Verwaltungsgericht Braunschweig
Beschl. v. 09.07.2003, Az.: 3 B 320/03
Arbeitsbereich; Behinderte; Beschäftigungsstätte; Eingangsverfahren; Eingliederungshilfe; sonstige Beschäftigungsstätte; Werkstatt
Bibliographie
- Gericht
- VG Braunschweig
- Datum
- 09.07.2003
- Aktenzeichen
- 3 B 320/03
- Entscheidungsform
- Beschluss
- Referenz
- WKRS 2003, 48026
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- [keine Angabe]
Rechtsgrundlagen
- § 39 BSHG
- § 40 Abs 1 S 7 BSHG
- § 41 BSHG
- § 40 SGB 9
- § 41 SGB 9
- § 123 Abs 1 VwGO
Amtlicher Leitsatz
Leitsatz
Nochmalige Durchführung des Eingangsverfahrens nach § 40 SGB IX ist nicht Voraussetzung für Hilfe im Arbeitsbereich (§ 41 SGB IX) einer Werkstatt.
Tenor:
Der Antragsgegner wird im Wege der einstweiligen Anordnung verpflichtet, der Antragstellerin Eingliederungshilfe durch Übernahme der Kosten für ihre Beschäftigung im Arbeitsbereich der Werkstatt der Evangelischen Stiftung B. bis zur Entscheidung in der Hauptsache zu gewähren.
Der Antragsgegner trägt die Kosten des Verfahrens; Gerichtskosten (Gebühren und Auslagen) werden nicht erhoben.
Gründe
I. Die 1961 geborene Antragstellerin lebt seit 1983 in der Evangelischen Stiftung B.. Sie ist geistig behindert und mit einem Grad der Behinderung von 100 schwerbeschädigt. Nach ihren nicht widersprochenen Angaben war die Antragstellerin vom 1. August 1977 bis zum 25. Juni 1984 im damals sog. Eingangs- und Arbeitstrainingsbereich und anschließend im Arbeitsbereich der Werkstatt für Behinderte im Haus der Lebenshilfe GmbH beschäftigt. Danach erfolgte ihre Beschäftigung an verschiedenen Stellen innerhalb der Stiftung B., zuletzt in der Zeit von 1987 bis zum 28.10.2002 in der dortigen Wäscherei. Wegen der Beschäftigung war sie in der Zeit vom 01.04.1987 bis zum 31.05.2001 in der gesetzlichen Rentenversicherung pflichtversichert gemäß § 5 Abs. 1 Nr. 8 SGB V. Danach ließ ihre Arbeitsleistung stark nach und sie äußerte den Wunsch nach einem anderen Arbeitsplatz. Nach einem Praktikum in der Zeit vom 9.09.2002 bis zum 04.10.2002 wurde sie seit dem 01.12.2002 in der Werkstatt für Behinderte, die der Stiftung angeschlossen ist, beschäftigt. Hierfür beantragte die Stiftung bei dem Antragsgegner die Kostenübernahme für die Beschäftigung im Arbeitsbereich der Werkstatt. Diesen Antrag lehnte der Antragsgegner mit Bescheid vom 19.02.2003 ab.
Zur Begründung führte er aus, Hilfe im Arbeitsbereich der Werkstatt könne gemäß § 40 SGB IX erst nach Durchführung des Eingangsverfahrens gewährt werden. Das Praktikum und die Beschäftigung in anderen Bereichen der Stiftung könnten das Eingangsverfahren nicht ersetzen. Über den hiergegen eingelegten Widerspruch ist noch nicht entschieden. Mit Bescheid vom 23.04.2003 lehnte die Bundesanstalt für Arbeit – Arbeitsamt C. – den vorsorglich gestellten Antrag der Antragstellerin auf Leistungen im Eingangsverfahren und Berufsbildungsbereich der Stiftung mit der Begründung ab, dass diese bereits in der Zeit vom 01.08.1977 bis 25.06.1984 im Eingangs- und Arbeitstrainingsbereich gefördert worden und dass damit der gesetzliche Anspruch auf Förderung ausgeschöpft sei.
Da der Antragsgegner die Kosten des Werkstattaufenthaltes nicht gewährte, kündigte die Stiftung den mit der Antragstellerin am 29.11.2002 abgeschlossenen Werkstattvertrag aus wichtigem Grund nach Beratung im Fachausschuss unter dem 23.04.2003 schriftlich zum 31.05.2003.
Am 28.05.2003 beantragte die Antragstellerin den Erlass einer einstweiligen Anordnung mit dem Ziel, den Antragsgegner vorläufig bis zur Entscheidung über die Hauptsache zu verpflichten, die Kosten für die Beschäftigung der Antragstellerin im Arbeitsbereich der Werkstatt zu übernehmen. Zur Begründung führt die Antragstellerin an, entgegen der Auffassung des Antragsgegners setze die Leistung nach § 41 SGB IX nicht voraus, dass das Arbeitsamt zuvor nochmals 27 Monate lang Leistungen nach § 40 SGB IX erbracht habe. Aus der Biografie der Antragstellerin ergebe sich, dass bei ihr geklärt sei, dass sie in der Lage sei, wenigstens ein Mindestmaß an wirtschaftlich verwertbarer Arbeitsleistung zu erbringen. Die nochmalige Durchführung eines Eingangsverfahrens und die nochmalige Teilnahme an Maßnahmen im Berufsbildungsbereich seien bei der Antragstellerin nicht erforderlich.
Die beantragte Regelung sei auch eilbedürftig, da der Werkstattvertrag gekündigt worden sei und eine Nichtweiterbeschäftigung die Gefahr einer Verschlechterung des Gesundheitszustandes und der psychischen Verfassung der Antragstellerin mit sich bringe. Es müsse erreicht werden, dass sie zumindest bis zur Entscheidung über ihren Widerspruch weiterbeschäftigt werde.
Die Antragstellerin beantragt,
den Antragsgegner im Wege des Erlasses einer einstweiligen Anordnung vorläufig bis zur Entscheidung über die Hauptsache zu verpflichten, die Kosten für die Beschäftigung der Antragstellerin in der Werkstatt der Evangelischen Stiftung B. zu übernehmen.
Der Antragsgegner beantragt,
den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung als unbegründet zurückzuweisen.
Er bezieht sich auf die Begründung seines Ablehnungsbescheides vom 19.02.2003 und trägt ergänzend vor, dass das Eingangsverfahren nicht nur in Zweifelsfällen, sondern generell durchgeführt werden solle. Das Eingangsverfahren sei auch nicht mit den 1977 durchgeführten Verfahren vergleichbar, weil durch das SGB IX die zusätzliche Aufgabe, einen Eingliederungsplan zu erstellen, eingeführt worden sei. Ein Durchlaufen des Eingangsverfahrens könne deswegen nur dann ausnahmsweise entbehrlich sein, wenn ein ehemaliger Werkstattbesucher nach kurzer Unterbrechung die erneute Aufnahme in eine Werkstatt für behinderte Menschen wünsche. Dies sei bei der Antragstellerin jedoch nicht der Fall. Das bei ihr vor über 20 Jahren durchgeführte Verfahren könne keine Rückschlüsse mehr darüber ergeben, ob bei der Antragstellerin heute die vorhandenen Fähigkeiten und Entwicklungsmöglichkeiten möglichst umfassend erprobt und ermittelt würden und so das optimale Angebot gefunden werde. Auch ein durchgeführtes Praktikum könne die Aufgaben des Eingangsverfahrens und des daraus resultierenden Eingliederungsplanes nicht ersetzen. Die Antragstellerin könne auf Leistungen der Bundesanstalt für Arbeit im Eingangsbereich oder im Berufsbildungsbereich auch nicht verzichten. Dies ergebe sich aus § 2 BSHG, wonach nicht in erster Linie der Sozialhilfeträger als nachrangiger Leistungsträger belastet werden könne.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die gewechselten Schriftsätze und die beigezogenen Verwaltungsvorgänge des Antragsgegners Bezug genommen, die Gegenstand der Beratung waren.
II. Der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung, mit der der Antragsgegner verpflichtet werden soll, die Kosten für die Beschäftigung der Antragstellerin im Arbeitsbereich der Werkstatt für behinderte Menschen zu übernehmen, ist begründet. Die Antragstellerin hat nach summarischer Prüfung glaubhaft gemacht, dass ihr gemäß den §§ 39, 40 Abs. 1 Ziff. 7 BSHG i.V.m. § 41 SGB IX ein Anspruch auf Gewährung von Eingliederungshilfe für eine Tätigkeit im Arbeitsbereich der Werkstatt für behinderte Menschen der Evangelischen Stiftung B. zusteht.
Gemäß § 123 Abs. 1 Satz 2 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO) kann eine einstweilige Anordnung zur Regelung eines vorläufigen Zustandes in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis erlassen werden, wenn diese Regelung zur Abwendung wesentlicher Nachteile oder aus anderen Gründen nötig erscheint (Regelungsanordnung). Da nach Sinn und Zweck des einstweiligen Rechtsschutzverfahrens die vorläufige Regelung grundsätzlich die Entscheidung in der Hauptsache nicht vorwegnehmen darf, kann eine Verpflichtung zur Zahlung und Übernahme von Geldleistungen, wie sie im vorliegenden Fall begehrt wird, im einstweiligen Anordnungsverfahren in der Regel nur ausgesprochen werden, wenn die tatsächlichen Voraussetzungen für einen entsprechenden Anspruch (Anordnungsanspruch) glaubhaft gemacht sind und weiterhin glaubhaft gemacht wird, dass die begehrte Hilfe aus existenzsichernden Gründen so dringend notwendig ist, dass der Anspruch mit gerichtlicher Hilfe sofort befriedigt werden muss und es deshalb nicht zumutbar ist, den Ausgang eines Hauptsacheverfahrens abzuwarten (Anordnungsgrund).
Diese Voraussetzung ist hier gegeben. Die Antragstellerin gehört unstreitig dem Personenkreis des § 39 BSHG an, dem Eingliederungshilfe zu gewähren ist. Ihr Anspruch auf Leistungen in einer anerkannten Werkstatt für Behinderte nach § 41 SGB IX (§ 40 Abs. 1 Ziff. 7 BSHG) setzt entgegen der Ansicht des Antragsgegners nicht voraus, dass die Antragstellerin zuvor von der Bundesanstalt für Arbeit Leistungen im Eingangsverfahren und im Berufsbildungsbereich der Werkstatt gemäß § 40 SGB IX i.V.m. den §§ 3 und 4 der Werkstättenverordnung i.d.F. des Gesetzes vom 19.06.2001 – BGBl. I S. 1046 – erhalten hat.
Grundsätzlich ist Voraussetzung für einen Anspruch auf Leistungen im Arbeitsbereich einer anerkannten Werkstatt für Behinderte, dass bei einem Behinderten eine Beschäftigung auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt oder eine Berufsvorbereitung, berufliche Anpassung und Weiterbildung oder berufliche Ausbildung wegen Art oder Schwere der Behinderung nicht, noch nicht oder noch nicht wieder in Betracht kommen, der Behinderte aber in der Lage ist, wenigstens ein Mindestmaß an wirtschaftlich verwertbarer Arbeitsleistung zu erbringen (§ 41 Abs. 1 SGB IX). Diese Vorschrift geht auf den bisherigen § 41 BSHG i.d.F. bis zum 01.07.2001 zurück, der seinerseits Bezug nahm auf die §§ 54-57 des Schwerbehindertengesetzes und den zur Durchführung dieses Gesetzes erlassenen Vorschriften. Während nach den §§ 40, 41 SGB IX bei der Werkstatt für behinderte Menschen Leistungen im Eingangsverfahren und im Berufsbildungsbereich Leistungen im Arbeitsbereich gegenüberstehen, wobei in der Regel für die ersteren Leistungen die Bundesanstalt für Arbeit zuständiger Träger ist, während für die Leistungen im Arbeitsbereich in der Regel der Träger der Sozialhilfe zuständig ist, waren nach der ursprünglichen Rechtslage Leistungen im Eingangsverfahren und Leistungen im Arbeitstrainingsbereich solchen im Arbeitsbereich gegenübergestellt (vgl. LPK, 5. Aufl., § 41 BSHG Rz. 7 ff.). Sowohl nach den ursprünglichen Regelungen als auch nach den neuen Regelungen des SGB IX dient das Eingangsverfahren dem Ziel der Feststellung, ob die Werkstatt die geeignete Einrichtung für die Teilhabe des behinderten Menschen am Arbeitsleben ist oder auch der Feststellung, welche Bereiche der Werkstatt und welche Leistungen zur Teilhabe in Betracht kommen. Während die Regelung nach § 3 SchwbWV das Eingangsverfahren nur für Zweifelsfälle vorsah, ist nach der Regelung des SGB IX die Durchführung des Eingangsverfahrens bei jedem Behinderten obligatorisch (vgl. Haines/Jakobs in LPK-SGB IX, 1. Aufl., § 40 Rz. 5).
Dies bedeutet aber für Behinderte wie die Antragstellerin, die bereits Leistungen im Eingangsverfahren und im Arbeitstrainingsbereich erhalten haben und bei denen bereits die Feststellung getroffen wurde, dass in ihrer Person die Voraussetzungen für Leistungen im Arbeitsbereich einer anerkannten Werkstatt für behinderte Menschen vorliegen, nicht, dass mit Inkrafttreten des SGB IX erneut ein Eingangsverfahren durchzuführen ist. Für laufende Werkstattverträge folgt dies bereits aus den Übergangsvorschriften des Art. 67 des Gesetzes vom 19.06.2001 (BGBl. I S. 1139). Da ausdrückliche Regelungen zu dieser Frage in den §§ 39-41 SGB IX fehlen, kann nach Sinn und Zweck der Regelung nichts anderes in Fällen wie dem der Antragstellerin gelten, in denen ein behinderter Mensch zwar nicht im Arbeitsbereich einer anerkannten Werkstatt fortlaufend tätig war, aber nach einer Tätigkeit im Arbeitsbereich einer anerkannten Werkstatt langjährig Hilfe in einer vergleichbaren sonstigen Beschäftigungsstätte (§ 41 BSHG) erhalten und dabei gezeigt hat, dass er die Werkstattvoraussetzungen erfüllt. Der Arbeitsplatz der Antragstellerin in der Wäscherei der Stiftung stellte eine Hilfe in einer vergleichbaren sonstigen Beschäftigungsstätte dar. Zu den vergleichbaren sonstigen Beschäftigungsstätten gehören nämlich auch Arbeitsplätze im Regiebereich von sozialen Einrichtungen (vgl. LPK-BSHG 6. Aufl., § 41 Rz. 1). Zwischen den Beteiligten ist nicht umstritten, dass es sich bei dem Arbeitsplatz der Antragstellerin in dem Wäschereibereich um eine Tätigkeit in einer vergleichbaren sonstigen Beschäftigungsstätte gehandelt hat. Dies folgt auch aus dem Umstand, dass die Antragstellerin im Hinblick auf diese Beschäftigung gemäß § 5 Abs. 1 Nr. 8 SGB V in der gesetzlichen Rentenversicherung pflichtversichert war. Diese Tätigkeit hat die Antragstellerin nach den unbestrittenen Angaben im summarischen Verfahren mit der Unterbrechung durch das Praktikum und eine Urlaubszeit bis zu ihrer Aufnahme in den Arbeitsbereich der Werkstatt, die nach Beratung im Fachausschuss gemäß § 2 Werkstättenverordnung mit dessen Empfehlung erfolgte, länger als 15 Jahre ausgeübt, so dass sich der Wechsel aus dem Beschäftigungsbereich Wäscherei in einen Beschäftigungsbereich in der anerkannten Werkstatt als eine Fortsetzung der dem Arbeitsbereich einer Werkstatt zuzuordnenden Berufstätigkeit der Antragstellerin darstellt. Ist nämlich aufgrund der ursprünglichen Durchführung eines Eingangs- und Arbeitstrainingsverfahrens bei einer langdauernden fortbestehenden Behinderung nach den Vorschriften des § 41 BSHG a.F. festgestellt worden, dass ein behinderter Mensch die Voraussetzungen für eine Beschäftigung in einer Werkstatt für Behinderte erfüllt, und wird Hilfe zur Beschäftigung statt in einer anerkannten Werkstatt für Behinderte in einer sonstigen Beschäftigungsstätte fortdauernd gewährt, z.B. im Regiebereich einer sozialen Einrichtung, so erfordern Sinn und Zweck des Eingangsverfahrens und des Berufsbildungsbereiches nicht die nochmalige Durchführung dieser Leistungen. Denn das Eingangsverfahren dient in erster Linie der Feststellung, ob die Werkstatt die geeignete Einrichtung für die Teilhabe des behinderten Menschen am Arbeitsleben ist, ob also der behinderte Mensch auf der einen Seite überhaupt in der Lage ist, wenigstens ein Mindestmaß wirtschaftlicher verwertbarer Arbeitsleistung zu erbringen und ob er auf der anderen Seite wegen der Art oder Schwere der Behinderung nicht für eine Beschäftigung auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt oder eine entsprechende berufliche Ausbildung oder Weiterbildung in Betracht kommt. Diese Feststellungen sind bei der Antragstellerin nach der im summarischen Verfahren nur möglichen Prüfung bereits in der Zeit vom August 1977 bis zum Juni 1984 getroffen worden. Dass diese Feststellungen nunmehr ca. 20 Jahre oder mehr zurückliegen, ist für die Beantwortung der Frage, ob erneut ein Eingangsverfahren durchzuführen ist, im vorliegenden Fall unschädlich. Nach summarischer Prüfung sind nämlich das Ausmaß, der Umfang und die Gründe der Behinderung der Antragstellerin sowie auch ihre Fähigkeiten, wirtschaftlich verwertbare Arbeitsergebnisse zu erzielen, in dem fraglichen Zeitraum im Wesentlichen unverändert geblieben. Dass die Antragstellerin nach 15jähriger Tätigkeit in der Wäscherei den Wunsch nach einer Veränderung geäußert hat und dass diesem Wunsch entsprechend in einem Praktikum für die Antragstellerin ein anderer Tätigkeitsbereich erprobt worden ist, stellt sich angesichts des im Wesentlichen gleichbleibenden fortbestehenden Grades der Behinderung nicht als eine solch wesentliche Änderung der Verhältnisse dar, dass erneut die Erforderlichkeit des Durchlaufens eines Eingangsverfahrens gegeben wäre.
Etwas anderes könnte nur dann gelten, wenn bei einem Behinderten im Laufe der Jahre zusätzliche Behinderungen auftreten, bei denen erneut zu prüfen wäre, ob der behinderte Mensch noch in der Lage ist, wenigstens ein Mindestmaß an wirtschaftlich vertretbarer Arbeitsleistung zu erbringen. Dies ist aber bei der Antragstellerin nach der im summarischen Verfahren möglichen Prüfung ohne Zweifel gegeben.
Dass nach der gesetzlichen Neuregelung in § 40 SGB IX das Eingangsverfahren neben dem Hauptziel – der Feststellung, ob die Werkstatt die geeignete Einrichtung für die Teilhabe des behinderten Menschen am Arbeitsleben ist, auch der Feststellung dient, welche Bereiche der Werkstatt in Betracht kommen sowie der Erstellung eines Eingliederungsplanes und dass ein solcher Eingliederungsplan – stattdessen wurde eine Hilfeplan erstellt – bei der Antragstellerin nicht erstellt wurde, führt nicht zu einem anderen Ergebnis. Hätte der Gesetzgeber die Absicht gehabt, dass auch behinderte Menschen, die bereits im Arbeitsbereich einer Werkstatt für Behinderte tätig waren und nunmehr in vergleichbaren sonstigen Beschäftigungsverhältnissen tätig sind bzw. bei denen bereits ein Eingangsverfahren und ein Arbeitstrainingsverfahren nach den ursprünglichen gesetzlichen Regelungen durchgeführt wurde, nochmals ein Eingangsverfahren durchlaufen sollen, so hätte es insoweit einer klaren gesetzlichen Übergangsregelung bedurft. Ohne eine solche Regelung kann nicht davon ausgegangen werden, dass bei jeder Unterbrechung einer Tätigkeit im Arbeitsbereich einer Werkstatt erneut ein Eingangsverfahren durchgeführt werden muss.
Es liegt auch ein Anordnungsgrund vor, da der Antragstellerin nicht zuzumuten ist, den Ausgang eines gerichtlichen Hauptsacheverfahrens abzuwarten. Grundsätzlich ist bei einem Anspruch auf Sozialhilfeleistungen, auch auf Eingliederungshilfeleistungen, bei Bestehen eines entsprechenden Anspruchs davon auszugehen, dass eine Bedarfsdeckung kurzfristig erforderlich ist. Dies gilt auch im Falle der Antragstellerin, die ohne die berufliche Tätigkeit Gefahr liefe, Rückschläge in ihrer Persönlichkeitsentwicklung und Leistungs- und Erwerbsfähigkeit zu erleiden.
Die Kostenentscheidung folgt aus den §§ 154 Abs. 1, 188 Satz 2 VwGO.