Verwaltungsgericht Braunschweig
Urt. v. 24.01.2001, Az.: 6 A 449/00

Einreiseweg; Hannover; Israel; Luftweg; Syrien; syrische Juden; untaugliches Beweismittel; Zeuge

Bibliographie

Gericht
VG Braunschweig
Datum
24.01.2001
Aktenzeichen
6 A 449/00
Entscheidungsform
Urteil
Referenz
WKRS 2001, 39285
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
[keine Angabe]

Amtlicher Leitsatz

Leitsatz

Der Antrag auf Vernehmung eines Zeugen, der sich im Ausland befindet, ist auf ein untaugliches Beweismittel gerichtet.

Tenor:

Die Klage wird abgewiesen.

Die Kläger tragen die Kosten des Verfahrens. Gerichtskosten (Gebühren und Auslagen) werden nicht erhoben.

Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar.

Die Kläger können die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe des festgesetzten Vollstreckungsbetrages abwenden, sofern nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in derselben Höhe leistet.

Tatbestand:

1

Die Kläger sind syrische Staatsangehörige kurdischer Volkszugehörigkeit. Sie reisten nach eigenen Angaben am 14. Juni 2000 auf dem Luftweg in die Bundesrepublik Deutschland ein und beantragten ihre Anerkennung als Asylberechtigte.

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Zur Begründung dieses Begehrens trugen sie vor:

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Sie hätten in Syrien seit 1988 im Stadtteil Hanano von Aleppo gewohnt. Er (Kläger zu 1) habe an der Akademie für Landwirtschaft studiert und sich von 1980 bis 1987 in Moskau aufgehalten, wo er das Diplom in Technologie abgelegt habe. Nach der Rückkehr in sein Heimatland habe er in Aleppo bis Ende 1988 in einer Lebensmittelfabrik gearbeitet. Nach dem Militärdienst, der von 1990 bis 1992 gedauert habe, habe er bis 1993 wieder in der Fabrik gearbeitet und sei im Bereich der Käsezubereitung als technischer Mitarbeiter tätig gewesen. Anschließend habe er sich in Aleppo bis Ende 1999 als Großhändler für Textilien selbständig gemacht. Am 27. Mai 2000 hätten sie Syrien verlassen und seien illegal zu Fuß über die Grenze in die Türkei gegangen. Er habe sich schon seit dem 09. Mai 2000 in der Nähe der Grenze aufgehalten, bis sein Bruder die Ehefrau und die Kinder zu ihm gebracht habe. Bis zum 14. Juni 2000 seien sie in Istanbul geblieben und dann mit einem Direktflug nach Hannover geflogen. Der Abflug habe um 13.00 Uhr und die Ankunft zwischen 15.15 Uhr und 15.30 Uhr stattgefunden. Mit welcher Fluggesellschaft sie geflogen seien, wisse er nicht. Es sei eine türkische gewesen. Man habe im Flugzeug türkisch und englisch gesprochen. Sie hätten einen gefälschten türkischen Reisepass benutzt, den ihnen der Schleuser später wieder abgenommen habe. Auch die übrigen Flugunterlagen hätten sie abgeben müssen. In den Pässen seien ihre Fotos gewesen. Der Schleuser habe zu ihm gesagt, dass er jetzt B. O. heiße. Das Geburtsdatum könne er nicht angeben. Was er geantwortet hätte, wenn man ihn nach dem Geburtsdatum gefragt hätte, wisse er nicht. Wahrscheinlich hätte er gesagt: "Schauen Sie doch in den Pass!" Sie seien zwei Mal kontrolliert worden. Zum ersten Mal sei dies gewesen, als sie den Schlauch zum Flugzeug betreten hätten. Die Pässe seien von ihm (Kläger zu 1) vorgezeigt worden. Im Flugzeug hätten sie in einer Reihe gesessen. Die Platznummern seien ihm nicht bekannt gewesen. In Hannover habe sie der Schleuser sie zum Zug nach Braunschweig gebracht. Er (Kläger zu 1) sei am 10. Januar 2000 vom Geheimdienst der Abwehr festgenommen worden. Man habe ihn beschuldigt, mit Juden zusammen zu arbeiten und ihnen Informationen über das Land zu geben, die diese Leute dann nach Israel weiterleiten würden. Ihm seien einige Namen von Leuten aus Städten in Russland, Kasachstan und der Ukraine genannt und er gefragt worden, was er mit denen zu tun habe. Er habe aber nur geschäftlich zu diesen Leuten Kontakt gehabt und vornehmlich Winterpullover an sie weiterverkauft. Bis zum 19. April 2000 habe man ihn festgehalten, mehrmals vernommen und auch gefoltert. Sein Bruder habe sich für seine Freilassung eingesetzt und ihn bei einem Offizier vom Sicherheitsdienst für. 5.000 US-Dollar freigekauft. Er habe eine Erklärung unterschreiben müssen, dass er Aleppo nicht verlassen würde; dann sei er freigelassen worden. Anschließend habe er nicht mehr zur Arbeit gehen dürfen. Am 08. Mai 2000 habe sein Bruder ihm telefonisch gesagt, dass die Behörden ihn wieder festnehmen wollten; er solle fliehen. Zu der Zeit sei eine Touristengruppe aus Kasachstan in Syrien gewesen. Die Leiterin habe bei der Frage, ob sie jemanden aus Syrien kennen würden, seinen Namen genannt. Daraufhin habe der Bekannte zu seinem Bruder gesagt, er solle sich verstecken, sonst würde man ihn wieder festnehmen. Er sei daraufhin geflohen. Die Behörden hätten dann einen Syrer festgenommen, der früher Offizier beim Geheimdienst gewesen sei. Dieser habe ein Reisebüro besessen und bestätigt, dass er (Kläger zu 1) Kontakt zu den Leuten gehabt habe. Der frühere Geheimdienstoffizier habe sich von dem Vorwurf, mit ausländischen Leuten Kontakt zu haben, befreien wollen und habe ihn (Kläger zu 1) denunziert. Deshalb sei er in Verdacht geraten und habe Syrien verlassen müssen. Ergänzen müsse er noch, dass bei dem festgenommenen Syrer auch "rotes Quecksilber" sichergestellt worden sei, dessen Besitz verboten sei. Der Festgenommene habe dann angegeben, es von den Leuten bekommen zu haben und an ihn (Kläger zu 1) weitergeben zu sollen. Außerdem sei er seit 1994 Mitglied der Yeketi-Partei. Diese Partei sei im Jahre 1993 gegründet worden, und der jetzige Vorsitzende heiße Fuad Aliko. Sein Vater sei seit 1980 in Haft, wo er festgehalten werde, wisse er nicht. Außerdem habe man ihnen 100 ha Land weggenommen.

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Sie (Klägerin zu 2) sei nach dem Vorfall, als ihr Ehemann habe fliehen müssen, nachts oft von Leuten des Geheimdienstes zu Hause aufgesucht und nach dem Ehemann befragt worden. Das erste Mal sei dies zwei Tage, nachdem ihr Mann aus Aleppo verschwunden sei, gewesen; das letzte Mal seien sie zwei Tage, bevor sie selbst weggegangen sei, gekommen. Sie hätten immer wieder gefragt, wo sich ihr Mann aufhalte, und einmal sei sie auch geschlagen worden. Außerdem habe sie auch kurdischen Parteien Spenden gegeben und Flugblätter dieser Parteien vorgelesen bekommen.

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Mit Bescheid vom 24. August 2000 lehnte das Bundesamt für die Anerkennung ausländischer Flüchtlinge den Asylantrag als unbegründet ab und stellte fest, dass die Voraussetzungen des § 51 Abs. 1 AuslG ebenfalls nicht gegeben seien und die Voraussetzungen des § 53 AuslG nicht vorlägen. Außerdem forderte die Behörde die Kläger zur Ausreise aus der Bundesrepublik Deutschland innerhalb von einem Monat nach Unanfechtbarkeit der ablehnenden Entscheidung des Bundesamtes auf und drohte für den Fall, dass dieser Anordnung nicht fristgerecht nachgekommen werde, die Abschiebung an.

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Gegen den am 26. August 2000 zugestellten Bescheid haben die Kläger am 06. September 2000 Klage erhoben.

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Zur Begründung der Klage tragen sie vor:

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Sie seien mit dem Flugzeug von Istanbul nach Hannover eingereist. Die Schilderung, dass der Schleuser ihnen die Flugunterlagen abgenommen habe, entspreche der Erfahrung im Umgang von solchen Personen mit den Flüchtlingen. Dies geschehe deshalb, um einen Hinweis auf die Gruppe der Schleuser zu verhindern. Sie hätten auch die Umstände ihrer Einreise detailliert geschildert und glaubhaft gemacht. Einen Beweis müssten sie nicht führen. Erforderlichenfalls sei vom Gericht Beweis zu erheben darüber, ob am 14. Juni 2000 ein türkischer Staatsangehöriger mit dem Namen B. O. aus Istanbul in die Bundesrepublik Deutschland eingereist und zwischen 15.15 Uhr und 15.30 Uhr in Hannover angekommen sei. Sie seien in Syrien politisch verfolgt worden. Der Kontakt zu russischen Juden habe zu Verfolgungsmaßnahmen geführt. Kontakte zu Juden stellten nach syrischen Gesetzen einen Verrat am syrischen Volk dar. Er (Kläger zu 1) sei zunächst inhaftiert worden und vor einer drohenden weiteren Verhaftung geflohen. Diese Verhaftung sei auch im Hinblick darauf, dass der Vater seit 1980 in Haft sei, wahrscheinlich gewesen. Sie (Klägerin zu 2) könne bestätigen, dass nach dem Untertauchen des Ehemannes der Geheimdienst oft zu ihr gekommen sei und nach ihrem Mann gefragt habe. Diese Leute hätten psychischen Druck ausgeübt, um den Aufenthaltsort des Ehemannes zu erfahren. Darin zeige sich, dass gegen ihn (Kläger zu 1) Maßnahmen zur politischen Verfolgung eingeleitet gewesen seien. Hiervon seien auch die übrigen Familienmitglieder betroffen. Sie (Klägerin zu 2) habe außerdem mit kurdischen Parteien Kontakt gehabt und Spenden gegeben. Alle diejenigen, die sich mit dem Gedankengut der kurdischen Parteien bezüglich einer Selbständigkeit befassten, seien potentielle Staatsfeinde des syrischen Staates.

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Die Kläger beantragen,

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den Bescheid des Bundesamtes vom 24. August 2000 aufzuheben und die Beklagte zu verpflichten, sie als Asylberechtigte anzuerkennen und außerdem festzustellen, dass die Voraussetzungen des § 51 Abs. 1 AuslG, hilfsweise des § 53 AuslG, vorliegen.

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Die Beklagte beantragt unter Bezugnahme auf die Ausführungen in dem angefochtenen Bescheid,

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die Klage abzuweisen.

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Ergänzend führt sie aus:

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Hinsichtlich der vorgeblichen Einreise auf dem Luftweg reiche eine Glaubhaftmachung nicht aus, sondern es sei insoweit der Beweis zu erbringen. Der Vortrag der Kläger in der Klagebegründung, dass es sich bei dem Flugzeug um eine Maschine der türkischen staatlichen Fluggesellschaft gehandelt habe, sei nicht nachvollziehbar. Im Rahmen der Anhörung hätten die Kläger lediglich angeben können, dass es sich um eine türkische Fluggesellschaft gehandelt habe. Hierauf komme es aber nicht an, weil die Kläger nicht verfolgt aus Syrien ausgereist seien. Ihr Vortrag, wegen der angeblichen Kontakte mit jüdisch-russischen Geschäftsleuten von den Sicherheitskräften verfolgt worden zu sein, sei nicht glaubhaft. Hätten die syrischen Sicherheitskräfte wegen des Verdachts der Weitergabe von Informationen ein besonderes Interesse an dem Kläger zu 1) gehabt, wäre er nicht wieder auf freien Fuß gesetzt, sondern so lange festgehalten worden, bis die Beweise gegen ihn stichhaltig gewesen wären. Auch die Tatsache, dass die Sicherheitskräfte erst zwei Tage nach der Flucht des Klägers zu 1) seine Ehefrau aufgesucht haben sollen, zeige, dass dieser Vortrag insoweit nicht stimmen könne. Denn die Sicherheitskräfte hätten nach dem Vorliegen neuer Informationen sogleich zugegriffen und dem Kläger zu 1) nicht noch Zeit gelassen, zu entkommen. Wie der Bruder des Klägers zu 1) überhaupt von den neuen Beweisen erfahren haben will, sei wenig plausibel. Im Übrigen löse nach der Erkenntnislage hinsichtlich der Verhältnisse in Syrien allein ein Kontakt mit jüdisch-russischen Geschäftsleuten eine Verfolgungsmaßnahme nicht aus. Auch die einfache Mitgliedschaft in der Partei Yekiti, sofern diese Behauptung zutreffe, führe nicht zu Verfolgungsmaßnahmen. Dies sei im einzelnen in dem angefochtenen Bescheid dargelegt worden.

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Auf die Verfügung des Gerichts nach § 87b VwGO haben die Kläger nach Ablauf der ihnen gesetzten Frist am Tage der mündlichen Verhandlung mit einem Schriftsatz vom 23. Januar 2001 ergänzend ausgeführt, dass sie im Flugzeug in der 6. oder 7. Reihe von hinten gesessen hätten und dies der Bruder des Klägers zu 1) bezeugen könne, der sich allerdings in Syrien aufhalte. Ein weiterer Zeuge, dessen Anschrift ihnen allerdings nicht bekannt sei, habe gesehen, wie dem Kläger zu 1) die Papiere abgenommen worden seien.

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In der mündlichen Verhandlung sind die Kläger zu 1) und 2) zu den Einzelheiten ihres Asylbegehrens informatorisch angehört worden; hinsichtlich ihrer Angaben wird auf die Sitzungsniederschrift Bezug genommen.

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Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten im Übrigen wird auf den Inhalt der Gerichtsakte, auf die Verwaltungsvorgänge der Beklagten sowie auf die in das Verfahren eingeführten Erkenntnismittel verwiesen. Diese Unterlagen waren ihrem wesentlichen Inhalt nach Gegenstand des Verfahrens.

Entscheidungsgründe

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Die zulässige Klage ist nicht begründet. Der angefochtene Bescheid ist rechtmäßig und verletzt die Kläger nicht in ihren Rechten. Sie haben weder einen Anspruch auf Anerkennung als Asylberechtigte nach Art. 16a Abs. 1 GG noch auf die Feststellung durch die Beklagte, dass die Voraussetzungen des § 51 Abs. 1 AuslG oder des § 53 AuslG vorliegen.

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Die Kläger haben keinen Anspruch auf Anerkennung als Asylberechtigte, weil nach den von ihnen gemachten Angaben zu den Einzelheiten ihres Reiseweges nicht davon ausgegangen werden kann, dass sie auf dem Luftweg in die Bundesrepublik Deutschland eingereist sind.

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Nach den §§ 15 Abs. 1, Abs. 2 Nr. 1 und 25 Abs. 1 Satz 1 und 2 AsylVfG ist der Asylbewerber gehalten, die erforderlichen Angaben über seinen Reiseweg zu machen und seinen Pass vorzulegen (§ 15 Abs. 2 Nr. 4 AsylVfG). Bei einer Einreise auf dem Luftweg hat er seinen Flugschein und etwaige sonstige Unterlagen über seinen Reiseweg nach Deutschland vorzulegen (§ 15 Abs. 2 Nr. 5, Abs. 3 Nr. 3 und 4 AsylVfG). Sofern der Ausländer nicht im Besitz der erforderlichen Reisepapiere ist, hat er an der Grenze oder bei der Grenzbehörde auf dem Flughafen um Asyl nachzusuchen (§§ 13 Abs. 3 Satz 1, 18 f. AsylVfG). Kommt der Asylbewerber diesen Mitwirkungspflichten nicht oder nur teilweise nach und steht die behauptete Einreise auf dem Luftweg deshalb nicht eindeutig fest, ist es Sache des Gerichts, erforderlichenfalls den Sachverhalt von Amts wegen weiter aufzuklären und im Rahmen seiner Überzeugungsbildung alle Umstände zu würdigen (§§ 86 Abs. 1, 108 Abs. 1 VwGO). Dabei hat das Gericht auch zu berücksichtigen, dass und aus welchen Gründen die gesetzlich vorgesehene Mitwirkung des Asylbewerbers bei der Feststellung seines Reisewegs unterblieben ist (vgl. hierzu: BVerwG, Urt. vom 29.06.1999, AuAS 1999, 260).

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Die gerichtliche Aufklärungspflicht findet allerdings dort ihre Grenze, wo das Vorbringen des Ausländers keinen tatsächlichen Anlass zu weiterer Sachaufklärung bietet. Dies ist generell dann der Fall, wenn der Asylbewerber unter Verletzung der ihn treffenden Mitwirkungspflichten seine Gründe für eine ihm drohende politische Verfolgung nicht unter Angabe genauer Einzelheiten schlüssig schildert. Ob bei einer vom Asylbewerber behaupteten, aber nicht belegten Einreise auf dem Luftweg weitere Ermittlung durch das Gericht anzustellen sind, ist eine Frage der Ausübung tatrichterlichen Ermessens im Einzelfall. Ein Anlass zu weiterer Aufklärung ist beispielsweise dann zu verneinen, wenn der Asylbewerber keine nachprüfbaren Angaben zu seiner Einreise gemacht hat und es damit an einem Ansatzpunkt für weitere Ermittlungen fehlt. Macht der Asylbewerber dagegen hierzu einzelne Angaben, so hat das Gericht diese zu berücksichtigen. Es kann in diesem Zusammenhang frei würdigen, dass und aus welchen Gründen der Asylbewerber mit falschen Papieren nach Deutschland eingereist ist, dass und warum er Reiseunterlagen, die für die Feststellung seines Reisewegs bedeutsam sind, nach seiner Ankunft in Deutschland aus der Hand gegeben hat und schließlich, dass und weshalb er den Asylantrag nicht bei seiner Einreise an der Grenze, sondern Tage oder Wochen später an einem anderen Ort gestellt hat (BVerwG, Urt. vom 29.06.1999, aaO.).

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Im Rahmen der Überzeugungsbildung ist das Gericht aus Rechtsgründen nicht daran gehindert, die Angaben des Asylbewerbers auch ohne Beweisaufnahme als wahr anzusehen. In den Fällen, in denen der Asylbewerber die Weggabe wichtiger Beweismittel behauptet und damit ein Fall einer selbst geschaffenen Beweisnot vorliegt, ist das Vorbringen allerdings besonders kritisch und sorgfältig zu prüfen. Den Asylsuchenden trifft insoweit zwar keine Beweisführungspflicht; das Gericht kann jedoch bei der Feststellung des Reisewegs die behauptete Weggabe von Beweismitteln wie bei einer Beweisvereitelung zu Lasten des Asylbewerbers würdigen. Eine solche Würdigung liegt umso näher, je weniger plausibel die Gründe erscheinen, die für das beweiserschwerende Verhalten angeführt werden. Insbesondere der pauschale Vortrag der Weggabe von Flugunterlagen kann danach ebenso wie eine Weigerung oder das Unvermögen, mit der Flugreise in Zusammenhang stehende Fragen (z.B. nach den Namen in den benutzten gefälschten Pässen) zu beantworten, den Schluss rechtfertigen, dass die Einreise über einen Flughafen nur vorgespiegelt wird. Bei nicht ausräumbaren Zweifeln an der behaupteten Einreise auf dem Luftweg scheidet eine Anerkennung als Asylberechtigter aufgrund der Drittstaatenregelung aus. Ist das Gericht nicht davon überzeugt, dass der Asylbewerber auf dem Luftweg eingereist ist, kann es gleichzeitig aber auch nicht die Überzeugung von einer Einreise auf dem Landweg gewinnen, ist die Nichterweislichkeit der behaupteten Einreise auf dem Luftweg festzustellen und eine Beweislastentscheidung zu treffen. Bleibt in einem solchen Fall der Einreiseweg unaufklärbar, trägt der Asylbewerber die materielle Beweislast für seine Behauptung, ohne Berührung eines sicheren Drittstaats nach Art. 16a Abs. 2 GG, § 26a AsylVfG auf dem Luft- oder Seeweg nach Deutschland eingereist zu sein (BVerwG, Urt. vom 29.06.1999, aaO., m.w.N.).

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Nach Maßgabe dieser Grundsätze hat das Gericht die Überzeugung gewonnen, dass die Kläger nicht auf dem Luftweg in die Bundesrepublik Deutschland eingereist sind. Dies wird darin deutlich, dass die Kläger nicht in der Lage waren, konkrete Einzelheiten zu dem Ablauf der Einreise anzugeben, aus denen das Gericht die Überzeugung hätte gewinnen können, dass diese Angaben der Wahrheit entsprechen. Allein der Umstand, dass zu den von den Klägern genannten Zeitpunkten eine türkische Verkehrsmaschine in Hannover aus Istanbul kommend gelandet war und einer dieser Passagiere den Namen B. O. geführt hat, belegt - wie das Gericht aus anderen Asylverfahren weiß - noch nicht die Richtigkeit dieser Angaben. Insoweit mag es durchaus sein, dass auf der Passagierliste dieses Fluges der Name B. O. geführt wurde; dies bedeutet jedoch nicht zwangsläufig, dass der vom Kläger zu 1) angegebene Name von ihm als Passagier des fraglichen Fluges benutzt wurde. Derartige Angaben lassen sich, wie das Gericht in anderen Verfahren festgestellt hat, ohne große Schwierigkeiten auch von solchen Personen ermitteln, die an dem fraglichen Flug tatsächlich nicht teilgenommen haben. Zu den sonstigen Abläufen des Fluges, insbesondere zu den örtlichen Verhältnissen auf dem Flughafen Hannover, konnten die Kläger zu 1) und 2) dagegen keine zutreffenden Angaben machen. Schon die Schilderungen, die die Kläger zu 1) und 2) zu dem Ablauf der Passkontrolle bei der Anhörung vor dem Bundesamt gemacht haben, weichen von denen in der mündlichen Verhandlung ab. Während die Kläger zu 1) und 2) zunächst behauptet hatten, dass der Kläger zu 1) die auf sie ausgestellten Pässe immer bei sich gehabt und auch sämtlich zur Kontrolle vorgezeigt habe, haben diese Kläger den Vorgang in der mündlichen Verhandlung anders dargestellt. Danach soll der Kläger zu 1) nur noch seinen eigenen Pass besessen und vorgezeigt haben, während der Pass für die übrigen Kläger beim Schleuser gewesen und von diesem bei der Kontrolle vorgelegt worden sein soll. Die vom Kläger zu 1) gemachten Angaben zu dem weiteren Verlauf der Flughafenabfertigung zwischen der Passkontrolle und dem Erreichen des für die Allgemeinheit zugänglichen Gebäudebereichs sind offenkundig unzutreffend, soweit dieser Kläger dazu gebracht werden konnte, hierzu überhaupt Angaben zu machen. Die Klägerin zu 2) hat sich den hierzu geforderten Antworten dadurch entzogen, dass sie in unglaubhafter Weise entweder die Krankheit eines Sohnes oder eigene Kopfschmerzen vorgeschoben hat, durch die sie an der Wahrnehmung in diesem Abschnitt der Abfertigung gehindert gewesen sein will. Zu dem Ablauf vom Ausstieg aus dem Flugzeug bis zur Passkontrolle vermochte sie dagegen noch Einzelheiten zu nennen, weil dieser Vorgang offenbar von den Klägern zu 1) und 2) abgesprochen war. Schon aus diesen Gründen scheidet eine Anerkennung als Asylberechtigte nach Art. 16a GG aus.

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Das Gericht sieht keine Veranlassung, den Anregungen der Kläger zu weiteren Beweiserhebungen hierzu nachzugehen. Abgesehen davon, dass ein hierauf abzielendes Begehren im Schriftsatz vom 23. Januar 2001 als verspätet im Sinne von § 87b VwGO zurückzuweisen ist, handelt es sich bei dem in Syrien befindlichen Zeugen um ein untaugliches Beweismittel (BVerwG, Beschl. vom 09.05.1983, Buchholz 310, § 86 Abs. 1 VwGO Nr. 145). Die in das Wissen des zweiten Zeugen gestellte Tatsache, dass dieser sie am Flughafen Hannover angetroffen hat, könnte als zutreffend unterstellt werden; daraus würde sich aber nicht ableiten lassen, dass die Kläger dorthin tatsächlich mit dem Flugzeug gelangt sind. Die Angaben der Kläger selbst zeigen vielmehr, dass dies nicht der Fall war.

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Es besteht auch kein Abschiebungshindernis nach § 51 Abs. 1 AuslG.

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Die Voraussetzungen des § 51 Abs. 1 AuslG sind denen des Art. 16a Abs. 1 GG gleich, soweit es die Anknüpfung an asylerhebliche Merkmale betrifft. Anspruch auf Anerkennung als Asylberechtigte haben politisch Verfolgte (Art. 16 a Abs. 1 GG). Dieses Individualgrundrecht kann in Anspruch nehmen, wer bei einer Rückkehr in sein Herkunftsland politische Verfolgung (erneut oder erstmals) zu befürchten hat. Politische Verfolgung liegt vor, wenn dem Einzelnen durch den Heimatstaat oder durch Maßnahmen Dritter, die diesem Staat zurechenbar sind, in Anknüpfung an seine politische Überzeugung, seine religiöse Grundentscheidung oder für ihn unverfügbare Merkmale, die sein Anderssein prägen, gezielt Rechtsverletzungen zugefügt werden oder unmittelbar drohen, die ihn nach ihrer Intensität und Schwere aus der übergreifenden Friedensordnung der staatlichen Einheit ausgrenzen (BVerfG, Beschl. vom 10.07.1989, BVerfGE 80, 315, 333). Dabei beschränkt sich der asylrechtliche Schutz nicht auf die Rechtsgüter Leib und Leben, sondern erfasst auch Einschränkungen der persönlichen Freiheit; die hierin eingeschlossenen Rechte der freien Religionsausübung und ungehinderten beruflichen und wirtschaftlichen Betätigung lösen einen Asylanspruch indessen nur aus, wenn deren Beeinträchtigung nach ihrer Intensität und Schwere zugleich die Menschenwürde verletzen und über das hinausgehen, was die Bewohner des Herkunftsstaates allgemein hinzunehmen haben (BVerfG, Beschl. vom 24.06.1992 - 2 BvR 176/92 u.a., S. 12 f. des Abdrucks unter Hinweis auf BVerfGE 76, 143, 158). Die Gefahr eigener politischer Verfolgung kann sich auch aus gegen Dritte gerichteten Verfolgungsmaßnahmen ergeben, wenn der Asylbewerber sich mit ihnen in einer nach Ort, Zeit und auch im Übrigen vergleichbaren Lage befindet, so dass seine (etwaige) Nichtbetroffenheit von ausgrenzenden Rechtsverletzungen eher als zulässig anzusehen ist (BVerfG, Beschl. vom 23.01.1991, BVerfGE 83, 216, 230). Eine solche sog. mittelbare Gruppenverfolgung liegt danach typischerweise vor bei Massenausschreitungen (Pogromen), die das ganze Land oder große Teile desselben erfassen, aber etwa auch dann, wenn unbedeutende oder kleine Minderheiten mit solcher Härte, Ausdauer und Unnachsichtigkeit verfolgt werden, dass jeder Angehörige dieser Minderheit sich ständig der Gefährdung an Leib, Leben oder persönlicher Freiheit ausgesetzt sieht, wobei allerdings nicht ein ganzes Land gewissermaßen flächendeckend erfasst sein muss (BVerfG, Beschl. vom 23.01.1991, BVerfGE 83, 216, 232). Auch ohne Pogrome und diesen vergleichbare Massenausschreitungen liegt eine mittelbare Gruppenverfolgung immer dann vor, wenn die Verfolgungsschläge, von denen die Angehörigen einer Gruppe betroffen werden, so dicht und eng gestreut fallen, dass für jedes Gruppenmitglied die Furcht begründet ist, in eigener Person Opfer der Übergriffe zu werden (BVerwG, Beschl. vom 24.09.1992, Buchholz 402.25 § 1 AsylVfG Nr. 156; Urt. vom 05.07.1994, BVerwGE 96, 200, 203). Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (vgl. Urt. vom 02.08.1983, BVerwGE 67, 317 m. w. N.) wird eine solche von nichtstaatlicher Seite, insbesondere von Privatpersonen oder nichtstaatlichen Organisationen ausgehende Verfolgung dem Staat zugerechnet, wenn dieser die Verfolgung billigt oder fördert, ferner wenn er nicht willens oder - trotz vorhandener Gebietsgewalt - nicht in der Lage ist, die Betroffenen gegen Übergriffe Privater zu schützen. Dabei besteht die Zurechenbarkeit begründende Schutzunfähigkeit oder Schutzunwilligkeit nicht bereits dann, wenn in dem zu beurteilenden Einzelfall effektiver staatlicher Schutz nicht geleistet worden ist. Kein Staat vermag einen schlechthin perfekten lückenlosen Schutz zu gewährleisten und sicherzustellen, dass Fehlverhalten, Fehlentscheidungen oder "Pannen" sonstiger Art bei der Erfüllung der ihm zukommenden Aufgaben der Wahrung des öffentlichen Friedens nicht vorkommen. Deshalb schließt weder Lückenhaftigkeit des Systems staatlicher Schutzgewährung überhaupt noch die im Einzelfall von dem Betroffenen erfahrene Schutzversagung als solche schon staatliche Schutzbereitschaft oder Schutzfähigkeit aus. Vielmehr sind Übergriffe Privater dem Staat als mittelbare Verfolgung dann zuzurechnen, wenn er gegen Verfolgungsmaßnahmen Privater grundsätzlich keinen effektiven Schutz gewährt. Umgekehrt ist eine grundsätzliche Schutzbereitschaft des Staates zu bejahen, wenn die zum Schutz der Bevölkerung bestellten (Polizei-) Behörden bei Übergriffen Privater zur Schutzgewährung ohne Ansehen der Person verpflichtet und dazu von der Regierung auch landesweit angehalten sind, vorkommende Fälle von Schutzverweigerung mithin ein von der Regierung nicht gewolltes Fehlverhalten der Handelnden in Einzelfällen sind (BVerwG, Urt. vom 05.07.1994, InfAuslR 1995, 24 [BVerwG 05.07.1994 - BVerwG 9 C 1.94]).

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Da das Asylgrundrecht auf dem Zufluchtgedanken beruht und von seinem Tatbestand her grundsätzlich den Ursachenzusammenhang von Verfolgung/Flucht/Asyl voraussetzt (BVerfG, Beschl. vom 26.11.1986, BVerfGE 74, 51, 60; Beschl. vom 10.07.1989, BVerfGE 80, 344), ist ferner von maßgeblicher Bedeutung, ob der Asylbewerber vorverfolgt oder unverfolgt ausgereist ist. Ist der Asylsuchende wegen erlittener oder unmittelbar bevorstehender politischer Verfolgung ausgereist und war ihm auch ein Ausweichen innerhalb seines Heimatstaates wegen Fehlens einer inländischen Fluchtalternative unzumutbar, ist er als Asylberechtigter anzuerkennen, sofern die fluchtbegründenden Umstände im maßgeblichen Zeitpunkt fortbestehen. Er ist ferner anzuerkennen, wenn diese zwar entfallen sind, aber an seiner Sicherheit vor abermals einsetzender Verfolgung bei einer Rückkehr in seinen Herkunftsstaat ernsthafte Zweifel bestehen. Hat der Asylsuchende seinen Heimatstaat hingegen unverfolgt verlassen, kann er nur dann anerkannt werden, wenn ihm politische Verfolgung aufgrund eines asylerheblichen Nachfluchttatbestandes mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit droht (BVerfG, Beschl. vom 26.11.1986, aaO., 64 f.; Beschl. vom 10.07.1989, aaO., 344; BVerwG, Urt. vom 20.11.1990, BVerwGE 87, 152; Urt. vom 23.07.1991, DVBl. 1991, 1089). Für die Annahme einer drohenden Verfolgung ist entscheidend, ob aus der Sicht eines besonnen und vernünftig denkenden Menschen in der Lage des Asylsuchenden nach Abwägung aller bekannten Umstände eine Rückkehr in den Heimatstaat unzumutbar erscheint (BVerwG, Urt. vom 05.11.1991, BVerwGE 89, 162, 169). Die dazu erforderliche Zukunftsprognose hat auf die Verhältnisse im Zeitpunkt der letzten gerichtlichen Tatsachenentscheidung abzustellen (§ 77 Abs. 1 Satz 1 AsylVfG) und muss auf einen absehbaren Zeitraum ausgerichtet sein (BVerwG, Urt. vom 03.12.1985, EZAR 202 Nr. 6). Sie hat die vom Asylbewerber geschilderten Ereignisse zu würdigen und insbesondere auch den politischen Charakter der Verfolgungsmaßnahme festzustellen (§§ 15, 25, 74 Abs. 2 AsylVfG). Bei der Darstellung der allgemeinen Umstände im Herkunftsland genügt es, dass die vorgetragenen Tatsachen die nicht entfernt liegende Möglichkeit politischer Verfolgung ergeben (BVerwG, Urt. vom 23.11.1982, BVerwGE 66, 237). Die Gefahr einer asylrelevanten Verfolgung kann schließlich nur festgestellt werden, wenn sich das Gericht in vollem Umfang die Überzeugung von der Wahrheit des von dem Asylbewerber behaupteten individuellen Verfolgungsschicksals verschafft, wobei allerdings der sachtypische Beweisnotstand hinsichtlich der Vorgänge im Verfolgerstaat bei der Auswahl der Beweismittel und bei der Würdigung des Vortrags und der Beweise angemessen zu berücksichtigen ist (BVerwG, Urt. vom 12.11.1985, EZAR 630 Nr. 13).

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Dies setzt voraus, dass der Asylbewerber die Gründe für seine Furcht vor politischer Verfolgung schlüssig vorträgt. Hierzu hat er unter Angabe genauer Einzelheiten einen in sich stimmigen Sachverhalt zu schildern, aus dem sich bei Wahrunterstellung ergibt, dass bei verständiger Würdigung eine politische Verfolgung mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit droht (BVerwG, Beschl. vom 18.09.1989, InfAuslR 1989, 350 [BVerwG 18.09.1989 - BVerwG 9 B 308.89] m.w.N.). Dazu gehört, dass der Asylbewerber zu den in seine Sphäre fallenden Ereignissen, insbesondere zu seinen persönlichen Erlebnissen, eine Schilderung gibt, die geeignet ist, den behaupteten Asylanspruch lückenlos zu tragen. Ein im Laufe des Asylverfahrens sich widersprechendes oder sich steigerndes Vorbringen kann die Glaubwürdigkeit des Asylsuchenden in Frage stellen. Ändert der Asylsuchende in seinem späteren Vortrag sein früheres Vorbringen, so muss er überzeugende Gründe darlegen, weshalb sein früheres Vorbringen falsch gewesen ist, will er nicht den Eindruck der Unglaubwürdigkeit erwecken (BVerwG, Beschl. vom 26.10.1989, InfAuslR 1990, 38 [BVerwG 26.10.1989 - BVerwG 9 B 405.89]; Beschl. vom 21.07.1989, Buchholz 402.24 § 1 AsylVfG Nr. 113). Zwar spricht nicht jede Widersprüchlichkeit im Vortrag eines Asylbewerbers zugleich auch gegen seine Glaubwürdigkeit; vielmehr ist bei der Wertung seiner Aussage zu berücksichtigen, dass sich Missverständnisse aus Verständigungsproblemen ergeben haben können und dass zwischen Asylantragstellung, der Anhörung im Verwaltungsverfahren, der schriftlichen Klagebegründung sowie ggf. der persönlichen Anhörung in der mündlichen Verhandlung vor Gericht jeweils größere Zeiträume liegen können. Auch dürfen die besonderen Schwierigkeiten, denen Asylbewerber aus anderen Kulturkreisen bei der Darstellung ihrer Verfolgungsgründe besonders dann ausgesetzt sind, wenn sie über einen geringen Bildungsstand verfügen, nicht außer Acht gelassen werden. Grundlegende, für das Verlassen des Heimatlandes und den Asylantrag maßgebende Umstände im individuellen Lebensweg des Asylbewerbers bleiben jedoch im Normalfall zumindest in ihren wesentlichen Einzelheiten in Erinnerung. Widersprüche und Ungereimtheiten, die sich hierauf beziehen, machen das Vorbringen des Asylbewerbers zu seinem persönlichen Verfolgungsschicksal in der Regel insgesamt unglaubwürdig. Vor allem für diejenigen Umstände, die den eigenen Lebensbereich des Asylbewerbers betreffen, ist ein substantiierter, im Wesentlichen widerspruchsfreier Tatsachenvortrag zu fordern. Dabei ist die wahrheitsgemäße Schilderung einer realen Verfolgung erfahrungsgemäß gekennzeichnet durch Konkretheit, Anschaulichkeit und Detailreichtum.

29

Nach diesen Kriterien haben die Kläger eine individuelle Vorverfolgung nicht glaubhaft gemacht. Soweit der Kläger zu 1) behauptet hat, wegen seiner geschäftlichen Beziehungen zu russischen Juden vom syrischen Sicherheitsdienst verhaftet und nach seiner Freilassung erneut gesucht worden zu sein, hält das Gericht mit dem Bundesamt diese Angaben, soweit die Kläger daraus eine politische Verfolgung in Syrien herleiten, für unglaubhaft. Der Kläger zu 1) hatte vor seiner Anhörung vor dem Bundesamt angegeben, sich seit dem Jahre 1993 als Geschäftsmann selbständig gemacht und geschäftliche Verbindungen nach Russland und in weitere Ostblockstaaten, auch zu russischen Juden, unterhalten zu haben. Es sind deshalb keine überzeugenden Anhaltspunkte dafür ersichtlich, weshalb der Kläger nach mehr als sechs Jahren wegen dieser Kontakte in den Verdacht der unzulässigen Weitergabe von Informationen an diese Geschäftspartner geraten sein sollte. Allein der Umstand, dass es sich hierbei um Personen handelt, die aufgrund einer mehrfachen Staatsangehörigkeit mehrere Pässe besitzen, vermag den von den Klägern geschilderten Verdacht nicht überzeugend zu rechtfertigen. Derartige Personen sind auch innerhalb Syriens anzutreffen, ohne dass dies für die jeweiligen syrischen Geschäftsleute und sonstigen Kontaktpersonen zu politischen Misshelligkeiten führt. Selbst syrische Juden erhalten einen syrischen Reisepass und sind seit dem Jahre 1992 nicht mehr den bis dahin für sie geltenden Reisebeschränkungen unterworfen (Auswärtiges Amt, Lagebericht vom 24.01.2000). Zwar sind weiterhin direkte Kontakte von syrischen Staatsbürgern zu Israel verboten; derartige Aktivitäten wurden dem Kläger zu 1) nach seinen eigenen Ausführungen offenkundig jedoch nicht nachgewiesen, weil er sonst nicht wieder aus der Untersuchungshaft, sofern eine solche überhaupt stattgefunden haben sollte, entlassen worden wäre.

30

Soweit die Kläger außerdem behaupten, einer ihnen drohenden erneuten Verhaftung durch die syrischen Sicherheitskräfte mit der Ausreise entgangen zu sein, weist das Bundesamt zu Recht darauf hin, dass die von den Klägern geschilderten Umstände dieser Vorgänge ebenfalls nicht glaubhaft sind. Sofern dem syrischen Geheimdienst tatsächlich Hinweise auf eine verbotene Aktivität des Klägers zu 1) vorgelegen hätten, hätten die Mitarbeiter des Geheimdienstes nicht erst noch mehrere Tage zugewartet und dem Kläger zu 1) Gelegenheit gegeben, sich einem Zugriff zu entziehen. Nach der Überzeugung des Gerichts sind die Angaben der Kläger zu 1) und 2) zu den Gründen für ihre Ausreise aus Syrien auch sonst unzutreffend. Die Klägerin zu 2) hatte nach mehrfachen Nachfragen und zusammenfassenden Wiedergaben ihrer diesbezüglichen Aussagen für den Zeitraum seit 1993 zunächst nachdrücklich behauptet, dass ihr Ehemann bis auf einige Ausnahmen, bei denen er wegen Geschäftsreisen höchstens eine Nacht andernorts übernachtet habe, sonst immer mit ihr zusammengewesen sei, wenngleich er abends häufig erst spät nach Hause gekommen sei. Von einer Verhaftung, zumal über eine längere Zeitdauer, hat sie nicht gesprochen. Erst als sie gezielt gefragt wurde, ob ihr Ehemann schon einmal verhaftet worden sei, hat sie dies bestätigt, vermochte sich aber auf den genauen Zeitpunkt, außer, dass es im Monat Januar gewesen sein soll, nicht festzulegen. Demgegenüber zeigte sich die Klägerin zu 2) hinsichtlich anderer Zeitangaben durchaus in der Lage, präzisere Angaben zu machen, obwohl es sich nicht um derart einschneidende Vorkommnisse gehandelt hat wie eine Inhaftierung. Der von ihr genannte Grund für die Verhaftung ("Yekiti") entspricht zudem nicht den Angaben, die der Ehemann hierzu gemacht hat. Aber auch die Angaben des Klägers zu 1) sind insoweit widersprüchlich. Beim Bundesamt hatte der Kläger zu 1) als Tag der Verhaftung den 10.01.2000, als Tag der Freilassung den 19.04.2000 (eine Haftdauer von mehr als 70 Tagen) und als Zeitpunkt des fluchtauslösenden Telefonanrufs seines Bruders den 08.05.2000 genannt. Demgegenüber weichen die Angaben hierzu in der mündlichen Verhandlung erheblich ab, indem als Tag der Verhaftung der 05.01.2000, die Haftdauer mit "24 oder 25 Tagen" und der Zeitpunkt des Telefonanrufs mit dem "25. bis 27.04.2000" angegeben wurde. Von einer Denunziation durch einen verdächtigten ehemaligen Geheimdienstoffizier und der Sicherstellung von "rotem Quecksilber" hat der Kläger zu 1) nichts mehr erwähnt.

31

Auch die im Zusammenhang mit dem Vater des Klägers zu 1) gemachten Angaben sind in wesentlicher Hinsicht nicht glaubhaft, soweit daraus die Gefahr einer politischen Verfolgung auch für die Kläger hergeleitet werden soll. Sollte der Vater des Klägers zu 1) tatsächlich im Jahre 1980 wegen einer schwerwiegenden Verfehlung verhaftet und einem Kontakt mit seinen Angehörigen entzogen worden sein, wäre es nicht denkbar gewesen, dass der Kläger zu 1) von 1980 bis 1987 ohne weiteres im Ausland (Moskau) hätte studieren können. Der Vorgang um die vorgebliche Verhaftung des Vaters ist auch nach insistierenden Fragen unklar geblieben. Während der Kläger zu 1) angegeben hat, von den Behörden nichts erfahren zu haben, weil diesen - wie von ihnen angegeben worden sei - hierüber nichts bekannt sei, hat die Klägerin zu 2) behauptet, von den befragten Behörden mit der Drohung, bei weiteren Fragen ebenfalls verhaftet zu werden, von Nachforschungen abgehalten worden zu sein.

32

Nach alledem muss davon ausgegangen werden, dass die Kläger nicht aus den von ihnen geschilderten Gründen ihr Heimatland verlassen haben.

33

Die Kläger sind auch nicht wegen ihrer Eigenschaft als Kurden Verfolgungsmaßnahmen des syrischen Staates ausgesetzt. Nach der Auskunftslage ist davon auszugehen, dass die ethnische Minderheit der Kurden als solche in Syrien einer staatlichen Verfolgung nicht unterworfen ist. Fälle politischer Verfolgung allein wegen der Zugehörigkeit zur Volksgruppe der Kurden sind nicht bekannt. Die in den 60-iger Jahren von der damals regierenden syrischen Führung begonnene und von Präsident Assad bis 1976 zunächst noch fortgeführte Politik der "Arabisierung" der kurdischen Siedlungsgebiete Syriens ist noch im Jahre 1976 von der Assad-Regierung eingestellt worden (vgl. etwa die Auskunft des Auswärtigen Amtes an das VG Berlin vom 10.01.1990). Zwar betont die Ideologie der Baath-Partei den arabischen Charakter Syriens. Seit Ende der 70-iger Jahre sind jedoch Bestrebungen zur Zwangsarabisierung ethnischer Minderheiten oder staatliche Repressionen gegen nichtarabische Minderheiten allein aufgrund ihrer Volkszugehörigkeit nicht mehr feststellbar (vgl. Lagebericht des Auswärtigen Amtes vom 19.07.2000).

34

Es besteht auch keine beachtliche Wahrscheinlichkeit dafür, dass die Kläger bei einer Rückkehr nach Syrien aus Sicht des syrischen Staates in den Verdacht einer regimekritischen Haltung geraten könnten.

35

Die Mitgliedschaft in einer kurdischen Organisation (z.B. Yeketi bzw. Yekiti) in Deutschland begründet als solche keine Verfolgungsgefahr. So führt amnesty international in seiner Auskunft vom 26.06.1996 an das VG Koblenz (bezogen auf die kurdischen Volksunion) aus, dass allein die Mitgliedschaft in einer kurdischen Partei in der Regel nur zur Beobachtung durch die verschiedenen syrischen Geheim- und Sicherheitsdienste führen könne. Im Übrigen ist es nicht beachtlich wahrscheinlich, dass dem syrischen Staat bekannt ist, ob und in welcher kurdischen Organisation eine Mitgliedschaft begründet wurde. Zwar ist angesichts der Tätigkeit der syrischen Dienste in Deutschland davon auszugehen, dass die Behörden in Syrien über politische Aktivitäten syrischer Staatsangehörige in Deutschland in der Regel gut informiert sind (vgl. z. B. Bulut, Auskunft vom Juli 1996 an das VG Braunschweig). Doch ist nicht anzunehmen, dass die syrischen Behörden regelmäßig Kenntnis davon haben, ob es sich bei dem politisch Agierenden um einen Mitläufer oder um ein Mitglied einer exilpolitischen Organisation handelt. Um beispielsweise in einer Organisation wie der Yeketi eine Mitgliedschaft zu begründen, wird dort genau überprüft, ob jemand bereits in Syrien Mitglied der Organisation gewesen ist. Wenn ein Kurde aus Syrien in Europa Mitglied in der Partei werden will, wird er daher für längstens zwei Jahre daraufhin überprüft, ob er tatsächlich für die Ziele der Partei arbeiten will oder ob es sich bei ihm um einen Sympathisanten oder Agenten der Regierung handelt. Erst danach kann eine Mitgliedsbescheinigung ausgestellt werden. Im Übrigen läuft die Parteiarbeit auf unterer Ebene nur in kleinen Gruppen ab. Mitglieder einer Gruppe sind bezüglich der Arbeit innerhalb dieser Gruppe und bezüglich der personellen Besetzung zur Verschwiegenheit verpflichtet. Ein Mitglied einer Gruppe kennt daher regelmäßig nicht Mitglieder anderer Gruppen oder deren Vorsitzende. Einzelne Mitglieder können daher nur wissen, wie sich die jeweilige Gruppe zusammensetzt. Mitgliedskandidaten wissen über die Aktivitäten der Partei am wenigsten.

36

Entscheidend ist, in welcher Form sich die Kläger in Deutschland insbesondere öffentlichkeitswirksam politisch engagiert haben. Nur bei aktiven Anhängern einer exilpolitischen Organisation kann von einer Gefährdung ausgegangen werden. Ob und in welchem Maße einem Mitglied einer kurdischen Organisation im Falle einer Rückkehr nach Syrien politische Verfolgung droht, hängt deshalb in erster Linie davon ab, ob sich diese Person in hervorgehobener Weise politisch oppositionell oder regimekritisch verhalten hat (vgl. amnesty international vom 24.06.1996 an das VG Koblenz, vom 24.06.1996 an das VG Koblenz, vom 11.11.1996 an das VG Braunschweig und Bericht vom Oktober 1996; Auswärtiges Amt, Auskünfte vom 19.03.1997 und vom 17.07.1996 an das VG Braunschweig). Soweit es um die Teilnahme am Newroz-Fest geht, begründet dies keine Gefahr, in den Verdacht einer regimekritischen Haltung zu geraten. Vielmehr sind Newroz-Feste in Syrien als kulturelle Veranstaltungen erlaubt. Verboten sind jedoch in Syrien alle regimefeindlichen Musikdarbietungen, Ansprachen usw.; diese können zur Auflösung der Veranstaltung führen (vgl. Auskunft des Deutschen Orient-Instituts vom 30.07.1996 an VG Braunschweig).

37

Auch eine - bisher nicht geltend gemacht - Teilnahme an Demonstrationen (wie z.B. in Bonn) könnte nach der Überzeugung des erkennenden Gerichts keine beachtliche Wahrscheinlichkeit dafür begründen, dass die Kläger aus syrischer Sicht in den Verdacht geraten könnten, sich regimefeindlich verhalten zu haben. Dabei ist zu berücksichtigen, dass es sich bei diesen Demonstrationen, die regelmäßig ein- bis zweimal im Jahr vor der syrischen Botschaft stattfinden und auch entsprechend beobachtet werden, um Veranstaltungen handelt, an denen eine Vielzahl syrischer Kurden teilnimmt, die sich erstmals in der Bundesrepublik kritisch gegenüber dem syrischen Staat betätigen und auf diese Weise ein zumindest vorübergehendes Aufenthaltsrecht in der Bundesrepublik Deutschland erreichen wollen. Dem steht nicht entgegen, dass sie bei diesen Demonstrationen auch Transparente mit sich führen, Flugblätter verteilen oder kurdische Fahne tragen. Eine regimekritische Haltung wird der syrische Staat aus der schlichten Teilnahme an solchen Demonstrationen zur Überzeugung des erkennenden Gerichts nicht herleiten. Insoweit schließt sich das Gericht der Einschätzung des Deutschen Orient-Institutes in seiner Auskunft vom 30.07.1996 an das VG Braunschweig an. Hierin ist ausgeführt, dass eine politische und/oder politisch-kulturelle Tätigkeit im Hinblick auf die damit für den Betreffenden verbundene Gefahr in Abhängigkeit davon einzuschätzen ist, wo diese stattfindet. In Syrien gehört nicht viel dazu, aus politischen Gründen Schwierigkeiten mit der Staatssicherheit zu bekommen. Deshalb halten sich die Kurden, solange sie in Syrien leben, im Algemeinen mit gegen den Staat gerichteten politischen Aktionen zurück. Zwar versucht der syrische Geheimdienst auch im Ausland, die führenden Kräfte der Syrisch-Kurdischen nationalen Bewegung zu beobachten; solche Aktivitäten sind aber für die syrischen Stellen nur von Interesse, wenn es sich um Aktionen handelt, die einen konkreten Bezug zu Syrien haben und irgendwie auch nach Syrien hineinwirken wollen. Im Übrigen ist angesichts der sehr zahlreichen kurdischen Asylbewerber aus Syrien davon auszugehen, dass die syrischen Stellen zwischen gezielt nach Syrien gerichteten oder doch wenigstens in derartiger Absicht unternommenen Aktivitäten und einer allein "ausländischen Zwecken" halber unternommenen Aktivitäten zu unterscheiden wissen (vgl. hierzu auch: OVG Lüneburg, Beschl. vom 15.07.1998, 2 L 2711/98 m.w.N.).

38

Anhaltspunkte für sonstige Nachfluchtgründe liegen ebenfalls nicht vor. Es gibt keine hinreichenden Anhaltspunkte dafür, dass den unverfolgt ausgereisten Klägern bei ihrer Rückkehr nach Syrien mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit die Gefahr einer politischen Verfolgung droht. Die Tatsache, dass die Kläger in Deutschland um Asyl nachgesucht haben, ist kein Umstand, dessentwegen eine solche Befürchtung begründet wäre. Die Asylantragstellung als solche hat keine Maßnahmen syrischer Behörden zur Folge (vgl. den o.g. Lagebericht sowie das Urteil des Nds. OVG Lüneburg vom 04.08.1993, 2 L 5341/92; Beschl. vom 22.08.2000, 2 L 3024/00). Nichts anderes gilt auch für den mit der Dauer des Asylverfahrens zusammenhängenden Auslandsaufenthalt. Dieser wird von den syrischen Behörden ganz regelmäßig nicht zum Anlass für Verfolgungsmaßnahmen genommen (vgl. Nds. OVG Lüneburg, aaO.; OVG Bremen, Urt. vom 13.04.2000, OVG 2 A 466/99.A; VGH Mannheim, Urt. vom 19.05.1998, A 2 S 28/98; OVG Saarlouis, Urt. vom 08.12.1998, 3 R 72/98). Es entspricht deshalb der ständigen Rechtsprechung der Kammer, dass weder allein der Auslandsaufenthalt noch die Asylantragstellung zu einer beachtlichen Wahrscheinlichkeit für eine politische Verfolgung bei einer Rückkehr nach Syrien führen, sofern die Betroffenen - wie hier - sich nicht in herausgehobener Funktion politisch betätigt haben. Aus den Lageberichten des Auswärtigen Amtes (z. B. vom 19.07.2000) ergibt sich, dass die Einreise abgeschobener Antragsteller ohne Anhaltspunkte für eine aus der Sicht des syrischen Staates bedeutsamen politische Betätigung weitgehend unbehelligt verläuft und die Asylantragstellung als solche oder ein längerer Auslandsaufenthalt für sich in der Regel keine Anknüpfungspunkte für ein erhöhtes Interesse der Geheimdienste sind. Aus den der Kammer vorliegenden Auskünften von amnesty international (z.B. vom 20.06.1996 an das VG Koblenz) ergibt sich im Ergebnis nichts anderes. Darin wird insoweit übereinstimmend mit den Angaben des Auswärtigen Amtes ausgeführt, dass mit zielgerichteter politischer Verfolgung in der Regel dann gerechnet werden muss, wenn sich jemand aktiv politisch und in herausgehobener Funktion oppositionell oder anderweitig regimekritisch verhält. Es wird zwar auch ausgeführt, dass syrische Asylantragsteller bei der Abschiebung gefährdet seien, von staatlichen Stellen verfolgt zu werden, da sie einem eingehenden Verhör durch die Einwanderungs- und Sicherheitsbehörden unterzogen werden. Außerdem wird aber dargelegt, dass die abgeschobenen Asylantragsteller dann in ein Haft- und Verhörzentrum in Damaskus gebracht werden, wo sie gefährdet sind, gefoltert zu werden, wenn sich bei der Überprüfung der Verdacht auf eine regimekritische Haltung oder frühere oppositionelle Betätigung ergibt. Bei der Befragung am Flughafen sei es hingegen lediglich nicht ausgeschlossen, dass es zu Misshandlungen durch Schläge oder zu anderen Maßnahmen komme. Auch aus dieser Stellungnahme kann daher nicht die erforderliche beachtliche Wahrscheinlichkeit für eine politisch motivierte Verfolgung bei einer Rückkehr nach Syrien für diejenigen entnommen werden, die sich - wie die Kläger - nicht politisch betätigt haben und die daher auch nicht in den Verdacht einer regimekritischen Haltung kommen können. Übereinstimmend hiermit gibt das Deutsche Orient Institut (z. B. Auskunft an das VG Ansbach vom 08.05.1995) an, dass auch staatenlose Kurden aus Syrien allein wegen ihrer Asylantragstellung keine Bestrafung zu erwarten haben, da die staatlichen Organe Syriens die Bedeutung eines Asylverfahrens durchaus realistisch einschätzen können und das Asylverfahren in den Augen der syrischen Staatsorgane für nicht bereits in ihrem Heimatland politisch Verfolgte dieselbe Bedeutung hat wie in den Augen der Asylbewerber, nämlich die einer Formalie.

39

Schließlich sind auch Abschiebungshindernisse i.S.d. § 53 AuslG nicht ersichtlich. § 53 Abs. 6 Satz 1 AuslG erfasst allgemeine Gefahren i.S.d. § 53 Abs. 6 Satz 2 AuslG auch dann nicht, wenn sie den einzelnen Ausländer konkret und in individualisierbarer Weise betreffen. Lediglich dann, wenn dem einzelnen Ausländer kein Abschiebungsschutz nach § 53 Abs. 1 bis 4 und Abs. 6 Satz 1 AuslG zusteht, er aber gleichwohl nicht abgeschoben werden darf, weil die Grundrechte aus Art. 1 Abs. 1 GG und Art. 2 Abs. 2 Satz 1 GG wegen einer extremen Gefahrenlage die Gewährung von Abschiebungsschutz unabhängig von einer Ermessensentscheidung nach den §§ 53 Abs. 6 Satz 2, 54 AuslG gebieten, ist § 53 Abs. 6 Satz 2 AuslG verfassungskonform einschränkend dahin auszulegen, dass eine Entscheidung nach § 53 Abs. 6 Satz 1 AuslG nicht ausgeschlossen ist (BVerwG, Urt. vom 17.10.1995, NVwZ 1996, 199 [BVerwG 17.10.1995 - BVerwG 9 C 9/95]). Es ist jedoch nicht wahrscheinlich, dass die Kläger sich bei einer Rückkehr nach Syrien in einer solchen extremen Gefahrenlage befinden würden.

40

Da das Bundesamt die Kläger zu Recht nicht als Asylberechtigte anerkannt hat und sie keine Aufenthaltsgenehmigung besitzen, hatte die Behörde sie gemäß den §§ 34 f. AsylVfG zur Ausreise aufzufordern und die Abschiebung anzudrohen.

41

Die Klage ist deshalb mit der Kostenfolge aus § 154 Abs. 1 VwGO und § 83b Abs. 1 AsylVfG abzuweisen. Die Nebenentscheidungen über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruhen auf den §§ 167 VwGO, 708 Nr. 11, 711 ZPO.