Verwaltungsgericht Hannover
Urt. v. 02.09.2010, Az.: 2 A 2543/08
Anrechnung von Erwerbseinkommen auf Versorgungsbezüge; Erwerbseinkommen; Ruhensberechnung; Ruhensregelung
Bibliographie
- Gericht
- VG Hannover
- Datum
- 02.09.2010
- Aktenzeichen
- 2 A 2543/08
- Entscheidungsform
- Urteil
- Referenz
- WKRS 2010, 41075
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- ECLI:DE:VGHANNO:2010:0902.2A2543.08.0A
Rechtsgrundlagen
- SVG 1 § 96 IV
- SVG 53
- SVG 54
Amtlicher Leitsatz
Anrechnung von privatwirtschaftlichem Erwerbseinkommen auf Versorgungsbezüge
Tatbestand
Mit der Klage wendet sich der Kläger gegen die Anrechnung von Erwerbseinkommen auf seine Versorgungsbezüge. In dem Parallelverfahren 2 A 2944/08 wehrt er sich gegen die Rückforderung von Versorgungsbezügen aufgrund der Anrechnung des Erwerbseinkommens.
Der D. Kläger war bis zu seiner vorzeitigen Versetzung in den Ruhestand Berufssoldat im Range eines Oberstleutnants. Mit Ablauf des 31.12.1996 wurde der Kläger wegen Dienstunfähigkeit nach § 44 Abs. 3 Soldatengesetz (SG) in den vorzeitigen Ruhestand versetzt. Die ihm ab dem 01.01.1997 zustehenden Versorgungsbezüge setzte das Wehrbereichsgebührnisamt III mit Bescheid vom 06.01.1997 fest.
Mit Schreiben vom 03.04.1997 teilte der Kläger mit, dass er seit dem 02.01.1997 einer gewerblichen Tätigkeit als Versicherungskaufmann nachgehe. Die Beklagte prüfte in der Folgezeit im Rahmen sog. Ruhensberechnungen, ob das Erwerbseinkommen des Klägers auf seine Versorgungsbezüge anzurechnen war. Das Erwerbseinkommen wirkte sich jedoch zunächst nicht mindernd auf die Versorgungsbezüge des Klägers aus, weil es unter der zum damaligen Zeitpunkt geltenden Freigrenze nach § 54 Soldatenversorgungsgesetzes (SVG) lag.
Zum 01.01.1999 wurden die Vorschriften des SVG über die Anrechnung von Erwerbseinkommen auf die Versorgungsbezüge geändert. § 54 SVG wurde aufgehoben, § 53 SVG modifiziert. Insgesamt führte die Änderung der Vorschriften dazu, dass Einkommen des Ruhestandsbeamten aus einer privatwirtschaftlichen Erwerbstätigkeit in größerem Umfang auf die Versorgungsbezüge angerechnet wird. Daraufhin erließ die Wehrbereichsverwaltung West am 06.03.2002 einen Ruhensbescheid. Die Wehrbereichsverwaltung West teilte u.a. mit, dass die Versorgungsbezüge des Klägers aufgrund seines Erwerbseinkommens mit Wirkung vom 01.01.1999 gem. § 53 SVG in der ab 01.01.1999 geltenden Fassung geregelt würden. Solange seine am 31.12.1998 bereits bestehende Beschäftigung oder Tätigkeit andauere, seien die Versorgungsbezüge des Klägers im Rahmen der Übergangsvorschrift des § 96 Abs. 4 SVG (die eine Anwendung des bis zum 31.12.1998 geltenden Rechts vorsieht, wenn dies für den Versorgungsempfänger günstiger ist) zu regeln, wenn sich nach dieser Berechnung ein höherer Versorgungsbezug ergebe. Die Anwendung der Übergangsregelung ende spätestens mit Ablauf des 31.12.2005.
Bezüglich der Berechnung der dem Kläger nach der Ruhensregelung und in Anwendung der Übergangsbestimmung des § 96 Abs. 4 SVG zustehenden Versorgungsbezüge wird auf die Anlagen des Bescheids vom 06.03.2002 Bezug genommen.
Mit Schreiben vom 31.10.2005 setzte der Kläger die Wehrbereichsverwaltung West davon in Kenntnis, dass er seit 2001 einer Beschäftigung bei der Firma "E. " als Referent im Rahmen von Schulungen und Seminaren über Jagdwaffen und Jagdoptiken nachgehe. Ab 2003 lägen noch keine Steuerbescheide vor. Er habe ab diesem Jahr jährlich ein Einkommen in Höhe von ca. 35.000 Euro aus selbständiger Tätigkeit. Dieser Betrag werde in 2006 auf ca. 30.000 Euro absinken.
Auf Nachfrage der Wehrbereichsverwaltung West teilte der Kläger mit Schreiben vom 20.01.2006 mit, dass er seinen Vertrag bei dem Versicherungsunternehmen F. zum 28.02.1999 gekündigt habe. Er habe danach "keine entsprechende Tätigkeit weiter ausgeführt - in dieser Branche -". Dem Schreiben fügte der Kläger eine Kündigungsbestätigung des Unternehmens F. vom 08.02.1999 bei, in der erklärt wird, dass das bestehende Vertragsverhältnis zum 28.02.1999 aufgehoben wird. In einer Email vom 21.01.2006 an die Wehrbereichsverwaltung West bekräftigte der Kläger, dass er seit ca. Ende 2001 keinerlei Beschäftigung als Versicherungskaufmann mehr ausübe. Das entsprechende Gewerbe habe er abgemeldet.
Mit Bescheid vom 12.02.2007 regelte die W ehrbereichsverwaltung West daraufhin die Versorgungsbezüge des Klägers neu. Unter Aufhebung ihres Bescheides vom 06.03.2002 mit Wirkung vom 01.04.2001 wendete die Wehrbereichsverwaltung West auf die Einkünfte des Klägers aus der Vortragstätigkeit für die Firma G. rückwirkend für die Zeit vom 01.04.2001 bis zum 31.12.2005 - zu diesem Zeitpunkt erfolgte die Abmeldung des Gewerbes - die Ruhensregelung gem. § 53 SVG in der Fassung von 1999 ohne die Übergangsregelung des § 96 Abs. 4 SVG an. In dem Bescheid heißt es wörtlich, die Versorgungsbezüge würden aufgrund des Erwerbs- bzw. Erwerbsersatzeinkommens des Klägers mit Wirkung vom 01.04.2001 bis zum 31.12.2005 gem. § 53 SVG geregelt. Die dem Kläger nach der Ruhensregelung zustehenden Versorgungsbezüge ergäben sich aus der beiliegenden Berechnung, die Bestandteil des Bescheides sei.
Gegen den Neuregelungsbescheid wandte sich der Kläger mit Widerspruch vom 19.03.2007, den er wie folgt begründete: Die Ruhensregelung sei in seinem Fall bis zum 31.12.2005 unter Anwendung der Übergangsregelung gem. § 96 Abs. 4 SVG durchzuführen. Von 1997 bis zum 31.12.2005 habe er eine freiberufliche Tätigkeit im Versicherungsgewerbe ausgeübt und ab April 2001 zusätzlich eine selbständige Vortragstätigkeit begonnen. Die Aufnahme der Vortragstätigkeit sei angezeigt und sämtliche Steuerbescheide seien vorgelegt worden. Die selbständige "Parallelbeschäftigung" falle ebenfalls unter die Übergangsvorschrift des § 96 Abs. 2 SVG, denn in dem Ruhensbescheid vom 06.03.2002 werde ausgeführt, dass die Übergangsregelung anzuwenden sei, solange die Tätigkeit, die für die Anwendung der Übergangsvorschrift maßgebend sei, ohne Unterbrechung fortgesetzt werde.
Auf die weiteren Ausführungen der Widerspruchsbegründung wird Bezug genommen.
Mit Bescheid vom 09.04.2008 wies die Wehrbereichsverwaltung West den Widerspruch zurück. Zur Begründung führte die Behörde aus: Nach § 53 Abs. 1 Satz 1 SVG erhalte ein Versorgungsberechtigter, der Erwerbseinkommen beziehe, neben diesem Einkommen seine Versorgungsbezüge nur bis zum Erreichen der in Abs. 2 bezeichneten Höchstgrenze. Mindestens sei ein Betrag in Höhe von 20 vom Hundert der Versorgungsbezüge zu belassen. Die selbständige Vortragstätigkeit des Klägers für die Firma G. sei ab dem 01.04.2001 nach § 53 SVG (Fassung 1999) zu berücksichtigen. Eine Anwendung der Übergangsregelung gem. § 96 Abs. 4 SVG komme nicht in Betracht, da es sich um eine Gewerbeausübung handele, welche nach dem 01.01.1999 begonnen worden sei. Geschützt würden durch die Übergangsregelung aber lediglich Beschäftigungen oder Tätigkeiten, welche vor dem Stichtag bereits bestanden hätten. Der Argumentation, es handele sich um eine "Parallelbeschäftigung", könne nicht gefolgt werden, da nach Aktenlage das erste Gewerbe als Versicherungskaufmann zum 28.02.1999 beendet worden sei. Unabhängig vom Zeitpunkt der Anzeige der Vortragstätigkeit unterlägen die Einkünfte aus dieser Tätigkeit ab dem 01.04.2001 kraft Gesetzes der Ruhensregelung gem. § 53 SVG in der ab dem 01.01.1999 geltenden Fassung, da es sich um ein zweites Gewerbe handele.
Wegen der weiteren Begründung wird auf den Widerspruchsbescheid Bezug genommen.
Am 13.05.2008 hat der Kläger Klage erhoben.
Zur Begründung trägt er vor: Die Aufhebung des Bescheids vom 06.03.2002 sowie die hiermit korrespondierende Neuregelung der Versorgungsbezüge auf der Grundlage des § 53 SVG durch Bescheid vom 12.02.2007 sei rechtswidrig, weil hier zu seinen Gunsten für den maßgeblichen Zeitraum vom 01.04.2001 bis zum 31.12.2005 die privilegierende Übergangsvorschrift des § 96 Abs. 4 SVG Anwendung finden müsse. Dieser Bestimmung zufolge seien §§ 53, 54 SVG in der bis zum 31.12.1998 geltenden Fassung auch über den 01.01.1999 hinaus anzuwenden, soweit dies für den Betroffenen günstiger sei und eine über jenen Zeitpunkt hinaus ausgeübte Beschäftigung oder Tätigkeit des Versorgungsempfängers andauere. Dies sei hier der Fall. Er habe seit 1997 bis zum 31.12.2005 eine freiberufliche Tätigkeit als Kaufmann im Versicherungsgewerbe ausgeübt und daraus entsprechende Einkünfte erzielt. Er habe durch die Stadt Hildesheim fälschlicherweise, als er seine Referententätigkeit angemeldet habe, die Auskunft erhalten, er könne unbedenklich das andere Gewerbe, d.h. die Tätigkeit als Versicherungskaufmann abmelden, obwohl er dieses nach wie vor ausgeübt habe. Er habe schließlich, verunsichert durch die Aussagen der Mitarbeiter der Stadt Hildesheim, die Abmeldung des Versicherungsgewerbes veranlasst in der Annahme, dass er dieses auch ohne bzw. auf Grundlage der aktualisierten Anmeldung weiter betreiben könne. Soweit die Beklagte im Widerspruchsbescheid auf sein Schreiben vom 20.01.2006 Bezug nehme, habe dieses nur die Tätigkeit für die H. betroffen, nicht die Beschäftigung als Versicherungskaufmann schlechthin, da er nach wie vor Maklerleistungen für die I. Versicherung erbracht und daraus Erlöse generiert habe. Ab April 2001 sei er dann parallel zu dieser Tätigkeit in der Versicherungsbranche als Referent für Jagdwaffen und- Optiken im Rahmen entsprechender Vortragsveranstaltungen aufgetreten. Die Aufnahme dieser Tätigkeit habe er der Wehrbereichsverwaltung gegenüber, namentlich dem seinerzeit dort tätigenden Sachbearbeiter Herrn J., ausdrücklich angezeigt und noch im Vorfeld erörtert, ob ein Einfluss auf den laufenden Versorgungsbezug zu befürchten sei. Entsprechendes sei im Rahmen verschiedener fernmündlicher Rücksprachen mit dem zuständigen Sachbearbeiter regelmäßig verneint worden und unmissverständlich mitgeteilt worden, dass die weitere selbständige Tätigkeit unbedenklich sei. Dies sei ein Umstand, der im Rahmen des Vertrauensschutzes von nicht unerheblicher Relevanz sein dürfe.
Er habe damit von April 2001 bis zum 31.12.2005 beide Tätigkeiten parallel ausgeübt. Damit erfülle er aber die Voraussetzungen der Übergangsvorschrift des § 96 Abs. 4 SVG, die schon ihrem Wortlaut nach nur darauf abstelle, dass eine "ausgeübte Beschäftigung oder Tätigkeit" über den Stichtag hinaus andauere und somit einen weiten Begriff der unselbständigen oder selbständigen Erwerbstätigkeit verwende. Demnach könne es nicht nur auf den Fortbestand des konkreten Arbeitsverhältnisses allein in der von Versorgungsberechtigten am 31.12.1998 praktizierten Form ankommen - eine Voraussetzung, die hier im übrigen erfüllt sei, da die Tätigkeit im Versicherungsgewerbe nachweisbar am 31.12.1998 ausgeübt und bis zum 31.12.2005 beibehalten worden sei -, sondern vielmehr darauf, ob eine nachfolgende Tätigkeit unter das gesetzlich normierte Begriffspaar zu subsumieren sei. Anderenfalls hätte der Gesetzgeber anstelle des nach allgemeinen Sprachverständnis durchaus weitgefassten Begriffs der "Beschäftigung" bzw. des noch generalisiererenden Begriffs der "Tätigkeit" eine einengende Formulierung wie "Arbeitsverhältnis" oder zumindest "dieselbe selbständige Tätigkeit" wählen müssen. Diese Auslegung werde auch vom Regelungszweck des § 96 Abs. 4 SVG gestützt, wonach finanzielle Härten vermieden werden sollten, die den Versorgungsempfängern ohne das Bestehen der Übergangsregelung u.a. dadurch entstünden, dass sie sich ab dem 01.01.1999 aufgrund der Neufassung des Gesetzes unvermittelt einen wesentlich höheren Teil ihres Hinzuverdienstes auf die Versorgungsbezüge anrechnen lassen müssten. All dieses habe zur Statuierung eines - nicht zuletzt unter dem Gesichtspunkt der erheblichen Dauer der beanstandungslosen Leistungsgewährung von immerhin mehr als viereinhalb Jahren - schutzwürdigen Vertrauenstatbestands zu seinen Gunsten geführt, der nun nach hiesigem Dafürhalten nicht durch die Aufhebung des seinerzeitigen Bescheids vom 06.03.2002 insgesamt zerstört werden könne.
Im Übrigen dürfe der angegriffene Aufhebungs- und Neuregelungsbescheid auch deshalb rechtswidrig sein, weil die Aufhebung außerhalb der Frist des § 48 Abs. 4 VwVfG bzw. des § 49 Abs. 3 Nr. 2 Satz 2 i.V.m. § 48 Abs. 4 VwVfG erfolgt sei. Nach eigenem Vorbringen der Beklagten sei sie von ihm spätestens unter dem Datum des 31.10.2005 von der Aufnahme der Vortragstätigkeit in Kenntnis gesetzt worden. Danach hätte eine Aufhebung spätestens zum November 2006 erfolgen müssen, während der tatsächliche Bescheid auf den 12.02.2007 datiert sei.
Der Kläger beantragt,
den Aufhebungs- und Neuregelungsbescheid der Wehrbereichsverwaltung West vom 12.02.2007 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 09.04.2008 aufzuheben.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie trägt vor: § 96 Abs. 4 SVG sei nicht anwendbar. Die Übergangsregelung betreffe nur solche Tätigkeiten, die schon vor dem 01.01.1999 begonnen worden seien. Die Aufnahme der Tätigkeit als Referent sei aber erst am 01.04.2001 erfolgt und werde daher nicht erfasst. Auf eine Tätigkeit, die für sich genommen die Voraussetzungen des § 96 SVG nicht erfülle, könne § 96 Abs. 4 SVG auch dann nicht angewandt werden, wenn diese zusätzlich zu einer Tätigkeit aufgenommen werde, die die Voraussetzungen des § 96 Abs. 4 SVG erfülle. Außerdem läge hier gar keine Paralleltätigkeit vor. Die Tätigkeit als Versicherungsmakler sei nicht zugleich mit der Tätigkeit als Referent ausgeübt worden, wie sich aus dem Schreiben des Klägers vom 20.01.2006 eindeutig ergebe.
Auf schutzwürdiges Vertrauen könne sich der Kläger nicht berufen. Die angeblichen Telefonate würden bestritten. Die Beklagte habe erstmals mit dem Schreiben des Klägers vom 31.10.2005 von der Vortragstätigkeit erfahren. Auch die auf Anfrage stets vorgelegten Steuerbescheide hätten keine Kenntnis von der Vortragstätigkeit vermittelt. In den Steuerbescheiden werde ausgewiesen, in welcher Höhe Einkünfte aus gewerblicher Tätigkeit erzielt worden seien. Die Art der Tätigkeit lasse sich dagegen nicht erkennen. Eine Aufschlüsselung sei seitens des Klägers nicht erfolgt.
Der Kläger könne sich nicht auf die Jahresfrist nach § 48 Abs. 4 VwVfG bzw. § 49 Abs. 3 Nr. 2 Satz 2 VwVfG berufen. Die Jahresfrist gelte nur bei Aufhebungen. Eine Aufhebung liege aber nicht vor. Vielmehr handele es sich bei dem Bescheid vom 12.02.2007 um eine Neuregelung nach § 53 SVG.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Gerichtsakte und die beigezogenen Versorgungsakten des Klägers Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
Die Klage ist als Anfechtungsklage zulässig. Sie ist insbesondere fristgerecht erhoben. Der Widerspruchsbescheid der Wehrbereichsverwaltung West vom 09.04.2008 wurde den Prozessbevollmächtigten des Klägers am 11.04.2008 zugestellt. Der 11.05.2008 war ein Sonntag, der 12.05.2008 ein Feiertag (Pfingstmontag). Die am Dienstag, den 13.05.2008, bei Gericht eingegangene Klage ist damit innerhalb der Monatsfrist des § 74 Abs. 1 VwGO erhoben worden.
Die Klage ist aber unbegründet. Es ist rechtlich nicht zu beanstanden, dass die Wehrbereichsverwaltung West die Versorgungsbezüge des Klägers aufgrund des von ihm erzielten Erwerbseinkommens mit Wirkung vom 01.04.2001 bis zum 31.12.2005 auf der Grundlage des § 53 SVG ohne Anwendung der Übergangsvorschrift des § 96 Abs. 4 SVG geregelt hat (1). Die Bestandskraft des Bescheids vom 06.03.2002 stand der Neuregelung nicht entgegen (2). Der Bescheid ist auch nicht deshalb rechtswidrig, weil die Neuregelung außerhalb der Jahresfrist des § 48 Abs. 4 VwVfG bzw. § 49 Abs. 3 Nr.2 Satz 2 i.V.m. § 48 Abs. 4 VwVfG erfolgt ist (3).
1.) Zutreffend hat die Wehrbereichsverwaltung West in dem angefochtenen Bescheid festgestellt, dass die Voraussetzungen der Übergangsregelung des § 96 Abs. 4 SVG in der Fassung des Versorgungsreformgesetzes 1998 (vom 29.06.1998, BGBl 1998, I, 1666 ff) ab dem 01.04.2001 nicht mehr vorliegen und ab dem 01.04.2001 bis zum 31.12.2005 § 53 SVG in der ab dem 01.01.1999 geltenden Fassung ohne Übergangsregelung anzuwenden ist. § 96 Abs. 4 SVG bestimmt nämlich, dass u. a. die §§ 53 und 54 SVG in der bis zum 31.12.1998 geltenden Fassung längstens für weitere sieben Jahre ab dem 01.01.1999 Anwendung finden, wenn dies für den Versorgungsempfänger günstiger ist und solange eine am 31.12.1998 über diesen Zeitpunkt hinaus ausgeübte Beschäftigung oder Tätigkeit des Versorgungsempfängers andauert. Wie die Beklagte zutreffend festgestellt hat, lagen diese Voraussetzungen bei dem Kläger nicht mehr vor, nachdem er seine Tätigkeit als Versicherungsmakler für die Versicherungsfirma F. zum 28.02.1999 gekündigt hatte. Dass der Kläger ab diesem Zeitpunkt nicht mehr als Versicherungsmakler im Versicherungsgewerbe tätig war, ergibt sich eindeutig aus seinem Schreiben vom 20.01.2006 an die Wehrbereichsverwaltung West. Dort hat er mitgeteilt, dass er sein Vertragsverhältnis bei der F. gekündigt hat und keine entsprechende Tätigkeit in dieser Branche mehr ausübt. Angesichts dieser Mitteilung ist davon auszugehen, dass der Kläger überhaupt keine Tätigkeiten im Versicherungsgewerbe mehr ausgeübt hat, weder für die F. noch für eine andere Versicherung wie z.B. die K.. Dass die Tätigkeit als Versicherungsmakler zum 28.02.1999 endete, ergibt sich zudem aus dem von dem Kläger übersandten Schreiben der Firma F. vom 08.02.1999, in der die Kündigung bestätigt wird. Schließlich lässt auch die Email des Klägers vom 23.01.2006, in der er mitteilt, dass er seit ca. Ende 2001 keinerlei Beschäftigung als Versicherungskaufmann mehr ausübe, Zweifel daran aufkommen, dass er nach wie vor und kontinuierlich auch über den 28.02.1999 hinaus in der Versicherungsbranche tätig gewesen ist. Dies gilt auch deshalb, weil der Kläger zu keinem Zeitpunkt des Verfahrens, auch nicht auf Nachfrage in der mündlichen Verhandlung, einen Beleg dafür vorgelegen konnte, dass er in dem in Rede stehenden Zeitraum für die K. tätig gewesen ist.
Das Gericht muss nicht darüber befinden, ob eine über den 28.02.1999 hinausgehende Tätigkeit für die F. anzunehmen wäre, wenn der Kläger - wie er in der mündlichen Verhandlung erklärt hat - auch über diesen Zeitraum hinaus Einnahmen aus dieser Maklertätigkeit erzielt hat, nämlich soweit ältere Verträge betroffen waren. Der Kläger hat seine Angaben auch insoweit nicht belegt und insbesondere auch nicht dargelegt, in welchem Umfang und zu welchem Zeitpunkt ihm Provisionen aus diesen Altverträgen zugeflossen sind.
Damit waren die Versorgungsbezüge des Klägers aufgrund seines aus der Versicherungsbranche erzielten Erwerbseinkommens nur bis zur Beendigung der Tätigkeit zum 28.02.1999 auf der Grundlage des § 96 Abs. 4 SVG i.V. mit der bis zum 31.12.1998 geltenden Fassung des § 53 SVG zu regeln, so wie es der Bescheid der Wehrbereichsverwaltung vom 06.03.2002 auch bestimmt hat.
In der Zeit vom 01.03.1999 bis zum 31.03.2001 hat der Kläger wohl kein Erwerbseinkommen erzielt, jedenfalls ergeben sich hierfür keine Anhaltspunkte aus der Versorgungsakte und aus dem Vorbringen der Beteiligten. Einer Ruhensregelung bedurfte es insoweit deshalb nicht.
Ab April 2001 hat der Kläger allerdings ausweislich seines Schreibens vom 31.10.2005 und seinen Angaben im Klageverfahren eine Erwerbstätigkeit als Referent im Rahmen von Schulungen und Seminaren über Jagdwaffen und Jagdoptik für die Firma L. wahrgenommen und dieses Gewerbe zumindest bis zum 31.12.2005 ausgeübt, als er das entsprechende Gewerbe wieder abgemeldet hat. Die Versorgungsbezüge des Klägers waren mit Wirkung vom 01.04.2001 bis zum 31.12.2005 neu zu regeln, weil die Voraussetzungen der Übergangsregelung des § 96 Abs. 4 SVG für diese Beschäftigung nicht mehr vorlagen. Dies ergibt sich eindeutig daraus, dass es sich bei der Tätigkeit für die G. nicht um eine am 31.12.1998 und über diesen Zeitpunkt hinaus ausgeübte Beschäftigung oder Tätigkeit des Klägers gehandelt hat, denn die Beschäftigung wurde ja erst im Jahre 2001 aufgenommen. Auch die Kammer hat bereits durch Urteile vom 31.07.2002 (2 A 1192/00) und vom 29.04.2008 (2 A 5558/05) bestätigt, dass die Übergangsregelung des § 96 Abs. 4 SVG nur Tätigkeiten betrifft, die schon vor dem 01.01.1999 begonnen worden sind. Selbst wenn also die Kammer der durch nichts belegten Behauptung des Klägers folgte, wonach es nach dem Ende seiner Tätigkeit für die F. "übergangslos dann für die M. Versicherung gearbeitet habe", läge darin eine neue Tätigkeit. In dem Urteil vom 31.07.2002 (2 A 1192/00) wird dargelegt, dass § 96 Abs. 4 SVG darauf abstellt, dass ein am 31.12.1998 bestehendes, konkretes Beschäftigungsverhältnis noch andauert und Beschäftigungen bei einem anderen Arbeitgeber in einem neuen Arbeitsverhältnis durch die Übergangsvorschrift nicht geschützt sind. Das Bundesverwaltungsgericht hat schließlich zu der dem § 96 Abs. 4 SVG entsprechenden Vorschrift des § 69c Abs. 4 Satz 1 BeamtVG entschieden, dass sich der Schutz der Übergangsvorschrift bei einem Beschäftigungsverhältnis auf ein konkret bestehende Rechtsverhältnis zu einem bestimmten Beschäftigungsgeber oder, bei einer selbständigen Tätigkeit, auf deren unveränderten Fortbestand bezieht. Jede Änderung der rechtlichen Rahmenbedingungen der am Stichtag ausgeübten Beschäftigung lässt danach den Vertrauensschutz entfallen, mag auch die vor dem Stichtag ausgeübte Tätigkeit oder Beschäftigung faktisch im Wesentlichen fortgeführt werden (BVerwG Urt. vom 27.08.2009 - 2 C 25/08 - ZBR 2010, 254-256). Der insoweit von dem Kläger in der mündlichen Verhandlung unternommene Versuch, einen inneren Zusammenhang zwischen seiner Maklertätigkeit für Reiseversicherungen und seiner Tätigkeit für die Firma N. herzustellen, hilft ihm deshalb nicht weiter. Das Gericht sieht diesen Zusammenhang nicht; die Beschäftigung bei der F. als Versicherungsmakler und bei der O. als Referent für Jagdwaffen werden vielmehr als rechtlich und tatsächlich eigenständige Tätigkeiten in unterschiedlichen Branchen bewertet. Aber selbst wenn ein gewisser Zusammenhang der Tätigkeiten anzunehmen wäre, wäre der Vertrauensschutz der Übergangsvorschrift auf der Grundlage der zitierten Rechtsprechung entfallen.
Der Argumentation des Klägers, auch sein Erwerbseinkommen, das er bei der Firma G. bezogen hat, unterfalle der Übergangsregelung des § 96 Abs. 4 SVG, weil er diese Tätigkeit nur als Parallelbeschäftigung zu seiner nach wie vor andauernden Tätigkeit im Versicherungsgewerbe ausgeübt hat, ist damit im Ergebnis aus tatsächlichen und rechtlichen Gründen nicht zu folgen, und zwar weil von einer Parallelbeschäftigung des Klägers im Versicherungsgewerbe und als Referent für Jagdwaffen nicht die Rede sein kann, da zur Überzeugung des Gerichts feststeht, dass der Kläger seit Februar 1999 nicht mehr im Versicherungsgewerbe tätig war und erst ab April 2001 für die L. tätig geworden ist, und weil selbst dann, wenn eine Parallelbeschäftigung anzunehmen wäre, es sich bei der Tätigkeit für die Firma G. nicht um eine am 31.12.1998 über diesen Zeitpunkt hinaus ausgeübte Beschäftigung oder Tätigkeit des Versorgungsempfängers handeln würde.
Gegen die dem angefochtenen Bescheid beigefügten Vergleichsberechnungen auf der Grundlage des § 53 SVG in der ab dem 01.01.1999 geltenden Fassung hat der Kläger Einwendungen nicht erhoben. Auch das Gericht sieht insoweit keine Bedenken und nimmt auf die angefochtenen Bescheide Bezug. Die angefochtenen Bescheid könnten allenfalls fehlerhaft sein, soweit die Ruhensregelungen bei der Berechnung der Höchstgrenze nach § 53 Abs. 2 Nr. 2 SVG auch ab dem 01.01.2003 75 v.H. der ruhegehaltfähigen Dienstbezüge des Klägers in Ansatz bringen, obwohl die Vorschrift ab diesem Zeitpunkt geändert war und bei der Berechnung der Höchstgrenze seit diesem Zeitpunkt von 71,75 v.H. der ruhegehaltfähigen Dienstbezüge auszugehen ist, weil die Übergangsvorschrift des § 97 Abs. 2 Satz 1 SVG nicht Platz greift. Ein darin liegender Berechnungsfehler kann sich aber allenfalls zu Gunsten des Klägers ausgewirkt haben, weil eine höhere Höchstgrenze zu einer geringeren Anrechnung des Erwerbseinkommens führt. Der Kläger wäre damit, die Rechtswidrigkeit der angefochtenen Bescheide insoweit unterstellt, nicht in seinen Rechten verletzt.
Dass die Anrechnung von Erwerbseinkommen nach § 53 SVG nicht gegen höherrangiges Recht verstößt, hat das Gericht in seinem Urteil vom 31.07.2002 (2 A 1192/00) erschöpfend dargelegt.
2.) Die Bestandskraft des Bescheides vom 06.03.2002, mit dem die Versorgungsbezüge des Klägers aufgrund seines Erwerbseinkommens mit Wirkung vom 01.01.1999 auf der Grundlage der Übergangsregelung des § 96 Abs. 4 SVG ermittelt worden sind, steht der Neuregelung durch Bescheid vom 12.02.2007 nicht entgegen. Es bedurfte insbesondere keiner Aufhebung des begünstigenden Verwaltungsaktes nach §§ 48, 49 VwVfG, weil der Bescheid vom 06.03.2002 schon seinem Inhalt nach für den Fall einer etwaigen Änderung der Sach- oder Rechtslage keine Geltung beansprucht hat. Er wurde ohnehin nur im Hinblick auf eine bestimmte Sach- und Rechtslage erlassen und ist deshalb durch die Änderung der insoweit maßgeblichen Umstände, nämlich die Aufnahme einer Erwerbstätigkeit zum 01.04.2001, gegenstandslos geworden. Der Bescheid der Wehrbereichsverwaltung West vom 06.03.2002 regelte nämlich ausdrücklich unter Ziffer 2, dass die Versorgungsbezüge des Klägers im Rahmen der Übergangsvorschrift des § 96 Abs. 4 zu regeln sind, solange seine am 31.12.1998 bereits bestehende Beschäftigung oder Tätigkeit - das war die Beschäftigung im Versicherungsgewerbe für die F. - andauert. Der Bescheid vom 06.03.2002, der die Anwendung der Übergangsvorschrift bis spätestens 31.12.2005 vorsah, stellte also keine "endgültige" Regelung dar, sondern knüpfte an die von dem Kläger am 31.12.1998 ausgeübte Beschäftigung im Versicherungsgewerbe an. Mit der Beendigung dieser Tätigkeit im Versicherungsgewerbe sollte danach keine Regelung der Versorgungsbezüge auf der Grundlage der dem Kläger günstigen Übergangsvorschrift des § 96 Abs. 4 SVG erfolgen. Damit ist eine Neuregelung, die durch den Bescheid vom 12.02.2007 im Hinblick auf die Erwerbstätigkeit des Klägers für die Firma L. erfolgt ist, zulässig und nicht etwa durch den Bescheid vom 06.03.2002 gesperrt. Soweit mit dem Bescheid vom 12.02.2007 der Bescheid vom 06.03.2002 "aufgehoben" worden ist, geht dies deshalb ins Leere und hat allenfalls deklaratorischen Charakter; eine förmliche Rücknahme im Sinne des § 48 VwVfG ist darin nicht zu sehen.
Auch Gesichtspunkte des Vertrauensschutzes hindern eine Neuregelung nicht. Ein Vertrauenstatbestand kann nicht auf den Bescheid vom 06.03.2002 gestützt werden, und zwar aus den soeben angestellten Erwägungen, dass die Regelungswirkung dieses Bescheids erkennbar beschränkt war auf ein Fortdauern der Beschäftigung in der Versicherungsbranche. Ein Vertrauenstatbestand kann der Kläger auch nicht auf Telefonate stützen, die er mit Mitarbeitern der Wehrbereichsverwaltung West geführt haben will, und zwar schon deshalb nicht, weil es für diese Telefonate, wie der Kläger auch in der mündlichen Verhandlung bestätigt hat, keine Belege gibt und weil der Kläger nicht auf der Grundlage telefonischer Mitteilungen eine höhere Versorgung beanspruchen kann, als ihm nach dem Gesetz zusteht. Schließlich ist eine Berufung des Klägers auf Vertrauensschutz nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts ausgeschlossen, nach der Ruhensberechnungen, jedenfalls in der Regel, keine endgültigen Bescheide sind; diese tragen nämlich den Vorbehalt einer späteren Änderung in sich, weil eine spätere rückwirkende Änderung der Versorgungsbezüge -- etwa infolge gesetzlicher Erhöhung der Bezüge -- oder auch eine rückwirkende Änderung der Nebeneinkünfte aus Verwendung im öffentlichen Dienst zugleich eine rückwirkende Änderung der Ruhensberechnung erforderlich macht, also Änderungen früherer Ruhensberechnungen unvermeidlich sind (ständige Rspr. des BVerwG, vgl. bereits Urt. vom 9.07.1959 -- BVerwG II C 29.59-- (ZBR 1959 S. 298) und vom 24.08.1964 -- BVerwG VI C 190.62-- (Buchholz BVerwG 232, § 87 BBG Nr. 17)). Für eine Änderung der Höhe des Erwerbseinkommens, das außerhalb des öffentlichen Dienstes erzielt wird, gilt nichts anderes (BVerwG, Urt. v. 17.12.2008 - 2 C 26/07 - E 133, 25).
3.) Weil hier keine Aufhebung eines begünstigenden Verwaltungsakte nach §§ 48, 49 VwVfG vorliegt, steht auch die Jahresfrist des § 48 Abs. 4 VwVfG der Neuregelung der Versorgungsbezüge des Klägers nicht entgegen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO, die Vollstreckbarkeitsentscheidung auf § 167 VwGO in Verbindung mit §§ 708 Nr. 11 ZPO.