Landessozialgericht Niedersachsen-Bremen
Urt. v. 21.11.2017, Az.: L 16 KR 261/16

Bibliographie

Gericht
LSG Niedersachsen-Bremen
Datum
21.11.2017
Aktenzeichen
L 16 KR 261/16
Entscheidungsform
Urteil
Referenz
WKRS 2017, 54274
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
[keine Angabe]

Verfahrensgang

vorgehend
SG - 19.04.2016 - AZ: S 15 KR 106/14

Tenor:

Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Stade vom 19. April 2016 wird zurückgewiesen.

Kosten sind nicht zu erstatten.

Die Revision wird nicht zugelassen

Tatbestand:

Streitig ist die Zustimmung der Beklagten zur Verschiebung des Beginns des Rentenbezuges.

Der am 24. Oktober 1949 geborene Klägers erlernte den Beruf des Kfz-Mechanikers und war als Beratungsingenieur im Außendienst tätig. Der Kläger war seit 1. April 2010 arbeitslos und bezog Leistungen nach dem Sozialgesetzbuch Drittes Buch (SGB III) von der Beigeladenen zu 1). Seit 1. März 2012 war der Kläger arbeitsunfähig erkrankt (Diagnosen M 54.5 G, D 18.00 V- Arbeitsunfähigkeitserstbescheinigung des Facharztes für Orthopädie Dr L. vom 1. März 2012)    und erhielt Krankengeld von der Beklagten vom  12. April 2012 bis 18. April 2013. Vom 19. April bis 23. Oktober 2013  bezog er wieder Arbeitslosengeld I gemäß § 136 SGB III von der Beigeladenen zu 1) (Bescheid der M. vom 11. September 2013).

Bei dem Kläger wurde ein Hämangiom am LWK 3 diagnostiziert. In der Zeit vom 16. April bis 2. Mai 2012, 10. bis 23. Mai 2012 und 20. Juni bis 10. Juli 2012 befand sich der Kläger in stationärer Behandlung im N. O..  Am 17. April 2012 wurden eine Korporektomie LWK-3 und ventrodorsale Stabilisierung L 2 bis L 4 links, ein Wirbelkörperersatz und Zementaugmentation, dorsale Spondylodese L2-4 und dorsale Dekompression durchgeführt. Es kam zu Wundheilungstörungen mit Wundinfektion und  Sepsis durch Staphylococcus  aureus. Am 11. Mai 2012 wurde eine operative Wundrevision der dorsalen Wunde mit Wundabstrichen, Nekrosektomie und Wundrandexision   und  am 22. Juni ein Wechsel des Wirbelkörperersatzes L3 durchgeführt.

Der Kläger beantragte am 26. Oktober 2012 eine stationäre Rehabilitationsmaßnahme bei der Beigeladenen zu 2), der P. Q..

Mit Bescheid vom 22. November 2012 schränkte die Beklagte gegenüber dem Kläger ihr Dispositionsrecht ein. In dem Bescheid heißt es:

„Vielen Dank für das persönliche Gespräch, in dem wir über Ihren Antrag auf Leistung zur medizinischen Rehabilitation gesprochen haben.

Wie Sie wissen, haben wir den Medizinischen Dienst der Krankenversicherung um eine Beratung zur Ihrer gesundheitlichen Situation gebeten. Nach Einschätzung der dort tätigen Ärzte ist ihre Erwerbsfähigkeit zurzeit erheblich gefährdet oder gemindert. Eine Leistung zur medizinischen Rehabilitation ist der richtige Schritt, um Ihre Erwerbsfähigkeit langfristig zu sichern.

Für Ihren beim Rentenversicherungsträger eingereichten Antrag gelten besondere Bedingungen - bitte lesen Sie sich diese aufmerksam durch, damit Ihnen keine Nachteile entstehen.

Änderungen zu Ihrem Antrag sind nur in wenigen besonderen Ausnahmesituationen und nur mit unserer Zustimmung möglich. Falls Sie Ihren Antrag zum Beispiel zurückziehen, den Beginn der Maßnahme verschieben oder eine andere Klinik wählen möchten, setzen Sie sich unbedingt vorher mit uns in Verbindung, denn wir können Ihnen sonst kein Krankengeld mehr zahlen. Dies möchten wir gern für Sie vermeiden.“

Hiergegen legte der Kläger mit Schreiben vom 21. Dezember 2012 Widerspruch ein, den er mit Schreiben vom 4. April 2013 wieder zurücknahm.

Der Kläger führte in der Zeit vom 28. Dezember 2012 bis 25. Januar 2013 eine stationäre Rehabilitationsmaßnahme im Klinikum R. zu Lasten der Beigeladenen zu 2) durch (Diagnosen: Chronisches Schmerzsyndrom lumbosakral nach Korporektomie LWK3 mit Stabilisierung L2-L4 4/12, Revision bei Sepsis 6/12, Zustand nach Sepsis durch Staphylokokken bei paravertebralem Abzess nach Wirbelsäuleneingriff, Zustand nach Hämangiom, primäre Gonarthrose beidseits, Adipositas Body-Mass-Index (BMI) 37). Er wurde mit einem Leistungsvermögen für die letzte berufliche Tätigkeit als Beratungsingenieur im Außendienst  und für Arbeiten auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt von drei bis unter sechs Stunden entlassen.

Die Beklagte holte  Stellungnahmen des  Medizinischen Dienstes der Krankenversicherung (MDK) vom 13. und 20. Februar 2013 und ein Gutachten des MDK vom 4. März 2013 ein, wonach ein positives Leistungsbild auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt derzeit nicht erstellbar sei, Arbeitsunfähigkeit bis Leistungsende am 18. April 2013 liege vor. Von einer erheblichen Minderung der Erwerbsfähigkeit  gemäß § 51 Abs 1 Sozialgesetzbuch (SGB V) sei auszugehen.

Mit Schreiben vom 11. März 2013 stellte der Kläger bei der Beigeladenen zu 2) einen formlosen Rentenantrag wegen verminderter Erwerbsfähigkeit/ Altersrente wegen Schwerbehinderung/Berufsunfähigkeit. Am 3. April 2013 stellte der Kläger einen förmlichen Antrag auf Rente Altersrente für Berufsunfähige/Erwerbsunfähige als  Vollrente.  Die Beigeladene zu 2) holte ein Gutachten des Facharztes für Orthopädie Dr S. vom 15. Juni 2013   ein, der aufgrund der orthopädischen Befunde davon ausging, dass  der Kläger auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt nicht belastbar sei und eine Zeitrente von 18 Monaten vorschlug.  Die Beigeladene zu 2) wies den Kläger  mit Schreiben vom 17. Juli   2013  darauf hin,  dass nach ihren Feststellungen volle Erwerbsminderung auf Dauer seit 1. März 2010 bestehe und dass schon der Antrag auf Leistungen zur medizinischen Rehabilitation vom 24. Oktober 2012 als Rentenantrag gelte, wenn diese Leistung nicht erfolgreich gewesen ist (Rentenantragsfiktion) (§ 116 Abs 2 Sozialgesetzbuch Sechstes Buch - SGB VI -). Nach den gesetzlichen Bestimmungen könne der Kläger aber auch seinen Rentenantrag vom 3. April 2013 als Rentenantrag bestimmen, in diesem Fall ergäbe sich ein Rentenbeginn ab 1. April 2013.

Daraufhin bat der Kläger mit Schreiben vom 23. Juli 2013 die Beigeladene zu 2)  um Mitteilung der Rentenhöhen für die unterschiedlichen Anfangsdaten, ob er die Voraussetzungen für eine Rente nach § 236a Abs 3 SGB VI erfülle, ob diese für ihn  günstiger wäre und ob ein Rentenbeginn  ab 24. Oktober 2013 (nach Ende des Anspruchs auf Arbeitslosengeld)  möglich sei.

Die Beigeladene zu 2) führte unter dem 24. Juli 2013 Probeberechnungen durch, bei denen sie unterschiedliche Rentenarten und Daten des Rentenbeginns zugrunde legte:

EM-Rente - Rentenbeginn 1. April 2013: 1.488,41 €

EM Rente - Rentenbeginn 1. Oktober 2012: 1483,95 €

Altersrente nach § 236 a SGB VI - Rentenbeginn 1. Oktober 2013: 1.628,07 €.

Daraufhin beantragte der Kläger mit Schreiben vom 27. August 2013 bei der Beigeladenen zu 2) die Umdeutung seines Antrages in einen Antrag auf Altersrente für Schwerbehinderte/Berufsunfähige gemäß § 236a Abs 3 SGB V mit Rentenbeginn 1. Oktober 2013.

Unter dem 10. September 2013 wies die Beklagte die Beigeladene zu 2) darauf hin, dass sie die Dispositionsbefugnis des Klägers beschränkt habe und bat um Mitteilung, ob der Rehaantrag in einen Rentenantrag umgedeutet werden könne. Daraufhin teilte die Beigeladene zu 2) dem Kläger  am  17. September 2013 mit, dass der Antrag auf Leitungen zur Teilhabe vom 24. Oktober 2012 gemäß § 116 Abs 2 SGB VI als Rentenantrag gelte.  Das liege daran, dass mit Schreiben vom 22. November 2012 von der Krankenkasse das Dispositionsrecht eingeschränkt worden sei. Ausgehend von dem Antrag auf Leistungen zur Teilhabe läge der Rentenbeginn der Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit am 1. Oktober 2012, der Kläger wünsche eine Altersrente mit Rentenbeginn 1. Oktober 2013. Weil die Krankenkasse ihn in seinem Gestaltungsrecht eingeschränkt habe, dürfe er den späteren Rentenbeginn nicht ohne Zustimmung der Krankenkasse bestimmen. Der Kläger  wurde aufgefordert, der Krankenkasse mitzuteilen, aus welchen Gründen er einen späteren Rentenbeginn wünsche.

Der Kläger beantragte mit Schreiben vom 1. Oktober  2013  bei der Beklagten die Zustimmung zur Verschiebung des Rentenbeginns vom 1. Oktober 2012 auf den 1. Oktober 2013. Abgestellt auf einen Rentenbeginn am 1. Oktober 2012 hätte der Kläger eine um 144,12 € monatlich geringere Rente und zwar auf Dauer.

Mit Bescheid vom 15. Oktober 2013  lehnte die Beklagte die Zustimmung für die Verschiebung des Rentenbeginns auf den 1. Oktober 2013 ab. Auch nach Abschluss der Rehabilitationsmaßnahme hätten sowohl der MDK wie auch der Rentenversicherungsträger eine dauerhafte Erwerbsminderung festgestellt, da sich der Gesundheitszustand des Klägers durch die Rehabilitationsmaßnahme nicht wesentlich gebessert habe.  Nach § 116 Abs 2 SGB VI gelte der Antrag auf Leistungen zur Teilhabe daher als Rentenantrag. Der Gesetzgeber habe die Zuständigkeit der Sozialversicherungsträger dahingehend geregelt, dass bei Vorliegen der Voraussetzungen des Bezuges einer Rente grundsätzlich nicht mehr die Krankenkasse, sondern der Rentenversicherungsträger Leistungen zur Verfügung zu stellen habe. Dies bedeute, dass Rentennachzahlungen Vorrang vor Krankengeldleistungen hätten, weil es Aufgabe der Rentenversicherung sei, bei dauerhafter Erwerbsminderung mit Leistungen einzutreten. Dieser Grundsatz greife unabhängig von der Höhe der Leistung des Rentenversicherungsträgers. Das Bundessozialgericht (BSG) habe im Urteil vom 7. Dezember 2004 - B 1 KR 6/03 R - die hinreichenden Gründe für das Einräumen des Dispositionsrechts dargestellt. Das Interesse, eine höhere Altersrente durch ggf höhere Beitragszeiten aufgrund des Krankengeldes und aufgrund des Bezuges von Arbeitslosengeld zu erreichen, sei danach nicht schützenswert. Die Beklagte vertrete die Interessen der Versichertengemeinschaft. Bei pflichtgemäßer Ermessensausübung und unter Berücksichtigung der Argumente des Klägers könne sie daher einer Verschiebung des Rentenbeginns auf einen späteren Zeitpunkt nicht zustimmen.

Hiergegen legte der Kläger mit Schreiben vom 22. Oktober 2013 Widerspruch ein. Es gehe um eine wesentliche Erhöhung des Rentenanspruchs durch das Hinausschieben des Rentenbeginns. Der Kläger müsse es nicht hinnehmen, dass er wegen der Solidargemeinschaft, in die er selbst jahrzehntelang eingezahlt habe, jeden Monat bis zu seinem Lebensende auf 144,12 € - ohne Berücksichtigung zukünftiger Rentenanpassungen - verzichten solle.

Die Beklagte wies den Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 8. Mai 2014 zurück. Sie wies noch einmal darauf hin, dass sie in ihrer Entschließung über ihren Antrag nicht völlig frei sei, sondern ihre Entscheidung nach pflichtgemäßem Ermessen zu treffen habe. Könne der Versicherte ein berechtigtes Interesse am Hinausschieben des Rentenbeginns geltend machen, das die Belange der Krankenkasse überwiege, müsse sie ihre Zustimmung erteilen. Das bloße Interesse des Versicherten, die höhere Altersrente für schwerbehinderte Menschen anstelle einer vergleichsweise niedrigeren Erwerbsminderungsrente in Anspruch zu nehmen, sei  kein hinreichender Grund, um dem Wunsch zu entsprechen. Die dargestellte monetäre Schlechterstellung sei zwar nachvollziehbar, jedoch könne die Beklagte,  wenn sie dem Kläger das Gestaltungsrecht einräumen würde, die Rentennachzahlung für die Zeit vom 1. Oktober 2012 bis 18. April 2013 nicht erhalten. Sie würde zu Lasten der Versichertengemeinschaft auf mehrere tausend Euro verzichten. Unter Berücksichtigung dieses Gesichtspunktes könne eine Zustimmung nicht erteilt werden. Unter Abwägung der Argumente, der nachgewiesenen gesundheitlichen Einschränkungen im Leistungsvermögen sowie der gesetzgeberischen Intension in der Abgrenzung der Zuständigkeiten unterschiedlicher Sozialversicherungsträger, seien die Interessen der Versichertengemeinschaft auf Begrenzung der Krankengeldaufwendungen sowie systemkonformer Übertragung des Entgeltsausgleichs durch die Rentenversicherung höher zu gewichten als die Interessen des Klägers. Dem Antrag auf Einräumung des Gestaltungsrechts könne im Zusammenhang mit dem bestehenden Rentenanspruch nicht entsprochen werden.

Die Beigeladene zu 2) bewilligte dem Kläger mit Bescheid vom 18. November 2013 Rente wegen voller Erwerbsminderung seit 1. Oktober 2012 in Höhe von 1.418, 29 € ab 1. Januar 2014. Für die Zeit vom 1. Oktober 2012 bis 31. Dezember 2013 betrage die Nachzahlung 19. 923, 77 €. Hiergegen erhob der Kläger am 18. Dezember 2013 Widerspruch, er habe schon in seinem formlosen Rentenantrag  alternativ Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit/Altersrente/Rente wegen Schwerbehinderung beantragt. In Hinblick auf das Widerspruchsverfahren gegen die Beklagte beantragte er das Ruhen.

Die Beigeladene zu 1) machte am 27. November 2013 einen Erstattungsanspruch gegen die Beigeladene zu 2) in Höhe von insgesamt 10.404, 34 € geltend  (gezahltes Arbeitslosengeld für die Zeit vom 19. April   bis 23. Oktober 2013: 8.702.62 € + Beiträge zur KV/PV, insgesamt 10.404,34 €), die Beklagte machte am 25. November 2013 einen Erstattungsanspruch gegen die Beigeladene zu 2) für gezahltes Krankengeld vom 1. Oktober bis 27. Dezember 2012 und 26. Januar bis 18. April 2013 in  Höhe von  8.018, 56 € geltend.  Die Beigeladene zu 2) zahlte an die Beklagte 8.018,56 € und an die Agentur für Arbeit 8.702,62 € aus (Schreiben vom 28. Januar 2014 an den Kläger).

Mit Schreiben vom 27. August 2013 beantragte der Kläger Altersrente für schwerbehinderte/berufsunfähige Menschen gemäß § 236a Abs 3 SGB VI (Rentenbeginn:1. Oktober 2013).

Am 1. Dezember 2014 beantragte  der Kläger Regelaltersrente, über den nach Angaben der Beigeladenen zu 2) noch nicht entschieden ist. Die Beigeladene zu 2) teilte ihm mit, dass sie wegen des Klageverfahrens gegen die Krankenkasse über die beantragte Regelaltersrente noch keine Entscheidung treffen könnte.

Mit Bescheiden  vom 14. Februar 2015  und 12. Februar 2016  berechnete die Beklagte die Rente wegen voller Erwerbsminderung ab 1. März 2015 bzw 11. März 2016 neu.  Auch gegen diese Bescheide legte der Kläger jeweils Widerspruch ein, die derzeit ruhen.

Gegen den Widerspruchsbescheid der Beklagten vom 8. Mai 2014 hat der Kläger am 5. Juni 2014 Klage vor dem Sozialgericht (SG) Stade erhoben. Die nach der Rechtsprechung zu beachtende Wesentlichkeitsgrenze sei überschritten und stelle auch unter Beachtung der Interessen der Solidargemeinschaft der gesetzlichen Krankenversicherung, in die der Kläger während seines gesamten Berufslebens eingezahlt habe, ein unverhältnismäßiges Sonderopfer dar, wenn er jeden Monat auf 144,12 € verzichten solle. Es gehe nicht um einen vorübergehenden oder als geringfügig anzusehenden Kürzungsbetrag. Die Rentenkürzung rechtfertige es, dass der Kläger den Zeitpunkt, wann er in Rente gehe, selbst bestimmen könne, zumal er auch in die Kasse der Beklagten jahrzehntelang eingezahlt habe. Die Rentenkürzung bliebe auch wegen § 77 Abs 3 SGB VI bei einer Inanspruchnahme der Altersrente ab 1. Oktober 2015 bestehen. Die Entscheidung der Beklagten sei ermessensfehlerhaft. Sie habe die Abwägung zwischen den Interessen des Versicherten und der Solidargemeinschaft nicht ordnungsgemäß ausgeübt. Sie habe den Antrag vom 1. Oktober 2013 bereits deshalb  nicht ordnungsgemäß prüfen können, weil er nicht vollständig digitalisiert worden sei.

Die Beklagte hat geltend gemacht, dass sich die Erwerbsminderungsrente ab 1. Oktober 2012 auf 1.576,34 € belaufe, die stattdessen begehrte Altersrente für schwerbehinderte Menschen ab 1. Oktober 2013 nach der Probeberechnung der Beigeladenen zu 2) auf  1.628,07 €, dies sei eine Differenz von „lediglich“ 51,73 €.

Das SG hat Probeberechnungen von der Beigeladenen zu 2) angefordert und die Klage mit Urteil vom 19. April 2016 abgewiesen. Die angegriffenen Bescheide seien rechtmäßig. Das BSG habe in seinem Urteil vom 7. Dezember 2004 - B 1 KR 6/03 R - ausgeführt, dass es auch außerhalb des Entscheidungsmechanismus des § 51 SGB V eine Entscheidungsbefugnis der Krankenkasse über das Ansinnen eines Versicherten geben könne, die Geltung eines Antrages auf stationäre Rehabilitation als Rentenantrag auszuschließen. Die Krankenkasse sei in ihrer Entschließung über diesen Antrag nicht frei, sondern habe die Entscheidung nach pflichtgemäßem Ermessen zu treffen. In der vorliegenden Konstellation sei entscheidend, ob der Versicherte ein berechtigtes Interesse am Hinausschieben des Rentenbeginns geltend machen könne, das die Belange der Krankenkasse überwiege. Ein solches berechtigtes Interesse des Versicherten komme vor allem in Betracht, wenn eine erhebliche Verbesserung des Rentenanspruchs erreicht werden könne, zB durch eine evtl noch mögliche Erfüllung der Voraussetzungen für eine Erhöhung der Rentenbemessungsgrundlage. Bei der Abwägung zwischen den Gestaltungsmöglichkeiten des Versicherten und den Befugnissen der Krankenkasse nach § 51 SGB V sei grundsätzlich den Interessen der Krankenkasse der Vorrang einzuräumen. Eine Entscheidung zu Gunsten des Versicherten erfordere daher, dass seine Belange den bei Dauerzuständen gesetzlich typisierten Vorrang der Krankenkasseninteressen an einer Begrenzung der Krankengeldaufwendungen sowie der Überantwortung der Kompensation krankheitsbedingten Entgeltausfalls an die Rentenversicherungsträger überwiegen würden. Nach dieser Maßgabe sei die Entscheidung der Beklagten nicht zu beanstanden und Ermessensfehler nicht ersichtlich. Ausgangspunkt sei, dass die vom Kläger berechnete Rentendifferenz von 144,12 € pro Monat nicht zutreffe. Diese Differenz ergebe sich, wenn man den Rentenanspruch zum 1. Oktober 2012 aus einer Rente wegen voller Erwerbsminderung von dem Rentenanspruch aus einer Rente wegen Schwerbehinderung im Alter gemäß § 236a SGB VI mit einem Rentenbeginn am 1. Oktober 2013 subtrahiere. Ein derartiger Berechnungsansatz sei unzulässig, denn naturgemäß seien lediglich die finanziellen Auswirkungen der Verschiebung eines Rentenbeginns für Renten derselben Art vergleichbar. Nach der vom Gericht eingeholten weiteren Probeberechnung ergebe sich eine Differenz bei einer Rente nach § 43 Abs 2 SGB VI von 5,98 €. Maßgeblich könne nur die Differenz sein, die sich bei Ansatz der Rente aus voller Erwerbsminderung gemäß § 43 Abs 2 SGB VI ergebe, nicht abzustellen sei auf die Rente wegen Schwerbehinderung im Alter gemäß § 236a SGBVI, weil diese Rente vom Kläger - jedenfalls derzeit - noch nicht bezogen werde. Bei der begehrten Verschiebung des Rentenbeginns auf ein Jahr ergebe sich für eine Rente wegen voller Erwerbsminderung nach § 43 Abs 2 SGB VI bei einem monatlichen Differenzbetrag von 5,98 € eine jährlich um 71,76 € höhere Rente. Dieser Betrag könne jedoch lediglich bis zum Beginn der Regelaltersrente angesetzt werden, da die Rente wegen voller Erwerbsminderung zu diesem Zeitpunkt ende, im Falle des Klägers am 23. Januar 2015. Hieraus errechne sich eine Erhöhung der Rente wegen voller Erwerbsminderung von insgesamt 95,68 € (5,98 € x 16 Monate). Hinzuzurechnen seien weiterhin Effekte auf die Höhe der Regelaltersrente, aus denen der Kläger bei einem Rentenbeginn zum 1. Oktober 2013 Vorteile zöge. Zum einen sei der Zugangsfaktor für die Regelaltersrente nach § 77 Abs 3 SGB VI für einen Monat gesenkt, da der Kläger erst im Oktober 2012 63 Jahre alt geworden sei und auch schon die Rente wegen voller Erwerbsminderung auf der Grundlage dieses geminderten Zugangsfaktors berechnet worden sei. Zum anderen entgingen ihm bei der Berechnung der Regelaltersrente die rentenerhöhenden Zahlungen aus dem Krankengeld und dem Arbeitslosengeld, die bei einem Rentenbeginn am 1. Oktober 2013 zu berücksichtigen wären. Der Kläger habe aber nicht dargelegt, dass sich hieraus eine derart gravierende Erhöhung der Regelaltersrente gegenüber der tatsächlichen Zahlung ab März 2012 ergebe, die den typisierten Vorrang der Interessen der Sozialversicherungsträger überwinden könne.

Selbst wenn man auf den Mehrbetrag abstelle, der sich bei Ansatz einer Rente wegen Schwerbehinderung im Alter gemäß § 236a SGB VI ergebe, ergebe sich keine Verpflichtung der Beklagten zur Zustimmung zu der Verschiebung des Rentenbeginns auf den 1. Oktober 2013. Bei einer monatlichen Differenz von 48,69 € an erhöhter Rente berechne sich bei einer Bezugsdauer bis zum Erreichen der statistischen Lebenswahrscheinlichkeit eine Mehrzahlung von 10.711,80 €. Jedoch betrage die Summe der Erstattungsansprüche der Beklagten und der Beigeladenen gegenüber der DRV Bund für die Zahlung von Krankengeld bzw Arbeitslosengeld I mehr als 16.000,-- €. Vor diesem Hintergrund überwiege das Interesse des Klägers an der Höhe der Rentenzahlung durch einen späteren Rentenbeginn nicht derart, dass der Vorrang der Interessen der Sozialversicherungsträger überwunden werden könne und die Beklagte verpflichtet wäre, ihre Zustimmung zu erteilen. Gründe seien auch nicht darin zu sehen, dass in der  Verwaltungsakte der Beklagten der Schriftsatz des Klägers vom 1. Oktober 2013 nicht enthalten sei. Daraus folge kein Ermessensausfall in dem Sinne, dass die Beklagte bestimmte Umstände nicht in ihre Abwägung eingestellt habe. Vielmehr habe die Beklagte die vom Kläger berechneten finanziellen Konsequenzen eines Rentenbeginns ab 1. Oktober 2012 trotz des Fehlens dieses Schriftsatzes in ihre Abwägung mit einbezogen. Dies ergebe sich schon aus der ausführlichen Darlegung im Widerspruchsbescheid vom 18. Dezember 2013. Im Übrigen wäre selbst dann, wenn man aus dem Fehlen des Schriftsatzes vom 1. Oktober 2013 aus der Verwaltungsakte einen Ermessensfehler ableiten wollte, lediglich eine Aufhebung des Widerspruchsbescheides und eine Verurteilung zur Neubescheidung möglich gewesen. Denn eine Verpflichtung der Beklagten zur Abgabe der Zustimmung zum späteren Rentenbeginn infolge einer Ermessenreduzierung auf null komme nicht in Betracht.

Das Gericht könne offen lassen, ob der Beklagten die Abgabe der vom Kläger begehrten Erklärung schon aus anderen Gründen nicht möglich sei. Sie könne keine rechtswirksame Zustimmung zur Verschiebung des Rentenbeginns auf den begehrten Zeitpunkt erteilen, denn bei einer Zustimmung wäre  auch die Beigeladene zu 1)  mit ihren Ansprüchen auf Erstattung, die bei der T. angemeldet worden wären, ausgeschlossen. Das resultiere daraus, dass der Kläger nach dem Bezug von Krankengeld ab 19. April 2013 bis 23. Oktober 2013 Leistungen nach dem SGB III bezogen habe. Die Beklagte sei aber nicht berechtigt, auch über derartige Erstattungsansprüche dritter Leistungsträger zu befinden. Die Entscheidungsbefugnis der Beklagten sei auf den Zeitpunkt der eigenen Leistungsgewährung, dh bis 18. April 2013, beschränkt.

Gegen das am 30. April 2016 zugestellte Urteil hat der Kläger am 23. Mai 2016 Berufung zum Landessozialgericht (LSG) Niedersachsen-Bremen erhoben. Das SG hätte nur  Ermessensfehler prüfen dürfen, jedoch nicht sein eigenes Ermessen an die Stelle des Ermessens der Verwaltung setzen dürfen. Das SG habe eigene Sachverhaltsermittlungen betrieben, insbesondere eigene Probeberechnungen unter selbst für richtig erachteten Prämissen bei der U. eingeholt und diese zur Grundlage seiner eigenen Ermessensabwägung gemacht bzw aufgrund eigener Sachverhaltsermittlungen angenommen, dass der Beklagten vorliegend eine andere als die getroffene Entscheidung infolge einer Ermessensreduzierung auf null nicht möglich gewesen wäre. Dem könne schon deshalb nicht gefolgt werden, da streitig sei, ob überhaupt eine volle Erwerbsminderung des Klägers vorliege, da die Beklagte nur eine teilweise Erwerbsminderung für Tätigkeiten auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt zwischen drei bis unter sechs Stunden festgestellt habe und er sich im Rahmen dieses Restleistungsvermögens arbeitssuchend gemeldet habe. Zudem stelle die Altersrente wegen Schwerbehinderung nach § 236a Abs 3 SGB VI, die ebenfalls an die vorliegend krankheitsbedingte Erwerbsminderung in Form der Berufsunfähigkeit anknüpfe, eine Rente derselben Art bzw eine zumindest vergleichbare Rentenart da. Selbst wenn vorliegend der Vergleich zwischen voller Erwerbsminderungsrente und Altersrente wegen Erwerbsminderung in Form der Berufsunfähigkeit nicht möglich sei, müsste der vorgreifliche Ausgang des Widerspruchsverfahrens gegen die T. abgewartet werden. Die Altersrente wegen Berufsunfähigkeit werde allein deshalb noch nicht bezogen, weil die Beklagte einen späteren Rentenbeginn von vornherein abgelehnt habe, so dass die T. die Erwerbsminderungsrente bewilligt habe. Es träfe zudem nicht zu, dass bei einer Zustimmung der beklagten Krankenkasse  zu einer Verschiebung des Rentenbeginns auch das beigeladene Arbeitsamt zwingend mit seinen Ansprüchen auf Erstattung ausgeschlossen gewesen wäre, zumal es hier um einen anderen, später gelegenen Zeitraum gehe. Nicht nachvollziehbar sei, weshalb die T. nicht beigeladen worden sei, die den gescheiterten Reha-Antrag des Klägers aus Sicht des Klägers zu Unrecht als Antrag auf Rente wegen voller und nicht lediglich teilweiser Erwerbsminderung behandelt habe, was zwar nicht für den Kläger, aber für alle Beteiligten Sozialleistungsträger die günstigste Lösung des Falles darstelle.

Der Kläger beantragt nach seinem schriftlichen Vorbringen,

das Urteil des SG Stade vom 19. April 2016 und den Bescheid der Beklagten vom 15. Oktober 2013 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 8. Mai 2014 aufzuheben und die Beklagte  zu verpflichten, einer Verschiebung des Rentenbeginns auf den 1. Oktober 2013 zuzustimmen.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie hält das angefochtene Urteil für zutreffend. Sie habe ihr Ermessen pflichtgemäß ausgeübt. Sie sei sich bewusst, dass nach höchstrichterlicher Rechtsprechung eine erhebliche Verbesserung des Rentenanspruchs eine Ermessensentscheidung zu Gunsten des Klägers nahe legen könne. Andererseits sei jedoch zu berücksichtigen, dass der Gesetzgeber es nach § 77 Abs 2 Satz 1 Nr 3 SGB VI für eine zumutbare Belastung halte, dass Versicherte bei Inanspruchnahme einer Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit eine Rentenminderung hinnehmen müssten. Das Bundesverfassungsgericht habe die Vorschrift für verfassungsgemäß erachtet. Die Rentenminderung nach § 77 SGB VI könne danach grundsätzlich nicht als wesentliche Belastung und ihre Abwendung durch einen späteren Rentenbeginn im Allgemeinen nicht als zu berücksichtigende Verbesserung angesehen werden, welche eine Verschiebung des Rentenbeginns zu Lasten der Krankenkasse rechtfertige.

Die Beigeladenen haben keinen Antrag gestellt.

Die Beigeladene zu 1) hält das angefochtene Urteil für zutreffend.  Entgegen der Ansicht des Klägers habe eine Verschiebung des Rentenbeginns auf den 1. Oktober 2013 sehr wohl Auswirkungen auf den Anspruch der Beigeladenen zu 1) auf Erstattung, denn diese habe dem Kläger vom 19. April 2013 bis 23. Oktober 2013 Arbeitslosengeld I gewährt und gegenüber dem Rentenversicherungsträger einen Erstattungsanspruch.

Die Beigeladene zu 2) hat  ausgeführt, dass der Kläger seit dem 1. Oktober 2013 eine Altersrente für Schwerbehinderte bezieht. Der Anspruch auf eine unbefristete volle Erwerbsminderungsrente seit dem 1. Oktober 2012 ruhe, weil die Altersrente für Schwerbehinderte höher sei. Spätester Rentenbeginn sei der 1. März 2013 aufgrund des Rentenantrages vom 14. März 2013.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf den Inhalt der Verwaltungsakten der Beklagten, der Beigeladenen zu 2) und der Gerichtsakten Bezug genommen. Diese haben vorgelegen und sind Gegenstand der mündlichen Verhandlung und  Entscheidungsfindung geworden.

Entscheidungsgründe

Die gemäß §§ 143 ff Sozialgerichtsgesetz (SGG) form- und fristgerecht erhobene Berufung des Klägers ist zulässig, aber nicht begründet. Die Entscheidung des SG ist im Ergebnis nicht zu beanstanden.

1a. Statthafte Klageart gegen die Verweigerung der Zustimmung durch die Krankenkasse ist die Anfechtungs- und Verpflichtungsklage gemäß § 54 Abs 1 SGG (Schifferdecker, Kasseler Kommentar zum Sozialversicherungsrecht,  Stand: September 2016, § 51 SGB V, Rdnr 41).

b. Streitgegenstand des anhängigen Verfahrens ist allein der Bescheid der Beklagten vom 15. Oktober 2013 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 8. Mai 2014, mit dem die Beklagte die Zustimmung versagt hat.

c. Wird die Verweigerung der Zustimmung durch die Krankenkasse im Klageerfahren angefochten, so ist der Rentenversicherungsträger notwendig nach § 75 Abs 2 SGG beizuladen, da die Entscheidung auch  ihm gegenüber nur einheitlich ergehen kann (BSGE 94, 26 [BSG 07.12.2004 - B 1 KR 6/03 R] mwN; Schifferdecker, aaO, Rdnr 41).

2. Die Weigerung der Beklagten im Bescheid vom 15. Oktober 2013 in Gestalt des Widerspruchsbescheides  vom 8. Mai 2014, einem späteren  Rentenbeginn (1. Oktober 2013) zuzustimmen, ist rechtmäßig, verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten und ist nicht ermessensfehlerhaft erfolgt.

a. aa. Nach § 51 Nr 1 Satz 1 SGB V kann die Krankenkasse Versicherten, deren Erwerbsfähigkeit nach ärztlichem Gutachten erheblich gefährdet oder gemindert ist, eine Frist von zehn Wochen setzen, innerhalb der sie einen Antrag auf Leistungen zur medizinischen Rehabilitation oder zur Teilhabe am Arbeitsleben zu stellen haben.  Nach § 116 Abs 2 SGB VI gilt ein Antrag auf Leistungen zur medizinischen Rehabilitation oder zur Teilhabe am Arbeitsleben als Antrag auf Rente, wenn Versicherte vermindert erwerbsfähig sind und ein Erfolg von Leistungen zur medizinischen Rehabilitation oder zur Teilhabe am Arbeitsleben nicht zu erwarten ist (Nr 1) oder Leistungen zur medizinischen Rehabilitation oder zur Teilhabe am Arbeitsleben nicht erfolgreich gewesen sind, weil sie die verminderte Erwerbsfähigkeit nicht verhindert haben (Nr 2). Damit entfällt der grundsätzlich nach § 115 Abs 1 Satz 1 SGB VI notwendige Rentenantrag. Sinn und Zweck dieser Vorschrift ist,  Versicherte, die nur einen Rehaantrag, aber noch keinen Rentenantrag gestellt haben, vor Nachteilen bewahren (Fichte, Hauck/Haines, SGB VI, § 116 Rdnr 6).

Rentenrechtlich können die Versicherten einen Reha- oder Rentenantrag auch noch nach der Bekanntgabe der Verwaltungsentscheidung des Rentenversicherungsträgers über die Leistungsgewährung zurücknehmen, zeitlich oder inhaltlich beschränken, die Leistungsinanspruchnahme hinausschieben oder der Umdeutung des Rehaantrages  in einen Rentenantrag (§ 116 Abs 2 SGB VI) widersprechen (Schifferdecker, aaO, § 51 Rdnr 30).  Dies gilt im Rahmen des Rentenrechts bis zur Bestandskraft der Entscheidung, dh bis zum Ablauf der Widerspruchsfrist oder bis zum rechtskräftigen Abschluss eines ggf angestrengten Klageverfahrens (vgl BSGE 76, 218 [BSG 09.08.1995 - 13 RJ 43/94]).  Dieses Gestaltungsrecht bezieht sich grundsätzlich auch auf den gemäß § 116 Abs 2 SGB VI fingierten Rentenantrag (BSGE 94, 26 [BSG 07.12.2004 - B 1 KR 6/03 R]; Schifferdecker, aaO, § 51 Rdnr 30). Die Wirkung eines Antrags auf medizinische Rehabilitation nach § 116 Abs 2 SGB VI kann von dem Versicherten ausgeschlossen werden, indem er gegenüber der Rentenversicherung einen entsprechenden Verzicht erklärt.

bb. Allerdings ist der Versicherte aufgrund der krankenversicherungsrechtlichen Regelungen nach Abs 1 oder Abs 2 des § 51 SGB V  nach einem Antrag, den er nach der Aufforderung der Krankenkasse  gestellt hat,  in seiner Dispositionsfreiheit  eingeschränkt, wenn er von seiner Krankenkasse  zur Antragstellung aufgefordert worden ist. Dann kann der Versicherte auch  gegenüber der Rentenversicherung nur wirksam auf die Umdeutung seines Rehabilitationsantrages in einen Rentenantrag verzichten, wenn die Krankenkasse diesem Verzicht zustimmt. Die Aufforderung der Krankenkasse an den Versicherten, einen Antrag auf Leistungen zur medizinischen Rehabilitation zur Teilhabe am Arbeitsleben zu stellen, ist ein Verwaltungsakt (§ 31 Sozialgesetzbuch Zehntes Buch - SGB X -), da sie zur Einschränkung der Dispositionsfreiheit des Versicherten führt (BSGE 94, 26 [BSG 07.12.2004 - B 1 KR 6/03 R]; BSG, Urteil vom 26. Juni 2008 - B 13 R 141/07 R = SGb 2009, 309). Der Verwaltungsakt der Krankenkasse muss den Versicherten klar und unmissverständlich zur Antragstellung auffordern und eine Belehrung über die Rechtsfolgen enthalten. Er kann diesen Antrag wirksam nur noch mit Zustimmung der Krankenkasse zurücknehmen oder beschränken (BSG, Urteil vom 9. August 1995 - 13 RJ 43/94 = BSGE 76, 218, BSGE 94, 96 [BSG 09.12.2004 - B 6 KA 44/03 R] mit ausführlicher Begründung). Dies gilt ebenso für den Ausschluss der Rentenantragsfiktion des § 116 Abs 2 SGB VI (Schifferdecker, aaO, Rdnr 31). Darüber hat der Versicherte eine förmliche Entscheidung der Krankenkasse herbeizuführen (Schifferdecker, aaO, Rdnr 32).

cc. Über die Fiktion des § 116 Abs 2 SGB VI gilt der  gestellte Rehaantrag somit als Rentenantrag  und führt so zu einem Wegfall des Krankengeldes (Schifferdecker § 51 SGB V Rdnr, 10; Vay, in Krauskopf, Soziale Krankenversicherung, Stand: August 2017,  § 51 Rdnr 3).  Haben Versicherte  bereits von sich aus Teilhabeleistungen oder eine Rente beantragt, kann die Dispositionsfreiheit auch durch eine zulässige nachträgliche Aufforderung eingeschränkt werden (BSGE 76, 218 [BSG 09.08.1995 - 13 RJ 43/94]; 101, 86, 90 [BSG 26.06.2008 - B 13 R 37/07 R]; Schifferdecker, aaO, § 51 Rdnr 11; Legde, LPK-SGB V, 5. Aufl., 2016; str, aA für Rentenantrag Kühn, Kreikebohm, SGB VI, 5. Aufl, 2017, § 116 Rdnr. 18; Reinhardt, LPK-SGB VI, 3. Aufl, 2013, § 116 Rdnr 5), auch hierbei handelt es sich um einen Verwaltungsakt, der im Ermessen der Krankenkasse steht (Schifferdecker, aaO, Rdnr 13; BSGE 94, 26 [BSG 07.12.2004 - B 1 KR 6/03 R]).

So liegt es hier: Der Kläger hat um vorliegenden Fall am 26. Oktober 2012 bei der Beigeladenen zu 2) eine stationäre Rehabilitationsmaßnahme beantragt. Die Beklagte hat hier mit bestandskräftigem Bescheid vom 22. November 2012 die Dispositionsfreiheit des Klägers nachträglich eingeschränkt. Da der Kläger seinen Widerspruch vom 21. Dezember 2012 gegen den Bescheid der Beklagten vom 22. November 2012 am 4. April 2013 zurückgenommen hat, ist dieser Bescheid bestandskräftig geworden und es ist diesem Verfahren nicht mehr zu prüfen, ob die Einschränkung der Dispositionsfreiheit vom 22. November 2012  rechtmäßig war, und ob  die Beklagte ggf ihr Ermessen pflichtgemäß ausgeübt hat und eine ordnungsgemäße Anhörung durchgeführt hat  (vgl. BSG, Urteil vom  16. Dezember 2014 - B 1 KR 32/13 R Rdnr. 19).

b. Die Beklagte hat den Antrag des Klägers auf Zustimmung zu einem späteren Rentenbeginn ermessensfehlerfrei abgelehnt.

aa. Der Versicherte, der seinen (über § 116 Abs 2  SGB VI fingierten Renten-)  Antrag zurücknehmen will, kann jedoch eine förmliche Entscheidung der Krankenkasse herbeiführen, ob sie die Zustimmung dazu erteilt oder nicht (BSGE 94, 26 [BSG 07.12.2004 - B 1 KR 6/03 R]; Legde, aaO, § 51 Rdnr 5). Die Entscheidung der Krankenkasse setzt einen Antrag des Versicherten voraus. Diesen hat der Kläger mit Schreiben vom 1. Oktober 2013 gestellt.

bb. Die Krankenkasse hat ihre Entscheidung nach pflichtgemäßem Ermessen zu treffen, wobei die Maßstäbe für die Entscheidung zur Aufforderung gelten (Schifferdecker, aaO, Rdnr 32). Bei der Ausübung des Ermessen muss die Krankenkasse alle Umstände des Einzelfalles sorgfältig abwägen, insbesondere die von § 51 SGB V geschützten eigenen Interessen und die berechtigten Interessen des Versicherten (BSGE 94, 26 [BSG 07.12.2004 - B 1 KR 6/03 R]; 69, 187 [BSG 07.08.1991 - 1/3 RK 26/90]). Das Interesse der Krankenkasse an dem Übergang der Leistungszuständigkeit an den Rentenversicherungsträger hat nach dem Normzweck des § 51 SGB V grundsätzlich Vorrang. Das allgemeine Interesse des Versicherten, möglichst lange das zumeist höhere Krankengeld zu beziehen oder evtl zugleich Vorteile für eine spätere Rente zu erlangen, ist gegen das sich aus dem Schutzzweck der § 51 Abs 1 SGB V ergebende Solidarinteresse abzuwägen, das grundsätzlich Vorrang hat (BSGE 94, 26 [BSG 07.12.2004 - B 1 KR 6/03 R]; Joussen, in Becker/Kingreen SGB V, 5. Aufl, 2017,  § 51 Rdnr 5, Marschner in GK-SGB V  § 51 Rdnr 20; Noftz, Hauck/Haines, SGB V, § 51 Rdnr 32; Kater, Kasseler Kommentar, aaO, § 116 Rdnr 10). Maßgeblich ist das Abwägen der wechselseitigen Interessen im Einzelfall. Als bei der Ermessensentscheidung der Krankenkasse ausschlaggebende berechtigte Interessen der Versicherten werden nur solche anerkannt, die nicht in erster Linie darauf ausgerichtet sind, die der Krankenkasse zustehenden Befugnisse zu schmälern. Das bloße Interesse des Versicherten an der (Weiter-) Zahlung des im Vergleich zu anderen Leistungen regelmäßig höheren Krankengeldes begründet demgemäß keine Ermessensentscheidung zu Gunsten des Versicherten (BSGE 94, 26 [BSG 07.12.2004 - B 1 KR 6/03 R]; Kater, aaO, Rdnr 10).

Nur wenn der Versicherte ausnahmsweise ein berechtigtes Interesse am Hinausschieben des Rentenbeginns hat, das die Belange der Krankenkassen an einer Begrenzung der Aufwendungen für ihre Leistungen  überwiegt, muss diese ihre Zustimmung erteilen (Kater, Kasseler Kommentar, § 116 Rdnr 10; Schifferdecker, aaO, Rdnr 32).  Belange des Versicherten können zB eine erhebliche Verbesserung der Rente sein (BSGE 52, 26 [BSG 04.06.1981 - 3 RK 50/80]; Noftz, aaO, Rdnr 32; Schifferdecker, aaO, Rdnr 15, 32; Kater, aaO, Rdnr 10a; BSG, Urteil vom 26. Juni 2008 - B 13 R 141/07 R = SGb 2009, 309). Bei genauerer Betrachtung der dazu in den zitierten Urteilen des BSG abgegebenen Begründung und unter Beachtung des Sinns und Zweckes der  Vorschriften ist eine erhebliche Verbesserung der Rente nicht allein dann anzunehmen, wenn   durch die   Verschiebung des Rentenbeginns (nur) ein höherer Betrag zur Auszahlung kommt.

So heißt es in  dem Urteil desBSG vom 4. Juni 1981 - 3 RK 50/80,  BSGE 52, 26, 30  dazu ausdrücklich: „Ein berechtigtes Interesse des Versicherten an einem Hinausschieben des Versicherungsfalles kommt vor allem in Betracht, wenn eine erhebliche Verbesserung des Rentenanspruchs erreicht werden kann, zB durch eine evtl noch mögliche Erfüllung der Voraussetzungen für eine Erhöhung der Rentenbemessungsgrundlage nach Art 2 § 54 b Abs 1 des Angestelltenversicherungs-Neuregelungsgesetzes“ (vgl. so auch BSGE 94, 26, 31 [BSG 07.12.2004 - B 1 KR 6/03 R] Rdnr 15).  Als weitere wesentliche Interessen des Versicherten können in Betracht kommen: Arbeitsplatzverlust bei Antragstellung, Verlust des Anspruchs auf eine Zusatz- oder Betriebsrente, Erreichung der Wartezeit für eine Altersrente, Erfüllung der besonderen versicherungsrechtlichen Voraussetzungen in der Krankenversicherung der Rentner durch weitere Beitragszeiten (Kater, aaO, § 116 Rdnr 10). Diese Beispiele zeigen, dass es nicht nur um den geringeren Auszahlungsbetrag gehen kann. Das Interesse des Versicherten  an höheren Rentenleistungen, die sich aus der Berücksichtigung zusätzlicher Beitragszeiten wegen Krankengeldbezuges ergeben oder das Interesse,  länger das höhere Krankengeld in Anspruch zu nehmen, rechtfertigen die Zustimmung deshalb grundsätzlich nicht (BSGE 94, 26 [BSG 07.12.2004 - B 1 KR 6/03 R]; Kater, aaO, Rdnr 10; Bayr LSG, Urteil vom 30. Mai 2017 - L 20 KR 545/17 Rdnr 43).  Für diese Auslegung spricht auch, dass allein die  Minderung der Rente nach den Vorschriften über den Zugangsfaktor  kein gewichtiger Grund zugunsten des Versicherten sein soll. Der Gesetzgeber hält es für eine zumutbare Belastung, dass Versicherte bei Inanspruchnahme einer Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit eine  Rentenminderung hinnehmen müssen. Eine Rentenminderung kann danach grundsätzlich nicht als wesentliche Belastung   und ihre Abwendung durch einen späteren Rentenbeginn nicht als zu berücksichtigende Verbesserung angesehen werden, die eine Verschiebung des Rentenbeginns rechtfertigt (vgl § 77 Abs 2 Satz 1 Nr 3 SGB VI- verfassungsgemäß BVerfG, Beschluss vom 11. Januar 2012 - 1 BvR 3588/08).  Auch das BSG hat bestätigt, dass die mit einer vorzeitigen Inanspruchnahme einer Altersrente verbundenen dauerhaften Rentenabschläge nicht zu beanstanden sein (BSG, Urteil vom 19. August 2015 - B 14 AS 1/15 R Rdnr 45 mwN).

Nach Maßgabe dieser Grundsätze ist die Entscheidung der Beklagten nicht zu beanstanden. Der Kläger hat dabei allerdings zu Recht darauf hingewiesen, dass das SG eigene  Ermessenserwägungen aufgrund der durchgeführten Sachverhaltsermittlungen nicht an die Stelle der Beklagten setzen darf (vgl. auch Bayr LSG, aaO, Rdnr 43).  Die Ermessensentscheidung der Beklagten in den angefochtenen Bescheiden ist jedoch nicht zu beanstanden, die Beklagte hat zu Recht im Rahmen ihrer Ermessensentscheidung den Interessen ihrer Versichertengemeinschaft  gegenüber den Interessen des Klägers Vorrang eingeräumt.

(1) Es ist nicht erkennbar, dass die Beklagte ihr Ermessen fehlerhaft ausgeübt haben könnte, weil ihr ein vollständiger Antrag bei ihrer Interessenabwägung nicht vorgelegen hätte.  Die Beklagte hat dazu vorgetragen, dass ihr  der Antrag vom 1. Oktober 2013  bei ihrer Entscheidung vorlag und erst bei der (nachträglichen) Digitalisierung  ein Fehler passiert sei, so dass er sich nicht mehr in der Akte befinde. Aus den Formulierungen im Bescheid  der Beklagten vom 15. Oktober 2013, in dem sie auf die Argumente des Klägers eingeht,   ergibt sich, dass ihr der Antrag bei der Entscheidung vorlag und dass ihr seine Begründung bekannt war.

(2) Die Beklagte hat das ihr eröffnete Ermessen erkannt und ermessensfehlerfrei ausgeübt. Die Ermessensausübung ist gerichtlich nur eingeschränkt darauf zu prüfen, ob Ermessen überhaupt ausgeübt, ob die gesetzlichen Grenzen des Ermessens überschritten oder von dem Ermessen in einer dem Zweck der Ermächtigung nicht entsprechenden Weise Gebrauch gemacht worden ist (Rechtmäßigkeit, aber keine Zweckmäßigkeitskontrolle) (§ 39 Abs 1 Sozialgesetzbuch Erstes Buch - SGB I-, § 54 Abs 2 Satz 2 SGG (vgl. BSG, Urteil vom 19. August 2015 – B 14 AS 1/15 Rn. 36). Die Entscheidung der Krankenkasse ist nach Maßgabe des § 54 Abs 2 Satz 2 SGG auf Ermessensfehler zu prüfen (BSGE 94, 26, 30 [BSG 07.12.2004 - B 1 KR 6/03 R]).

Die Beklagte hat Ermessenserwägungen sowohl in ihrem Bescheid vom 15. Oktober 2013 als auch in Widerspruchsbescheid vom 8. April 2014 angestellt. Dass die Beklagte ihr Entschließungsermessen erkannt hat, ergibt sich insbesondere  aus den Formulierungen im Widerspruchsbescheid, das „bloße Interesse des Versicherten, die höhere Altersrente für schwerbehinderte Menschen anstelle einer vergleichsweise niedrigeren Erwerbsminderungsrente in Anspruch zu nehmen, ist kein hinreichender Grund, um dem Wunsch des Mandanten zu entsprechen. Unter Abwägung der vorgetragenen Argumente, der nachgewiesenen gesundheitlichen Einschränkungen im Leistungsvermögen sowie der gesetzgeberischen Intention bei der Abgrenzung der Zuständigkeiten unterschiedlicher Sozialversicherungsträger sind die Interessen der Versichertengemeinschaft auf Begrenzung der Krankengeldaufwendungen sowie systemkonformer Übertragung des Entgeltausgleichs durch die Rentenversicherung höher zu gewichten als die Interessen Ihres Mandanten.“ Auch  dem Bescheid vom 15. Oktober 2013 ist zu entnehmen, dass die Beklagte ihr Ermessen erkannt und die beiderseitigen Interessen abgewogen hat.

Aber selbst wenn   eine vollständige Ermessensausübung  erstmals im  Widerspruchsbescheid in Kenntnis der Probeberechnungen der Beigeladenen zu 2)  vom 24. Juli 2013  stattgefunden hätte, stünde das der  Rechtmäßigkeit nicht im Wege.  Insoweit geht es nicht um die Heilung eines im Sinne des § 41 Abs 1 Nummer 2 SGB X lediglich formalen Begründungsmangels des Ausgangsbescheides im Widerspruchsbescheid, sondern um die Beseitigung des Fehlens der Ermessensbetätigung im Ausgangsbescheid im und durch das Widerspruchsverfahren auf Grundlage des § 78 Abs 1 Satz 1 SGG, wonach auch die Zweckmäßigkeit des angefochtenen Verwaltungsaktes in einem Vorverfahren nachzuprüfen ist. Die Widerspruchsbehörde ist auch im Widerspruchsverfahren befugt, und bei einem Ermessensausfall oder Fehlgebrauch im Ausgangsbescheid auch gehalten, selbst Ermessenserwägungen anzustellen (und diese gegebenenfalls an die Stelle der Ausgangsbehörde zu setzen) (Schütze, in von Wulffen/Schütze, SGB X, 8. Aufl, 2014, § 41 Rdnr 11).

Im Rahmen der Ermessensentscheidung hat sich die Beklagte jedenfalls im Widerspruchsbescheid mit den vom Kläger vorgebrachten Gründen auseinandergesetzt. Der Kläger, der bereits ab März 2012 arbeitsunfähig erkrankt war, war bereits seit Oktober 2012 voll erwerbsgemindert. Die zu Lasten der Beigeladenen zu 2) durchgeführte  Rehabilitationsmaßnahme war nicht erfolgreich,  der Kläger ist aus ihr arbeitsunfähig mit einem untervollschichtigen Leistungsvermögen entlassen worden. Nach der Rechtsprechung des BSG sind bei einem  Leistungsvermögen von drei bis unter sechs Stunden die Voraussetzungen für das Vorliegen einer Rente wegen voller Erwerbsminderung erfüllt (vgl Gürtner,  Kasseler Kommentar zum Sozialversicherungsrecht, § 43 SGB VI,  Rdnr 58 mwN).  Auch ausweislich des Rentengutachtens des Facharztes für Orthopädie Dr S. vom 15. Juni 2013 war der Kläger voll erwerbsgemindert. Der Gutachter hat ausgeführt, dass der Kläger wegen der massiven orthopädischen Befunde auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt für längere Zeit nicht belastbar ist und eine Rente vorgeschlagen. Der Vortrag des Klägers, es sei streitig, ob überhaupt volle Erwerbsminderung besteht, ist vor diesem Hintergrund und in Hinblick auf den im April 2013 gestellten Rentenantrag nicht nachvollziehbar. Leistungen nach dem SGB III hat der Kläger deshalb bezogen, weil der Anspruch auf Krankengeld zum 18. April 2013 gemäß § 48 Abs 1 SGB V beendet war. Die Beklagte durfte daher bei ihrer  Entscheidung vom 15. Oktober 2013  ermessensfehlerfrei annehmen, dass es  seit Oktober 2012 nicht mehr Sache der Krankenversicherung, sondern der gesetzlichen Rentenversicherung ist, mit Leistungen einzutreten. Es liegt im Interesse der Versichertengemeinschaft der Beitragszahler der gesetzlichen Krankenversicherung, dass die Krankenkasse kein Krankengeld (mehr) zahlt (hier in Höhe von 8.018, 56 €), wenn Erwerbsminderung vorliegt. Die Entscheidung der Beklagten folgt aus dem Regelungszusammenhang des SGB V mit dem SGB VI. § 51 Abs 1 Satz 1 SGB V will den Vorrang der Rentenzahlung vor Krankengeldleistungen bei dauerhafter Erwerbsminderung sicherstellen (§ 50 Abs 1 SGB V).  Rentenzahlungen haben Vorrang vor Krankengeldleistungen, weil es in erster Linie Aufgabe der Rentenversicherung ist, bei dauerhafter Erwerbsminderung mit Leistungen einzutreten (BSGE 94, 26,  30 [BSG 07.12.2004 - B 1 KR 6/03 R]). Die Krankenkassen sollen gerade die Möglichkeit haben, den Versicherten zu veranlassen, einen Rentenantrag zu stellen und hierdurch Einfluss auf den Beginn der antragsabhängigen Leistungen zu nehmen (§ 19 Sozialgesetzbuch Viertes Buch -SGB IV-, 115 Abs 1, 116 Abs 2 SGB VI). Das kann einen Wegfall ihrer Leistungszuständigkeit schon vor Erreichen der Anspruchshöchstdauer nach § 48 SGB V (hier: 18 April 2013) bewirken (vgl. BSG, Urteil vom 16. Dezember 2014 - B 32/13 R Rdnr 22). Die gesetzliche Risikozuordnung zwischen Gesetzlicher Krankenversicherung  und Gesetzlicher Rentenversicherung  unterliegt nicht der Disposition des Versicherten (BSG, Urteil vom 16. Dezember 2014 - B 32/13 R Rdnr aaO, Rdnr 23; Fichte, aaO, §  116 Rdnr 9; BSGE 101, 86 [BSG 26.06.2008 - B 13 R 37/07 R]).

Die Beklagte hat im Rahmen ihrer Interessenabwägung  zu Recht entschieden, dass das Interesse des Klägers  an höheren Rentenleistungen   zurückzutreten hat. Das Interesse an höheren Rentenleistungen, die sich aus der Berücksichtigung zusätzlicher Beitragszeiten wegen Krankengeldbezuges ergeben oder das Interesse länger das höhere Krankengeld in Anspruch zu nehmen, rechtfertigen die Zustimmung grundsätzlich nicht (s.o.) (BSGE 94, 26 [BSG 07.12.2004 - B 1 KR 6/03 R]; Kater, aaO, Rdnr 10).   Auf die Höhe der ausgezahlten Beträge kommt es dabei nicht entscheidend an, zumal die Differenz zwischen einer Rente wegen voller Erwerbsminderung ab 1. Oktober 2012  (1576,34 €), ab 1. April 2013 (1.578,38 €) bzw 1. Oktober 2013 (1.582,32 €)  nur 2,04 bzw 5,98 € beträgt.   Zudem kann der Kläger die Zustimmung der Beklagten zu einem Rentenbeginn ab 1. Oktober 2013 nicht verlangen, weil er seinen Rentenantrag im März 2013 gestellt hat. Darüber hinaus  endete der Leistungsbezug bei der Beklagten gemäß § 48 SGB V am 18. April 2013.

Das SG hat auch  zu Recht darauf hingewiesen hat, dass der vom Kläger durchgeführte Vergleich zwischen dem Beginn einer Rente wegen voller Erwerbsminderung gemäß § 43 SGB VI ab 1. Oktober 2012 und einer Rente nach § 236 a SGB VI ab 1. Oktober 2013 bereits deshalb nicht maßgeblich ist, weil unterschiedliche Rentenarten  mit unterschiedlichen Voraussetzungen verglichen werden. Die Rangfolge der Rentenarten ergibt sich aus § 89 SGB VI.  Die Differenz zwischen einer Rente wegen voller Erwerbsminderung ab 1. Oktober 2012 zur Altersrente wegen Schwerbehinderung bzw § 236 a Abs 3 SGB VI beträgt auch (nur)  70,65 € und nicht -wie von der Beigeladenen zu 2) zunächst angenommen - 144, 12 €   Der Kläger erhält zudem nach Auskunft der Beigeladenen zu 2) seit 1. Oktober 2013 die gegenüber der Erwerbsminderungsrente höhere Rente nach § 236 a Abs 3 SGB VI.

Anhaltspunkte für atypische Umstände, die von der Beklagten im Rahmen ihrer Ermessensausübung noch zu erwägen gewesen wären,  sind nicht  ersichtlich. Abwägungsdefizite sind -anders als in dem vom  Bayrischen LSG  entschiedenen Fall, in dem  bei dem dortigen Kläger Arbeitsunfähigkeit aufgrund eines Arbeitsplatzkonfliktes bestand und mit einem Ende der Arbeitsunfähigkeit gerechnet werden konnte (Bayrische LSG, Urteil vom 30. Mai 2017 - L 20 KR 545/16 Rdnr 43), - nicht ersichtlich.

Der Ausgang der Widerspruchsverfahren gegen  Bescheide der Beigeladenen  zu 2)  war hier  nicht abzuwarten, vielmehr ist dieses Verfahren vorgreiflich, weil alle  weiteren Rentenentscheidungen  davon abhängen, ob die Weigerung der Beklagten, einem späteren Rentenbeginn zuzustimmen, rechtmäßig ist, mithin von welchem Zeitpunkt an überhaupt Rente zu zahlen ist.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Es hat kein gesetzlicher Grund vorgelegen, die Revision zuzulassen (§ 160 Abs 2 SGG).