Verwaltungsgericht Lüneburg
Urt. v. 15.12.2004, Az.: 1 A 279/02
Absenkungsregel; Annex; Anspruch auf fehlerfreie Ermessensentscheidung; Auswahlermessen; Folgenbeseitigung; Leistungsgrundsatz; Notenabsenkung; Notengleichstand; Selbstbindung; Umsetzung; unselbständiger Annex
Bibliographie
- Gericht
- VG Lüneburg
- Datum
- 15.12.2004
- Aktenzeichen
- 1 A 279/02
- Entscheidungsform
- Urteil
- Referenz
- WKRS 2004, 50219
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- [keine Angabe]
Rechtsgrundlagen
- Art 33 Abs 2 GG
- § 88 VwGO
- § 113 Abs 4 VwGO
- § 113 Abs 5 VwGO
Amtlicher Leitsatz
Leitsatz
1. Hat sich der Dienstherr für eine Umsetzung nach Eignung, Befähigung und fachlicher Leistung entschieden, so kann er nach dieser Selbstbindung nicht mehr auf ein "freies Auswahlermessen" zurückgreifen.
2. Eine rechtswidrig abgesenkte Note lässt sich nicht mit einer noch nicht abgesenkten Note vergleichen.
3. Bei einem Beurteilungsgleichstand gewinnt die dienstliche Beurteilung in einem höheren Amt ausschlaggebende Bedeutung gegenüber einer Beurteilung in einem niedrigeren Amt.
4. Der pauschale Ausschluss eines Beamten von einer leistungsbezogenen Umsetzung nur wegen seiner in einer Spezialeinheit benötigten Spezialkenntnisse ist bei einer Selbstbindung (s.o. 1) rechtswidrig.
Tatbestand:
Der bei der BGSA B. eingesetzte Kläger (POM im BGS / A 8) erstrebt seine Umsetzung auf einen Dienstposten mit der Funktion „Kontroll-/Streifenbeamter“ in Cuxhaven.
Im Dezember 2001 gab das GSP Nord bekannt, dass aufgrund der beabsichtigten Verlegung der Englandfähre von Hamburg nach Cuxhaven 16 Funktionsstellen / Dienstposten als „Kontroll-/Streifenbeamter/in“ beim BGS-Amt Hamburg, BGSI Bremen, EA Cuxhaven mit folgendem Anforderungsprofil besetzbar seien:
Laufbahnbefähigung mPVD
Angehöriger des GSP Nord
Mindestens 6 Jahre Verwendungserfahrung nach Erwerb der Laufbahnbefähigung
Der Kläger bewarb sich im Januar 2002 auf eine der genannten Stellen unter Hinweis darauf, dass er vom vorgesehenen Einsatzort in Cuxhaven nur ca. 25 Fahrminuten entfernt sein Eigenheim habe.
Gemäß dem „Dienstpostenbesetzungsvermerk“ vom 25. Januar 2002 wurde die Auswahlentscheidung nach „folgenden personalwirtschaftlichen Notwendigkeiten“ getroffen:
Bewerber des BGS-Amtes See, die Stammbeamte der BGSI See Cuxhaven sind und aufgrund von Borddienstuntauglichkeiten dort nicht weiter verwendet werden können.
Bewerber des BGS-Amtes See, die im Rahmen des BGS-Reform II (4. Schritt) für eine Verwendung beim BGS-Amt See ausgewählt wurden, jedoch aufgrund des zu erwartenden Personalüberhangs (Einführung neuer Bootsmuster) dort auf Dauer keine Verwendung finden können.
Bewerber des BGS-Amtes Flensburg, die im Hinblick auf die anstehende Reorganisation dieses Amtes in anderen Bereichen des BGSP Nord untergebracht werden müssen.
Die restlichen Funktionen nach den Auswahlgrundsätzen von Eignung, Befähigung und fachlicher Leistung.
Hiernach waren 10 Bewerber „vorrangig“ zu berücksichtigen. Ein Rest von 10 Dienstposten war nach dem Leistungsgrundsatz zu besetzen, wobei 3 Bewerber das Anforderungsmerkmal einer 6-jährigen Verwendungserfahrung nicht erfüllten. 9 Beamte (ein PHM, 8 POM) wurden sodann aufgrund von Eignungskriterien „sowie unter Einbeziehung weiterer Subsidiärkriterien (Regelbeurteilung 1998, höheres Statusamt, Lebens- und Dienstalter)“ als bestgeeignete Beamte bevorzugt. Um die letzte Funktionsstelle konkurrierten POM Finken und der Kläger (beide von der BGSA Uelzen). Beide verfügten dem Vermerk zufolge über ein „absolut identisches aktuelles Leistungs- und Befähigungsbild“, wobei der Kläger seine Laufbahnprüfung allerdings rd. 3 ½ Jahre vor POM Finken absolviert hatte. Um die „Schwächung“ der Beweissicherungs- und Festnahmehundertschaft der BGSA Uelzen zu verhindern und aus Fürsorge gegenüber POM Finken (soziale Gründe) wurde dieser bevorzugt und der Kläger nicht mehr berücksichtigt.
Nachdem dann 3 Beamte ihre Bewerbungen zurückgezogen hatten, ergab sich die Notwendigkeit einer Nachbesetzung (Bl. 22 VwV), bei welcher der Kläger jedoch wiederum nicht berücksichtigt wurde, weil er „Angehöriger der Beweissicherungs- und Festnahmehundertschaft der BGSA B. ist“. Es kamen andere Beamte, u.a. PM Weinert zum Zuge.
Mit Schreiben vom 19. April 2002 wurde das dem Kläger mitgeteilt. Dagegen erhob er im Mai 2002 mit der Begründung Widerspruch, er könne die Auswahl nicht nachvollziehen, zumal er schon 11 Jahre bei der genannten Spezialeinheit „anständig“ seinen Dienst versehe und - wie andere auch - soziale Gründe aufweisen könne. Im Vergleich zu PM Weinert sei bemerkenswert, dass seine Note nach seiner Beförderung zum POM von 8 auf 5 Punkte herabgesetzt worden sei. Durch Widerspruchsbescheid vom 20. August 2002 - zugestellt am 11. September 2002 - wurde der Widerspruch als unbegründet zurückgewiesen.
Zur Begründung seiner am 4. Oktober 2002 erhobenen Klage trägt der Kläger vor, er als Polizeiobermeister im BGS (A 8) sei zu Unrecht nicht bei der Umsetzung auf einen Dienstposten der Funktion „Kontroll-/Streifenbeamter“ (A 8/9) berücksichtigt worden. Vor allem sei die Bevorzugung seiner Kollegen POM Finken und PM Weinert nicht zu rechtfertigen, da er zumindest ebenso qualifiziert sei wie sie. Seine Spezialausbildung und sein Spezialdienstposten seien kein Grund, ihn zurückzustellen, sondern eher ein solcher, ihn zu fördern. Umsetzungen mit Beförderungschancen hätten sich am Leistungsgrundsatz zu orientieren, aber auch an sozialen Maßstäben und an Art. 6 GG. Seine Spezialausbildung könne nicht dazu führen, dass er nicht berücksichtigt werde.
Der Kläger beantragt,
den Ablehnungsbescheid des Grenzschutzpräsidiums Nord vom 19. April 2002 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides des Grenzschutzpräsidiums Nord vom 20. August 2002 aufzuheben und den Beklagten zu verpflichten, den Kläger auf einen Dienstposten mit der Funktion „Kontroll-/Streifenbeamter“ umzusetzen.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie meint, zugunsten des Klägers sei von einem Leistungsgleichstand der drei Bewerber auszugehen gewesen, so dass Hilfskriterien - hier personalwirtschaftliche Belange des Dienstherrn - zum Zuge gekommen seien. Die besondere Qualifikation des Klägers sei zwar grundsätzlich vorteilhaft, aber für den konkreten Dienstposten hier gerade nicht erforderlich. Die kostenintensive Spezialausbildung des Klägers sei vielmehr Anlass gewesen, den Kläger bei der BGSA Uelzen zu belassen. Die Tatsache, dass es sich bei dem erstrebten Dienstposten um einen Beförderungsdienstposten handele, sei noch kein Anlass, den Kläger - etwa aus Fürsorge - umzusetzen. Sonstige - soziale - Belange des Klägers seien hier nicht berücksichtigungsfähig.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakten und der beigezogenen Verwaltungsvorgänge der Beklagten verwiesen.
Entscheidungsgründe
Die zulässige Klage ist begründet.
Der Kläger ist durch die Bewerberauswahl für die Besetzung der Funktionsstellen / Dienstposten in Cuxhaven in seinen Rechten verletzt worden, § 113 VwGO. Die Beklagte war zu verpflichten, den Kläger, der das von der Beklagten geforderte Anforderungsprofil ohne Frage erfüllt, nunmehr auf einen Dienstposten in Cuxhaven umzusetzen, § 113 Abs. 1 und Abs. 4 VwGO.
1. Ausgangspunkt des Anspruchs des Klägers auf Umsetzung ist hier, dass gemäß Pkt. 4 des „Dienstpostenbesetzungsvermerks“ vom 25. Januar 2002 restliche Funktionsstellen nach Eignung, Befähigung und fachlicher Leistung besetzt werden sollten. Die Beklagte hat sich damit kein „freies“ Auswahl- oder Organisationsermessen mehr vorbehalten, sondern sich hinsichtlich der Kriterien ihrer Ermessensentscheidung ersichtlich im Sinne des verfassungsrechtlichen Leistungsprinzips selbst konkret gebunden. Ein allgemeines Auswahlermessen mit der Möglichkeit, noch andere Kriterien und ggf. alle erdenklichen Verwaltungsprioritäten bei der Dienstpostenbesetzung in Cuxhaven zu beachten und zu berücksichtigen, stand ihr damit nicht mehr zu. Die so vorgenommene verwaltungsrechtliche Selbstbindung der Beklagten im Sinne einer ermessenslenkenden Richtlinie war nunmehr von der Beklagten zu beachten, so dass es grundsätzlich nicht mehr möglich war, noch ein „weites Auswahlermessen“ (S. 4 des Widerspruchsbescheides) zu betätigen und „personalwirtschaftliche Überlegungen“ allgemeinerer Art anzustellen.
Es konnte bei der Besetzung der Dienstposten in Cuxhaven somit allein noch auf Eignung, Befähigung und fachliche Leistung ankommen.
2. Unter Leistungsgesichtspunkten jedoch ist der Leistungsabgleich für die Entscheidung, welcher der Beamten nach Cuxhaven umzusetzen sei, eindeutig rechtsfehlerhaft. Denn der Kläger als POM ist zumindest schon im Vergleich zu PM Weinert als eindeutig höher qualifiziert einzustufen. Dabei sind die derzeitigen Punktzahlen der beiden Beamten (5 und 8), die zueinander in Beziehung gesetzt wurden, selbstverständlich nicht vergleichbar, was auch die Beklagte anerkennt (S. 2 d. Schrifts. v. 29.10.2002: „direkter Vergleich der beiden Noten nicht möglich“).
Hinsichtlich des PM Weinert hat das dazu geführt, dass im Widerspruchsbescheid insoweit erheblicher Begründungsbedarf bestand (S. 4 des Widerspruchsbescheides) und ausgeführt wurde, der Grundsatz der Notenabsenkung um 3 Pkt. sei nur von Fall zu Fall heranziehbar und es könne nicht als sicher vorausgesetzt werden, dass PM Weinert im Falle einer Beförderung „ebenfalls auf die Note ´5´abgesenkt“ werde (was wohl heißen sollte, seine Note werde möglicherweise nur um 2 Pkt auf dann die Note 6 oder aber gar nicht abgesenkt). Im Ansatz ist das deshalb richtig, weil die pauschale Notenabsenkung nach einer Beförderung um 3 Pkt. rechtswidrig ist. Im Urteil vom 20. März 2002 (1 A 152/01) hat die Kammer dazu Folgendes ausgeführt.
„In der Sache hat die Klage vor allem jedoch deshalb Erfolg, weil die pauschale Absenkung einer Beurteilung um „drei Noten“ nach einer Beförderung, so wie das von der Beklagten aufgrund einer Dienstbesprechung vom 25. März 1999 in R. (nur) für den Bereich des GSP P. bindend vereinbart worden und seitdem ganz offensichtlich auch Praxis ist, unverhältnismäßig und damit rechtswidrig ist.
An der Bindungswirkung dieser Vereinbarung, die schon durch den Teilnehmerkreis (Präsident GSP P., AL 1, AL 2, StBL 4 sowie alle Amtsleiter, Abteilungsführer, Leiter AFZ und Staffelführer BGS Fliegerstaffel) indiziert wird, hat die Kammer keinerlei Zweifel, zumal der Wortlaut, dass nämlich „ein Beamter nach Beförderung um drei Noten abgesenkt werden muß“, zusammen mit den hier bedeutsamen Klammerbeispielen - „letzte Note 9 / neue Note 6“ - völlig eindeutig ist. Auch der Zusatz, dass „Ausnahmen in Einzelfällen“ möglich seien, unterstreicht nur die generell gewollte Bindung der Absenkungsregel.
Diese jeden Beurteiler im Bereich des GSP P. bindende Absenkungsregel für Beurteilungen nach Beförderungen ist zunächst einmal schon wegen ihrer Pauschalität und ihrer generellen Verbindlichkeit rechtswidrig, weil sie gegen das Gebot individueller Leistungsbeurteilungen iSd Leistungsgrundsatzes verstößt (Art. 33 Abs. 2 GG). Darüber hinaus beschneidet sie den Wertungs- und Beurteilungsspielraum des einzelnen Beurteilers generalisierend, so dass dieser nicht mehr in der Lage ist, in einem nur ihm zugewiesenen „Akt wertender Erkenntnis“ eine aus seiner Sicht und Wertung für den zu beurteilenden Beamten tatsächlich sachgerechte Beurteilung anzufertigen. Dabei fällt auch ins Gewicht, dass die Absenkung nach den Klammerbeispielen regelmäßig um 3 Notenpunkte, nicht aber um z.B. zwei oder nur einen Punkt, zu erfolgen hat, was sachlich nicht mehr zu rechtfertigen ist und auch nicht einleuchtet.
Abgesehen davon, dass die Absenkungsregel nur im Bereich des GSP P. aufgestellt worden ist, was bei Bewerbungskonkurrenzen mit Beamten aus anderen Grenzschutzpräsidien zu verzerrenden Nachteilen (Verstoß gegen Art. 3 und 33 Abs. 2 GG) führen kann, ist diese Regel vor allem deshalb unverhältnismäßig, weil die Absenkung der Note von 9 auf 6 Punkte derart gravierende Auswirkungen in der beim Beklagten geführten Rangliste hat, dass dem davon betroffenen Kläger für die Zukunft realistischerweise offenbar jede weitere Beförderungschance genommen wird. Das geht darauf zurück, dass ein großer Teil - ja die „Masse“ der beurteilten Beamten - mit der Note 6 beurteilt wird. In der Sache hat das zur Folge, dass im Rahmen der nächsten Beförderungsrunde zunächst einmal andere Beamte „anstehen“ und nicht mehr der gerade Beförderte, dieser also aus dem Kreis förderungswürdiger Beamter ausscheidet - obwohl er möglicherweise ein überaus leistungsstarker Beamter ist, der nun nicht wegen Leistungsmängeln, sondern ausschließlich wegen des bloßen Faktums der gerade erfolgten Beförderung aus dem gen. Kreis ausscheidet. Das steht mit dem verfassungsrechtlich verankerten Leistungsprinzip aus Art. 33 Abs. 3 GG nicht im Einklang und ist daher rechtswidrig.“
Deshalb hätte die Absenkung auch beim Kläger gar nicht erst erfolgen dürfen, so dass es eine „deutlich bessere“ Beurteilung des PM Weinert zum Stichtag 1.05.2001 nicht gibt (vgl. Schrifts. v. 29.10.2002, S. 2 oben).
Unter diesen Umständen ist z.Z. nicht von einem „Gleichstand“ auszugehen, sondern es ist zu berücksichtigen, dass der Kläger mit einer vergleichbaren Punktzahl wie PM Weinert seine Aufgaben derzeit in einem höheren Statusamt eines POM beanstandungslos versieht und aus diesem Grunde bei einem Leistungsabgleich, der Art. 33 Abs. 2 GG gerecht wird, dem PM Weinert vorgeht.
Die Tatsache, dass der Kläger bereits POM ist und er in diesem Amt beanstandungslos seine Aufgaben erfüllt, während PM Weinert das nur in seinem niedrigen Amt tut, ist nämlich eindeutiger Beleg für eine die höhere Eignung des Klägers. Insoweit sei hier auf die Beschlüsse der Kammer vom 19.11.1991 - 1 B 100/91 - und vom 7.3.2003 - 1 B 3/03 - verwiesen, aber auch auf den des Nds. Oberverwaltungsgerichts vom 22.7.1993 - 5 M 2913/93 -, in dem es u.a. heißt:
„Es ist ein alter Grundsatz des Beurteilungsrechts, dass die dienstliche Beurteilung für einen Beamten, der sich bereits in einem höheren Amt befindet, wegen der damit verbundenen Anforderungen ein höheres Gewicht hat als die zu einem niedriger bewerteten Amt gegebene Beurteilung (vgl....). Deshalb gewinnt die in einem höheren Amt erteilte Beurteilung grundsätzlich ausschlaggebende Bedeutung, wenn die Bewerber in der Notenskala die gleiche Notenstufe erreicht haben (OVG Lüneburg, Beschl. v. 2.5.1991 - 2 M 602/91 -; Beschl. v. 18.6.1993 - 5 M 1488/93 -). Das gilt grundsätzlich auch...“
Nur auf diese Eignung aber (s.o. 1) kam es an, nicht noch auf personalwirtschaftliche Überlegungen anderer Art, wie sie hier von der Beklagten fehlerhafter Weise noch angestellt wurden.
Dahinstehen mag insoweit noch, ob die Vorauswahl im Vergleich zu POM Finken (ebenfalls Note 5) überhaupt korrekt war und hierbei die Tatsache von Spezialkenntnissen und -ausbildung zu Lasten des Klägers noch in irgendeiner Weise berücksichtigt werden durfte.
3. Fehlerhaft ist es unter diesen Umständen, den Kläger bei sämtlichen Leistungsvergleichen (nur) deshalb zurückzusetzen, weil er Spezialkenntnisse hat und in einer Spezialeinheit seinen Dienst - unbeanstandet - verrichtet. Der praktischen Handhabung nach ist der Kläger allein mit dieser Begründung schon vorab aus dem Bewerberfeld aussortiert worden, ohne dass noch auf seine Eignung/Befähigung (Art. 33 GG / Leistungsgrundsatz) als POM eingegangen wurde. Er wurde vom weiteren Stellenbesetzungsverfahren „ausgeschlossen“ (so wörtlich S. 4 Abs. 4 d. Widerspruchsbescheides). Vgl. dazu Bl. 22 der VerwV: Allein die Tatsache, dass er „Angehöriger“ der gen. Spezialeinheit ist, hat stets sofort und unmittelbar dazu geführt, dass er „wiederum nicht berücksichtigt“ wurde. In den erforderlichen Leistungsvergleich (s.o. 1) ist gar nicht erst eingetreten worden, er wurde gar nicht erst angestellt. Das steht eindeutig im Widerspruch zu der vorgenommenen Selbstbindung der Beklagten (s.o. 1), die unter den Beamten, die das Anforderungsprofil erfüllen, allein Leistungsgesichtspunkte zum Zuge kommen lassen wollte. Von einer Ausgrenzung bestimmter Beamter oder einer Gruppe von Beamten mit Spezialkenntnissen war hierbei keine Rede.
4. Unter diesen Umständen einer rechtsfehlerhaften Zurücksetzung des Klägers bei den getroffenen Auswahlentscheidungen und vollzugsgleicher Ablehnung seines Antrages auf Umsetzung nach Cuxhaven ist ihm angesichts der Reduzierung des gebundenen Auswahlermessen (unter Eignungs- und Leistungsgesichtspunkten, s.o.) ein Anspruch auf Umsetzung zuzusprechen. Denn die Bewerberauswahl hätte unter Leistungsgesichtspunkten allein und nur im Sinne einer Entscheidung zu Gunsten des Klägers getroffen werden können (s.o.) - jede andere Entscheidung wäre fehlerhaft gewesen. Somit kann über die Aufhebung der ergangenen Bescheide hinaus nunmehr auch die Verpflichtung der Beklagten ausgesprochen werden, den Kläger antragsgemäß (§ 88 VwGO) nach Cuxhaven umzusetzen (§ 113 Abs. 4 und Abs 5 VwGO). Das ist nach Lage der Dinge die mit der Klage und ihrem erkennbaren Ziel begehrte Amtshandlung. Diese Umsetzung ist - wie der Vertreter der Beklagten in der mündlichen Verhandlung ausgeführt hat - angesichts der Vielzahl der im Geschäftsbereich des Grenzschutzpräsidiums Nord vorzunehmenden Ver- und Umsetzungen derzeit zwar nicht auf einen konkret benennbaren Dienstposten, aber mit Rücksicht auf die ständige Fluktuation im Bereich des Grenzschutzpräsidiums Nord denkbar und möglich.
Die Umsetzung des Klägers stellt sich zugleich als Folgenbeseitigung seiner Ausgrenzung und Nichtberücksichtigung bei der Auswahl für Cuxhaven dar. Der Kläger hätte nach Lage der Dinge bei der Bewerberauswahl zum Zuge kommen müssen, konnte das jedoch wegen seiner rechtswidrigen Ausgrenzung nicht, so dass er vollzugsgleich nicht umgesetzt wurde. Das ist heute - im Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung - durch eine entsprechende Folgenbeseitigung auszugleichen. Der entsprechende Antrag (§ 113 Abs. 1 VwGO) ist hier gemäß dem Klagebegehren (§ 88 VwGO) und dem damit verfolgten Klageziel in dem Antrag des Klägers enthalten, auf einen Dienstposten mit der Funktion Kontroll-/Streifenbeamter in Cuxhaven umgesetzt zu werden. Hierbei ist vorausgesetzt, dass die Umsetzung sich nicht als Verwaltungsakt darstellt (BVerwGE 66, 144/146 ff.). § 113 Abs. 1 S. 2 u. 3 VwGO ist als Sonderfall der Verbindung von Anfechtungs- und Leistungsklage zu verstehen, die ansonsten in § 113 Abs. 4 VwGO geregelt ist. Mit dieser Regelung über eine Folgenbeseitigung will das Gesetz die vielfältigen Schwierigkeiten lösen, die durch die (bloße) Aufhebung eines bereits in der Sache vollzogenen - rechtswidrigen -Verwaltungsaktes entstehen, der in der Realität nicht mehr rückgängig zu machen ist und schon entsprechende Tatsachen geschaffen hat (Redeker-v. Oertzen, VwGO-Kommen-tar, 14. Auflage 2004, § 113 Rdn. 16). Diesem Sinn und Zweck des Gesetzes ist hier durch eine entsprechende Verpflichtung der Beklagten zur Umsetzung des Klägers als unselbständiger Annex zur Aufhebung der ergangenen Bescheide Rechnung zu tragen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 167 VwGO i.V.m. § 708 Nr. 11 ZPO. Gründe, die Berufung nach § 124 a Abs. 1 S. 1 iVm § 124 Abs. 2 Nr. 3 und Nr. 4 VwGO zuzulassen, liegen nicht vor, was bereits im Tenor klar gestellt wurde.