Verwaltungsgericht Braunschweig
Beschl. v. 16.06.2003, Az.: 7 B 163/03
Anlaßbeurteilung; Beamter; Beurteilung; Beurteilungsrichtlinie; Eignungsprognose; Vollnote
Bibliographie
- Gericht
- VG Braunschweig
- Datum
- 16.06.2003
- Aktenzeichen
- 7 B 163/03
- Entscheidungsform
- Beschluss
- Referenz
- WKRS 2003, 48502
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- [keine Angabe]
Rechtsgrundlagen
- § 8 BBG
- § 8 BG ND
Amtlicher Leitsatz
Leitsatz
1. Dem Gesamturteil der Leistungsbeurteilung gebührt gegenüber der Eignungsprognose der Vorrang so, dass regelmäßig von zwei Bewerbern um höherwertigen Dienstposten derjenigen auszuwählen ist, der um eine Vollnote besser beurteilt worden ist.
2. Es ist regelmäßig erforderlich, eine Anlaßbeurteilung auch dann zu erteilen, wenn die Beurteilungsrichtlinie eine solche nicht vorsieht, sofern dem Beamten seit den letzten 2 Jahren vor der Auswahlentscheidung erteilten Regelbeurteilung eine dem ausgeschriebenen Dienstposten vergleichbare Tätigkeit übertragen worden ist.
Tenor:
Der Antragsgegnerin wird im Wege der einstweiligen Anordnung aufgegeben, dem Beigeladenen den Dienstposten des Hauptsachgebietsleiters für allgemeine Veranlagung zu entziehen und ihm den Dienstposten bis vier Wochen nach Erlass eines Widerspruchsbescheides nicht erneut zu übertragen. Im übrigen wird der Antrag abgelehnt.
Die Kosten des Verfahrens tragen der Antragsteller zu 1/3 und die Antragsgegnerin zu 2/3. Eventuell entstandene außergerichtliche Kosten des Beigeladenen sind nicht erstattungsfähig.
Der Wert des Streitgegenstandes wird auf 12.419,62 € festgesetzt.
Tatbestand:
Der Antragsteller und der Beigeladene konkurrieren um einen Dienstposten als Steueroberamtsrat (BesGr. A 13 BBesO) beim Finanzamt F.
Der G. geborene Antragsteller trat nach Erlangung der mittleren Reife am 02. August 1971 als Steueranwärter für den mittleren Dienst in die niedersächsische Finanzverwaltung ein. Nach Bestehen der Laufbahnprüfung 1973 wurde er zum Steuerassistenten z.A. ernannt, 1975 zum Steuersekretär und 1976 zum Steuerobersekretär befördert. Nach der Zulassung zur Laufbahn des gehobenen Dienstes bestand er 1981 die Laufbahnprüfung mit dem Gesamturteil "gut". 1982 wurde er zum Steuerinspektor ernannt und zuletzt 1993 zum Steueramtsrat (BesGr. A 12 BBesO) befördert. Zu diesem Zeitpunkt war er als Geschäftsstellenleiter eingesetzt.
Der Antragsteller wurde zuletzt zum 01. Oktober 2000 mit der Gesamtnote "sehr gut" und der Eignungsprognose "Eignung zur Erprobung als Sachgebietsleiter für den Innendienst (A 12 Dp.)" beurteilt. Vom September 2000 bis März 2001 wurde der Antragsteller als Sachgebietsleiter erprobt, ohne dass diese Erprobung in die Beurteilung eingeflossen ist. In dem Bericht des Vorstehers des Finanzamtes H. vom 31. Januar 2001 (Bl. 183 f. Personalakte) wird dem Antragsteller bescheinigt, dass er sich trotz fehlender Berührungspunkte mit seiner bisherigen Tätigkeit schnell in sein neues Aufgabengebiet eingearbeitet habe, im Kollegenkreis anerkannt werde und als uneingeschränkt geeignet gelte, künftig als Sachgebietsleiter eingesetzt zu werden. Seit März 2001 wird der Antragsteller als Leiter des Sachgebietes IX und vertretungsweise für den nach BesGr. A 13 BBesO bewerteten Sachgebietsleiterposten VIII beim Finanzamt I. eingesetzt.
Der G. geborene Beigeladene ist seit 1975 in der niedersächsischen Finanzverwaltung tätig. Er bestand 1978 die Laufbahnprüfung für den gehobenen Dienst mit der Note "gut". Er wurde zuletzt im Februar 1994 zum Steueramtsrat befördert. Im Oktober 1996 wurde ihm der nach BesGr. A 12 BBesO bewertete Dienstposten X als Sachgebietsleiter im Amtsprüferbereich übertragen. Der Beigeladene wurde zuletzt zum 01. Oktober 2000 mit der Gesamtnote "gut" und der Eignungsprognose "Sachgebietsleiter für Innendienst (A 13 Dp.)" beurteilt.
Nachdem sich eine Aufwertung des vom Beigeladenen besetzten Dienstpostens X mit der Funktion "Hauptsachgebietsleiter für allgemeine Veranlagung" ergab, die nach BesGr. A 13 BBesO bewertet wurde, schrieb die Antragsgegnerin diesen Dienstposten intern aus.
Hierauf bewarben sich sowohl der Antragsteller als auch der Beigeladene. Der Vorsteher des Finanzamtes schlug der Antragsgegnerin die Auswahl des Beigeladenen vor. Zur Begründung des Berichts vom 19. Dezember 2002 wurde ausgeführt, der Antragsteller stehe zwar auf Rang 46 der Beförderungsrangliste, der Beigeladene hingegen auf Platz 219. Es sei aber eine Ausnahme von den Beförderungsrichtlinien zu machen, weil dem ausgewählten Bewerber die Eignung für den ausgeschriebenen Dienstposten zuerkannt worden sei. Dem Vorschlag stimmte die Antragsgegnerin mit Erlass vom 05. Februar 2003 mit der Einschränkung zu, dass vor dauerhafter Dienstpostenübertragung die Bewährung des Beigeladenen festgestellt werden müsse.
Die Antragsgegnerin teilte daraufhin dem Antragsteller mit Verfügung vom 05. Februar 2003 (ohne Rechtsbehelfsbelehrung) mit, dass beabsichtigt sei, dem Beigeladenen den Dienstposten zu übertragen und daher seine Bewerbung erfolglos geblieben sei. Hiergegen erhob der Antragsteller am 18. März 2002 Widerspruch, über den - soweit ersichtlich - noch nicht entschieden worden ist. Der Antragsteller hat am 24. März 2003 bei der Kammer um vorläufigen Rechtsschutz nachgesucht. Er vertritt die Auffassung, Entscheidungskriterium für die Auswahlentscheidung müsse allein die Gesamtnote der letzten Beurteilung sei. Da er um eine volle Note besser beurteilt worden sei als der Beigeladene, müsse ihm der Dienstposten übertragen werden. Die Eignungsprognose sei gegenüber dem Gesamturteil nachrangig. Die Ausschreibung eines "Hauptsachgebietsleiters für allgemeine Veranlagung" enthalte kein Anforderungsprofil, sondern lediglich eine allgemeine Dienstpostenbezeichnung. Die Dienstpostenbewertung (A 12/A 13) sei abhängig von der Größe der Dienststelle, nicht von den konkreten Anforderungen des Dienstpostens. Der Antragsteller habe seine Eignung als Sachgebietsleiter inzwischen nachgewiesen, denn er habe inzwischen die Erprobung absolviert. Ihm wäre jetzt die Eignung für einen A 13 - Dienstposten zuzuerkennen.
Nach Ziff. 1 e des Erlasses des MF zu Stellenausschreibungen und Übertragung von Dienstposten vom 29. November 1996 sei neben dem Gesamturteil auf die Eignung abzustellen. Das Gesamturteil der dienstlichen Beurteilung sei deshalb vorgreiflich. Zu dem Erlass habe die Antragsgegnerin einen Zusatz beigefügt, wonach Bewerbungen von Beamten ohne die entsprechende Eignung nicht ausgeschlossen seien.
Der Beigeladene erwerbe durch die Dienstpostenübertragung einen Bewährungsvorsprung. Soweit sich die Antragsgegnerin darauf berufe, der Beigeladene stehe nicht in absehbarer Zeit zur Beförderung an, sei diese Erklärung zu vage, um einen Anordnungsgrund entfallen zu lassen.
Der Antragsteller beantragt,
der Antragsgegnerin im Wege der einstweiligen Anordnung vorläufig zu untersagen, den Beigeladenen vor Ablauf von vier Wochen nach Erlass eines Widerspruchsbescheides zum Steueroberamtsrat (BesGr. A 13 BBesO) befördern und ihr aufzugeben, dem Beigeladenen den Dienstposten des Hauptsachgebietsleiters für allgemeine Veranlagung zu entziehen und ihm den Dienstposten bis vier Wochen nach Erlass eines Widerspruchsbescheides nicht erneut zu übertragen.
Die Antragsgegnerin beantragt,
den Antrag abzulehnen.
Sie erwidert: Der Antragsteller könne sich nicht auf einen Anordnungsgrund berufen. Die Vergabe des Dienstpostens, auf den der Beigeladene seit dem 01. Februar 2003 zur Einarbeitung eingesetzt wird, könne jederzeit wieder rückgängig gemacht werden. Mit einer Beförderungsentscheidung sei die Dienstpostenbesetzung nicht verbunden. Es bestünden zur Zeit insbesondere im Innendienst der Finanzämter jahrelange Wartezeiten für eine Beförderung. Die Anordnung, einen Dienstposten bis zum Abschluss des Hauptsacheverfahrens freizuhalten, beeinträchtige erheblich die Finanzverwaltung.
Der Antragsteller habe auch keinen Anordnungsanspruch glaubhaft machen können. Es könnten laut dem Erlass vom 29. November 1996 nur solche Bewerber berücksichtigt werden, die eine für den zu besetzenden Dienstposten erforderliche Eignungsprognose erhalten haben. Wenn sich auch Bewerber ohne eine entsprechende Eignung bewerben, erhielten jene mit der entsprechenden Eignung Vorrang vor denjenigen ohne die entsprechende Eignungsfeststellung. Die Eignung sei das entscheidende Kriterium im Auswahlverfahren. Eine Eignung für das Spitzenamt des gehobenen Dienstes werde erst vergeben, wenn sich ein Beamter als Sachgebietsleiter A 12 qualifiziert habe und über vertiefte Führungskenntnisse und -erfahrungen verfüge. Über entsprechende Kenntnisse verfüge nur der Beigeladene. Die dem Antragsteller erteilte Beurteilung sei im Zeitraum der Ausschreibung erst zwei Jahre alt gewesen und damit noch hinreichend aktuell. Es bestehe nicht die realistische Möglichkeit, dass der Antragsteller selbst nach Einholung einer Anlassbeurteilung angesichts seiner erst zweijährigen Sachgebietsleitertätigkeit eine Eignung für einen Sachgebietsleiterposten der BesGr. A 13 BBesO wie der Beigeladene erhalten würde.
Der Beigeladene stellt keinen Antrag und äußert sich nicht.
Entscheidungsgründe
Der zulässige Antrag ist nur im tenorierten Umfang begründet. Der Antragsteller hat insoweit einen Anspruch auf Erlass der begehrten einstweiligen Anordnung nach § 123 Abs. 1 Satz 1 VwG0.
Nach § 123 Abs. 1 Satz 1 VwGO kann das Gericht auf Antrag in Bezug auf den Streitgegenstand eine einstweilige Anordnung treffen, wenn die Gefahr besteht, dass durch eine Veränderung des bestehenden Zustandes - hier durch die Aushändigung der Ernennungsurkunde an den Beigeladenen - die Verwirklichung des Rechts des Antragstellers auf eine fehlerfreie Auswahlentscheidung vereitelt oder wesentlich erschwert werden könnte.
Gemäß § 123 Abs. 3 VwGO i.V.m. § 920 Abs. 2 ZPO sind der Grund für die begehrte Eilmaßnahme (Anordnungsgrund) und das Recht, dessen Verwirklichung der Antragsteller gefährdet sieht (Anordnungsanspruch) vom Antragsteller glaubhaft zu machen.
Der Antragsteller hat einen Anordnungsgrund nur zur Abwehr der weiteren Dienstpostenbesetzung glaubhaft gemacht. Nach der Dienstpostenübertragung und entsprechender Planstellenunterlegung lässt die Wahrnehmung der Aufgaben eines Sachgebietsleiters eine Beförderung zum Steueroberamtsrat zu, verschafft dem Bewerber mithin einen sog. Bewährungsvorsprung, den der Dienstherr im Fall der späteren Beförderungskonkurrenz bei im wesentlich gleicher Eignung auswahlentscheidend berücksichtigen darf. Da der Beigeladene diesen Dienstposten bereits seit Februar 2003 wahrnimmt, ist der Erlass der einstweiligen Anordnung die einzige Möglichkeit für den Antragsteller, einen weiteren Bewährungsvorsprung des Konkurrenten zu verhindern (vgl. Nds. OVG, Beschl. v. 15. Februar 1995, 2 M 75194; st. Rspr. der Kammer, Beschl. v. 26. Mai 1999, 7 B 66/99 m.w.N.).
Soweit die Antragsgegnerin einwendet, die Funktionsfähigkeit der Finanzverwaltung hänge von der Besetzung des streitigen Dienstpostens ab, so muss die vorübergehende Nichtbesetzung des Dienstpostens im Interesse eines wirksamen Rechtsschutzes für eine Übergangszeit hingenommen werden.
Soweit der Antragsteller allerdings der Antragsgegnerin untersagen lassen will, den Beigeladenen zum Steueroberamtsrat zu befördern, war der Antrag abzulehnen. Der Anordnungsgrund entfällt hier dadurch, dass der Beigeladene als Folge der einstweiligen Anordnung den ihm derzeit übertragenen Dienstposten räumen muss. Ein Konkurrenzverhältnis mit dem Antragsteller besteht aber nur auf dem Dienstposten eines Hauptsachgebietsleiter X. Der Antragsteller muss eine eventuelle Beförderung des Beigeladenen auf einem anderen Dienstposten nicht verhindern, um keinen Rechtsverlust zu erleiden.
Soweit dem Antrag stattgegeben wird, hat der Antragsteller einen Anordnungsanspruch gemäß § 123 Abs. 1 und Abs. 3 VwG0 i.V.m. §§ 920 Abs. 2, 294 ZP0 glaubhaft gemacht. Denn die von der Antragsgegnerin getroffene Auswahlentscheidung ist bei der im Rahmen des vorläufigen Rechtsschutzes gebotenen Überprüfung voraussichtlich rechtsfehlerhaft.
Eine Auswahlentscheidung unterliegt als Akt wertender Erkenntnis lediglich einer eingeschränkten gerichtlichen Kontrolle. Die verwaltungsgerichtliche Nachprüfung beschränkt sich darauf, ob die Verwaltung den anzuwendenden Begriff oder den gesetzlichen Rahmen, in dem sie sich frei bewegen kann, verkannt hat oder ob sie von einem unrichtigen Sachverhalt ausgegangen ist, allgemein gültige Wertmaßstäbe nicht beachtet hat, sachfremde Erwägungen angestellt oder gegen Verfahrensvorschriften oder Richtlinien verstoßen hat (vgl. Beschluss des Nds. 0VG vom 22. Februar 2000 - 2 N 3526/99 - m.w.N.). Die Ermessensausübung des Dienstherrn bei der Entscheidung über die Übertragung eines Dienstpostens bei der Beförderungsauswahl hat sich an dem aus Art. 33 Abs. 2, § 7 BRRG und § 8 Abs. 1 NBG ergebenden Leistungsgrundsatz als dem entscheidenden Auswahlkriterium zu orientieren. Grundlage des Leistungsvergleichs bei der Auswahlentscheidung wiederum sind in erster Linie die letzten dienstlichen Beurteilungen der Bewerber. Unterscheiden sich die Ergebnisse der dienstlichen Beurteilung verschiedener Bewerber nicht wesentlich von einander, so bleibt es der Entscheidung des Dienstherrn überlassen, zwischen mehreren möglichen und den Leistungsgrundsatz wahrenden Auswahlkriterien zu wählen. Der Leistungsgrundsatz und der Grundsatz der Chancengleichheit gebieten es jedoch, der Auswahlentscheidung zeitnahe Beurteilungen der Bewerber zugrunde zu legen. Unter welchen Voraussetzungen zurückliegende Regelbeurteilungen noch eine hinreichend verlässliche Grundlage für eine Auswahlentscheidung darstellen, lässt sich nicht generalisierend, sondern nur unter Berücksichtigung aller Umstände des jeweiligen Einzelfalles beantworten. Dabei können diese Umstände eine erneute aus Anlass der Bewerbung zu erstellende Beurteilung auch dann gebieten, wenn Beurteilungsrichtlinien eine Anlassbeurteilung grundsätzlich nicht vorsehen (vgl. den o.a. Beschluss des Nds. 0VG v. 2. Februar 2000 sowie ergänzend den Beschluss desselben Senats vom 24.2.2000 - 2 M 172/00 und Beschluss der Kammer vom 18. April 2000 - 7 B 19/00).
Daran gemessen hätte für den Beigeladenen eine Anlassbeurteilung erstellt werden müssen; auf seine letzte Regelbeurteilung vom 15. Januar 2001 zum Beurteilungsstichtag 01. Oktober 2000 konnte hingegen nicht mehr zurückgegriffen werden. Denn die Antragsgegnerin hat die berufliche Weiterentwicklung des Antragstellers zwischen dem Beurteilungsstichtag und der Auswahlentscheidung nicht berücksichtigt. Grundlage der Beurteilung war die jahrelange Tätigkeit des Antragstellers als Geschäftsstellenleiter. Diese Tätigkeit nahm der Antragsteller im Zeitpunkt der Auswahlentscheidung aber seit mehr als zwei Jahren nicht mehr wahr. Insbesondere die lobende Erwähnung in der Erprobungsbeurteilung, dass sich der Antragsteller schnell in seine Aufgaben als Sachgebietsleiter einarbeite, obwohl er zuvor eine ganz andere Tätigkeit ausgeübt hatte, hätte die Antragsgegnerin zum Anlass nehmen müssen, eine aktuelle Anlassbeurteilung für den Antragsteller einzuholen. Da die Leistungen des Antragstellers in seiner letzten Beurteilung mit "sehr gut" bewertet worden sind, ist nicht auszuschließen, dass ihm auch eine Eignung für einen nach BesGr. A 13 BBesO bewerteten Dienstposten bescheinigt worden wäre.
Die einstweilige Anordnung wäre aber auch dann zu erlassen gewesen, wenn die Kammer von einer noch hinreichenden Aktualität der dem Antragsteller erteilten Beurteilung ausgegangen wäre.
Die Antragsgegnerin hat zu Unrecht ihrer Auswahlentscheidung vorrangig die Eignungsprognose zugunsten des Beigeladenen zugrunde gelegt. Der besseren Gesamtnote des Antragstellers gebührt gegenüber der Eignungsprognose seines Konkurrenten der Vorrang. Da die Eignungsprognose die bisherigen Leistungen berücksichtigen muss, um eine Einschätzung künftiger Leistungen abgeben zu können, können die Noten der Leistungsbeurteilung und der Befähigung zwar auseinanderfallen. Ein Abhängigkeitsverhältnis zwischen beiden Noten besteht aber gleichwohl, weil die Erwartung künftige Leistungen notwendigerweise auf die im Beurteilungszeitraum geleistete Arbeit aufbauen muss. Die gezeigte Leistung ist messbar, während die Erwartung künftiger Leistungen eine Prognose darstellt und gegenüber der Leistungsbeurteilung nachrangig ist. Angesichts der Ungewissheit der Einschätzung der künftigen Leistungen eines Mitarbeiters stellt der Dienstherr bewusst vorrangig auf eine Bewertung der in der Vergangenheit liegenden Leistungen ab, weshalb z. B. Auswahlentscheidungen, die in erster Linie auf der Tagesform der Beamten beruhen, z. B. Assessment - Center, als vorrangiges Auswahlkriterium unzulässig sind (Kammer, Beschl. v. 12. August 1999, 7 B 201/99).
Ein Vorrang der Eignungsprognose ergibt sich auch nicht aus dem von der Antragsgegnerin zitierten Erlass vom 29. November 1996. Dass Bewerbungen von Beamten ohne entsprechende Eignungsprognose, die sich nach dem Zusatz der Antragsgegnerin ebenfalls bewerben können, bei einer Bewerbung eines Konkurrenten mit entsprechender Prognose nur aus diesem Grunde nicht zum Zuge kommen, ergibt sich aus dem Erlass nicht. Der Zusatz der OFD ist erkennbar von dem Wunsch getragen, den Bewerberkreis zu erweitern, um eine bestmögliche Stellenbesetzung zu gewährleisten, und würde seinen Zweck mit der von der Antragsgegnerin vorgenommenen Einschränkung verfehlen.
Ist vorrangig auf die Gesamtnote abzustellen, dann ist der Bewerber auszuwählen, der mit der besseren Gesamtnote bewertet worden ist (OVG Lüneburg, Beschl. v. 26. April 2002, 5 ME 34/02 m.w.N.). Danach hätte die Antragsgegnerin - hätte die Auswahl auf der Grundlage der Beurteilungen zum Oktober 2000 erfolgen dürfen - den Antragsteller auswählen müssen, weil er mit "sehr gut" und damit um eine volle Note besser beurteilt worden ist als der lediglich mit der Note "gut " bewertete Beigeladene.
Schließlich hat die Antragsgegnerin auch die Bewertungsmaßstäbe verfehlt. Die Kammer kann nicht erkennen, warum der Beigeladene, der in der Vergangenheit nur "gute" Leistungen gezeigt hat, künftig für einen A 13 Dienstposten geeignet sein soll, während der Antragsteller, der eine ganze Vollnote besser bewertet worden ist, nur für einen seinem gegenwärtigen Amt entsprechenden Dienstposten in Frage kommen soll. Es ist schlechterdings nicht nachvollziehbar, warum ein besser beurteilter Beamter, der über langjährige Erfahrungen in der Finanzverwaltung verfügt und jahrelang als Geschäftsstellenleiter erfolgreich tätig war, nicht die Eignung für das Spitzenamt seiner Laufbahn haben soll.
Da nicht auszuschließen ist, dass die Antragsgegnerin nach Erstellung aktueller Anlassbeurteilungen für den Antragsteller und den Beigeladenen den Antragsteller auswählt (vgl. Beschluss der 1. Kammer des BVerfG v. 24. September 2002, 2 BvR 857/02, DVBl. 2002, 1633 ff. - zit. nach JURIS), war dem Antrag mit der Kostenfolge aus § 155 Abs. 1 Satz 1 VwG0 teilweise zu entsprechen. Die außergerichtlichen Kosten des Beigeladenen sind nicht erstattungsfähig, weil er auf Seiten der unterlegenen Partei steht, § 162 Abs. 3 VwGO. Da er keinen Antrag gestellt hat, konnten ihm Verfahrenskosten nicht auferlegt werden, § 154 Abs. 3 VwGO.
Die Streitwertfestsetzung folgt aus § 20 Abs. 3 und § 13 Abs. 4 GKG, wobei der sich aus § 13 Abs. 4 GKG ergebende Betrag für das vorläufige Rechtsschutzverfahren zu halbieren war. Bei einem Endgrundgehalt in der Besoldungsgruppe A 13 BBesO i. H. von 3.753,25 € und einer allgemeinen Stellenzulage i.H. von 68,17 € errechnete sich somit der festgesetzte Streitwert von 12.419,62 € (3.753,25 € + 68,17 €) x 3,25.