Verwaltungsgericht Hannover
Beschl. v. 27.09.2010, Az.: 4 B 3661/10
Einstweiliger Rechtsschutz gegen eine gegenüber einem Dritten erteilte Baugenehmigung für die Errichtung einer Spielhalle u.a. unter dem Gesichtspunkt des Gebietserhaltungsanspruchs
Bibliographie
- Gericht
- VG Hannover
- Datum
- 27.09.2010
- Aktenzeichen
- 4 B 3661/10
- Entscheidungsform
- Beschluss
- Referenz
- WKRS 2010, 41949
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- ECLI:DE:VGHANNO:2010:0927.4B3661.10.0A
Rechtsgrundlagen
- § 34 BauGB
- § 8 BauNVO
In der Verwaltungsrechtssache
...
Streitgegenstand: Anfechtung einer Baugenehmigung
- Nachbarwiderspruch
- Antrag nach § 80 Abs. 5 VwGO -
hat das Verwaltungsgericht Hannover - 4. Kammer - am 27. September 2010
beschlossen:
Tenor:
Der Antrag wird abgelehnt.
Die Antragstellerin trägt die Kosten des Verfahrens.
Die außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen sind erstattungsfähig.
Der Wert des Streitgegenstandes wird auf 15.000,00 EURO festgesetzt.
Gründe
I.
Die Antragstellerin begehrt einstweiligen Rechtsschutz gegen eine der Beigeladenen erteilte Baugenehmigung für die Errichtung einer Spielhalle.
Mit Bescheid vom 18.02.2010 erteilte die Antragsgegnerin der Beigeladenen eine Baugenehmigung für die Errichtung eines Entertainmentcenters (Spielhalle) auf dem Flurstück F. der G., Gemarkung Bantorf (H.). Nach der Betriebsbeschreibung sollen in einem Gebäude sechs Spielhallen mit jeweils zwölf Spielgeräten mit Gewinnmöglichkeit und weiteren Unterhaltungsspielgeräten in der Zeit von 0.00 bis 24.00 Uhr betrieben werden. Die Halle hat eine Länge von 50 m und eine Breite von 25 m.
Das Grundstück liegt im Geltungsbereich des I., 1. Änderung, Sondergebiet Bantorf J., der am 20.01.2004 in Kraft getreten ist. Das Sondergebiet hat die Zweckbestimmung "Fachmarktzentrum, Dienstleistungsgewerbe, Vergnügungsstätten und Restauration". Nr. 1.2 der Textlichen Festsetzungen begrenzt die insgesamt für den Einzelhandel im Sondergebiet zu nutzende Verkaufsfläche auf 7.500 m2. Nr. 1.3 enthält für bestimmte Sortimentsbereiche Verkaufsflächenobergrenzen. Für kerngebietstypische Vergnügungsstätten mit Shopzone wird eine Verkaufsflächenobergrenze von 300 m2 Verkaufsfläche festgelegt.
Der durch den Bebauungsplan vom 20.01.2004 außer Kraft gesetzte K. vom 29.05.1999 setzte ein Sondergebiet mit der Zweckbestimmung "Fachmarktzentrum, Dienstleistungsgewerbe, Restauration" fest und enthielt in seinen textlichen Festsetzungen ebenfalls Regelungen über Verkaufsflächenobergrenzen. Davor war das Grundstück unbeplant.
Die Antragstellerin betreibt auf dem Grundstück Flurstück L. der M. einen im Jahre 2004 baugenehmigten Erotikfachmarkt, bestehend aus einem Shop-Bereich mit ca. 180 m2 sowie einem Kino- und Videokabinenbereich mit ca. 240 m2. Für den Kino- und Videokabinenbereich wurde dem Betreiber eine Erlaubnis zum Betrieb einer Schankwirtschaft nach Gaststättenrecht erteilt. Die Antragstellerin erwarb das Grundstück durch Kaufvertrag vom 17.07.2010 von der N..
Diese betreibt auf dem Grundstück O., das ebenfalls im Geltungsbereich des I., 1. Änderung liegt, eine im Jahr 2004 genehmigte Spielstätte mit vier Konzessionen für je 10 Geldspielautomaten auf einer Bruttogrundfläche von 870 m2. Im September 2008 genehmigte die Antragsgegnerin die Erweiterung um eine weitere Spielstätte mit vier Konzessionen auf einer Nutzfläche von ca. 1.150 m2. Das daneben gelegene Grundstück P. ist unbebaut.
Auf dem Nachbargrundstück des Bauvorhabens, dem Grundstück Q., befindet sich ein Pferdesporthandel mit ca. 1.200 m2 Verkaufsfläche. Das Vorhaben wurde im März 2009 baugenehmigt.
Mit Mail vom 27.01.2010 bat die N. als Eigentümer des Entertainmentcenters sowie des Erotikfachmarktes um Beteiligung an dem Baugenehmigungsverfahren. Daraufhin sandte die Antragsgegnerin die Bauunterlagen zu und gab Gelegenheit zur Stellungnahme. Am 25.02.2010 erhob die N. Einwendungen gegen die Erteilung der Baugenehmigung. In einer Besprechung bei der Antragsgegnerin am 10.03.2010 kündigten Vertreter der N. die Einlegung eines Widerspruchs gegen die ihr am 01.03.2010 zugestellte Baugenehmigung und gegebenenfalls die Stellung eines Antrags auf Aussetzung der Vollziehung an. Am 29.03.2010 legte die N. Widerspruch ein, über den noch nicht entschieden wurde. Zur Begründung des Widerspruchs machte die N.. die Verletzung des Gebietserhaltungsanspruchs geltend und wies darauf hin, dass weitere Grundstücksnachbarn dies geltend machen könnten und auch würden. Am 10.08.2010 teilte die N. mit, dass das Grundstück R. durch Kaufvertrag vom 17.07.2010 an die Antragstellerin veräußert worden sei. Der Bevollmächtigte der Antragstellerin teilte zugleich mit, dass der Widerspruch aufrecht erhalten bleibe bzw. vorsorglich neu erhoben werden und beantragte die Aussetzung der Vollziehung.
Das (wohl) am 17.05.2010 begonnene Vorhaben ist mittlerweile im Rohbau fertig gestellt.
Am 20.08.2010 hat die Antragstellerin um einstweiligen Rechtsschutz nachgesucht. Den Antrag auf Aussetzung der Vollziehung hat die Antragsgegnerin am 23.08.2010 abgelehnt.
Die Antragstellerin wendet sich sowohl gegen den Baukörper als auch gegen die Nutzung. Die Baugenehmigung sei rechtswidrig und verletze sie in ihren Rechten. Ihr Gebietserhaltungsanspruch werde verletzt, weil der Bebauungsplan nichtig sei, das Grundstück und die nähere Umgebung als faktisches Gewerbegebiet einzustufen seien. Das Vorhaben sei dort unzulässig, weil es sich um eine kerngebietstypische Spielhalle handele.
Der Bebauungsplan sei nichtig, weil nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (Urteil vom 03.04.2008) eine vorhabenunabhängige Kontingentierung der zulässigen Verkaufsflächen in einem Bebauungsplan unwirksam sei. Dieser Fehler erfasse auch den Vorgängerbebauungsplan, so dass eine Beurteilung auf der Grundlage von § 34 BauGB vorzunehmen sei. Die nähere Umgebung entspreche einem Gewerbegebiet im Sinne von § 8 BauNVO. Die weitere, in der näheren Umgebung bereits vorhandene Spierhalle sei zwar eine kerngebietstypische Vergnügungsstätte, aber nicht maßgeblich, da sie als Fremdkörper zu qualifizieren sei. Sie stehe in einem auffälligen Kontrast zu der im Übrigen homogenen Bebauung (mehrere Einzelhandelsbetriebe, eine Tankstelle sowie weitere in einem Gewerbegebiet zulässige Betriebe).
Entgegen der Auffassung der Antragsgegnerin sei das Widerspruchsrecht nicht verwirkt. Formelle Verwirkung trete erst nach einem Jahr seit Kenntnisnahmemöglichkeit von der Baugenehmigung ein, materielle Verwirkung verlange, dass besondere Umstände hinzutreten müssten, die die spätere Geltendmachung als illoyal erscheinen ließen. Diese Voraussetzungen lägen nicht vor.
Die Antragstellerin beantragt,
die aufschiebende Wirkung ihres Widerspruchs gegen die Baugenehmigung vom 18.02.2010 anzuordnen.
Die Antragsgegnerin beantragt,
den Antrag abzulehnen.
Die Antragstellerin habe ihr Nachbarrecht verwirkt. Sie habe Widerspruch erst zu einem Zeitpunkt eingelegt, als das Gebäude bereits im Rohbau fertig gestellt gewesen sei. Spätestens ab Baubeginn Anfang Juni 2010 wäre sie verpflichtet gewesen, Erkundigungen über erteilte Genehmigungen einzuholen. Da die Antragstellerin fast sechs Monate ab Erteilung der Baugenehmigung gewartet habe, habe die Beigeladene darauf vertrauen können, dass keine Einwendungen mehr geltend gemacht würden. Dies gelte umso mehr, als sich die Antragstellerin nicht gegen ein vergleichbares Vorhaben, das ebenfalls im Sondergebiet liege, gewendet habe. Auf dem Nachbargrundstück O. befinde sich eine Spielstätte mit vier Spielhallen und einer Spielfläche von über 480 m2, die am 26.05.2004 baugenehmigt worden sei. Dem Bauherrn, der ebenfalls Widerspruch gegen das streitbefangene Bauvorhaben eingelegt habe, sei am 23.09.2008 die Erweiterung der vorhandenen Spielstätte um einen Anbau mit acht weiteren Spielhallen und 630 m2 Spielfläche genehmigt worden. Mit dem Bauvorhaben sei im Frühsommer dieses Jahres begonnen worden.
Im Übrigen sei die Baugenehmigung rechtmäßig und verletze die Antragstellerin nicht in ihren Rechten. Das Vorhaben entspreche den Festsetzungen des Bebauungsplans. Selbst wenn der Plan unwirksam sein sollte, sei das Vorhaben planungsrechtlich zulässig. In diesem Fall erfolge eine Beurteilung auf der Grundlage nach § 34 Abs. 1 BauGB. § 34 Abs. 2 BauGB scheide aus, da die Eigenart der näheren Umgebung keinem Baugebiet der BauNVO entspreche. Die vorhandene Spielhalle sei wegen ihrer Größe keine singulare Anlage im Verhältnis zu einer im Übrigen homogenen Bebauung. Im Übrigen stelle auch der Erotikfachmarkt der Antragstellerin eine Vergnügungsstätte dar. Bei dem Fachmarkt für Pferdesportartikel handele es sich um einen großflächigen Einzelhandelsbetrieb, der ebenfalls nur in einem Sondergebiet zulässig sei. Ein Verstoß gegen das Rücksichtnahmegebot sei nicht gegeben.
Die Beigeladene hält den Antrag ebenfalls für unzulässig. Das Widerspruchsrecht sei verwirkt, da die Antragstellerin zu lange gewartet habe. Daher fehle es auch an einem Rechtsschutzbedürfnis für das Begehren auf Gewährung einstweiligen Rechtsschutzes. Letztlich sei auch dieses Recht verwirkt, da die Antragstellerin die Baustelle länger als zwei Monate hingenommen habe.
Jedenfalls sei der Antrag unbegründet. Der zugrundeliegende Bebauungsplan sei wirksam. Die Verkaufsflächenbegrenzung stehe in Einklang mit der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts. Selbst wenn diese Festsetzung unwirksam sein sollte, führe dies nur zur Teilnichtigkeit des Planes. Die Zulässigkeit von Vergnügungsstätten bleibe davon unberührt. Schließlich sei das Vorhaben auch auf der Grundlage von§ 34 Abs. 1 BauGB zulässig.
Wegen des weiteren Sachverhalts wird auf den Inhalt der Gerichtsakten und der beigezogenen Verwaltungsvorgänge Bezug genommen.
II.
Der Antrag hat keinen Erfolg.
Er ist gemäß §§ 80a Abs. 3 Satz 2, 80 Abs. 6 VwGO zulässig, weil mit dem Beginn der Baumaßnahmen Vollstreckung droht. Nach §§ 80a Abs. 3 Satz 2, 80 Abs. 5 Satz 1 VwGO kann das Gericht der Hauptsache die aufschiebende Wirkung ganz oder teilweise anordnen, wenn das Interesse des Nachbarn, von der Vollziehung der angegriffenen Baugenehmigung verschont zu bleiben, das Interesse des Bauherrn an ihrer Ausnutzung überwiegt. Im Rahmen der vorzunehmenden Interessenabwägung ist das Risiko des Nachbarn, die Folgen der Verwirklichung der angegriffenen Maßnahme trotz möglichen späteren Erfolges in der Hauptsache dulden zu müssen, mit dem Risiko des Bauherrn abzuwägen, die Verwirklichung des Vorhabens trotz möglicher späterer Klageabweisung aufschieben zu müssen. Bei der zwischen beiden Folgeabschätzungen vorzunehmenden Abwägung spielt die Erfolgsaussicht des eingelegten Rechtsbehelfs in der Regel eine entscheidende Rolle. Bei der im vorläufigen Rechtsschutzverfahren gebotenen summarischen Prüfung lässt sich hier absehen, dass der von der Antragstellerin eingelegte Rechtsbehelf keinen Erfolg haben wird.
Eine Verwirkung des Widerspruchsrechts, weil die Antragstellerin zu spät Widerspruch gegen die Baugenehmigung eingelegt habe, vermag die Kammer nicht festzustellen. Die Baugenehmigung wurde der Voreigentümerin am 01.03.2010 zugestellt, die dagegen am 29.03.2010 Widerspruch einlegte. Nach Veräußerung durch Kaufvertrag vom 17.07.2010 teilte die Antragstellerin mit, der Widerspruch bleibe aufrecht erhalten. Da nach dem Kaufvertrag unverzüglich Besitz, Lasten und Nutzungen auf die Antragstellerin übergegangen sind und die Eintragung einer Auflassungsvormerkung mittlerweile erfolgt ist, darf die Antragstellerin unabhängig davon, ob eine Eigentumsumschreibung mittlerweile erfolgt ist, wie ein Eigentümer als "Nachbar" Abwehrrechte geltend machen (vgl. BVerwG, Urt. vom 29.10.1982,- 4 C 51.79-).
Die Kammer neigt allerdings dazu, dem Antrag bereits unter dem Gesichtspunkt der unzulässigen Rechtsausübung den Erfolg zu versagen. Für die Geltendmachung von Grenzabstandsverletzungen ist in der Rechtsprechung geklärt, dass derjenige, der selbst den Bauwich in Anspruch nimmt, eine entsprechende Bebauung des Nachbarn nicht abwehren kann (vgl. Große-Suchsdorf/Schmaltz/Wiechert, Niedersächsische Bauordnung, 8. Aufl., § 72 Rn. 30). Entsprechend dürfte es eine unzulässige Rechtsausübung darstellen, wenn derjenige eine Verletzung des Gebietserhaltungsanspruchs geltend macht, dessen Vorhaben in gleicher Weise gebietsunverträglich ist. Bei dem Vorhaben der Antragstellerin handelt es sich - wie unten im Einzelnen ausgeführt wird - um eine Vergnügungsstätte. Als solche wäre sie - den Vortrag der Antragstellerin, die nähere Umgebung sei gemäß § 34 Abs. 2 BauGB i.V.m. § 8 BauNVO als Gewerbegebiet zu qualifizieren, als richtig unterstellt - in gleicher Weise planungsrechtlich unzulässig. Es erscheint mehr als naheliegend, dass sich nicht auch derjenige gegen die schleichende Umwandlung eines Gebietes durch Zulassung gebietsfremder Nutzungen zur Wehr setzen kann, der selber gebietsfremd nutzt und damit zur Umwandlung beiträgt.
Die Frage kann aber dahinstehen, da der Antrag aus anderen Gründen keinen Erfolg haben kann.
Die Anfechtung einer Baugenehmigung durch einen Nachbarn kann nur dann zum Erfolg führen, wenn die Genehmigung rechtswidrig ist und der Nachbar dadurch in seinen Rechten verletzt wird. Die Zulassung des Bauvorhabens durch die Bauaufsicht verletzt einen Nachbarn dann in seinen Rechten, wenn sie mit Vorschriften nicht vereinbar ist, die - zumindest auch - die Funktion haben, nachbarliche Rechte zu schützen. Das ist hier nicht der Fall; die erteilte Baugenehmigung verletzt derartig nachbarschützende Vorschriften nicht.
Die Antragstellerin kann nicht mit Erfolg geltend machen, das Vorhaben verletze sie in ihrem Gebietserhaltungsanspruch. Der Gebietserhaltungsanspruch gibt dem Eigentümer eines Grundstücks in einem durch Bebauungsplan festgesetzten Baugebiet das Recht, sich gegen Vorhaben zu wehren, die hier hinsichtlich der Art der baulichen Nutzung nicht zulässig sind. Dieser Anspruch beruht auf der Erwägung, dass die Eigentümer von Grundstücken innerhalb desselben Baugebiets zu einer Gemeinschaft verbunden sind, bei der jeder in derselben Weise berechtigt und verpflichtet ist. Im Hinblick auf die wechselseitig wirkende Bestimmung von Inhalt und Schranken des Grundeigentums (Art. 14 Abs. 1 Satz 2 GG) durch den Bebauungsplan kann sich jeder Eigentümer unabhängig von einer konkreten Beeinträchtigung gegen eine gebietsfremde Nutzung und damit gegen eine "schleichende Umwandlung des Gebiets" zur Wehr setzen (BVerwG, Urt. vom 16.09.1993, - 4 C 28.91 -; BVerwG, Urt. vom 23.08.1996, - 4 C 13.94 -). Derselbe Nachbarschutz besteht auch im unbeplanten Innenbereich gemäß § 34 Abs. 2 BauGB, in dem die Eigenart der näheren Umgebung einem der Baugebiete der Baunutzungsverordnung entspricht (BVerwG, Urt. vom 16.09.1993, a.a.O.).
Bei der im Eilverfahren allein möglichen summarischen Überprüfung der Sach- und Rechtslage erweist sich das Vorhaben als bauplanungsrechtlich zulässig, und zwar unabhängig davon, ob sich der K., 1. Änderung als (zumindest teil-)wirksam erweist oder das Vorhaben auf der Grundlage von § 34 BauGB zu beurteilen ist. Eine Verletzung des Gebietserhaltungsanspruchs scheidet damit aus.
Das streitbefangene Vorhaben steht mit den Festsetzungen des I., 1. Änderung über die Art der baulichen Nutzung in Einklang. Der Bebauungsplan setzt ein Sondergebiet fest, in dem nach den Textlichen Festsetzungen unter anderem Vergnügungsstätten zulässig sind. Dass es sich bei der genehmigten Spielhalle um eine solche Vergnügungsstätte handelt, steht nicht im Streit. Die Kammer kann offen lassen, ob die Regelungen in den Textlichen Festsetzungen über die Verkaufsoberflächengrenzen im Hinblick auf die Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (vgl. Urt. vom 03.04.2008, - 4 CN 3.07 -) wirksam sind. Selbst wenn diese Regelung unwirksam sein sollten, spricht Überwiegendes dafür, dass der Bebauungsplan nicht insgesamt unwirksam, sondern lediglich teilunwirksam und die Zulässigkeit von Vergnügungsstätten von der Teilunwirksamkeit nicht erfasst ist.
Die Ungültigkeit von Festsetzungen eines Bebauungsplans führt dann nicht zur Gesamtnichtigkeit, wenn die übrigen Festsetzungen auch ohne den unwirksamen Teil sinnvoll bleiben und nach dem mutmaßlichen Willen des Normgebers mit Sicherheit anzunehmen ist, dass sie auch ohne diesen erlassen worden wären (vgl. BVerwG, Urt. vom 23.04.2009, - 4 CN 5.07 -). In seinem Urteil vom 03.04.2008 (a.a.O.) hat das Bundesverwaltungsgericht entschieden, dass die Unwirksamkeit der gebietsbezogenen Verkaufsflächenbeschränkungen für das Sondergebiet trotz der Wirksamkeit der übrigen innergebietlichen Festsetzungen, die für sich gesehen unbedenklich seien, zur Unwirksamkeit des Sondergebiets insgesamt führt. Eine Beschränkung der Verkaufsflächen sei in dem vom Bundesverwaltungsgericht entschiedenen Fall essentieller Bestandteil des Planungskonzepts gewesen, so dass ausgeschlossen werden könne, dass die Gemeinde Einzelhandelsbetriebe ohne Verkaufsflächenbeschränkungen zugelassen hätte.
Unter Heranziehung der Begründung des Bebauungsplans dürfte gleiches auch für den hier in Rede stehenden K., 1. Änderung gelten. Die Regelungen über die Verkaufsflächenobergrenzen hatten zum Ziel, die Auswirkungen auf den Einzelhandel in den Zentren von Barsinghausen und den Nachbargemeinden gering zu halten. Dies war ein wesentliches Ziel der Planung. Die Zulassung eines Fachmarktzentrums ohne Verkaufsflächenbeschränkung vertrüge sich damit nicht. Anders als in dem vom Bundesverwaltungsgericht entschiedenen Fall lässt das durch den K., 1. Änderung festgesetzte Sondergebiet aber auch andere Nutzungen zu, nämlich Dienstleistungsgewerbe, Vergnügungsstätten und Restauration. Diese Festsetzungen blieben auch ohne den unwirksamen Teil sinnvoll. Es ist nach dem mutmaßlichen Willen des Normgebers mit Sicherheit anzunehmen, dass sie auch ohne den unwirksamen Teil erlassen worden wären. Dies entnimmt die Kammer der Begründung des Bebauungsplans. Danach ging der Plangeber davon aus, dass sich der Flächenanteil der Einzelhandelsflächen insgesamt eher verringern werde, da nunmehr auch Tankstellen und Vergnügungsstätten zugelassen werden sollten. Die Schwerpunkte der Nutzung würden sich daher mehr in Richtung Dienstleistung, Restauration und Vergnügungsstätten verschieben (Seite 4 der Begründung des Bebauungsplans). Die Verschiebung zu diesen Nutzungsarten war ein mit der Planung verfolgtes Ziel. Eine entsprechende Regelung ergäbe auch eine sinnvolle städtebauliche Ordnung. Das Gericht sieht keine Anhaltspunkte, dass die Festsetzung eines Sondergebietes "Dienstleistungsstätten, Vergnügungsstätten und Restauration" wegen Verstoßes gegen § 11 BauNVO unwirksam sein sollte. Es spricht daher - zumal im Eilverfahren - Überwiegendes gegen die Annahme der Antragstellerin, der Bebauungsplan erweise sich insgesamt als unwirksam.
Aber selbst wenn sich der Bebauungsplan insgesamt als unwirksam erweisen sollte, läge eine Verletzung des Gebietserhaltungsanspruchs nicht vor. Die Kammer teilt die Auffassung der Antragstellerin, dass die Gründe, die eine Unwirksamkeit des I., 1. Änderung begründen könnten, auch den Vorgängerbebauungsplan betreffen würden. Entgegen der Auffassung der Antragstellerin wäre das Vorhaben dann allerdings nicht auf der Grundlage von § 34 Abs. 2 BauGB i.V.m. § 8 BauNVO zu beurteilen, sondern auf der Grundlage von § 34 Abs. 1 BauGB und würde sich in die Eigenart der näheren Umgebung einfügen.
§ 34 Abs. 2 BauGB ist einschlägig, wenn die Eigenart der näheren Umgebung einem der der Baugebiete entspricht, die in der BauNVO bezeichnet werden. Die Zulässigkeit des Vorhabens nach seiner Art beurteilt sich dann allein danach, ob es nach der BauNVO in dem Baugebiet allgemein zulässig ist. Auf die nach der BauNVO ausnahmsweise zulässigen Vorhaben ist § 31 Abs. 1 BauGB anzuwenden.
Entgegen der Auffassung der Antragstellerin entspricht die Eigenart der näheren Umgebung weder der eines Gewerbegebietes, in der kerngebietstypische Vergnügungsstätten nicht zulässig sind, noch der eines anderen in der BauNVO bezeichneten Baugebietes. Der Einschätzung als Gewerbegebiet stehen sowohl die Spielhalle auf dem Grundstück O. als auch der Erotikfachmarkt der Antragstellerin auf dem Grundstück R. entgegen. Dass es sich bei der Spielhalle um eine kerngebietstypische Vergnügungsstätte handelt, ist unstreitig. Die gleiche Einordnung gilt zumal bei summarischer Prüfung auch für den Erotikfachmarkt. Sex-Shops mit mehreren Video- oder Filmkabinen für das Abspielen von Pornofilmen gegen Entgelt sind Vergnügungsstätten (vgl. auch Urt. der Kammer vom 09.12.2003, - 4 A 713/03 -, m.w.N.); sie sind sogar kerngebietstypisch, wenn die Anzahl der Video- oder Filmkabinen größer als 10 ist oder das Geschäft insgesamt 200 m2 Grundfläche überschreitet (vgl. Fickert/Fieseler, Baunutzungsverordnung, 11. Aufl., § 7 Rn. 7.4). Mit einem baugenehmigten Shop-Bereich von ca. 180 m2 und einem Kino- und Videokabinenbereich von ca. 240 m2 handelt es sich daher um eine kerngebebietstypische Vergnügungsstätte. Für eine solche Einstufung spricht auch - ohne dass es darauf noch ankäme -, dass die Betreiberin über eine gaststättenrechtliche Erlaubnis für eine Schankwirtschaft verfügt (vgl. auch BVerwG, Beschluss vom 29.10.1992, - 4 B 103/92 -, für die Verbindung von Spielhalle und Gaststätte).
Beide Anlagen sind bei der Ermittlung der Eigenart der näheren Umgebung im Sinne von § 34 Abs. 1 und 2 BauGB auch nicht unbeachtlich. Unbeachtlich sind singulare Anlagen, die in einem auffälligen Kontrast zu der sie umgebenden, im Wesentlichen homogenen Bebauung stehen. Sie sind regelmäßig als Fremdkörper unbeachtlich, soweit sie nicht ausnahmsweise ihre Umgebung beherrschen oder mit ihr eine Einheit bilden. Grundsätzlich sprechen große Qualitätsunterschiede zwischen einer einzelnen Anlage und ihrer im Wesentlichen homogenen Umgebung dafür, dass die Anlage als ein für die Eigenart der Umgebung unbeachtlicher Fremdkörper zu werten ist (vgl.BVerwG, Urt. vom 15.02.1990, - 4 C 23.86 -).
Beide Anlagen stellen weder für sich allein und erst recht nicht gemeinsam betrachtet solche Fremdkörper dar, denen prägende Wirkung nicht zukommt. Dieses gilt ohne weiteres, wenn als nähere Umgebung nur der Geltungsbereich des Bebauungsplans angesehen wird. Es bliebe ansonsten als weiteres bebautes Grundstück lediglich das Grundstück der Antragstellerin. Dass den Vergnügungsstätten bei dieser Sachlage nicht der Charakter von völlig aus dem Rahmen fallenden Anlagen zukommt, liegt auf der Hand und bedarf keiner weiteren Begründung. Gleiches gilt aber auch dann, wenn - was näher liegt, da die Eigenart des Gebietes auch durch Vorhaben bestimmt sein kann, die in einem angrenzenden Plangebiet liegen (vgl. Söfker in: Ernst-Zinkahn-Bielenberg, BauGB, § 34 Rn. 36) - als nähere Umgebung das Dreieck zwischen Bundesautobahn 2, Bundesstraße 65 und der Bahnlinie angesehen wird.
Hier fehlt es bereits an einer homogenen Bebauung, zu der die Vergnügungsstätte(n) einen auffälligen Kontrast bilden könnte(n). In der näheren Umgebung gibt es den Fachmarkt für Pferdesportartikel, ein Hotel/Motel, ein Fast-Food-Restaurant und eine Tankstelle mit LKW-Rasthof, also eine bunte Mischung von Gewerbebetrieben, denen gemeinsam ist, dass sie sich die verkehrsgünstige Anbindung zunutze machen und in besonderem Maße um Kunden werben, die die Bundesautobahn 2 benutzen. Besonders deutlich ergibt sich dies aus der Betriebsbeschreibung des Erotik-Fachmarktes der Antragstellerin, in der es heißt: "Diese Dienstleistungsbereiche kommen den Reisenden auf der Autobahn und der Bundesstraße sowie den Anwohnern der Region zugute. Insbesondere ist dies für den Freizeitbedarf der Langzeitreisenden (z.B. LKW-Fahrer etc.) von Vorteil." Schließlich ergibt sich bei summarischer Betrachtung eine prägende Wirkung allein durch die Größe der Vergnügungsstätten. Das "Entertainmentcenter" auf dem Grundstück O. weist eine Nutzfläche für Spielhallen von ca. 2.000 m2 auf. Eine nähere Aufklärung muss ggfs. einer Beweisaufnahme im Hauptsachverfahren vorbehalten bleiben.
Ob auch der Betrieb der Fachmarkt für Pferdesportartikel in einem Gewerbegebiet unzulässig und nur einem Sondergebiet zulässig ist, kann daher dahinstehen.
Weitere Gesichtspunkte, aus denen sich eine Verletzung nachbarlicher Rechte ergeben könnte, macht die Antragstellerin nicht geltend. Sie sind auch nicht ersichtlich.
Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 154 Abs. 1, 162 Abs. 3 VwGO. Die Streitwertfestsetzung folgt aus § 53 Abs. 3 Nr. 2, § 52 Abs. 1 Satz 1 GKG. Der für das Hauptsacheverfahren anzusetzende Streitwert ist im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes zu halbieren.