Verwaltungsgericht Hannover
Beschl. v. 22.02.2019, Az.: 6 B 5193/18
allgemeines Persönlichkeitsrecht; Anhörung; einstweilige Anordnung; erweiterter Eingriffsbegriff; Informantenschutz; kommunale Äußerungsbefugnis; kommunale Pressemitteilung; Meinungsfreiheit; moderner Eingriffsbegriff; Pressefreiheit; Recht zum Gegenschlag; Sachlichkeitsgebot; Staatsferne der Presse; Staatsfreiheit der Presse; Unternehmenspersönlichkeitsrecht; Verdachtsberichterstattung; Vorbehalt des Gesetzes; Vorwegnahme der Hauptsache; Wiederholungsgefahr; öffentlich-rechtlicher Unterlassungsanspruch
Bibliographie
- Gericht
- VG Hannover
- Datum
- 22.02.2019
- Aktenzeichen
- 6 B 5193/18
- Entscheidungsform
- Beschluss
- Referenz
- WKRS 2019, 69633
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- [keine Angabe]
Rechtsgrundlagen
Amtlicher Leitsatz
Leitsatz
1. Auch die Veröffentlichung von Informationen, welche Amtsträger unter Verstoß gegen dienstliche Geheimhaltungsvorschriften Dritten offenbart haben, fällt in den sachlichen Schutzbereich der Pressefreiheit des Art. 5 Abs. 1 S. 2 Var. 1 GG.
2. Zur kommunalen Äußerungsbefugnis nach § 85 Abs. 5 S. 1 NKomVG gehört das Recht des in demokratischer Wahl legitimierten Bürgermeisters, in kommunalen Pressemitteilungen gegen die eigene Politik erhobene Vorwürfe aufzugreifen,
nach eigener Einschätzung fehlerhafte Tatsachenbehauptungen richtigzustellen und als unsachlich empfundene Angriffe zurückzuweisen, notfalls auch mit deutlichen Worten.
3. Gehen hiermit faktische Grundrechtseingriffe einher, so muss der Bürgermeister die allgemeinen verfassungsrechtlichen
Anforderungen an grundrechtsbeeinträchtigende hoheitliche Äußerungen beachten, d.h. das Sachlichkeitsgebot und den Verhältnismäßigkeitsgrundsatz.
4. Der flankierende, institutionelle Grundsatz der Staatsferne der Presse verpflichtet Gemeinden dazu, bei der Herausgabe kommunaler Publikationen in konfliktträchtigen Materien eine besondere Neutralität der Berichterstattung zu wahren, ferner, eine besondere Zurückhaltung bei der Kommentierung von Presseberichten zu üben.
5. Nach Maßgabe des Sachlichkeitsgebots müssen Werturteile auf einer zutreffenden oder zumindest sachgerecht und vertretbar gewürdigten Tatsachengrundlage beruhen. Rechtsauffassungen müssen sich im Rahmen des rechtlich Vertretbaren bewegen.
6. Kommunale Organe können sich mangels Grundrechtsberechtigung nicht auf die in der Rechtsprechung für Presseorgane entwickelten Grundsätze der Verdachtsberichterstattung berufen.
7. Der isolierte Umstand, dass eine Zeitung Erkenntnisse von Strafermittlungsbehörden veröffentlicht, welche unter Verstoß gegen Geheimhaltungsvorschriften nach außen gelangt sind, berechtigt eine Gemeinde nicht zu der öffentlichen Äußerung des Verdachts, der verantwortliche Journalist habe an dem vorherigen (Straf-)Rechtsverstoß des betreffenden Amtsträgers als Mittäter oder Teilnehmer mitgewirkt.
Tenor:
Der Antragsgegnerin wird im Wege der einstweiligen Anordnung untersagt, weiterhin folgende Äußerungen zu treffen oder zu verbreiten:
1. „Zeitung steht in Verdacht, mit illegal beschafften Informationen die Unschuldsvermutung zu unterlaufen.“
2. „Ein Redakteur der I. hat sich mutmaßlich illegal Zugang zu Akten aus dem Ermittlungsverfahren gegen Oberbürgermeister F. verschafft.“
3. „Oberbürgermeister F. dazu: „Es besteht der Verdacht, dass unter dem Deckmantel der Pressefreiheit mit aus dem Zusammenhang gerissenen angeblichen Enthüllungen gezielt die Unschuldsvermutung unterlaufen werden soll.“
wenn dies jeweils geschieht wie in der Presseerklärung vom 13. August 2018
sowie
4. „Die Veröffentlichungen in der I. des heutigen Tages (16.08.2018) belegen schwarz auf weiß, dass die in der Pressemitteilung der Stadt vom vergangenen Montag vorgetragenen Verdachtsmomente gegen einen namentlich nicht genannten Journalisten zutreffend waren.“
5. Damit besteht zumindest der dringende Verdacht, dass der Journalist die Informationen in unzulässiger Weise erlangt hat.“,
wenn dies jeweils geschieht wie in der Presseerklärung vom 16. August 2018.
Im Übrigen wird der Antrag abgelehnt.
Die Antragsteller tragen jeweils 1/12, die Antragsgegnerin 5/6 der Kosten des Verfahrens.
Der Wert des Streitgegenstandes wird auf 30.000 EUR festgesetzt.
Gründe
I.
Die Antragsteller nehmen die Antragsgegnerin auf das künftige Unterlassen von Äußerungen in Anspruch, welche diese in ihrem Internetauftritt unter der Rubrik „Pressemitteilungen“ veröffentlichte.
Die Antragstellerin zu 1. ist die Herausgeberin der I. und beschäftigt den Antragsteller zu 2. dort als Redakteur. Anlässlich der Überprüfung eines Stellenbesetzungsverfahrens leitete die Antragsgegnerin im Oktober 2017 ein Disziplinarverfahren gegen ihren Kulturdezernenten Stadtrat G. ein, über das u.a. die in mehreren Zeitungsartikeln berichtete.
In einer Pressemitteilung vom 1. Juni 2018 (Bl. 103 R, 124 d. GA) erklärte die Antragsgegnerin auf der städtischen Internetseite unter der Rubrik „Pressemitteilungen“, anlässlich der Einleitung des Disziplinarverfahrens sei öffentlich berichtet und spekuliert worden, die Einleitung dieses Verfahrens stünde im Zusammenhang mit einer Bezügeforderung des Fachsbereichsleiters des Geschäftsbereiches Oberbürgermeister, Herrn H., die Stadtrat G. für rechtswidrig gehalten und deshalb verweigert habe. Da es bezogen auf diesen Fall zahlreiche falsche Veröffentlichungen und Darstellungen gegeben habe, so die Antragsgegnerin, mache sie einen gegenüber ihrem Verwaltungsausschuss am 31. Mai 2018 erstatteten umfassenden Bericht über den Sachstand in wesentlichen Teilen im Wortlaut öffentlich. Seit April 2015 habe Herr H. (Besoldungsgruppe B 2) eine Mehrarbeitsvergütungszulage nach Maßgabe des Mehrarbeitsstundensatzes der Besoldungsgruppe A 16 auf der Basis von 40 Stunden erhalten. Diese habe Herr G. als damaliger Personaldezernent erstmalig angewiesen, obwohl die Zahlung nach dem ihm zuvor mitgeteilten Prüfungsergebnis der Fachverwaltung unzulässig gewesen sei. Im Juli 2015 habe Herr G. entschieden, dass diese Zulage ab November 2015 erhöht werde und die Differenz der Besoldungsgruppe B 2 zu B 5 umfassen solle. Zur Begründung habe er wahrheitswidrig auf ein Gespräch mit dem Nds. Ministerium für Inneres und Sport verwiesen. Im September 2016 habe Herr G. eine Verlängerung der Zulage um ein weiteres Jahr entschieden; im September 2017 habe er eine nochmalige Verlängerung verfügt. Nachdem Mitarbeiter des Nds. Innenministeriums der Antragsgegnerin im Mai 2018 mitgeteilt hätten, dass es mit dem Ministerium kein Gespräch betreffend die Zahlung der Mehrarbeitsvergütung gegeben hätte, habe sie die Zahlung der Zulage eingestellt.
Als Ergebnis des Berichts hielt die Antragsgegnerin fest, dass Herr G. als damaliger Personaldezernent seit April 2015 die Zahlung einer Mehrarbeitsvergütung an Herrn H. angewiesen habe, obwohl diese Zahlung nach der Prüfung der Fachverwaltung unzulässig gewesen sei und die Kommunalaufsichtsbehörde keine andere Einschätzung der Rechtslage vertreten habe. Der ermittelte Sachverhalt biete Grund, das Disziplinarverfahren gegen Herrn G. aufgrund des Verdachts der Anweisung unrechtmäßiger Zulagen auszuweiten und überdies Strafanzeige wegen des Verdachts der Untreue zum Nachteil der Antragsgegnerin zu stellen (Bl. 124 (125 f.) d. GA).
Zu einem unbekannten Zeitpunkt in der Folgezeit leitete die Staatsanwaltschaft Hannover gegen den Oberbürgermeister der Antragsgegnerin ein Ermittlungsverfahren ein wegen des Verdachts der Untreue zu Lasten des Haushalts der Antragsgegnerin durch Genehmigung der Zahlung rechtswidriger Mehrarbeitsvergütungen gegenüber seinem Büroleiter Herrn H..
Am 12. Juni 2018 veröffentlichte die Antragsgegnerin auf ihrer Internetseite eine Erklärung ihres Oberbürgermeisters als Pressemitteilung (Bl. 105, 131 d. GA). Hierin erklärte dieser, er habe soeben von dem Ermittlungsverfahren der Staatsanwaltschaft wegen des Verdachts der Untreue erfahren und sei sich sicher, dass sich die gegen ihn erhobenen Vorwürfe als unzutreffend erweisen würden. Über den weiteren Fortgang werde er unterrichten.
Am 21. Juni 2018 veröffentlichte die Antragsgegnerin auf ihrer Internetseite das Redemanuskript einer Erklärung ihres Oberbürgermeisters, welche dieser am selben Tag in der Ratsversammlung abgegeben hatte (Bl. 105, 127 d. GA). Hierin erklärte der Oberbürgermeister, nach Einsicht in die Ermittlungsakten könne er sagen, dass es bei den gegen ihn gerichteten Ermittlungen im Kern um eine E-Mail seines bisherigen Büroleiters Herrn H. gehe, welche dieser am 5. April 2017 an Herrn G. gerichtet habe (Bl. 127 (128) d. GA). Das Redemanuskript enthielt überdies eine Kurzfassung der Erklärung, welche der Oberbürgermeister gegenüber der Staatsanwaltschaft Hannover am Vortag abgegeben hatte (Bl. 127 (128 R f.) d. GA). In diesem Zusammenhang legte dieser ausführlich seine Sicht des Vorgangs dar. Unter anderem teilte er in Ansehung des Vorganges aus dem Jahr 2015 mit, sein damaliger Büroleiter, Herr H., sei an ihn herangetreten und habe unter Bezugnahme auf seine gestiegene Arbeitsbelastung um eine Erhöhung seines Einkommens gebeten. Er habe Herrn H. an Herrn G. verwiesen und in dieser Angelegenheit nichts mehr gehört. Herr H. habe ihm lediglich mitgeteilt, er und Herr G. hätten die Erhöhung der Vergütung befriedigend und rechtskonform geregelt. Mangels eigener beamtenrechtlicher Vorkenntnisse sowie aufgrund der juristischen Vorbildung seiner beiden Beschäftigten habe er, der Oberbürgermeister, hierauf vertraut. Bezüglich des Vorganges des Jahres 2017 gab er an, falsch sei die Annahme, er habe sich im April 2015 in einem Personalgespräch mit Herrn H. und Herrn G. aktiv an der Suche nach Möglichkeiten zu einer Erhöhung der Besoldung beteiligt. Ebenso wenig habe er Kenntnis davon gehabt, dass eine zwischen den beiden Vorgenannten ausgehandelte Lösung offenbar rechtswidrig gewesen sei. Er habe eine gefundene rechtswidrige Lösung auch nicht inhaltlich mitgetragen. Es existiere ein umfangreicher E-Mail-Verkehr zwischen Herrn H. und Herrn G., der sich um die Frage der Erhöhung der Vergütung des ersteren gedreht habe. Bei diesem E-Mail-Verkehr sei er selbst jedoch nicht in den Verteiler aufgenommen worden. Erst im August 2017 habe ihn Herr G. auf „rechtliche Bedenken“ bezüglich der Gewährung der Zulage angesprochen, ohne diese jedoch inhaltlich zu konkretisieren oder darzulegen, ob sie sich auf die Gewährung der Zulage insgesamt oder lediglich auf ihre Erhöhung bezögen. Er selbst habe sich danach unmittelbar an Herrn H. gewandt und diesen gebeten, diese Frage mit Herrn G. zu klären. Zu einer solchen Klärung sei es dann indessen nicht mehr gekommen. Nachdem er, der Oberbürgermeister, davon erfahren habe, dass die gewährte Zulage rechtswidrig gewesen sei, habe er die Auszahlung mit sofortiger Wirkung gestoppt.
Zusammenfassend könne er mitteilen, er habe bis August/September 2017 nicht gewusst, dass die Zahlung einer Zulage an Beamte mit einer B-Besoldung unzulässig sei. Er habe weder im Jahr 2015 eine solche Kenntnis erlangt noch im Jahr 2017 oder gar an einer entsprechenden Vereinbarung mitgewirkt, deren Rechtswidrigkeit ihm bewusst gewesen wäre. Er sei erstmals im August 2017 durch Herrn G. im Gespräch auf „rechtliche Bedenken“ aufmerksam gemacht worden, ohne dass ihm diese im Einzelfall benannt worden seien. Daraufhin habe er Herrn H. beauftragt, diesen Bedenken im Gespräch mit Herrn G. nachzugehen. Welches Ergebnis dieses Gespräch gebracht habe, sei ihm unbekannt (Bl. 129 f. d. GA).
Wegen des Vorwurfs der Genehmigung einer rechtswidrigen Mehrarbeitsvergütung leitete das Niedersächsische Ministerium für Inneres und Sport in der Folgezeit zusätzlich ein Disziplinarverfahren gegen den Oberbürgermeister der Antragsgegnerin ein.
Mit E-Mail vom 13. August 2018 (Bl. 60 d. GA) wandte sich der Antragsteller zu 2. an den Oberbürgermeister der Antragsgegnerin. Er teilte ihm mit, die I. plane einen „Bericht über Ermittlungsergebnisse der Kripo im Untreueverfahren“ und gebe ihm Gelegenheit, zu folgenden Punkten Stellung zu nehmen:
„So weit uns bekannt, geht die Kripo nach Auswertung von E-Mails und Chatnachrichten davon aus, dass Sie
1. spätestens im Mai 2017 von der Unzulässigkeit der Zulage für H. aus dem Jahr 2015 wussten und sie nicht stoppten und
2. zugleich in die Verhandlungen über die Erhöhung der Zulage in 2017 eingebunden waren und sie befördert haben.
Trifft dies zu? Wenn ja, wie erklären Sie das? Beides haben Sie im Rat und Ihr Verteidiger gegenüber der Staatsanwaltschaft bestritten – vor Auswertung der Telefone und E-Mail-Konten durch die Kripo. Ich bitte höflich um Stellungnahme bis heute, 13.08.2018, 17 Uhr, soweit Sie oder Ihr Verteidiger sich äußern möchten. Sofern ich bis dahin keine Nachricht erhalte, gehe ich davon aus, dass Sie sich nicht äußern möchten.“
Hierauf antwortete die Antragsgegnerin im Laufe des Tages per E-Mail und teilte mit, sie habe diese Fragen bereits beantwortet und gebe im laufenden Verfahren keine weiteren Antworten. Zudem verwies sie auf eine beigefügte Pressemitteilung, welche sie noch am selben Tag auf ihrer Internetseite unter der Rubrik „Pressemeldungen“ veröffentlichte (Bl. 63 d. GA):
„Zeitung steht in Verdacht mit illegal beschafften Informationen Unschuldsvermutung zu unterlaufen
Ein Redakteur der I. hat sich mutmaßlich illegal Zugang zu Akten aus dem Ermittlungsverfahren gegen Oberbürgermeister F. verschafft. Die Zeitung konfrontierte den Oberbürgermeister am Montag mit angeblichen „Ermittlungserkenntnissen“ der Kripo und drohte deren Veröffentlichung an.
Oberbürgermeister F. dazu: „Es besteht der Verdacht, dass unter dem Deckmantel der Pressefreiheit mit aus dem Zusammenhang gerissenen angeblichen Enthüllungen gezielt die Unschuldsvermutung unterlaufen werden soll“.
„Die neuerliche Skandalisierung überschreitet unserer Meinung nach die Grenzen zulässiger Verdachtsberichterstattung“, so Oberbürgermeister F. weiter.
Die Staatsanwaltschaft Hannover als „Herrin des Ermittlungsverfahrens“ versichert jedenfalls, vor Abschluss der Ermittlungen keine Einzelheiten aus dem laufenden Verfahren bekannt gegeben zu haben oder bekannt zu geben.
Auch die Polizei Hannover, die als weisungsgebundenes „Hilfsorgan der Staatsanwaltschaft“ mit einzelnen Ermittlungsaufgaben betraut ist, bestreitet, irgendwelche Information herausgegeben zu haben.
Es soll jetzt geprüft werden, ob und wer der unzulässig Zugang zu amtlichen Verschlusssachen verschafft hat.
In diesem Zusammenhang appelliert F. an Medien und Politik, das rechtsstaatlich vorgesehene Verfahren zu respektieren und es nicht zur politischen Stimmungsmache zu unterlaufen.“
Unter dem 14. August 2018 gab der Oberbürgermeister der Antragsgegnerin eine eidesstattliche Versicherung ab, der Präsident der Polizeidirektion Hannover habe ihm am Vortag auf Nachfrage bezüglich der Presseanfrage der telefonisch mitgeteilt, die Kriminalpolizei Hannover habe keine offiziellen Statements oder Auskünfte an die Medien herausgegeben. Es existiere lediglich ein Zwischenbericht der Ermittlungen, welchen die Kriminalpolizei am 12. Juli 2018 erstellt und unmittelbar an die Staatsanwaltschaft übersandt (Bl. 62 d. GA).
Unter dem 15. August 2018 versicherte der Verteidiger des Oberbürgermeisters der Antragsgegnerin, er habe am 13. August 2018 mit der für die Ermittlungen zuständigen Ersten Staatsanwältin telefoniert, ihr den Inhalt der Anfrage des Antragstellers vorgetragen und sie gefragt, ob aus dem Bereich der Staatsanwaltschaft Informationen an die Presse gegeben worden seien. Seine Ansprechpartnerin habe ihm versichert, dass nichts aus ihrem Hause an die Presse gegeben worden wäre. Es gäbe einen Zwischenbericht der Kripo, der sich in der Akte befinde; diesen würde auch ein Verteidiger kennen, der zwischenzeitlich Akteneinsicht genommen habe (Bl. 61 d. GA).
Mit Schreiben ihrer Prozessbevollmächtigten vom 14. August 2019 (Bl. 65 d. GA) forderte die Antragstellerin zu 1. die Antragsgegnerin auf, es zu unterlassen, folgende Äußerungen weiter zu behaupten oder zu verbreiten sowie die Presseerklärung vom 13. August 2018 zu löschen:
„1. Zeitung steht in Verdacht mit illegal beschafften Informationen Unschuldsvermutung zu unterlaufen.
2. Ein Redakteur der I. hat sich mutmaßlich illegal Zugang zu Akten aus dem Ermittlungsverfahren gegen Oberbürgermeister F. verschafft.
3. Oberbürgermeister F. dazu: „Es besteht der Verdacht, dass unter dem Deckmantel der Pressefreiheit mit aus dem Zusammenhang gerissenen angeblichen Enthüllungen gezielt die Unschuldsvermutung unterlaufen werden soll.
4. Die neuerliche Skandalisierung überschreitet unserer Meinung nach die Grenzen zulässiger Verdachtsberichterstattung,“ so Oberbürgermeister F. weiter.“
Am 16. August 2018 hat die Antragsgegnerin eine Schutzschrift in einem möglichen verwaltungsgerichtlichen einstweiligen Rechtsschutzverfahren eingereicht (Bl. 46 d. GA). Am selben Tag hat die Antragstellerin zu 1. über ihre Prozessbevollmächtigten in Ansehung der Äußerungen in der Pressemitteilung vom 13. August 2018 einen Antrag auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes gestellt (Bl. 32 d. GA).
Am selben Tag erschien in der I. ein Artikel unter der Überschrift „Eine verhängnisvolle Frage? Eine Whatsapp-Nachricht könnte Z.s OB F. in der Rathausaffäre schwer belasten“ (S. 73 d. GA). Hierin führte der Antragsteller zu 2. u.a. aus:
„Man darf sich eine polizeiliche Ermittlung wie ein Puzzlespiel vorstellen. Das gilt auch – oder gerade –, wenn es in der Ermittlung darum geht, ob einem Oberbürgermeister möglicherweise Untreue vorgeworfen werden kann. […] Die Polizei scheint sich nun recht sicher zu sein, dass sie bei ihren Ermittlungen gegen F. die ersten, für das Gesamtbild nicht unwichtigen Puzzleteile zusammenfügen konnte. Die Frage wird sein, ob andere Stellen auch davon überzeugt werden – die Staatsanwaltschaft etwa, die im Zweifelsfall Anklage gegen den Oberbürgermeister erheben müsste. Und dann, vielleicht, am Ende auch ein Gericht. Aber so weit ist es noch lange nicht.
Was wusste der OB – und wann? Die Frage ist: Hat der Oberbürgermeister tatsächlich bis Mai 2018 nicht gewusst, dass das Gehalt seines Büroleiters und engsten Mitarbeiters H. seit 2015 höher war als erlaubt? Und was er wusste davon, dass H. dieses bereits rechtswidrig hohe Gehalt 2017 sogar nochmals aufgestockt haben wollte? Von den Antworten auf diese Fragen hängt viel ab. Für F. persönlich, aber mittlerweile auch für die ganze Stadt, die von der Rathausaffäre wahlweise geschockt, gelähmt oder auch schon gelangweilt ist.
Die Staatsanwaltschaft führt F., H. und den früheren Personaldezernenten G. als Beschuldigte im Ermittlungsverfahren wegen des Verdachts der Haushaltsuntreue zulasten der Stadtkasse. H. solle, so der Vorwurf, seit dem 1. April 2015 bis Mai 2018 insgesamt fast 50 000 Euro zu Unrecht kassiert, G. solle das als damaliger Personalchef mitgetragen haben.
Die Puzzleteile, mit denen die ermittelnden Polizisten es zu tun haben, sind zu großen Teilen elektronisch. Die Beamten haben Hunderte von E-Mails und Chat-Nachrichten ausgewertet, wie sie im Rathaus Tag für Tag unter den Mitarbeitern ausgetauscht werden. Auch F. ist ein eifriger Schreiber von E-Mails und Nutzer des Chat-Dienstes Whatsapp. Seit dem Juni 2018 liegt ein Teil der Nachrichten bei der Kriminalpolizei. Die Staatsanwaltschaft hat das Mobiltelefon des OB bei einer Durchsuchung im Rathaus beschlagnahmen und auch sein E-Mail-Postfach kopieren lassen. Kripo-Beamte durchforsten seitdem Informationen, die F. mit seinem einstigen Vertrauten und Büroleiter H. ausgetauscht hat. Auch Unterhaltungen mit dem früheren Personalchef G. interessieren die Ermittler, genauso wie G.s und H.s Kommunikation. Informationen der lassen jetzt einen kleinen, aber durchaus aufschlussreichen Einblick in diesen Datenberg zu.
Im Detail wollen die Ermittler im Fall des OB wissen: Wann wusste F., dass die seit 2015 an H. gezahlte Zulage rechtswidrig war? Und warum hat F. die Zahlungen erst im Mai 2018 gestoppt? Die Zulage wurde noch zum 1. Juni 2017 und ein letztes Mal im Mai 2018 verlängert – bevor sie im selben Monat ganz eingestellt wurde. Abgezeichnet hat die letzte Verlängerung jemand mit der Paraphe „Sch“ – ob das F. gewesen ist, müssen die Ermittler nun prüfen. […]
Die nächste Frage: War F. im vergangenen Jahr sogar an der Suche nach einer Lösung für H.s Forderung beteiligt, den Gehaltsbonus noch einmal um 1200 Euro zu erhöhen? […] Wenn das Bild stimmen sollte, dass sich für die Ermittler nach und nach abzeichnet, hat H. wiederholt und nachdrücklich auf die Erhöhung seiner Bezüge gepocht. Er schickte E-Mails und Nachrichten an Personalchef G. und berief sich auf Verabredungen mit F.. […]
F. beruft sich in diesem Fall auf völlige Ahnungslosigkeit. Er habe bis Mai 2018 nicht gewusst, dass die 2015 erstmals gewährte Zulage rechtswidrig war. Und an den Verhandlungen über eine neuerliche Erhöhung sei er nicht beteiligt gewesen. So hat es sein Verteidiger J. bei der Staatsanwaltschaft Hannover erklärt, so hat es F. Ende Juni im Rat der Stadt zu Protokoll gegeben.
Aber ist das wirklich so? Nach Informationen der hat die Auswertung eines Teils der Rathauskommunikation eine Whatsapp-Nachricht F.s zutage gefördert. Er schickte G. diese Nachricht am 17. Mai 2017 auf dessen Mobiltelefon. In dieser Whatsapp-Nachricht fragt er, ob G. eine bestimmte E-Mail von H. gelesen habe. G. möge H. bitte anrufen. […]
Die Schlussfolgerung der Kripo: Die Chat-Nachricht belege, dass F. die E-Mail erhalten und gelesen hat – weil er ja Personalchef G. einschaltet. H. hatte zu diesem Zeitpunkt den Druck auf G. erhöht, seinen rechtswidrigen Gehaltsbonus weiter anzuheben. G. und H. tauschen in der Folge weitere Mails aus und verabreden sich dann am Ende für den übernächsten Tag um 13.30 Uhr in H.s Büro. An jenem 19. Mai 2017 sollen G. und H. die Abrede dann unterzeichnet haben, wonach H. „für die Dauer der Amtszeit des amtierenden Oberbürgermeisters“ zukünftig 10 000 Euro mehr bekommen soll. Deutlich mehr als erlaubt – wie auch G. gewusst haben muss. Auch diese letzte E-Mail mit der Verabredung zur Unterschrift ging in Kopie an F.. H. hat sie vor Wochen an Journalisten verteilt. F. wäre, wenn er die E-Mail gelesen hat, im Bilde gewesen. Der OB behauptete dagegen im Juni im Rat, bei dem Mailverkehr nicht im Verteiler gewesen zu sein.
Allerdings – und dies ist ein fehlendes Puzzleteil – würde selbst F.s Kenntnis von den Verhandlungen um die Erhöhung der rechtswidrigen Zulage für sich genommen noch nichts beweisen, dass der OB auch wusste, dass die seit 2015 gewährte Zulage rechtswidrig war. Das mag für Außenstehende kaum vorstellbar sein – aber die Ermittler müssten es ihm im Zweifel beweisen. […]
Bislang haben die Ermittler nur ein Schreiben von H. aus dem Juni 2018 gefunden. Darin behauptet H., Personalchef G. habe F. schon im Gespräch am 4. April 2017 auf rechtliche Bedenken zu der Zulage hingewiesen. Ob es sich aber tatsächlich so zugetragen hat, wissen nur F., G. und H..
Die Staatsanwaltschaft sagt zu der Sache derzeit nichts. Ihre Puzzlearbeit jedenfalls ist noch nicht beendet. Das entstehende Bild aber, so viel kann man schon sagen, ist in keinem denkbaren Fall ein schönes, weder für G. und H. – noch für F..“
Ebenfalls am 16. August 2018 veröffentlichte die Antragsgegnerin auf ihrer Internetseite abermals unter der Rubrik „Pressemeldungen“ die folgende Mitteilung:
„Z. hat bereits gestern Abweisung des Verfügungsantrags der Firma A. beantragt
Nach Auskunft des Verwaltungsgerichtes Hannover hat die Firma A. einen Antrag auf Einstweilige Verfügung gegen die Z. beantragt. Bereits gestern haben Medienjuristen für die Z. mit einer sogenannten „Schutzschrift“ Ihrerseits die Abweisung eines eventuellen Verfügungsantrags beantragt. Das bedeutet, dass die beantragte Verfügung üblicherweise erst nach Anhörung beider Seiten in einer mündlichen Verhandlung entschieden wird.
Die Veröffentlichungen in der I. des heutigen Tages (16.08.2018) belegen schwarz auf weiß, dass die in der Pressemitteilung der Stadt vom vergangenen Montag vorgetragenen Verdachtsmomente gegen einen namentlich nicht genannten Journalisten zutreffend waren. Der heutige Bericht beruft sich sogar ausdrücklich auf Informationen, die aus Ermittlungsakten stammen. Niemand darf Akten bzw. Aktenbestandteile aus einem laufenden Ermittlungsverfahren an Dritte weitergeben und/oder diese veröffentlichen. Polizei und Staatsanwaltschaft haben versichert, keinerlei Informationen offiziell herausgegeben zu haben. Damit besteht zumindest der dringende Verdacht, dass der Journalist die Informationen in unzulässiger Weise erlangt hat.
Der Oberbürgermeister und die Pressestelle der Stadt durften darüber berichten, da die Grundsätze der sogenannten „Verdachtsberichterstattung“ auch für staatliche (bzw. hier kommunale) Repräsentanten gelten. Das Verwaltungsgericht Hannover hat in vergleichbaren Fällen bereits in diesem Sinne entschieden.“
Am 16. August 2018 veröffentlichte die Antragstellerin zu 1. in der I. einen weiteren, aktualisierten Artikel des Antragstellers zu 2. (Bl. 132 d. GA) mit der Überschrift: „Was hat OB F. wirklich gewusst?“, sowie der Unterüberschrift: „Was hat Z.s Oberbürgermeister F. von unrechtmäßigen Gehaltszulagen für seinen Büroleiter gewusst? Eine Whatsapp-Nachricht hat die Ermittler in der Rathausaffäre nach -Informationen aufhorchen lassen.“ Über die Ermittlungen gegen den Oberbürgermeister der Antragsgegnerin berichteten insbesondere im Zeitraum zwischen Juni und August 2018 auch andere Zeitungen bzw. Medienplattformen in ihren Internetauftritten (Bl. 134-143 d. GA).
Ebenfalls am 16. August 2018 nahm der Oberbürgermeister der Antragsgegnerin anlässlich seiner Haushaltsrede zu der Berichterstattung Stellung (Bl. 121 f. d. GA). In diesem Zusammenhang führte er aus, er respektiere die Pressefreiheit als eines der höchsten Güter der Demokratie. Selbstverständlich müssten Journalisten ihre Quellen nicht preisgeben, auch wenn es mitunter „trübe Quellen“ seien. Die Grenzen der Pressefreiheit seien jedenfalls dann erreicht, wenn als Grundlage der Berichterstattung offensichtlich Akten- oder Aktenbestandteile verwendet würden, die ihren Weg wohl nicht auf legalem Weg in die betreffende Redaktion gefunden haben dürften. Dieser in der Pressemitteilung der Antragsgegnerin vom 13. August 2018 geäußerte Verdacht habe sich am heutigen Tag bestätigt, wie alle Anwesenden in einer Zeitung nachlesen könnten. Am 4. September 2018 nahm auch der Prozessbevollmächtigte der Antragsgegnerin in einem im Internet veröffentlichten Interview gegenüber einem Mediendienst zu dem streitgegenständlichen Vorfall Stellung (Bl. 144 f. d. GA).
Am 6. September 2018 haben die Prozessbevollmächtigten der Antragstellerin zu 1. den Antrag auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes nunmehr auch namens und in Vollmacht des Antragstellers zu 2. gestellt und diesen für beide Antragsteller auf Unterlassung einzelner Äußerungen in der Pressemitteilung vom 16. August 2018 erweitert.
Zur Begründung führen Sie aus, ihnen stünde sowohl der zum Erlass einer einstweiligen Anordnung erforderliche Unterlassungsanspruch gegen die Antragsgegnerin als auch ein notwendiger Anordnungsgrund zur Seite.
Die Antragsteller verfügten über einen öffentlich-rechtlichen Anspruch auf Unterlassung der streitgegenständlichen Äußerungen. Die Antragsgegnerin habe mit ihren amtlichen Pressemitteilungen hoheitlich und rechtswidrig in das allgemeine Persönlichkeitsrecht des Antragstellers zu 2. ebenso eingegriffen wie in die Berufsfreiheit und das Unternehmenspersönlichkeitsrecht der Antragstellerin zu 1. Eine Äußerung betreffe jemanden in seinen subjektiv-öffentlichen Rechten, wenn der Betroffene den begründeten Verdacht habe, erkannt zu werden. Dieses sei im streitgegenständlichen Fall zu bejahen, denn die Antragstellerin zu 1. sei bekanntermaßen die Herausgeberin der I., der Antragsteller zu 2. der Redakteur, der für den Artikel vom 16. August 2018 verantwortlich zeichne. Des Weiteren drohe auch die rechtlich geforderte Gefahr einer Wiederholung der streitgegenständlichen Äußerungen. Die Antragsgegnerin habe weder eine Unterlassungserklärung abgegeben noch die streitgegenständlichen Pressemitteilungen entfernt, auf deren Rechtmäßigkeit sie weiterhin bestehe. In der Aufrechterhaltung der im Internet einsehbaren Pressemitteilungen liege nicht bloß eine Gefahr der Wiederholung eines rechtswidrigen Eingriffs in die Grundrechte der Antragsteller, sondern dessen konstante Begehung. Im Übrigen sei wegen des fortdauernden Strafverfahrens gegen den Oberbürgermeister damit zu rechnen, dass die Antragsteller weiterhin darüber berichteten und die Antragsgegnerin entsprechend reagiere. Dies zeige sich insbesondere anhand der Äußerungen des Oberbürgermeisters in seiner Haushaltsrede vom 16. August 2018.
Rechtswidrig, so die Antragsteller im Weiteren, sei der Eingriff bereits deshalb, weil der Antragsgegnerin die Kompetenz zur Abgabe derartiger Äußerungen fehle. Es ermangele einer gesetzlichen Rechtsgrundlage, welche die tatbestandlichen Voraussetzungen einer Äußerungsbefugnis spezifisch oder zumindest generell umschreibe. § 85 Abs. 5 S. 1 Niedersächsisches Kommunalverfassungsgesetz (NKomVG) erfülle diese Voraussetzung nicht.
Jedenfalls liege auf tatbestandlicher Ebene die von der Vorschrift geforderte „wichtige Angelegenheit“ der Antragsgegnerin nicht vor, wenn diese wegen unliebsamer Veröffentlichungen die Pressetätigkeit der Antragsteller insgesamt im Interesse des Oberbürgermeisters kritisiere. Die Antragsgegnerin berufe sich in diesem Zusammenhang in der Sache auf ein Recht zur staatlichen Teilhabe am „Meinungskampf“, welches ihr nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts jedoch mangels Grundrechtsberechtigung nach Art. 5 Abs. 1 S. 1 Grundgesetz (GG) überhaupt nicht zustehe. Insbesondere könne sich die Antragsgegnerin nicht darauf berufen, zulässige Verdachtsberichterstattung zu betreiben, denn auch diese resultiere aus der in Art. 5 Abs. 1 S. 2 GG verankerten Aufgabe der Presse, an der öffentlichen Meinungsbildung mitzuwirken. Anders als die Presse im Verhältnis zum Staat habe die Antragsgegnerin gerade nicht die Befugnis, als „Watchdog“ gegenüber der Presse zu fungieren. Sie verstoße überdies gegen die Garantie der Staatsfreiheit der Presse, welche die Freiheitlichkeit des Pressewesens garantiere. In Wechselwirkung mit diesem Grundsatz erlaube die kommunale Selbstverwaltungsgarantie beispielsweise die Veröffentlichung amtlicher Mitteilungen sowie den Bericht über Vorhaben der Kommunalverwaltung. Unzulässig sei hingegen, so wie im streitgegenständlichen Fall, eine pressemäßige Berichterstattung über das gesellschaftliche Leben in der Gemeinde; dieses sei nicht Aufgabe des Staates, sondern der Presse.
Die Antragsgegnerin habe ausschließlich die Befugnis, durch Rechtsstaatlichkeit, Ausgewogenheit und Distanz getragene Äußerungen zu tätigen. In diesem Zusammenhang verstießen die streitgegenständlichen Presseerklärungen gegen den Grundsatz, dass sich amtliche Äußerungen an den allgemeinen Grundsätzen für rechtsstaatliches Verhalten in der Ausprägung des Willkürverbots und des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes zu orientieren hätten. Aus dem Willkürverbot sei abzuleiten, dass die Äußerung und Verbreitung unwahrer Tatsachenbehauptungen unzulässig sei. In Bezug auf Werturteile verlange dieses Verbot, dass sie nicht auf sachfremden Erwägungen beruhen dürften, d.h. einerseits bei verständiger Beurteilung auf einem im Wesentlichen zutreffenden oder zumindest sachgerecht und vertretbar gewürdigten Tatsachenkern basierten, andererseits den sachlichen gebotenen Rahmen nicht überschritten. Auch Rechtsauffassungen dürften als Werturteile nicht auf sachfremden Erwägungen gründen. Anders als im Fall der zivil- oder strafrechtlichen Sanktionierung hoheitlicher Äußerungen sei zudem bei der Prüfung von Unterlassungsansprüchen gegen künftige hoheitliche Äußerungen bei der Abwägung zwischen Persönlichkeitsrecht und Meinungsfreiheit unter mehreren in Betracht kommenden Deutungsvarianten diejenige zugrunde zu legen, welche das Persönlichkeitsrecht des Betroffenen am stärksten beeinträchtige.
Unter Berücksichtigung dieses rechtlichen Maßstabs sei zunächst die Äußerung (1) der Antragsgegnerin unzulässig, die Antragstellerin zu 1. stehe im Verdacht, mit illegal beschafften Informationen die Unschuldsvermutung zu unterlaufen, ebenso wie die Aussage (2), der Antragsteller zu 2. habe sich mutmaßlich illegal Zugang zu Akten aus dem Ermittlungsverfahren verschafft.
Zum einen gebe es keine belastbaren Anhaltspunkte oder gar Beweise dafür, dass Personen, welche die Antragsteller mit den streitgegenständlichen Informationen aus den Ermittlungsakten versorgt hätten, unrechtmäßig gehandelt hätten, etwa unter Verstoß gegen ihre Verschwiegenheitspflichten als Amtsträger. Als Quelle der Informationen käme ein anonymer Anruf in Betracht, eine anonyme Übersendung von Strafakten oder die Auskunft eines privaten Dritten, welcher mit einem Amtsträger ein Hintergrundgespräch geführt habe. Zum anderen bestünden keine belastbaren Indizien für ein rechtswidriges Handeln der Antragsteller. Der Schutzbereich der Pressefreiheit umfasse auch das Recht zur Veröffentlichung rechtswidrig erlangter Informationen. Aus der bloßen Tatsache, dass eine Zeitung Informationen veröffentliche, welche der amtlichen Geheimhaltung unterlägen, dürfe ein Hoheitsträger unter Berücksichtigung der verfassungsgerichtlichen Rechtsprechung zum Informantenschutz der Presse überdies nicht schließen, dass der betreffende Journalist Anstiftung oder Beihilfe zum Geheimnisverrat geleistet habe. Diese Rechtsprechung habe zur Einführung des § 353b Abs. 3a Strafgesetzbuch (StGB) geführt, welcher Medienangehörige von einer Strafbarkeit wegen Beihilfe freistelle, wenn die Beihilfehandlung sich auf Entgegennahme, Auswertung und Veröffentlichung des Geheimnisses beschränke. Lediglich, wenn Redakteure etwa einen Amtsträger oder eine ihm unter Geheimhaltungsvorschriften gleichgestellte Person vorsätzlich unter Hervorrufung des Tatentschlusses dazu verleiteten, ihnen unter Verstoß gegen Geheimhaltungsvorschriften Informationen zu verschaffen, machten Sie sich unter dem Gesichtspunkt der Anstiftung strafbar. Hierfür habe die Antragsgegnerin jedoch keinerlei Anhaltspunkte benannt. Die Antragsgegnerin missachte diese rechtlichen Vorgaben, indem sie etwa mutmaße, der Antragsteller zu 2. habe sich die streitgegenständlichen Informationen illegal „verschafft“. Diese Aussage lasse sich, jedenfalls bei der das Persönlichkeitsrecht am meisten beeinträchtigenden Deutung, nur auf den Antragsteller zu 1. beziehen, nicht hingegen auf den Informanten oder einen sonstigen Dritten. Ebenso wenig ließen sich die Mutmaßungen der Antragsgegnerin mit der Begründung rechtfertigen, die ermittelnde Staatsanwältin sowie der Polizeipräsident der Polizeidirektion Hannover hätten der Antragsgegnerin versichert, kein Polizist oder Kriminalbeamter hätten die Akteninhalte oder Informationen hierüber an die Antragsteller herausgegeben. Eine derartige Aussage könnten die Betreffenden mangels verlässlicher Kenntnisse überhaupt nicht treffen. Rechtlich unzutreffend sei des Weiteren der Verweis der Antragsgegnerin auf § 353d Nr. 3 StGB, denn diese Vorschrift untersage Presseangehörigen ausdrücklich nur das wörtliche Zitat, lasse hingegen die Befugnis unberührt, sinngemäß über den Inhalt von Anklageschriften oder anderen Aktenbestandteilen zu berichten.
Ebenfalls zu untersagen, so die Antragsteller, sei die in der Pressemitteilung zitierte Aussage (3) des Oberbürgermeisters, es bestehe der Verdacht, dass unter dem Deckmantel der Pressefreiheit mit aus dem Zusammenhang gerissenen angeblichen Enthüllungen gezielt die Unschuldsvermutung unterlaufen werden solle. Anhaltspunkte dafür, dass dies beabsichtigt sei oder ein Verstoß gegen die Grundsätze der Verdachtsberichterstattung vorliege, habe die Antragsgegnerin nicht aufgezeigt. Im Übrigen beweise der tatsächlich erschienene Zeitungsartikel vom 16. August 2018 das Gegenteil.
Unzulässig sei auch die Aussage (4) in der Pressemitteilung: „Die neuerliche Skandalisierung überschreitet unserer Meinung nach die Grenzen zulässiger Verdachtsberichterstattung.“ Hierbei handele es sich um eine Erwägung aus sachfremden Erwägungen. Zum Zeitpunkt der ersten Presseerklärung hätten diese Grenzen denklogisch noch nicht überschritten sein können, weil es noch keine Veröffentlichung gegeben habe.
Die Antragsgegnerin sei ebenfalls zur Unterlassung der Äußerung (5) verpflichtet, die Veröffentlichungen in der I. vom 16. August 2018 würden schwarz auf weiß belegen, dass die in der Pressemitteilung der Antragsgegnerin vom 13. August 2018 vorgetragenen Verdachtsmomente gegen einen namentlich nicht genannten Journalisten zutreffend gewesen seien. Entsprechendes gelte für die Äußerung (6): „Damit besteht zumindest der dringende Verdacht, dass der Journalist die Information in unzulässiger Weise erlangt hat.“ Ihre Veröffentlichungen, so die Antragsteller, belegten lediglich, dass sie gut gearbeitet hätten. Der Artikel würde die Unsachlichkeit der Presseerklärung beweisen, denn er entkräfte die dort aufgestellten Verdächtigungen vollumfänglich. Ebenso wenig bestehe, wie dargestellt, ein Verdacht, dass der Antragsteller zu 2. unrechtmäßig gehandelt habe. Die Passage stelle außerdem eine unzulässige Vorverurteilung dar, weil die Antragsgegnerin ihren Verdacht nunmehr selbst als „dringend“ einstufe.
Bei der Prüfung der streitgegenständlichen Äußerungen sei auch zu berücksichtigen, dass die Antragsteller mit ihrer Berichterstattung eine überragende öffentliche Aufgabe im Sinne des § 3 Niedersächsisches Pressegesetz (NPresseG) wahrgenommen hätten. Zum einen stehe die Berichterstattung über ein Ermittlungsverfahren gegen den Oberbürgermeister einer großen deutschen Kommune im erheblichen Interesse der Öffentlichkeit. Zum anderen sei zu berücksichtigen, dass sich niemand auf das Recht der Privatheit in Ansehung solcher Tatsachen berufen könne, die er selbst der Öffentlichkeit preisgegeben habe. Dieser Grundsatz gelte auch im streitgegenständlichen Fall, denn die Antragsgegnerin habe ihren Oberbürgermeister massiv darin unterstützt, dessen Beweise und Beteuerungen für seine Unschuld per Presseerklärung dem Bürger mitzuteilen. Dabei habe der Oberbürgermeister gleich in mehreren Erklärungen das Ermittlungsverfahren gegen ihn selbst bestätigt und die Beweislage in seinem Sinne einseitig kommentiert. Umso mehr sei es Aufgabe der Antragsteller, hier die Öffentlichkeit auch über die gegen ihn sprechenden Indizien zu informieren.
Schließlich machen die Antragsteller geltend, selbst wenn man der Antragsgegnerin die Befugnis zur Verdachtsberichterstattung zubillige, habe sie mit ihren beiden Pressemitteilungen die Grundsätze einer zulässigen Verdachtsberichterstattung verletzt. Diese erforderten – abhängig von der Beeinträchtigung des Persönlichkeitsrechts des Betroffenen – das Vorliegen eines Mindestbestandes an Beweistatsachen, welche für den Wahrheitsgehalt der Information sprächen und ihr „Öffentlichkeitswert“ verliehen. Die Darstellung dürfe nicht vorverurteilend bzw. einseitig sein, zudem sei vor der Veröffentlichung regelmäßig eine Stellungnahme des Betroffenen einzuholen. Schließlich müsse es sich um einen Vorgang von gravierendem Gewicht handeln, dessen Mitteilung durch ein Informationsbedürfnis der Allgemeinheit gerechtfertigt sei. Drei dieser Erfordernisse habe die Antragsgegnerin nicht gewahrt. Es mangele an einem Mindestbestand an Beweistatsachen, einer ausgewogenen, differenzierten Darstellung sowie der Einholung einer Stellungnahme durch eine substantiierte Konfrontation, d.h. im deutlich sichtbaren Gegensatz zur kommentarlosen Übersendung einer bereits vollständig abgefassten Pressemitteilung. Hätte die Antragsgegnerin die Antragsteller befragt, hätten sie darauf verwiesen, dass weder sie noch ihre Informanten illegal gehandelt hätten.
Die Antragsteller sind des Weiteren der Ansicht, auch der notwendige Anordnungsgrund läge vor. Ein Abwarten bis zu einer Entscheidung in der Hauptsache sei ihnen nicht zumutbar, weil die Behauptungen der Antragsgegnerin das Ansehen der Antragsteller sowie das Vertrauen der Bevölkerung in ihre Pressearbeit erschüttern könnten. Hiermit bestehe die Gefahr, dass sich Leser von der I. als Tageszeitung abwendeten, zumal auch der Prozessbevollmächtigte der Antragsgegnerin ihre Arbeit im Internet mit Fällen rechtswidriger Presseberichterstattungen über Behördeninterna verglichen habe.
Die Antragsteller beantragen (Bl. 74 R, 102 R f. d. GA),
der Antragsgegnerin im Wege der einstweiligen Anordnung zu untersagen, weiterhin zu behaupten und/oder zu verbreiten:
1. „Zeitung steht in Verdacht, mit illegal beschafften Informationen die Unschuldsvermutung zu unterlaufen.“
2. „Ein Redakteur der I. hat sich mutmaßlich illegal Zugang zu Akten aus dem Ermittlungsverfahren gegen Oberbürgermeister F. verschafft.“
3. „Oberbürgermeister F. dazu: „Es besteht der Verdacht, dass unter dem Deckmantel der Pressefreiheit mit aus dem Zusammenhang gerissenen angeblichen Enthüllungen gezielt die Unschuldsvermutung unterlaufen werden soll.“
4. „„Die neuerliche Skandalisierung überschreitet unserer Meinung nach die Grenzen zulässiger Verdachtsberichterstattung“, so Oberbürgermeister F. weiter.“,
wenn dies jeweils geschieht wie in der Presseerklärung vom 13. August 2018
sowie
5. „Die Veröffentlichungen in der des heutigen Tages (16.08.2018) belegen schwarz auf weiß, dass die in der Pressemitteilung der Stadt vom vergangenen Montag vorgetragenen Verdachtsmomente gegen einen namentlich nicht genannten Journalisten zutreffend waren.“
6. Damit besteht zumindest der dringende Verdacht, dass der Journalist die Informationen in unzulässiger Weise erlangt hat.“,
wenn dies jeweils geschieht wie in der Presseerklärung vom 16. August 2018.
Die Antragsgegnerin beantragt,
den Antrag abzulehnen,
hilfsweise, über einen etwaigen Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung nicht ohne vorherige mündliche Verhandlung zu entscheiden.
Zur Begründung führt sie aus, der geltend gemachte Anordnungsanspruch bestehe nicht.
Beide Antragsteller seien nicht aktivlegitimiert, denn ihre subjektiv-öffentliche Rechte seien durch die streitgegenständlichen Pressemitteilungen nicht betroffen. Die Antragsteller seien aufgrund der Angaben in den beiden Veröffentlichungen der Antragsgegnerin nicht individualisierbar, da sie namentlich nicht benannt würden. Im Übrigen würde ein Leser bei der Lektüre des Artikels vom 16. August 2018 nicht zwangsläufig den Rückschluss ziehen, dass der als Verfasser des Artikels angegebene Redakteur für die Beschaffung sämtlicher Informationen verantwortlich sei.
Des Weiteren fehle es an der für einen Unterlassungsanspruch erforderlichen Gefahr der Wiederholung der angegriffenen Äußerungen. Diese folge insbesondere nicht aus dem Umstand, dass die Antragsgegnerin weder eine strafbewehrte Unterlassungserklärung abgegeben noch die Pressemitteilung von ihrer Homepage gelöscht habe.
Ein Unterlassungsanspruch, so die Antragsgegnerin im Weiteren, scheide jedenfalls deshalb aus, weil alle angegriffenen Äußerungen in den Pressemitteilungen der Antragsgegnerin die Voraussetzungen rechtmäßiger Tatsachenbehauptungen oder Werturteile erfüllten.
Die Antragsgegnerin habe die Befugnis nach § 85 NKomVG, hilfsweise nach § 4 NPresseG, die Bürger in wichtigen Angelegenheiten der örtlichen Gemeinschaft zu informieren. Dabei stehe in der Rechtsprechung zur Zulässigkeit behördlicher Warnungen außer Frage, dass Hoheitsträger auch über bloße Verdachtsmomente berichten dürften; dieses zeige sich auch in den Presseinformationen der Staatsanwaltschaften betreffend laufende Ermittlungsverfahren.
Auf tatbestandlicher Ebene, d.h. bei der Prüfung der Rechtfertigung der Äußerungen, sei fraglich, ob die vom Bundesgerichtshof aufgestellten Grundsätze der rechtmäßigen Verdachtsberichterstattung auch für die Antragsgegnerin gälten, denn bei den hierin definierten journalistischen Sorgfaltspflichten handele es sich um ein Korrektiv zu den umfassenden Rechten, welche aus der Pressfreiheit resultierten, auf welche sich die Antragsgegnerin als Hoheitsträgerin gerade nicht berufen könne. Anders als die Antragsteller systemwidrig suggerierten, handele es sich bei den Regeln der Verdachtsberichterstattung also nicht um ein aus Art. 5 Abs. 1 S. 2 GG folgendes Recht, sondern eine Beschränkung der grundrechtlichen Äußerungsbefugnis von Presseorganen. Sofern man dennoch im streitgegenständlichen Fall diese Grundsätze in modifizierter Form anwenden wolle, seien die diesbezüglichen Voraussetzungen jedenfalls erfüllt.
Insbesondere liege ein Mindestmaß an objektiven Beweistatsachen vor, welche die Verdachtsberichterstattung rechtfertigten, denn ein rechtswidriges Verhalten der Antragsteller sei offensichtlich. Unabhängig davon, welchen Sachverhalt man zugrunde lege, könne die Ermittlungsakte nicht rechtmäßig an die Antragsteller gelangt sein. Entweder sei die Akte infolge einer strafbaren Verletzung von Dienstgeheimnissen (§ 353b Abs. 1 StGB) an die Antragsteller geraten, wobei diese an dem Rechtsbruch vermutlich sogar mitgewirkt, jedenfalls aber diesen ausgenutzt hätten. Oder die Antragsteller hätten ohne Vermittlung eines Amtsträgers als Quelle auf andere, zwingend rechtswidrige Weise Zugriff auf die Akte erhalten. In Betracht käme nach alledem eine strafbare Teilnahme (Anstiftung oder Beihilfe) an einer Straftat nach § 353b StGB, eine rechtswidrige Beschaffung nach § 202a, § 202b oder § 202c StGB oder, wenn die Antragsteller lediglich von einer rechtswidrigen Beschaffung gewusst hätten, eine Strafbarkeit nach § 202d StGB.
Im Übrigen stelle es unabhängig von den konkreten Umständen der Informationsbeschaffung einen Rechtsverstoß dar, Details aus der Ermittlungsakte zu veröffentlichen und/oder dies anzukündigen, denn ein derartiges Verhalten verletze die Unschuldsvermutung. Die gebotene Abwägung zwischen dem Eingriff in das Persönlichkeitsrecht des Oberbürgermeisters der Antragsgegnerin und dem Informationsinteresse der Öffentlichkeit gehe zugunsten des Ersteren aus. Selbst wenn die Antragsteller die an die Verdachtsberichterstattung geforderten Sorgfaltsgrundsätze eingehalten hätten, so würde dies angesichts der weiterhin bestehenden Unschuldsvermutung zugunsten des Oberbürgermeisters der Antragsgegnerin jedenfalls nicht einen derart weitreichenden Eingriff in dessen Persönlichkeitsrechte rechtfertigen, wie er vorliegend durch die Nennung von Einzelheiten aus der Ermittlungsakte jedenfalls in der streitgegenständlichen Gesamtheit erfolge. In diesem Zusammenhang sei insbesondere der Sinn und Zweck des § 353d Nr. 3 StGB zu berücksichtigen, der im Interesse der Unschuldsvermutung die öffentliche wörtliche Mitteilung des Inhalts der Anklageschrift oder anderer amtlicher Schriftstücke unter Strafe stelle und damit auch die Pressefreiheit in verfassungskonformer Weise einschränke. Der Umstand, dass im streitgegenständlichen Verfahren nicht die wörtliche Wiedergabe von Akteninhalten Gegenstand der Berichterstattung der Antragsteller sei, führe zu keinem anderen Ergebnis. Der Schutz des Persönlichkeitsrechts des Oberbürgermeisters der Antragsgegnerin werde nämlich durch die Vorschrift des § 353d Nr. 3 StGB nur unzureichend gewahrt. Die Ratio der Norm erlaube den deutlichen Schluss, dass ein Schutz des Persönlichkeitsrechts geboten sei, wenn ein Presseerzeugnis eine Vielzahl von Inhalten aus der Ermittlungsakte nicht in wörtlicher Form wiedergebe, aber indirekt. Fehl gehe auch der Verweis auf die Rechtsfigur der Selbstöffnung, der zufolge öffentlichkeitswirksame Äußerungen des Grundrechtsträgers zur Preisgabe des Persönlichkeitsschutzes führen können. Um die Persönlichkeitssphäre des Oberbürgermeisters gehe es im streitgegenständlichen Fall überhaupt nicht, sondern um einen Bericht über staatsanwaltschaftliche Ermittlungen, die sich mit einem die Amtsausübung des Oberbürgermeisters betreffenden Sachverhalt befassen. Die Öffentlichkeit sei bereits durch die Einleitung des Verfahrens geschaffen worden. Dass der Oberbürgermeister als Amtsperson sodann in drei Pressemitteilungen aus Juni 2018 eine Stellungnahme zu den Ermittlungen abgeben habe, sei eine zwingende Reaktion hierauf gewesen. Entgegen der Auffassung der Antragsteller enthielten diese Äußerungen auch keine vorverurteilenden Aussagen gegenüber den übrigen beiden von straf- und disziplinarrechtlichen Ermittlungen betroffenen Beschäftigten der Antragsgegnerin, sondern eine vollständige und korrekte Stellungnahme in einer Angelegenheit, in der ein maximales öffentliches Informationsinteresse bestanden habe.
Im Einklang mit den Grundsätzen der rechtmäßigen Verdachtsberichterstattung sei die Pressemitteilung der Antragsgegnerin auch nicht vorverurteilend, sondern dem Verdachtsgrad angemessen, d.h. ausgewogen, ausdrücklich ergebnisoffen und ohne konkrete Namensnennung. Darüber hinaus habe die Antragsgegnerin zuvor alle Recherchemöglichkeiten ausgenutzt, um zu ermitteln, ob die Informationen ggf. rechtswidrig in den Besitz der Antragsteller gelangt seien, weil etwa Staatsanwaltschaft oder Polizei die Akte herausgegeben hätten. Auf das Ergebnis dieser Recherche habe die Antragsgegnerin in der Pressemitteilung hingewiesen, was dem Leser eine eigene Bewertung der Verdachtslage erleichtere. Dass die Verdachtsberichterstattung zulässig gewesen sei, zeige sich auch daran, dass die Antragsteller den Vorwurf bisher nicht dementiert hätten.
Schließlich habe die Antragsgegnerin das in den Regeln der Verdachtsberichterstattung begründete Anhörungserfordernis (Konfrontationsgebot) überobligationsmäßig erfüllt, sollte es denn überhaupt auf sie Anwendung finden. Sie habe den Antragstellern die Gelegenheit gegeben, vor der Veröffentlichung der Pressemitteilung Stellung zu nehmen, indem sie diese sogar komplett im Wortlaut zur Verfügung gestellt habe. Selbst wenn keine Anhörung stattgefunden hätte, wäre dies im Übrigen im vorliegenden Fall ein unbeachtlicher Formfehler. Ein relevanter Anhörungsverstoß setze nämlich voraus, dass der Betroffene den Vorwurf entkräftet hätte, wofür sich angesichts der nachträglichen Ausführungen der Antragsteller keinerlei Anhaltspunkte böten.
Auch unter Zugrundlegung der Anforderungen, welche die verwaltungsgerichtliche Rechtsprechung an die Rechtmäßigkeit amtlicher Äußerung stelle, seien die streitgegenständlichen Äußerungen rechtlich nicht zu beanstanden. Sie wahrten die allgemeinen Grundsätze für rechtstaatliches Verhalten in der Ausprägung des Willkürverbots und des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes.
Eine unwahre Tatsachenbehauptung liege nicht vor, denn die Antragsgegnerin mache durch entsprechende Formulierungen deutlich, dass sie lediglich über einen Verdacht berichte („steht in Verdacht“, „mutmaßlich illegal“, „Es soll jetzt geprüft werden, ob“).
Sämtliche der in den streitgegenständlichen Pressemitteilungen enthaltenen Werturteile wahrten unter Berücksichtigung der Ausführungen zur Verdachtsberichterstattung überdies das aus dem Willkürverbot und Verhältnismäßigkeitsgrundsatz folgende Sachlichkeitsgebot, da sie nicht auf sachfremden Erwägungen beruhten (S. 150 ff. d. GA). Die Antragsteller hätten nach Maßgabe dieses Prüfungsmaßstabs keinen Anspruch darauf, dass die Antragsgegnerin es unterlasse, bestimmte Rechtsauffassungen zu äußern. Bei verständiger Würdigung basierten sie auf einem im Wesentlichen zutreffenden oder zumindest sachgerecht und vertretbar gewürdigten Tatsachenkern. Zudem überschritten sie nicht den sachlich gebotenen Rahmen, zumal die Antragsgegnerin ersichtlich zum Ausdruck gebracht habe, dass es sich um einen vorläufigen Verdacht handele. Die Frage, ob die Äußerung einer bestimmten Rechtsauffassung zu untersagen sei, könne auch nicht davon abhängen, ob das entscheidende Gericht der einen oder der anderen Rechtsansicht zuneige. Im Rahmen der Verhältnismäßigkeit sei überdies zu berücksichtigen, dass das im Äußerungsrecht ebenfalls für staatliche Repräsentanten anerkannte Recht zum Gegenschlag für die Antragsgegnerin streite.
Dass die vier angegriffenen Äußerungen zulässig seien, so die Antragsgegnerin, ergebe sich bereits bei isolierter Betrachtung jeder einzelnen Äußerung.
Die Äußerung (1): „Zeitung steht in Verdacht, mit illegal beschafften Informationen Unschuldsvermutung zu unterlaufen.“, basiere auf der wahren Tatsachenbehauptung, dass die Antragsteller über Informationen verfügten. Sachgerecht sei überdies die Wertung, es bestehe der Verdacht, die Antragsteller hätten sich die Informationen beschafft. Dies gelte auch dann, wenn die Antragsteller weiterhin behaupteten, sie hätten die Informationen nicht aus eigener Initiative erhalten. Wie auch der Vergleich zur strafrechtlichen Auslegung des Begriffs „Sich-Verschaffen“ im Sinne des § 202c StGB zeige, erfordere ein Sich-Beschaffen lediglich die aktive Kenntnisnahme der betreffenden Informationen, und sei es durch bloßen Fund. Wer nicht wegsehe, verschaffe sich Zugang. Ebenso lägen auch ausreichende Anknüpfungstatsachen für die (wiederum lediglich in Verdachtsform geäußerte) Wertung vor, die Informationen könnten illegal beschafft worden sei. Nach allen denkbaren Sachverhaltsvarianten sei der Zugang zu der Ermittlungsakte außerdem illegal erfolgt. Hierfür reiche bereits der Rechtsverstoß der Person, welche die Informationen entgegen § 353b, § 353d Nr. 3 StGB, § 202a, § 202b StGB weitergereicht habe.
Lebensnäher sei im Übrigen ein kollusives Zusammenwirken zwischen Presse und Geheimnisträger, wofür im vorliegenden Fall auch spreche, dass die Antragsteller es unterließen, in anonymisierter und abstrahierter Form darzulegen, wie sie den Zugang erhalten hätten. Aufgrund der zwischenzeitlich im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes zutage getretenen Informationen stehe für die Antragsgegnerin mittlerweile sogar mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit fest, dass ein Mitarbeiter der Antragstellerin zu 1. an dem Rechtsverstoß beteiligt gewesen sei. Im Gegensatz zu anderen Fällen der rechtswidrigen Bekanntgabe von Ermittlungsergebnissen gebe es im vorliegenden Fall keinen „Überzeugungstäter“ bei der Staatsanwaltschaft oder Polizei, der ein irgendwie geartetes Eigeninteresse, etwa ideologischer Natur, an der Veröffentlichung habe. Selbst wenn dies der Fall wäre, hätte sich der Betreffende vor Begehung des Rechtsbruches wegen der ihm drohenden Risiken außerdem sicherlich mit der Antragstellerin zu 1. abgesprochen. Dann aber hätte sich der kontaktierte Mitarbeiter der Antragstellerin zu 1. zumindest als Teilnehmer einer Straftat nach § 353b StGB strafbar gemacht, d.h. wegen Anstiftung oder Beihilfe. Mit diesem Element der Pressemitteilung vom 13. August 2018 habe sich die Antragsgegnerin, anders als die Antragsteller argumentierten, auch nicht gegen die bevorstehende Verwendung der Informationen in dem Presseartikel vom 16. August 2018 gewandt, sondern ausschließlich gegen deren rechtswidrige Erlangung.
Zu Unrecht beriefen sich die Antragsteller im Übrigen auf die Rechtsprechung, wonach illegal beschaffte Materialien von der Presse verwendet werden dürften, denn diese Fälle seien an entscheidender Stelle ganz anders gelagert, nämlich durch eine Mehraktigkeit gekennzeichnet. Zwischen der illegalen Informationsbeschaffung – etwa dem Einbruch in einen Tiermastbetrieb nebst Anfertigung von Lichtbildaufnahmen – und der späteren Veröffentlichung in der Presse habe jeweils eine zeitliche Zäsur gelegen. Deshalb habe die Presse an dem vollendeten Rechtsverstoß auch nicht mitgewirkt. Lediglich diesen Fall erfasse die von den Antragstellern angesprochene Ausnahmevorschrift des § 353b Abs. 3a StGB, indem sie eine Beihilfestrafbarkeit ausschließe, wenn sich die Handlung auf die „Entgegennahme, Auswertung oder Veröffentlichung des Geheimnisses“ beschränke. Habe es bereits vor der Beschaffung irgendeinen Kontakt zwischen Täter und Pressemedium gegeben, so wie im streitgegenständlichen Fall, sei die Vorschrift nicht anwendbar. Dafür, dass sich der Kontakt zwischen den Antragstellern und dem Informanten vorliegend anders zugetragen habe, seien Erstere darlegungsbelastet. Ihr Verweis auf einen Informantenschutz sei ein leicht zu entkräftendes Scheinargument und diene allein dazu, ihre eigene Beteiligung zu verheimlichen. Ein anderes Ergebnis folge vorliegend auch nicht aus der von den Antragstellern zitierten Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts zum presserechtlichen Informantenschutz, denn die zugrundeliegenden Sachverhalte seien nicht vergleichbar. Jene habe die Rechtmäßigkeit eingriffsintensiver Maßnahmen gegenüber Trägern der Pressefreiheit betroffen, namentlich polizeiliche Durchsuchungen und Beschlagnahmungen in Presseräumlichkeiten wegen des Verdachts der Teilnahme an einem Geheimnisverrat. Im streitgegenständlichen Fall stehe hingegen die bloße Äußerung eines Verdachts in Rede.
Ebenfalls ausreichend faktenbasiert und damit zulässig sei schließlich die in der Aussage (1) enthaltene Wertung, es bestehe der Verdacht, die „Unschuldsvermutung“ könne durch die Veröffentlichung der Informationen „unterlaufen“ werden. Die Antragsteller hätten sich nämlich in ihrer E-Mail vom 13. August 2018 ausdrücklich auf Ermittlungserkenntnisse der Kriminalpolizei berufen. Dass in einem derartigen Fall die Unschuldsvermutung unterlaufen werden könne, ergebe sich aus dem Gesetzeszweck des § 353d Nr. 3 StGB.
In Ansehung der streitgegenständlichen Äußerung (2): „Ein Redakteur der I. hat sich mutmaßlich illegal Zugang zu Akten aus dem Ermittlungsverfahren gegen Oberbürgermeister F. verschafft.“, sei eingangs klarzustellen, dass nur der Antragsteller zu 2. aktivlegitimiert sei, weil die Antragsgegnerin nur über dessen persönliches Fehlverhalten berichte. Im Übrigen beruhe auch diese in Verdachtsform geäußerte Wertung auf einem vertretbar gewürdigten Tatsachenkern; die vorangegangenen Erwägungen gälten insofern entsprechend. Insbesondere habe die Antragsgegnerin nicht behauptet, dass der Antragsteller zu 2. im Besitz der Akte sei, sondern vom bloßen Zugang zur Akte gesprochen.
Nicht zu beanstanden, so die Antragsgegnerin im Weiteren, sei die Aussage (3): „Oberbürgermeister F. dazu: „Es besteht der Verdacht, dass unter dem Deckmantel der Pressefreiheit mit aus dem Zusammenhang gerissenen angeblichen Enthüllungen gezielt die Unschuldsvermutung unterlaufen werden soll.“ Dieses Zitat enthalte keine zusätzlichen Tatsachen, sondern eine reine Wertung in Verdachtsform. Diese sei zulässig, da zurückhaltend formuliert und faktenbasiert. Die Richtigkeit der Verdachtsäußerung habe sich überdies in der späteren Berichterstattung der Antragsteller bestätigt.
Keinen rechtlichen Bedenken begegne außerdem der Bestandteil der Pressemitteilung (4): „Die neuerliche Skandalisierung überschreitet unserer Meinung nach die Grenzen zulässiger Verdachtsberichterstattung“, so Oberbürgermeister F. weiter.“ Hierbei handele es sich um eine sachlich formulierte, reine Wertung durch die Antragsgegnerin ohne jedweden zusätzlichen tatsächlichen Inhalt.
Die Zulässigkeit der Äußerungen in der Pressemitteilung, so die Antragsgegnerin im Weiteren, ergebe sich schließlich aus der notwendigen Gesamtschau. Den verbleibenden Ungewissheiten habe die Antragsgegnerin mit dem Einschub der Relativierungen „mutmaßlich“, „in Verdacht stehend“ und „unserer Meinung nach“ hinreichend Rechnung getragen. Dabei relativierten und verstärkten sich die Relativierungen in den einzelnen Äußerungen, zumal der Abschluss der Mitteilung die Eingriffsintensität nochmals massiv mit der Formulierung abschwäche: „Es soll jetzt geprüft werden, ob und wer der I. unzulässig Zugang zu amtlichen Verschlusssachen verschafft hat.“
Darüber hinaus fehle es an einem Anordnungsgrund, denn den Antragstellern entstünden durch das Zuwarten auf eine Entscheidung im Hauptsacheverfahren keine Nachteile.
Am 31. Januar 2019 berichtete die Antragstellerin zu 1. darüber, dass der ehemalige Büroleiter des Oberbürgermeisters der Antragsgegnerin sich weigere, die ihm gewährte Gehaltszulage zurückzuzahlen. Am 2. Februar 2018 veröffentlichten die Antragsteller in der I. einen Artikel mit der Überschrift „Ermittlungen abgeschlossen: Wie geht es für F. weiter?“ Hierin teilten die Antragsteller mit, die Polizei habe die Ermittlungen gegen den Oberbürgermeister der Antragsgegnerin und die übrigen beiden Beschäftigten abgeschlossen. Das Ergebnis sei unter Verschluss. Nach Informationen der gingen die Ermittler u.a. davon aus, der Oberbürgermeister der Antragsgegnerin könne sich der Haushaltsuntreue durch Unterlassen strafbar gemacht haben. Die Ermittler meinten herausgefunden zu haben, dass er u.a. von den rechtswidrigen Zulagen für seinen damaligen Büroleiter gewusst habe, die Entscheidungen für die Gehaltsboni mitgetragen und ihre Auszahlung selbst dann nicht gestoppt habe, als ihm – nach Ansicht der Ermittler – spätestens im Oktober 2017 klar gewesen sei, dass dies rechtswidrig sei. Seit diesem Tag habe er nämlich nach Einschätzung der ermittelnden Beamten ein rathausinternes Gutachten gekannt, dem zufolge es keine gesetzliche Grundlage dafür gebe, kommunalen Beamten auf Lebenszeit der Besoldungsgruppe B 2 eine Zulage oder eine Mehrarbeitsvergütung zu zahlen. Sollte diese Einschätzung der Ermittler zutreffen, wäre das für den Oberbürgermeister ein rechtliches wie politisches Problem. Die Ermittler legten nämlich ebenfalls nahe, dass er sodann zwei Tage später am in einer Sitzung des Verwaltungsausschusses am 26. Oktober 2017 bewusst wahrheitswidrig die Frage nach Unregelmäßigkeiten bei der Bezahlung seines Büroleiters verneint habe. Die Frage von Ratsherren, ob er in die Gehaltserhöhung eingeweiht gewesen sei, habe er in einer Ratssitzung am 30. November 2017 außerdem ausweichend beantwortet.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und des beigezogenen Verwaltungsvorgangs Bezug genommen.
II.
Die Kammer entscheidet gemäß § 123 Abs. 4, § 101 Abs. 3 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO) im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes durch Beschluss ohne vorherige mündliche Verhandlung, wobei die Beteiligten umfassend Gelegenheit hatten, den nach ihrer Ansicht maßgeblichen Sachverhalt schriftlich darzustellen.
Der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung ist zulässig, insbesondere als Antrag auf Erlass einer einstweiligen Regelungsanordnung statthaft. Nach § 123 Abs. 1 S. 2 VwGO sind einstweilige Anordnungen auch zur Regelung eines vorläufigen Zustands in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis zulässig, wenn diese Regelung, vor allem bei dauernden Rechtsverhältnissen, um wesentliche Nachteile abzuwenden oder drohende Gewalt zu verhindern oder aus anderen Gründen nötig erscheint.
Darüber hinaus erweist sich der Antrag zum weit überwiegenden, aus dem Tenor ersichtlichen Teil als begründet. Die Antragsteller haben insoweit sowohl einen Anordnungsanspruch als auch einen Anordnungsgrund glaubhaft gemacht (§ 123 Abs. 3 VwGO i.V.m. § 920 Abs. 2, § 936, § 294 ZPO), wobei die gerichtliche Anordnung mit dem beantragten Inhalt ergehen darf.
Rechtsgrundlage des von den Antragstellern geltend gemachten Anspruchs ist der gewohnheitsrechtlich anerkannte, quasi-negatorische öffentlich-rechtliche Unterlassungsanspruch (OVG NRW, Urteil vom 23.04.1999 – 21 A 490/97, juris Rn. 5-9 m.w.N.), welcher entweder aus einer analogen Anwendung des § 1004 Abs. 1 S. 2 BGB folgt (Laubinger, VerwArch. 1989, S. 261 (292)) oder dem Rückgriff auf die Abwehrfunktion der Grundrechte (BVerwG, Urteil vom 21.5.2008 – 6 C 13/07, juris Rn. 13; OVG MV, Urteil vom 25.01.2008 – 2 M 43/07, juris Rn. 9 f.). Tatbestandlich setzt dieser Anspruch voraus, dass ein rechtswidriger hoheitlicher Eingriff in ein subjektiv-öffentliches Recht andauert oder hinreichend konkret bevorsteht (VG München, Beschluss vom 05.12.2017 – M 10 E 17.2979, BeckRS 2017, 143080, Rn. 28). Diese Voraussetzungen sind hier in Ansehung von fünf der sechs streitgegenständlichen Äußerungen erfüllt, d.h. mit Blick auf die Aussagen (1) bis (3), (5) und (6). Die Antragsteller sind auch aktivlegitimiert, weil sie Träger der durch die Pressemitteilungen beeinträchtigten subjektiv-öffentlichen Rechte sind.
Mit den auf der städtischen Internetseite veröffentlichten Pressemitteilungen vom 13. und 16. August hat die Antragsgegnerin in Grundrechte der Antragsteller im spezifischen Sachzusammenhang mit der Erfüllung hoheitlicher Aufgaben eingegriffen, d.h. unter Rückgriff auf sachliche und personelle Ressourcen der kommunalen Öffentlichkeitsarbeit (vgl. Kalscheuer, KommJur 2018, S. 121 (123)). Ein staatlicher Eingriff in ein Grundrecht besteht in jeder rechtsförmigen Maßnahme, welche unmittelbar, final und imperativ grundrechtlich geschützte Freiheiten beeinträchtigt (sog. klassischer Eingriffsbegriff; s. Herdegen, in: Maunz/Dürig (Hrsg.), Grundgesetz, Stand: August 2018, Art. 1 Abs. 3 GG, Rn. 39; Sachs, Verfassungsrecht II – Grundrechte, 3. Auflage 2017, Kap. 8, Rn. 6 ff., jeweils m.w.N.). Der Grundrechtsschutz des Art. 1 Abs. 3 GG ist jedoch nicht auf Eingriffe im klassischen Sinne begrenzt, sondern erfasst auch faktische und mittelbare Beeinträchtigungen, sofern sich die Maßnahme nach der (objektiven) Zielsetzung und Wirkung als Ersatz für einen klassischen Eingriff darstellt (BVerfG, Beschluss vom 26.06.2002 – 1 BvR 670/91, NJW 2002, S. 2626 (2628 f.) – Jugendsekte; BVerwG, Urteil vom 25.10.2017 – 6 C 46/16. NJW 2018, S. 716 (720), Rn. 32). Ein Grundrechtseingriff liegt hiernach auch in jedem bloßen faktischen Handeln des Staates, welches (ggf. nur mittelbar) ein in den Schutzbereich eines Grundrechts fallendes Verhalten erschwert oder verhindert, sofern dieses eine gewisse Intensität aufweist und dem Staat zurechenbar sowie vorhersehbar ist (sog. moderner Eingriffsbegriff; Epping, Grundrechte, 6. Auflage 2015, Rn. 393 ff. m.w.N.). Die letzteren Voraussetzungen sind hier gegeben. Die streitgegenständlichen Pressemitteilungen beinhalten faktische Eingriffe in die Grundrechte der Antragsteller auf Presse- (Art. 5 Abs. 1 S. 2 Var. 1, Art. 19 Abs. 3 GG) und Meinungsfreiheit (Art. 5 Abs. 1 S. 1 Var. 1, Art. 19 Abs. 3 GG), ferner in das allgemeine Persönlichkeitsrecht des Antragstellers zu 2. (Art. 2 Abs. 1 i.V.m. Art. 1 Abs. 1 GG) und die Berufsausübungsfreiheit der Antragstellerin zu 1. (Art. 12 Abs. 1 GG, Art. 19 Abs. 3 GG).
Art. 5 Abs. 1 S. 2 Var. 1 GG gewährleistet in seiner subjektiv-rechtlichen Dimension den im Bereich der Presse tätigen Personen und Organisationen Freiheitsrechte gegen den Staat; er garantiert darüber hinaus in seiner objektiv-rechtlichen Bedeutung das Institut der Eigenständigkeit der Presse (BVerfG, Urteil vom 27.02.2007 – 1 BvR 538/06, NJW 2007, S. 1117 (1118) m.w.N. – CICERO). Die Pressefreiheit schützt die Grundrechtsträger dabei vor Einflussnahmen des Staates auf die mit Hilfe der Presse verbreiteten Informationen, insbesondere vor negativen oder positiven Sanktionen, welche an Inhalt und Gestaltung des Presseerzeugnisses anknüpfen (BVerfG, Beschluss vom 24.05.2005 – 1 BvR 1072/01, juris Rn. 55 – Junge Freiheit; Beschluss vom 06.06.1989 – 1 BvR 727/84, juris – Pressesubventionen). Der Gewährleistungsbereich der Pressefreiheit reicht von der Beschaffung der Information bis zur Verbreitung der Nachricht und schließt diejenigen Voraussetzungen und Hilfstätigkeiten mit ein, ohne welche die Medien ihre Funktion nicht in angemessener Weise erfüllen können. Geschützt ist namentlich die Geheimhaltung der Informationsquellen und das Vertrauensverhältnis zwischen Presse und den Informanten. Dieser Schutz ist unentbehrlich, weil die Presse auf private Mitteilungen nicht verzichten kann, diese Informationsquelle jedoch nur dann effektiv zum Einsatz kommt, wenn sich der Informant grundsätzlich auf die Wahrung des Redaktionsgeheimnisses verlassen kann (BVerfG, Urteil vom 27.02.2007 – 1 BvR 538/06, NJW 2007, S. 1117 (1118) m.w.N. – CICERO). Dieser Gewährleistungsgehalt ist im vorliegenden Fall berührt, denn die Äußerungen der Antragsgegnerin betreffen die von der Antragstellerin zu 1. herausgegebene Zeitung sowie den Antragsteller zu 2. in seiner beruflichen Funktion als deren Redakteur, wobei sie jeweils an die Modalitäten der Recherche und den Inhalt der von den Antragstellern verantworteten Presseanfrage und des anschließenden Zeitungsartikels anknüpfen.
Überdies beeinträchtigen die Aussagen in der Pressemitteilung die Pressefreiheit der Antragsteller in einer der Antragsgegnerin zurechen- und vorhersehbaren Form. Art. 5 Abs. 1 Satz 2 Var. 1 GG gewährt den Trägern der Pressefreiheit ein subjektives Abwehrrecht auch gegen mittelbare Beeinträchtigungen, die dadurch eintreten, dass der Staat zurechenbar Einfluss auf das Verhalten von Dritten nimmt, wobei das Verhalten dieser Dritten die publizistischen Wirkungsmöglichkeiten oder die finanziellen Erträge des Presseorgans in einer Weise nachteilig beeinflusst, die einem klassischen Grundrechtseingriff gleichkommt (BVerfG, Beschluss vom 24.05.2005 – 1 BvR 1072/01, juris Rn. 55 – Junge Freiheit). So liegt es im vorliegenden Fall. Zwar werden die Antragsteller rechtlich nicht daran gehindert, weiterhin Artikel der von der Antragsgegnerin beanstandeten Art in der Zeitung abzudrucken und zu vertreiben. Bei den Pressemitteilungen der Antragsgegnerin handelt es sich jedoch um eine mittelbare, an die verbreiteten Kommunikationsinhalte (bzw. die zugrundeliegenden Recherchen) anknüpfende Sanktion gegen die Antragsteller, da sie deren Wirkungsmöglichkeiten beeinflussen. Die Pressemitteilungen entfalten den Charakter einer Warnung vor der Antragstellerin zu 1. bzw. der von ihr verantworteten Zeitung und dem Antragsteller zu 2. als verantwortlichen Redakteur. Die Antragsgegnerin bewertet nämlich einzelne Inhalte der (beabsichtigten) Berichterstattung der Antragsteller und verknüpft diese mit Schlussfolgerungen über ein mutmaßlich rechtswidriges Handeln des Antragstellers zu 2. Die Pressemitteilungen der Antragsgegnerin mutmaßen in diesem Zusammenhang u.a., dieser habe sich illegal Zugang zu Akten aus dem Ermittlungsverfahren gegen den Oberbürgermeister der Antragsgegnerin verschafft bzw. unterlaufe mit illegal beschafften Informationen die Unschuldsvermutung. Hiermit geht eine hinreichend gewichtige, der Antragsgegnerin zurechen- und vorhersehbare Beeinträchtigung des Bildes der Antragsteller in der Öffentlichkeit einher, da sie – selbst nach der mildesten Lesart der Antragsgegnerin – in die Nähe zu (straf-)rechtswidrigem Verhalten gebracht bzw. als deren Nutznießer dargestellt werden. In diesem Zusammenhang besteht die hinreichend konkrete Gefahr, dass durch die Verdachtsäußerungen der Antragsgegnerin die Unternehmensreputation der Antragstellerin zu 1. leidet und sie infolgedessen materielle Einbußen verzeichnet, da sie ggf. Leser und Anzeigekunden verliert. Ebenso kann der Antragsteller zu 2. wegen der Verdachtsäußerungen Einbußen in seinem beruflichen Fortkommen als Journalist verzeichnen, sei es infolge verminderter Anstellungsmöglichkeiten, sei es infolge einer verringerten Bereitschaft von Personen, mit ihm in seiner beruflichen Funktion in Kontakt zu treten. Ebenso können sich Informanten davon abhalten lassen, an die Presse heranzutreten, wenn sie fürchten müssen, dass diese unter dem Druck der Vorhalte in kommunalen Pressemitteilungen und zur Widerlegung des Anscheins von Strafrechtsverstößen Informationen zu den Umständen der Kenntniserlangung preisgeben, anhand derer sich die Betroffenen ggf. (leichter) von interessierten Dritten identifizieren lassen.
Die Antragsteller sind auch persönlich durch die Pressemitteilungen betroffen, da sie, ohne namentlich genannt zu werden, für einen verständigen, objektiven Dritten in der Person des Erklärungsempfängers (§§ 133, 157 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) analog) identifizierbar sind. Die Pressemitteilung vom 13. August 2018 spricht nämlich von „einem Redakteur“ der I., wobei der Antragsteller zu 1. für den sodann erschienenen inhaltlich korrespondierenden Artikel vom 16. August 2018 verantwortlich zeichnet, da er als Urheber bzw. Verfasser namentlich genannt wird. Zudem nimmt die Pressemitteilung vom 16. August 2018 ausdrücklich auf den am selben Tag in der erschienenen Artikel Bezug. Die Antragstellerin zu 1. ist dem durchschnittlichen (hannoverschen) Empfänger der Pressemitteilung außerdem als Herausgeberin der Zeitung bekannt.
Schließlich liegt eine hinreichend gewichtige Beeinträchtigung der Pressefreiheit der Antragsteller insofern vor, als sie davon abgehalten werden können, auf die Informationen von Hinweisgebern zurückzugreifen, sofern sie befürchten müssen, anschließend in kommunalen Publikationen verdächtigt zu werden, gesetzeswidrig gehandelt zu haben.
Des Weiteren gewährleistet Art. 5 Abs. 1 Satz 1 Var. 1 GG jedermann das Recht, seine Meinung frei zu äußern und zu verbreiten. Das Grundgesetz schützt die Meinungsfreiheit sowohl im Interesse der Persönlichkeitsentfaltung des Einzelnen als auch im Interesse des demokratischen Prozesses, für den sie konstitutive Bedeutung hat. Der Gewährleistungsgehalt wird dabei geschützt, ohne dass es auf den Gegenstand, den Wert, die Art der Begründung oder die Richtigkeit der Meinung ankäme (BVerfG, Beschluss vom 15.12.2004 – 2 BvR 2219/01, juris Rn. 13). Dieser Schutzgehalt kommt auch dann zum Tragen, wenn die Veröffentlichung einer Meinung in einem Presseerzeugnis in Rede steht, denn die Pressefreiheit ist ihrer historischen Entwicklung nach kein Spezialgrundrecht für drucktechnisch verbreitete Meinungen, sondern schützt die Aufgabe der Presse im Kommunikationsprozess über ihre institutionell-organisatorischen Voraussetzungen und Rahmenbedingungen. Handelt es sich etwa um die Frage, ob eine bestimmte Äußerung erlaubt war bzw. von staatlicher Seite beanstandet werden darf, insbesondere, ob ein Dritter eine für ihn nachteilige Äußerung hinnehmen muss, ist ungeachtet des Verbreitungsmediums Art. 5 Abs. 1 S. 1 Var. 1 GG einschlägig (BVerfG, a.a.O., Rn. 13-15; BVerfG, Beschl. v. 9.10.1001 – 1 BvR 1555/88, juris Rn. 37-40; Sachs, Verfassungsrecht II – Grundrechte, 3. Auflage 2017, Kap. 8, Rn. 31). Dieser Schutzgehalt ist hier berührt, da der von den Antragstellern verfasste Artikel vom 16. August 2018 u.a. durch Meinungsäußerungen bzw. Elemente der Stellungnahme und des Dafürhaltens geprägt ist, wobei die mitgeteilten Tatsachenbehauptungen und Verdachtsäußerungen als deren Grundlage dienen. Die Pressemitteilungen der Antragsgegnerin führen zudem zu einer faktischen Verkürzung der Meinungsfreiheit der Antragsteller, denn eine solche kann auch dann vorliegen, wenn Personen aufgrund ihrer Meinungsäußerung mit nachteiligen Reaktionen seitens der öffentlichen Gewalt konfrontiert werden (Sachs, Verfassungsrecht II – Grundrechte, 3. Auflage 2017, Kap. 17, Rn. 16). Dieses ist hier der Fall, weil die Pressemitteilungen der Antragsgegnerin die Antragsteller in die Nähe einer Schädigungsabsicht rücken und ausführen, es bestehe der Verdacht, dass unter dem Deckmantel der Pressefreiheit mit illegal beschafften Informationen gezielt die Unschuldsvermutung unterlaufen werden solle. Die geforderte Intensität der faktischen Beeinträchtigung der Meinungsfreiheit der Antragsteller liegt auch deshalb, weil Antragsgegnerin den Verdacht äußert, dass die (geplanten) Veröffentlichungen in mutmaßlicher Schädigungsabsicht durch eine rechtswidrige Beschaffung der betreffenden Informationen ermöglicht wurden und sich somit als „Früchte“ strafbaren Handelns darstellen.
Schließlich greifen die streitgegenständlichen Pressemitteilungen in das allgemeine Persönlichkeitsrecht des Antragstellers zu 2. ein (Art. 2 Abs. 1 i.V.m. Art. 1 Abs. 1 GG), welches die engere persönliche Lebenssphäre nebst Erhaltung ihrer Grundbedingungen schützt. Es gewährleistet u.a. den Schutz vor Äußerungen, die geeignet sind, sich – wie die von der Antragsgegnerin aufgestellten Vermutungen eines strafbaren Verhaltens oder einer Schädigungsabsicht zu Lasten ihres Oberbürgermeisters – abträglich auf das Ansehen der Person auszuwirken. Dies beinhaltet insbesondere den Schutz vor verfälschenden oder entstellenden Darstellungen, die von nicht ganz unerheblicher Bedeutung für die Persönlichkeitsentfaltung sind (BVerfG, Beschluss vom 17.08.2010 – 1 BvR 2585/06, juris Rn. 21 – Bundeszentrale für politische Bildung; Beschluss vom 25.10.2005 - 1 BvR 1696/98, NJW 2006, S. 207 (208) m.w.N. – „IM-Sekretär“ Stolpe).
Ob demgegenüber der Antragstellerin zu 1. als juristischer Person ein (durch die Pressemitteilungen beeinträchtigtes) „Unternehmenspersönlichkeitsrecht“ zusteht, ist fraglich (offen gelassen durch BVerfG, Beschl. v. 8.9.2010 – 1 BvR 1890/08, NJW 2010, S. 3501, Rn. 25 – „Gen-Milch“; bejaht für ideelle Personenvereinigungen durch Nds. OVG, Urteil vom 12.02.1991 - 9 L 246/89, NJW 1992, S. 192 (193)). Hiergegen lässt sich anführen, dass die Schutzgüter des allgemeinen Persönlichkeitsrechts spezifisch an die natürliche menschliche Persönlichkeit anknüpfen (z.B. Recht am eigenen Bild, Recht auf Kenntnis der eigenen Abstammung), was sich auch anhand der zusätzlichen Abstützung auf Art. 1 Abs. 1 GG zeigt (Sachs, a.a.O., Kap. 14, Rn. 54, 61 f.). Diese Frage kann indessen dahinstehen, da auch eine Nichtanerkennung dieses Grundrechts es nicht ausschließt, dass juristische Personen entsprechende Schutzinteressen über anderen Grundrechtsbestimmungen genießen können. Unter Berücksichtigung dieses Gedankens greifen die Pressemitteilungen jedenfalls faktisch mit einer objektiv berufsregelnden Tendenz in das Grundrecht der Antragstellerin zu 1. auf Berufsausübungsfreiheit ein (Art. 12 Abs. 1, Art. 19 Abs, 3 GG), denn sie beeinträchtigen das hierdurch geschützte Recht auf Außendarstellung (vgl. Koreng, GRUR 2010, S. 1065 (1067) m.w.N.), indem sie aus der beruflichen Tätigkeit des Antragstellers zu 2. den Verdacht herleiten, die Antragstellerin zu 1. dulde oder fördere systematische Gesetzesverstöße ihrer Mitarbeiter.
Des Weiteren besteht auch die rechtlich geforderte konkrete Gefahr der Wiederholung der streitgegenständlichen Äußerungen (vgl. BVerwG, Beschluss vom 11.11.2010 - 7 B 54.10 -, juris, Rn. 14; Nds. OVG, Beschluss vom 25.07.2014 – 13 ME 97/14 –, juris Rn. 9), welche anhand einer umfassenden Würdigung sämtlicher Umstände des Einzelfalls zu bestimmen ist, zu denen insbesondere die Schwere des Eingriffs sowie die Umstände der Verletzungshandlung gehören, ferner der fallbezogene Grad der Wahrscheinlichkeit einer Wiederholung und die Motivation des Handelnden (Nds. OVG, a.a.O., Rn. 9 m.w.N.; VG München, Beschl. v. 5.12.2017 – M 10 E 17.2979, BeckRS 2017, 143080, Rn. 35). Dahinstehen kann in diesem Zusammenhang die von den Beteiligten aufgeworfene Frage, ob bereits die Nichtabgabe einer strafbewehrten Unterlassungserklärung die notwendige Wiederholungsgefahr begründen kann (ablehnend: VG Hannover, Beschluss vom 03.06.2014 - 1 B 7660/14, BeckRS 2014, 52541; Beschluss vom 30.03.2015 – 4 B 546/15, BeckRS 2015, 44140; anderer Ansicht: VG München, Beschl. v. 5.12.2017 – M 10 E 17.2979, BeckRS 2017, 143080, Rn. 35) oder ob diese jedenfalls aus dem isolierten Umstand folgt, dass ein Hoheitsträger eine beanstandete Pressemitteilung weiterhin im (öffentlich einsehbaren) Archiv seines Internetauftritts gespeichert hat (ablehnend: VG Hannover, Beschluss vom 30.03.2015 - 4 B 546/15, BeckRS 2015, 44140; Nds. OVG, Beschluss vom 25.07.2014, 13 ME 97/14, juris Rn. 12). Es ist jedenfalls die Würdigung der Gesamtheit der Rahmenumstände, in denen die streitgegenständlichen Äußerungen erfolgten, welche nach Auffassung der Kammer zur Feststellung führt, dass eine konkrete Wiederholungsgefahr besteht.
Zum einen hat die Antragsgegnerin die Äußerungen in der Pressemitteilung vom 13. August 2018 in einer zweiten Pressemitteilung vom 16. August 2018 in der Sache bestätigt und inhaltlich erweitert bzw. verschärft (z.B.: „dringender Verdacht“). Zum anderen hat der Oberbürgermeister der Antragsgegnerin die streitgegenständlichen Einschätzungen in seiner Haushaltsrede vom 16. August 2018 ebenso bekräftigt wie ihr Prozessbevollmächtigter in seinem Interview gegenüber einem Mediendienst am 4. September 2018. Das hinreichende Risiko, dass es zu weiteren Äußerungen kommt, besteht auch deshalb, weil die streitgegenständliche Berichterstattung der Antragstellerin eine Frage von erheblicher kommunalpolitischer Bedeutung betrifft, wie auch die von den Antragstellern zitierten zahlreichen Veröffentlichungen anderer Zeitungen verdeutlichen. Dabei berichten die Antragsteller kontinuierlich über den gegenwärtigen Stand der Ermittlungen des Straf- und Disziplinarverfahrens (so zuletzt durch Zeitungsartikel vom 31. Januar und 2. Februar 2019), wobei sie ggf. weiterhin auf Angaben von Informanten mit einem besonderen Näheverhältnis zum Ermittlungsverfahren zurückgreifen. Nicht zuletzt vertreten die Beteiligten weiterhin unterschiedliche Rechtsmeinungen in Bezug auf das Recht der Presse, sich aus Quellen zu unterrichten, die ggf. unter Verstoß gegen dienst- oder strafrechtliche Bestimmungen offengelegt wurden bzw., genauer gefasst, in Bezug auf die Befugnis der Antragsgegnerin, aus einer Veröffentlichung entsprechender Informationen in der Presse öffentliche Rückschlüsse auf ein mutmaßlich strafbares Handeln von Journalisten zu ziehen. Als Indiz für das Bestehen einer Wiederholungsgefahr lässt sich schließlich auch berücksichtigen, dass die Antragsgegnerin es abgelehnt hat, eine (formlose) Zusage gegenüber den Antragstellern abzugeben hat, Äußerungen der streitgegenständlichen Art nicht öffentlich zu wiederholen (zu diesem Kriterium: OVG NRW, Beschluss vom 26. 1. 2004 - 12 B 2197/03, NJW 2004, S. 1611).
Zudem erweisen sich die mit den Pressemitteilungen der Antragsgegnerin einhergehenden Eingriffe in die Grundrechte der Antragsteller in dem aus dem Tenor ersichtlichen Umfang als rechtswidrig.
Die Grundrechte der Meinungs- und Pressefreiheit aus Art. 5 Abs. 1 S. 1 Var. 1, Abs. 1 S. 2 Var. 1 GG i.V.m. Art. 19 Abs. 3 GG sind nicht grenzenlos gewährleistet. Sie finden ihre Schranken vielmehr in den allgemeinen Gesetzen nach Art. 5 Abs. 2 GG, d.h. solchen, welche sich nicht gegen die Äußerung einer bestimmten Meinung bzw. ein bestimmtes Presseerzeugnis richten, sondern dem Schutz eines schlechthin, d.h. ohne Rücksicht auf eine bestimmte Meinung zu schützenden Rechtsguts dienen (BVerfG, Beschl. v. 24.05.2005 – 1 BvR 2072/01, juris Rn. 59 m.w.N. – Junge Freiheit). Das Grundrecht auf freie Entfaltung der Persönlichkeit ist überdies als in Art. 2 Abs. 1 GG verankerter Schutzgegenstand ebenso wie die Berufsausübungsfreiheit (Art. 12 Abs. 1 S. 2 GG) im Rahmen der verfassungsmäßigen Rechtsordnung einschränkbar (Sachs, Verfassungsrecht II – Grundrechte, 3. Auflage 2017, Kap. 14, Rn. 64 f., Kap. 24, Rn. 33 f.). Die Regelung des § 85 Abs. 5 S. 1 NKomVG, der zufolge der Hauptverwaltungsbeamte die Einwohner in geeignete Weise über wichtige Angelegenheiten der Gemeinde informiert, erfüllt diese Anforderungen an eine verfassungsgemäße Rechtsgrundlage zur Beschränkung grundrechtlicher Freiheiten.
Entgegen der Auffassung der Antragsteller steht diesem Ergebnis auch nicht der verfassungsrechtliche Grundsatz des Vorbehalts des Gesetzes entgegen, dem zufolge bloße Zuständigkeits- bzw. Kompetenznormen keine gesetzliche Rechtsgrundlage für Eingriffe in Grundrechte darstellen können, da sie keine materielle Aussage dahingehend enthalten, welche Maßnahmen der Staat in Ausübung seiner Kompetenzen treffen darf (vgl. Murswiek, NVwZ 2003, S. 1 (6 f.); Schoch, NVwZ 2011, S. 193 (195)). In der verfassungs- und verwaltungsgerichtlichen Rechtsprechung ist anerkannt, dass die Zuweisung einer Aufgabe grundsätzlich zur Informationstätigkeit im Rahmen der Wahrnehmung dieser Aufgabe berechtigt, auch wenn dadurch Grundrechte Dritter mittelbar-faktisch beeinträchtigt werden können (BVerwG, Urteil vom 13.09.2017 – 10 C 6/16, NVwZ 2018, S. 433 (434); BVerfG, Beschluss vom 17.08.2010 – 1 BvR 2585/06, juris Rn. 23 – Bundeszentrale für politische Bildung; unter den dargelegten Voraussetzungen bereits einen Grundrechtseingriff verneinend: BVerfG, Beschluss vom 26.02.2002 – 1 BvR 558/91, NJW 2002, S. 2621 (2622) [BVerfG 26.06.2002 - 1 BvR 558/91] – Glykolwein; Beschluss vom 26.06.2002 – 1 BvR 670/91, NJW 2002, S. 2626 (2627) – Jugendsekte; hierzu: Voßkuhle/Kaiser, Jus 2018, S. 343 (344)).
Der Grundsatz des Vorbehalts des Gesetzes gilt hier nur eingeschränkt; er verlangt im Regelfall keine darüber hinaus gehende besondere Ermächtigung durch den Gesetzgeber. Dieser Befund lässt sich zum einen auf die Erwägung stützen, dass sich die klassische Unterteilung zwischen Aufgaben und Eingriffsbefugnissen der Sache nach vor allem auf Grundrechtseingriffe im herkömmlichen Sinne bezieht, d.h. auf Rechtsakte gebietenden oder verbietenden Charakters. Bei Staatsaufgaben, die ihrer Art nach nur durch schlichtes Verwaltungshandeln mit nur tatsächlichen Folgen erfüllbar sind, kann sich etwa anderes ergeben, da dem Betroffenen kein (notfalls mit Zwangsmitteln durchzusetzendes) Handeln verbindlich aufgegeben oder untersagt wird. Zum anderen ist im Hinblick auf die aus dem Demokratieprinzip (Art. 20 Abs. 1, Abs. 2 GG) abzuleitende Wesentlichkeitstheorie und die daraus entspringenden Anforderungen an die Bestimmtheit einer gesetzlichen Eingriffsgrundlage zu berücksichtigen, dass hieran umso geringere Anforderungen zu stellen sind, je vielgestaltiger sich die zu regelnden Sachverhalte erweisen. Letzteres ist insbesondere im Bereich staatlichen Informationshandelns der öffentlichen Hand der Fall, wo sich eine gesetzliche Festlegung auf bestimmte Äußerungsinhalte und –zwecke faktisch nicht realisieren lässt und damit auch nicht verfassungsrechtlich geboten sein kann. Eine spezielle gesetzliche Eingriffsgrundlage besäße hier allenfalls den Charakter einer Generalklausel und böte keinen relevanten Gewinn bezüglich der Messbarkeit staatlichen Handelns. Auch der Gesetzgeber könnte das informatorische Staatshandeln nicht durch genauere Vorgaben determinieren als durch das bereits aus der Verfassung abzuleitende Verhältnismäßigkeitsprinzip (hierzu: Papier/Schröder, DVBl 2017, S. 1 (7) m.w.N.). Eine gesonderte gesetzliche Rechtsgrundlage ist lediglich in denjenigen Fällen erforderlich, in welchen sich die in Rede stehende staatliche Handlung nach Zielsetzung und Wirkungen als Ersatz für eine staatliche Maßnahme darstellt, welche als Grundrechtseingriff im klassischen Sinne zu qualifizieren ist. Diese Ausnahme trägt dem Gedanken Rechnung, dass der Staat durch die Wahl eines derartigen funktionalen Äquivalents eines Eingriffs nicht das Erfordernis einer besonderen gesetzlichen Grundlage umgehen darf (BVerwG, a.a.O., S. 434 f.; BVerfG, a.a.O., S. 2629 – Jugendsekte).
Die gesetzliche Bestimmung des § 85 Abs. 5 S. 1 NKomVG, welche im Lichte der kommunalen Selbstverwaltungsgarantie (Art. 28 Abs. 2 S. 1 GG, Art. 57 Niedersächsische Verfassung (Verf ND)) zu lesen ist, wahrt die vorgenannten verfassungsrechtlichen Anforderungen. Artikel 28 Abs. 2 S. 1 GG, Art. 57 Abs. 1 Verf ND gewährleisten einer Gemeinde das Recht, im Rahmen der Gesetze und in eigener Verantwortung alle Angelegenheiten der örtlichen Gemeinschaft zu regeln. Dies betrifft alle Bedürfnisse und Interessen, die in der örtlichen Gemeinschaft wurzeln oder auf sie einen spezifischen Bezug haben, die also den Gemeindeeinwohnern gerade als solchen gemeinsam sind, indem sie das Zusammenleben und -wohnen der Menschen in der Gemeinde betreffen (BVerfG, Beschluss vom 23.11.1988 – 2 BvR 1619/83, NVwZ 1989, S. 347 LS 4 - Rastede). Zum Wesensgehalt der gemeindlichen Selbstverwaltung gehört die Befugnis, sich ohne besonderen Kompetenztitel aller Angelegenheiten der örtlichen Gemeinschaft anzunehmen, die nicht durch Gesetz bereits anderen Trägern öffentlicher Gewalt überantwortet sind (BVerfG, a.a.O., LS 2 – Rastede), wobei das Erfordernis eines spezifischen Ortsbezuges auch für kommunalpolitische Erklärungen gilt (BVerwG, Urteil vom 14.12.1990 – 7 C 37/89, NVwZ 1991, S. 682). Die aus der Selbstverwaltungsgarantie fließende Aufgabe, für die Identifikation der Gemeindemitglieder mit der Gemeinde zu sorgen, lässt sich dabei maßgeblich durch periodische Druckwerke oder ähnliche öffentlichkeitswirksame Publikationen erfüllen (Papier/Schröder, DVBl 2017, S. 1 (7)).
Darüber hinaus ist auf bundes- und landespolitischer Ebene anerkannt, dass sich staatliche Informations- und Öffentlichkeitsarbeit als notwendig erweist, um den Grundkonsens im demokratischen Gemeinwesen lebendig zu erhalten. In diesen Fällen muss sich der Staat schon im Hinblick auf das Ziel einer möglichst unverfälschten Wiedergabe der Äußerungsinhalte nicht zwangsläufig eines Dritten als Medium bedienen (Papier/Schröder, a.a.O., S. 7). Die staatliche Öffentlichkeitsarbeit erfasst dabei nicht nur die Darlegung und Erläuterung der Politik der Regierungs- und Verwaltungsorgane hinsichtlich getroffener Maßnahmen und künftiger Vorhaben angesichts bestehender oder sich abzeichnender Probleme, sondern auch die sachgerechte, objektiv gehaltene Information über den Bürger unmittelbar betreffende Fragen und wichtige Vorgänge, und sei es außerhalb oder im Vorfeld der eigenen gestaltenden politischen Tätigkeit (BVerwG, Urteil vom 13.9.2017 – 10 C 6/16, NVwZ 2018, S. 433 (434); BVerfG, Urteil vom 16.12.2014 – 2 BvE 2/14, NVwZ 2015, S. 209 (212) betreffend die Öffentlichkeitsarbeit der Bundesregierung).
Die Erwägung, dass eine durch periodische Wiederwahl gekennzeichnete Stelle im Hinblick auf das hierdurch bedingte Erfordernis der Wählerkommunikation gehalten ist, ihre Tätigkeit gegenüber der Öffentlichkeit darzustellen und zu vertreten, lässt sich ohne Weiteres auf kommunale Organe übertragen (Papier/Schröder, a.a.O., S. 7). Als gewähltem Stadtoberhaupt ist dem Bürgermeister einer Gemeinde – vergleichbar Regierungsmitgliedern – eine kommunikative Äußerungsbefugnis inhärent. Zum einen ist er kommunaler Wahlbeamter, der als Leiter der gesamten Verwaltung der Gemeinde an deren Spitze steht. Zum anderen hat er jedoch auch eine originär politische Funktion wahrzunehmen, welche ihn berechtigt, sich am politischen Diskurs über spezifisch örtliche Angelegenheiten zu beteiligen (BVerwG, a.a.O., S. 434). Denn der Bürgermeister wird von den Bürgern in allgemeiner, freier, gleicher, unmittelbarer und geheimer Wahl gewählt (§ 80 Abs. 1 S. 1 NKomVG, § 45a ff. i.V.m. § 4 Niedersächsisches Kommunalwahlgesetz (NKWG)) und kann vor Ablauf seiner Amtszeit durch die Vertretung abgewählt werden (§ 82 NKomVG).
Diesen rechtlichen Maßstab zugrunde gelegt, hat sich der Oberbürgermeister der Antragsgegnerin mit seinen Äußerungen in den Pressemitteilungen vom 13. und 16. August 2018 im Grundsatz im Rahmen der Befugnisse gehalten, die ihm Art. 28 Abs. 2 S. 1 GG, Art. 57 Abs. 1 Verf ND und § 85 Abs. 5 S. 1 NKomVG vermitteln. Insbesondere die in der letztgenannten Vorschrift geforderte „wichtige Angelegenheit“ der Antragsgegnerin liegt vor. Die streitgegenständlichen Äußerungen betrafen mittelbar verwaltungsinterne Vorgänge der Antragsgegnerin von erheblicher politischer Bedeutung, weil sie sich auf die (beabsichtigte) Berichterstattung der Antragsteller bezogen, welche ihrerseits über strafrechtliche Ermittlungen gegen den Oberbürgermeister wegen des Verdachts der Untreue zu Lasten der Antragsgegnerin berichtete. Dass es sich hierbei um eine bedeutsame Angelegenheit mit spezifischen Bezug zur örtlichen Gemeinschaft handelt, verdeutlicht sich auch daran, dass sich die Verdachtsmomente der Ermittlungsbehörden auf Handlungen erstrecken, welche dem Kreis der kommunalen Finanz- und Personalhoheit zuzuordnen sind, d.h. mutmaßliche Entscheidungen des Oberbürgermeisters in seiner Funktion als Dienstvorgesetzter (§ 107 Abs. 5 S. 5 Var. 3 NKomVG) betreffend die Gewährung einer rechtswidrigen Mehrarbeitsvergütung gegenüber einem Beschäftigten der Antragsgegnerin. Mit ihrer Pressemitteilung wendet sich die Antragsgegnerin auch schwerpunktmäßig an die Einwohner der Gemeinde.
Eine über die kommunale Aufgabenzuweisung in § 85 Abs. 5 S. 1 NKomVG hinausreichende Rechtsgrundlage war hier überdies nicht ausnahmsweise unter dem Gesichtspunkt der Eingriffsäquivalenz geboten. Die streitgegenständlichen öffentlichen Aussagen, insbesondere, dass die Antragsteller im Verdacht stünden, mit rechtswidrig beschafften Informationen gezielt die zugunsten des Oberbürgermeisters geltende Unschuldsvermutung zu unterlaufen, stehen in ihrer Intensität (noch) nicht einem Grundrechtseingriff im klassischen Sinne gleich, d.h. einer zielgerichteten regelnden Maßnahme (vgl. hierzu: BVerwG, Urteil vom 13.09.2017 – 10 C 6/16, NVwZ 2018, S. 433 (435)). Sie enthalten insbesondere noch keinen ausdrücklichen Aufruf an die Einwohner, Zeitungspublikationen der Antragsteller zu boykottieren oder Informationen zu den Umständen zu liefern, unter denen die Antragsteller Kenntnis von Details der Ermittlungsakte erlangen konnten.
Bei der Bestimmung des § 85 Abs. 5 S. 1 NKomVG handelt es sich auch um ein allgemeines Gesetz, da sie dem grundsätzlich legitimen Interesse kommunaler Selbstverwaltungsorgane an einer Öffentlichkeitsarbeit in Angelegenheiten der örtlichen Gemeinschaft Rechnung trägt, und zwar unabhängig davon, ob dies zugleich bestimmte Meinungen oder presserechtliche Erzeugnisse betrifft. Der Umstand, dass staatliche Öffentlichkeitsarbeit regelmäßig zu einer Beeinflussung der öffentlichen Meinungsbildung in der im konkreten Fall thematisierten Frage führt, bedingt hier kein anderes Ergebnis. Eine absolute staatsfreie Meinungsbildung kann es nämlich nicht geben, wenn dem Staat zugleich ein originäres Recht auf Öffentlichkeitsarbeit zugesprochen wird (vgl. Papier/Schröder, DVBl 2017, S. 1 (7); Degenhart, AfP 2010, S. 324 (327 f.)). Wenn es Funktion staatlicher Öffentlichkeitsarbeit ist, Konsens mit dem Staatswesen und über die verfassungsmäßige Ordnung herzustellen, so bedingt dies notwendig eine entsprechende Grundtendenz der Informationsvermittlung (Degenhart, a.a.O., S. 328).
Allerdings erweisen sich die auf die Befugnis des § 85 Abs. 5 S. 1 NKomVG gestützten öffentlichen Äußerungen der Antragsgegnerin in dem aus dem Tenor ersichtlichen Umfang nach Abwägung aller im konkreten Fall betroffenen Güter und Interessen der Beteiligten als rechtswidrig.
Bei Auslegung und Anwendung eines allgemeinen Gesetzes ist zu klären, ob dies zu einem Vorrang des Schutzes des Rechtsguts führt, dem das allgemeine Gesetz dient. Die allgemeinen Gesetze müssen hierbei in ihrer das Kommunikationsgrundrecht des Art. 5 Abs. 1 S. 1, S. 2 GG beschränkenden Wirkung ihrerseits im Lichte der Bedeutung dieses Grundrechts ausgelegt und derart angewendet werden, dass der besondere Wertgehalt der Kommunikationsgrundrechte in der freiheitlichen Demokratie, namentlich im öffentlichen Leben, gewahrt bleibt (sog. Wechselwirkungslehre; BVerfG, Urteil vom 15.01.1958 – 1 BvR 400/51, juris LS 5, Rn. 35 – Lüth; Beschluss vom 23.06.2004 – 1 BvQ 19/04, NJW 2004, S. 2814 (2815 f.); Urteil vom 27.2.2007 – 1 BvR 538/06, juris Rn. 47 – CICERO). Bei der Prüfung der Rechtfertigung eines Eingriffs in das allgemeine Persönlichkeitsrecht nach Maßgabe des Art. 2 Abs. 1 GG ergeben sich zudem erhöhte Anforderungen im Rahmen der Verhältnismäßigkeit im engeren Sinne, da dieses Recht aufgrund der Nähe zur Menschenwürdegarantie eine höhere Wertigkeit aufweist als die Beliebigkeit der allgemeinen Handlungsfreiheit (Sachs, Verfassungsrecht II – Grundrechte, 3. Auflage 2017, Kap. 14, Rn. 65). Schließlich ist bezüglich der Berufsausübungsfreiheit abzuwägen, ob vernünftige Erwägungen des Gemeinwohls den Eingriff rechtfertigen können (BVerfG, Beschl. v. 20.12.2017 – 1 BvR 2233/17, NJW 2018, S. 288). Soweit die spezifische Überprüfung der Rechtmäßigkeit grundrechtsbeeinträchtigender hoheitlicher Äußerungen in Rede steht, haben sich diese im Übrigen an den allgemeinen Grundsätzen für rechtsstaatliches Verhalten in der Ausprägung des Willkürverbots und des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes zu orientieren (BVerwG, Urteil vom 13.09.2017 – 10 C 6/16, NVwZ 2018, S. 433 (435)).
Weichenstellend für die Prüfung einer Grundrechtsverletzung ist dabei die Erfassung des Inhalts der Aussagen der streitgegenständlichen Pressemitteilungen der Antragsgegnerin, insbesondere die Klärung, in welcher Hinsicht sie ihrem objektiven Sinn nach die Presse- und Meinungsfreiheit der Antragsteller beeinträchtigen, ferner das allgemeine Persönlichkeitsrecht des Antragstellers zu 2. und die Berufsausübungsfreiheit der Antragstellerin zu 1. Maßgeblich für die Deutung ist in diesem Zusammenhang weder die subjektive Absicht des sich Äußernden noch das subjektive Verständnis der von der Äußerung Betroffenen, sondern der Sinn, den sie nach dem Verständnis eines unvoreingenommenen und verständigen Durchschnittspublikums hat. Fernliegende Deutungen sind auszuscheiden. Ist der Sinn unter Zugrundelegung dieses Maßstabs eindeutig, ist er der weiteren Prüfung zu Grunde zu legen (BVerfG, Beschluss vom 25.10.2005 – 1 BvR 1696/98, NJW 2006, S. 207 (S. 208) – „IM-Sekretär” Stolpe).
Von einem mehrdeutigen Inhalt ist hingegen auszugehen, sofern ein unvoreingenommenes und verständiges Publikum die Äußerung als mehrdeutig wahrnimmt oder erhebliche Teile des Publikums den Inhalt jeweils unterschiedlich verstehen. Bei der Überprüfung straf- oder zivilrechtlicher Sanktionen wegen zurückliegender Meinungsäußerungen geht die verfassungsgerichtliche Rechtsprechung davon aus, dass die Meinungsfreiheit verletzt wird, wenn ein Gericht bei mehrdeutigen Äußerungen die zu einer Verurteilung führende Bedeutung zugrunde legt, ohne in einem vorherigen Prüfungsschritt diejenigen Bedeutungen ausgeschlossen zu haben, welche die Sanktion nicht zu rechtfertigen vermögen (BVerfG, a.a.O., S. 208 f. – „IM Sekretär“ Stolpe). Steht hingegen, so wie im vorliegenden Fall, ein Anspruch auf Unterlassung zukünftiger Äußerungen in Rede, sind alle nicht entfernt liegenden Deutungsvarianten zu Grunde zu legen, welche dieses Recht beeinträchtigen. Ein der vorgenannten Fallkonstellation vergleichbarer Schutzbedarf für die individuelle Grundrechtsausübung und die Funktionsfähigkeit des Meinungsbildungsprozesses besteht hier nicht, weil der Äußernde die Möglichkeit hat, sich in der Zukunft eindeutig auszudrücken und damit zugleich klarzustellen, welcher Äußerungsinhalt der rechtlichen Prüfung einer Verletzung des Persönlichkeitsrechts zu Grunde zu legen ist (BVerfG, a.a.O., S. 209 – „IM Sekretär“ Stolpe). Dieses Vorgehen ist verfassungsrechtlich dabei (nur) für solche Äußerungen geboten, welche das maßgebliche Durchschnittspublikum als eine geschlossene, aus sich heraus aussagekräftige Tatsachenbehauptung mit einem hieran anknüpfenden mehrdeutigen Deutungsgehalt wahrnimmt, d.h. eine konkrete Tatsachenbehauptung, welche geeignet ist, zu hierauf gestützten Fehlvorstellungen der Rezipienten beizutragen (BVerfG, Beschluss vom 08.09.2010 – 1 BvR 1890/08, NJW 2010, S. 3501 (3502) – „Gen-Milch“). Für den vorgenannten Maßstab lässt sich anführen, dass der Äußernde in seinen Rechten nicht über Gebühr eingeschränkt wird, da es ihm freisteht, sich in Zukunft eindeutig auszudrücken und – wenn eine persönlichkeitsverletzende Deutungsvariante nicht dem von ihm beabsichtigten Sinn entspricht – klarzustellen, wie er seine Aussage versteht. Eine auf Unterlassung zielende Verurteilung kann er zudem vermeiden, indem er eine ernsthafte und inhaltlich ausreichende Erklärung abgibt, die angegriffene mehrdeutige Äußerung nicht oder nur mit geeigneten Klarstellungen zu wiederholen (BVerfG, a.a.O., S. 209 – „IM Sekretär Stolpe“). Diese für die Überprüfung von Eingriffen in die Meinungsfreiheit eines Äußernden entwickelten Grundsätze gelten erst recht, wenn ein Hoheitsträger auf das Unterlassen künftiger Äußerungen in Anspruch genommen wird. Für dessen Äußerungsbefugnisse gilt nämlich im Vergleich zu Privaten nochmals ein strengerer Maßstab, da ihm mangels Grundrechtsberechtigung kein Recht zur Teilhabe am „Meinungskampf“ zusteht und er sich auch nicht in einem „freien Kommunikations- und Interaktionszusammenhang” mit den Bürgern befindet (vgl. BVerfG, Beschluss vom 17.08.2010 – 1 BvR 2585/06, juris Rn. 23 – Bundeszentrale für politische Bildung).
An den nach Maßgabe des vorgenannten Prüfungsmaßstabs festgestellten Äußerungsgehalt sind die Prüfkriterien und Maßstäbe anzulegen, welche die Rechtsprechung für die Überprüfung grundrechtsbeeinträchtigender Äußerungen der öffentlichen Hand entwickelt hat. Hierbei ist zu differenzieren zwischen Tatsachenbehauptungen einerseits, d.h. solchen Äußerungen, welche durch die objektive Beziehung zwischen der Äußerung und der Wirklichkeit geprägt werden und der Überprüfung mit Mitteln des Beweises zugänglich sind, und Werturteilen andererseits, welche sich durch Elemente der Stellungnahme und des Dafürhaltens auszeichnen. Maßgebend ist bei dieser Abgrenzung der Gesamtkontext der fraglichen Äußerung (BVerfG, Beschluss vom 16.03.2017 – 1 BvR 3085/15, NJW-RR 2017, S. 1003 (1004 f.).
Handelt es sich bei der zu überprüfenden Äußerung um eine Tatsachenbehauptung, ist in einem ersten Schritt festzustellen, ob diesbezüglich der Wahrheitsbeweis gelingt, wobei die Beweislast beim Äußernden liegt. Für die Verbreitung unwahrer Tatsachenbehauptungen gibt es im Regelfall keinen rechtfertigenden Grund (sog. Richtigkeitsgebot; vgl. BVerfG, Beschluss vom 25.10.2005 - 1 BvR 1696/98, NJW 2006, S. 207 (S. 209 f.) m.w.N. – „IM-Sekretär” Stolpe). Dieses im Bereich der zivilgerichtlichen Rechtsprechung entwickelte Erfordernis gilt auch für die Überprüfung hoheitlicher Tatsachenbehauptungen, da beispielsweise nur eine inhaltlich richtige Information über marktrelevante Vorgänge die Transparenz am Markt und damit dessen Funktionsfähigkeit fördert (BVerfG, Beschluss vom 26.02.2002 – 1 BvR 558/91, NJW 2002, S. 2621 (2624) [BVerfG 26.06.2002 - 1 BvR 558/91] – Glykolwein). Der Träger der Staatsgewalt kann allerdings ausnahmsweise zur Verbreitung von Informationen auch dann berechtigt sein, wenn ihre Richtigkeit noch nicht abschließend geklärt ist. In solchen Fällen hängt die Rechtmäßigkeit der staatlichen Informationstätigkeit zunächst davon ab, ob die öffentliche Hand den Sachverhalt vor seiner Verbreitung im Rahmen des Möglichen sorgsam und unter Nutzung verfügbarer Informationsquellen in dem Bemühen um die jeweils erreichbare Verlässlichkeit aufgeklärt hat, gegebenenfalls auch unter Anhörung Betroffener. Verbleiben dennoch Unsicherheiten in tatsächlicher Hinsicht, ist der Staat an der Verbreitung der Informationen gleichwohl jedenfalls dann nicht gehindert, wenn es im öffentlichen Interesse liegt, dass die Marktteilnehmer über einen für ihr Verhalten wichtigen Umstand Aufklärung erfahren, etwa über ein Verbraucherrisiko. In solchen Fällen ist der Hoheitsträger indessen gehalten, die Marktteilnehmer auf verbleibende Unsicherheiten über die Richtigkeit der Information hinzuweisen, um sie in die Lage zu versetzen, eigenverantwortlich zu entscheiden, wie sie mit der Ungewissheit umgehen wollen (BVerfG, a.a.O., S. 2624 – Glykolwein; VG Karlsruhe, Beschl. v. 11.4.2017 – 6 K 7812/16, BeckRS 2017, 6 K 7812/16, Rn. 40 ff.).
Neben das Gebot der sachlichen Richtigkeit der Äußerung tritt zudem das Vollständigkeitsgebot (vgl. BVerfG, a.a.O., S. 2623 f. – Glykolwein; Schulz, Aktive Staatskommunikation in der Wissensgesellschaft – Strukturen und Grenzen, in: 18. Deutscher Verwaltungsrichtertag, Hamburg 2016, S. 165 (176); a.A.: Reimer, JÖR n.F. 85 (2010), S. 275 (293) – Unterfall des Richtigkeitsgebots). Dieses besagt, dass eine Äußerung alle der äußernden Stelle bekannten Bestandteile enthalten muss, welche zu deren sachgemäßen Interpretation erforderlich sind. Das Vollständigkeitsgebot vermeidet auf diese Weise sinnverzerrende Äußerungen und übernimmt eine Komplementärfunktion zum Richtigkeitsgebot (Schulz, a.a.O., S. 176 f.).
Eine zusätzliche Voraussetzung der Rechtmäßigkeit der staatlichen Tatsachenbehauptung ist, dass der Träger der Staatsgewalt die (inhaltlich zutreffende bzw. verlässlich ermittelte) Information unter Beachtung des Gebots der Sachlichkeit sowie mit angemessener Zurückhaltung formuliert (sog. Sachlichkeitsgebot). Die Information darf auch bei zutreffendem Inhalt in der Form weder unsachlich noch herabsetzend formuliert sein.
Im Übrigen ist die Verbreitung von Informationen unter Berücksichtigung möglicher nachteiliger Wirkungen für betroffene Wettbewerber nach dem im Rechtsstaatsprinzip wurzelnden Grundsatz der Verhältnismäßigkeit auf das zur Informationsgewährung Erforderliche zu beschränken (BVerfG, a.a.O., S. 2624 – Glykolwein). Sofern der Hoheitsträger einen Tatsachenverdacht äußert, stellt sich dieses Handeln schließlich auch dann als rechtswidrig dar, wenn sich die Information im Nachhinein als unrichtig erweist und dennoch weiterverbreitet oder nicht korrigiert wird, obgleich sie für den Kreis der Adressaten weiter von Belang ist, etwa für ihr Marktverhalten (BVerfG, a.a.O., S. 2624 – Glykolwein).
Steht hingegen die Rechtmäßigkeit hoheitlicher Werturteile in Rede, ist als Prüfungsmaßstab aus dem Willkürverbot abzuleiten, dass diese nicht auf sachfremden Erwägungen beruhen dürfen, sondern bei verständiger Beurteilung auf einem im Wesentlichen zutreffenden oder zumindest sachgerecht und vertretbar gewürdigten Tatsachenkern beruhen müssen; zudem dürfen sie den sachlich gebotenen Rahmen nicht überschreiten (Sachlichkeitsgebot; BVerwG, Urteil vom 13.9.2017 – 10 C 6/16, NVwZ 2018, S. 433 (435)). Rechtliche Wertungen sind in diesem Zusammenhang auf ihre Vertretbarkeit zu überprüfen (OVG NRW, Beschl. v. 3.4.2014 – 13 B 1309/13, BeckRS 2014, 50774 m.w.N.). Wenn die Richtigkeit der dem Werturteil zugrundeliegenden tatsächlichen Information noch nicht abschließend geklärt ist, bemisst sich die Rechtmäßigkeit der staatlichen Informationstätigkeit nach den für staatliche Verdachtsäußerungen geltenden Grundsätze, d.h. der Sachverhalt muss weitestmöglich aufgeklärt worden sein, die Äußerung eines bleibenden Verdachts muss im öffentlichen Interesse liegen, und die Adressaten müssen auf verbleibende Risiken hingewiesen werden (OVG NRW, a.a.O.). Aus dem neben dem Sachlichkeitsgebot anwendbaren Verhältnismäßigkeitsgrundsatz folgt ferner, dass Äußerungen von Hoheitsträgern sich im Hinblick auf das mit der Äußerung verfolgte Ziel nicht als unverhältnismäßig erweisen dürfen (OVG NRW, Beschl. v. 16.12.2003 – 15 B 2455/03, NVwZ-RR 2004, S. 283 (285)).
Weitergehende Schranken der Befugnisse von Hoheitsträgern, Tatsachenbehauptungen oder Werturteile aufzustellen, können sich schließlich aus sonstigen (objektiven) Verfassungsgrundsätzen ergeben (BVerwG, a.a.O., S. 435 f.; OVG NRW, a.a.O., S. 285 – jeweils betr. Demokratieprinzip).
In Bezug auf die Interpretation des für Tatsachenbehauptungen wie Werturteile gleichermaßen geltenden Sachlichkeitsgebots ist dabei in der verfassungsgerichtlichen Rechtsprechung geklärt, dass mit der legitimen Aufgabenwahrnehmung eines demokratisch legitimierten Staatsorgans die Befugnis einhergeht, die Bürger mit solchen Informationen zu versorgen, welche diese zur Mitwirkung an der demokratischen Willensbildung bedürfen. Dazu kann auch das Recht gehören, zu der Meinung eines Bürgers urteilend Stellung zu beziehen (BVerfG, Beschluss vom 17.08.2010 – 1 BvR 2585/06, juris Rn. 23 – Bundeszentrale für politische Bildung; ferner: BVerfG, Urteil vom 27.2.2018 – 2 BvE 1/16, NJW 2018, S. 928 (930) – Fall Wanka). Die Befugnis eines Hoheitsträgers zur Erläuterung der von ihm getroffenem Maßnahmen und künftigem Vorhaben schließt nämlich das Recht ein, sich mit darauf bezogenen kritischen Einwänden sachlich auseinanderzusetzen. Er muss es insbesondere nicht hinnehmen, wenn seine Arbeit auf der Grundlage unzutreffender Tatsachenbehauptungen oder in unsachlicher und diffamierender Weise angegriffen wird. Das Ziel der Öffentlichkeitsarbeit, durch die Erläuterung der Politik der Exekutive den notwendigen Grundkonsens der Bürgerinnen und Bürger im demokratischen Gemeinwesen lebendig zu erhalten, wäre anderenfalls nicht oder nur unter erheblich erschwerten Bedingungen erreichbar. Nach dieser Maßgabe können demokratisch legitimierte Amtsträger gegen ihre Politik erhobene Vorwürfe aufgreifen, fehlerhafte Tatsachenbehauptungen richtigstellen und unsachliche Angriffe zurückweisen (BVerfG, a.a.O., S. 931 – Fall Wanka). Im Hinblick auf den allein zulässigen Zweck einer rechtsstaatlichen distanzierten Aufgabenwahrnehmung ist dies jedoch nur in Grenzen zulässig, d.h., zur Wahrung Mindestmaßes an öffentlichem Vertrauen in die eigene Glaubwürdigkeit und Integrität, welches zur Erhaltung der Funktionsfähigkeit der Behörde notwendig ist (BVerfG, a.a.O., Rn. 23 – Bundeszentrale für politische Bildung).
Das schließt die klare und unmissverständliche Zurückweisung fehlerhafter Sachdarstellungen oder diskriminierender Werturteile nicht aus. Darüber hinaus gehende, mit der Kritik an der Behörde in keinem inhaltlichen Zusammenhang stehende, verfälschende oder herabsetzende Äußerungen sind demgegenüber zu unterlassen. Anders als bei Privatpersonen besteht insbesondere kein „Recht auf Gegenschlag“ dergestalt, dass staatliche Organe auf unsachliche oder diffamierende Angriffe in gleicher Weise reagieren dürfen. Eine andere Auffassung hätte zur Folge, dass ein Amtsträger beispielsweise bei einem auf unwahre Behauptungen gestützten Angriff auf seine Politik seinerseits berechtigt wäre, unwahre Tatsachen zu verbreiten. Dies stünde im Widerspruch zur Verpflichtung staatlicher Organe, in Bezug genommene Tatsachen korrekt wiederzugeben (BVerfG, a.a.O., S. 931 – Fall Wanka; zumindest missverständlich insoweit: BVerwG, Beschluss vom 13.04.1984 – 7 B 20/93, NJW 1984, S. 2591; Degenhart, AfP 2010, S. 324 (328); Lehr, AfP 2010, S. 25 (29 f.)).
Von vorherein ausscheiden müssen überdies Äußerungen gegenüber Einzelnen, die allein dem Bestreben dienen, eine bestimmte behördliche Auffassung zur Geltung zu bringen und diese als einzig legitim oder vertretbar hinzustellen (BVerfG, a.a.O., Rn. 23 – Bundeszentrale für politische Bildung). Staatliche Amtsträger dürfen mit anderen Worten in der öffentlichen Diskussion Vertreter anderer Meinungen weder ausgrenzen noch gezielt diskreditieren, solange deren Positionen die für alle geltenden rechtlichen Grenzen nicht überschreiten, namentlich nicht die allgemeinen Strafgesetze verletzen. Nur so kann die Integrationsfunktion des Staates sichergestellt werden, die im Demokratieprinzip wurzelt, welches vorsieht, dass sich der Willensbildungsprozess vom Volk zu den Staatsorganen – und nicht umgekehrt – vollzieht (BVerwG, Urteil vom 13.09.2017 – 10 C 6/16, NVwZ 2018, S. 433 (435 f.)).
Bei der Auslegung und Anwendung des Sachlichkeitsgebots sind zudem das objektiv-rechtliche Institut der Freiheit der Presse und das hieraus abzuleitende Gebot ihrer Staatsferne zu berücksichtigen.
Die Presse soll gerade die Aufgabe übernehmen, die Bürger im Prozess der öffentlichen Willensbildung zu informieren und die Ausübung hoheitlicher Befugnisse durch den Staat zu kontrollieren. Eine freie, nicht von der öffentlichen Gewalt gelenkte, keiner Zensur unterworfene Presse ist ein Wesenselement des freiheitlichen Staates; insbesondere ist eine freie, regelmäßig erscheinende politische Presse für die moderne Demokratie unentbehrlich. Soll der Bürger politische Entscheidungen treffen, muss er umfassend informiert sein, aber auch die Meinungen kennen und gegeneinander abwägen können, die andere sich gebildet haben. Die Presse hält diese ständige Diskussion in Gang; sie beschafft die Informationen, nimmt selbst dazu Stellung und wirkt damit als orientierende Kraft in der öffentlichen Auseinandersetzung. In der repräsentativen Demokratie steht die Presse zugleich als ständiges Verbindungs- und Kontrollorgan zwischen dem Volk und seinen gewählten Vertretern in Parlament und Regierung. Sie fasst die sich in der Gesellschaft beständig neu bildenden Meinungen kritisch zusammen, stellt sie zur Erörterung und trägt sie an die politisch handelnden Staatsorgane heran, die auf diese Weise ihre Entscheidungen auch in Einzelfragen der Tagespolitik ständig am Maßstab der im Volk tatsächlich vertretenen Auffassungen messen können (BVerfG, Urteil vom 05.08.1966 – 1 BvR 586/62 u.a., juris Rn. 36 – Spiegel). So wichtig die damit der Presse zufallende "öffentliche Aufgabe" ist, so wenig kann diese von der organisierten staatlichen Gewalt erfüllt werden. Privatrechtlich organisierte Presseunternehmen müssen sich im gesellschaftlichen Raum frei bilden können; sie stehen miteinander in geistiger und wirtschaftlicher Konkurrenz, in welche die öffentliche Gewalt grundsätzlich nicht eingreifen darf (BVerfG, a.a.O., Rn. 37 – Spiegel).
Der Funktion der freien Presse im demokratischen Staat entspricht ihre Rechtsstellung nach der Verfassung. Das Grundgesetz gewährleistet in Art. 5 die Pressefreiheit nicht nur – entsprechend der systematischen Stellung der Bestimmung und ihrem traditionellen Verständnis – als ein subjektives Grundrecht für die im Pressewesen tätigen Personen und Unternehmen, sondern beinhaltet auch eine objektiv-rechtliche Dimension, indem die Norm das Institut der freien Presse garantiert. Unabhängig von subjektiven Berechtigungen Einzelner ist der Staat hiernach verpflichtet, in seiner Rechtsordnung überall dem Postulat der freien Presse Rechnung zu tragen, wo der Geltungsbereich einer Norm die Presse berührt, beispielsweise durch Gewährleistung der freien Gründung von Presseorganen und des freien Zugangs zu Presseberufen oder die Erteilung von Auskünften (BVerfG, a.a.O., Rn. 38 – Spiegel). Dieses Institut fordert zur Sicherung der Meinungsvielfalt zugleich die Staatsferne der Presse (vgl. BVerfG, a.a.O., Rn. 37 – Spiegel; BGH, Urteil vom 20.12.2018 – I ZR 112/17, juris Rn. 18 – Crailsheimer Stadtblatt II). Hiernach darf sich der Staat nur in engen Grenzen auf dem Gebiet der Presse betätigen; es ist ihm insbesondere untersagt, unmittelbar oder mittelbar Presseunternehmen zu beherrschen. Das verfassungsrechtliche Gebot, die Presse von staatlichen Einflüssen freizuhalten, bezieht sich nicht nur auf manifeste Gefahren unmittelbarer Lenkung oder Maßregelung der im Bereich der Presse tätigen Unternehmen, sondern weitergehend auch auf die Verhinderung aller mittelbaren und subtilen Einflussnahmen des Staates (BGH, a.a.O., Rn. 18 – Crailsheimer Stadtblatt II; BVerfG, Beschluss vom 06.06.1989 – 1 BvR 727/84, juris LS 1, Rn. 27 f. – Pressesubventionen; Degenhart, AfP 2010, S. 324 (325)). Er untersagt insbesondere kommunalen Hoheitsträgern, Publikationen zu veröffentlichen und zu vertreiben, welche nach Art und Aufmachung in Konkurrenz zu den Erzeugnissen privater Presseunternehmen treten (BGH, a.a.O., Rn. 30 ff.; Grabenwarter, in: Maunz/Dürig, Grundgesetz, Stand: Januar 2018, Art. 5 Abs. 1 GG, C. Rn. 375-377).
Auch jenseits des letzteren, spezifischen Gewährleistungsgehalts, welcher vorliegend entgegen der Ansicht der Antragsteller wegen des Fehlens einer nach Inhalt und Aufmachung mit einem Presseerzeugnis konkurrierenden Publikation ausscheidet, verpflichtet der Grundsatz der Staatsferne der Presse kommunale Gebietskörperschaften dazu, sich bei der Herausgabe kommunaler Publikationen in Art, Frequenz und Umfang in Zurückhaltung zu üben und eine besondere Neutralität der Berichterstattung zu wahren (Kühling, in: BeckOK Informations- und Medienrecht, hrsgg. v. Bersdorf/Paal, Stand: November 2018, Art. 5 GG, Rn. 54; Papier/Schröder, DVBl 2017, S. 1 (7 f.,10)). Vor dem institutionellen Grundsatz der Staatsfreiheit der Presse birgt eine überbordende hoheitliche Öffentlichkeitsarbeit nämlich besondere Gefahren für die Neutralität der Kommunikationsprozesse (Kühling, a.a.O., Rn. 54), zumal staatlichen Informationen gerade in konfliktträchtigen Rechtsmaterien aus Sicht des Kreises der durchschnittlichen Empfänger eine erhöhte Glaubwürdigkeit und damit ein besonderes Beeinflussungspotential zukommt (Degenhart, AfP 2010, S. 324 (328 f.); Ricker, AfP 1981, S. 320 (322, 325)).
In Anbetracht der dargestellten verfassungsrechtlichen Rahmenbedingungen erweist es sich demgegenüber weder als zulässig, die Pressemitteilungen der Antragsgegnerin vom 13. und 18. August 2018 an den für Presseorgane in der Rechtsprechung entwickelten Grundsätzen der Verdachtsberichterstattung zu messen (hierzu: Lehr, AfP 2013, S. 7 ff. m.w.N.; OLG Saarbrücken, Urteil vom 05.10.2016 – 5 U 3/16, AfP 2017, S. 65 [KG Berlin 14.11.2016 - 24 U 96/14] (66 f.)), noch besteht hierfür ein objektiv anerkennenswertes Bedürfnis. Bei den in der zivilrechtlichen Rechtsprechung entwickelten Grundsätzen der (rechtmäßigen) Verdachtsberichterstattung handelt es sich um Beschränkungen der weitgehenden Rechte, welche der Presse aus Art. 5 Abs. 1 S. 2 Var. 1 GG zustehen. Staatliche Stellen und staatliche Mandatsträger sind hingegen nicht gleichermaßen frei in Inhalt und Form der Äußerungen, weil sie nicht Träger der Grundrechte des Art. 5 Abs. 1 GG sind. Während der Private aggressiv oder unsachlich sein darf, ist ihnen dies verwehrt. Ihre Äußerungsbefugnisse unterliegen den dargestellten strengeren, spezifisch öffentlich-rechtlichen Bindungen, insbesondere dem Übermaßverbot und dem Verbot unsachlicher Äußerungen (Degenhart, AfP 2010, S. 324 (328)). Diese abschließende Wertentscheidung der Verfassung schließt einen Rückgriff auf allgemeinere Regeln zur Äußerung von Verdachtsmomenten aus.
Ein anderes Ergebnis folgt auch nicht aus dem Umstand, dass die von der Antragsgegnerin zitierte Rechtsprechung, welche Pressemitteilungen der Staatsanwaltschaft bezüglich laufender Ermittlungsverfahren betrifft, sich zum Teil an den Grundsätzen der Verdachtsberichterstattung „orientiert“ (z.B. OLG Hamm, Urteil vom 14.11.2014 – 11 U 129/13, NJW-RR 2015, S. 936 (937), LS 2). Die dort statuierten Anforderungen an die Auskunftserteilung ließen sich nämlich auch nach Maßgabe des Sachlichkeitsgebots und des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes im Rahmen der Abwägung entwickeln, welche bei einer Auskunftserteilung nach dem jeweiligen Landespressegesetz vorzunehmen ist (vgl. OLG Hamm, a.a.O., S. 937). Die Zulässigkeit eines entsprechenden Rückgriffs auf die Grundsätze der Verdachtsberichterstattung einmal unterstellt, bestünde hierfür vorliegend im Übrigen auch insofern kein objektives Bedürfnis, als dieser zugunsten der Antragsteller erfolgte, etwa in Ansehung des Erfordernisses zur vorherigen Anhörung des Betroffenen. Denn der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts zur Zulässigkeit behördlicher Warnungen lässt sich ebenfalls die Vorgabe entnehmen, im Falle der Äußerungen eines Tatsachenverdachts im Rahmen der weitestmöglichen Ermittlung des zugrundeliegenden Sachverhalts den Betroffenen nach Lage des Einzelfalls auch anzuhören (BVerfG, Beschluss vom 26.02.2002 – 1 BvR 558/91, NJW 2002, S. 2621 (2624) [BVerfG 26.06.2002 - 1 BvR 558/91] – Glykolwein).
Den dargestellten verfassungsrechtlichen Vorgaben an grundrechtsbeeinträchtigende Äußerungen von Hoheitsträgern werden die angegriffenen Elemente der Pressemitteilungen vom 13. und 16. August 2018 in Ansehung der Äußerungen (1) bis (3), (5) und (6) nicht gerecht.
Die in der Pressemitteilung vom 13. August 2018 enthaltene Aussage (1): „Zeitung steht in Verdacht, mit illegal beschafften Informationen die Unschuldsvermutung zu unterlaufen.“, stellt – ebenso wie die mit den Anträgen unter (2) bis (6) angegriffenen Äußerungen – schwerpunktmäßig ein Werturteil dar, weil sie im Kern durch ein Element der Stellungnahme bzw. des Dafürhaltens gekennzeichnet ist. Dem steht nicht entgegen, dass sich die Aussage insofern auf eine Tatsachenbehauptung gründet, als die Frage, ob eine Person bestimmte Informationen „beschafft“ hat, dem Wahrheitsbeweis zugänglich ist. Bei der gebotenen Gesamtbetrachtung der Aussage überwiegt nämlich die subjektive Einschätzung des Äußernden. Die Beurteilung, ob Informationen illegal beschafft wurden, erfordert eine rechtliche Wertung; zudem ist die als bloße Vermutung („Verdacht“) ausgewiesene Annahme eines rechtswidrigen Handelns durch ein Element des Dafürhaltens geprägt (vgl. hierzu: BVerfG, Beschluss vom 16.03.2017 – 1 BvR 3085/15 NJW-RR 2017, S. 1003 (1003 f.)). Die Feststellung, ob eine bestimmte Handlung die zugunsten eines Beschuldigten im Straf- oder Disziplinarverfahren geltende Unschuldsvermutung unterläuft, erfordert ebenfalls eine rechtliche Abwägung (vgl. BVerfG, Beschluss vom 26.03.1987 – 2 BvR 589/79 u.a., juris LS 1, Rn. 35 ff.).
Die Kammer legt die Äußerung der Antragsgegnerin des Weiteren dahingehend aus, dass hiermit der Verdacht kundgetan werden soll, ein Mitarbeiter der Antragstellerin zu 1., d.h. der mit der nachfolgenden Aussage (2) in Bezug genommene Antragsteller zu 2., habe durch aktives Tun bzw. aus eigener Initiative heraus einen Rechtsverstoß begangen. Der Terminus des „illegalen Beschaffens“ suggeriert einen Rechtsverstoß des Antragstellers zu 2., sei es als alleiniger Verantwortlicher, sei es im kollusiven, strafbaren Zusammenwirken mit einem Dritten, etwa einem zur Verschwiegenheit verpflichteten Amtsträger. Der durchschnittliche Empfänger versteht das Verb „Beschaffen“ nämlich als aktives Handeln, nicht hingegen als bloßes passives Entgegennehmen einer Sache, wie auch die Bedeutungsübersicht im Duden zeigt. Dieser umschreibt den Bedeutungsgehalt des Wortes mit „[unter Überwindung von Schwierigkeiten] dafür sorgen, dass jemand etwas, was er nötig braucht, bekommt; besorgen, herbeischaffen“ (https://www.duden.de/rechtschreibung/beschaffen_besorgen, Stand: 19.02.2019). Die Interpretation der Antragstellerin, der Begriff könnte auch ein passives Entgegennehmen umfassen, weil etwa gemäß § 202a StGB auch ein bloßer Fund das Tatbestandsmerkmal des „Verschaffens“ erfülle, ist als fernliegende Deutung auszuscheiden. Dem durchschnittlichen Leser der Pressemitteilung ist die Rechtsprechung und Kommentarliteratur zur spezifischen Auslegung des § 202a StGB nicht bekannt. Selbst wenn man im Übrigen mit der Antragsgegnerin davon ausginge, dass die Äußerung in diesem Punkt nicht eindeutig sei, sondern mehrdeutig, müsste die Kammer der Entscheidung über den geltend gemachten Unterlassungsanspruch im Einklang mit den eingangs erwähnten verfassungsrechtlichen Vorgaben denjenigen Bedeutungsgehalt zugrunde legen, welcher die subjektiv-öffentlichen Rechte der Antragsteller am meisten beeinträchtigt.
Die weitergehenden Feststellungen in der Pressemitteilung, Polizei und Staatsanwaltschaft hätten versichert, keine Informationen aus dem laufenden Verfahren herausgegeben zu haben, implizieren überdies nochmals ein aktives Handeln der Antragsteller, in der ungünstigsten Lesart gar als allein verantwortliche, treibende Kräfte, d.h. ohne Zuhilfenahme eines Informanten aus den Reihen der vorgenannten Institutionen. Entsprechendes gilt für den Passus, es solle geprüft werden, ob [Hervorhebung durch das Gericht] und wer der Zeitung unzulässig Zugang zu amtlichen Verschlusssachen verschafft habe.
Überdies misst die Kammer der Aussage (1) den Bedeutungsgehalt bei, die Antragsgegnerin wolle den Verdacht äußern, dass die Antragsteller die Absicht verfolgten, die zugunsten des Oberbürgermeisters der Antragsgegnerin im Straf- und Disziplinarverfahren geltende Unschuldsvermutung zu unterlaufen. Ohne Belang ist hier, dass sich das Unterlaufen der Unschuldsvermutung nicht zwangsläufig als Ausdruck eines absichtlichen Handelns verstehen lässt, sondern auch als weitere, nicht in den ursprünglichen Willen des Agierenden aufgenommene Folge einer anderen Maßnahme (vgl. BVerfG, Beschluss vom 26.03.1987 – 2 BvR 589/79 u.a., juris LS 1, Rn. 35 ff.). Die Aussage (1) ist nämlich im Gesamtkontext der angegriffenen Äußerungen zu sehen, mithin auch unter Berücksichtigung des Gehalts der Äußerung (3), mit welcher die Antragsgegnerin explizit den Verdacht äußert, die Unschuldsvermutung „solle“ unter dem Deckmantel der Pressefreiheit gezielt unterlaufen werden. Der Terminus „unter dem Deckmantel der Pressefreiheit“ suggeriert hierbei eine missbräuchliche Inanspruchnahme grundrechtlicher Privilegien zur gezielten Verfolgung gesetzeswidriger Zwecke. Dass die Antragsgegnerin hiermit (auch) den Verdacht einer Schädigungsabsicht äußert, steht nicht der obigen Feststellung entgegen, dass es sich bei der angegriffenen Äußerung (1) insgesamt um ein Werturteil handelt. In der Rechtsprechung ist nämlich anerkannt, dass es sich bei Schlussfolgerungen über Beweggründe oder etwaige Absichten Dritter eher um Werturteile handelt als um dem Beweis zugängliche Tatsachenbehauptungen, wobei es jedoch auch für eine einem Werturteil gleichkommende Erklärung eine ausreichende Tatsachengrundlage geben muss (BVerfG, Beschl. v. 4.8.2016 – 1 BvR 2619/13, BeckRS 2016, 50714, Rn. 13 unter Verweis auf EGMR, Axel Springer AG v. Deutschland (Nr. 2), Urteil vom 10. Juli 2014 Nr. 48311/10, §§ 63-64).
Die derart verstandene Aussage zu (1) verstößt gegen das verfassungsrechtliche Sachlichkeitsgebot, weil sie als Werturteil weder auf einer rechtlich vertretbaren Rechtsauffassung basiert noch auf einem sachgerecht und vertretbar gewürdigten Tatsachenkern. Darüber hinaus erweist sie sich als unverhältnismäßig.
Der Umstand, dass die Antragsteller in ihrer Presseanfrage vom 13. August 2018 bzw. im Zeitungsartikel vom 16. August 2018 auf (Zwischen-)Ergebnisse der gegen den Oberbürgermeister der Antragsgegnerin geführten Ermittlungen Bezug nahmen, rechtfertigt nicht die öffentliche Äußerung des Verdachts, der Antragsteller zu 2. habe diese „illegal beschafft“ und sich somit strafbar gemacht. Diese Form der Inanspruchnahme der kommunalen Äußerungsbefugnis nach § 85 Abs. 5 S. 1 NKomVG trägt dem durch Art. 5 Abs. 1 S. 2 GG gebotenen Informantenschutz der Presse bei der im Zuge der Wechselwirkungslehre gebotenen Abwägung beider Rechtsgüter nicht hinreichend Rechnung. Sie erweist sich insbesondere unter Berücksichtigung der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts zum presserechtlichen Informantenschutz als rechtlich unvertretbar.
Eine Strafbarkeit des Antragstellers nach § 353d Nr. 3 Var. 2 StGB dürfte ersichtlich ausscheiden, da dieser nur die wörtliche Wiedergabe des Dokuments untersagt, welche hier zu keinem Zeitpunkt vorlag (hierzu etwa: BVerfG, Beschluss vom 27.06.2014 – 2 BvR 429/12, NJW 2014, S. 2777 (2779)). Auch in Bezug auf eine von der Antragsgegnerin geltend gemachte Strafbarkeit nach § 202a, § 202b, § 202c oder § 202d StGB bieten sich keinerlei konkrete Anhaltpunkte.
Außerdem erweist es sich nicht als rechtlich vertretbar, öffentlich in Bezug auf den Antragsteller zu 2. den Verdacht einer Strafbarkeit zu äußern wegen Anstiftung (§ 26 StGB) oder Beihilfe (§ 27 StGB) zur Verletzung eines Dienstgeheimnisses (§ 353b Abs. 1 S. 1 Nr. 1, Nr. 2 StGB i.V.m. § 11 Abs. 1 Nr. 2, Nr. 4 StGB). Das Bundesverfassungsgericht hat klargestellt, dass die bloße Veröffentlichung eines Dienstgeheimnisses im Sinne des § 353b StGB durch einen Journalisten im Hinblick auf den Bedeutungsgehalt des presserechtlichen Informantenschutzes nach Art. 5 Abs. 1 S. 2 GG nicht ausreicht, um einen Verdacht der sukzessiven (d.h. zwischen Vollendung und Beendigung der Haupttat eintretenden) Beihilfe des Journalisten zum Geheimnisverrat zu begründen, welcher zu einem Grundrechtseingriff wie der strafprozessualen Durchsuchung und Beschlagnahme in Redaktionsräumen berechtige (BVerfG, Urteil vom 27.02.2007 – 1 BvR 538/06 u.a., NJW 2007, S. 1117 – CICERO). Zur Begründung hat das Gericht ausgeführt, es sei zwar verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden, Journalisten in derartigen Fällen als Beschuldigte zu betrachten, wenn die Staatsanwaltschaft wegen des Verdachts der Beihilfe ein Ermittlungsverfahren einleite (BVerfG, a.a.O., S. 1119 – CICERO). Ein Grundrechtseingriff wie die auf § 102, § 94 Strafprozessordnung (StPO) gegründete Durchsuchung und Beschlagnahme bei den in § 53 Abs. 1 S. 1 Nr. 5 StPO als Zeugnisverweigerungsberechtigten genannten Presseverantwortlichen lasse sich hingegen nicht auf das bloße Indiz stützen, dass der Verfasser Kenntnis eines Dienstgeheimnisses haben müsse. Für die Verwirklichung einer beihilfefähigen Haupttat, die einen Tatplan des Geheimnisträgers vorausgesetzt hätte, der gerade auf die Veröffentlichung der offenbarten Dienstgeheimnisse hinzielte, lägen in diesem Fall keine zureichenden tatsächlichen Anhaltspunkte vor. Der Tatbestand des § 353b StGB sei beispielsweise nicht verwirklicht und eine Beihilfe daher nicht möglich, wenn Schriftstücke oder Dateien mit Dienstgeheimnissen versehentlich oder über eine nicht zur Geheimhaltung verpflichtete Mittelsperson nach außen gelangten. Habe der Geheimnisträger dem Journalisten nur Hintergrundinformationen liefern wollen und erfolgte die Veröffentlichung abredewidrig, so das Bundesverfassungsgericht, sei die Tat mit der Offenbarung des Geheimnisses nicht nur vollendet, sondern auch bereits beendet. In diesem Fall könne eine Beihilfe durch die nachfolgende Veröffentlichung gar nicht mehr geleistet werden (BVerfG, a.a.O., S. 1119 – CICERO). Die Möglichkeit, auf Grund eines derart unzureichenden Verdachts Grundrechtseingriffe wie Durchsuchungen und Beschlagnahmen in der Redaktion oder bei einem Journalisten anzuordnen, würde zu dem offensichtlichen, den Bedeutungsgehalt des Art. 5 Abs. 1 S. 2 negierenden Risiko führen, dass die Staatsanwaltschaft ein Ermittlungsverfahren mit dem ausschließlichen oder überwiegenden Ziel einleitete, auf diese Weise den Informanten festzustellen. Zu fordern seien vielmehr spezifische tatsächliche Anhaltspunkte für das Vorliegen einer beihilfefähigen Haupttat, d.h. einer vom Geheimnisträger bezweckten Veröffentlichung des Geheimnisses (BVerfG, a.a.O., S. 1120 – CICERO). Vor diesem verfassungsrechtlichen Hintergrund fordert die Bestimmung über die Beschlagnahme in § 97 Abs. 5 S. 2 StPO den dringenden, auf bestimmten Tatsachen beruhenden Verdacht, dass sich der Journalist der Teilnahme an einer Straftat strafbar gemacht habe (Hartmann, in: Dölling u.a., Gesamtes Strafrecht, 4. Auflage 2017, § 97 StPO, Rn. 25b.). Überdies enthält die gesetzliche Neuregelung des § 353 b Abs. 3 a StGB nunmehr einen besonderen Rechtfertigungsgrund für Medienangehörige, demzufolge die Beihilfe (§ 27 StGB) zur Verletzung von Dienstgeheimnissen bei Pressemitarbeitern nicht rechtswidrig ist, wenn sie sich auf die Entgegennahme, Auswertung oder Veröffentlichung des Geheimnisses oder des Gegenstandes oder der Nachricht beschränkt, zu deren Geheimhaltung eine besondere Verpflichtung besteht (BT-Drucks. 17/3355 S 8; Heger, in: Lackner/Kühl (Hrsg.), StGB, 29. Auflage 2018, § 353b StGB, Rn. 13a).
Entgegen der Einschätzung der Antragsgegnerin beanspruchen diese Ausführungen auch im streitgegenständlichen Fall Geltung, denn ihnen lässt sich der verallgemeinerungsfähige Gedanke entnehmen, dass die Rechtmäßigkeit von Eingriffen in die Pressefreiheit wegen des Verdachts einer strafbaren Teilnahme an einem Geheimnisverrat in strenger Abhängigkeit von dem jeweiligen Verdachtsgrad zu bestimmen ist, d.h. den hierfür konkret bestehenden tatsächlichen Anhaltspunkten. Diese Erwägung ist nicht auf (rechtsförmige) Eingriffe im Sinne des klassischen Eingriffsbegriffs beschränkt, sondern trägt gleichermaßen im Falle von faktischen Eingriffen in die Pressefreiheit, wenn diese zu einer vergleichbaren Gefährdung des presserechtlichen Informantenschutzes führen. So liegt es auch im vorliegenden Fall, denn die öffentlichkeitswirksame und detaillierte Äußerung eines mit amtlicher Autorität vorgetragenen Verdachts, der Antragsteller zu 2. habe sich der strafbaren Teilnahme am Geheimnisverrat schuldig gemacht, beeinträchtigt seine Reputation als Journalist ebenso wie den Geschäftsbetrieb der von der Antragstellerin zu 1. herausgegebenen Zeitung. Sie kann die Antragsteller, wie dargestellt, nicht nur davon abhalten, zukünftig auf Informanten zurückzugreifen, sondern auch Letztere davor abschrecken, sich fortan an die Antragsteller zu wenden, um nicht Gefahr zu laufen, unter dem öffentlichen Druck und den hiermit ggf. einhergehenden Verteidigungsbemühungen der Antragsteller identifiziert zu werden.
Selbst wenn man entgegen der Einschätzung der Kammer den von der Antragsgegnerin unter (1) geäußerten Verdacht noch als rechtlich vertretbares Werturteil ansähe, so erwiese sich dieses im Übrigen jedenfalls deshalb als rechtswidrig, weil es bei verständiger Beurteilung weder auf einem im Wesentlichen zutreffenden noch auf einem zumindest sachgerecht und vertretbar gewürdigten Tatsachenkern beruht. Den tatsächlichen Sachverhalt, der dem Werturteil (1) zugrunde lag und dessen Richtigkeit vor Abfassung der Pressemitteilungen noch nicht abschließend geklärt worden war, hat die Antragsgegnerin nicht im Rahmen des Möglichen sorgsam und unter Nutzung verfügbarer Informationsquellen aufgeklärt sowie in dem Bemühen um die nach den Umständen erreichbare Verlässlichkeit. Wie dargestellt, fehlten zum einen unter Berücksichtigung der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts im vorliegenden Fall zureichende, tatsächliche Anhaltspunkte, welche den Verdacht begründen könnten, der Antragsteller zu 2. habe sich einer Teilnahme an einer Verletzung von Dienstgeheimnissen strafbar gemacht. Ein vertretbar gewürdigter Tatsachenkern ergibt sich zum anderen auch nicht aus den „Ermittlungen“ der Antragsgegnerin, d.h. der fernmündlichen Befragung von Polizei und Staatsanwaltschaft, welche jeweils noch am selben Tag mitteilten, die jeweilige Institution habe keinerlei Informationen herausgegeben. Innerhalb einer derart kurzen Zeitspanne von wenigen Stunden ließen sich bei lebensnaher Betrachtung keine verlässlichen Informationen über die näheren Umstände oder den Urheber der Bekanntgabe des Dienstgeheimnisses ermitteln. Schließlich bestehen keinerlei tatsächliche Anhaltspunkte für den von der Antragsgegnerin geäußerten Verdacht der Schädigungsabsicht zu Lasten des Oberbürgermeisters, d.h. des gezielten Unterlaufens der Unschuldsvermutung.
Ob ein Ermittlungsdefizit auch deshalb vorliegt, weil die Antragsgegnerin die Antragsteller vor der Veröffentlichung der Pressemitteilung vom 13. August 2018 nicht anhörte (vgl. BVerfG, Beschluss vom 26.02.2002 – 1 BvR 558/91, NJW 2002, S. 2621 (2624) [BVerfG 26.06.2002 - 1 BvR 558/91] – Glykolwein), kann angesichts der übrigen, den Befund der Rechtswidrigkeit selbständig tragenden Verstöße dahinstehen.
Auch wenn man im vorliegenden Fall von einem sachgerecht und vertretbar gewürdigten Tatsachenkern ausginge, läge in dem angegriffenen Werturteil (1) schließlich deshalb ein Verstoß gegen das Sachlichkeitsgebot, weil es an einem gerade durch die Antragsgegnerin zu schützenden übergeordneten öffentlichen Interesse an der Mitteilung der Verdachtseinschätzung fehlt (vgl. hierzu: BVerfG, a.a.O., S. 2624 – Glykolwein). In diesem Zusammenhang ist maßgeblich zu berücksichtigen, dass sich die Äußerung des Oberbürgermeisters nach § 85 Abs. 5 S. 1 NKomVG in Bezug auf sämtliche Äußerungsinhalte im Rahmen der übergeordneten Verbandskompetenz der Antragsgegnerin halten muss (§ 5 NKomVG, Art. 28 Abs. 2 S. 1 GG, Art. 57 Abs. 1 Verf ND). Soweit das Bundesverfassungsgericht das behördliche Informationshandeln in der sog. Gylkolwein-Entscheidung billigte, konnte sich die Bundesregierung bei der Veröffentlichung einer Warnliste auf ihre Regierungskompetenz zur Staatsleitung bei der Bewältigung einer überregionalen Krise berufen, der handelnde Bundesminister für Jugend, Familie und Gesundheit auf die Ressortkompetenz nach Art. 65 S. 2 GG. Zur Begründung führte das Gericht aus, die Informationskompetenz der Bundesregierung endet nicht schon dort, wo zur Bewältigung der Krise zusätzlich ein Handeln von Staatsorganen mit anderer Verbandskompetenz in Betracht komme, etwa das der Landesregierungen im Zuge der Wahrnehmung ihrer eigenen staatsleitenden Aufgabe oder das der Verwaltung im Rahmen polizeilicher Gefahrenabwehr. Die Zielerreichung könnte verfehlt werden, wenn die Informationstätigkeit der Bundesregierung sich auf das generell zur Krisenbewältigung Wichtige bezöge, nicht aber einen Hinweis auf die Gefährlichkeit bestimmter Umstände enthalten dürfte. Denn die Vollständigkeit einer Information sei ein wichtiges Element der Glaubwürdigkeit (BVerfG, a.a.O., S. 2623 ff.).
Dieser Gedanke beansprucht im vorliegenden Fall jedoch nicht gleichermaßen Geltung. Die Befugnis eines demokratisch legitimierten Amtswalters zur Erläuterung der von ihm getroffenem Maßnahmen und künftigem Vorhaben schließt, wie dargestellt, zwar auch das Recht ein, gegen seine Politik erhobene Vorwürfe aufzugreifen, fehlerhafte Tatsachenbehauptungen richtigzustellen und unsachliche Angriffe zurückzuweisen, notfalls auch mit deutlichen Worten (BVerfG, Urteil vom 27.2.2018 – 2 BvE 1/16, NJW 2018, S. 928 (931) – Fall Wanka). Im Hinblick auf den allein zulässigen Zweck einer rechtsstaatlichen distanzierten Aufgabenwahrnehmung ist dies jedoch nur zulässig zur Wahrung des Mindestmaßes an öffentlichem Vertrauen in die eigene Glaubwürdigkeit und Integrität, welches zur Erhaltung der Funktionsfähigkeit der Behörde notwendig ist (BVerfG, Beschluss vom 17.08.2010 – 1 BvR 2585/06, Rn. 23 – Bundeszentrale für politische Bildung). Darüber hinaus gehende, mit der Kritik an der Behörde in keinem inhaltlichen Zusammenhang stehende, verfälschende oder herabsetzende Äußerungen sind demgegenüber zu unterlassen (BVerfG, a.a.O., S. 931 – Fall Wanka). Eine derartige Konstellation steht hier in Rede. Die Antragsgegnerin stellt mit der Aussage (1) nicht lediglich ihre Sichtweise des straf- und disziplinarrechtlich überprüften Vorganges dar, um ihre Finanz- und Personalpolitik gegenüber als ungerechtfertigt empfundenen Angriffen zu verteidigen, sondern äußert Vermutungen über ein vorangegangenes rechtswidriges Handeln der Antragsteller, welche eine andere Meinung vertreten. Ein inhaltlicher Zusammenhang zur Verteidigung der Aufgabenwahrnehmung besteht insofern nicht. Soweit die Antragsgegnerin demgegenüber ergänzend ausführt, es bestünde ein öffentliches Interesse der Gemeindeeinwohner daran, über ein mutmaßliches strafrechtliches oder journalistisches Fehlverhalten von Mitarbeitern einer bekannten Tageszeitung zu erfahren, verkennt sie, dass sie hiermit in der Sache eine Kompetenz zur Rechtsaufsicht über Presseunternehmen beansprucht, zumindest aber eine Befugnis zur Abwehr der von Presseerzeugnissen ausgehenden „Gefahren“. Beides steht ihr nach dem Grundsatz der Staatsferne der Presse nicht zu, untersagt dieser der Antragsgegnerin doch gerade auch mittelbare Einflussnahmen auf die Presse (vgl. BVerfG, Beschluss vom 06.06.1989 – 1 BvR 727/84, juris LS 1, Rn. 27 f. – Pressesubventionen; Degenhart, AfP 2010, S. 324 (325)) und verpflichtet sie zur besonderen Neutralität der Berichterstattung in kommunalen Publikationen (Kühling, in: BeckOK Informations- und Medienrecht, hrsgg. v. Bersdorf/Paal, Stand: November 2018, Art. 5 GG, Rn. 54; Papier/Schröder, DVBl 2017, S. 1 (7 f.,10)). Das besondere Beeinflussungspotential, welches aus der erhöhten Glaubwürdigkeit folgt, welche der durchschnittliche Empfänger staatlichen Informationen gerade in konfliktträchtigen Rechtsmaterien zuspricht (Degenhart, AfP 2010, S. 324 (328 f.); Ricker, AfP 1981, S. 320 (322, 325)), zeigt sich dabei gerade im Fall der Pressemitteilung der Antragsgegnerin. Denn diese nimmt nicht nur die amtliche Autorität in Anspruch, welche aus der Einbindung des Textes in den offiziellen Internetauftritt der Antragsgegnerin folgt, sondern greift auch im Tonfall auf Formulierungen der Strafverfolgungsbehörden zurück. Die Aussage (1): „Zeitung steht in Verdacht, mit illegal beschafften Informationen die Unschuldsvermutung zu unterlaufen“, wird dabei nochmals in Wechselwirkung mit der Aussage (6) verstärkt, welche die Formulierung „dringender Verdacht“ verwendet und damit in der Sache auf einen amtlichen Terminus bzw. Verdachtsgrad abstellt, welcher Voraussetzung für die Anordnung von Untersuchungshaft gegen einen Beschuldigten im Strafverfahren (§ 112 Abs. 1 S. 1 Var. 1 StPO) ist.
Schließlich erweist sich das angegriffene Werturteil (1) unter Berücksichtigung des Deutungsgehalts, der ihm in Gesamtbetrachtung mit der Äußerung (3) zukommt, als unverhältnismäßiger Eingriff in die Presse- und Meinungsfreiheit der Antragsteller, ferner in das allgemeine Persönlichkeitsrecht des Antragstellers zu 2. sowie in die Berufsausübungsfreiheit der Antragstellerin zu 1.
Die Aussage, es bestehe der Verdacht, dass die Antragsteller (mit illegal beschafften) Informationen die Unschuldsvermutung unterliefen, namentlich unter dem Deckmantel der Pressefreiheit sowie gezielt, erweist sich nicht als erforderlich, um dem legitimen Interesse der Antragsgegnerin an Außendarstellung sowie der Wahrung des öffentlichen Vertrauens in ihre Finanz- und Personalpolitik Rechnung zu tragen. Gegenüber den erhobenen Mutmaßungen einer Schädigungsabsicht bzw. des gezielten Unterlaufens der Unschuldsvermutung stehen – auch unter Berücksichtigung des weiten Äußerungsermessens der Antragsgegnerin – Aussagen zur Verfügung, welche die Grundrechte der Antragsteller weniger beeinträchtigen. Dies betrifft etwa einen Hinweis auf die gesetzliche Unschuldsvermutung oder die Ermittlungshoheit der Staatsanwaltschaft bzw. ein Appell zur Wahrung der Unschuldsvermutung.
Darüber hinaus ist die Aussage (1) jedenfalls nicht mehr verhältnismäßig im engeren Sinne bzw. angemessen, weil die hiermit einhergehenden Beeinträchtigungen der Meinungs- und Pressefreiheit außer Verhältnis zum Schutz der von der Antragsgegnerin in Anspruch genommenen Rechtsgüter stehen.
Dem Grundrecht der Meinungs- und Pressefreiheit kommt umso größeres Gewicht zu, je mehr die Veröffentlichung einen Beitrag zum geistigen Meinungskampf in einer die Öffentlichkeit wesentlich berührenden Frage betrifft, und zwar auch dann, wenn die zugrundeliegenden Informationen (mutmaßlich) rechtswidrig erlangt wurden (BVerfG, Beschluss vom 25.01.1984 – 1 BvR 272/81, NJW 1984, S. 1741 (1743) – Wallraff; Renner/Baumann, AfP 2015, S. 285 (287) m.w.N.). So liegt es auch im vorliegenden Fall. An Informationen der Antragsteller, welche (auch) gegen den Oberbürgermeister sprechende Verdachtsmerkmale thematisieren, besteht ein übergeordnetes öffentliches Interesse in einer die kommunale Öffentlichkeit wesentlich berührenden Frage. Dieses gilt umso mehr, als die Antragsgegnerin selbst im Juni 2018 in drei Pressemitteilungen in einem außerordentlich hohen Detailgrad zu den Ermittlungen gegen den Oberbürgermeister Stellung genommen hat und hierbei ein für sich positives Bild der zugrundeliegenden tatsächlichen Abläufe zeichnete. Die Presse soll nämlich gerade die Aufgabe übernehmen, als orientierende Kraft in der öffentlichen Auseinandersetzung die Bürger im Prozess der öffentlichen Willensbildung zu informieren und die Ausübung hoheitlicher Befugnisse durch den Staat zu kontrollieren (vgl. BVerfG, Urteil vom 05.08.1966 – 1 BvR 586/62 u.a., juris Rn. 36 – Spiegel).
Die Kammer folgt in diesem Zusammenhang nicht der Auffassung der Antragsgegnerin, die Rechtsprechung zur Zulässigkeit der Veröffentlichung rechtswidrig beschaffter Informationen finde im streitgegenständlichen Fall mangels Vergleichbarkeit der zugrundeliegenden Sachverhaltskonstellationen keine Anwendung, weil jene durch eine Mehraktigkeit gekennzeichnet sei, d.h. eine zeitliche Zäsur zwischen der illegalen Informationsbeschaffung und der späteren Veröffentlichung in der Presse. Unabhängig davon, ob diese Interpretation der in Bezug genommenen Rechtsprechung zutrifft, begründet die Antragsgegnerin ihr Argument durch eine Aussage, welche die zu beweisende Behauptung bereits als wahr voraussetzt. Ob der Antragsteller zu 2. an einem vorherigen Rechtsverstoß bei der Informationsbeschaffung mitgewirkt hat oder ob eine „Zäsur“ vorliegt, ist gerade zwischen den Beteiligten streitig, wobei die Antragsgegnerin beweisbelastet ist. Die Antragsteller trifft hier entgegen der Ansicht der Antragsgegnerin auch keine Darlegungslast dahingehend, dass sie zur Erschütterung eines Beweises des ersten Anscheins ihrer strafbaren Teilnahme an einer Verletzung von Dienstgeheimnissen die Umstände darzulegen und ggf. zu beweisen hätten, welche die Vermutung einer aktiven Teilnahme erschüttern könnten. Wie dargestellt, lässt sich zum einen bereits mangels der erforderlichen Typizität des zugrundeliegenden Lebenssachverhalts (vgl. hierzu: Foerste, in: Musielak/Voit (Hrsg.), ZPO, 15. Auflage 2018, § 286 ZPO, Rn. 23 m.w.N.) in tatsächlicher Hinsicht kein Erfahrungssatz dahingehend aufstellen, im Falle einer Veröffentlichung von Dienstgeheimnissen durch Presseorgane hätten diese an der vorherigen Verletzung mitgewirkt (BVerfG, Urteil vom 27.02.2007 – 1 BvR 538/06 u.a., NJW 2007, S. 1117 (1119) – CICERO). Zum anderen würde die rechtliche Anerkennung einer derartigen Beweiserleichterung zugunsten der Antragsgegnerin den Gehalt des durch Art. 5 Abs. 1 S. 2 GG vermittelten presserechtlichen Informantenschutzes verkennen bzw. aushöhlen, da sich infolge der hierdurch begründeten (Gegen-)Darlegungslast der Presseorgane leicht Rückschlüsse auf die Umstände der Informationserlangung und damit auch auf die Person des Informanten ziehen ließen.
Gegenüber den Grundrechten auf Meinungs- und Pressefreiheit kann sich die Antragsgegnerin auch nicht auf die zugunsten des Oberbürgermeisters sprechende Unschuldsvermutung berufen. Dieses gilt bereits deshalb, weil die Unschuldsvermutung im Straf- und Disziplinarverfahren aus dem Grundrecht aus Art. 2 Abs. 1 GG in Verbindung mit dem Rechtsstaatsprinzip des Art. 20 Abs. 3 GG folgt (vgl. BVerfG, Beschluss vom 29.05.1990 – 2 BvR 254/88, NJW 1990, S. 2741), der Staat jedoch (auch) bei der Verfolgung von Gegendarstellungsrechten etc. mangels Grundrechtsträgerschaft keine grundrechtlich fundierten Persönlichkeitsrechte geltend machen kann (Degenhart, AfP 2010, S. 324 (331)). Dies gilt auch im Falle staatlicher Prozessstandschaft, d.h. der Verfolgung eines fremden (Grund-)Rechts im eigenen Namen. Es geht in derartigen Fällen allein um den Schutz der Funktionsfähigkeit staatlicher Einrichtungen, also darum, sie in ihrer Aufgabenwahrnehmung zu bewahren (Degenhart, a.a.O., S. 331). Dieses erkennt selbst die Antragsgegnerin an anderer Stelle in der Sache an. Gegen das Vorbringen der Antragsteller, der Oberbürgermeister habe sich mit den drei Pressemitteilungen aus Juni 2018 der presserechtlichen Figur der Selbstöffnung unterworfen, verteidigt sie sich gerade mit dem Argument, um die Persönlichkeitssphäre des Oberbürgermeisters gehe es im streitgegenständlichen Fall überhaupt nicht, sondern um eine vollständige und korrekte Stellungnahme in einer kommunalen Angelegenheit, in der ein maximales öffentliches Informationsinteresse bestanden habe.
Für ein Überwiegen der Meinungs- und Pressefreiheit der Antragsteller spricht schließlich entscheidend der Umstand, dass die Antragsgegnerin selbst von einem erheblichen öffentlichen Interesse an den Ermittlungen ausgeht, indem sie wesentliche Teile des straf- und disziplinarrechtlich relevanten Sachverhalts der Öffentlichkeit zugänglich gemacht hat. So hat der Oberbürgermeister der Antragsgegnerin am 1. Juni 2018 in seiner Pressemitteilung einen Bericht veröffentlicht, den er am 31. Mai 2018 gegenüber dem Verwaltungsausschuss abgegeben hatte und der wesentliche Ermittlungserkenntnisse des behördlichen Disziplinarverfahrens betraf. In diesem Zusammenhang ist zum einen maßgeblich zu berücksichtigen, dass die Sitzungen des Hauptausschusses gemäß § 78 Abs. 2 S. 1 NKomVG nicht öffentlich sind, worin ein konstituierendes Merkmal des Gremiums liegt (Mende, in: BeckOK Kommunalrecht Niedersachsen, hrsgg. v. Dietlein/Mehde, Stand: November 2018, § 78 NKomVG, Rn. 7). Dementsprechend sieht § 85 Abs. 4 NKomVG eine hiervon abweichende Berichtspflicht des Hauptverwaltungsamten nur in „wichtigen Angelegenheiten“ vor, wobei auch in dieser Konstellation der besonderen Vertraulichkeit der Materie Rechnung zu tragen ist (Mende, a.a.O., Rn. 9). Zum anderen enthält § 92 Abs. 3 S. 1 Niedersächsisches Beamtengesetz (NBG) die Regelung, dass personenbezogene Daten aus der Personalakte eines Beamten ohne dessen Einwilligung nicht sonstigen Dritten übermittelt oder bereitgestellt werden dürfen, es sei denn, dass der Empfänger ein rechtliches Interesse an der Kenntnis der zu übermittelnden Daten glaubhaft macht und kein Grund zu der Annahme besteht, dass das schutzwürdige Interesse des Betroffenen an der Geheimhaltung überwiegt. Dieses erfasst nach § 88 Abs. 1 NBG auch Daten aus der Disziplinarakte (vgl. Worthmann, in: BeckOK Beamtenrecht, hrsgg. v. Brinktrine/Neuhäuser, Stand: November 2018, § 88 NBG, Rn. 44). Dabei darf der Dienstherr in Bezug auf laufende Disziplinarverfahren Auskünfte gegenüber der Presse nur erteilen, sofern das mit der Pressefreiheit verfolgte öffentliche Informationsinteresse das entgegenstehende, in den Persönlichkeitsrechten des Betroffenen verkörperte Geheimhaltungsinteresse überwiegt (vgl. zu 111 Abs. 3 S. 1 Bundesbeamtengesetz (BBG): OVG NRW, Urteil vom 20.9.2018 – 15 A 3070/15, ZD 2019, S. 89 (90 f.).).
Schließlich hat die Antragsgegnerin am 21. Juni 2018 auf ihrer Internetseite das Redemanuskript einer Erklärung ihres Oberbürgermeisters veröffentlicht, welche dieser am selben Tag in der Ratsversammlung abgegeben hatte und zudem eine Kurzfassung seiner am Vortag gegenüber der Staatsanwaltschaft abgegebenen Einlassung enthielt. Dabei hat der Oberbürgermeister explizit den Bezug zwischen dem Strafverfahren und dem (auch von den Antragstellern thematisierten) Gesichtspunkt des innerdienstlichen E-Mail-Austauschs hergestellt, indem er mitteilte, das gegen ihn gerichtete Ermittlungsverfahren drehe sich im Kern um eine E-Mail, welche sein bisheriger Büroleiter Herr H. an Herrn G. gerichtet habe. Vor diesem tatsächlichen und rechtlichen Hintergrund stellt es analog § 242 BGB ein in sich widersprüchliches Verhalten dar, wenn allein den Umstand, dass die Antragsteller nunmehr gegenläufige Indizien aus dem im Ermittlungsverfahren ausgewerteten E-Mail-Verkehr veröffentlichen, der Antragsgegnerin zum Anlass dient, ihnen ein gezieltes bzw. in Schädigungsabsicht geplantes Unterlaufen der Unschuldsvermutung zu unterstellen. Indem die Antragsgegnerin eine abweichende Interpretation öffentlich als Ausdruck einer bewussten Schädigungsabsicht abwertet, beansprucht sie zugleich die einseitige Deutungshoheit über die gegen den Oberbürgermeister laufenden Ermittlungen, mit dem Ziel, eine behördliche Auffassung zur Geltung zu bringen und diese als einzig legitim oder vertretbar hinzustellen (vgl. hierzu: BVerfG, Beschluss vom 17.08.2010 – 1 BvR 2585/06, juris Rn. 23). Hierin liegt zugleich ein öffentliches Ausgrenzen bzw. eine Diskreditierung der Vertreter anderer Meinungen in der öffentlichen Diskussion (vgl. hierzu: BVerwG, Urteil vom 13.09.2017 – 10 C 6/16, NVwZ 2018, S. 433 (435 f.)).
Die Aussage (2): „Ein Redakteur der I. hat sich mutmaßlich illegal Zugang zu Akten aus dem Ermittlungsverfahren gegen Oberbürgermeister F. verschafft.“, wahrt ebenfalls nicht die dargestellten verfassungsrechtlichen Anforderungen an hoheitliche Äußerungen. Sie ist als Werturteil im Schwerpunkt durch ein Element des Dafürhaltens geprägt, weil sie eine rechtliche Wertung beinhaltet und zudem eine Mutmaßung über die tatsächlichen Geschehensabläufe enthält, verstößt jedoch entsprechend den zur Äußerung (1) getroffenen Feststellungen gegen das Sachlichkeitsgebot sowie gegen den Verhältnismäßigkeitsgrundsatz. Die Aussage enthält dabei nochmals einen weiteren, selbständig tragenden Verstoß gegen das Sachlichkeitsgebot. Das Werturteil beruht insofern auf einer zusätzlichen, nicht hinreichend gesicherten Tatsachengrundlage, als die Antragsgegnerin mutmaßt, der Kläger habe sich „Zugang zu Akten aus dem Ermittlungsverfahren“ verschafft. Hiermit wird aus Sicht eines durchschnittlichen Empfängers der Verdacht geäußert, der Antragsteller zu 2. habe die im Dienstgebrauch der Polizei stehende (Original-)Akte körperlich in Besitz genommen bzw. tatsächlichen körperlichen Zugriff hierauf gehabt, ohne dass sich hierfür in sachlich vertretbarer Weise konkrete Anhaltspunkte feststellen lassen.
Für das ebenfalls angegriffene, gegen das Sachlichkeitsgebot und den Verhältnismäßigkeitsgrundsatz verstoßende Werturteil (3): „Oberbürgermeister F. dazu: „Es besteht der Verdacht, dass unter dem Deckmantel der Pressefreiheit mit aus dem Zusammenhang gerissenen angeblichen Enthüllungen gezielt die Unschuldsvermutung unterlaufen werden soll.“, gelten die zur Aussage (1) geltenden rechtlichen Erwägungen sinngemäß.
Das Werturteil (5): „Die Veröffentlichungen in der I. des heutigen Tages (16.08.2018) belegen schwarz auf weiß, dass die in der Pressemitteilung der Stadt vom vergangenen Montag vorgetragenen Verdachtsmomente gegen einen namentlich nicht genannten Journalisten zutreffend waren.“, führt im Einklang mit den vorherigen Feststellungen zu einer weiteren Verletzung des Sachlichkeitsgebots. Die Antragsgegnerin betrachtet hiermit die nicht verlässlich ermittelte Tatsachengrundlage für ihre vorherigen Werturteile nunmehr als durch die Zeitungsveröffentlichung der Antragsteller erhärtet, und dies abermals ohne weitergehende konkrete Anhaltspunkte sowie nunmehr mit einem Grad der an Sicherheit grenzenden Wahrscheinlichkeit. Die umgangssprachliche Formulierung „schwarz auf weiß“ wird nämlich vom Empfängerkreis dahingehend interpretiert, dass das derart Niedergelegte versichert bzw. schriftlich derart bekräftigt wird, dass der Empfänger sich hierauf verlassen kann (vgl. https://www.duden.de/rechtschreibung/schwarz_auf_weisz, Stand: 21.02.2019). Überdies impliziert die Aussage, dass die Verdachtsmomente zutreffend gewesen seien, dass sich die aus Sicht der Antragsgegnerin bestehenden Indizien im Nachgang noch verstärkt hätten.
Entgegenzuhalten sind dieselben Einwände auch der Aussage (6): „Damit besteht zumindest der dringende Verdacht, dass der Journalist die Informationen in unzulässiger Weise erlangt hat.“, denn der durchschnittliche Empfänger versteht die dem Strafverfahrensrecht entliehene Formulierung des dringenden Verdachts (vgl. § 112 Abs. 1 S. 1 Var. 1 StPO) derart, dass die Wahrscheinlichkeit einer Tatbegehung erheblich gesteigert ist und sich nunmehr gegenüber dem Anlassverdacht auf nochmals deutlich ausgeprägtere Anhaltspunkte stützt.
Keinen rechtlichen Bedenken begegnet demgegenüber nach Auffassung der Kammer die als Werturteil ausgestaltete Aussage (4): „„Die neuerliche Skandalisierung überschreitet unserer Meinung nach die Grenzen zulässiger Verdachtsberichterstattung“, so Oberbürgermeister F. weiter“. Diese Äußerung wahrt sowohl das Sachlichkeitsgebot als auch den Verhältnismäßigkeitsgrundsatz. Das Gericht schließt sich insofern nicht der Einschätzung der Antragsteller an, es handele sich um eine Erwägung aus sachfremden Erwägungen, weil zum Zeitpunkt der ersten Presseerklärung diese Grenzen denklogisch noch nicht hätten überschritten sein können, da es noch keine Veröffentlichung gegeben habe. Die Antragsgegnerin hat diesen Passus in der Pressemitteilung vom 13. August 2018 auf eine vertretbar gewürdigte Tatsachengrundlage gestützt, da sie bereits aus der Presseanfrage vom selben Tag entnehmen konnte, auf welche tatsächliche Grundlage die Antragsteller ihre Verdachtsberichterstattung stützen würden. Die durch die Antragsgegnerin vorgenommene rechtliche Beurteilung der Zulässigkeit der beabsichtigten Berichterstattung, insbesondere die Frage, ob die tatsächlichen Anhaltspunkte für ein mutmaßliches Fehlverhalten des Oberbürgermeisters diese rechtfertigten, bewegt sich auch nicht außerhalb des Kreises rechtlich vertretbarer Auffassungen, mögen die Antragsteller diesbezüglich auch eine andere Einschätzung vertreten. Zudem beinhaltet die Äußerung keine unsachlichen oder herabsetzenden Formulierungen; sie stellt nicht zuletzt ein verhältnismäßiges Mittel der Antragsgegnerin dar, im Interesse der Funktionsfähigkeit der Verwaltungsspitze deren (Personal-)Politik öffentlich zu verteidigen.
Zur Durchsetzung des hiernach bestehenden öffentlich-rechtlichen Unterlassungsanspruchs steht den Antragsstellern außerdem ein Anordnungsgrund zur Seite. Einstweilige Anordnungen sind nach § 123 Abs. 1 S. 2 VwGO auch zur Regelung eines vorläufigen Zustands in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis insbesondere zulässig, wenn diese Regelung, vor allem bei dauernden Rechtsverhältnissen, nötig erscheint, um wesentliche Nachteile abzuwenden. In den Blick zu nehmen sind hierbei die konkreten Nachteile, welche beim Antragsteller in der Zwischenzeit bis zur Hauptsacheentscheidung eintreten können, falls eine einstweilige Anordnung nicht ergeht (Schoch, in: Schoch/Schneider/Bier (Hrsg.), Verwaltungsgerichtsordnung, Stand: September 2018, § 123 VwGO, Rn. 80b m.w.N.). Derartige Nachteile bestehen auch im vorliegenden Fall. Der Nichterlass der einstweiligen Anordnung würde die Verwirklichung der den Antragstellern zugewiesenen Berechtigung nachhaltig beeinträchtigen, als orientierende Kraft in der öffentlichen Auseinandersetzung zu wirken (vgl. BVerfG, Urteil vom 05.08.1966 – 1 BvR 586/62 u.a., juris Rn. 36 – Spiegel). Angesichts der andauernden Ermittlungen gegen den Oberbürgermeister der Antragsgegnerin (sowie der ggf. anschließenden Erhebung der öffentlichen Klage oder der Einstellung des Strafverfahrens) sind die Antragsteller nämlich darauf angewiesen, ohne die Sorge grundrechtsbeeinträchtigender hoheitlicher Äußerungen der festgestellten Art die Öffentlichkeit tagesaktuell über den jeweiligen Sachstand informieren zu können. Diese Möglichkeit ließe sich bei einem späteren Obsiegen in der Hauptsache auch nicht mehr nachträglich wiederherstellen.
Schließlich darf die einstweilige Anordnung auch mit dem beantragten Inhalt ergehen. Dem steht nicht der Grundsatz entgegen, dass eine einstweilige Anordnung die Entscheidung in der Hauptsache nicht vorwegnehmen, sondern lediglich die verfolgte Rechtsposition (§ 123 Abs. 1 S. 2 VwGO) in der Weise sichern soll, dass die Antragsteller ihr Recht bei einem Obsiegen im Hauptverfahren noch sinnvoll wahrnehmen können. Hierdurch soll zugleich sichergestellt werden, dass die Beweisanforderungen des Hauptsacheverfahrens, welche auf die volle richterliche Überzeugungsbildung vom streitgegenständlichen Sachverhalt ausgelegt sind (§ 108 Abs. 1 S. 1 VwGO), nicht dadurch umgangen werden, dass die Hauptsacheentscheidung faktisch bereits im einstweiligen Rechtsschutz ergeht, obgleich dieser ein abgestuftes Beweismaß genügen lässt, d.h. die überwiegende Wahrscheinlichkeit des glaubhaft gemachten Entscheidungssachverhalts (§ 123 Abs. 1 S. 1, Abs. 3 VwGO i.V.m. § 920 Abs. 2, § 936, § 294 ZPO). Indessen kommt dem Gedanken des effektiven Rechtsschutzes (Art. 19 Abs. 4 GG) übergeordnete Bedeutung zu mit der Folge, dass ausnahmsweise eine (teilweise) Vorwegnahme der Hauptsache zulässig ist, wenn – wie im vorliegenden Fall – der durch die Dauer des Hauptverfahrens bedingte Zeitverlust die Rechtsverfolgung in der Hauptsache gegenstandslos oder unmöglich machen würde und der geltend gemachte Anordnungsanspruch mit sehr hoher Wahrscheinlichkeit besteht (Bostedt, in: Fehling/Kastner/Störner (Hrsg.), Handkommentar Verwaltungsrecht, 4. Auflage 2016, § 123 VwGO, Rn. 85 m.w.N.).
Die Kostenentscheidung folgt aus § 155 Abs. 1 S. 1, § 173 S. 1 VwGO i.V.m. § 100 Abs. 1 ZPO.
Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 63 Abs. 2 S. 1 GKG. Die Höhe des Streitwertes folgt aus § 52 Abs. 2 GKG, § 53 Abs. 2 Nr. 1 GKG, wobei die Kammer pro angegriffene Äußerung jeweils einen Streitwert von 5.000 EUR in Ansatz bringt, da es sich um unterschiedliche Streitgegenstände handelt.
Eine Minderung dieses Hauptsachestreitwerts wegen der bloßen Vorläufigkeit der Entscheidung im Eilverfahren ist dabei nicht angebracht, weil die einstweilige Anordnung im vorliegenden Fall zu einer Vorwegnahme der Hauptsache führt (vgl. Nr. 1.5 S. 2 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit 2013, NordÖr 2014, S. 11; VG Bremen, Beschluss vom 01.08.2018 – 6 V 1559/18, BeckRS 2018, 16844).