Verwaltungsgericht Lüneburg
Urt. v. 14.11.2017, Az.: 4 A 100/16
Gebärdendolmetscher; Notwendige Arbeitsassistenz
Bibliographie
- Gericht
- VG Lüneburg
- Datum
- 14.11.2017
- Aktenzeichen
- 4 A 100/16
- Entscheidungsform
- Urteil
- Referenz
- WKRS 2017, 54040
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- [keine Angabe]
Rechtsgrundlagen
- § 17 Abs 1a SchwbAV
- § 102 Abs 4 SGB 9
Amtlicher Leitsatz
Leitsatz
1. Dem Integrationsamt steht im Rahmen des § 102 Abs. 4 SGB IX (notwendige Arbeitsassistenz) hinsichtlich der Höhe des Anspruchs kein Ermessen zu.
2. Der Anspruch aus § 102 Abs. 4 SGB IX ist der Höhe nach nur durch die Verfügbarkeit entsprechender Mittel aus der Ausgleichsabgabe sowie durch das Gebot der Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit begrenzt.
Tatbestand:
Der Kläger begehrt von dem Beklagten die Bewilligung höherer Leistungen der begleitenden Hilfe im Arbeitsleben durch Übernahme der Kosten für den Einsatz von Gebärdendolmetschern unter Berücksichtigung eines Stundensatzes von jeweils 75,00 EUR.
Der am F. geborene Kläger leidet an einer an Taubheit grenzenden Schwerhörigkeit und ist als schwerbehindert mit den Merkzeichen RF und Gl mit einem Grad von 100 Prozent anerkannt. Er verfügt über eine abgeschlossene Berufsausbildung zum Physiklaborant, Ehe-, Familien- und Lebensberater und hat eine Ausbildereignungsprüfung absolviert. Seit dem 15. November 2008 arbeitet er in Vollzeit als Mitarbeiter für sozialpädagogische Tätigkeiten für das G., H., in der Außenstelle I.. Dort ist er nach eigenen Angaben in der beruflichen Rehabilitation von Menschen mit Hörschädigungen und psychischen Beeinträchtigungen tätig. Seit etwa fünf Jahren ist er zudem als Ausbilder in berufsvorbereitenden Bildungsmaßnahmen (Maßnahmen der Ersteingliederung) und Berater für die gehörlosen und zum Teil auch psychisch beeinträchtigten Teilnehmer tätig. Dem Arbeitgeber wurde durch die J., Behörde für Arbeit, Soziales, Familie und Integration, mit Bescheid vom 15. Dezember 2015 für das Jahr 2016 nach § 102 Abs. 3 Nr. 2e Sozialgesetzbuch Neuntes Buch (SGB IX) in Verbindung mit § 27 Schwerbehinderten-Ausgleichsabgabeverordnung (SchwbAV) ein nicht rückzahlbarer Zuschuss bis zur Höhe von 24.700,00 EUR für eine Arbeitsassistenz für die notwendige Kommunikation des Klägers am Arbeitsplatz bewilligt.
Nachdem sich im Jahre 2015 strukturelle Änderungen im System der Rehabilitation ergeben hatten und sich das Anforderungsprofil an einen Ausbilder und Berater verändert hatte, was nach Angaben des Arbeitgebers des Klägers zur Folge gehabt habe, dass eine dauerhafte Beschäftigung des Klägers in Vollzeit nicht mehr habe zugesichert werden können (vgl. Schriftsatz des Arbeitgebers vom 07. Dezember 2015, Bl. 21 der Verwaltungsvorgänge), entschloss sich der Kläger, eine zusätzliche Qualifikation zum Sozialpädagogen durch ein berufsbegleitendes Studium an der Evangelischen Hochschule für Soziale Arbeit & Diakonie in I. zu erwerben, um auch weiterhin im Bildungswerk beschäftigt werden zu können.
Unter dem 24. September 2015 beantragte der Kläger bei dem K., Sozialamt, Abteilung Gesundheit, Leistungen der Eingliederungshilfe in Form der Übernahme der Kosten für einen Gebärdendolmetscher für 36 Präsenztage im Jahr an der Evangelischen Hochschule (13 Wochenenden jeweils Freitag und Samstag und 2 Kompaktwochen von Montag bis Freitag) und Mitschreibkräfte für das angestrebte berufsbegleitende Studium der Sozialpädagogik. Darüber hinaus erklärte der Kläger, dass es monatlich verpflichtende Arbeitsgruppen gebe, die etwa 2 Stunden dauern würden. Auch hierfür benötige er Gebärdendolmetscher sowie Mitschreibkräfte. Die Regelstudiendauer gab der Kläger mit 3 Jahren (bzw. 6 Semester) an.
Mit Schreiben vom 30. September 2015 leitete der K. den Antrag nach § 14 Abs. 1 Satz 2 SGB IX an den Beklagten weiter, der das Verfahren seitdem in eigener Zuständigkeit führt.
Seit dem 01. Oktober 2015 besucht der Kläger den berufsintegrierenden Studiengang Soziale Arbeit und Diakonie an der Evangelischen Hochschule in I.. Diese berufliche Qualifizierungsmaßnahme wird von dem Arbeitgeber des Klägers unterstützt. Dieser erklärte in seinem Schreiben vom 07. Dezember 2015 (vgl. Bl. 21 der Verwaltungsvorgänge), dass er die Hälfte der Studiengebühren sowie die Hälfte der halbjährlich anfallenden Semestergebühren übernehme.
Am 10. März 2016 besuchten Mitarbeiter des Beklagten den Kläger absprachegemäß auf seiner Arbeitsstelle im Bildungswerk in I.. In einem Vermerk vom 16. März 2016 (vgl. Bl. 42 ff. der Verwaltungsvorgänge) wurden die Eindrücke und die Gesprächsinhalte aus dem Betriebsbesuch festgehalten. Die Beteiligten waren sich darüber einig, dass eine dauerhafte Weiterbeschäftigung des Klägers bei seinem Arbeitgeber nur möglich sei, wenn die in Rede stehende Zusatzqualifikation erworben werde. Der Kläger habe darüber berichtet, dass sich die Kommunikation in den Studienseminaren ohne Gebärdendolmetscher als sehr schwierig erweise. Er beabsichtige, Gebärdendolmetscher monatsweise zu beauftragen. Der Kläger habe zudem darüber berichtet, dass erfahrene Gebärdendolmetscher 75,00 EUR pro Stunde abrechnen würden, woraufhin ein Mitarbeiter des Beklagten entgegnet habe, dass in Niedersachsen lediglich ein Stundensatz von 55,00 EUR anerkannt werde. Ferner sei einvernehmlich besprochen worden, dass ein Doppeleinsatz der Gebärdendolmetscher erforderlich sei, bei der Fahrtzeit der Gebärdendolmetscher für An- und Abreise jeweils 1 Stunde für die Anreise und 1 Stunde für die Abreise anzusetzen sei und dass die monatliche Abrechnung der Gebärdendolmetscherkosten direkt zwischen dem Gebärdendolmetscher und dem Beklagten erfolgen solle. Als voraussichtlicher Zeitbedarf für den Einsatz der Gebärdendolmetscher wurden insgesamt 1.620 Stunden in 3 Jahren zuzüglich An- und Abreise für zwei Gebärdendolmetscher errechnet. Darüber hinaus kämen 30 Stunden (x 2 Gebärdendolmetscher zuzüglich An- und Abfahrt für zwei Gebärdendolmetscher) für die Teilnahme an den studentischen Arbeitsgemeinschaften hinzu. Darüber hinaus wurde vermerkt, dass der Einsatz von Mitschreibkräften beziehungsweise technischer Hilfsmittel noch nicht abschließend geklärt sei und daher im Bescheid ausschließlich Gebärdendolmetscher berücksichtigt würden.
Eine in den Verwaltungsvorgängen des Beklagten vorhandene Berechnung der voraussichtlich erforderlich werdenden Kosten der Gebärdendolmetscher für die gesamte Studiendauer ergab einen Betrag von 127.512,00 EUR. Als Zuschuss aus der Ausgleichsabgabe wurde „bis zu 128.000,00 EUR“ vermerkt (vgl. Bl. 47 der Verwaltungsvorgänge). Bei dieser Berechnung ging der Beklagte von einem Stundenhonorar für Gebärdendolmetscher von 55,00 EUR aus. Für die Fahrtzeiten der Gebärdendolmetscher wurde ein Stundensatz von 45,00 EUR zugrunde gelegt. Die voraussichtlichen Fahrtkosten wurden mit 0,30 EUR/km in Ansatz gebracht.
Mit Bescheid vom 17. März 2016 bewilligte der Beklagte dem Kläger nach § 102 Abs. 4 SGB IX in Verbindung mit § 17 Abs. 1a SchwbAV einen Zuschuss aus der Ausgleichsabgabe bis zu 128.000,00 EUR für die tatsächlich entstehenden Einsatzkosten von Gebärdendolmetschern und Mitschreibkräften für die Teilnahme des Klägers an dem berufsintegrierenden Bachelorstudiengang Soziale Arbeit und Diakonie an der Evangelischen Hochschule für Soziale Arbeit & Diakonie in I. für den Zeitraum vom 01. Oktober 2015 bis 30. September 2018 (Regelstudienzeit 6 Semester). Der Beklagte führte aus, der Betrag beruhe auf einer Schätzung und werde angepasst, sofern er sich als nicht ausreichend erweise. Ebenso werde der Zeitraum angepasst, sofern dies erforderlich werde. Dem Bescheid waren mehrere Nebenbestimmungen beigefügt. In der Nebenbestimmung Nummer 1.1 wurde unter anderem geregelt, dass die Vergütung der Gebärdendolmetscher für eine Einsatzstunde (Dolmetscherzeit) 55,00 EUR je volle Stunde (Zeitstunde) betrage, je angefangene halbe Stunde 27,50 EUR. Die Nebenbestimmung Nummer 1.2 regelt, dass die Fahrtzeit der Gebärdendolmetscher mit 45,00 EUR je volle Zeitstunde und je angefangene halbe Stunde mit 22,50 EUR vergütet wird. Nach Nummer 1.4 der Nebenbestimmungen hat der Kläger eigenverantwortlich Gebärdendolmetscher zu bestellen. Voraussetzung für die Auszahlung ist nach Nummer 1.6 der Nebenbestimmungen, dass der Bescheid bestandskräftig geworden ist. Nummer 2 der Nebenbestimmungen trifft genauere Vorgaben zu der Qualität der Gebärdendolmetscher. Die Nummern 3 bis 5 der Nebenbestimmungen regeln die Bindung, Informationspflichten und einen Widerrufsvorbehalt.
Seit dem Frühjahr 2016 reichte der Kläger fortlaufend Abrechnungen über den Einsatz der Gebärdendolmetscher bei dem Beklagten ein. Die eingesetzten Dolmetscher stellten dabei pro Stunde (Einsatz- und Fahrtzeit) jeweils 75,00 EUR in Rechnung. Auf die eingereichten Rechnungen veranlasste der Beklagte Auszahlungen, bei denen er lediglich einen Stundensatz von 55,00 EUR für die Dolmetsch- und 45,00 EUR für die Fahrtzeiten zugrunde legte.
Der Kläger hat am 18. April 2016 Klage erhoben.
Zur Begründung führt er unter anderem aus, dass der Zuschuss auf der Grundlage des Justizvergütungs- und -entschädigungsgesetzes (JVEG) berechnet werden müsse. Hiernach betrage die Vergütung 75,00 EUR für die Leistung des Dolmetschers sowie für die Fahrtzeit. Die Bestimmung der Höhe der Mittel für eine Arbeitsassistenz stehe nicht im Ermessen der Behörde. Die Höhe werde ausschließlich durch die Notwendigkeit begrenzt. Es liege kein sachgerechtes Argument vor, die Stundensätze auf 55,00 EUR zu beschränken. Selbst wenn es sich um eine Leistung nach § 102 Abs. 3 Nr. 1e SGB IX handeln sollte, so sei das Ermessen auf Null reduziert, da der Kläger auf den Einsatz der Gebärdendolmetscher dringend angewiesen sei. Im Übrigen habe der Beklagte eine Begrenzung der Ausgleichsabgabe nicht dargelegt.
Der Kläger beantragt,
den Beklagten unter teilweiser Abänderung des Bescheides vom 17. März 2016 zu verpflichten, einen Zuschuss aus der Ausgleichsabgabe unter Berücksichtigung eines Stundensatzes von 75,00 EUR pro Gebärdendolmetscher zu gewähren.
Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Der Bewilligungsbescheid vom 17. März 2016 beruhe auf einer fehlerhaften Rechtsgrundlage. Es sei vorliegend nicht § 17 Abs. 1a SchwbAV, sondern vielmehr § 102 Abs. 3 Nr. 1e SGB IX in Verbindung mit § 24 SchwbAV anwendbar, da es sich um Hilfen zur Teilnahme an Maßnahmen zur Erhaltung und Erweiterung beruflicher Kenntnisse und Fertigkeiten handele. Da § 17 Abs. 1a SchwbAV einen Rechtsanspruch einräume, der § 24 SchwbAV die Entscheidung über die Hilfegewährung dagegen in das pflichtgemäße Ermessen der Behörde stelle, liege ein behördlicher Irrtum zugunsten des Klägers vor. Von einer Prüfung einer Rücknahme der ergangenen Bewilligung werde hingegen vor dem Hintergrund des bereits laufenden Studienganges abgesehen. Dagegen könne er, der Beklagte, sich für die nunmehr mit der vorliegenden Klage begehrte Erhöhung des Bewilligungsbetrages auf die nach seiner Ansicht richtige Rechtsgrundlage stützen und dementsprechend Ermessenserwägungen anstellen. Insoweit sei festzustellen, dass dem Kläger ein Rechtsanspruch zugestanden worden sei, der nicht vorgelegen habe. Dies habe sich auch in der Bemessung des Hilfebedarfs und letztendlich in der Berechnung der Zuschusshöhe niedergeschlagen. Insbesondere sei die Prüfung einer Kostenbeteiligung von dritter Seite gänzlich unterblieben. Im Übrigen käme ein Stundensatz von 75,00 EUR nicht in Betracht, da das JVEG keine Anwendung finde. Die begehrte weitere Aufstockung des Zuschusses entbehre daher einer belastbaren Rechtsgrundlage und erweise sich als unverhältnismäßig.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakten und der beigezogenen Verwaltungsvorgänge des Beklagten verwiesen.
Entscheidungsgründe
Die Klage hat Erfolg. Die zulässige Klage ist begründet. Der Kläger hat Anspruch auf Übernahme der Kosten einer notwendigen Arbeitsassistenz für den Einsatz der Gebärdendolmetscher im Rahmen seines Studiums Soziale Arbeit und Diakonie an der Evangelischen Hochschule für Soziale Arbeit & Diakonie in I. für die Dauer der Regelstudienzeit unter Zugrundelegung eines Stundensatzes von 75,00 EUR (§ 113 Abs. 5 Satz 1 VwGO).
Dem Kläger steht dem Grunde nach ein Anspruch auf Übernahme der Kosten einer notwendigen Arbeitsassistenz zu (dazu I.). Er hat auch Anspruch auf Übernahme der Kosten für den Einsatz der Gebärdendolmetscher unter Berücksichtigung eines Stundensatzes von 75,00 EUR (dazu II.).
I. Der Anspruch ergibt sich aus § 102 Abs. 4 SGB IX in Verbindung mit § 17 Abs. 1a SchwbAV. Anders als der Beklagte in seiner Klageerwiderung vorgebracht hat, beruht der Bewilligungsbescheid nicht auf einer fehlerhaft herangezogenen Rechtsgrundlage. Denn es geht vorliegend nicht um Hilfen zur Teilnahme an Maßnahmen zur Erhaltung und Erweiterung beruflicher Kenntnisse und Fertigkeiten im Sinne der § 102 Abs. 3 Nr. 1e SGB IX in Verbindung mit § 24 SchwbAV, sondern um die Übernahme der Kosten einer notwendigen Arbeitsassistenz nach § 102 Abs. 4 SGB IX in Verbindung mit § 17 Abs. 1a SchwbAV.
Gemäß § 102 Abs. 4 SGB IX in Verbindung mit § 17 Abs. 1a SchwbAV haben schwerbehinderte Menschen im Rahmen der Zuständigkeit des Integrationsamtes für die begleitende Hilfe im Arbeitsleben aus den ihm aus der Ausgleichsabgabe zur Verfügung stehenden Mitteln Anspruch auf Übernahme der Kosten einer notwendigen Arbeitsassistenz. Dem Gesetzeswortlaut nach ist der Anspruch auf Übernahme der Kosten für eine notwendige Arbeitsassistenz als Anspruchsleistung ausgestaltet, die allerdings unter dem Vorbehalt steht, dass Mittel aus der Ausgleichsabgabe hierfür zur Verfügung stehen. Während andere Leistungen der begleitenden Hilfe im Arbeitsleben, beispielsweise Leistungen nach § 102 Abs. 3 SGB IX, regelmäßig als Ermessensleistungen ausgestaltet sind, besteht auf die Übernahme der Kosten einer notwendigen Arbeitsassistenz bei Vorliegen der Voraussetzungen des § 102 Abs. 4 SGB IX ein Rechtsanspruch jedenfalls dem Grunde nach.
Das Gesetz definiert weder den Begriff der Arbeitsassistenz noch lässt sich ihm entnehmen, wann eine Arbeitsassistenz „notwendig“ ist. Von der durch § 108 SGB IX eröffneten Möglichkeit, durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrates Näheres über die Voraussetzungen des Anspruchs auf Übernahme der Kosten einer notwendigen Arbeitsassistenz sowie über die Höhe, Dauer und Ausführung zu regeln, hat die Bundesregierung bislang keinen Gebrauch gemacht. In Ermangelung verbindlicher anderweitiger Regelungen können jedoch die Empfehlungen der Bundesarbeitsgemeinschaft der Integrationsämter und Hauptfürsorgestellen (BIH) für die Erbringung finanzieller Leistungen zur Arbeitsassistenz schwerbehinderter Menschen gemäß § 102 Abs. 4 SGB IX (Stand: 15. April 2014, im Folgenden: Empfehlungen der BIH) ergänzend herangezogen werden, auch wenn diese Empfehlungen keinen bindenden Rechtscharakter haben (so ebenfalls: Hess. VGH, Beschluss vom 15.12.2016 - 10 B 2436/17 -; OVG Schleswig-Holstein, Urteil vom 18.2.2016 - 3 LB 17/15 -, zitiert jeweils nach juris; Luik in: Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGB IX, 2. Auflage, 2015, § 33 SGB IX, Rn. 221; Kossens in: Kossens/von der Heide/Maaß, SGB IX, Kommentar, 3. Auflage, 2009, § 102 Rn. 26 f.).
Nach Ziffer 2.1 der Empfehlungen der BIH ist Arbeitsassistenz im Sinne der § 33 Abs. 8 Ziffer 3 SGB IX und § 102 Abs. 4 SGB IX die über gelegentliche Handreichungen hinausgehende, zeitlich wie tätigkeitsbezogen regelmäßig wiederkehrende Unterstützung von Menschen mit Schwerbehinderung (Assistenznehmern) bei der Arbeitsausführung in Form einer von ihnen beauftragten Assistenzkraft im Rahmen der Erlangung oder Erhaltung eines Arbeitsplatzes auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt (ebenso: Hess. VGH, Beschluss vom 15.12.2016 - 10 B 2436/17 -; OVG Schleswig-Holstein, Urteil vom 18.2.2016 - 3 LB 17/15 -; VG Minden, Beschluss vom 11.8.2014 - 6 K 314/14 -; VG Bremen, Urteil vom 26.5.2009 - 5 K 3056/07 -; VG Stade, Urteil vom 25.6.2003 - 4 A 1687/01 -, zitiert jeweils nach juris). Die Arbeitsassistenz ist nach Ziffer 2.2 der Empfehlungen der BIH notwendig, wenn dem Assistenznehmer erst durch diese Leistung eine wettbewerbsfähige Erbringung der arbeitsvertraglich/dienstrechtlich geschuldeten Tätigkeit ermöglicht wird. Dazu gehören insbesondere die dem Fähigkeitsprofil der Menschen mit Schwerbehinderung entsprechende Auswahl des Arbeitsplatzes (ggf. Umsetzung auf einen anderen Arbeitsplatz), § 81 Abs. 4 SGB IX, die behinderungsgerechte Organisation, Einrichtung und Ausgestaltung des Arbeitsplatzes einschließlich der Arbeitsabläufe, die auf die individuellen Fähigkeiten abgestimmte berufliche Ausbildung und Einarbeitung, gegebenenfalls Jobcoaching, Maßnahmen der beruflichen Qualifizierung sowie durch den Arbeitgeber sichergestellte personelle Unterstützung durch eigene Mitarbeiter. Die Leistung setzt voraus, dass der Betroffene in der Lage ist, den das Beschäftigungsverhältnis inhaltlich prägenden Kernbereich der arbeitsvertraglich/dienstrechtlich geschuldeten Arbeitsaufgaben selbständig zu erledigen. Indem hierbei auf die individuelle vertraglich beziehungsweise dienstrechtlich geschuldete Tätigkeit abgestellt wird, kommt zum Ausdruck, dass die im konkreten Einzelfall erheblichen Merkmale der Arbeitsleistung für die Bestimmung des „notwendigen“ Umfangs der Arbeitsassistenz maßgeblich sind (vgl. auch VG München, Urteil vom 28.7.2010 - M 18 K 10.2468 -, juris). Es kommt folglich darauf an, ob der Schwerbehinderte ohne eine Arbeitsassistenz nicht in der Lage ist, seine berufliche Tätigkeit so wahrzunehmen, wie es den Zielsetzungen der begleitenden Hilfe im Arbeitsleben gemäß § 102 Abs. 2 Satz 2 SGB IX entspricht. Danach soll die begleitende Hilfe im Arbeitsleben dahin wirken, dass die schwerbehinderten Menschen in ihrer sozialen Stellung nicht absinken, auf Arbeitsplätzen beschäftigt werden, auf denen sie ihre Fähigkeiten und Kenntnisse voll verwerten und weiterentwickeln können sowie durch Leistungen befähigt werden, sich am Arbeitsplatz und im Wettbewerb mit nichtbehinderten Menschen zu behaupten.
Unter Berücksichtigung dieser rechtlichen Grundlagen handelt es sich um eine notwendige Arbeitsassistenz im Sinne der § 102 Abs. 4 SGB IX in Verbindung mit § 17 Abs. 1a SchwbAV.
Dem steht nicht entgegen, dass das Einsatz der Gebärdendolmetscher in räumlicher Hinsicht nicht direkt am Arbeitsplatz des Klägers erfolgt. In räumlicher Hinsicht ist ein Arbeitsplatz ein dem Arbeitnehmer zugewiesener Bereich der Arbeitstätigkeit (vgl. auch die Begriffserläuterung der BIH auf https://www.integrationsaemter.de/ Fachlexikon/ Arbeitsplatz/77c536i1p/index.html, zuletzt abgerufen am 14. November 2017). Dies sind vorliegend grundsätzlich die Räumlichkeiten im L.. Der Einsatz der Gebärdendolmetscher soll hingegen im Rahmen des berufsbegleitenden Studiums an der Evangelischen Hochschule für Soziale Arbeit & Diakonie in I. erfolgen. Sinn und Zweck des SGB IX gebieten es indes, dass auch derartige (Weiterbildungs-) Maßnahmen, die gerade der Erhaltung des jeweiligen Arbeitsplatzes durch den Erwerb zusätzlicher Qualifikationen infolge struktureller Änderungen im Anforderungsprofil der jeweils ausgeübten Beschäftigung dienen, von § 102 Abs. 4 SGB IX erfasst werden, auch wenn sie nicht in räumlicher Hinsicht direkt am jeweiligen Arbeitsplatz (hier im M.) erbracht werden. Primärer Sinn und Zweck des SGB IX ist die Sicherung und Förderung der Teilhabe schwerbehinderter Menschen am Arbeitsleben auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt. Zugleich soll durch die Einführung umfassender Maßnahmen die Chancengleichheit schwerbehinderter Menschen im Arbeitsleben erreicht werden. Leistungen zur begleitenden Hilfe im Arbeitsleben - wie etwa eine Arbeitsassistenz - können dementsprechend an schwerbehinderte Menschen erbracht werden, wenn die Teilhabe am Arbeitsleben auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt hierdurch ermöglicht, erleichtert oder gesichert wird (vgl. § 18 Abs. 2 Nr. 1 SchwbAV, vgl. auch OVG Schleswig-Holstein, Urteil vom 18.2.2016 - 3 LB 17/15 -, juris). Dies ist hier der Fall. Das berufsbegleitende Studium ist erforderlich, um den derzeitigen Arbeitsplatz des Klägers als Ausbilder und Berater im N. zu sichern. Dies ergibt sich aus den Angaben des Arbeitgebers des Klägers in seinem Schreiben vom 07. Dezember 2015 (vgl. Bl. 21 der Verwaltungsvorgänge), in welchem dieser ausführt, dass die Qualifizierungsmaßnahme des Klägers Zustimmung finde, da aufgrund struktureller Veränderungen im System der beruflichen Rehabilitation eine dauerhafte Beschäftigung des Klägers mit seiner aktuellen Qualifikation (abgeschlossene Berufsausbildung zum Physiklaborant, Ehe-, Familien- und Lebensberater, Ausbildereignungsprüfung) in Vollzeit nicht zugesichert werden könne. Die Erforderlichkeit dieser Zusatzqualifikation für den Erhalt der derzeitigen Arbeitsstelle des Klägers wird auch von dem Beklagten nicht in Abrede gestellt. In dem Vermerk vom 16. März 2016 (vgl. Bl. 42 ff. der Verwaltungsvorgänge) heißt es insoweit auf Seite 2 unter anderem: „Es wurde im Gespräch festgestellt, dass die Berufsbildungswerke im Umbruch sind. Eine Anpassung der beruflichen Kenntnisse der Mitarbeiter/innen ist häufig erforderlich. Dies ist auch bei Herrn O. der Fall. Eine dauerhafte Weiterbeschäftigung ist nur möglich, wenn die in Rede stehende Zusatzqualifikation erworben wird.“ Es geht mithin nicht um den Erwerb einer Zusatzqualifikation im eigentlichen Sinne, sondern um die Sicherung des Arbeitsplatzes des Klägers. Die begehrte Arbeitsassistenz dient der Erhaltung der Beschäftigungsmöglichkeit, was nach Ziffer 2.1 der Empfehlungen der BIH gerade von § 102 Abs. 4 SGB IX gedeckt ist.
II. Der geltend gemachte Anspruch ist auch der Höhe nach begründet. Der Beklagte hat zu Unrecht bei der Bewilligung des Zuschusses für den Einsatz der Gebärdendolmetschereinsätze lediglich einen Stundensatz von 55,00 EUR für die Einsatzstunde (Dolmetschzeit) je volle Stunde (vgl. Ziffer 1.1 der Nebenbestimmungen) und 45,00 EUR für die Fahrtzeit je volle Stunde (vgl. Ziffer 1.2 der Nebenbestimmungen) zugrunde gelegt. Der Kläger hat Anspruch auf Übernahme der Kosten für den Einsatz der Gebärdendolmetscher unter Zugrundelegung eines Stundensatzes von 75,00 EUR und zwar sowohl für die Einsatz- als auch für die Fahrtzeiten der Gebärdendolmetscher.
Dies folgt indes nicht aus § 9 Abs. 3 Satz 1 JVEG in Verbindung mit § 19 Abs. 2 Satz 4 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB X) und § 17 Abs. 2 Satz 2 Erstes Buch Sozialgesetzbuch (SGB I). Entgegen dem Vorbringen des Klägers stehen nämlich sowohl der Wortlaut als auch die Gesetzessystematik einer Anwendung des § 17 Abs. 2 Satz 2 SGB I auf Leistungen, die nach § 102 Abs. 4 SGB IX gewährt werden, entgegen. Nach § 17 Abs. 2 SGB I haben Menschen mit Hörbehinderungen und Menschen mit Sprachbehinderungen das Recht, bei der Ausführung von Sozialleistungen, insbesondere auch bei ärztlichen Untersuchungen und Behandlungen, in Deutscher Gebärdensprache, mit lautsprachbegleitenden Gebärden oder über andere geeignete Kommunikationshilfen zu kommunizieren. Die für die Sozialleistung zuständigen Leistungsträger sind verpflichtet, die durch die Verwendung der Kommunikationshilfen entstehenden Kosten zu tragen (vgl. § 17 Abs. 2 Satz 2 SGB I). Bezugspunkt für die Verweisung auf das JVEG ist dabei die Ausführung von Sozialleistungen und nicht die Sozialleistung selbst. Dies ergibt sich aus dem Sinn und Zweck der Regelung. Es ging um die Möglichkeit, für hörbehinderte Menschen im Verkehr mit Sozialleistungsträgern und bei der Ausführung von Sozialleistungen Gebärdensprache zu verwenden (vgl. OVG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 30.5.2016 - 7 A 10583/15 -, juris).
Der geltend gemachte Anspruch folgt der Höhe nach vielmehr aus § 102 Abs. 4 SGB IX. Denn die Entscheidung über die Höhe des Anspruchs steht nicht im Ermessen des Beklagten (so auch: OVG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 18.5.2011 - OVG 6 B 1.09 -; VG Stade, Urteil vom 25.6.2003 - 4 A 1687/01 -; VG Berlin, Urteil vom 19.7.2017 - 22 K 38.15 -; VG Dresden, Beschluss vom 17.2.2017 - 1 L 179/17 -; VG München, Beschluss vom 1.6.2005 - M 6b E 05.1020 -; VG Schleswig, Urteil vom 27.8.2003 - 15 A 267/01 -; zitiert jeweils nach juris; Simon in: Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGB IX, 2. Auflage, 2015, § 102 SGB IX, Rn. 83). Soweit teilweise vertreten wird, dem Integrationsamt stehe bei der Übernahme der Kosten hinsichtlich der Höhe ein Ermessen zu, teilt die Kammer diese Auffassung nicht (in diese Richtung etwa: OVG Bremen, Beschluss vom 15.10.2003 - 2 B 304/03 -, FEVS 55, 334; VG Halle, Beschluss vom 8.12.2006 - 4 B 624/06 sowie Urteil vom 28.8.2008 - 4 A 49/07 -; VG Minden, Beschluss vom 22.7.2004 - 7 K 7681/03 -; VG Hamburg, Urteil vom 9.7.2002 - 5 VG 3700/2001, zitiert jeweils nach juris; Luik in: Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGB IX, 2. Auflage, 2015, § 33 SGB IX, Rn. 221; Kossens in: Kossens/Heide/Maaß, SGB IX, Kommentar, 3. Auflage, 2009, § 102, Rn. 32. Das BVerwG hat diese Frage in seinem Beschluss vom 28.6.2010 - 5 B 66/09 -, juris, offengelassen.). Zwar steht die Übernahme der Kosten nach dem Wortlaut des § 102 Abs. 4 SGB IX unter dem Vorbehalt, dass Mittel aus der Ausgleichsabgabe zur Verfügung stehen. Weiteren Rechtsnormen über die Verteilung der Mittel aus der Ausgleichsabgabe existieren nicht. Gegen die Eröffnung eines Ermessensspielraumes hinsichtlich der Anspruchshöhe sprechen allerdings der eindeutige Wortlaut der Norm und die Systematik des § 102 SGB IX. Der § 102 Abs. 4 SGB IX normiert ausdrücklich einen Anspruch auf Übernahme der Kosten einer notwendigen Arbeitsassistenz. Demgegenüber wurde dem Integrationsamt hinsichtlich der Bewilligung von Geldleistungen für begleitende Hilfen im Arbeitsleben nach § 102 Abs. 3 SGB IX ein Ermessen eingeräumt. Hätte der Gesetzgeber im Rahmen des Gesetzes zur Bekämpfung der Arbeitslosigkeit Schwerbehinderter vom 29. September 2000 (BGBl. I, 2000, S. 1394), in dessen Zuge der Anspruch auf Arbeitsassistenz durch Erweiterung des damaligen § 31 Schwerbehindertengesetz um einen Absatz 3a (heute § 102 Abs. 4 SGB IX) eingeführt wurde, lediglich einen Anspruch auf fehlerfreie Ermessensausübung normieren wollen, so hätte er den Leistungskatalog des § 102 Abs. 3 Nr. 1 SGB IX entsprechend erweitern können. Dies hat er indes nicht getan und stattdessen die Gewährung eines Anspruches normiert, der - da eine Rechtsverordnung nach § 108 SGB IX bislang nicht erlassen wurde - lediglich durch die Höhe der dem Integrationsamt aus der Ausgleichsabgabe zur Verfügung stehenden Mittel beschränkt ist.
Etwas anderes mag gelten, wenn die dem Beklagten zur Verfügung stehenden Mittel aus der Ausgleichsabgabe verbraucht wären oder aber absehbar ist, dass die Mittel beschränkt sind, das heißt zur vollumfänglichen Erfüllung aller Aufgaben nicht ausreichen. Hierfür ist indes nichts ersichtlich oder geltend gemacht worden.
Für die Bemessung der Anspruchshöhe kommt es daher allein auf die tatbestandliche Voraussetzung des § 102 Abs. 4 SGB IX an, ob und in welchem Ausmaß die vom Kläger begehrte Arbeitsassistenz „notwendig" ist. Der Anspruch ist der Höhe nach durch den Begriff der Notwendigkeit begrenzt. Notwendig in diesem Sinne sind diejenigen Kosten, die entstehen, um den Bedarf für eine Arbeitsassistenz zu decken, die - dem Zweck der Regelung entsprechend - den behinderungsbedingten Unterstützungsbedarf bei der Bewältigung des beruflichen Alltags ausgleicht. Nach welchen Kriterien sich dies richtet, ist weder durch § 102 Abs. 4 SGB IX noch durch Rechtsverordnung vorgegeben oder konkretisiert (vgl. OVG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 18.5.2011 - OVG 6 B 1.09 -, juris). Es kommt mithin auf den Einzelfall an. Vorliegend beläuft sich der beantragte behinderungsbedingte Unterstützungsbedarf des Klägers auf die Anwesenheitszeiten der Gebärdendolmetscher bei den studentischen Präsenztagen und Studienzirkeln während des gesamten Studiums. Hiervon geht auch der Beklagte aus. In dem Vermerk vom 16. März 2016 (Bl. 47 der Verwaltungsvorgänge) wurde insoweit festgehalten: „Der Einsatz einer externen Arbeitsassistenz (Gebärdendolmetscher) ist behinderungsbedingt für die Dauer des Studiums erforderlich.“
Der Anspruch auf Übernahme der Kosten einer notwendigen Arbeitsassistenz besteht auf der anderen Seite aber auch nicht in unbegrenzter Höhe. Zum einen ist er durch die Verfügbarkeit entsprechender Mittel aus der Ausgleichsabgabe begrenzt. Darüber hinaus würde es dem umfassenden Auftrag des Integrationsamtes zuwiderlaufen, wenn es Ansprüche in unwirtschaftlicher beziehungsweise unangemessener Höhe bewilligen müsste und hierdurch eventuell weitere Ansprüche nicht erfüllen könnte, da die Mittel aus der Ausgleichsabgabe verbraucht sind. Eine weitere Begrenzung erfährt der Anspruch aus § 102 Abs. 4 SGB IX daher durch das Gebot der Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit. Sofern wirtschaftlichere und zumutbare Alternativen bestehen, muss sich der Schwerbehinderte grundsätzlich hierauf verweisen lassen (ebenso: VG Dresden, Beschluss vom 17.2.2017 - 1 L 179/17 -, juris). Dies folgt auch aus § 9 SGB IX in Verbindung mit § 33 SGB I. Nach § 9 Abs. 1 Satz 1 SGB IX wird bei der Entscheidung über die Leistungen und bei der Ausführung der Leistungen zur Teilhabe berechtigten Wünschen der Leistungsberechtigten entsprochen, wobei nach Satz 2 auch auf persönliche Belange, unter anderem das Alter oder das Geschlecht, Rücksicht genommen wird. Im Übrigen verweist § 9 Abs. 1 Satz 2 Halbsatz 2 SGB IX auf § 33 SGB I. Gemäß § 33 Satz 2 SGB I soll den Wünschen des Berechtigten oder Verpflichteten entsprochen werden, soweit sie angemessen sind. Dabei ist die Prüfung der Angemessenheit der Kosten sowohl in tatsächlicher als auch in rechtlicher Hinsichtlich gerichtlich voll nachprüfbar. Dies hat das Bundesverwaltungsgericht bereits zum damaligen § 3 Abs. 2 Satz 1 Bundessozialhilfegesetz (BSHG) entschieden, wonach Wünschen des Hilfeempfängers, die sich auf die Gestaltung der Hilfe richten, entsprochen werden soll, soweit sie angemessen sind (vgl. BVerwG, Urteil vom 14.1.1982 - 5 C 70/80 -, juris Rn. 14). Unangemessen ist die Wahl des Berechtigten nur dann, wenn die hieraus folgende Mehrbelastung des Integrationsamts zum Gewicht der vom Berechtigten angeführten Gründe für die von ihm getroffene Wahl der Hilfemaßnahme nicht mehr im rechten Verhältnis steht, so dass die Frage nach der Angemessenheit wunschbedingter Mehrkosten sich nicht in einem rein rechnerischen Kostenvergleich erschöpft, sondern eine wertende Betrachtungsweise verlangt (ebenso VG Dresden, Beschluss vom 17.2.2017 - 1 L 179/17 -, unter Hinweis auf BVerwG, Beschluss vom 18.8.2003 - 5 B 14.03 -, zitiert jeweils nach juris). Bei dieser sind alle Umstände des Einzelfalles zu berücksichtigen und die widerstreitenden Interessen abzuwägen.
Vorliegend ist eine Abrechnung der Gebärdendolmetschereinsätze zu einem Stundensatz von 75,00 EUR nicht unwirtschaftlich oder unangemessen. Dies folgt bereits daraus, dass nach dem JVEG - das allerdings, wie bereits ausgeführt, vorliegend keine Anwendung findet, da es nicht um die Ausführung einer Sozialleistung geht - in § 9 Abs. 3 Satz 1 als Honorar für simultanes Dolmetschen 75,00 EUR pro Stunde zu vergüten sind. Wenn der Gesetzgeber selbst eine Vergütung von 75,00 EUR je Stunde für den Einsatz von Gebärdendolmetschern bei der Ausführung von Sozialleistungen nach § 17 Abs. 2 Satz, 1, 2 SGB I in Verbindung mit § 19 Abs. 2 Satz 4 SGB X in Verbindung mit § 9 Abs. 3 Satz 1 JVEG als angemessen ansieht, dann kann die Abrechnung zu diesem Stundensatz bei der Gewährung der Sozialleistung selbst - wie hier der begehrte Einsatz der Gebärdendolmetscher - nicht als unangemessen angesehen werden. Dass ein Stundensatz von 75,00 EUR für den Einsatz eines Gebärdendolmetschers grundsätzlich üblich ist, lässt sich zudem den eingereichten Abrechnungen (vgl. Beiakte 002) entnehmen, da alle bislang vom Kläger beauftragten Gebärdendolmetscher zu diesem Stundensatz abrechnen. Überdies hat der Beklagte günstiger Alternativen nicht dargelegt, sondern lediglich behauptet, ein Stundensatz von 75,00 EUR sei unverhältnismäßig.
Auch hinsichtlich der Fahrtzeiten, für welche der Beklagte lediglich einen Stundensatz von 45,00 EUR bewilligt hat, ist der Ansatz einer Stundenentlohnung von 75,00 EUR nicht unangemessen. Auch dies lässt sich aus dem JVEG ableiten. Nach § 8 Abs. 2 Satz 1 JVEG wird das Honorar, soweit es nach Stundensätzen zu bemessen ist, für jede Stunde der erforderlichen Zeit einschließlich notwendiger Reise- und Wartezeiten gewährt.
Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 154 Abs. 1, 188 Satz 2 VwGO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 167 VwGO in Verbindung mit § 709 Satz 1 ZPO.
Gründe für die Zulassung der Berufung gemäß § 124 a Abs. 1 in Verbindung mit § 124 Abs. 2 Nr. 3 oder 4 VwGO durch das Verwaltungsgericht liegen nicht vor.