Verwaltungsgericht Hannover
Urt. v. 04.02.2019, Az.: 1 A 7816/16

Außenrechtsverhältnis; Mitgliederversammlung; Organteil; Realverband; Windenergie

Bibliographie

Gericht
VG Hannover
Datum
04.02.2019
Aktenzeichen
1 A 7816/16
Entscheidungsform
Urteil
Referenz
WKRS 2019, 69634
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
[keine Angabe]

Amtlicher Leitsatz

Leitsatz

1. Ein Realverbandsmitglied kann mit einer gegen den Realverband gerichteten Klage weder eine Kontrolle der objektiven Rechtmäßigkeit von Beschlüssen der Mitgliederversammlung verlangen noch erfolgreich eine Verletzung von Organteilrechten beim Zustandekommen der Beschlüsse rügen.
2. Die Bestimmung des § 3 RealVerbG, wonach die gemeinschaftlichen Angelegenheiten und das sonstige Vermögen im Einklang mit den Interessen der Allgemeinheit zum Nutzen der Mitglieder zu verwalten sind, lässt eine Fortentwicklung des bisherigen Aufgabenbestandes eines Realverbandes durch Beschluss der Mitgliederversammlung zu.

Tenor:

Die Klage wird abgewiesen.

Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens.

Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Kläger darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht der Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des zu vollstreckenden Betrags leistet.

Tatbestand:

Der Kläger begehrt die Feststellung der Nichtigkeit von zwei Beschlüssen der Mitgliederversammlung des beklagten Realverbandes, die den Vertragsschluss mit einem Betreiber von Windenergieanlagen zur Wege- und Flächennutzung betreffen.

Seit mehreren Jahren ist die Errichtung eines "Windkraft-Testfeldes" auf bislang landwirtschaftlich genutzten Flächen in den G. Ortsteilen H. und I. und damit u. a. im Verbandsgebiet des Beklagten in der Diskussion. Das am 10. August 2017 in Kraft getretene Regionale Raumordnungsprogramm 2016 sieht für den Bereich zwischen dem "J. " im Norden, der Gemarkungsgrenze zwischen H. und K. im Osten, der Ortslage H. im Süden und der Regionsstraße L. im Westen eine Vorrangfläche für die Windenergienutzung vor. Die M. als Betreiberin beabsichtigt neben der Stromproduktion die Erprobung neuer Technologien bei Anlagen- und Speichertechnik. Der Rat der Stadt N. passte seine Flächennutzungsplanung an das Regionale Raumordnungsprogramm an und beschloss in seiner Sitzung am 2. November 2017 die Aufstellung des Bebauungsplans Nr. 160 "J. " in den Gemarkungen I. und H. der Stadt N., um u. a. die Standorte der Windenergieanlagen abschließend zu regeln. Der Kläger ist Eigentümer von im Verbandsgebiet des Beklagten gelegenen Flächen und damit dessen Mitglied; seine Flächen liegen indessen nicht innerhalb des Gebietes, in dem die Errichtung von Windkraftanlagen beabsichtigt ist.

Zur Verwirklichung des Windkraft-Testfeldes will die Betreiberin das Wegenetz des Beklagten nutzen und nahm deshalb mit diesem Vertragsverhandlungen über getrennte Verträge zur Wege- und Flächennutzung auf. Die Wege- und Flächensituation war bereits am 7. Februar 2014 Gegenstand einer Mitgliederversammlung des Beklagten. Die Betreiberin stellte dort Vertragsentwürfe vor. Der Kläger, der auch als Rechtsanwalt tätig ist, erklärte sich bereit, vertragliche Einzelheiten mit der Rechtsvertretung der Betreiberin auszuhandeln; eine konkrete Beschlussfassung erfolgte nicht. In der Folgezeit wurden einzelne Regelungen der Vertragsentwürfe ohne Mitwirkung des Klägers überarbeitet. In einer Mitgliederversammlung vom 20. September 2016 waren erneut die Vertragsentwürfe zur Wege- und Flächennutzung Gegenstand der Beratungen. Der Kläger rügte, dass die Verträge nicht in einer regulären Jahreshauptversammlung behandelt würden, sondern in einer außerordentlichen Versammlung. Zudem beantragte er, bei der Versammlung keine Gäste zuzulassen. Es wurde deshalb mehrheitlich beschlossen, die Versammlung bei der Vorstellung des Projekts durch die Mitarbeiter der Betreiberin zu unterbrechen. Die Versammlung wurde deshalb zweimal unterbrochen, einmal zur Vorstellung des Wegenutzungsvertrages und ein zweites Mal zur Vorstellung des Flächennutzungsvertrages durch Mitarbeiter der Betreiberin. Jeweils anschließend wurde die Versammlung wiedereröffnet und beschlossen, dass die Verträge unter Bedingungen durch den Vorstand unterzeichnet bzw. abgeschlossen werden könnten.

Der Kläger hat am 23. Dezember 2016 Klage erhoben. Die Beschlüsse seien formell rechtswidrig. Ein Eilbedürfnis für die Durchführung einer außerordentlichen Mitgliederversammlung sei nicht ersichtlich. Nach der Einigung in der Mitgliederversammlung aus 2014 sei der Beklagte auf den Kläger zwecks Aushandlung der Vertragseinzelheiten nicht zugegangen. Die Korrespondenz in der Vertragsangelegenheit sei mehr als schleppend gewesen. Der sich aus den Verwaltungsvorgängen ergebende Schriftverkehr zwischen dem Beklagten und der Betreiberin habe sich in 2016 über zwei Monate erstreckt. Die Einladung zur Mitgliederversammlung sei wiederum zweieinhalb Monate später erfolgt. Dass die Stadt N. um eine Positionierung des Beklagten gebeten habe, werde mit Nichtwissen bestritten. Es sei bei der Mitgliederversammlung gegen den Grundsatz der Nichtöffentlichkeit verstoßen worden. Trotz des Widerspruchs des Klägers sei die Mitgliederversammlung unter weiterer Anwesenheit der Vertreter der Betreiberin fortgesetzt worden. Eine Mitarbeiterin der Betreiberin habe das Protokoll geführt. Lediglich bei den Beschlüssen hätten die Gäste die Versammlung verlassen. Dem Protokoll seien die Anwesenheitszeiten der Mitarbeiter nicht im Einzelnen zu entnehmen. Über den Abschluss des Wegenutzungsvertrages hätte der Vorstand nicht selbst verhandeln dürfen, weil die Vorstandsmitglieder als Grundstückseigentümer selbst von dem Windparkgebiet betroffen seien und deshalb eine Interessenkollision bestanden habe. Da es um eine Erschließung auf den Grundstücken von Mitgliedern und damit um abgeleitete Mitgliedschaftsrechte ginge, seien auch diese von der Abstimmung ausgeschlossen gewesen, so dass eine wirksame Zustimmung nicht zustande gekommen sei. Es sei dem Protokoll nicht zu entnehmen, mit welchen Stimmenmehrheiten abgestimmt worden sei. Der Abschluss des Wegenutzungsvertrages verstoße im Übrigen gegen materielles Recht. Die Projektbetreiberin habe im Rahmen der Mitgliederversammlung vom 7. Februar 2014 über den Umstand des eingeleiteten Insolvenzverfahrens getäuscht. Eine Insolvenzgefahr sei verneint worden, obgleich die Mitarbeiter bereits in den frühen Morgenstunden über den Insolvenzantrag informiert worden seien. Da nach der Vorstellung der Projektbetreiberin die bisherige Wegeinfrastruktur nicht ausreiche, sondern ein Ausbau erforderlich sei, liege kein Fall der Sondernutzung vor. Es sei ein wesentlicher Eingriff in das Wege- und Gewässernetz erforderlich, welches als Ergebnis der Flurbereinigung verbindlich festgelegt worden sei und durch die Teilnehmer der Flurbereinigung finanziert werde. Durch die wesentliche Veränderung entstehe kein Nutzen für die Mitglieder, sondern es sei von zusätzlichem Unterhaltungsaufwand für unnötige Wegebestandteile auszugehen. Es handele sich um eine substanzschädigende und nicht zustimmungsfähige Nutzung des Verbandsvermögens. Jedenfalls wäre die Zustimmung aller Mitglieder erforderlich. Es lägen Ermessensfehler vor. Der Vertrag regele, dass 5.000,00 EUR zweckgebunden für die Dorfgemeinschaft I. einzusetzen seien. Die Verwendung von Mitteln an Dritte sei mit dem Realverbandsgesetz nicht vereinbar. Zweck des Realverbandes sei es nicht, sich für die Dorfgemeinschaft einzusetzen. Es werde zudem gegen das für öffentlich-rechtliche Verträge geltende Kopplungsverbot verstoßen. Ein öffentlich-rechtlicher Vertrag, in dem sich der Beklagte als Behörde eine unzulässige Gegenleistung versprechen lasse, sei nichtig. Darüber hinaus sei es ein unzulässiger Zweck, dass die Wege des Beklagten auch für die Erschließung von Windkraftanlagen in der Nachbargemarkung genutzt würden.

Der Kläger beantragt,

festzustellen, dass die Beschlüsse des Beklagten vom 20. September 2016 unter Tagesordnungspunkt 2. über die Wegenutzung und Flächennutzung für den Windinnovationspark Testfeld N. -O. nichtig sind.

Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Der wichtige Grund für die Einberufung der außerordentlichen Mitgliederversammlung folge daraus, dass es nicht um einen gewöhnlichen Geschäftsvorgang gehe und eine abschlussreife Vertragsfassung vorgelegen habe. Bis zur nächsten ordentlichen Mitgliederversammlung wäre ein halbes Jahr vergangen; die Betreiberin habe Planungssicherheit erlangen wollen und auch die Stadt N. habe um Positionierung des Beklagten gebeten. Die Darstellung des Klägers zu einem Verstoß gegen den Grundsatz der Nichtöffentlichkeit sei unzutreffend. Nachdem der Kläger diesen Punkt angesprochen habe, sei die Versammlung ohne Anwesenheit der Vertreter der Betreiberin weitergeführt worden. Bei der im Rahmen einer Versammlungsunterbrechung erfolgten Vorstellung des Projektes und zu den einzelnen Fragen der Mitglieder habe sich die Mitarbeiterin der Betreiberin Notizen gemacht. Sie sei aber weder ständig anwesend gewesen noch habe sie das Versammlungsprotokoll geführt. Entgegen der Auffassung des Klägers seien weder die Vorstandsmitglieder noch einzelne Mitglieder des Beklagten bei der Abstimmung ausgeschlossen gewesen. Der Stimmrechtsausschluss greife nur, wenn ein Mitglied direkt am Vertragsschluss bei der Verfügung über Grundstücke und dingliche Rechte sowie der Verpflichtung zu solchen Verfügungen beteiligt sei. Bei den jährlich zu entscheidenden Fragen seien stets manche Mitglieder mehr und andere weniger betroffen. Wenn dies zu einem Ausschluss führte, wäre der Beklagte handlungsunfähig. Die Betreiberin mache nicht abgeleitete Mitgliedschaftsrechte hinsichtlich einer Sondernutzung geltend; es gehe vielmehr um die Gestattung der Nutzung von Wegen durch den Beklagten als Wegeeigentümer. Angesichts des hohen jährlichen Nutzungsentgelts von 0,80 EUR/qm sei es für den Beklagten ein sehr lukratives Geschäft. Von diesem Betrag könne die Unterhaltung der Wege ohne Probleme bewerkstelligt werden. Ein Ausbau werde vollständig auf Kosten der Betreiberin durchgeführt und die Mitglieder des Beklagten dürften die neu ausgebauten Wege ebenfalls nutzen. Beschädigungen müsse die Betreiberin ausbessern. Möglicherweise könnten die Mitglieder teilweise von Beiträgen befreit werden. Auch der Flächennutzungsvertrag sei für den Beklagten ein wirtschaftlich vorteilhaftes Geschäft. Daran ändere sich auch nichts dadurch, dass Mitglieder des Beklagten, die Eigentumsflächen im Projektbereich haben, einen ähnlichen Nutzungsvertrag abgeschlossen hätten. Es sei kein schützenswertes Interesse, dass der Kläger, der keine Flächen im Projektgebiet habe, Vorteile dieser Mitglieder und des Beklagten selbst verhindern wolle. Dass im Jahre 2014 Mitarbeiter der Betreiberin über die Beantragung der Insolvenz getäuscht hätten, sei nicht sicher. Für das Geschehen im Jahr 2016 sei dies zudem irrelevant. Warum die Zustimmung aller Mitglieder erforderlich sein solle, erläutere der Kläger nicht. Die im Wegenutzungsvertrag vorgesehene Zahlung von jährlich 5.000,00 EUR zur Pflege und Förderung der Dorfgemeinschaft I. könne allenfalls zur Teilnichtigkeit des Vertrages führen, nicht aber zur Unwirksamkeit und Anfechtbarkeit des Beschlusses. Auch könne der Passus bei Annahme einer Teilnichtigkeit auch gestrichen werden. Angesichts der Höhe des Nutzungsentgeltes sei es auch angemessen, dass Windkraftanlagen des von der Betreiberin einheitlich geplanten Windenergiegebietes in der Gemarkung H. erschlossen würden.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhaltes wird auf den Inhalt der Gerichtsakte sowie der beigezogenen Verwaltungsvorgänge des Beklagten Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

Die Klage hat keinen Erfolg. Sie ist zulässig, aber in der Sache nicht begründet.

1.

Der Verwaltungsrechtsweg nach § 40 VwGO ist gegeben, weil es sich bei der Klage um eine öffentlich-rechtliche Streitigkeit nichtverfassungsrechtlicher Art handelt. Der Realverband ist eine Körperschaft des öffentlichen Rechts (§ 2 Abs. 1 Satz 1 RealVerbG). Das Rechtsverhältnis zwischen einem Realverband und seinen Mitgliedern ist (abschließend) öffentlich-rechtlich geregelt (vgl. Nds. OVG, Beschl. v. 22.09.2008 - 10 LA 178/07 -, juris Rn. 14). Als Eigentümer eines Grundstücks im Verbandsgebiet ist der Kläger gemäß § 6 Abs. 2 Nr. 3 RealVerbG Inhaber eines Verbandsanteils und damit gemäß § 6 Abs. 1 RealVerbG Mitglied des Beklagten.

2.

Der Beklagte als solcher in seiner Eigenschaft als Körperschaft des öffentlichen Rechts (§ 2 Abs. 1 RealVerbG) ist zwar für das Feststellungsbegehren passivlegitimiert, allerdings nach Auffassung der Kammer mit der Folge einer erheblichen Begrenzung des Prüfungsumfangs. Ein Realverbandsmitglied kann mit einer gegen den Realverband gerichteten Klage weder eine Kontrolle der objektiven Rechtmäßigkeit von Beschlüssen der Mitgliederversammlung verlangen noch erfolgreich eine Verletzung von Organteilrechten beim Zustandekommen der Beschlüsse rügen. Im Rahmen des begrenzten Prüfungsumfangs spielen die "formellen" Rügen des Klägers hinsichtlich des Zustandekommens der Beschlüsse schon im Ansatz keine Rolle. Selbst bei anderer Sichtweise zum Prüfungsumfang würden sie allerdings nicht die Nichtigkeit der Beschlüsse zur Folge haben. Schließlich greifen auch die "materiellen" Rügen des Klägers nicht durch. Im Einzelnen:

a) Der Kläger hat auf Nachfrage des Gerichts, ob es ihm bei seiner Klage um eine Verletzung seiner Rechte als Organteil der Mitgliederversammlung oder um eine Betroffenheit im "Außenrechtsverhältnis" oder um beide Aspekte geht, zwar mitgeteilt, dass Letzteres der Fall sei. Obwohl sich der Großteil der Rügen des Klägers auf die Abläufe vor und während der Mitgliederversammlung und das Zustandekommen der Beschlüsse bezieht, hat er weitergehende prozessuale Konsequenzen nicht gezogen. Nach Auffassung der Kammer wäre indessen bei einer Rüge der Verletzung von Rechten als Organteil der Mitgliederversammlung - wie bei einem Kommunalverfassungsstreit - ein entsprechendes Feststellungsbegehren gegen die Mitgliederversammlung als Organ des Realverbandes (§ 18 RealVerbG) zu richten. Im Kommunalverfassungsstreit kann eine aus solchen Rügen abgeleitete Rechtswidrigkeit und Unwirksamkeit eines von der Vertretung gefassten Beschlusses zum Gegenstand eines gegen die Vertretung gerichteten Feststellungsbegehrens gemacht werden; der Prüfungsumfang ist in einer solchen Situation auf die Verletzung spezifischer Rechte, die gerade oder zumindest auch dem klagenden Organ oder Organteil zustehen, beschränkt. Eine objektive Rechtmäßigkeitskontrolle von Sachbeschlüssen scheidet hingegen aus (vgl. etwa Urt. d. Kammer v. 04.08.2016 - 1 A 675/16 -, juris Rn. 17). Auf eine Betroffenheit des Mitglieds der Vertretung im "Außenrechtsverhältnis" kann es bei einer solchen Klage konsequenterweise nicht ankommen. Wird hingegen (lediglich) eine Betroffenheit im "Außenrechtsverhältnis" geltend gemacht, hat dies ebenfalls Konsequenzen für den gerichtlichen Prüfungsumfang; es stehen dann nicht sämtliche Organteilrechte im Zusammenhang mit der Vorbereitung und Durchführung einer Gremienbefassung auf dem Prüfstand, sondern allenfalls die Frage, ob ein Gremium überhaupt beteiligt worden ist (vgl. zum "Durchschlagen" der fehlerhaften Nichtbeteiligung eines kommunalen Gremiums als Verfahrensfehler: Nds. OVG, Beschl. v. 31.01.2013 - 7 LA 160/11 -, juris Rn. 9). Die Situation eines einzelnen Realverbandsmitglieds ist keine andere als beispielsweise diejenige eines von einem Beschluss persönlich betroffenen Ratsmitglieds einer Gemeinde, das entweder eine Klage gegen einen auf den Beschluss folgenden Umsetzungsakt oder eine Kommunalverfassungsklage - mit jeweils unterschiedlichem Prüfungsumfang - oder aber beides erheben könnte. Auch ein Realverbandsmitglied, das zugleich stets der Mitgliederversammlung und damit dem maßgeblichen Entscheidungsgremium angehört, muss eine entsprechende Entscheidung treffen, wenn es sich gegen eine Maßnahme des Realverbandes wehren will (vgl. dazu bereits Urt. d. Kammer v. 22. August 2017 - 1 A 3525/15 -, juris Rn. 27). Eine solche Entscheidung schließt nach Auffassung der Kammer die Wahl des richtigen Klagegegners ein. Ein struktureller Unterschied zwischen dem Kommunalverfassungsrecht und dem Realverbandsrecht ist auch insoweit nicht erkennbar. Die Mitgliederversammlung als Organ und der Realverband als juristische Person sind nicht rechtlich identisch. Da es der Kläger trotz Hinweises auf die zitierte Rechtsprechung der Kammer bei der ursprünglich begehrten Nichtigkeitsfeststellung gegenüber dem Realverband als solchem belassen hat, scheiden bei der gerichtlichen Überprüfung deshalb Rügen aus, die sich (nur) auf die ordnungsgemäße Vorbereitung und Durchführung der Mitgliederversammlung beziehen. Eine allgemeine Rechtmäßigkeitskontrolle von Beschlüssen findet ebenfalls nicht statt, sondern ist Aufgabe der Realverbandsaufsicht (§ 34 RealVerbG). Mit den "formellen" Rügen zum fehlenden Eilbedürfnis für die Durchführung einer außerordentlichen Mitgliederversammlung, zum Verstoß gegen den Grundsatz der Nichtöffentlichkeit sowie auch zum Ausschluss der Vorstandsmitglieder und einzelner Mitglieder bei der Abstimmung kann der Kläger deshalb im vorliegenden Klageverfahren nicht gehört werden.

b) Selbst die Zugrundelegung der Sichtweise, dass aus der Stellung des Klägers als Organteil der Mitgliederversammlung resultierende Rechte auch gegenüber dem Beklagten geltend gemacht werden können, würde indessen der Klage nicht zum Erfolg verhelfen können. Aus - selbständig tragender - Sicht der Kammer greifen die genannten Rügen zur formellen Rechtmäßigkeit der Beschlüsse nicht durch. Ist bei einem Kommunalverfassungsstreit das Klageziel nicht nur auf eine Feststellung der Verletzung einer eigenen Rechtsposition des Klägers, sondern (zusätzlich) auf die Feststellung der Rechtswidrigkeit und Unwirksamkeit eines Beschlusses der Vertretung gerichtet, ist für einen Klageerfolg erforderlich, dass gerade das verletzte subjektive Organteilrecht auch auf den Beschluss "durchschlägt". Bei Verfahrensvorschriften ist dies nur dann der Fall, wenn es sich um eine wesentliche Verfahrensvorschrift handelt (vgl. dazu Urteile d. Kammer v. 04.08.2016 - 1 A 675/16 -, juris Rn. 17 und v. 23.06.2016 - 1 A 4130/15 -, juris Rn. 30). Im Realverbandsrecht kann nichts anderes gelten.

aa) Die Rüge, es habe mangels Eilbedürfnis an sich gar kein wichtiger Grund für die Durchführung der Mitgliederversammlung am 20. September 2016 bestanden, führt nicht zur Rechtswidrigkeit der letztlich gefassten Beschlüsse. § 22 Abs. 2 Satz 1 RealVerbG regelt, dass der Vorstand die Mitgliederversammlung in jedem Kalenderjahr mindestens einmal einberufen soll. Liegen wichtige Gründe vor, so ist nach Satz 2 der Bestimmung eine außerordentliche Versammlung einzuberufen. § 22 Abs. 3 RealVerbG bestimmt, dass für den Fall, dass die Einberufung der jährlichen oder trotz Vorliegens eines wichtigen Grundes die Einberufung einer außerordentlichen Versammlung unterbleibt, jedes Mitglied von der Aufsichtsbehörde verlangen kann, dass diese die Versammlung einberuft. Aus diesem Normengefüge ergibt sich nicht, dass eine Einberufung außerhalb des Jahresturnus nicht möglich wäre. Die gesetzlichen Bestimmungen regeln vielmehr ersichtlich Mindestanforderungen, die gewährleisten sollen, dass das Hauptentscheidungsgremium des Verbandes hinreichend mit den Verbandsangelegenheiten befasst wird und dass dies auch durch einzelne Mitglieder durchgesetzt werden kann. Eine häufigere als eine nur einmal jährliche oder eine außerhalb des üblichen Turnus liegende Einberufung durch den Vorstand ist dadurch aber nicht etwa gesetzlich gesperrt. Dementsprechend trifft § 10 Satz 1 der Satzung des Beklagten auch lediglich die Regelung, dass die Mitgliederversammlung durch den ersten Vorsitzenden einzuberufen und zu leiten ist. Dies schließt eine Einberufung nach den Erfordernissen der Geschäftslage nicht aus, auch wenn dies in der Satzung der Beklagten nur für die Sitzungen des Vorstands ausdrücklich so geregelt ist (§ 7 Abs. 1 Satz 1). Selbst bei einer anderen Sichtweise würde der Umstand einer "überobligatorisch" abgehaltenen Mitgliederversammlung keineswegs auf die dort gefassten Beschlüsse durchschlagen können, sofern die Versammlung nicht nach § 24 RealVerbG (§ 12 der Satzung des Beklagten) beschlussunfähig ist. Ein einzelnes Mitglied hat m. a. W. keinen Anspruch auf Unterbleiben einer Mitgliederversammlung.

bb) Soweit der Kläger einen Verstoß gegen den von ihm postulierten Grundsatz der Nichtöffentlichkeit infolge zeitweiliger Anwesenheit von Mitarbeitern der Betreiberin - die das Projekt und die Verträge vorstellen wollten - rügt, liegt dieser mit der Folge einer Nichtigkeit der Beschlüsse nicht vor. § 23 Abs. 1 Satz 1 RealVerbG sieht vor, dass zur Teilnahme an der Mitgliederversammlung die Mitglieder oder ihre gesetzlichen Vertreter berechtigt sind. Daraus wird abgeleitet, dass die Mitgliederversammlung nicht öffentlich ist und für den Fall, dass Nichtmitglieder die Versammlung informieren sollen, dies in einer vorgeschalteten Veranstaltung geschehen muss (Thomas/Tesmer, Niedersächsisches Realverbandsgesetz, 10. Aufl., § 23 Erl. 1). Die Kammer teilt die Auffassung, dass eine förmliche Trennung von eigentlicher Versammlung und Informationsveranstaltung stets erforderlich ist, nicht. Ersichtlicher Zweck der Nichtöffentlichkeit ist es, dass die Mitglieder unbeobachtet ohne äußere Einflussnahme beraten und abstimmen können; dies schließt es jedoch nicht aus, dass ein Dritter angehört wird, wenn dies für sachdienlich erachtet wird (vgl. zur Parallele der Sitzung eines kommunalen Hauptausschusses: Thiele, Niedersächsisches Kommunalverfassungsgesetz, 2. Aufl. § 78 Rn. 4). Der Zweck kann auch gewahrt werden, wenn keine getrennten Veranstaltungen durchgeführt werden. Dies wäre vielmehr bloße Förmelei. Jedenfalls dem Zweck der Nichtöffentlichkeit ist nach den sich aus dem Protokoll ergebenden Abläufen hinreichend Rechnung getragen worden, da die Sitzung für die Information durch die Betreiberin über die Verträge sogar unterbrochen wurde. Eine Nichtigkeit der gefassten Beschlüsse ergäbe sich aber selbst bei nicht hinreichender Beachtung der Abgrenzung von Informationsveranstaltung für die Mitgliederversammlung einerseits und der Mitgliederversammlung andererseits nicht. Es läge nach Auffassung der Kammer kein Verstoß gegen eine wesentliche Verfahrensvorschrift vor, welche auf die gefassten Beschlüsse durchschlagen könnte. Die aus dem Grundsatz der Nichtöffentlichkeit geforderte Trennung von Versammlung und Informationsveranstaltung hat ordnenden Charakter. Hält sich die Versammlung - infolge mehrheitlicher Entscheidung - selbst nicht daran, vermag dies gefasste Beschlüsse nicht ohne weiteres zu entwerten. Für die Meinungsbildung und das Abstimmungsverhalten dürfte es vorliegend ohnehin keinen großen Unterschied ausgemacht haben, in welchem "Veranstaltungsteil" den Mitgliedern die maßgeblichen tatsächlichen und rechtlichen Zusammenhänge für die anstehende Beschlussfassung als Entscheidungsgrundlage vermittelt wurden.

cc) Die Auffassung des Klägers, die Vorstandsmitglieder und die Mitglieder von Flächen im Projektgebiet hätten einem Abstimmungsverbot unterlegen, trifft nicht zu. Ein Abstimmungsverbot ergibt sich nicht aus § 23 Abs. 5 RealVerbG. In Betracht zu ziehen ist insoweit allein, dass bei Beschlüssen nach § 22 Abs. 1 Nr. 7 RealVerbG - also bei der Verfügung über Grundstücke und dingliche Rechte sowie der Verpflichtung zu solchen Verfügungen - das am Vertragsschluss beteiligte Mitglied nicht abstimmen darf. Weder bei dem Wegenutzungsvertrag noch bei dem Flächennutzungsvertrag stehen solche Verfügungen in Rede. Es mangelt schon an einzelnen "am Vertragsschluss beteiligten Mitgliedern" auf Seiten des Beklagten, da Vertragspartner der Verträge die Betreiberin und der Beklagte selbst sind. Unmittelbarer Gegenstand der Verträge ist auch nicht etwa die Überlassung von Flächen einzelner Landwirte an die Betreiberin, sondern es geht ausschließlich um das Verbandsvermögen des Beklagten. Dieser hat zudem zu Recht darauf hingewiesen, dass der Stimmrechtsausschluss eng zu verstehen ist. In der Begründung des Gesetzentwurfs zur Einfügung des § 23 Abs. 5 RealVerbG (LT-Drs.16/4681, S. 12) heißt es insoweit:

"Betroffen sind die typischen Beschlüsse, bei denen sich die betroffenen Mitglieder durch ihr Stimmverhalten persönliche Vorteile verschaffen könnten, die im Gegensatz zu möglichen Verbandsinteressen insgesamt stehen könnten. Die Regelung stellt einen Eingriff in die grundsätzlich jedem Mitglied zustehenden Rechte dar, was wiederum die Legitimation des Organs der Mitgliederversammlung berührt. Deshalb wurden die Beschlussarten bewusst auf die aufgeführten Beschlussarten, in denen weitestgehend evidente Möglichkeiten der Interessenkollision vorliegen, beschränkt."

Dies schließt es nach Auffassung der Kammer zugleich aus, in der vorliegenden Konstellation ein Abstimmungsverbot für die Mitglieder, auf deren Flächen Windkraftanlagen errichtet werden sollen, aus der allgemeinen Regelung in § 1 Abs. 1 Nds. VwVfG i. V. m. § 20 Abs. 1 VwVfG abzuleiten.

dd) Dass die im Protokoll bei der Abstimmung nicht festgehaltenen Stimmrechtsanteile Auswirkungen auf das Abstimmungsergebnis hatten, behauptet schon der Kläger selbst nicht. Dass die Beschlüsse (auch) mit der Mehrheit der Stimmrechtsanteile nach § 25 Abs. 1 RealVerbG gefasst wurden, hat der Beklagte in der mündlichen Verhandlung nochmals unwidersprochen dargestellt. Das Abstimmungsergebnis ist in Anbetracht dessen im Protokoll zwar unvollständig dokumentiert, das Abstimmungsquorum nach § 25 Abs. 1 RealVerbG ist aber gleichwohl zustande gekommen.

c) Auch die "materiellen" Rügen des Klägers vermögen seinem Feststellungsbegehren nicht zum Erfolg zu verhelfen. Die insoweit offensichtlich behauptete "Außenrechtsbetroffenheit" des Klägers hat keine umfassende Kontrolle der objektiven Rechtmäßigkeit der Beschlüsse der Mitgliederversammlung zur Folge. Das Verwaltungsgericht hat gegenüber dem Beklagten keine aufsichtsbehördlichen Funktionen. Es kann auch keine vollständige Vertragsinhaltskontrolle der Verträge erfolgen, die infolge der Beschlüsse in der Zukunft erst noch geschlossen werden sollen. Die begehrte Feststellung setzt vielmehr eine eigene Rechtsbetroffenheit des Klägers gerade durch die streitgegenständlichen Beschlüsse der Mitgliedersammlung vom 20. September 2016 voraus.

aa) An dieser fehlt es zunächst ersichtlich, soweit der Kläger thematisiert, dass in der Mitgliederversammlung vom 7. Februar 2014 ein Insolvenzantrag der Betreiberin verschwiegen worden sei. Zudem fehlt es an einem sachlichen Zusammenhang mit den Beschlüssen vom 20. September 2016.

bb) An der Betroffenheit des Klägers in eigenen Rechten fehlt es auch, soweit er geltend macht, dass in Anbetracht des für öffentlich-rechtliche Verträge geltenden Kopplungsverbotes (§§ 56 Abs. 1, 59 Abs. 2 Nr. 4 VwVfG) die anvisierte vertragliche Regelung im Wegenutzungsvertrag rechtsfehlerhaft sei, durch welche sich die Betreiberin verpflichtet, neben den spezifischen Nutzungs- und Instandhaltungsentgelten 5.000,00 EUR jährlich zum Zweck der Pflege und Förderung der Dorfgemeinschaft I. zu erbringen. Es ist zum einen nicht ersichtlich, dass die vom Kläger in den Raum gestellten "zivilrechtlichen, verwaltungsrechtlichen und strafrechtlichen Folgen" gerade ihn selbst betreffen würden. Die Hoffnung, dass die 5.000,00 EUR jährlich ohne die im Vertrag vorgesehene Regelung dem Beklagten selbst zufließen würden, stellt keine eigene Rechtsposition des Klägers dar, welche er der Beschlussfassung entgegenhalten und die zur Nichtigkeit der Beschlüsse führen könnte. Gerade vor dem Hintergrund, dass der Kläger die von der Betreiberin insgesamt zu erbringenden Zahlungen für zu hoch hält, konnte sich die Hoffnung seinerzeit auch nicht subjektiv zu einer Rechtsposition verdichtet haben. Daran ändert auch der Umstand nichts, dass nach dem neuesten Vertragsentwurf, welcher in der Mitgliederversammlung am 1. Februar 2019 behandelt wurde, nunmehr tatsächlich die 5.000,00 EUR zur Pflege und Förderung der Dorfgemeinschaft nicht mehr vorgesehen sind und der gleiche Betrag jetzt als zusätzliches jährliches pauschales Nutzungsentgelt an den Beklagten gezahlt werden soll. Sollte der jetzige Vertrag anstelle des seinerzeitigen Vertrags vom Vorstand geschlossen werden, hätte sich lediglich die Hoffnung des Klägers erfüllt. Abgesehen davon liefe die Argumentation des Klägers auf eine vollständige Vertragsinhaltskontrolle künftiger Verträge hinaus, die im Rahmen der sich auf die Beschlussfassungen des Beklagten beziehenden Feststellungsklage nicht erfolgen kann. Die Klage eröffnet keine allgemeine Kontrolle der Rechtmäßigkeit des Handelns des Beklagten.

cc) Soweit der Kläger geltend macht, der Wege- und Flächennutzung für Zwecke der Windkraft hätte überhaupt nicht oder allenfalls einstimmig zugestimmt werden dürfen, geht die Kammer hingegen - für den Fall, dass diese Argumentation zuträfe - von einer eigenen Rechtsbetroffenheit des Klägers aus. Durch die Beschlüsse zu den künftig abzuschließenden Verträgen vollzieht der Beklagte nämlich eine Abkehr von der bisherigen ausschließlich originär landwirtschaftlichen Nutzung der Wege, was mit einer Erweiterung der Zweckbestimmung des Verbandsvermögens gleichbedeutend ist. Allerdings greift der Einwand des Klägers in der Sache nicht durch, denn die Erweiterung ist nicht per se unzulässig oder nur einstimmig umsetzbar.

Im Ansatz zutreffend hebt der Kläger darauf ab, dass bei der Nutzung der Wege eines Realverbandes zwischen drei Nutzungskategorien (übliche Nutzung, übermäßige Nutzung und unerlaubte bzw. zu unterlassende Nutzung) unterschieden wird (vgl. zu den Einzelheiten Urt. d. Kammer v. 22.08.2017 - 1 A 3525/15 -, juris Rn. 29 f.). Auch verweist er im Ansatz zutreffend auf die Rechtsprechung des Niedersächsischen Oberverwaltungsgerichts, nach welcher sich eine Zustimmung zu einer Sondernutzung verbietet, wenn sich die beabsichtigte Sondernutzung nicht mit der Wahrnehmung der dem Realverband nach § 3 RealVerbG obliegenden Aufgaben und Zuständigkeiten vereinbaren lässt, etwa wenn der Verlust oder eine die Nutzung beeinträchtigende Beschädigung des Vermögensgegenstandes droht (Beschl. v. 22.09.2008 - 10 LA 178/07 -, juris Rn. 6). Die Kategorisierung der Nutzungen und die Grenzen der Zustimmungsfähigkeit nach der skizzierten Rechtsprechung beziehen sich indessen auf die Nutzung eines bestimmten vorhandenen Wegebestandes durch Verbandsmitglieder. Aus ihr lässt sich nicht etwa ableiten, dass es einem Realverband per se untersagt wäre, einer Sondernutzung durch einen Dritten zuzustimmen, wenn dieser zugleich die Wege für die von ihm beabsichtigte Nutzung ausbaut bzw. ertüchtigt. Wenn auch eine unerlaubte und zudem nicht zustimmungsfähige - weil substanzschädigende - Nutzung des vorhandenen Wegebestandes vorliegen würde, gilt dies nicht in gleicher Weise für eine Nutzung nach Ausbau bzw. Ertüchtigung durch einen nutzungswilligen Dritten. Eine Substanzschädigung droht dann nämlich nicht mehr, vielmehr können auch die Mitglieder von einer verbesserten Nutzbarkeit infolge höherer Tragfähigkeit profitieren. So wird auch in der Literatur bei beabsichtigten Fremdnutzungen durch Mitglieder für Windkraft- und Biogasanlagen oder Anlagen industriell-landwirtschaftlicher Produktion vertreten, dass in den Fällen, in denen dem Vermögen des Realverbandes kein Schaden entstehen wird, eine Zustimmung regelmäßig zu erteilen sein dürfte. Dies wird gerade auf Fälle bezogen, in denen der künftige Nutzer Schadensreparaturen zusichert oder den Weg seinen Bedürfnissen entsprechend ausbaut (Thomas, Die Nutzung der Wege der niedersächsischen Realverbände, RdL 2016, S. 281 (282); vgl. ferner VG Lüneburg, Urt. v. 22.04.2009 - 1 A 235/08 -, juris Rn. 36). Diese Sichtweise hält die Kammer für zutreffend. Eine solche Situation liegt hier auch vor. Der Wegenutzungsvertrag sieht neben dem bedarfsgerechten Ausbau durch die Betreiberin (§§ 1 Abs. 1, 2 Abs. 1) vor, dass Beschädigungen von dieser auszubessern sind, wenn sie nicht nachweisen kann, dass diese durch den Grundstückseigentümer oder von diesem beauftragte Dritte verursacht wurden (§ 2 Abs. 4 Satz 4). Lediglich die laufende Unterhaltung nach erfolgtem Ausbau obliegt (weiterhin) dem Beklagten (§ 2 Abs. 4 Satz 2).

Aus dem Realverbandsgesetz lässt sich auch nicht ableiten, dass ein einzelnes Mitglied bezüglich einer Zustimmung in solchen Fällen eine "Sperrminorität" hätte, eine Zustimmung also nur einstimmig erfolgen könnte. Hinsichtlich der bisherigen Nutzungs- und Überlassungspraxis des Zweckvermögens besteht vielmehr kein Erhaltungsanspruch eines einzelnen Mitgliedes dahingehend, dass die bisherige Zweckbestimmung ohne seine eigene Zustimmung nicht erweitert werden darf. Zwar haben Mitglieder einen Anspruch auf Einhaltung der Verbandskompetenz, das Aufgabenspektrum eines Realverbandes kann aber auch Wandlungen unterworfen werden, wenn die Mitgliederversammlung einen entsprechenden Beschluss fasst (so unter Nennung insbesondere von Windkraftanlagen: Thomas/Tesmer, a. a. O., § 3 Erl. 1 und § 2 Erl. 2.2). Solange sich die Erweiterung der Zweckbestimmung der Aufgabenwahrnehmung nach § 3 RealVerbG zuordnen lässt und nicht der Sache nach bereits der Neugründung eines Verbandes gleichkommt - für die ohnehin andere Regeln gelten würden (§§ 48 ff. RealVerbG) -, bleibt es dabei bei den in § 25 RealVerbG vorgesehenen Abstimmungsquoren. Dies ist regelmäßig die einfache Mehrheit nach § 25 Abs. 1 RealVerbG, wenn es nicht zugleich um eine der in § 25 Abs. 2 RealVerbG aufgeführten Angelegenheiten geht. Der hier beabsichtigte Ausbau lässt sich indessen ohne weiteres der Aufgabenwahrnehmung nach § 3 RealVerbG zuordnen, wonach die gemeinschaftlichen Angelegenheiten und das sonstige Vermögen im Einklang mit den Interessen der Allgemeinheit zum Nutzen der Mitglieder zu verwalten sind. In dieser Regelung ist nach Auffassung der Kammer auch die Möglichkeit angelegt, den Aufgabenbestand eines Realverbandes inhaltlich fortzuentwickeln. Der Beklagte hat insoweit überzeugend und unwidersprochen dargestellt, dass es sich angesichts des Nutzungsentgelts von 0,80 EUR/qm für ihn selbst um ein für ihn sehr lukratives Geschäft handele, weil davon die nach dem Wegenutzungsvertrag dem Beklagten obliegende Unterhaltung der Wege ohne Probleme bewerkstelligt werden könne und darüber hinaus sogar eine teilweise Befreiung der Mitglieder von Beiträgen in Betracht komme. Die Kammer hat keinen Anlass, an diesen Annahmen zu zweifeln. Hinzu kommt, dass es sich um die Erschließung eines Gebietes handelt, das in der Raumordnung und Bauleitplanung für die Errichtung von Windkraftanlagen vorgesehen ist und andere als landwirtschaftlich genutzte Flächen für die Errichtung von Windkraftanlagen im Binnenland ohnehin kaum in Betracht kommen. Neben das sich daraus ergebende Interesse der Allgemeinheit tritt das auf der Hand liegende wirtschaftliche Interesse derjenigen Mitglieder des Beklagten, auf deren Flächen Windkraftanlagen errichtet werden sollen (vgl. dazu auch VG Göttingen, Urt. v. 22.04.2009 - 1 A 235/08 -, juris Rn. 36). Dass möglicherweise das Windenergieprojekt aufgrund der jüngsten Entwicklung zur Frage der Vereinbarkeit von Windkraftanlagen mit Belangen der Flugsicherung (vgl. dazu etwa Berichte in der Hannoverschen Allgemeinen Zeitung v. 21.01. und 25.01.2019) nicht oder nur kleiner verwirklicht werden kann, ändert daran nichts. Zu der Fortentwicklungsmöglichkeit gehört aus Sicht der Kammer schließlich bei einem einheitlichen geplanten Windenergiegebiet in mehreren Verbandsgebieten auch, dass die Wege für die Erschließung des Gebiets insgesamt ertüchtigt und benutzt werden sollen und nicht nur für Windenergieanlagen im Gebiet eines einzelnen Realverbandes. Typischerweise besteht dann nämlich ein "Austauschverhältnis" bezüglich des von zwei oder mehreren Verbänden unterhaltenen Wegenetzes. Auch wenn kein solches Austauschverhältnis besteht, kann eine entsprechende Sondernutzung zugelassen werden. Die Verbandskompetenz wird dadurch jeweils nicht verletzt.

Die Fortentwicklung des Aufgabenbestandes im Rahmen des § 3 RealVerbG bedurfte vorliegend auch keiner Änderung der Satzung mit den dafür erforderlichen besonderen Anwesenheits- und Abstimmungsquoren in der Mitgliederversammlung (§ 22 Abs. 1 Nr. 1 und § 25 Abs. 2 RealVerbG), denn die Satzung des Beklagten vom 7. Februar 1974 legt den Aufgabenbestand nicht ausdrücklich fest. Soweit in der Kommentierung vertreten wird, dass die Erweiterung der Aufgaben einen Beschluss der Mitgliederversammlung und nicht nur des Vorstandes erfordere, "da es sich prinzipiell um eine Satzungsänderung handele" (Thomas/Tesmer, a. a. O., § 2 Erl. 2.2 a. E.), versteht die Kammer dies nicht so, dass auch ohne erforderliche Änderung des Satzungstextes stets die Quoren des § 25 Abs. 2 RealVerbG erreicht werden müssten. Fixiert der Satzungsgeber den Aufgabenbestand nicht, was er angesichts der gesetzlichen Festlegung des Mindestinhalts einer Satzung (§ 17 RealVerbG) auch nicht muss, bleibt es auch bei der Fortentwicklung der Aufgaben vielmehr beim "regulären" Quorum des § 25 Abs. 1 RealVerbG.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO.

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 VwGO i. V. m. § 708 Nr. 11 und § 711 Sätze 1 und 2 ZPO.