Verwaltungsgericht Lüneburg
Beschl. v. 15.12.2004, Az.: 3 B 60/04
Castor; Castortransport; Gelegenheit; Kommunikation; Meinung; Meinungsfreiheit; Meinungskundgabe; Protestfrühstück; Versammlung; Öffentlichkeit
Bibliographie
- Gericht
- VG Lüneburg
- Datum
- 15.12.2004
- Aktenzeichen
- 3 B 60/04
- Entscheidungsform
- Beschluss
- Referenz
- WKRS 2004, 51015
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- [keine Angabe]
Rechtsgrundlagen
- Art 8 GG
Amtlicher Leitsatz
Leitsatz
Eine Versammlung i.S.d. Art. 8 GG ist mit einer gemeinsamen körperlichen Sichtbarmachung von Überzeugungen nach außen verknüpft. Für die Annahme einer Versammlung reicht es nicht aus, dass die Teilnehmer bei ihrem gemeinschaftlichen Verhalten durch irgendeinen Zweck miteinander verbunden sind, die Meinungskundgabe nach außen darf nicht nur beiläufiger Nebenakt der Veranstaltung sein, sondern das Gesamtgepräge der Veranstaltung bestimmen. Eine gemeinschaftliche Kommunikation ohne Bezug auf eine öffentliche Meinungsbildung bedarf keines Schutzes durch Art. 8 GG, weil dies schon durch die Meinungsfreiheit des Art. 5 GG und die allgemeine Handlungsfreiheit des Art. 2 GG hinreichend geschützt ist. Demzufolge reicht es nicht aus, dass die Zusammengekommenen sich (lediglich) als zusammengehörig fühlen, gebunden durch irgendeinen gemeinsamen Zweck, und ein Öffentlichkeitsbezug nicht besteht.
Inwieweit das gemeinsame "Protestfrühstück" zum Castortransport durch gemeinschaftliche Kommunikation geprägt sein und einen Öffentlichkeitsbezug - Meinungskundgabe nach außen - haben sollte, hat der Vortrag des Antragstellers nicht ansatzweise erkennen lassen.
Gründe
I. Der Antragsteller wendet sich gegen die Anforderung von Polizeigebühren.
Er wollte am 13. November 2001 anlässlich des anstehenden Castortransportes zusammen mit anderen zu einem Protestfrühstück fahren. Dabei wurde das Auto des Antragstellers angehalten. Nach dem Aussteigen wurde er zusammen mit anderen - wie er es ausdrückt - „umzingelt“. Insgesamt rund 70 Personen wurden eingekesselt und in Gewahrsam genommen. Später wurde der Antragsteller zur Gefangenensammelstelle D. verbracht, und gegen 18.30 Uhr kam er wieder frei, ohne dass eine Richterentscheidung über seine Ingewahrsamnahme herbeigeführt worden war.
Mit Bescheid der Antragsgegnerin vom 23. August 2004 wurde der Antragsteller zu Gebühren und Auslagen in Höhe von 55,10 EUR herangezogen, und zwar für die Unterbringung in Polizeigewahrsam und die Beförderung im Polizeifahrzeug. Über den dagegen eingelegten Widerspruch ist noch nicht entschieden worden.
Am 5. Oktober 2004 hat der Antragsteller vorläufigen Rechtsschutz begehrt, weil die Maßnahme u.a. gegen das Versammlungsrecht des Art. 8 GG verstoße.
II. Der Antrag ist zulässig, nachdem die Bezirksregierung ... einen Antrag des Antragstellers auf Aussetzung der Vollziehung mit Schreiben vom 22. September 2004 abgelehnt hat (§ 80 Abs. 6 Satz 1 VwGO).
Der Antrag ist unbegründet. Der Antragsteller hat keinen Anspruch darauf, dass das Gericht die aufschiebende Wirkung seines Widerspruches gegen den Bescheid der Antragsgegnerin vom 23. August 2004 anordnet.
Grundsätzlich hat ein Widerspruch nach § 80 Abs. 1 Satz 1 VwGO aufschiebende Wirkung, d.h. er darf nicht sofort vollzogen werden. Die aufschiebende Wirkung entfällt aber bei der Anforderung von öffentlichen Abgaben und Kosten (§ 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 VwGO), zu denen die im Bescheid fällig gestellten Gebühren und Auslagen gehören. Allerdings kann das Gericht die aufschiebende Wirkung des Widerspruches - und damit den Schutz vor einer Vollziehung des Kostenbescheides - anordnen, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des Verwaltungsaktes bestehen oder die Vollziehung für den Zahlungspflichtigen eine unbillige Härte zur Folge hätte (§ 80 Abs. 5 Satz 1 i.V.m. Abs. 4 Satz 3 VwGO).
Die Voraussetzungen zur Anwendung dieser Vorschrift sind nicht gegeben.
Anhaltspunkte dafür, dass die Zahlung des Betrages von 55,10 EUR eine unbillige Härte für den Antragsteller zur Folge hätte, sind nicht gegeben. Ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des Kostenbescheides bestehen nicht.
Hierzu ist auszuführen:
1. Der Heranziehungsbescheid beruht auf dem Niedersächsischen Verwaltungskostengesetz (NVwKostG) in Verbindung mit der Allgemeinen Gebührenordnung (AllGO) und dem dazugehörenden Kostentarif. Gemäß Tarif-Nr. 67.1 der Anlage zur AllGO werden für die Unterbringung einer Person im Polizeigewahrsam und für die Beförderung einer in Gewahrsam genommenen Person Gebühren und Auslagen in der im Heranziehungsbescheid genannten Höhe erhoben.
2. Der Antragsteller war im Polizeigewahrsam untergebracht, und er wurde als in Gewahrsam genommene Person mit einem Polizeifahrzeug befördert. Ob er von Beamten des BGS oder von Polizeibeamten aus Niedersachsen in Gewahrsam genommen worden ist, ist für die Anwendung des Niedersächsischen Rechtes nicht entscheidend. Denn es kommt darauf an, ob der Antragsteller in einem Polizeifahrzeug (des Landes Niedersachsen) transportiert worden ist, was offenbar der Fall gewesen ist, und darauf, dass die Gefangenensammelstelle (GESA) (auch) eine Einrichtung des Landespolizei ist. Die Höhe der Gebühr ist auch nicht abhängig von der Länge der Transportstrecke oder von der Anzahl der im Fahrzeug transportierten Personen.
3. Allgemein: Stehen ein Kostenbescheid und die zugrunde liegenden Polizeimaßnahmen in unmittelbarem Zusammenhang mit einer Versammlung, ist der Kostenbescheid nur rechtmäßig, wenn die Polizeimaßnahmen - hier: Gewahrsamnahme und Beförderung im Polizeifahrzeug - nicht gegen Art. 8 GG verstoßen.
a) Nach Art. 8 GG haben alle Deutschen das Recht, sich ohne Anmeldung oder Erlaubnis friedlich und ohne Waffen zu versammeln. Die Versammlungsfreiheit nach Art. 8 GG besitzt ähnlich wie die Meinungsfreiheit für die Persönlichkeitsentfaltung des Einzelnen und für die demokratische Ordnung grundlegende Bedeutung. Eine Versammlung, die sich im Rahmen des Art. 8 GG hält, ist „polizeifest“. Wird im Rahmen einer Versammlung ein friedlicher Versammlungsteilnehmer, der den verfassungsrechtlichen Rahmen des Art. 8 GG nicht überschreitet, in Polizeigewahrsam genommen und mit dem Polizeifahrzeug vom Versammlungsort wegtransportiert, wäre dies grundrechtswidrig. Im Hinblick auf das Grundrecht der Versammlungsfreiheit nach Art. 8 GG und dem Grundrechtsschutz, der vollziehende Gewalt und Rechtsprechung verpflichtet (Art. 1 Abs. 2 GG), wäre es nicht hinnehmbar, einen Bürger mit Kosten für eine Polizeimaßnahme zu belegen, die in elementare Entfaltungsrechte des Individuums grundrechtswidrig eingreift. Ingewahrsamnahme und Transport als kostenbegründende Amtshandlungen müssen deshalb im Hinblick auf Art. 8 GG grundrechtskonform sein. Dem Grundrecht der Versammlungsfreiheit kann nur Rechnung getragen werden, wenn die Kostenerhebung nach den genannten Ziffern der allgemeinen Gebührenordnung auf Polizeihandlungen, die im Zuge von Versammlungen durchgeführt werden, beschränkt wird auf solche, die nicht gegen Art. 8 GG verstoßen. Damit stehen Grundrechtsschutz, Polizeimaßnahmen und Kostenbescheid in einem engen inneren unmittelbaren Zusammenhang.
b) Das Verwaltungsgericht, das wie hier über die Rechtmäßigkeit eines Kostenbescheides zu entscheiden hat, hat im Hinblick auf die Frage, ob die dem Bescheid zugrundeliegenden Polizeimaßnahmen mit dem Grundrecht der Versammlungsfreiheit nach Art. 8 GG vereinbar sind, keine uneingeschränkte Überprüfungskompetenz, sondern nur eine eingeschränkte Überprüfungskompetenz.
aa) Das Verwaltungsgericht ist nicht zuständig, die Rechtmäßigkeit der kostenauslösenden Ingewahrsamnahme unter allen Gesichtspunkten zu überprüfen. Die Rechtmäßigkeit/Rechtswidrigkeit der Ingewahrsamnahme umfassend zu prüfen, obliegt allein den Amtsgerichten.
Nach § 18 NGefAG - jetzt: NdsSOG - kann die Polizei eine Person unter anderem dann in Gewahrsam nehmen, wenn dies unerlässlich ist, um die unmittelbar bevorstehende Begehung oder Fortsetzung einer Straftat oder Ordnungswidrigkeit von erheblicher Gefahr für die Allgemeinheit zu verhindern, oder wenn dies unerlässlich ist, um eine Platzverweisung durchzusetzen.
§ 19 Abs. 1 NGefAG bestimmt, dass, wenn eine Person in Gewahrsam genommen wird, die Polizei unverzüglich eine richterliche Entscheidung über Zulässigkeit und Fortdauer der Freiheitsbeschränkung herbeizuführen hat. Nach § 19 Abs. 3 Satz 1 NGefAG ist das Amtsgericht hierfür zuständig, in dessen Bezirk die Person festgehalten wird.
§ 19 Abs. 2 Satz 1 NGefAG in der bis Ende 2003 geltenden Fassung bestimmte überdies:
„Ist die Freiheitsbeschränkung vor Erlass einer gerichtlichen Entscheidung beendet, kann die festgehaltene Person, bei deren Minderjährigkeit auch ihr gesetzlicher Vertreter, innerhalb eines Monats nach Beendigung der Freiheitsbeschränkung die Feststellung beantragen, dass die Freiheitsbeschränkung rechtswidrig gewesen ist, wenn diese länger als acht Stunden angedauert hat oder für die Feststellung ein sonstiges berechtigtes Interesse besteht“.
Für diese Entscheidung nach § 19 Abs. 2 NGefAG ist das Amtsgericht zuständig, in dessen Bezirk die Person in Gewahrsam genommen wurde (§ 19 Abs. 3 Satz 2 NGefAG). Das Verfahren richtet sich nach den Vorschriften des Niedersächsischen Gesetzes über die freiwillige Gerichtsbarkeit (§ 19 Abs. 4 NGefAG).
Die Zuweisung der Rechtmäßigkeitsprüfung von Ingewahrsamnahmen an die Amtsgerichte lässt sich nicht beanstanden und steht in Übereinklang mit höherrangigem Recht (Urt. d. Kammer v. 23.01.2004 - 3 A 120/02; Urt. d. Kammer v. 07.09.2004 - 3 A 85/02; Nds. OVG, Beschl.v.21.11.2003 - 11 PA 345/03 -). Das Verwaltungsgericht kann die Rechtswidrigkeit der Ingewahrsamnahme auch nicht gleichsam als Vorfrage der Gebührenfestsetzung inzident prüfen. Macht ein Betroffener von den verfahrensrechtlichen Möglichkeiten des § 19 NGefAG in Verbindung mit den Vorschriften des Nds.FGG und des FGG nicht Gebrauch, liegt das in seinem Risikobereich mit der Folge, dass er wegen der vom niedersächsischen Gesetzgeber gewollten umfassenden Rechtsschutzkonzentration auf die ordentliche Gerichtsbarkeit nicht nachträglich in einem verwaltungsgerichtlichen Verfahren die Überprüfung der Rechtmäßigkeit der streitigen Ingewahrsamnahme, sei es im Wege einer Fortsetzungsfeststellungsklage entsprechend § 113 Abs. 1 Satz 4 VwGO oder sozusagen als Vorfrage im Rahmen einer Anfechtungsklage gegen die Heranziehung zu den Kosten der Ingewahrsamnahme, erreichen kann (so auch Nds. OVG a.a.O.).
bb) Auch wenn das Verwaltungsgericht die Rechtmäßigkeit der Ingewahrsamnahme nicht in vollem Umfang prüfen kann, hat es doch ein eingeschränktes Prüfungsrecht und eine eigenständige selbständige Prüfungspflicht bei der Frage, ob die Ingewahrsamnahme gegen das durch Art. 8 GG gewährleistete Versammlungsrecht verstößt. Das Verwaltungsgericht kann das Grundrecht des Art. 8 GG insoweit nicht ignorieren. Das Verwaltungsgericht kann sich dieser Prüfungspflicht nicht deshalb entziehen, weil die Reichweite des Art. 8 GG auch im amtsgerichtlichen Verfahren als Vorfrage zur Ingewahrsamnahme zu prüfen ist (Urt. d. Kammer v. 23.01.2004 - 3 A 120/02; Urt. d. Kammer v. 07.09.2004 - 3 A 85/02; Nds. OVG, Beschl.v.21.11.2003 - 11 PA 345/03 -). Denn - wie ausgeführt - wäre es im Hinblick auf das Grundrecht der Versammlungsfreiheit nach Art. 8 GG und dem Grundrechtsschutz, der vollziehende Gewalt und Rechtsprechung verpflichtet (Art. 1 Abs. 2 GG), nicht hinnehmbar, einen Bürger mit Kosten für eine Polizeimaßnahme zu belegen, die in die sich aus Art. 8 GG ergebenden elementare Entfaltungsrechte des Individuums grundrechtswidrig eingreift.
4. Aus den Ausführungen zu 3.) folgt für den vorliegenden Fall: Es ist in diesem Verfahren auf Gewährung vorläufigen gerichtlichen Rechtsschutzes, in dem nur eine summarische Prüfung der Tatsachenlage möglich ist, nicht wahrscheinlich, dass der Heranziehungsbescheid rechtswidrig ist. Ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des Kostenbescheides bestehen nicht.
a) Soweit der Antragsteller vorträgt, nach der Bekanntgabe des „Verbringungsgewahrsams“ um 7.45 Uhr habe er bis zum Bustransport um 11.00 Uhr stundenlang in Kälte ohne Essen, Getränke und Toilettenbesuch auf dem Feld ausharren müssen, sind dies keine Umstände, die vom Verwaltungsgericht beurteilt werden können. Ebenso unterfällt die Behandlung des Antragstellers in D. nicht der Überprüfungszuständigkeit des Verwaltungsgerichtes. Denn alle Maßnahmen seit Bekanntgabe des „Verbringungsgewahrsams“ sind allein vom zuständigen Amtsgericht überprüfbar, was aus § 19 NGefAG folgt. Hat die Ingewahrsamnahme bereits um 7.45 Uhr begonnen, können die nachfolgenden Beeinträchtigungen des Antragstellers allein vom Amtsgericht überprüft werden.
b) Bei der hier nur möglichen summarischen Prüfung der Sachlage ist auch nicht erkennbar, dass der Antragsteller am 13. November 2001 vor und bei seiner Ingewahrsamnahme und beim nachfolgenden Transport überhaupt im Schutzbereich des Versammlungsrechtes nach Art. 8 GG gestanden hat:
Eine Versammlung im Sinne des Art. 8 GG - und damit auch im Sinne des Versammlungsgesetzes - ist eine örtliche Zusammenkunft mehrerer Personen zur gemeinschaftlichen, auf die Teilhabe an der öffentlichen Meinungsbildung gerichteten Erörterung und Kundgebung. Die Versammlungsfreiheit ist die Freiheit zur kollektiven Meinungskundgabe. Indem der Demonstrant seine Meinung in physischer Präsenz, in voller Öffentlichkeit und ohne Zwischenschaltung von Medien kundgibt, entfaltet er seine Persönlichkeit in unmittelbarer Weise. In ihrer idealtypischen Ausformung ist eine Versammlung die gemeinsame körperliche Sichtbarmachung von Überzeugungen, wobei die Teilnehmer einerseits in der Gemeinschaft mit anderen eine Vergewisserung dieser Überzeugungen erfahren und andererseits nach außen - schon durch die bloße Anwesenheit, die Art des Auftretens oder des Umgangs miteinander oder die Wahl des Ortes - im eigentlichen Sinne des Wortes Stellung nehmen und ihren Standpunkt bezeugen (BVerfG, Beschl. V. 14.5.1985 - 1 BvR 233 u.a./81 - BVerfGE 69, Seite 316, 345 - „Brokdorf“ -). Unter den Schutzbereich des Art. 8 GG fallen damit Veranstaltungen und Aktionen, die nicht nur durch gemeinschaftliche Kommunikation geprägt sind, sondern weitergehend auf die Teilhabe an der öffentlichen Meinungsbildung zielen (Dietel/Gintzel/Kniesel, Demonstrations- und Versammlungsfreiheit, 13. Aufl. 2004, § 1 Rdnr. 9). Eine Versammlung ist eine Zusammenkunft, die „zur öffentlichen Meinungsbildung bestimmt und geeignet“ ist (BVerfG, Beschl. v. 26.3.2001 - 1 BvQ 16/01 - „Bündnis 90/Grüne“ -). Der besondere Schutz der Versammlungsfreiheit beruht auf ihrer Bedeutung für den Prozess öffentlicher Meinungsbildung in der freiheitlichen demokratischen Ordnung des Grundgesetzes. Der Schutz reicht daher über den der allgemeinen Entfaltungsfreiheit des Art. 2 Abs. 1 GG hinaus (BVerfG, Beschl. V. 24.10. 2001 - 1 BvR 1190/90 u.a. - BVerfGE 104, Seite 92, 104 - „Wackersdorf“ -). Es reicht nach alledem nicht aus, dass die Teilnehmer bei ihrem gemeinschaftlichen Verhalten durch irgendeinen Zweck miteinander verbunden sind, vielmehr muss die Zusammenkunft gerade dem Ziel der Teilhabe an der öffentlichen Meinungsbildung dienen, die Meinungskundgabe nach außen darf nicht nur beiläufiger Nebenakt der Veranstaltung sein, sondern das Gesamtgepräge der Veranstaltung bestimmen (BVerfG, Beschl. v. 12.07.2001 - 1 BvQ 28/01 u.a. - „Love-Parade“ -). Eine gemeinschaftliche Kommunikation ohne Bezug auf eine öffentliche Meinungsbildung bedarf keines Schutzes durch Art. 8 GG, weil dies schon durch die Meinungsfreiheit des Art. 5 GG und die allgemeine Handlungsfreiheit des Art. 2 GG hinreichend geschützt ist. Eine Veranstaltung wird nicht schon allein dadurch zu einer geschützten Versammlung, wenn bei ihrer Gelegenheit auch Meinungen bekundet werden. Art. 8 GG soll nicht die Persönlichkeitsentfaltung bei beliebiger Zwecksetzung schützen. Das Versammlungsrecht soll es den Staatsbürgern ermöglichen, sich durch gemeinschaftliche Aktionen bei den gemeinschaftlichen Organen Gehör zu verschaffen, ihre Willensbildung zu beeinflussen und ggf. auch Druck auf sie auszuüben. Demzufolge reicht es nicht aus, dass die Zusammengekommenen sich (lediglich) als zusammengehörig fühlen, gebunden durch irgendeinen gemeinsamen Zweck, und ein Öffentlichkeitsbezug nicht besteht.
Dass der Antragsteller an einer Versammlung in diesem Sinne teilnehmen wollte, ist nicht dargetan. Der Antragsteller hat insoweit lediglich vorgetragen, er habe am 13. November 2001 zusammen mit anderen Gegnern der anstehenden Castortransporte „zu einem gemeinsamen Protestfrühstück fahren“ wollen. Dieses Frühstück ist nicht als Versammlung nach dem Versammlungsrecht angemeldet worden. Auch wenn eine Anmeldung nicht Voraussetzung für die Annahme einer grundrechtlich geschützten Versammlung ist, ist doch nicht erkennbar, in welcher Weise dieses Frühstück zur öffentlichen Meinungsbildung im Sinne des Art. 8 GG beitragen sollte. Inwieweit dieses Protestfrühstück durch gemeinschaftliche Kommunikation geprägt sein sollte und einen Öffentlichkeitsbezug - Meinungskundgabe nach außen - haben sollte, hat der Vortrag des Antragstellers nicht ansatzweise erkennen lassen.
Dass die eingekesselten Personen auf dem Feld bei E. in einem Prozess öffentlicher Meinungsbildung oder -kundgabe begriffen waren, und der Antragsteller an der Meinungsbildung oder -kundgabe teilnehmen wollte, hat der Vortrag ebenfalls nicht erkennen lassen. Nach der Darstellung des Antragstellers ist er eher unbeabsichtigt - bei der Fahrt zum Frühstück - angehalten worden und in die Gruppe bei E. geraten. Er hat sich nicht nach E. begeben, um dort am Prozess einer Meinungsbildung und Meinungsäußerung in Gruppenform teilzunehmen. Es ist auch nicht ansatzweise erkennbar geworden, dass sich in E. spontan eine Versammlung gebildet hat, die in den Schutzbereich des Art. 8 GG gefallen ist, und an der sich der Antragsteller spontan beteiligt hätte.
Es besteht für das Gericht keine Veranlassung, im vorliegenden Verfahren auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutz weitere Sachaufklärung zu betreiben zu der Frage, ob die Teilnahme am Protestfrühstück dem Anwendungsbereich des Art. 8 GG unterfällt. Es besteht auch kein Anlass, der im Parallelverfahren 3 B 44/04 (dort Schr. v. 26.10.2004) vorgetragenen Prüfungsanregung nachzukommen, „ob die angeblich im Konvoi fahrenden Betroffenen selbst eine Versammlung darstellten“. Eine Sachaufklärung würde „ins Blaue hinein“ erfolgen müssen, da der anwaltlich vertretene Antragsteller keinerlei konkrete Anhaltspunkte im Tatsächlichen dafür geliefert hat, in welcher Weise das Frühstück und die Fahrt dorthin mit einer Meinungskundgabe nach außen verbunden sein sollten. In diesem Verfahrensstadium ist eine weitergehende Ausforschung des Sachverhaltes von Amts wegen nicht geboten.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO. Die Festsetzung des Streitwerts beruht auf §§ 53 Abs. 3, 52 Abs. 1 und 2 GKG (1/4 des Wertes der angeforderten Summe von 55, 10 EUR).