 (Volltext mit red. LS u. Anm.)

Hinweis

Hinweis: Verbundenes Verfahren

Weiteres Verfahren:
FG Niedersachsen - 31.07.2001 - AZ: 15 K 237/98

Tatbestand

1

Streitig ist die steuerrechtliche Behandlung von Zuckerrübenlieferrechten im Rahmen der Ermittlung der Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft.

2

Der Kläger, der mit seiner Ehefrau - der Klägerin - zur Einkommensteuer zusammen veranlagt wird, ist Landwirt. Mit notariellem Kaufvertrag vom 20. September 1994 veräußerte er aus seinem Grundbesitz eine landwirtschaftliche Fläche von ... ha. In der vorbezeichneten notariellen Urkunde heißt es u.a.:

"Mit dem Vertragsgegenstand mitverkauft sind die auf der vorgenannten landwirtschaftlichen Fläche ruhenden Lieferrechte, insbesondere die Rübenlieferrechte für ... dt A-Rüben/ha ...

Der Kaufpreis beträgt ... DM/ha, mithin für den Vertragsgegenstand... Hiervon entfallen DM ...auf die mitverkauften Rübenquoten und DM ... auf die Ländereien ..." (vgl. Bl. 1 ff der Vertragsakte der Kläger).

3

Die veräußerte Fläche war mit einem Buchwert von ... DM bilanziert (vgl. Grundstücksverzeichnis gemäß § 55 Einkommensteuergesetz - EStG - [am 30.06.1970 vorhandene Flächen], Bl. 5 der Akte "Grund und Boden" sowie Bilanz nebst Anlagen Wj.1994/95, BilanzA III).

4

Ihren für die Streitjahre 1994 und 1995 abgegebenen Einkommensteuererklärungen legten die Kläger einen vom Kläger im Wirtschaftsjahr 1994/95 erzielten Gewinn aus Land- und Forstwirtschaft in Höhe von ... DM zugrunde. Demgegenüber berücksichtigte das beklagte Finanzamt in den für die Streitjahre unter dem 28. Februar (für 1994) und 17. Dezember 1997 (für 1995) ergangenen Einkommensteuerbescheiden einen Gewinn aus Land- und Forstwirtschaft des Klägers für das Wirtschaftsjahr 1994/95 mit ... DM. Diesen ermittelte es dergestalt, dass es zusätzlich zu dem von den Klägern mit ... DM erklärten Gewinn zum Einen einen Betrag in Höhe von... DM - (unstreitige) Kürzung der AfA für einen Pkw - und zum Anderen den Kaufpreisanteil für das Rübenlieferrecht in Höhe von ... DM hinzusetzte.

5

Hiergegen wenden sich die Kläger mit ihren nach erfolglos gebliebenen Vorverfahren mit Schreiben vom 19. November 1997 und 2. April 1998 zu den Aktenzeichen 15 K 840/97 (Einkommensteuer 1994) sowie 15 K 237/98 (Einkommensteuer 1995) erhobenen Klagen. Die Kläger sind der Auffassung, dass das beklagte Finanzamt die aus der Veräußerung der Rübenlieferrechte erzielten Einnahmen zu Unrecht zu den Einkünften des Klägers aus Land- und Forstwirtschaft hinzugerechnet habe.

6

Zwar gingen nunmehr auch die Kläger davon aus, dass es sich bei den vom Kläger veräußerten Rübenlieferrechten um ein immaterielles Wirtschaftsgut gehandelt habe, dass mit einem Betrag von ... DM zunächst in Ansatz zu bringen sei. Entsprechend der neueren Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (BFH) sei für das Wirtschaftsgut "Rübenlieferrecht" indes aus dem Buchwert "Grund und Boden" per 01.07.1970 ein Buchwert abzuspalten. Dieser belaufe sich auf ... DM mit der Folge, dass aus der anteiligen Veräußerung des "Rübenlieferrechts" ein nicht berücksichtigungsfähiger Verlust in Höhe von ... DM verbleibe. Wegen der insoweit von den Klägern vorgenommenen Berechnung wird auf Bl. 39 und Bl. 58 der Gerichtsakte 15 K 840/97 Bezug genommen.

7

Im Buchwert für den Grund und Boden zum 01.07.1970 sei kein Buchwertanteil "Zuckerrübenlieferrecht" zu berücksichtigen. Die Lieferrechte hätten keinen Wert besessen, da auf andere Fruchtfolgen hätte ausgewichen werden können. Die norddeutschen Zuckerfabriken hätten damals nur mit großer Mühe die zur Erfüllung ihrer Quoten notwendigen Rüben zusammenbringen können. Trotz Quotenregelung sei der Rübenanbau bis Mitte der 70er Jahre in Norddeutschland praktisch frei gewesen. Die Gesamtheit der Rübenanbauer sei damals noch nicht in der Lage gewesen, das aus den Unternehmensquoten sich ergebende Lieferpotential auszufüllen. Dies habe sich erst ab Mitte der 70er Jahre geändert. Erst nach dem 01.07.1970 hätten sich die "Zuckerrübenlieferrechte" als eigenständige Wirtschaftsgüter konkretisiert und vom eigentlichen Wert des Grund und Bodens abgespalten. Es sei aufgrund der Chronologie vorliegender notarieller Verträge über den Verkauf von Ackerflächen, der Entscheidungen der Gerichte und Behörden sowie bei Kommentierungen davon auszugehen, dass das selbständige Wirtschaftsgut "Zuckerrübenlieferrecht" in 1990 entstanden sei. Durch die Abspaltung des immateriellen Wirtschaftsguts sei auch der Wert des nackten Grund und Bodens gemindert worden. Denn bei der Kalkulation von Kaufpreisen werde bei Grundstückskäufen ohne Übergang von "Zuckerrübenlieferrechten" ein niedrigerer Preis erzielt als bei Ackerflächen mit Quote. Tatsächlich sei es während des Zeitraums der Konkretisierung des "Zuckerrübenlieferrechts" zu einem Absinken des Teilwertes des nackten landwirtschaftlich genutzten Grund und Bodens gekommen. Zum Nachweis verweisen die Kläger auf den Abschluss notarieller Verträge aus den Jahren 1981/1982 bzw. aus 1991.

8

Aus dem Vorstehenden folge, dass die Einkünfte des Klägers aus Land- und Forstwirtschaft für das Kalenderjahr 1994 und 1995 jeweils um ... DM geringer als in den angefochtenen Einkommensteuerbescheiden in Ansatz zu bringen seien. Zudem sei für 1994 der Steuerabzugsbetrag nach § 34 e EStG mit... DM zusätzlich zu berücksichtigen bzw. die Einkommensteuerzusatztabelle anzuwenden.

9

Das Gericht hat mit Beschluss vom 31. Juli 2001 die in getrennten Schriftsätzen wegen Einkommensteuer 1994 und 1995 erhobenen Klagen 15 K 840/97 und 15 K 237/98 gemäß § 73 Abs. 1 Satz 1 Finanzgerichtsordnung (FGO) zur gemeinsamen Verhandlung und Entscheidung verbunden.

10

Die Kläger beantragen,

unter Änderung der Einkommensteuerbescheide vom 28. Februar bzw. 17. Dezember 1997 und Aufhebung der hierzu ergangenen Einspruchsbescheide vom 3. November 1997 bzw. 19. März 1998 die Einkommensteuer 1994 auf... DM und 1995 auf ... DM herabzusetzen.

11

Das beklagte Finanzamt beantragt,

die Klagen abzuweisen.

12

Anhaltspunkte dafür, dass im Streitfall dem Veräußerungspreis für das Zuckerrübenlieferrecht ein Buchwert zuzuordnen sei, seien nicht ersichtlich. Denn die sachlichen und rechtlichen Voraussetzungen für eine Buchwertabspaltung lägen nicht vor. Zum Einen würden die Regelungen zur Kontingentierung des Zuckermarktes bereits seit dem Wirtschaftsjahr 1967/68 mit der Folge gelten, dass die rechtlichen und tatsächlichen Wirkungen dieser Maßnahmen bereits geraume Zeit vor dem 1. Juli 1970 eingetreten seien. Schon aus Rechtsgründen habe es daher nicht zu einer Abspaltung einer am 1. Juli 1970 bestehenden Nutzungsmöglichkeit des pauschal bewerteten Grund und Bodens nach diesem Stichtag kommen können, weil die betroffenen Zuckerrübenanbauer, die sich als Folge der Kontingentierung ergebenden Einschränkungen bei der Rübenproduktion schon vor dem 1. Juli 1970 zu tragen gehabt hätten.

13

Zum Anderen würde ein vom Buchwert abspaltbarer Betrag 0 DM ausmachen. Dies ergebe sich daraus, dass es zu einem Absinken des Teilwerts (Substanzwerts) des nackten landwirtschaftlich genutzten Grund und Bodens nach dem 1. Juli 1970 aufgrund der Zuckermarktordnung nicht gekommen sei. Vielmehr sei im Gesamtergebnis eine beachtliche Kaufpreissteigerung für landwirtschaftliche Nutzflächen seit diesem Zeitpunkt feststellbar. Im Durchschnitt hätten sich die Kaufpreise für Ackerland bis 1978 maßvoll und danach bis etwa 1985 mit erheblichen jährlichen Preissprüngen auf weit mehr als das Doppelte des Basiswertes von 1970 erhöht. Erst danach hätten sich die Kaufpreise auf einen niedrigeren, jedoch immer noch bei etwa dem Doppelten des Wertes für 1970 liegenden Betrag vermindert. Es könne schließlich nicht unberücksichtigt bleiben, dass aufgrund der damaligen Marktsituation Zuckerrübenlieferrechte im Kalenderjahr 1968, am 1. Juli 1970 und auch in den Kalenderjahren danach keinen wirtschaftlichen Wert gehabt hätten. Denn ein Rübenanbauer sei nicht gehindert gewesen, über die von der Zuckerfabrik zugewiesene Quote hinaus Zuckerrüben anzubauen und ggf. zu Weltmarktpreisen zu veräußern. Die Möglichkeit der Rübenproduktion sei - anders als im Rahmen der Milcherzeugung - durch die Einführung der Zuckermarktordnung weder rechtlich noch tatsächlich eingeschränkt oder gar beseitigt worden. Ein Rüben produzierender Landwirt, der für seine Zuckerrüben auf dem Weltmarkt - zumindest bis etwa 1976 - auch höhere als die von den Zuckerfabriken gezahlten Preise hätte erhalten können, hätte durch den Absatz seiner Rüben über die Fabrik keinen Vorteil gehabt, den er sich etwas hätte kosten lassen.

14

Zu der von den Klägern vorgenommenen Berechnung des Buchwertes für das Zuckerrübenlieferrecht sei anzumerken, dass diese nach dem BFH-Urteil vom 24. August 2000 IV R 11/00, BFH/NV 2001, 102 [BFH 03.08.2000 - III R 2/00] überholt sei.

15

Wegen des weiteren Vorbringens der Beteiligten wird auf die Gerichtsakten sowie die Steuerakten der Kl. zur St.-Nr.: ... verwiesen.

Entscheidungsgründe

16

Die zulässige Klage ist unbegründet.

17

I.

Das beklagte Finanzamt hat es im Streitfall im Ergebnis zu Recht abgelehnt, dem vom Kläger im Wirtschaftsjahr 1994/95 aus der Veräußerung von Zuckerrübenlieferrechten erzielten Erlös in Höhe von ... DM einen anteiligen vom Grund und Boden abgespaltenen Buchwert gegenüberzustellen.

18

1.

Der vom Kläger aus der Veräußerung der betriebsgebundenen Rübenquoten (... dt A-Rüben/ha) erzielte Kaufpreis in Höhe von ... DM führt zu Einnahmen bei seinen Einkünften aus Land- und Forstwirtschaft (§§ 13, 14 EStG). Denn betriebsgebundene Rübenlieferrechte sind nicht Bestandteil des Grund und Bodens, sondern stellen ein selbständiges immaterielles Wirtschaftsgut dar (vgl. BFH-Urteil vom 24. Juni 1999 IV R 33/98, BFH/NV 1999, 1550). Hierüber besteht zwischen den Beteiligten ebenso wie über die Höhe des auf die Übertragung der Rübenquote entfallenden Kaufpreisanteils (dieser entspricht den Vereinbarungen gemäß dem notariellen Kaufvertrag vom 20. September 1994) kein Streit mehr.

19

2.

Dem Veräußerungsgewinn aus dem Verkauf der (betriebsgebundenen) Rübenlieferrechte ist kein (anteiliger) Buchwert "Grund und Boden" gegenüberzustellen. Denn der Senat sieht insoweit die Voraussetzungen einer verdeckten Regelungslücke im Zusammenhang mit der Einführung der Bodengewinnbesteuerung und Normierung der Verlustausschlussklausel in § 55 Abs. 6 EStG als nicht gegeben an, so dass eine (anteilige - auf das immaterielle Wirtschaftsgut "Zuckerrübenlieferrecht" entfallende -) Abspaltung von dem in der Bilanz enthaltenen Pauschalwert Grund und Boden auf den 01.07.1970 nicht in Betracht kommt.

20

a)

Zwar kann - entgegen der Auffassung des beklagten Finanzamts - nicht davon ausgegangen werden, dass sich die unstreitig 1968 mit der Einführung der EG-Zuckermarktordnung entstandenen betriebsbezogenen Zuckerrübenlieferrechte bereits vor dem 1. Juli 1970 zu einem immateriellen Wirtschaftsgut mit der Folge verfestigt hatten, dass sie sowohl bei der Bemessung der Pauschalwerte des § 55 EStG Berücksichtigung finden und zugleich Einfluss auf den Wert der Anbaufläche nehmen konnten. Selbst wenn, wofür sich weder nach dem Vortrag der Beteiligten noch nach Aktenlage Anhaltspunkte ergeben, in Einzelfällen für die Übertragung von Rübenquoten bereits vor dem 1. Juli 1970 Entgelte gezahlt worden sein sollten, bedeutete dies noch nicht die Verfestigung zu einem immateriellen Wirtschaftsgut. Hiergegen spricht vor allem, dass nach dem unwidersprochen gebliebenem Vortrag des Finanzamts (vgl. Schriftsatz vom 27. Februar 2001 nebst Anlage, Bl. 42 ff der Gerichtsakte 15 K 840/97) die Weltmarktpreise für Zuckerrüben über den Stichtag 1. Juli 1970 hinaus die von den Rübenfabriken gezahlten Abnahmepreise überstiegen. Hiermit korrespondiert der klägerische Vortrag unter Hinweis auf die Ausführungen von Schmidt in "Referenzmengen und Lieferrechte in der Landwirtschaft Hauptverband landwirtschaftlicher Buchstellen und Sachverständiger Heft Nr. 147; 1996", wonach die norddeutschen Zuckerfabriken bis etwa Mitte der 70er Jahre nur mit großer Mühe die zur Erfüllung ihrer Quoten notwendigen Rüben zusammenbringen konnten. Bis zu dieser Zeit sei trotz Quotenregelung der Rübenanbau in Norddeutschland praktisch frei gewesen. Dies bedingt indes, dass der Erwerber landwirtschaftlicher Flächen, die zum Zuckerrübenanbau geeignet waren, nicht bereit gewesen wäre, für Rübenquoten ein (zusätzliches) Entgelt zu zahlen, da die Möglichkeit der Rübenproduktion aufgrund der Marktsituation gerade nicht eingeschränkt war. Insoweit bestand kein (in Geld bewertbarer) Vorteil, über ein Zuckerrübenkontingent zu verfügen.

21

b)

Die Rübenlieferrechte haben sich im Zeitraum 1989/1990 zu einem immateriellen Wirtschaftsgut verfestigt.

22

Das Gericht folgert dies einerseits aus der zivilrechtlichen Rechtsprechung des Oberlandesgerichts Celle sowie des Bundesgerichtshofs (vgl. BGH-Urteil vom 30. März 1990 V ZR 113/89, NJW 1990, 1723), wonach ein Grundstückskaufvertrag ein anteiliges Lieferrecht für Zuckerrüben nur dann mit umfasse, wenn die Parteien dies vereinbarten. Insbesondere ergebe sich kein "automatischer" Übergang der Zuckerrübenlieferrechte bei Verkäufen von Ackerlandteilflächen, auf denen Rübenanbau möglich sei.

23

Zudem fand in der steuerrechtlichen Literatur die Behandlung von Zuckerrübenlieferungsrechten als immaterielles Wirtschaftsgut z.B. erstmals in der 9. Auflage von Schmidt/Seeger in der Kommentierung zum EStG 1990 unter § 13 Anm. 44 Erwähnung. Für die Zeit davor enthalten die gängigen Kommentierungen zum EStG keine Ausführungen dazu, dass Zuckerrübenlieferrechte als immaterielle Wirtschaftsgüter anzusehen seien. Nicht zuletzt belegt der ländereinheitliche Erlass des Niedersächsischen Finanzministeriums vom 18. Dezember 1989, S 2230-156-31 1 - zur einkommensteuerlichen Behandlung von Zuckerrübenlieferrechten (Einkommensteuer-Kartei [Luf] Niedersachsen § 13 Nr. 1.32), die Verfestigung der Rübenlieferrechte zu einem immateriellen Wirtschaftsgut im Zeitraum 1989/1990.

24

Durch die zivilrechtliche Rechtsprechung sowie die steuerrechtliche Literatur bzw. die entsprechenden Verwaltungsanweisungen gelangte sowohl auf Verkäufer- als auch auf Erwerberseite zu diesem Zeitpunkt ins allgemeine Bewusstsein, dass Zuckerrübenlieferrechte gesondert handelbar seien und einen eigenständigen Wert verkörperten. Für den Erwerber war es nunmehr offenkundig notwendig, Rübenlieferrechte zusätzlich zum "nackten Grund und Boden" zu erwerben, sofern er auf den gekauften Ackerflächen (auch) Zuckerrüben anzubauen beabsichtigte und dies nicht oder nur zum Teil mit bereits vorhandenen eigenen Quoten abdecken konnte. Für die Veräußerer landwirtschaftlicher Nutzflächen eröffnet der eigenständige Wert "Zuckerrübenlieferrecht" die Möglichkeit zur Veräußerung entsprechender Ackerflächen auch ohne oder auch nur mit einer geringeren Quote mit der hiermit untrennbar verbundenen Folge, dass für den Wert "Rübenlieferrecht" ein (gesondertes) Entgelt zu entrichten war.

25

c)

Das Erstarken des Rübenlieferrechts zu einem immateriellen Wirtschaftsgut im Zeitraum 1989/1990 korrespondiert indes nicht mit dem (anteiligen) Ansatz eines Buchwerts, der in Veräußerungsfällen dem für das Lieferrecht erzielten Erlös gegenüberzustellen ist.

26

An dieser Stelle ist zunächst auf die Besonderheiten des "Zuckerrübenlieferrechts" gegenüber den "Milchquoten" nach der Milchgarantiemengenverordnung (MGV) hinzuweisen. Denn während vor allem sogenannte Grünlandflächen nach Einführung der Milchquote ohne gleichzeitige Übertragung einer Milchreferenzmenge kaum nutzbar und darum allenfalls mit erheblichen Einschränkungen (Abschlägen) veräußerbar waren, weisen rübenanbaufähige Ackerflächen die Besonderheit auf, dass es sich hierbei durchweg um qualitativ hochstehende Böden - Ertragsmesszahl 60 und mehr - handelt, die auch anderweitig als durch den Anbau von Zuckerrüben genutzt werden können. Denn derartig ertragstarke Böden sind auch ohne Zuckerrübenkontingent unter Wirtschaftslichkeitsgesichtspunkten sinnvoll nutzbar.

27

Es bedarf keiner abschließenden Entscheidung, ob sich das Rübenlieferrecht aus dem Grund und Boden abgespalten hat (vgl. etwa Milchreferenzmenge nach der MGV) oder aber - aufgrund der vorstehend geschilderten Besonderheiten ertragstarker Böden - als quasi auf den Grund und Boden "draufgesattelt" zu verstehen ist. Denn der Berücksichtigung eines (anteiligen) Buchwertes "Zuckerrübenlieferrecht" steht entgegen, dass diesbezüglich nicht von einer verdeckten Regelungslücke des § 55 Abs. 6 EStG ausgegangen werden kann, da sich der Wert der Anbauflächen für Zuckerrüben nach Einführung der Pauschalwerte für den Grund und Boden zum 1. Juli 1970 in Folge der Quotenregelung (EG- bzw. EU-Zuckermarktordnung) nicht nachhaltig vermindert hat.

28

Abzustellen ist insoweit auf die Verhältnisse nach Verfestigung der Rübenlieferrechte zu einem immateriellen Wirtschaftsgut in 1989/1990. Dies bedingt zugleich, dass sowohl der Auffassung des beklagten Finanzamt, das auf die Entwicklung der Teilwerte rübenfähiger Ackerflächen im Vergleich zum 1. Juli 1970 abstellt (kein Absinken unter die entsprechenden Werte zum 1. Juli 1970), als auch der der Kläger, die auf die Wertentwicklung zwischen 1981/82 sowie 1991 abstellen (Absinken der Teilwerte landwirtschaftlich genutzter Ackerflächen) schon vom Ausgangspunkt her nicht zu folgen ist.

29

Wie die nachstehende Aufstellung belegt, sind die Kaufwerte für landwirtschaftliche Nutzflächen mit einer Ertragsmesszahl - wie im Streitfall - 60 und mehr, die (auch) rübenfähiges Ackerland umfassen, von 1989 auf 1990, vor allem aber nach 1991 gestiegen (34.612 DM/37.251 DM/49.960 DM, Preise je ha). Soweit die Preise ab 1992 gefallen sind, ist festzuhalten, dass sich diese nachhaltig lediglich auf das "frühere" Niveau von 1989 eingependelt haben, wie die Zahlen für die Jahre 1992 bis 1997 ergeben. Ab 1998 haben die Preise je ha landwirtschaftlicher Nutzfläche mit der Folge wiederum angezogen, dass sich jedenfalls eine nachhaltige Minderung nicht feststellen lässt:

30

Kaufwerte je ha Fläche für landwirtschaftliche Grundstücke in Niedersachsen (Ertragsmesszahl 60 und mehr), die zur weiteren landwirtschaftlichen Nutzung gekauft werden (Quelle: Statistische Jahrbücher für die Bundesrepublik Deutschland 1989 bis 2000 "Kaufwerte für landwirtschaftliche Grundstücke"):

1987: 38.670 DM
1988: 34.536 DM
1989: 34.612 DM
1990: 37.251 DM
1991: 49.960 DM
1992: 33.751 DM
1993: 34.729 DM
1994: 33.475 DM
1995: 33.959 DM
1996: 34.602 DM
1997: 34.143 DM
1998: 38.090 DM.
31

II.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 135 Abs. 1 der Finanzgerichtsordnung (FGO).

32

Die Revision wird zugelassen, da die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat (§ 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO).