Verwaltungsgericht Lüneburg
Urt. v. 14.11.2017, Az.: 4 A 173/16

Brückenjahr; Drittkraft; Finanzhilfe; Kindertageseinrichtung; Sonderöffnungszeit

Bibliographie

Gericht
VG Lüneburg
Datum
14.11.2017
Aktenzeichen
4 A 173/16
Entscheidungsform
Urteil
Referenz
WKRS 2017, 54044
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
[keine Angabe]

Amtlicher Leitsatz

Leitsatz

Finanzhilfe kann nach § 16 Abs. 1, 2 Nds. Gesetz über Tageseinrichtungen für Kinder - KiTaG - nur für finanzhilfefähiges Personal nach §§ 4, 5 KiTaG gewährt werden. Wird Finanzhilfe für Sonderöffnungszeiten (Früh- und/oder Spätdienst, vgl. § 8 Abs. 1 Satz 2 KiTaG) begehrt, setzt dies voraus, dass das jeweilige Personal grundsätzlich finanzhilfefähig ist, woran es fehlt, wenn die jeweilige Kraft lediglich als Drittkraft in den Kindergartengruppen eingesetzt wird.

Tatbestand:

Die Klägerin begehrt von der Beklagten die Bewilligung höherer Finanzhilfeleistungen für Personalausgaben für den Zeitraum vom 01. August 2015 bis 31. Juli 2016 unter Berücksichtigung der von der Erzieherin Frau F. geleisteten Arbeitsstunden während der Sonderöffnungszeiten.

Die Klägerin betreibt die Kindertagesstätte „C.“, G. in A. mit insgesamt vier Gruppen. Der Klägerin wurden ab dem 01. September 1998 fortlaufend Erlaubnisse für den Betrieb der genannten Einrichtung als Kindertagesstätte gemäß § 45 Sozialgesetzbuch Achtes Buch (SGB VIII) in Verbindung mit § 1 des Gesetzes über Tageseinrichtungen für Kinder (KiTaG) erteilt. Die für den streitgegenständlichen Zeitraum maßgebliche Betriebserlaubnis wurde der Klägerin vom Niedersächsischen Kultusministerium am 06. Oktober 2015 erteilt (vgl. Bl. 246 der Verwaltungsvorgänge). Die Gruppenzusammensetzung für das Kindergartenjahr 2015/2016 ist danach derart geregelt, dass zwei Gruppen, und zwar die Gruppe „Eichhörnchen“ und die Gruppe „Mäuse“, 25 beziehungsweise 24 Kinder umfassen und darin eine Betreuung von 08:00 Uhr bis 16:00 Uhr erfolgt. In den beiden anderen Gruppen „Biber“ und „Käfer“ mit jeweils 24 Kindern erfolgt eine Vormittagsbetreuung von 08:00 Uhr bis 12:00 Uhr.

Auf entsprechende Anträge der Klägerin gewährte die Beklagte seit dem Jahr 2002 fortlaufend Finanzhilfe für Personalausgaben nach dem KiTaG für die Kindertagesstätte „C.“. Unter dem 28. Dezember 2015 beantragte die Klägerin erneut die Gewährung von Finanzhilfe gemäß § 16 KiTaG für das Kindergartenjahr 2015/2016. Dem Antrag war ein Personalschlüssel der in der Einrichtung tätigen Erzieherinnen und Kinderpfleger beigefügt. Darin wurde die Erzieherin Frau F. als eine gruppenunabhängige Mitarbeiterin aufgelistet. Die wöchentliche Arbeitszeit von Frau F. beträgt laut Arbeitsvertrag 28,00 Stunden. In dem Antrag gab die Klägerin an, dass Frau F. für 5 Arbeitsstunden während der Sonderöffnungszeiten (Mittagsdienst) eingesetzt werde.

Mit streitgegenständlichem Bescheid vom 19. Mai 2016 bewilligte die Beklagte Finanzhilfe für Personalausgaben in Höhe von insgesamt 74.891,65 EUR für den Zeitraum vom 01. August 2015 bis zum 31. Juli 2016. Bei der Berechnung kürzte die Beklagte die von der Erzieherin Frau F. geleisteten Arbeitsstunden und führte zur Begründung aus, dass nach § 16 Abs. 2 KiTaG für die Finanzhilfe nur Ausgaben für Kräfte zu berücksichtigen seien, denen Freistellungs- und Verfügungszeiten nach § 5 Abs. 1 bis 3 KiTaG gewährt würden, was bei Frau F. nicht der Fall sei.

Daraufhin hat die Klägerin am 19. Juni 2016 Klage erhoben.

Zur Begründung führt sie aus, dass Frau F. in den Gruppen als dritte pädagogische Kraft eingesetzt werde, um die Kinder, die sich im letzten Jahr vor der Einschulung befänden, darauf vorzubereiten. Dafür stünden ihr in den Regelgruppen jeweils 3,75 Stunden pro Woche (insgesamt 15 Stunden) zur Verfügung. Darüber hinaus würde ihr pro Gruppe 2 Stunden Verfügungszeit (insgesamt also 8 Stunden) eingeräumt. 5 Stunden ihrer Arbeitszeit entfielen auf die Betreuung der Kinder während der Sonderöffnungszeiten. Leistungsfreistellungen würden für Frau F. nicht gewährt. Frau F. sei im Finanzhilfeantrag versehentlich als nicht gruppenzugehörige Kraft aufgeführt worden. Tatsächlich werde sie jedoch in den Gruppen eingesetzt und sei daher gruppenzugehörig. Seit dem 01. September 2007 setze sie, die Klägerin, zusätzlich jeweils eine weitere Kraft in den Gruppen als Brückenjahrkraft ein. Das Projekt sei in den Jahren 2007 bis 2009 als Modellprojekt „Brückenjahr“ mit dem Ziel der Weiterentwicklung der Zusammenarbeit zwischen Kindertagesstätte und Grundschule durch das Land Niedersachsen gefördert worden. Sie habe dieses Modell über den Förderzeitraum hinaus bis heute mit einem erheblichen finanziellen Aufwand beibehalten. Aufgrund der geringen Anzahl der Kinder, die unter diese Förderung fielen, würden diese Kinder aus den vier Vormittagsgruppen in drei Gruppen zusammengefasst und gefördert. So erhielten alle Kinder die Förderung von 1 Stunde am Tag.

Die Klägerin beantragt,

den Bescheid der Beklagten vom 19. Mai 2016 teilweise aufzuheben und die Beklagte zu verpflichten, der Klägerin über die bereits bewilligte Finanzhilfe hinaus für die Kindertageseinrichtung „C.“ für den Zeitraum vom 01. August 2015 bis 31. Juli 2016 eine weitere Finanzhilfeleistung unter Berücksichtigung der von der Erzieherin Frau F. geleisteten 5 Wochenarbeitsstunden während der Sonderöffnungszeiten zu gewähren.

Die Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Zur Begründung führt sie aus, dass die Wochenarbeitsstunden von Frau F. nicht finanzhilfefähig seien, da sie keine Kraft im Sinne der §§ 4, 5 KiTaG sei. Frau F. würde weder als Gruppenleitung noch als zweite/weitere Kraft in einer der Gruppen eingesetzt. Als sogenannte Drittkraft sei Frau F. nicht berücksichtigungsfähig. Auch die von Frau F. abgeleistete Zeit im Rahmen der Sonderöffnungszeiten könne nicht berücksichtigt werden, da eine von der Finanzhilfefähigkeit des Personals losgelöste Betrachtungsweise der Sonderöffnungszeiten der gesetzlichen Bestimmung des § 16 KiTaG in Verbindung mit §§ 4, 5 KiTaG zuwiderlaufen würde. Darüber hinaus würde sich selbst für den unterstellten Fall, dass die gebildeten Kleingruppen als eigene Gruppen zuzuordnen wären, was nicht der Betriebserlaubnis vom 06. Oktober 2015 entspreche, nichts an der getroffenen Entscheidung ändern. Denn die stundenweise Betreuung in diesen Gruppen liege unterhalb der Mindestbetreuungszeit von 20 Stunden gemäß § 16 Abs. 3 KiTaG in Verbindung mit § 8 Abs. 2 Satz 1 KiTaG.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakten und der beigezogenen Verwaltungsvorgänge der Beklagten verwiesen.

Entscheidungsgründe

Die Klage hat keinen Erfolg. Die zulässige Klage ist unbegründet. Der Bescheid der Beklagten vom 19. Mai 2016 ist rechtmäßig und verletzt die Klägerin daher nicht in ihren Rechten. Die Klägerin hat keinen Anspruch auf Bewilligung eines höheren Personalkostenzuschusses unter Berücksichtigung von weiteren 5 Stunden für die von der Erzieherin Frau F. geleisteten Arbeitsstunden während der Sonderöffnungszeiten (§ 113 Abs. 5 VwGO).

Als Rechtsgrundlage für den geltend gemachten Anspruch kommt allein § 16 Abs. 1 Nr. 1 des Gesetzes über Tageseinrichtungen für Kinder (in der Fassung vom 07. Februar 2002, Nds. GVBl. 2002, S. 57, zuletzt geändert durch Artikel 11 des Gesetzes vom 18. Dezember 2014, Nds. GVBl. 2014, S. 477, - KiTaG -) in Betracht. Nach dieser Vorschrift gewährt das Land eine Finanzhilfe in Höhe von 20 vom Hundert der Personalausgaben für die in § 4 KiTaG vorgesehenen Kräfte in Kindertagesstätten und Kleinen Kindertagesstätten. Die Finanzhilfe setzt sich aus den anrechenbaren Stunden der Leistungsfreistellung, Sonderöffnungszeiten (Früh-, Mittag-, Spätdienst), Betreuungszeiten und Verfügungszeiten zusammen (vgl. Klügel/Reckmann, Gesetz über Tageseinrichtungen für Kinder in Niedersachsen, 4. Auflage, 2004, § 16 KiTaG, Erl. 6; vgl. auch das Hinweisblatt der Beklagten zu der Berechnung der Stunden der Finanzhilfe, Stand: Mai 2017, abrufbar unter https://www.landesschulbehoerde-niedersachsen.de/ themen/frueh-kindliche-bildung/finanzhilfe-nach-dem-kita-gesetz, zuletzt abgerufen am 14. November 2017).

Bei der Bemessung der Finanzhilfe sind gemäß § 16 Abs. 2 Satz 1 KiTaG nur die Ausgaben für Kräfte im Sinne des § 4 zu berücksichtigen, denen Freistellungs- und Verfügungszeiten nach § 5 Abs. 1 bis 3 oder nach den Rechtsvorschriften über Kleine Kindertagesstätten und Kinderspielkreise eingeräumt sind (Nr. 1) und die mindestens mit der Hälfte der tariflichen Arbeitszeit beschäftigt sind (Nr. 2). Näheres zu den Grundsätzen der Berechnung der Finanzhilfe wurde in der auf Grundlage des § 22 Abs. 2 Nr. 3 KiTaG erlassenen Verordnung über Mindestanforderungen an besondere Tageseinrichtungen für Kinder sowie über die Durchführung der Finanzhilfe (2. DVO-KiTaG) vom 16. Juli 2002 (Nds. GVBl. 2002, S. 353, zuletzt geändert durch die Verordnung zur Änderung der Verordnung über Mindestanforderungen an besondere Tageseinrichtungen für Kinder sowie über die Durchführung der Finanzhilfe vom 22. November 2012, Nds. GVBl. 2012, S. 469) geregelt.

§ 4 KiTaG trifft nähere Bestimmungen zum Personal der Kindertagesstätten. Gemäß § 4 Abs. 1 Satz 1 KiTaG darf die Leitung einer Kindertagesstätte nur einer Sozialpädagogin, einem Sozialpädagogen, einer Erzieherin mit staatlicher Anerkennung oder einem Erzieher mit staatlicher Anerkennung (sozialpädagogische Fachkräfte) übertragen werden. Die Gruppenleitung darf grundsätzlich nur einer sozialpädagogischen Fachkraft übertragen werden (§ 4 Abs. 2 Satz 1 KiTaG). In jeder Gruppe muss eine zweite geeignete Fach- oder Betreuungskraft regelmäßig tätig sein (§ 4 Abs. 3 Satz 1). Sie soll in der Regel Erzieherin/Erzieher mit staatlicher Anerkennung sein; sie kann auch Kinderpflegerin/Kinderpfleger oder Sozialassistentin/Sozialassistent sein.

Nach § 5 Abs. 1 Satz 1 KiTaG ist die Leitung einer Kindertagesstätte für jede Gruppe mindestens fünf Stunden wöchentlich von der Arbeit in der Gruppe freizustellen. Umfasst eine Kindertagesstätte mindestens vier Gruppen, von denen mindestens eine Gruppe ganztags betreut wird, so erhöht sich die Freistellung um weitere zehn Stunden wöchentlich, jedoch höchstens bis zur Höhe der tariflichen Arbeitszeit (§ 5 Abs. 1 Satz 2 KiTaG). Der Gruppenleitung und den weiteren Kräften nach § 4 Abs. 3 und 4 ist eine Verfügungszeit von insgesamt mindestens 7,5 Stunden je Gruppe wöchentlich für die Vor- und Nachbereitung der Gruppenarbeit sowie für die Zusammenarbeit der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Kindertagesstätte untereinander, mit den Erziehungsberechtigten, Schulen und anderen Einrichtungen sowie für die Mitwirkung bei der Ausbildung zu gewähren (§ 5 Abs. 2 KiTaG). Wird eine Gruppe weniger als 20 Stunden wöchentlich betreut, so sind für diese Gruppe eine Freistellung der Leitung der Kindertagesstätte von mindestens drei Stunden und Verfügungszeiten von mindestens fünf Stunden wöchentlich vorzusehen (§ 5 Abs. 3 Satz 1 KiTaG). Für eine Gruppe mit nicht mehr als zehn Kindern im Sinne des § 4 Abs. 5 ist mindestens die Hälfte der in den Absätzen 1 und 2 geregelten Freistellungs- und Verfügungszeiten vorzusehen (§ 5 Abs. 3 Satz 2 KiTaG). Nach § 5 Abs. 4 KiTaG soll der Träger einer Kindertagesstätte die Arbeitszeit der Fach- und Betreuungskräfte so gestalten, dass möglichst dieselben Kräfte die jeweilige Gruppe betreuen.

Unter Zugrundelegung dieser rechtlichen Maßstäbe hat die Klägerin keinen Anspruch auf Bewilligung einer höheren Finanzhilfe. Dabei kann dahinstehen, ob die Klägerin in ihrem Finanzhilfeantrag vom 28. Dezember 2015 die Erzieherin Frau F. versehentlich als gruppenunabhängige Kraft angesetzt hat, Frau F. aber richterweise als gruppenzugehörig geführt werden müsste. Denn auch wenn Frau F. als gruppenzugehörig zu behandeln sein sollte, so ist sie als sogenannte Drittkraft nicht finanzhilfefähig gemäß § 16 Abs. 1 KiTaG in Verbindung mit § 4 Abs. 2 und 3 KiTaG.

Die Finanzhilfe ist eine Beteiligung des Landes an den Ausgaben, die die Einrichtungsträger im Zusammenhang mit dem Betrieb der Einrichtung haben. Das Landesinteresse ergibt sich dabei aus dem Bildungsauftrag. Aus den Regelungen in § 16 Abs. 1 KiTaG in Verbindung mit § 4 KiTaG ergibt sich, dass der Gesetzgeber die Landesmittel nur für das notwendige „Stammpersonal“ und damit für solche Beschäftigungsstunden vorgesehen hat, die der regulären Betreuung dienen. Aus den Regelungen der § 4 Abs. 2 und Abs. 3 KiTaG folgt, dass - neben der Leitung der Kindertagestätte (vgl. § 4 Abs. 1 KiTaG) - nur die Gruppenleitung sowie eine zweite Fach- oder Betreuungskraft finanzhilfefähig sind. Finanzhilfe für sogenannte Drittkräfte ist daher regelmäßig ausgeschlossen, auch wenn diese die fachlichen Anforderungen erfüllen (vgl. auch VG Braunschweig, Urteil vom 31.3.2011 - 3 A 159/10 -, Veröffentlichung nicht bekannt; Klügel/Reckmann, Gesetz über Tageseinrichtungen für Kinder in Niedersachsen, 4. Auflage, 2004, § 16 KiTaG, Erl. 10). Der Einsatz sogenannter Drittkräfte ist nur im Rahmen der §§ 4 Abs. 4, 16a Abs. 1 Satz 2 KiTaG sowie § 5 Abs. 4 Nr. 2 der 2. DVO-KiTaG finanzhilfefähig, deren Voraussetzungen hier nicht vorliegen. Nach § 4 Abs. 4 Satz 1 KiTaG muss ab dem 01. August 2020 in jeder Krippengruppe mit mindestens elf belegten Plätzen eine dritte Fach- oder Betreuungskraft regelmäßig tätig sein. Abgesehen davon, dass diese Regelung in zeitlicher Hinsicht noch keine Anwendung findet, werden in der Einrichtung „C.“ keine Krippengruppen, sondern nach der Betriebserlaubnis vom 06. Oktober 2015 ausschließlich Kindergartengruppen (mit einem Alter von 3 Jahren bis zur Einschulung) betreut. Auch die Voraussetzungen des § 5 Abs. 4 Nr. 2 der 2. DVO-KiTaG, wonach für die dritte Kraft Finanzhilfe nach Maßgabe der Absätze 1 und 2 gewährt wird, sofern diese Kraft eine der in § 4 Abs. 3 KiTaG genannten Befähigungen besitzt, liegen nicht vor, da diese Vorschrift ausschließlich eine Sonderregelung für die nach § 2 Abs. 4 in einer integrativen Kindergartengruppe erforderlichen Kräfte trifft. Hierzu regelt § 2 Abs. 4 der 2. DVO-KiTaG ausdrücklich, dass in jeder integrativen Kindergartengruppe eine heilpädagogische Fachkraft und eine sozialpädagogische Fachkraft sowie zusätzlich eine dritte Kraft regelmäßig tätig sein müssen. In der von der Klägerin betriebenen Einrichtung „C.“ wird nach der Betriebserlaubnis vom 06. Oktober 2015 sowie den Angaben der Klägerin in ihrem Finanzhilfeantrag vom 28. Dezember 2015 aber keine integrative Kindergartengruppe, die den Einsatz einer dritten Kraft erforderlich machen würde, betreut.

Die Erzieherin Frau F. wird als sogenannte Drittkraft eingesetzt. Die Einrichtung „C.“ wird mit zwei Ganztageskindergartengruppen mit einer Betreuungszeit von jeweils 08:00 Uhr bis 16:00 Uhr (Gruppen „Eichhörnchen“ und „Mäuse“) und insgesamt jeweils 40 Stunden und zwei Vormittagskindergartengruppen mit einer Betreuungszeit von 08:00 Uhr bis 12:00 Uhr (Gruppen „Biber“ und „Käfer“) betrieben. Die Betreuungszeit von jeweils 40 Stunden in den Ganztagesgruppen wird von den weiteren in der Einrichtung beschäftigten Mitarbeiterinnen komplett abgedeckt. Nach den Angaben im Finanzhilfeantrag wird die Ganztagesgruppe „Eichhörnchen“ mit insgesamt 40 Stunden von Frau H. (25 Stunden) und Frau I. (15 Stunden) geleitet. Als zweite Fachkraft mit insgesamt 40 Betreuungsstunden werden Frau J. (31 Stunden) und Frau K. (9 Stunden) eingesetzt. Die Ganztagesgruppe „Mäuse“ mit ebenfalls 40 Stunden wird von Frau L. (25 Stunden) und Frau M. (15 Stunden) geleitet. Als zweite Fachkraft mit 40 Betreuungsstunden werden Frau M. (20 Stunden) und Frau N. (20 Stunden) eingesetzt. Auch die Betreuungszeiten von jeweils insgesamt 20 Stunden in den beiden Vormittagsgruppen werden von den weiteren Mitarbeiterinnen komplett abgedeckt. Die Leitung der Gruppe „Biber“ wird mit 20 Stunden von Frau K. übernommen. Zweite Fachkraft mit ebenfalls 20 Stunden ist Frau O.. Die Gruppe „Käfer“ leitet Frau P. mit 20 Stunden. Als zweite Fachkraft unterstützt sie Frau Q. mit ebenfalls 20 Stunden. Mithin sind die Betreuungszeiten nach dem im Finanzhilfeantrag dargelegten Personalkonzept in allen Gruppen abgedeckt. Die Erzieherin Frau F. wird im Rahmen der Personalplanung nicht zur Abdeckung restlicher Betreuungszeit als Ergänzungskraft, sondern als (zusätzliche) dritte pädagogische Kraft eingesetzt. Dies wird auch von der Klägerin so angegeben.

An der Einordnung der Frau F. als sogenannte Drittkraft ändert sich auch nichts dadurch, dass nach Angaben der Klägerin die Kinder im sogenannten Brückenjahr täglich aus den Regelgruppen herausgelöst und gesondert in drei Gruppe gefördert würden. Unabhängig von der Frage, wie die Betreuung innerhalb dieser eigens gebildeten Gruppen personell organisiert ist und ob die Erzieherin Frau F. hier gegebenenfalls sogar als Zweitkraft eingesetzt wird, ist die Betreuung innerhalb dieser zusammengefassten Gruppen nicht berücksichtigungsfähig. Denn dieses Gruppenmodell widerspricht der Betriebserlaubnis vom 06. Oktober 2015.

Auch wenn in der Vergangenheit das Modellprojekt „Brückenjahr“ besonders vom Land Niedersachsen gefördert wurde (nach Angaben des Niedersächsischen Kultusministeriums wurde in Niedersachsen ab dem Schuljahr 2007/2008 für die Dauer von insgesamt vier Jahren im Rahmen des Modellvorhabens „Brückenjahr" in über 570 Modellprojekten erprobt, wie Fachkräfte aus Kindergarten und Grundschule die Kinder im letzten Jahr vor der Einschulung („Brückenjahr") gemeinsam auf den Übergang in die Grundschule vorbereiten und ihnen die für den Schulstart notwendigen Kompetenzen vermitteln können, vgl. https://www.mk.niedersachsen.de/startseite/fruehkindliche_ bildung/kindertagesstaetten/zusammenarbeit_kindertagesstaette_und_grundschule/ zusammenarbeit-kindergarten---grundschule-6365.html, zuletzt abgerufen am 14. November 2017), so begründet dies keinen Anspruch der Klägerin auf Gewährung von Finanzhilfe für den Einsatz einer dritten Kraft. Denn der Gesetzgeber hielt nach den eindeutigen Regelungen der § 4 Abs. 2 und 3 KiTaG den generellen Einsatz einer Drittkraft nicht, selbst nicht im sogenannten Brückenjahr, für erforderlich. Ansonsten hätte der Gesetzgeber dies gesondert geregelt, wie es beispielsweise für die Fälle eines integrativen Kindergartens in § 2 Abs. 4 Satz 1 der 2. DVO-KiTaG sowie für Krippengruppen mit mindestens elf belegten Plätzen ab dem 01. August 2020 (vgl. § 4 Abs. 4 Satz 1 KiTaG) erfolgt ist.

Die Berücksichtigung der von der Erzieherin Frau F. geleisteten 5 Arbeitsstunden während der Sonderöffnungszeiten kommt vor diesem Hintergrund nicht in Betracht. Zwar kann auch für die Arbeitszeiten während der Sonderöffnungszeiten grundsätzlich Finanzhilfe gewährt werden, denn § 16 KiTaG beschränkt die Finanzhilfe nicht auf Zeiten während der regulären Gruppenbetreuung. Die Berücksichtigung von Sonderöffnungszeiten im Rahmen der Finanzhilfe ist indes davon abhängig, dass diese Zeiten von finanzhilfefähigem Personal im Sinne der § 16 Abs. 1 und 2 KiTaG erbracht werden. Soweit das Verwaltungsgericht Braunschweig in einem ähnlich gelagerten Fall entschieden hat, dass sich die Finanzhilfe auch auf Kräfte erstrecke, die ausschließlich in Früh- und/oder Spätschichten im Sinne des § 8 Abs. 1 Satz 2 KiTaG eingesetzt würden, da § 16 Abs. 1 Nr. 1 KiTaG hinsichtlich der Finanzhilfe für die Sonderdienste an die Qualifikation und nicht an die Funktion in der Kindertagesstätte anknüpfe (vgl. VG Braunschweig, Urteil vom 7.5.2009 - 3 A 75/08 -, juris), teilt die Kammer diese Auffassung nicht. Hierbei wird übersehen, dass die Gewährung von Finanzhilfe nicht nur davon abhängt, dass das jeweilige Personal, für welches Finanzhilfe beantragt wird, über die gemäß § 4 KiTaG erforderliche Qualifikation verfügt, sondern nach § 16 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 KiTaG bei der Bemessung der Finanzhilfe nur Ausgaben für Kräfte zu berücksichtigen sind, denen Freistellungs- und Verfügungszeiten nach § 5 Abs. 1 bis 3 eingeräumt sind. Letzteres erfordert wiederum, dass die jeweilige Kraft (zumindest anteilig) in einer Gruppe als Gruppenleitung oder Zweitkraft eingesetzt wird, denn nur in diesen Fällen sind ihr nach § 5 Abs. 1 bis 3 KiTaG Freistellungs- und Verfügungszeiten einzuräumen. Der Gesetzgeber hat zwar in § 8 Abs. 1 Satz 2 KiTaG normiert, dass in Kindertagesstätten auch Früh- und Spätschichten eingerichtet werden sollen. Hierbei handelt es sich allerdings nicht um eine Rechtsverpflichtung, sondern nur um eine Sollvorschrift. Dabei verkennt die Kammer nicht, dass der Gesetzgeber mit der Regelung des § 8 Abs. 1 Satz 2 KiTaG ein besonderes Interesse an Sonderöffnungszeiten hervorgehoben hat. Allerdings verweist § 16 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 KiTaG hinsichtlich der Bemessung der Finanzhilfe allein auf § 5 Abs. 1 bis 3 (und damit mittelbar auf das Erfordernis einer - zumindest anteiligen - Gruppenzugehörigkeit als Gruppenleitung oder Zweitkraft), nicht aber auch auf § 8 Abs. 1 KiTaG. Eine von der Finanzhilfefähigkeit des Personals losgelöste Betrachtungsweise der Sonderöffnungszeiten würde der gesetzlichen Bestimmung des § 16 Abs. 1 und 2 KiTaG in Verbindung mit §§ 4, 5 KiTaG zuwiderlaufen. Vorliegend erfüllt die Mitarbeiterin Frau F. zwar als Erzieherin die Qualifikationsvoraussetzungen des § 4 Abs. 3 Satz 2 KiTaG. Allerdings sind nach § 16 Abs. 2 Nr. 1 KiTaG bei der Bemessung der Finanzhilfe nur die Ausgaben für Kräfte im Sinne des § 4 zu berücksichtigen, denen Freistellungs- und Verfügungszeiten nach § 5 Abs. 1 bis 3 oder nach den Rechtsvorschriften über Kleine Kindertagesstätten und Kinderspielkreise eingeräumt sind, was bei Frau F., wie bereits ausgeführt, nicht der Fall ist, da sie weder als Gruppenleitung noch als zweite Kraft in den Gruppen eingesetzt wird.

Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 154 Abs. 1, 188 Satz 2 VwGO (zur Gerichtskostenfreiheit vgl. auch: Nds. OVG, Beschluss vom 6.2.2007 - 4 PA 130/07 -, Veröffentlichung nicht bekannt; Nds. OVG, Urteil vom 27.5.1998 - 4 L 4439/97 -; VG Braunschweig, Urteil vom 7.5.2009 - 3 A 75/08 - und VG Göttingen, Urteil vom 13.10.2010 - 2 A 212/09 -, zitiert jeweils nach juris).

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 167 VwGO in Verbindung mit §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO.

Gründe für die Zulassung der Berufung gemäß § 124 a Abs. 1 VwGO in Verbindung mit § 124 Abs. 2 Nr. 3 oder 4 VwGO durch das Verwaltungsgericht liegen nicht vor.