Verwaltungsgericht Lüneburg
Beschl. v. 16.12.2004, Az.: 4 B 241/04
Anrechnung; Arbeitslosenhilfe; Einkommen; Hilfe zum Lebensunterhalt; Regelungsanordnung; Vermögen; Zufluss
Bibliographie
- Gericht
- VG Lüneburg
- Datum
- 16.12.2004
- Aktenzeichen
- 4 B 241/04
- Entscheidungsform
- Beschluss
- Referenz
- WKRS 2004, 50226
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- [keine Angabe]
Rechtsgrundlagen
- § 11 BSHG
- § 12 BSHG
- § 22 BSHG
- § 76 BSHG
- § 123 Abs 1 VwGO
- § 337 Abs 2 SGB 3
Gründe
Der am 15. Dezember 2004 gestellte Antrag, mit dem der Antragsteller begehrt, den Antragsgegner durch einstweilige Anordnung zu verpflichten, ihm laufende Hilfe zum Lebensunterhalt zu leisten, hat Erfolg.
Der Erlass einer hier allein näher in Betracht zu ziehenden Regelungsanordnung nach § 123 Abs. 1 Satz 2 VwGO setzt voraus, dass ein vorläufiger Zustand in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis zu regeln ist und diese Regelung vor allem bei dauernden Rechtsverhältnissen, um wesentliche Nachteile abzuwenden oder drohende Gewalt zu verhindern oder aus anderen Gründen nötig erscheint. Anordnungsgrund und Anordnungsanspruch sind glaubhaft zu machen (§ 123 Abs. 3 VwGO iVm § 920 Abs. 2 ZPO).
Eine vorläufige Regelung nach § 123 Abs. 1 VwGO darf regelmäßig die Hauptsache nicht vorwegnehmen. Von diesem Grundsatz darf nur ausnahmsweise abgewichen werden, wenn dies zur Gewährung effektiven Rechtsschutzes (vgl. Art. 19 Abs. 4 GG) erforderlich ist. Die Erforderlichkeit in diesem Sinne ist bei einem wahrscheinlich zustehenden Anspruch immer dann gegeben, wenn um existenzsichernde Leistungen für die Gegenwart oder nahe Zukunft gestritten wird - wie dies hier der Fall ist.
Der Antragsteller hat einen Anspruch gemäß §§ 11, 12, 22 BSHG auf Gewährung von Hilfe zum Lebensunterhalt.
Hilfe zum Lebensunterhalt ist dem zu gewähren, der seinen notwendigen Lebensunterhalt nicht oder nicht ausreichend aus eigenen Kräften und Mitteln, vor allem aus seinem Einkommen und Vermögen, beschaffen kann (§ 11 Abs. 1 Satz 1 BSHG).
Einzusetzendes Einkommen steht dem Antragsteller in Form von Arbeitslosenhilfeleistungen im Dezember 2004 nur „einmal“ zur Verfügung und nicht, wie der Antragsgegner offenbar meint, „doppelt“, weil er die dem Antragsteller für den Monat November 2004 geleistete Arbeitslosenhilfe als Einkommen anrechnet sowie auch die dem Antragsteller für den Monat Dezember 2004 zustehende Arbeitslosenhilfe, die allerdings noch nicht ausgezahlt worden ist.
Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (Urt. v. 22.4.2004 - 5 C 68.03 -) , der die Kammer folgt, ist bei der Hilfe zum Lebensunterhalt der Bedarfszeitraum, auf den die Hilfe zu berechnen und innerhalb dessen zufließendes Einkommen als Einkommen zu berücksichtigen ist, grundsätzlich der jeweilige Kalendermonat. Auch Einkommen, das regelmäßig erst am Ende eines Kalendermonats zufließt - wie die Arbeitslosenhilfe -, ist grundsätzlich nur als Einkommen des Kalendermonats anzurechnen, in dem es tatsächlich zugeflossen ist.
Die Arbeitslosenhilfe für den Monat November 2004 hat der Antragsteller durch Leistung der Arbeitsagentur Uelzen am 25. November 2004 in Höhe von 294,00 EUR erhalten. Diese Leistung ist auf den Bedarf für den Monat Dezember 2004 nicht anzurechnen. Die dem Antragsteller für den Monat Dezember 2004 zustehende Arbeitslosenhilfe, die am Ende des Monats ausgezahlt werden wird, ist als Einkommen im Monat Dezember 2004 anzurechnen. Diese Arbeitslosenhilfezahlung dient dazu, den im Dezember 2004 bestehenden Bedarf des Antragstellers - rückwirkend - abzudecken. § 337 Abs. 2 SGB III bestimmt, dass Arbeitslosenhilfe am Monatsende ausgezahlt wird, sie dient dazu, den Bedarf des bereits - nahezu - vergangenen Monats abzudecken, d.h. z.B. auch, dass eventuell in Erwartung auf die Arbeitslosenhilfeleistungen eingegangene Schuldverpflichtungen am Ende des Monats abgetragen werden können.
Soweit der Antragsgegner offenbar meint, dem Antragsteller stünden Anfang Januar 2005 aufgrund der Leistung des Arbeitslosengeldes Ende Dezember 2004 und der neuen Leistungen nach dem SGB II doppelte Hilfeleistungen zur Verfügung, verkennt er zum einen, dass die Anrechnung von Einkommen in dem Monat vorzunehmen ist, in dem es dem Hilfesuchenden zufließt (s.o.), zum anderen, dass die Ende Dezember 2004 ausgezahlte Arbeitslosenhilfe zur Deckung des Bedarfs im Monat Dezember 2004 dient, mit den Anfang Januar 2005 zu gewährenden Leistungen ist der Bedarf für den Monat Januar 2005 zu bestreiten. Eine Doppelleistung liegt mithin nicht vor (vgl. zu Vorstehendem auch: Berlit „Arbeitslosengeld II- auch im Januar 2005!“, info also 2004, 195 ff).
Nach alledem kann der Antragsteller Hilfeleistungen beanspruchen unter Anrechnung von Arbeitslosenhilfe in Höhe von 294,00 EUR, wobei die Kammer davon ausgeht, dass die Höhe des Arbeitslosengeldes im Dezember 2004 der aus dem Vormonat entspricht.
Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 154 Abs. 1, 188 Satz 2 VwGO.