Verwaltungsgericht Hannover
Beschl. v. 30.09.2010, Az.: 6 B 3759/10

ärztliches Attest; Schüler; Beurlaubung; Entschuldigung; Klassenarbeit; Versäumnis; Nichtversetzung; Rechtschutzbedürfnis; Fehltag; Unterricht; Teilnahme; Versetzung

Bibliographie

Gericht
VG Hannover
Datum
30.09.2010
Aktenzeichen
6 B 3759/10
Entscheidungsform
Beschluss
Referenz
WKRS 2010, 48003
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
[keine Angabe]

Amtlicher Leitsatz

Leitsatz

1. Ein Schüler, der nach seiner Nichtversetzung freiwillig an eine Realschule wechselt, hat kein Rechtsschutzinteresse für eine einstweilige Anordnung zur Teilnahme am Unterricht der nächsthöheren Klasse des Gymnasiums.
2. Die Schule darf für den Nachweis gesundheitlicher Gründe des Versäumens von Klassenarbeiten die Vorlage eines ärztlichen Attestes verlangen, wenn tatsächlich Zweifel an der Nachvollziehbarkeit des Nichtvertretens der Versäumnisgründe (Entschuldigung) bestehen.
3. Lässt sich das Versäumnis trotz des Verlangens der Schule nicht auf ein ärztliches Attest stützen, darf die versäumte Klassenarbeit mit "ungenügend" bewertet werden.

Gründe

I.

Der im Jahre 1995 geborene Antragsteller besuchte im vergangenen Schuljahr 2009/2010 den 7. Jahrgang der P.-Schule Hannover (Antragsgegnerin), ein allgemein bildendes Gymnasium. Seit Beginn des gegenwärtig laufenden Schuljahres ist er Schüler des 8. Jahrgangs einer Realschule, der D.-Schule in Hannover.

Die Klassenkonferenz der Klasse 7b der Antragsgegnerin beschloss am 11. Juni 2010, den Antragsteller nicht in den 8. Schuljahrgang zu versetzen, nachdem seine im Schuljahr 2009/2010 erzielten Leistungen in den Fächern Französisch und Mathematik insgesamt jeweils mit der Note 5 (mangelhaft) bewertet worden waren und der Antragsteller keine befriedigenden Leistungen in zwei Ausgleichsfächern aufweisen konnte. Die Klassenkonferenz sah von der Zulassung des Schülers zur Nachprüfung in Französisch oder Mathematik ab, empfahl aber einen Übergang des Schülers in den 8. Jahrgang einer Realschule.

Gegen die unter dem 15. Juni 2010 schriftlich vorab mitgeteilte und im Zeugnis vom 23. Juni 2010 beurkundete Nichtversetzung erhob der Antragsteller mit Schreiben seiner Verfahrensbevollmächtigten vom 30. Juni 2010 Widerspruch. Die Klassenkonferenz der Klasse 7b holte schriftliche Stellungnahmen der Fachlehrkräfte zur Begründung der Noten in den Fächern Französisch, Mathematik und Englisch ein und beschloss am 6. August 2010, dem Widerspruch des Antragstellers nicht abzuhelfen.

Mit dem am 31. August 2010 bei dem Verwaltungsgericht eingegangenen Antrag beansprucht der Antragsteller einstweiligen Rechtsschutz zur vorläufigen Teilnahme am Unterricht des 8. Schuljahrgangs der Antragsgegnerin.

Der Antragsteller vertritt die Auffassung, dass er in die 8. Klasse des Gymnasiums hätte versetzt werden müssen. Die Note 5 im Fach Mathematik und die Note 4 im Fach Englisch beruhten allein darauf, dass er die in der Zeit vom 25. Mai bis 4. Juni 2010 geschriebenen Klassenarbeiten versäumt habe und ihm deshalb in beiden Fällen die Note 6 für die Klassenarbeit erteilt worden sei. Wäre dies nicht geschehen, hätte er in Mathematik mindestens eine 4 und in Englisch eine 3 erhalten. Die Bewertung der versäumten Klassenarbeiten mit der Note 6 sei rechtswidrig, weil seine Mutter die Abwesenheit in dieser Zeit mit dem durch seine R.-Erkrankung bedingten Erholungsurlaub unter Vorlage einer ärztlichen Bescheinigung entschuldigt habe und er die Klassenarbeiten durchaus hätte nachschreiben können. Die Antragsgegnerin habe seine Beurlaubung daher ermessensfehlerhaft abgelehnt. Außerdem habe die Mutter des Antragstellers den Grund seiner Abwesenheit auch nachträglich durch Vorlage ärztlicher Atteste konkretisiert. Bei dem erforderlichen Aufenthalt am Meer, der nicht auf Mallorca stattgefunden habe, habe es sich nicht um eine vorgezogene Urlaubsreise gehandelt. Außerdem habe es die Antragsgegnerin unterlassen, seine Mutter auf die Gefährdung seiner Versetzung durch die Leistungen in Mathematik hinzuweisen. Schließlich sei auch die nur mit seiner unzuverlässigen Arbeitsmoral begründete Ablehnung einer Zulassung zur Nachprüfung mangels Fehlens einer näheren Begründung nicht nachvollziehbar.

Der Antragsteller beantragt,

die Antragsgegnerin im Wege einstweiliger Anordnung zu verpflichten, ihn vorläufig bis zur rechtskräftigen Entscheidung in der Hauptsache am Unterricht der Jahrgangsstufe 8 teilnehmen zu lassen und ihn damit vorläufig in die Jahrgangsstufe 8 zu versetzen.

Die Antragsgegnerin beantragt,

den Antrag abzulehnen.

Die Antragsgegnerin macht geltend, dass die dem Antragsteller erteilten Zeugnisnoten rechtlich nicht zu beanstanden seien und nachvollzogen werden könnten. Die Konferenz habe zu Recht keine Möglichkeit des Ausgleichs gesehen und eine Zulassung zur Nachprüfung nicht beschlossen, weil von dem Antragsteller eine erfolgreiche Mitarbeit nicht erwartet worden sei. Die Benotung der während der Fehlzeit vom 26. Mai bis 4. Juni 2010 unentschuldigt versäumten Klassenarbeiten mit „ungenügend“ könne nicht beanstandet werden, weil die Beurlaubung eines Schülers nur aus wichtigem Grund ausgesprochen werden dürfe. Eine Urlaubsreise nach Mallorca während der Schulzeit zähle nicht zu den wichtigen Gründen. Die nachträglich vorgelegten Atteste ließen nicht erkennen, dass eine Verlegung der Reise in die Sommerferien nicht möglich gewesen wäre. Im Übrigen hätten seine Leistungen in den Fächern Mathematik und Englisch auch mit den vergebenen Noten bewertet werden können, wenn die Fehlzeit vom 25. Mai bis 4. Juni 2010 unberücksichtigt geblieben wäre.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird ergänzend auf den Inhalt der Gerichtsakte sowie des beigezogenen Verwaltungsvorganges der Antragsgegnerin (Beiakte A) verwiesen.

II.

Der Antrag ist abzulehnen.

Nach § 123 Abs. 1 Satz 2 VwGO kann das Gericht der Hauptsache auf Antrag eine einstweilige Anordnung zur Regelung eines vorläufigen Zustandes in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis nur treffen, wenn und soweit diese Regelung insbesondere zur Abwendung wesentlicher und durch eine spätere Entscheidung in der Hauptsache nicht mehr auszugleichende Nachteile für den Antragsteller nötig erscheint. Das vorläufig zu sichernde materielle Recht des Antragstellers (der Anordnungsanspruch) und die Eilbedürftigkeit der Entscheidung (der Anordnungsgrund) sind hierfür vom Antragsteller glaubhaft zu machen (§ 123 Abs. 3 VwGO i.V.m. §§ 920 Abs. 2, 294 ZPO). Ist dies geschehen, entscheidet das Gericht im Rahmen des Antragsbegehrens (§ 122 Abs. 1 i.V.m. § 88 VwGO) nach freiem Ermessen, welche Anordnungen zur Erreichung des Zweckes erforderlich sind (§ 123 Abs. 3 VwGO i.V.m. § 938 Abs. 1 ZPO). Zulässig ist danach grundsätzlich auch eine vorläufige Regelung, mit welcher eine Schule im Hinblick auf die im Widerspruchs- oder Klageverfahren angegriffene Nichtversetzung eines Schülers verpflichtet wird, ihren Schüler vorläufig am Unterricht des nächsthöheren Schuljahrgangs teilnehmen zu lassen.

Danach ist der Antrag unzulässig.

Ein streitiges Rechtsverhältnis im Sinne des § 123 Abs. 1 Satz 2 VwGO, das über die Anfechtung der Nichtversetzung in den 8. Jahrgang des Gymnasiums hinausginge, besteht zwischen dem Antragsteller und der Antragsgegnerin nicht mehr, seitdem der Schüler mit Wirkung vom 1. August 2010 in die D.-Schule aufgenommen worden ist und damit zugleich das Schulrechtsverhältnis zur Antragsgegnerin auf eigenen Entschluss seiner Mutter beendet hat. Damit ist die Antragsgegnerin nicht mehr zuständig für die Beschulung des Antragstellers, die auf den Rechtsschutzantrag als vorläufige Teilnahme am Unterricht der 8. Klasse gerichtlich angeordnet werden soll. Eine Rückkehr an das Gymnasium käme danach gegenwärtig nur noch im Wege des leistungsbedingten Schulformwechsels nach § 59 Abs. 3 NSchG auf der Grundlage eines Beschlusses der Klassenkonferenz der D.-Schule in Betracht. Anders verhielte es sich nur, wenn die Antragsgegnerin den Schulwechsel des Antragstellers mit einer Überweisung an die Realschule nach § 59 Abs. 4 Satz 3 oder 4 NSchG verfügt hätte und der Antragsteller einen solchen Verwaltungsakt im Hauptsacheverfahren angefochten hätte. Das ist aber nicht der Fall. Ob der Verdacht des Antragstellers, dass die Klassenkonferenz des Gymnasiums am 11. Juni 2010 Entsprechendes erörtert oder gar beschlossen hat, angesichts des anders lautenden Konferenzberichts der Lehrkräfte Sch. und Sch. (Bl. 36, 37 Beiakte A) begründet ist, kann daher offen bleiben. Jedenfalls ist dem Antragsteller ein entsprechender Verwaltungsakt der Schule (§ 35 VwVfG) nicht bekannt gegeben worden, was aber für das Wirksamwerden einer Überweisung des Schülers vom Gymnasium an die Realschule unverzichtbar gewesen wäre. Weder enthält der formlose Nichtversetzungsbescheid vom 15. Juni 2010 die Bekanntgabe einer Überweisungsverfügung, noch geht die Bemerkung im Zeugnis vom 23. Juni 2010 über die darin enthaltene bloße Empfehlung der Konferenz zum Schulwechsel hinaus.

Unabhängig davon ist der Antrag auch unbegründet.

Der Antragsteller kann einen auf die vorläufige Teilnahme am Unterricht der 8. Klasse des Gymnasiums gerichteten Anordnungsanspruch nicht glaubhaft machen.

Ein Anordnungsanspruch könnte sich nur auf § 59 Abs. 4 Satz 1 NSchG stützen, wonach ein Schüler den nächsthöheren Schuljahrgang einer Schulform oder eines Schulzweiges erst besuchen kann, wenn die Klassenkonferenz entschieden hat, dass von ihm eine erfolgreiche Mitarbeit in diesem Schuljahrgang erwartet werden kann. Danach setzt die Entscheidung, ob ein Schüler versetzt werden kann, eine pädagogisch-fachliche Prognose der für den Schüler zuständigen Klassenkonferenz (§ 35 Abs. 3 NSchG) voraus, wobei das Nähere zu den Voraussetzungen der Versetzung die nach § 60 Abs. 1 Nr. 2 NSchG erlassene Verordnung über die Durchlässigkeit sowie über Versetzungen und Überweisungen an den allgemein bildenden Schulen (DVVO) regelt. Entscheidungsgrundlage der Prognose sind die von den Lehrkräften (§ 50 Abs. 1 NSchG) in eigener Verantwortung erteilten Leistungsbeurteilungen, ergänzt durch die Beurteilungen zum Arbeits- und Sozialverhalten und das übrige, von den Lehrkräften gewonnene Persönlichkeitsbild des Schülers.

Aus diesen Gründen reicht es für das Vorliegen eines Anordnungsanspruchs auf vorläufige Teilnahme am Unterricht des nächsthöheren Schuljahrgangs nicht aus glaubhaft zu machen, dass die Entscheidung der Schule über die Nichtversetzung rechtswidrig und daher im Hauptsacheverfahren aufzuheben ist. Vielmehr muss eine überwiegende Wahrscheinlichkeit dafür vorliegen, dass der auf die Versetzung gerichtete Rechtsbehelf im Hauptsacheverfahren zu einer Versetzung des Schülers führen wird (ständige Rechtsprechung; vgl. Nds. Oberverwaltungsgericht, Beschlüsse vom 15.11.1999, NdsVBl. 2001 S. 120, und 23.11.1999, NVwZ-RR 2001 S. 241). Daher kann der Vortrag, die Klassenkonferenz habe aus Anlass ihrer Versetzungsentscheidung ermessensfehlerhaft von der Zulassung des Schülers zu der Nachprüfung in einem Fach abgesehen, den Anordnungsanspruch nicht begründen, denn das Bestehen der im Fall des Erfolges des Hauptsacheverfahrens nachzuholenden Nachprüfung ist eine bloße Hypothese und lässt sich nicht für das Verfahren auf einstweiligen Rechtsschutz fingieren. Umso weniger lässt sich ein Anordnungsanspruch damit begründen, dass die Schule die erziehungsberechtigte Mutter des Antragstellers nicht ausreichend über die Versetzungsgefährdung bei Versäumung einer Klassenarbeit im Fach Mathematik unterrichtet habe. Es entspricht ständiger Rechtsprechung des Niedersächsischen Oberverwaltungsgerichts (vgl. Beschl. v. 08.11.2007, 2 ME 625/07; Beschl. v. 09.07. 2007, 2 ME 444/07, NVwZ - RR 2007, 766) und der Kammer (Beschlüsse vom 08.09.2008 - 6 B 3957/ 08 -, vom 17.10.2007 - 6 B 4575/07 - und vom 31.10.2006 - 6 B 6481/06 -), dass aus einer Verletzung von Informations-, Betreuungs- oder Beratungspflichten der Schule gegenüber dem Schüler oder seiner Erziehungsberechtigten kein Anspruch auf Zulassung zur Abiturprüfung, auf Teilnahme am Unterricht des nächsthöheren Schuljahrganges oder auf Versetzung abgeleitet werden kann. Dass unterlassene Hinweise auf den Leistungsstand keinen Anspruch auf Versetzung begründen können, ist auch in der übrigen Rechtsprechung (vgl. VG Berlin, Beschl. vom 27.08.2004, 3 A 506/04) und der Literatur (Niehues, Prüfungsrecht, 4. Aufl., 2004, Rn. 282) zweifelsfrei anerkannt.

Im Verfahren auf einstweiligen Rechtsschutz muss sich die Glaubhaftmachung des Anordnungsanspruchs deshalb darauf beziehen, dass eine rechtsfehlerfreie Wiederholung der im Hauptsacheverfahren erfolgreich angegriffenen Versetzungsentscheidung mit überwiegender Wahrscheinlichkeit zur Versetzung des betroffenen Schülers führen wird.

Daran scheitert der vorliegende Antrag. Denn mit der Beurteilung seiner Leistungen in den Fächern Französisch und Mathematik mit der Note 5 (mangelhaft) kann der Antragsteller nicht in den 8. Jahrgang des Gymnasiums versetzt werden. Die Voraussetzungen eines Ausgleichs liegen nach § 4 Abs. 2 Nr. 1 i.V.m. § 5 Abs. 1 DVVO nicht vor. Dabei kann es dahingestellt bleiben, ob das Fach Mathematik im 7. Jahrgang der Antragsgegnerin je nach Stundentafel vier- oder aber dreistündig unterrichtet worden ist. Im zweiten Fall könnte der Antragsteller zwar die Mathematiknote mit den Noten des Antragstellers in den zweistündig zu unterrichtenden Fächern Geschichte, Religion und Sport ausgleichen. Allerdings fehlen ihm dann noch zum Ausgleich der Note 5 (mangelhaft) in Französisch befriedigende oder bessere Leistungen in einem mindestens dreistündig unterrichteten Fach.

Der Antragsteller kann nicht glaubhaft machen, dass ihm ein Versetzungsanspruch zur Seite steht, weil seine Leistungen in den Fächern Französisch und Mathematik, sowie im Fach Englisch als grundsätzlich geeignetes Ausgleichsfach mit überwiegender Wahrscheinlichkeit besser als mit 5 (mangelhaft) und 4 (ausreichend) bewertet werden müssten.

Sowohl der Klassenkonferenz bei ihrer Erfolgsprognose als auch den Lehrkräften bei der Notenvergabe steht ein der verwaltungsgerichtlichen Kontrolle entzogener Bewertungsspielraum zu, der mit der Rechtsstellung von Prüfern und Prüfungsgremien im Bereich einer fachlich-wissenschaftlichen Bewertung von Prüfungsleistungen vergleichbar ist. Dieser Grundsatz ist in der Rechtsprechung (vgl. Nds. OVG, Beschl. v. 20.03.2008 - 2 ME 83/08 - NVwZ-RR 2008 S. 785; Beschl. v.15.11. 2006 - 13 ME 355/06 -) anerkannt und entspricht auch der gefestigten Rechtsprechung der Kammer (Beschl. v. 08.09.2008 - 6 B 3957/08 -; Beschl. v. 11.01.2008 - 6 B 4265/07 -; Urt. v. 15.03.2007 - 6 A 2491/06 -). Weder die Schulbehörde noch die Klassenkonferenz oder das Verwaltungsgericht können eine eigene Bewertung der versetzungsrelevanten Leistungen eines Schülers vornehmen oder der Lehrkraft eine bestimmte Tendenz ihres pädagogisch-fachlichen Urteils vorschreiben. Entsprechendes gilt für die pädagogisch-fachliche Beurteilung durch die Konferenz. Im Rechtsstreit um die Nichtversetzung prüft das Verwaltungsgericht daher nur, ob die dem Konferenzbeschluss zugrunde liegenden Erwägungen und die versetzungsrelevante Notenfindung im Einklang mit den Rechts- oder Verwaltungsvorschriften steht, ob bei ihr von richtigen Voraussetzungen und sachlichen Erwägungen ausgegangen wurde, ob der beurteilungsrelevante Sachverhalt vollständig berücksichtigt worden ist und ob die Notengebung sich im Rahmen allgemein anerkannter pädagogischer Grundsätze oder Bewertungsmaßstäbe bewegt. Insoweit gibt § 121 Abs. 2 NSchG die von der Rechtsprechung für das Schul-, Prüfungs- oder Beurteilungsrecht allgemein entwickelten Grundsätze zur eingeschränkten rechtlichen Überprüfbarkeit von persönlichen Fachurteilen wieder.

Substantiierte Einwendungen dieser Art, die nach allgemein anerkannten pädagogischen Grundsätzen oder Bewertungsmaßstäben zwingend zu einer Anhebung der Note im Fach Französisch führen müssten, hat der Antragsteller nicht erhoben. Vielmehr hat er nur allgemein vorgetragen, dass die Begründung auch dieser Note nicht nachvollziehbar sei, was angesichts der eingehenden, auf das durchweg mangelhafte Leistungsbild des Schülers im zweiten Schulhalbjahr und die Bewertungsvorgaben der Fachkonferenz Französisch gestützten schriftlichen Stellungnahme des Studienrats Schön vom 5. August 2010 nicht zutrifft.

Auch die Vergabe der Noten 5 (mangelhaft) für die Leistungen im Fach Mathematik und 4 (ausreichend) für die Leistungen im Fach Englisch halten einer rechtlichen Überprüfung stand.

Zunächst kann der Antragsteller einen pädagogisch-fachlich bestimmten allgemeinen Beurteilungsgrundsatz des Innhalts, das er im Fach Englisch einer bessere Note hätte erhalten müssen, wenn das Versäumen der 5. Klassenarbeit am 31. Mai 2010 nicht auf Weisung des Schulleiters mit 6 (ungenügend) bewertet worden wäre, nicht darlegen. Die Einzelnote 6 (ungenügend) hat sich der Notenbegründung durch die Englischlehrkraft G. vom 5. August 2010 zufolge angesichts der schwachen Leistungen im Bereich der mündlichen Mitarbeit und den im 2. Halbjahr durchgängig mangelhaften oder ungenügenden Leistungen in den Vokabeltests offensichtlich nicht entscheidend auf die Vergabe der Notenstufe ausgewirkt. Dass und warum insoweit die befriedigenden Leistungen in der 3. und 4. Klassenarbeit aus pädagogisch-fachlicher Sicht zwingend mit einem größeren Gewicht als die schwach ausreichenden Leistungen im Bereich der Mitarbeit in die Gesamtnote einfließen müssten, ist nicht erkennbar und von dem Antragsteller auch nicht vorgetragen worden (vgl. hierzu: Nds. OVG, Beschl. v. 20.03.2008,a.a.O.).

Ob der Antragsgegnerin zu folgen ist, die meint, dass sich im Fach Mathematik nicht zweifelsfrei insgesamt ausreichende Leistungen als Schuljahresnote ergeben müssten, wenn die fiktive Note 6 (ungenügend) für die versäumte 5. Klassenarbeit entfiele, kann dahingestellt bleiben. Jedenfalls durfte die Mathematiklehrerin K. für das unentschuldigte Versäumen der am 26. Mai 2010 angesetzten Klassenarbeit auf Weisung des Schulleiters die Note 6 (ungenügend) vergeben.

Dass versetzungs- oder prüfungsrelevante Leistungen, die nicht erbracht werden, weil eine Schülerin oder ein Schüler sie aus von ihr oder ihm zu vertretenden Gründen Unterricht versäumt werden, mangels anderer Beurteilungsmöglichkeiten im Regelfall mit „ungenügend“ oder „nicht bestanden“ bewertet werden, ist ein allgemein-gültiger Grundsatz des Schul- und Prüfungsrechts. Er findet sich hinsichtlich der von der Klassenkonferenz zu treffenden Entscheidungen ausdrücklich in § 3 Abs. 2 DVVO und ist für die gymnasiale Oberstufe in Bezug auf nicht erbrachte Fach- oder Kursleistungen in § 7 Abs. 4 Satz 1 der Verordnung über die gymnasiale Oberstufe (VO-GO) normiert. Seine Anwendung steht aber auch für die Leistungsbeurteilungen in den versetzungsrelevanten Fächern des Sekundarbereichs I nicht in Frage. Dabei ist es rechtlich nicht zu beanstanden, dass sich die Schulen an der Verwaltungsvorschrift über das Entschuldigen eines Fernbleibens vom Unterricht (Nr. 3.3. der Erg. Best. zu § 63 NSchG; RdErl. des MK v. 29.08.1995, Nds. MBl. 1995 S. 1142) orientieren und folglich für den Nachweis gesundheitlicher Gründe des Versäumens von Klassenarbeiten die Vorlage eines ärztlichen Attestes verlangen, wenn tatsächlich Zweifel an der Nachvollziehbarkeit des Nichtvertretens der Versäumnisgründe (Entschuldigung) bestehen.

Danach durfte der Schulleiter der Antragsgegnerin die Fachlehrkräfte für Mathematik und Englisch gemäß § 43 Abs. 2 Satz 2 NSchG anweisen, das Versäumen der Klassenarbeiten am 26. und 31. Mai 2010 als jeweils ungenügende Leistung zu werten. Denn der Antragsteller hat den Unterricht allein aus von ihm zu vertretenden Gründen in dieser Zeit versäumt. Zwar hatte seine Mutter die Beurlaubung ihres Sohnes für die Zeit vom 25. Mai bis 4. Juni 2010 im Hinblick auf dessen bekannte R.-Erkrankung „wegen gesundheitlicher Schwierigkeiten zwecks notwendigen Erholungsurlaubs durch Klimawechsel“ beantragt. Dieser Antrag war aber nicht genehmigungsfähig, weil er objektiv nicht vollzogen werden konnte. Insbesondere konnte der Schulleiter der Beklagten aus eigener Kenntnis nicht beurteilen, dass und ob das chronische R. gerade in dieser Zeit wegen eines akuten Krankheitsschubs den Aufenthalt des Jugendlichen in einem unbelasteten Klima notwendig machte und ferner, ob ein derart kurzer Erholungsaufenthalt angesichts des in demselben Schuljahr bereits verbrachten sechswöchigen Aufenthalts in einer Fachklinik für Atemwegserkrankungen noch von therapeutischem Nutzen sein könnte. Insbesondere hatte die Mutter des Antragstellers die Begründung der medizinischen Notwendigkeit eines Erholungsurlaubs nicht auf die Vorlage einer ärztlichen Bescheinigung gestützt. Die Bescheinigung der Fachärztin für Allgemeinmedizin E. datiert erst vom 14. Mai 2010 und ist ausweislich des beigezogenen Verwaltungsvorgangs erst am 9. Juni 2010 bei der Antragsgegnerin eingegangen. Unter diesen Voraussetzungen war es nicht rechtswidrig, dass der Schulleiter den Beurlaubungsantrag noch mit Bescheid vom selben Tag am 12. Mai 2010 unter Hinweis auf die in dieser Zeit angesetzten Klassenarbeiten ablehnte.

Damit steht zweifelsfrei fest, dass der Antragsteller das Versäumen der Klassenarbeiten am 26. und 31. Mai 2010 selbst zu vertreten hat, nämlich weil sich seine Mutter über die rechtzeitig erfolgte Ablehnung ihres Beurlaubungsantrags hinweggesetzt hat, was dem Antragsteller wegen der für ihn bestehenden Personensorge seiner Mutter als eigenes Verhalten zugerechnet wird. Dieses Versäumnis ist von dem Antragsteller auch nicht mit anderen wichtigen Gründen entschuldigt worden. Die Bescheinigung des Facharztes F. vom 8. Juni 2010 attestierte dem Schüler wegen seiner Verletzung am rechten oberen Sprunggelenk nur eine Befreiung vom Sportunterricht. Die am 9. Juni 2010 vorgelegte Bescheinigung der Fachärztin E. war für eine Entschuldigung des Fehlens vom 25. Mai bis 4. Juni 2010 nichtssagend, weil dem Antragsteller darin nur allgemein und ohne zeitlichen und inhaltlichen Bezug auf seine konkrete Abwesenheit vom Unterricht ein Erholungsurlaub und Klimawechsel wegen seines R.s und seines allergischen T. empfohlen worden ist.