Verwaltungsgericht Hannover
Beschl. v. 12.07.2018, Az.: 6 B 3743/18

Bildungsveranstaltung; Studienreise

Bibliographie

Gericht
VG Hannover
Datum
12.07.2018
Aktenzeichen
6 B 3743/18
Entscheidungsform
Beschluss
Referenz
WKRS 2018, 74357
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
[keine Angabe]

Amtlicher Leitsatz

Leitsatz

Eine Studienreise im Sinne von § 11 Abs. 2 Nr. 7 NBildUG, die grundsätzlich nicht als Bildungsveranstaltung anerkannt werden kann, ist dadurch gekennzeichnet, dass ihr wesentliche Elemente eines organisierten Lernens fehlen.

Zu den wesentlichen Merkmalen eines organisierten Lernens gehört eine ausreichende Vor- und Nachbereitung des in den einzelnen Veranstaltungen vermittelten Wissens (hier verneint).

Tenor:

Der Antrag wird abgelehnt.

Der Antragsteller trägt die Kosten des Verfahrens.

Der Wert des Streitgegenstandes wird auf 5.000 Euro festgesetzt.

Gründe

I.

Der Antragsteller, der als E. bei der F. –G. – in A-Stadt beschäftigt ist, beantragte mit Schreiben vom 01.03.2018 – eingegangen am 19.03. 2018 – bei dem Antragsgegner die Veranstaltung „Misstraut den Grünanlagen – Von Mendelsohn zum Teufelsberg“ nach dem Niedersächsischen Bildungsurlaubsgesetz – NbildUG – anzuerkennen. Diese Veranstaltung soll vom 23.07. – 27.07.2018 in Berlin stattfinden. Träger dieser Veranstaltung ist die Organisation H. –I. {J.}. Dem Antrag war ein Programm der Veranstaltung beigefügt, auf dessen Inhalt (Bl. 15 - 20 BA 002) verwiesen wird. Der Antragsteller legte ferner einen Bescheid der Senatsverwaltung für Integration, Arbeit und Soziales Berlin vom 04.07. 2017 vor, wonach die Veranstaltung „Misstraut den Grünanlagen – Von Moses Mendelsohn zum Teufelsberg“, die vom 24.07. – 28.07.2017 in Berlin stattfand, als Bildungsveranstaltung nach dem Berliner Bildungsurlaubsgesetz anerkannt worden war.

Der Antragsgegner, dem die Durchführung der im Zusammenhang mit dem NBildUG stehenden Verwaltungsaufgaben übertragen worden ist und der zur Erledigung dieser Aufgaben die organisatorisch selbständige geschaffen hat, wies den Antragsteller mit Schreiben vom 16.04.2018 darauf hin, dass der Antrag noch nicht entscheidungsreif sei, weil nach den vorgelegten Unterlagen Anhaltspunkte dafür bestünden, dass es sich um eine nicht anerkennungsfähige Studienreise handele. Um dieses abschließend entscheiden zu können, müssten noch folgende Angaben gemacht werden:

1. Genaue zeitliche Eingrenzung der Fahrtzeiten für die Exkursionen
2. Angabe der Unterrichtsanteile, die auf reine Führung, Vorträge, Diskussionen und Reflexionen der Teilnehmenden entfallen und die Orte, an denen sie stattfinden
3. Begründung, weshalb die Veranstaltung an so vielen verschiedenen Orten stattfindet und die Lernziele nicht anders erreicht werden können
4. Erklärung, wie alle einzelnen Themen wieder zu einem einheitlichen Thema zusammengeführt werden.

Der Veranstalter H. –I. {J.} teilte dem Antragsgegner dazu mit E – Mail vom 08.05.2018 mit, dass nach Abzug aller Fahrt- und Pausenzeiten die Lernzeiten am Montag 6 Stunden, am Dienstag 6 Stunden 10 Minuten, am Mittwoch 6 Stunden 10 Minuten, am Donnerstag 6 Stunden 5 Minuten und am Freitag 5 Stunden 50 Minuten betrügen. Die Bundeszentrale und der Senat Berlin hätten das Seminar bereits anerkannt. Der E – Mail war eine aktualisierte Fassung der Programmplanung für die Veranstaltung „Misstraut den Grünanlagen“ beigefügt. Wegen der Einzelheiten wird auf die vorgelegte Programmplanung (Bl. 4 – 9 BA 002) verwiesen. Der E – Mail waren ferner Bescheide der Senatsverwaltung Berlin vom 12.04. 2018 und der Bundeszentrale für politische Bildung vom 26.04.2018 über die Anerkennung der Veranstaltung beigefügt.

Der Antragsgegner lehnte es mit Bescheid vom 08.05.2018 ab, die Veranstaltung „Misstraut den Grünanlagen – Von Mendelsohn zum Teufelsberg“ vom 23.07. – 27.07.2018 in Berlin als Bildungsveranstaltung nach dem NBildUG anzuerkennen. Dazu heißt es im Wesentlichen, die Veranstaltung könne nicht als Bildungsveranstaltung anerkannt werden, weil es sich um eine Studienreise handele. Studienreisen zeichneten sich dadurch aus, dass sie wesentliche Elemente des organisierten Lernens vermissen ließen. Bei einer Gesamtbetrachtung lägen deutliche Anhaltspunkte dafür vor, dass es sich bei der Veranstaltung „Misstraut den Grünanlagen“ um eine Studienreise handele. Dafür sprächen zunächst der häufige Wechsel des Lernortes und der Einsatz unterschiedlicher Referenten. Inhaltlich stelle die Veranstaltung auf einen allgemeinen Erfahrungs- und Informationsaustausch ab. Konkrete, gemeinsam zu erreichende und zu erarbeitende Lernziele oder zu durchlaufende Lernprozesse würden nicht oder nicht ausreichend aufgezeigt. Reflexions-, Vorbereitungs- oder Nachbereitungsphasen seien nicht ausreichend eingeplant oder erkennbar. Die Fragen aus dem Schreiben vom 16. 04.2018 seien auch vom Veranstalter nicht ausreichend beantwortet worden. Bereits am 29.06.2017 sei ein Antrag des Antragstellers zu einer gleichartigen Veranstaltung abgelehnt worden.

Der Antragsteller hat am 01.06.2018 Klage (6 A 3742/18) erhoben und zugleich um die Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes nachgesucht. Er trägt vor: Die Veranstaltung „Misstraut den Grünanlagen – Von Moses Mendelsohn zum Teufelsberg“ erfülle die Voraussetzungen für eine Anerkennung als Bildungsveranstaltung nach dem NBildUG. Die Organisation H. –I. {J.} sei ein anerkannter Träger politischer Bildung. Der pädagogisch – politische Ansatz lasse sich bereits aus dem Titel der Veranstaltung und den gewählten Veranstaltungsorten ableiten. Moses Mendelsohn sei ein deutscher Philosoph der Aufklärung im 18. Jahrhundert und gelte als maßgebender Wegbereiter der sogenannten jüdischen Aufklärung. Der Teufelsberg sei ein Standort des NS – Projektes Welthauptstadt Germania und seit Anfang der 50er Jahre Standort einer Abhöranlage der US – Armee gewesen. Er selbst sei in K. und damit unmittelbar an der ehemaligen Zonengrenze zur DDR aufgewachsen. Er setze sich deshalb seit längerer Zeit mit der Innerdeutschen Grenze auseinander. Die Veranstaltung setze notwendigerweise den Wechsel des Lernortes im Sinne von Exkursionen voraus. Dies führe allerdings nicht dazu, dass die Veranstaltung den Charakter einer Rundreise erhalte. Bei anderen Veranstaltungen habe der Antragsgegner einen Wechsel des Lernortes nicht beanstandet. Die Lernziele seien in dem Programm eindeutig definiert. Sie setzten denknotwendig ein kritisches Hinterfragen und Reflektieren im Gruppenkontext voraus. Dass der Veranstaltungsträger die Fragen nach Auffassung des Antragsgegners nicht ausreichend beantwortet hat, rechtfertige für sich alleine nicht die Ablehnung des Antrages. Der Antragsgegner habe auf eine unzureichende Beantwortung seiner Fragen nicht hingewiesen. Zu berücksichtigen sei auch, dass die Bundeszentrale für politische Bildung (Bescheid vom 26.04. 2018), die Senatsverwaltung für Integration, Arbeit und Soziales (Bescheid vom 12.04. 2018) und das Hamburger Institut für berufliche Bildung (Bescheid vom 27.04.2016) die Veranstaltung „Misstraut den Grünanlagen – Von Moses Mendelsohn zum Teufelsberg“ des Bildungsträgers L. - I. J. als förderungswürdig bzw. als Bildungsveranstaltung anerkannt hätten. Der Antragsgegner habe zudem die von diesem Bildungsträger angebotene Veranstaltungen „Kunst und Politik – Von der Ästhetisierung des politischen und der Radikalisierung des Ästhetischen“ sowie „Das türkische Berlin – eine alternative Perspektive“ als Bildungsveranstaltung im Sinne des NBildUG anerkannt. Diesen Angeboten lägen das gleiche Veranstaltungskonzept und die gleichen Methodenansätze wie die Veranstaltung „Misstraut den Grünanlagen“ zugrunde. Auch bei diesen Veranstaltungen seien verschiedene Exkursionen und häufige Wechsel des Lernortes vorgesehen. Er sei dringend auf die begehrte einstweilige Anordnung angewiesen, weil sie vom 23.07. – 27.07.2018 stattfinden solle und sein Arbeitgeber, die F., bereits ihr Einverständnis mit seiner Teilnahme an dieser Veranstaltung erklärt habe.

Der Antragsteller beantragt,

den Antragsgegner im Wege der einstweiligen Anordnung unter Aufhebung des Bescheides vom 08.05.2018 zu verpflichten, die Veranstaltung „Misstraut den Grünanlagen – Von Moses Mendelsohn zum Teufelsberg“ (Nr. 1977) vom 23. 07.2028 bis 27.07.2018 in Berlin als Bildungsurlaub anzuerkennen.

Der Antragsgegner beantragt,

den Antrag abzulehnen.

Er erwidert: Die Veranstaltung könne nicht als Bildungsveranstaltung nach dem NBildUG anerkannt werden, weil es sich um eine Studienreise handele. Die gesetzlich vorgesehenen Ausnahmen (Veranstalter Presse- und Informationsamt der Bundesregierung, Veranstaltung am Sitz von Institutionen der EU), unter denen eine Studienreise als Bildungsveranstaltung anerkannt werden könne, lägen nicht vor. Die vorgelegte Programmplanung zeige, dass es sich um eine Studienreise in Form einer Stadtführung handele. Der Veranstalter selbst bezeichne die Veranstaltung als Fahrradseminar. Für eine Studienreise spreche der stetige Wechsel der Referenten sowie der Umstand, dass keine hinreichende Vor- und Nachbereitung der Teilnehmer hinsichtlich der geplanten Exkursionen vorgegeben sei. Aus dem Programmablauf lasse sich nicht erkennen, auf welche Weise die einzelnen Themenbereiche zu einem dauerhaften Erkenntnisgewinn bei den Teilnehmern führen sollen. Die Teilnehmer sollen sich im Wesentlichen Vorträge anhören, eine Eigenleistung der Teilnehmer werde nicht hinreichend deutlich. Der Reflexion werde zeitlich nur ein geringer Raum eingeräumt. Die Anerkennung der Veranstaltung als förderungswürdig bzw. als Bildungsveranstaltung durch die Bundeszentrale für politische Bildung sowie die Länder Berlin und Hamburg sei für die Entscheidung im vorliegenden Verfahren ohne Bedeutung, weil in den jeweils angewandten Rechtsvorschriften ein Ausschluss der Anerkennung für Studienreisen nicht vorgesehen sei. Im Übrigen gehe der Veranstaltungsträger H. selbst nicht davon aus, dass regelmäßig an 8 Stunden je Veranstaltungstag Unterricht stattfinde. Die von ihm angegebenen Unterrichtszeiten (nach Abzug der Pausen- und Fahrzeiten) lägen regelmäßig bei etwa 6 Stunden. Auch aus diesem Grunde scheide eine Anerkennung der Veranstaltung „Misstraut den Grünanlagen – Von Moses Mendelsohn zum Teufelsberg“ als Bildungsveranstaltung aus. Es liege im Gegensatz zur Auffassung des Antragstellers auch kein Anordnungsgrund vor. Die von ihm begehrte Vorwegnahme der Hauptsache sei nicht geboten, weil es ihm zuzumuten sei, den Ausgang des von ihm bereits eingeleiteten Hauptsacheverfahrens abzuwarten. Die Veranstaltung „Misstraut den Grünanlagen – Von Moses Mendelsohn zum Teufelsberg“ werde offenbar regelmäßig durchgeführt. Auch sei nicht der Anspruch des Antragstellers auf Bildungsurlaub, sondern lediglich die Anerkennungsfähigkeit einer Veranstaltung von seinem Begehren betroffen. Der Anspruch auf Bildungsurlaub sei nicht an eine bestimmte Veranstaltung gebunden. Der Antragsteller müsse seinem Arbeitgeber, der F., keine Teilnahmebescheinigung vorlegen. Er könne für die Veranstaltung auch seinen Erholungsurlaub in Anspruch nehmen.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten im Übrigen wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und des von der Antragsgegnerin vorgelegten Verwaltungsvorganges Bezug genommen.

II.

Der Antrag ist nur zum Teil zulässig.

Der Antrag ist unzulässig, soweit der Antragsteller auch die Verpflichtung des Antragsgegners begehrt, den Ablehnungsbescheid vom 08.05.2018 aufzuheben. Dem Antragsteller fehlt insoweit das Rechtsschutzbedürfnis. Er hat nicht dargelegt, dass er auf diese Regelung angewiesen ist, um sein geltend gemachtes Recht auf Anerkennung der Veranstaltung als Bildungsveranstaltung durchsetzen zu können. Der im Klageverfahren 6 A 3742/18 angefochtene und deshalb nicht bestandskräftige Ablehnungsbescheid vom 08.05.2018 verbietet ihm nicht die Teilnahme an der Veranstaltung „Misstraut den Grünanlagen – Von Moses Mendelsohn zum Teufelsberg“ und schließt es auch nicht aus, den Antragsgegner im Wege des Verfahrens nach § 123 Abs. 1 Satz 2 VwGO zu verpflichten, diese Veranstaltung als Bildungsveranstaltung anzuerkennen.

Der im Übrigen zulässige Antrag ist unbegründet.

Der Antragsteller hat nicht dargelegt und glaubhaft gemacht, dass die Voraussetzungen, unter denen im Verfahren nach § 123 Abs. 1 VwGO unter Vorwegnahme der Hauptsache die Verpflichtung zur Anerkennung einer Veranstaltung als Bildungsveranstaltung ausgesprochen werden kann, vorliegen.

Das Verfahren nach § 123 Abs. 1 VwGO dient nur der vorläufigen Sicherung von Rechtspositionen. Nach § 123 Abs. 1 Satz 2 VwGO - der hier allein in Betracht kommenden Rechtsgrundlage - sind einstweilige Anordnungen zur Regelung eines vorläufigen Zustands in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis zulässig, wenn diese Regelung nötig erscheint, um wesentliche Nachteile abzuwenden. Dementsprechend sind in diesem Verfahren grundsätzlich nur vorläufige Regelungen zulässig (vgl. dazu OVG Greifswald, Beschl. v. 29.01.1993, NVwZ-RR 1994, 334 [OVG Mecklenburg-Vorpommern 29.01.1993 - 2 N 10/93]; VGH Kassel, Beschl. v. 18.02. 1993, NVwZ-RR 1993, 666 [VGH Baden-Württemberg 17.09.1992 - 11 S 1704/92]; VG Hannover, Beschl. v. 13.07.2011 - 13 A 2708/11 - juris; Kopp/Schenke, VwGO, 23. Aufl., § 123 Rn. 13 + 14). Der Antragsteller begehrt mit der Anerkennung der Veranstaltung „Misstraut den Grünanlagen – Von Moses Mendelsohn zum Teufelsberg“ eine endgültige Regelung, weil sich sein Begehren ausdrücklich auf die vom 23.07.2018 – 27.07.2018 geplante Veranstaltung bezieht und eine Anerkennung dieser Veranstaltung als Bildungsveranstaltung sowie eine damit verbundene Teilnahme des Antragstellers an dieser Veranstaltung im Rahmen eines Bildungsurlaubs zumindest faktisch nicht wieder rückgängig gemacht werden kann. Eine im Verfahren nach § 123 Abs. 1 Satz 2 VwGO grundsätzlich unzulässige endgültige Regelung kommt allerdings ausnahmsweise dann in Betracht, wenn effektiver Rechtsschutz im Sinne von Art. 19 Abs. 4 GG nur dadurch gewährt werden kann (BVerwG, Beschl. v. 27.05.2004 - 1 WDS - VR 2/04 - juris; Beschl. v. 13.08.1999 - 2 VR 1/99 - BVerwGE 109, 258; OVG Koblenz, Beschl. v. 13.01.2003 - 6 D 11940/02 - WissR 2003, 168; VG Hannover, Beschl. v. 06.08.2013 - 6 B 5726/13 -; VG Meiningen, Beschl. v. 31.03. 2008, ThürVBl. 2008, 277; Kopp/ Schenke, VwGO, 23. Aufl., § 123 Rn. 14). Davon kann regelmäßig nur dann ausgegangen werden, wenn ein Abwarten der Hauptsacheentscheidung mit unzumutbaren, nicht mehr rückgängig zu machenden Nachteilen verbunden ist und ein hoher Grad an Wahrscheinlichkeit für ein Obsiegen in der Hauptsache spricht (BVerfG, Beschl. v. 24.03.2009 - 2 BvR 2347/08 - juris; Beschl. v. 15.08. 2002, NJW 2002, 3691; Beschl. v. 25.10.1988, BVerfGE 79, 69; BVerwG, Beschl. v. 13.08.1999, BVerwGE 109, 258; Beschl. v. 14.12.1989, Buchholz 310 3 123 VwGO Nr. 15). Daran fehlt es hier.

Der Antragsteller hat bereits nicht dargelegt und glaubhaft gemacht, dass ein Abwarten der Hauptsacheentscheidung für ihn mit unzumutbaren, nicht mehr rückgängig zu machenden Nachteilen verbunden ist (Anordnungsgrund).

Er hat insbesondere nicht dargelegt, weshalb er dringend darauf angewiesen ist, an der Veranstaltung „Misstraut den Grünanlagen – Von Moses Mendelsohn zum Teufelsberg“, die vom 23.07. – 27.07.2018 in Berlin stattfindet, teilzunehmen. Diese Veranstaltung wird bereits nach seinen eigenen Angaben (Seite 2 der Antragsschrift, Bl. 2 GA) in regelmäßigen Abständen vom Träger H. –I. {J.} angeboten. Dass diese Veranstaltung bereits in den Jahren 2016 und 2017 angeboten worden ist, wird durch die vorgelegten Bescheide des Hamburger Instituts für Berufliche Bildung vom 27.04.2016 und der Senatsverwaltung Berlin vom 04.07.2017 hinreichend belegt. Dem Antragsteller ist es deshalb durchaus möglich, zu einem späteren Termin an dieser Veranstaltung teilzunehmen. Er behauptet auch nicht, dass er aus beruflichen Gründen dringend auf eine Teilnahme an der Ende Juli 2018 stattfindenden Veranstaltung angewiesen ist (vgl. zu diesem Gesichtspunkt auch LAG Hamm, Urt. v. 14.07.2003 – 18 Sa 1060703 – juris Rn. 41). Dafür ist auch nichts ersichtlich. Nach den Angaben im Antrag vom 01.03. 2018 ist der Antragsteller als E. bei der F., M., beschäftigt.

Der Antragsteller hat auch nicht näher erläutert, weshalb er dringend darauf angewiesen ist, an der vom 23.07. -27.07.2018 stattfindenden Versammlung im Rahmen eines Bildungsurlaubs teilzunehmen. Nur für die Inanspruchnahme von Bildungsurlaub nach § 2 Abs. 1 und 4 NBildUG vom 25.01.1991 (GVBl. S. 29), zuletzt geändert durch Gesetz vom 17.12.1999 (GVBl. S. 430) kommt es darauf an, ob die Veranstaltung nach § 10 NBildUG als Bildungsveranstaltung anerkannt worden ist. Der Anspruch auf Bildungsurlaub ist nicht an eine bestimmte Veranstaltung gebunden. Er kann vielmehr für jede nach § 10 NBildUG anerkannte Bildungsveranstaltung eingesetzt werden. Der Antragsgegner hat auch bereits mit Schriftsatz vom 20.06.2018 darauf hingewiesen, dass der Antragsteller für die Teilnahme an der Veranstaltung auch Erholungsurlaub in Anspruch nehmen kann. Dazu hat der Antragsteller keine Stellungnahme abgegeben. Er hat insbesondere nicht näher erläutert, weshalb es ihm nicht zuzumuten ist, nach dem Ende der Veranstaltung im Wege der Fortsetzungsfeststellungsklage (§ 113 Abs. 1 Satz 4 VwGO analog) klären zu lassen, ob die Veranstaltung nach §§ 10, 11 NBildUG als Bildungsveranstaltung anzuerkennen war (vgl. im Übrigen dazu auch BAG, Urt. v. 15.03.2005 – 9 AZR 104/04 – juris Rn. 11).

Der Antragsteller hat auch nicht hinreichend dargelegt und glaubhaft gemacht, dass ein hoher Grad an Wahrscheinlichkeit für ein Obsiegen in der Hauptsache spricht (Anordnungsanspruch).

Der Antragsteller ist zwar nach § 1 Abs. 2 DVO – NbildUG vom 26.03.1991 (Nds. GVBl. S. 167), zuletzt geändert durch Verordnung vom 17.04.1997 (Nds. GVBl. S. 111), berechtigt gewesen, einen Antrag auf Anerkennung der Veranstaltung als Bildungsveranstaltung zu stellen, weil die Veranstaltung außerhalb Niedersachsens stattfindet, der Träger der Veranstaltung seinen Sitz nicht in Niedersachsen hat und er – soweit ersichtlich – selbst die Anerkennung auch nicht beantragt hat. Über den Antrag entscheidet nach § 10 Abs. 1 NBildUG und § 1 Abs. 1 e des Vertrages über die Einrichtung einer beim Niedersächsischen Bund für freie Erwachsenenbildung e.V. vom 13.12.2005 (als Anlage zu § 11 Niedersächsisches Erwachsenenbildungsgesetz – NEBG – abgedruckt bei juris) die . Dies ist im vorliegenden Fall nach dem derzeitigen Erkenntnisstand der Kammer ohne erkennbare Rechtsfehler geschehen.

Es spricht nach Auffassung der Kammer derzeit zumindest Überwiegendes dafür, dass die für die Zeit vom 23.07. – 27.07.2018 geplante Veranstaltung „Misstraut den Grünanlagen -– Von Moses Mendelsohn zum Teufelsberg“ nicht nach § 10 NBildUG als Bildungsveranstaltung anerkannt werden darf, weil dem der Versagungsgrund des § 11 Abs. 2 Nr. 7 NBildUG entgegensteht. Danach darf eine Veranstaltung nicht anerkannt werden, wenn sie als Studienreise durchgeführt wird.

Nach Auffassung der Kammer ist eine Studienreise dadurch gekennzeichnet, dass ihr wesentliche Merkmale eines organisierten Lernens fehlen. Zu diesen Merkmalen gehört eine ausreichende Vor- und Nachbereitung des in den einzelnen Veranstaltungen vermittelten Wissens, um einen Wissenserwerb zu sichern. Dass eine Bildungsveranstaltung im Sinne von §§ 10, 11 NBildUG einen organisierten, auf einen gesicherten Wissenserwerb ausgerichteten Lernprozess zur Grundlage haben muss, ergibt sich bereits aus § 1 Abs. 1 Satz 3 NEBG vom 17.12.1999 (Nds. GVBl. S. 340) in der Fassung des Gesetzes vom 23.11.2004 (Nds. GVBl. S. 508). Danach ist die Erwachsenenbildung durch die Fortsetzung oder Wiederaufnahme organisierten Lernens nach einer ersten Bildungsphase gekennzeichnet. Der Bildungsurlaub dient nach § 1 NBildUG der Erwachsenenbildung im Sinne des Niedersächsischen Erwachsenenbildungsgesetzes und hat deshalb ebenfalls den Wissenserwerb durch einen organisierten Lernprozess zum Ziel. Auch das BAG (Urt. v. 15.03.2005 – 9 AZR 194/04 – juris Rn. 41/42) hat darauf hingewiesen, dass der Gesetzgeber mit dem NBildUG bezweckt hat, den Erwerb von Wissen in einem organisierten Lernprozess zu fördern. Es hat auch aus diesem Grunde das NBildUG als mit höherrangigem Recht, insbesondere Art. 12 Abs. 1 GG, vereinbar angesehen (BAG, Urt. v. 15.03.2005 - 9 AZR 104/04 – juris Rn. 29 – 42).

Nach Auffassung der Kammer weist die vorgelegte Programmplanung der Veranstaltung „Misstraut den Grünanlagen -– Von Moses Mendelsohn zum Teufelsberg“ keine ausreichenden Vor- und Nachbereitungszeiten auf, die der Vertiefung und Sicherung des in den einzelnen Veranstaltungen vermittelten Wissens dienen. Der Veranstaltung fehlen deshalb wesentliche Merkmale eines organisierten Lernens. Die Kammer legt dabei die vom Träger der Veranstaltung mit E – Mail vom 08.05.2018 übersandte Programmplanung zugrunde. Dass sich die Programmplanung in der Folgezeit wesentlich geändert hat, hat der Antragsteller weder dargelegt noch glaubhaft gemacht.

Die danach für die Beurteilung der Veranstaltung heranzuziehende Programmplanung weist für den Dienstag (24.7.2018) lediglich einen Zeitraum von 15 Minuten (17.00 – 17.15 Uhr) für die Tagesauswertung/Reflexion aus. Dies ist nach Auffassung der Kammer unzureichend, weil für den 24.07.2018 Veranstaltungen an drei Orten (Volkspark Friedrichshain, Friedhof der Märzgefallenen, Schillerpark) zu unterschiedlichen Themen vorgesehen sind. Eine Einführung in den Themenschwerpunkt des Tages (Die Geschichte der Arbeiterbewegung, die Anfänge der Demokratie & die Volksparkbewegung zu Beginn des 20. Jahrhundert) ist in der Programmplanung nicht vorgesehen.

Auch für Mittwoch, den 25.07.2018, ist eine Einführung in den Themenschwerpunkt des Tages (Bürger/innenbeteiligung – Ideen, Aktivitäten und Trends rund um die Gestaltung & Nutzung von Grünflächen, ungenutzten Flächen & Herausforderungen) in der Programmplanung nicht vorgesehen. Für die zwei Vormittagsveranstaltungen (Vom Baluschek-Park zum Gleisdreieck-Park, Der interkulturelle Garten im Gleisdreieck-Park) ist zwar in der Zeit von 11.30 – 12.30 Uhr eine Reflexionsrunde/Zwischenbilanz vorgesehen. Dies gilt aber nicht für die beiden Nachmittagsveranstaltungen (Der „Grünzug Luisenstädtischer Kanal“, Der „Görli“). Für diese Veranstaltungen fehlt es in der Programmplanung an einer erkennbaren Nachbereitung.

Für den Donnerstag, den 26.07.2018, ist ebenfalls keine Einführung in den Themenschwerpunkt des Tages (Geschichte der Garten- und Landschaftsgestaltung im Wandel gesellschaftlicher Epochen) vorgesehen. Bei den einzelnen Veranstaltungen ist eine Reflexionsphase nicht ausdrücklich vorgesehen. Der für die Tagesauswertung/Reflexion vorgesehene Zeitraum von 15 Minuten (16.45 – 17.00 Uhr) ist für die insgesamt vier, an diesem Tag vorgesehenen Veranstaltungen („Vom ehemaligen Zellengefängnis Moabit zum Geschichtspark“, „Wenn Grünflächen sprechen könnten – Historisches vor dem Reichstagsgebäude“, „Der Große Tiergarten – Geschichte kreuz und quer & strittige Gedenkkultur“, Schlosspark Charlottenburg“) zu unterschiedlichen Themen nicht ausreichend.

Auch für den Abschlusstag, den 27.07.2018 (Freitag), ist eine Einführung in den Themenschwerpunkt des Tages (Umnutzung und Umgestaltung von öffentlichen Räumen im Laufe der Geschichte) nicht vorgesehen. Eine Reflexionsphase ist bei den beiden Veranstaltungen des Vormittages („Der Tiergarten – Geschichte kreuz und quer & Gedenkkultur“, „Vom ehemaligen Zellengefängnis Moabit zum Geschichtspark“) in der Programmplanung nicht ausdrücklich vorgesehen. Im Übrigen deckt sich die letztgenannte Veranstaltung thematisch mit der am 26.07.2018 in der Zeit von 09.00 – 10.00 Uhr geplanten Veranstaltung. Dieses ist bislang nicht näher erläutert worden. Am Nachmittag des 27,07.2018 ist zwar eine Reflexionsrunde/Bilanz der Woche vorgesehen, die mit 2 Stunden (14.00 – 16.00 Uhr) einen ausreichenden Zeitraum umfasst. Diese abschließende Reflexionsrunde kann aber nach Auffassung der Kammer nicht die fehlende Einführung in das jeweilige Tagesthema und eine ausreichende Nachbearbeitung der vielen Veranstaltungen mit unterschiedlichen Themenschwerpunkten ersetzen. Für eine abweichende Beurteilung der Sachlage hätte es eingehender Darlegungen bedurft, die weder auf die im Schreiben des Antragsgegners vom 16.04.2018 noch im gerichtlichen Verfahren erfolgt sind.

Die Kammer ist deshalb nach dem derzeitigen Erkenntnisstand der Auffassung, dass die Veranstaltung „Misstraut den Grünanlagen -– Von Moses Mendelsohn zum Teufelsberg“ nicht nach §§ 10, 11 NBildUG als Bildungsveranstaltung anerkannt werden kann, weil dem der Versagungsgrund des § 11 Abs. 2 Nr. 7 NBildUG entgegensteht. Ob der Anerkennung weitere Versagungsgründe entgegenstehen, bedarf deshalb keiner Entscheidung. Der Antragsgegner hat insoweit insbesondere geltend gemacht, dass die Veranstaltung nicht den in § 2 Abs. 1 Nr. 4 DVO-NBildUG vorgeschriebenen Mindestumfang erfüllt. Danach muss eine Bildungsveranstaltung einen Mindestarbeitsumfang von in der Regel acht Unterrichtsstunden täglich, je vier Unterrichtsstunden am An- und Abreisetag haben. Der Verordnungsgeber stellt dabei ausdrücklich auf Unterrichts- und nicht auf Zeitstunden ab, so dass die übliche Zeitdauer von Unterrichtsstunden (45 Minuten) der Berechnung zugrunde zu legen ist. Dementsprechend ist bereits mit 6 Zeitstunden Unterricht der Mindestarbeitsumfang einer Bildungsveranstaltung erfüllt. Die Veranstaltung „Misstraut den Grünanlagen -– Von Moses Mendelsohn zum Teufelsberg“ dürfte diesen zeitlichen Vorgaben genügen.

Der Antragsteller kann sich gegenüber dem von der Kammer gefundenen Ergebnis nicht mit Erfolg darauf berufen, dass die Bundeszentrale für politische Bildung (Bescheid vom 26.04.2018), die Senatsverwaltung für Integration, Arbeit und Soziales Berlin (Bescheide vom 12.04.2018 und vom 04.07.2017) und das Hamburger Institut für Berufliche Bildung (Bescheid vom 27. 04.2016) die Veranstaltung „Misstraut den Grünanlagen -– Von Moses Mendelsohn zum Teufelsberg“ als förderungswürdig bzw. als Bildungsveranstaltung anerkannt haben. Der Antragsgegner ist weder nach dem NBildUG noch nach der DVO-NBildUG an diese Entscheidungen gebunden, bei denen auch nicht die Vorschriften dieser Rechtsnormen angewandt worden sind. Der Antragsteller kann sich auch nicht mit Erfolg darauf berufen, dass der Antragsgegner die ebenfalls von H. –I. {J.} angebotene Veranstaltung „Kunst und Politik – Von der Ästhetisierung des Politischen und der Radikalisierung des Ästhetischen“ als Bildungsveranstaltung nach § 10 Abs. 1 NBildUG anerkannt hat. Die Anerkennung einer Veranstaltung als Bildungsveranstaltung beruht auf einer einzelfallbezogenen Prüfung der in § 11 NBildUG bezeichneten Anerkennungsvoraussetzungen. Die Veranstaltung „Misstraut den Grünanlagen -– Von Moses Mendelsohn zum Teufelsberg“ ist auch nicht mit der Veranstaltung „Kunst und Politik – Von der Ästhetisierung des Politischen und der Radikalisierung des Ästhetischen“ inhaltlich vergleichbar. Zudem ist bei dieser Veranstaltung am Ende eines jeden Veranstaltungstages eine Reflexionsphase vorgesehen, deren Dauer mit 30 – 60 Minuten deutlich länger ist als die Dauer der – soweit überhaupt geplant - für die Veranstaltung „Misstraut den Grünanlagen -– Von Moses Mendelsohn zum Teufelsberg“ zum Tagesabschluss vorgesehenen Reflexionsphasen.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO.

Die Streitwertfestsetzung beruht auf den §§ 63 Abs. 2 Satz 1 und 53 Abs. 2 Nr. 1, 52 Abs. 2 GKG. Der gesetzliche Auffangwert von 5.000,00 € (§ 52 Abs. 2 GKG) für die Anerkennung einer Veranstaltung als Bildungsveranstaltung ist nicht weiter zu reduzieren, weil die begehrte einstweilige Anordnung schon aus zeitlichen Gründen die Entscheidung in einem Hauptsacheverfahren vorweggenommen hätte. Das Begehren des Antragstellers hat sich auf eine vom 23.07.2018 – 27.07.07.2018 stattfindende Veranstaltung bezogen.