Verwaltungsgericht Braunschweig
Urt. v. 30.06.2003, Az.: 8 A 43/02

Feststellung des Vorliegens eines Abschiebungshindernisses nach § 53 Abs. 6 Ausländergesetz (AuslG) hinsichtlich der Republik Armenien; Extremer Bluthochdruck als Abschiebungshindernis; Glaubhaftigkeit der drohenden Drangsalierung zwei Jahre nach der Ausreise wegen Kenntnis von Parteigeheimnissen im Zusammenhang mit den Wahlen 1999; Gefahrenlage durch Erfordernis einer erheblichen Gefährdung gewichtigster Rechtsgüter durch Art und Intensität der drohenden Rechtsgutverletzung aber auch durch eine gewisse zeitliche Nähe des möglichen Eintritts der Verletzungen der gefährdeten Rechtsgüter zum Abschiebungsakt

Bibliographie

Gericht
VG Braunschweig
Datum
30.06.2003
Aktenzeichen
8 A 43/02
Entscheidungsform
Urteil
Referenz
WKRS 2003, 34302
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
ECLI:DE:VGBRAUN:2003:0630.8A43.02.0A

Fundstelle

  • NVwZ-RR 2004, 300-302 (Volltext mit amtl. LS)

Verfahrensgegenstand

Abschiebungsschutz nach § 53 Abs. 6 AuslG

In der Verwaltungsrechtssache
...
hat das Verwaltungsgericht Braunschweig - 8. Kammer -
auf die mündliche Verhandlung vom 30. Juni 2003
durch
den Richter am Verwaltungsgericht Tscherning als Einzelrichter
für Recht erkannt:

Tenor:

Die Beklagte wird unter entsprechender Aufhebung der Entscheidung zu Ziffer 3. der Entscheidungsformel des Bescheides des Bundesamtes vom 23. Januar 2002 verpflichtet, zugunsten der Klägerin festzustellen, dass hinsichtlich der Republik Armenien ein Abschiebungshindernis nach § 53 Abs. 6 AuslG vorliegt.

Die außergerichtlichen Kosten der Beteiligten mit Ausnahme derjenigen der Beigeladenen tragen die Klägerin zu zwei Dritteln und die Beklagte zu einem Drittel. Im Übrigen findet eine Erstattung außergerichtlicher Kosten nicht statt. Gerichtskosten (Gebühren und Auslagen) werden nicht erhoben.

Das Schlussurteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar.

Die jeweilige Vollstreckungsschuldnerin kann eine Vollstreckung durch den jeweilige Vollstreckungsgläubiger gegen Sicherheitsleistung in Höhe des jeweils festgesetzten Vollstreckungsbetrages abwenden, wenn nicht der jeweilige Vollstreckungsgläubiger vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Tatbestand

1

Soweit sie durch das Teilurteil auf die mündliche Verhandlung vom 17. April 2002 noch nicht beschieden worden ist, begehrt die Klägerin unter Hinweis auf ihre Angaben zum persönlichen Verfolgungsschicksal und ihren Gesundheitszustand eine Verpflichtung der Beklagten, das Vorliegen eines Abschiebungshindernisses nach § 53 Abs. 6 AuslG festzustellen.

2

Wegen der Einzelheiten des Sachverhalts bis zum Ergehen des Teilurteils und des Vorbringens der Klägerin zu ihrer Gefährdung aufgrund des behaupteten individuellen Verfolgungsschicksals wird gemäß § 117 Abs. 3 Satz 2 VwGO auf den Tatbestand des Teilurteils verwiesen.

3

Darüber hinaus macht die Klägerin geltend, es lägen im Hinblick auf ihren Gesundheitszustand die Voraussetzungen des § 53 Abs. 6 AuslG vor. Sie leide unter extremen Bluthochdruck, der täglich durch die Einnahme von drei verschiedenen Medikamenten therapiert werden müsse. Zudem bedürfe es regelmäßiger Blutdruckmessungen und vierteljährlicher Arztbesuche. Bei keiner oder unzureichender Behandlung sei mit hoher Wahrscheinlichkeit mit einer wesentlichen Verschlimmerung ihrer Erkrankung zu rechnen. Es bestehe die Gefahr eines Schlaganfalls oder Herzinfarktes. Die Wahrscheinlichkeit, dass diese Erkrankungen einträten, sei - wie die Beweisaufnahme ergeben habe - besonders hoch, da ihre Gefäße aufgrund der langen Nichtbehandlung oder unzureichender Behandlung vermutlich vorgeschädigt seien. Zudem sei sie nunmehr 63 Jahre alt, habe keine Verwandte, die sich in Armenien aufhielten, und verfüge auch nicht über die notwendigen finanziellen Mittel, um die von ihr benötigten Medikamente in Armenien selbst zu bezahlen. Zwar existiere dort ein Gesetz, dass die kostenlose Abgabe von Medikamenten an Bedürftige vorschreibe. Dieses Gesetz werde jedoch ausweislich einer Stellungnahme des DRK vom 06. Februar 2003 nicht umgesetzt. Ihr, der Klägerin, einziger Sohn lebe in der Bundesrepublik und erhalte dort nur Leistungen auf dem Niveau der Sozialhilfe. Auch er könne sie in Armenien nicht unterstützen. Schließlich sei fraglich, ob Medikamente mit entsprechenden Wirkstoffen, wie sie sie benötige, in Armenien überhaupt erhältlich seien und bejahendenfalls für welchen Preis.

4

Die Klägerin beantragt,

die Beklagte unter entsprechender Aufhebung des Bescheides vom 23. Januar 2002 zu verpflichten, das Vorliegen eines Abschiebungshindernisses nach § 53 Abs. 6 AuslG festzustellen.

5

Die Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

6

Sie tritt der Klägerin unter Hinweis auf die Begründung des ergangenen Bescheides und eine Auskunft des Auswärtigen Amtes vom 18. November 1997 entgegen. Aus der Auskunft gehe hervor, dass bereits damals Bluthochdruckerkrankungen in Armenien behandelt werden konnten. Seither habe sich die medizinische Versorgung weiter verbessert.

7

Die Beigeladene stellt keinen ausdrücklichen Antrag. Sie ist jedoch bereit, der Klägerin zur Ausreise den Medikamentenbedarf für sechs Monate zu finanzieren. Es könne der Klägerin entweder Bargeld zum Kauf der Medikamente im Heimatland ausgehändigt werden oder aber der entsprechende Vorrat hier finanziert werden.

8

Das Gericht hat durch Einholung eines amtsärztlichen Gutachtens des amtsärztlichen Dienstes der Stadt Braunschweig Beweis erhoben. Wegen der Beweisthemen wird auf den Beweisbeschluss vom 29. Mai 2002 verwiesen. Wegen der Ergebnisse der Beweisaufnahme wird auf das amtsärztliche Gutachten vom 25. März 2003 Bezug genommen. Das Gericht hat Ermittlungen zu den Preisen der von der Klägerin benötigten Medikamente im Bundesgebiet angestellt. Wegen des Ergebnisses dieser Ermittlungen wird auf die Angaben der E. -Apotheke und den erläuternden Vermerk vom 04. Juni 2003 (Bl. 154 GA) verwiesen.

9

Die Klägerin ist in der mündlichen Verhandlung informatorisch angehört worden. Wegen des Ergebnisses dieser Anhörung wird auf das Protokoll der mündlichen Verhandlung vom 30. Juni 2003 Bezug genommen.

10

Das Gericht hat der Beigeladenen unter dem 05. Juni 2003, aufrechterhalten mit Verfügung vom 26. Juni 2003, aufgegeben, zu der mündlichen Verhandlung einen Beamten oder Angestellten mit schriftlicher Vertretungsbefugnis zu entsenden, der über die Sach- und Rechtslage unterrichtet ist (§ 95 Abs. 3 VwGO). Die Beigeladene ist dieser Aufforderung ohne Angabe von Gründen nicht nachgekommen.

11

Wegen weiterer Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten im Übrigen wird auf die Gerichtsakte und den Verwaltungsvorgang der Beklagten Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

12

Die Klage ist zulässig und begründet, soweit sie durch das vorangegangene Teilurteil noch nicht beschieden worden ist.

13

Die Klägerin hat nämlich zum Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung (§ 77 Abs. 1 Satz 1 Halbsatz 1 AsylVfG) einen Anspruch auf eine Feststellung der Beklagten, dass die tatbestandlichen Voraussetzungen des § 53 Abs. 6 Satz 1 AuslG vorliegen.

14

Gemäß § 53 Abs. 6 Satz 1 AuslG kann von der Abschiebung eines Ausländers in einen anderen Staat abgesehen werden, wenn dort für diesen Ausländer eine erhebliche konkrete Gefahr für Leib, Leben oder Freiheit besteht.

15

Eine solche Gefährdung leitete die Klägerin allerdings ohne Erfolg aus ihrem Vorbringen zum individuellen Verfolgungsschicksal ab. Denn dieses Vorbringen wird, soweit es die Bedrohung und Bedrückung durch Unbekannte angeht, die angeblich nach der Schwiegertochter der Klägerin suchten, von dem Gericht für insgesamt unglaubhaft erachtet. Insoweit folgt das Gericht der Begründung des angefochtenen Verwaltungsaktes, die sich in den (durch Leerzeilen abgetrennten) Absätzen fünf und sechs auf der Seite 4 des Bescheides des Bundesamtes vom 23. Januar 2002 findet (§ 77 Abs. 2 AsylVfG). Im Hinblick auf den Vortrag im Klageverfahren ist lediglich zu ergänzen, dass es insbesondere nicht glaubhaft erscheint, dass an der Klägerin und daran, sie zu drangsalieren, noch rund zwei Jahre nach der Ausreise ihrer Schwiegertochter wegen derer angeblicher Kenntnis von Parteigeheimnissen im Zusammenhang mit den Wahlen 1999 Interesse bestanden haben sollte. Die Ereignisse des Jahres 1999 liegen dafür zu weit zurück und im Übrigen hat die Klägerin jedenfalls eindeutig nicht glaubhaft gemacht, dass sie das Opfer von Übergriffen auf Leib, Leben oder Freiheit geworden ist und/oder ihr solche Übergriffe (weiter) drohten, die die für die Gewährung von Abschiebungsschutz erforderliche Intensität aufwiesen.

16

Für die Klägerin besteht jedoch im Falle ihrer Abschiebung nach Armenien eine erhebliche konkrete Leibesgefahr aufgrund einer extremen Gefahrenlage im Sinne der verfassungskonformen Auslegungen des § 53 Abs. 6 AuslG.

17

Ein zielstaatsbezogenes Abschiebungshindernis im Sinne des § 53 Abs. 6 Satz 1 AuslG kann sich auch daraus ergeben, dass sich die Krankheit eines ausreisepflichtigen Ausländers im Falle seiner Abschiebung in den Heimatstaat verschlimmern würde, weil sie dort keine oder nur eine unzureichende Behandlung erführe (BVerwG, Urteil vom 25.11.1997 - BVerwG 9 C 58.96 , BVerwGE 105, 383 ff. - zit. nach [...]). Dabei sind insbesondere zwei Fallgestaltungen denkbar. Zum einen kann sich die mit der Nichtbehandlung oder unzureichenden Behandlung verbundene Gefahr daraus ergeben, dass die gebotene Behandlung für die betreffende Krankheit in dem Herkunftsstaat des Ausländers wegen des dortigen geringen Versorgungsstandards generell nicht zur Verfügung steht. Zum anderen kann diese Gefahr aber auch darauf beruhen, dass die erforderliche Behandlung im Heimatland zwar allgemein zur Verfügung steht, dem betroffenen Ausländer aber individuell aus finanziellen oder sonstigen Gründen nicht zugänglich ist (BVerwG, Beschluss vom 29.04.2002 - BVerwG 1 B 59.02 - und Urteil vom 29.10.2002 - BVerwG 1 C 1.02 -; Nds. OVG, Beschluss vom 20.03.2003 - 10 LA 30/03 -, AuAS 2003, 126 ff. [126]). Trotz hiernach etwa bestehender konkreter erheblicher Gefahr ist die Anwendbarkeit des § 53 Abs. 6 Satz 1 AuslG gemäß § 53 Abs. 6 Satz 2 AuslG gesperrt, wenn dieselbe (allgemeine) Gefahr zugleich einer Vielzahl weiterer Personen im Abschiebezielstaat droht. Eine derartige allgemeine Gefahr im Sinne von § 53 Abs. 6 Satz 2 AuslG kann insbesondere vorliegen, wenn die Erkrankung, an der der Ausländer leidet, in seinem Herkunftsland so verbreitet ist, dass die Frage, ob ihretwegen Abschiebungsschutz gewährt werden soll, unter ausländerpolitischen Gesichtspunkten eine Befassung der obersten Landesbehörden sowie eine (bundes-)einheitliche Praxis erfordert, und damit eine politische Leitentscheidung nach § 54 AuslG(BVerwG, Urteil vom 27.04.1998 - BVerwG 9 C 13.97 -, NVwZ 1989, 973 f. [BVerwG 15.03.1989 - 7 C 7/88] [974]). Eine allgemeine Gefahr im Sinne des § 53 Abs. 6 Satz 2 AuslG ist aber nur gegeben, wenn der in Gestalt der nicht oder nur unzureichend zu erwartenden Behandlung bestehende Missstand im Abschiebezielstaat die erkrankte Bevölkerungsgruppe so trifft, dass grundsätzlich jedem, der ihr angehört, deshalb mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit eine erhebliche Leibesgefahr im Sinne des § 53 Abs. 6 Satz 1 AuslG droht (vgl. BVerwG, Urteil vom 12.07.2001 - BVerwG 1 C 5/01 -, NVwZ 2002, 101 ff. [102]). Individuelle Gefährdungen eines Ausländers, die sich aus einer allgemeinen Gefahr im vorgenannten Sinne ergeben, können selbst dann nicht als Abschiebungshindernis unmittelbar nach § 53 Abs. 6 Satz 1 AuslG berücksichtigt werden, wenn sie auch durch Umstände in der Person oder in den Lebensverhältnissen des Ausländers begründet oder verstärkt werden, aber gleichwohl insgesamt nur typische Auswirkungen der allgemeinen Gefahrenlage sind. Der Normzweck der §§ 53 Abs. 6 Satz 2 und 54 AuslG lässt es mit anderen Worten nicht zu, den Ausländer aus der allgemein gefährdeten Bevölkerungsgruppe aufgrund zusätzlicher individueller "Besonderheiten" oder Umstände auszugliedern, die bei wertender Betrachtung eine solche Differenzierung nicht rechtfertigen, weil sie lediglich zu einer Realisierung der allgemeinen Gefahr für den Einzelnen führen und die eine politische Leitentscheidung bedingende Typik unberührt lassen. In Anknüpfung hieran darf der Einzelne mithin nicht aus der Bevölkerungsgruppe im Sinne des § 53 Abs. 6 Satz 2 AuslG und damit aus dem Ermessens- und Entscheidungsvorbehalt der obersten Ausländerbehörden herausgenommen werden (BVerwG, Urteil vom 08.12.1998 - BVerwG 9 C 4.98 -, NVwZ 1999, 666 ff. [667 f.]). Ergibt sich unter Beachtung dieser Grundsätze, dass die Gefahr, die einem erkrankten Ausländer dadurch droht, dass er im Falle seiner Abschiebung im Herkunftsstaat die gebotene Behandlung nicht oder nur unzureichend erhalten würde, eine allgemeine Gefahr im Sinne des § 53 Abs. 6 Satz 2 AuslG darstellt, so kann gleichwohl aufgrund verfassungskonformer Reduktion des Anwendungsbereichs der letztgenannten Norm Abschiebungsschutz nach § 53 Abs. 6 Satz 1 AuslG gewährt werden, wenn eine Abschiebung Verfassungsrecht verletzen würde (BVerwG, Urteil vom 17.10.1995 - BVerwG 9 C 9.95 -, Seite 9 UA). Das ist dann der Fall, wenn der Ausländer in seinem Heimatstaat einer extremen Gefahrenlage dergestalt ausgesetzt wäre, dass ihm im Falle seiner Abschiebung dorthin landesweit und alsbald nach seiner Rückkehr der sichere Tod oder schwerste Beeinträchtigungen seiner körperlichen Unversehrtheit drohten (BVerwG, Urteil vom 08.12.1998 - BVerwG 9 C 4.98 -, a.a.O., S. 668; Nds. OVG, Beschluss vom 20.03.2003 - 10 LA 30/03 -, a.a.O., S. 127 f.). Die für die verfassungskonforme Anwendung des § 53 Abs. 6 Satz 1 AuslG vorausgesetzte Gefahrenlage wird demnach einerseits geprägt durch das Erfordernis einer erheblichen Gefährdung gewichtigster Rechtsgüter, d.h. durch die Art und Intensität der drohenden Rechtsgutverletzung ("Umstandsmoment"), andererseits aber auch durch die Unmittelbarkeit der Gefahr und deren hohen Wahrscheinlichkeitsgrad, d.h. durch eine gewisse zeitliche Nähe des möglichen Eintritts der Verletzungen der gefährdeten Rechtsgüter zum Abschiebungsakt ("Zeitmoment"). Voraussetzung der extremen Gefahrenlage ist deshalb zwar nicht, dass im Falle der Abschiebung der Tod oder schwerste Beeinträchtigungen der körperlichen Unversehrtheit sofort, d.h. gewissermaßen noch am Tage der Ankunft im Abschiebungszielstaat einträten. Eine extreme Gefahrenlage, bei der die Sperrwirkung des § 53 Abs. 6 Satz 2 AuslG ausnahmsweise nicht gilt, liegt aber dann nicht vor, wenn die mögliche Rechtsgutverletzung nicht "bald" zu erwarten ist, sondern sich allenfalls an einem in unbestimmter zeitlicher Ferne liegenden Termin verwirklichen kann (VG Braunschweig, Urteil vom 12.05.2003 - 4 A 58/03 -, m.w.N. , zit. nach dem Intranet der Nds. Verwaltungsgerichtsbarkeit). Deshalb kann die zuständige Ausländerbehörde grundsätzlich den Wegfall der extremen Gefahrenlage bewirken, indem sie für den Ausländer im Herkunftsstaat die tatsächliche Behandlung vor Ort sicherstellt und finanziert (VG Stade, Urteil vom 27. Januar 2003 - 3 A 1787/01 -, zit. nach dem Intranet der Nds. Verwaltungsgerichtsbarkeit). Die von der Ausländerbehörde in diesem Zusammenhang ergriffenen oder zugesagten Maßnahmen müssen jedoch so konkret und Erfolg versprechend sein, dass sie eine Unterbrechung des Kausalverlaufs erwarten lassen, der ansonsten alsbald zum sicheren Tod oder schwersten Beeinträchtigungen der körperlichen Unversehrtheit des Ausländers führen würde (vgl. VG Stade, Urteil vom 27.01.2003- 3 A 1787/01 -, a.a.O.). Nicht ausreichend ist es hingegen, wenn alternativ verschiedene Maßnahmen zugesagt werden, deren Erfolgsaussichten ungeprüft sind, oder wenn diese Maßnahmen lediglich geeignet erscheinen, dass ansonsten zu erwartende Geschehen um eine Zeitspanne hinauszuschieben, die einer dann eintretenden Aktualisierung der Gefahr nicht die zeitliche Nähe zum Abschiebungsakt nähme. Denn die Konkretheit der extremen Gefahr entfällt grundsätzlich erst dann, wenn die gebotene Behandlung des Ausländers im Zielstaat der Abschiebung für einen Zeitraum sichergestellt wird, in dem sich zumindest die nicht fern liegende Möglichkeit eröffnet, dass der Ausländer weiterer medizinischer Behandlung nicht bedarf oder diese im Heimatstaat auf andere Weise als durch die Unterstützung der die Abschiebung veranlassenden Behörde sichergestellt werden kann. Ob darüber hinaus eine absolute zeitliche Grenze dergestalt besteht, dass nach Ablauf einer bestimmten Zeitspanne die deutsche öffentliche Hand allein unter Hinweis auf den Zeitablauf jede Verantwortung für ein dann im Herkunftsland eintretendes Geschehen ablehnen kann, erscheint zweifelhaft, bedarf hier aber keiner weiteren Vertiefung.

18

Unter Beachtung dieser rechtlichen Vorgaben ergibt sich für den vorliegenden Fall Folgendes: Die Klägerin ist 63 Jahre und leidet unter starkem Bluthochdruck. Wie dem amtsärztlichen Gutachten vom 25. März 2003 zu entnehmen ist, soll ein Blutdruck unter 130/95 mmHg betragen, erreichte jedoch derjenige der Klägerin zu Beginn ihrer Behandlung im Bundesgebiet Werte von 240/140 mmHg. Nach Angaben des armenischen Gesundheitsministeriums leiden 70% der armenischen Bevölkerung über 50 Jahre unter (behandlungsbedürftigem) Bluthochdruck (Hayastan-Fonds, Gutachten vom 12.04.1998 für das VG Bremen). Bluthochdruck (Hypertonie) ist in Armenien behandelbar (vgl. Deutsche Botschaft in Eriwan, Botschaftsbericht vom 21.11.2002 und amtliche Auskunft vom 03.03.2003 an das OVG Mecklenburg-Vorpommern). Zu Unrecht bezweifelt die Klägerin, dass die in ihrem Fall erforderlichen Medikamente in Armenien erhältlich sind. Denn ausweislich des amtsärztlichen Gutachtens vom 25. März 2003 wird die Klägerin im Bundesgebiet mit gängigen Medikamenten im Wege einer gängigen Dreifach-Medikation behandelt. Es handelt sich bei den von ihr eingenommenen Tabletten um gängige Medikamente. Auch ist dem amtsärztlichen Gutachten zu entnehmen, dass die Klägerin nicht notwendig eben diese Präparate einnehmen muss. Wichtig sei lediglich die Verordnung von Präparaten auf der Basis der angegebenen Wirkmechanismen. Es muss sich also um Betablocker, ACE-Hemmer und ein Diuretikum (Tablette zur Entwässerung) handeln. Solche Medikamente stehen in Armenien zur Verfügung; teilweise stehen sogar Medikamente zur Verfügung, die dieselben Wirkstoffe enthalten, die die Klägerin auch in Deutschland einnimmt (vgl. AA, Auskunft vom 26.10.2000 an das BAFl; Deutsche Botschaft in Eriwan, Botschaftsberichte vom 10.04.1998 und vom 21.11.2002; Informationen aus dem Internetportal www.netdoktor.de betreffend die Medikamente Acenorm HCT 25, Lisinopril AL 10 mg, Metoprolol 200 Stada retard). Hiernach ist davon auszugehen, dass generell die im Falle der Klägerin gebotene medizinische Behandlung in Armenien möglich ist.

19

Es kann jedoch nicht davon ausgegangen werden, dass die Klägerin ihren Medikamentenbedarf in Armenien auch zu finanzieren vermag. Die höchste Rente beträgt in Armenien 7000 Dram (Hayastan-Fonds, Gutachten vom 12.04.1998 für das VG Bremen). Nach ihren glaubhaften Angaben im gerichtlichen Verfahren erhielt die Klägerin in Armenien zuletzt eine Rente von monatlich 6000 Dram. 590 Dram haben gegenwärtig etwa einen Wert von 1 US Dollar (Deutsche Botschaft in Eriwan, Auskunft vom 12.05.2003 an das VG Wiesbaden). Da die Klägerin über keine weiteren Einnahmen verfügt, stehen ihr also zur Deckung ihres monatlichen Lebensbedarfs in Armenien etwa 10 Dollar zur Verfügung. Bereits im Jahre 1998 war jedoch für die Finanzierung des zur Behandlung eines starken Bluthochdrucks erforderlichen Medikamentenbedarfs ein Mindestbetrag von 40,40 Dollar pro Monat anzunehmen (vgl. Hayastan-Fonds, Gutachten vom 12.04.1998 für das VG Bremen). Wie die Ermittlungen des Gerichts bei einer hiesigen Apotheke ergeben haben, muss die Klägerin zur Finanzierung ihres monatlichen Medikamentenbedarfs im Bundesgebiet mindestens 18 Euro aufwenden. Selbst wenn entsprechende Präparate in Armenien etwas günstiger sein sollten, liegt es auf der Hand, dass die Klägerin, die nicht ihre gesamte Rente für Medikamente ausgeben kann, ihren Medikamentenbedarf in Armenien nicht aus ihren laufenden Einnahmen zu finanzieren vermag. Nach den Angaben der Klägerin ist ihre Wohnung in Armenien zumindest teilweise ausgebrannt und es ist jedenfalls fraglich, was seit dem Weggang der Klägerin mit der Immobilie geschehen ist. Es kann daher nicht davon ausgegangen werden, dass diese einen Vermögenswert darstellt, durch dessen kurzfristige Versilberung, sich die Klägerin Mittel für die Finanzierung ihres Medikamentenbedarfs beschaffen kann. Nicht realistisch erscheint dem Gericht auch die Annahme, dass der Sohn der Klägerin, der im Bundesgebiet Leistungen auf dem Niveau der Sozialhilfe erhält, davon den Medikamentenbedarf seiner Mutter in Armenien finanzieren kann und wird. Nach ihren glaubhaften Angaben verfügt die verwitwete Klägerin über sonstige Verwandte in Armenien nicht, da sie keine armenische Volkszugehörige ist und in dem Lande nur deshalb ihren Wohnsitz nahm, weil sie ehedem mit einem Armenier verheiratet war. Es kann schließlich auch nicht davon ausgegangen werden, dass die Finanzierung des Medikamentenbedarfs der Klägerin in Armenien auf der Grundlage des Gesetzes zur kostenlosen medizinischen Versorgung im staatlichen Auftrag und die dazu ergangenen Ausführungsbestimmungen gesichert ist (vgl. Deutsche Botschaft in Eriwan, Auskunft vom 03.03.2003 an das OVG Mecklenburg-Vorpommern). Denn weder gehört die Klägerin zu den Bevölkerungsgruppen, die in der Liste der zur Inanspruchnahme der vom armenischen Staat abgesicherten kostenlosen medizinischen Betreuung Berechtigten verzeichnet sind, noch gehört Hypertonie - im Gegensatz zur Hypertoniekrise - zu den Krankheiten, für die die vom Staat abgesicherte kostenlose Krankenhausbetreuung und medizinische Hilfeleistung bei Personen ab 15 Jahren vorgesehen ist. Schließlich ist Hypertonie auch nicht in dem Verzeichnis der Krankheiten für den kostenlosen Erhalt von Arzneimitteln über ambulant-poliklinische Gesundheitseinrichtungen enthalten. Der laufende Medikamentenbedarf der Klägerin wird daher in Armenien nicht aus öffentlichen Mitteln finanziert. Da die Klägerin - wie dargelegt - diese Mittel auch nicht aus eigenen Kräften aufbringen kann, ist davon auszugehen, dass ihr die in Armenien generell mögliche Behandlung des Bluthochdrucks individuell aus finanziellen Gründen nicht zur Verfügung steht.

20

Die Situation der Klägerin unterscheidet sich allerdings insoweit nicht von der Lage des größten Teils jener 70% der Bevölkerung über 50 Jahren, die in Armenien unter Bluthochdruck leiden. Denn soweit diese Personen nicht ausnahmsweise in den Genuss caritativer Projekte gelangt sind, müssen auch sie ihre Medikamente von den privaten Apotheken erwerben und sind - namentlich als Rentner, die dies nicht finanzieren können, Teil einer in Armenien besonders gefährdeten Bevölkerungsgruppe - (vgl. Hayastan-Fonds, Gutachten vom 12.04.1998 an das VG Bremen). Mitglied dieser Bevölkerungsgruppe ist auch die Klägerin. Es erscheint dem erkennenden Gericht nicht statthaft, sie deshalb aus dieser Bevölkerungsgruppe auszunehmen, weil ihr Bluthochdruck besonders extreme Werte erreicht oder sie nicht die armenische Volkszugehörigkeit besitzt. Denn das sind Umstände, die bei wertender Betrachtung eine solche Differenzierung nicht rechtfertigen und die eine politische Leitentscheidung bedingende Typik unberührt lassen. In Anknüpfung an diese Merkmale darf mithin die Klägerin nicht aus der Bevölkerungsgruppe der in Armenien an Bluthochdruck erkrankten nicht vermögenden Rentner ausgenommen werden.

21

Im Hinblick auf die besonders hohen Werte, die der Bluthochdruck der Klägerin unbehandelt erreicht, bejaht jedoch das erkennende Gericht - wenn auch nicht ohne Bedenken - für den hier maßgeblichen Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung (§ 77 Abs. 1 Satz 1 Halbsatz 1 AsylVfG) die Voraussetzungen für eine verfassungskonforme Anwendung des § 53 Abs. 6 Satz 1 AuslG. Die Klägerin würde sich nämlich im Falle einer Abschiebung nach Armenien - erhielte sie dort nicht die erforderliche medikamentöse Behandlung - in einer extremen Gefahrenlage befinden. Nach dem amtsärztlichen Gutachten vom 25. März 2003 ist im Falle einer Nichtbehandlung der Blutdruckerkrankung der Klägerin mit hoher Wahrscheinlichkeit eine wesentliche Verschlimmerung zu befürchten. Wie in dem Gutachten weiter ausgeführt wird, ist aufgrund der Tatsache, dass der Bluthochdruck bereits seit ca. drei Jahren besteht und die erforderlichen Medikamente zeitweise nicht zuverlässig eingenommen wurden, mit einer bereits bestehenden Schädigung der Gefäße zu rechnen. Im Falle jeder Blutdruckkrise bestehe im Gehirn die Gefahr einer Minderdurchblutung mit der Folge eines Schlaganfalls bzw. die Gefahr einer Gefäßruptur mit Hirnblutung. Am Herzen bestehe bei hohen Blutdruckwerten die Gefahr einer Minderdurchblutung des Herzmuskels bis hin zum Herzinfarkt. Um eine lebensbedrohliche oder wesentliche Verschlimmerung ihrer Erkrankung zu verhindern oder in eine ferner Zukunft hinauszuzögern, müsse die Klägerin ihre Blutdruckmedikation täglich regelmäßig einnehmen. Regelmäßige ärztliche Kontrolluntersuchungen einmal vierteljährlich und Blutdruckmessungen, die allerdings auch in einer Apotheke erfolgen könnten, seien erforderlich. Nicht unbeachtet bleiben kann auch, dass die Klägerin im Zuge einer der im Bundesgebiet erfolgten amtsärztlichen Untersuchungen bei damals noch deutlich erhöhtem Blutdruck Zeichen von Schwindel und Schwäche zeigte. Nach einer Mitteilung der Amtsärztin vom 02. September 2002 an das erkennende Gericht konnte die Klägerin letztlich nur mit einem Taxi vom Gesundheitsamt zur Zentralen Aufnahmestelle zurückfahren, weil sie körperlich zu einer Fahrt mit öffentlichen Verkehrsmitteln nicht in der Lage war. Berücksichtigt man, dass die Klägerin in Armenien über keine Verwandten verfügt, die sich um sie kümmern können, und weiter, dass ungewiss ist, wo sie in der ersten Zeit nach ihrer Rückkehr Wohnung nehmen kann, steht das erkennende Gericht letztlich auf dem Standpunkt, dass es für die Klägerin extrem gefährlich wäre, wenn sie, ohne dass entsprechende Vorbereitungen für die Fortsetzung ihrer Behandlung in Armenien getroffen sind, dort im Abschiebungswege auf einem Flughafen gleichsam "angelandet" würde. Mit hoher Wahrscheinlichkeit käme es dann nämlich zu einer Unterbrechung der erforderlichen regelmäßigen Medikamenteneinnahme. Und dass die Klägerin im Falle einer dann alsbald auftretenden Hypertoniekrise möglicherweise kostenlos in einem Krankenhaus behandelt würde, hülfe ihr wenig, wenn bereits zu Beginn der Krise irreparable Gesundheitsschäden entstünden oder - in Ermangelung dortiger Verwandtschaft - niemand diese Krise rechtzeitig bemerken und für eine Einlieferung in eine Klinik Sorge tragen würde.

22

Zwar hat das erkennende Gericht keine Zweifel, dass der Gesundheitszustand der Klägerin bei entsprechenden organisatorischen Vorbereitungen für eine Fortsetzung ihrer Behandlung im Heimatland ein dauerhaftes Abschiebungshindernis aufgrund bestehender extremer Gefahrenlage nicht darstellen muss. Die in dem Verfahren beigeladene Ausländerbehörde hat jedoch bislang die erforderlichen organisatorischen Vorbereitungen weder zugesagt noch ergriffen. Allein die Mitteilung, dass man bereit sei, zur Ausreise den Medikamentenbedarf der Klägerin für sechs Monate zu finanzieren und ihr entweder Bargeld zum Kauf der Medikamente im Heimatland ausgehändigt werden könnte, oder aber die Möglichkeit bestehe, einen entsprechenden Vorrat hier zu finanzieren, stellt keine hinreichend konkrete und sachgerechte Lösung für die Problematik der Rückführung der Klägerin dar. Was die Mitgabe von Bargeld anbetrifft, so ist - vom Diebstahls- und Raubrisiko einmal abgesehen - bislang nicht geklärt, ob und in welcher Höhe die devisenrechtlichen Bestimmungen der Republik Armenien die Einführung der erforderlichen Summe gestatten. Hinzu kommt die Unkalkulierbarkeit des Verhaltens der Grenzbeamten und des Flughafenpersonals in der Republik Armenien. Dem Lagebericht des Auswärtigen Amtes vom 01. April 2003 (S. 5 f.) ist nämlich zu entnehmen, dass Korruption dort weit verbreitet ist und es nicht zuletzt aufgrund der geringen Gehälter der dortigen Staatsbediensteten zu entsprechendem Amtsmissbrauch kommt. Zumal die Klägerin keine armenische Volkszugehörige ist, liegt es also nicht fern, dass sie schon auf dem Flughafen des mitgegebenen Bargelds verlustig gehen könnte. Auch für den weiteren Aufenthalt in Armenien ist nicht gewährleistet, dass die Zweckbindung der mitgegebenen Mittel von Dritten - namentlich auch armenischen Behörden - beachtet würde. Da sie in Armenien ohne Anhang ist, könnte sich die Klägerin - zumal wenn gesundheitliche Beschwerden auftreten - gegenüber Dritten, die auf ihr Geld zugreifen wollen, kaum behaupten. Auch die von der Ausländerbehörde angedachte Lösung, der Klägerin die für sechs Monate erforderlichen Medikamente als Vorrat mitzugeben, erscheint dem erkennenden Gericht ohne weitere Vorbereitungen als nicht Erfolg versprechend. Dem Lagebericht des Auswärtigen Amtes vom 01. April 2003 (S. 16) ist nämlich zu entnehmen, dass für die Einfuhr von Medikamenten nach Armenien eine Genehmigung durch das Gesundheitsministerium erforderlich ist, die nur im Einzelfall für den nachgewiesenen persönlichen Bedarf auch für nicht-registrierte Medikamente erteilt werden kann. Die Beigeladene hat keine Erklärungen dazu abgegeben, ob und durch wen eine solche Genehmigung beschafft werden soll und es bleibt offen, ob die von der Klägerin benötigten Medikamente zu den in Armenien registrierten Medikamenten (vgl. Deutsche Botschaft in Eriwan, Auskunft vom 03.03.2003 an das OVG Mecklenburg-Vorpommern) gehören. Schließlich erscheint dem Gericht auch die kurze Zeitspanne bedenklich, für die die Beigeladene die Kosten der medikamentösen Versorgung der Klägerin zu tragen bereit ist. Es ist nämlich zu bezweifeln, ob in lediglich sechs Monaten überhaupt die Möglichkeit besteht, dass sich für die Klägerin eine Chance ergibt, den Medikamentenbedarf - etwa über caritative Organisationen - unabhängig von der Unterstützung der Beigeladenen weiter zu finanzieren. Soweit die Beigeladene an einer Rückführung der Klägerin festhält, dürfte sich dies am ehesten bewerkstelligen lassen, wenn die erforderliche, insbesondere medikamentöse, Behandlung der Klägerin im Heimatland für einen angemessenen Zeitraum - hier etwa ein Jahr - dadurch sichergestellt wird, dass die Beigeladene die Unterstützung der Deutschen Botschaft in Eriwan in Anspruch nimmt, die bereit ist, bei der Rückführung von Erkrankten beispielsweise schriftlichen Behandlungszusagen armenischer medizinischer Einrichtungen zu erwirken, sofern die konkreten Rückführungsdaten und Kostenübernahmeerklärungen der Ausländerbehörde vorliegen (vgl. Deutsche Botschaft in Eriwan, Auskunft vom 27.02.2002 an das VG Köln). Auf diese Weise ließe sich im Übrigen auch sicherstellen, dass die Zweckbindung der aufgewendeten Mittel tatsächlich gewahrt bleibt. Die entsprechenden konkreten Vorbereitungen für eine Rückführung der Klägerin hat die Beigeladene jedoch bislang nicht getroffen. Sie ist zudem unter Missachtung einer entsprechenden gerichtlichen Auflage der mündlichen Verhandlung ferngeblieben und hat sich damit selbst der Möglichkeit begeben, die rechtliche und tatsächliche Problematik zu erörtern und eine sachgerechte Vorgehensweise zumindest zuzusagen.

23

Vor diesem Hintergrund hat es für den entscheidungserheblichen Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung dabei sein Bewenden, dass das Gericht die Beklagte zu verpflichten hat, im Hinblick auf eine extreme Gefahrenlage im Sinne der verfassungskonformen Auslegung des § 53 Abs. 6 AuslG das Vorliegen eines entsprechenden Abschiebungshindernisses festzustellen.

24

Die Kostenentscheidung fußt auf den §§ 154 Abs. 3, 155 Abs. 1 Satz 1 und 162 Abs. 3 VwGO sowie § 83b Abs. 1 AsylVfG. Da die Beigeladene der Sache nach zu den Verlierern des Prozesses gehört, hätte es nicht der Billigkeit entsprochen, der Beklagten oder der Staatskasse ihre außergerichtlichen Kosten aufzuerlegen.

25

Die Nebenentscheidungen im Übrigen beruhen auf den §§ 167 VwGO, 708 Nr. 11, 711 ZPO.R

Tscherning