Verwaltungsgericht Hannover
Urt. v. 09.09.2010, Az.: 6 A 1524/10
ELPIS I; Europäische Rechtspraxis; Studiengang; Hochschulprüfung; Immatrikulation; Immatrikulation; Prüfungszulassung; Magisterprüfung; Berufszugang; MLE; Prüfung; berufsbezogene Prüfung; Wiederholungsmöglichkeit; Wiederholung; Magisterprüfung
Bibliographie
- Gericht
- VG Hannover
- Datum
- 09.09.2010
- Aktenzeichen
- 6 A 1524/10
- Entscheidungsform
- Urteil
- Referenz
- WKRS 2010, 41079
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- ECLI:DE:VGHANNO:2010:0909.6A1524.10.0A
Rechtsgrundlagen
Amtlicher Leitsatz
- 1..
Die Zulassung zur Magisterprüfung im Ergänzungsstudiengang "Europäische Rechtspraxis" (ELPIS I) setzt die Immatrikulation in diesem Studiengang voraus.
- 2..
Das dreisemestrige Ergänzungsstudium "Europäische Rechtspraxis" für Vorgraduierte (ELPIS I) und sein Abschluss mit dem Magister Legum Europae dienen nicht dazu, den Zugang zu einem juristischen Beruf zu eröffnen.
Tatbestand
Die Juristische Fakultät der Beklagten bietet für nicht graduierte Studierende im Rahmen der Hochschulkooperation ELPIS I (European Legal Practice Integrated Studies) den dreisemestrigen Ergänzungsstudiengang Europäische Rechtspraxis an. Der Studiengang vermittelt Einblicke in das Recht mehrerer europäischer Rechtsordnungen sowie in das Europarecht und soll die Studierenden durch ein integriertes Auslandsstudium von einem Jahr auf eine länderübergreifende juristische Berufspraxis vorbereiten. Das Studium setzt ein ordnungsgemäß abgeschlossenes Grundstudium der Rechtswissenschaften von mindestens zwei Jahren an der Universität eines Landes der Europäischen Gemeinschaft oder der Europäischen Freihandelsassoziation voraus und schließt mit dem akademischen Grad Magister legum Europae (MLE) ab.
Die Klägerin legte als Studierende der Europäischen Rechtspraxis zum Ende des Sommersemesters 2008 ihre Magisterarbeit vor. Diese wurde von dem Erstgutachter Prof. Dr. H. und der Zweitgutachterin Prof. Dr. I. übereinstimmend mit der Note "ungenügend" bewertet. Die nach erfolglosem Widerspruchsverfahren erhobene Klage (6 A 2044/09) auf Neubewertung der Magisterarbeit hat die Klägerin zurückgenommen.
Mit Schreiben ihres Verfahrensbevollmächtigten vom 8. Juli 2009 hat die Klägerin bei der Beklagten beantragt, sie zu einer Wiederholung der Magisterarbeit für die Prüfung im Ergänzungsstudiengang Europäische Rechtspraxis zuzulassen. Diesen Antrag hat die Beklagte mit formlosem Bescheid des Dekans der Juristischen Fakultät vom 13. Juli 2009 abgelehnt, weil die Prüfungsordnung des Ergänzungsstudiengangs Europäische Rechtspraxis eine Prüfungswiederholung im Fall der Bewertung der Magisterarbeit mit der Note "ungenügend" ausschließe.
Die Klägerin hat am 19. März 2010 Klage erhoben, mit der sie die Verpflichtung der Beklagten, sie zur Wiederholung der Magisterprüfung zuzulassen, verfolgt.
Die Klägerin trägt vor, dass Sie bei Anfertigung der Magisterarbeit zwar bei der Beklagten immatrikuliert gewesen sei. Man habe ihr aber seinerzeit die Auskunft erteilt, dass es für die Teilnahme an Prüfungen einer Immatrikulation nicht bedürfe.
Die Klägerin vertritt die Auffassung, dass der Ausschluss einer Möglichkeit der Wiederholung der Magisterprüfung sie in ihrem Grundrecht auf eine freie Berufswahl aus Art. 12 Abs. 1 GG verletze. Zur Wahrung des Grundrechts müsse die Prüfungsordnung eine Wiederholung der Prüfung zulassen, denn der akademische Grad eines Magister legum Europae stelle entgegen der von der Beklagten vertretenen Auffassung einen berufseröffnenden Studienabschluss dar. Sein Erwerb hänge nicht von dem Bestehen der Ersten Juristischen Staatsprüfung ab und der Magistergrad eigne sich für sämtliche juristischen Berufe, zum Beispiel bei länderübergreifenden Organisationen und Unternehmen im Umfeld der Europäischen Union sowie im Öffentlichen Dienst.
Die Klägerin beantragt,
den Bescheid der Beklagten vom 13. Juli 2009 aufzuheben und die Beklagte zu verpflichten, sie zur Wiederholung der Magisterprüfung im Ergänzungsstudiengang Europäische Rechtspraxis zuzulassen.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen
Die Beklagte trägt vor, dass sie Hochschulprüfungen im streitbefangenen Studiengang grundsätzlich nur für Immatrikulierte durchführe. Dies sei ihr durch Erlass des Niedersächsischen Ministeriums für Wissenschaft und Kultur vom 28. Februar 2007 vorgegeben worden. Im Übrigen vertritt die Beklagte die Auffassung, dass der Abschluss Magister legum Europae nicht die Wahl eines juristischen Berufs eröffne. Das ihm zugrunde liegenden Studium diene dem Nachweis besonderer Fähigkeiten im Bereich der europäischen Rechtspraxis und bereite auf eine länderübergreifende juristische Berufspraxis vor. Es orientiere sich am dualen Abschlusssystem der Rechtswissenschaften und ergänze daher das reguläre Jurastudium nur. Anders als beim Abschluss des Aufbaustudiengangs Master of European Law (LL.M.Eur.) - ELPIS II, der ein abgeschlossenes Hochschulstudium voraussetze, könne der das Jurastudium nur vertiefende Magister legum Europae bereits im Anschluss an ein juristisches Grundstudium absolviert werden. Da der Magister legum Europae nur eine Zusatzqualifikation sei, gebe es für ihn im Unterscheid zum LL.M.Eur. auch keinen Stellenmarkt. Wenn die Prüfungsordnung die Wiederholungsmöglichkeit für den Erwerb dieses Grades auf nur einen Versuch beschränke, liege darin keine übermäßige Einschränkung des Grundrechts auf freie Berufswahl.
Entscheidungsgründe
Die gemäß § 58 Abs. 2 Satz 1 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO) fristgemäß erhobene Klage ist nicht begründet.
Der Bescheid der Beklagten vom 13. Juli 2009, mit dem es die Beklagte abgelehnt hat, die Klägerin zu einer Wiederholung der Magisterprüfung zuzulassen, verletzt die Klägerin nicht im Sinne von § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO in eigenen Rechten.
Der auf Zulassung zur Wiederholung der Magisterprüfung gerichtete Anspruch der Klägerin scheitert bereits an der Tatsache, dass die Klägerin in dem für die Verpflichtungsklage entscheidungserheblichen Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung nicht (mehr) Studierende der Gottfried Wilhelm Leibniz Universität Hannover im Studiengang Europäische Rechtspraxis ist. Die den Studiengang abschließende Magisterprüfung ist eine Hochschulprüfung im Sinne des § 15 Abs. 1 Satz 1 Hochschulrahmengesetz (HRG), die gemäß §§ 16 Satz 1 HRG, 7 Abs. 3 Satz 1 Niedersächsisches Hochschulgesetz (NHG) auf der Grundlage einer Prüfungsordnung der Hochschule abgelegt wird. Das Wesen der Hochschulprüfung besteht darin, dass sie das Studium an der Hochschule in einem bestimmten Studiengang abschließt. Die Hochschulprüfung ist danach mit dem Status des Prüflings als Studierender des abzuschließenden Studiengangs an der prüfenden Hochschule verknüpft, wie die Regelung über die zwingende Exmatrikulation nach endgültig nicht bestandenen Prüfungen in § 19 Abs. 5 Satz 2 Nr. 2 b) NHG zeigt. Auf die Notwendigkeit der Immatrikulation im Prüfungssemester und die damit verbundene Studienbeitragspflicht von Prüflingen stellt auch der Erlass des Niedersächsischen Ministeriums für Wissenschaft und Kultur vom 28. Februar 2007 - 22 B.5-70006-53 - ab. Zwar schließt es der Begriff der Hochschulprüfung nicht grundsätzlich aus, dass auch solche Absolventen geprüft werden, die das für die Prüfung geforderte ordnungsgemäße Studium entweder an einer anderen Hochschule durchgeführt oder vor ihrer Zulassung zur Prüfung im Anschuss an ihr Studium zunächst eine weitere Ausbildung absolviert haben, soweit das Landesrecht und die Prüfungsordnung dieses vorsehen (vgl. BVerwG, Urt. vom 07.09.1973 - 7 C 2.70 -. BVerwGE 44, 70 [BVerwG 07.09.1973 - BVerwG VII C 2.70] zur sog. Externenprüfung ohne Grundstudium).
Hinsichtlich der Abschlussprüfung des Ergänzungsstudiengangs Europäische Rechtspraxis bei der Beklagten ist aber das Gegenteil der Fall:
Die Prüfungsordnung der Beklagten für den Ergänzungsstudiengang "Europäische Rechtspraxis" mit dem Abschluss "Magister legum Europae (MLE)" - PO - geht eindeutig davon aus, dass die Bewerberinnen und Bewerber um den Grad Magister legum Europae im Zeitpunkt ihrer Zulassung zur Prüfung Studierende dieses Studiengangs an der Gottfried Wilhelm Leibniz Universität Hannover sind. Nach dem Wortlaut des § 1 PO soll "der Student" durch die Magisterprüfung nachweisen, dass er die in der Präambel bezeichneten Kenntnisse und Fähigkeiten erworben hat. Gemäß § 4 Abs. 1 PO fällt der Abschluss der Magisterprüfung in die Regelstudienzeit von 1 1/2 Jahren. Demzufolge bestimmt § 7 Abs. 1 Satz 2 PO, dass "der Student" mit der Magisterarbeit seine Fähigkeit zu wissenschaftlich vertiefter Behandlung eines Problembereichs unter angemessener Berücksichtigung des Standes der Forschung und der Bedürfnisse der Rechtspraxis nachweist. Die Klägerin ist aber nach ihrer im Anschluss an die erfolglose Magisterprüfung erfolgte Exmatrikulation unstreitig nicht mehr Studierende des Ergänzungsstudiengangs Europäische Rechtspraxis.
Davon unabhängig ist die Klage aber auch aus einem weiteren selbständig tragenden Grund unbegründet.
Die mit dem Bescheid vom 13. Juli 2009 ausgesprochene Ablehnung der Zulassung zur Wiederholung der nicht bestandenen Magisterprüfung ist auch rechtmäßig, weil das Prüfungsrecht der Klägerin keinen weiteren Anspruch auf eine Abschlussprüfung des Ergänzungsstudiengangs Europäische Magisterprüfung einräumt. Vielmehr stehen der Wiederholung der Magisterprüfung die Regelungen in § 14 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 2 PO entgegen, wonach die mit der Note "ungenügend" bewertete Magisterarbeit nicht wiederholt werden kann und die Magisterprüfung in diesem Fall endgültig nicht bestanden ist.
Diese Regelungen, die der Note der Magisterarbeit im Unterschied zur einmal wiederholbaren mündlichen Prüfung schon im ersten Prüfungsversuch eine unmittelbar abschlussrelevante Bedeutung beimessen, sind mit höherrangigem Recht vereinbar. Weder das Hochschulrahmenrecht noch das niedersächsische Hochschulrecht schließen es aus, dass die Prüfungsordnung nur die einmalige Anfertigung einer Magisterarbeit vorsieht. Die Prüfungsordnung für den Ergänzungsstudiengang "Europäische Rechtspraxis" mit dem Abschluss "Magister legum Europae (MLE)" verletzt mit diesem Inhalt des § 14 nicht das Grundrecht auf freie Berufswahl aus Art. 12 Abs. 1 Grundgesetz (GG) :
Es entspricht der obergerichtlichen Rechtsprechung, dass es das Grundrecht auf freie Wahl eines Berufes aus Art. 12 Abs. 1 GG gebietet, zumindest eine Wiederholung einer nicht bestandenen berufsbezogenen Prüfung zuzulassen (vgl. BVerwG, NVwZ-RR 1999 S. 245 [246] m.w.N.; BFH, Beschluss vom 22.3.2001 - VII R 41/00 -, zitiert nach juris; Nds. Oberverwaltungsgericht, OVGE 40, 462 [464]; Zimmerling/Brehm, Prüfungsrecht, 2. Aufl. Rdnr. 26, m.w.N.). Das gilt insbesondere dann, wenn die Zulassung zur Prüfung wie im vorliegenden Fall nicht an besondere Voraussetzungen oder Prüfungsvorleistungen, die ihrerseits eine zuverlässige Beurteilungsgrundlage bieten, gebunden wird (vgl. Urteil der Kammer vom 26.01.2005 - 6 A 355/04 -, JURIS, m.w.N.). Allerdings gilt dieser Grundsatz einer verfassungskonformen Gestaltung von Hochschulprüfungsordnungen nur, soweit der Schutzbereich des Art. 12 Abs. 1 Satz 1 GG reicht. Er findet damit nur Anwendung auf Prüfungsordnungen, die den Zugang zu einem Beruf von dem Bestehen einer Prüfung und damit von dem Ausgang des wertenden Urteils von Prüfern abhängig machen und dergestalt subjektive Zugangsvoraussetzungen begründen. Stellt die in Rede stehende Prüfungsvorschrift dagegen keine Einschränkung des Zugangs zu einem bestimmten Beruf dar, stellt sich auch nicht die im Rahmen des Schrankenvorbehalts des § 12 Abs. 1 Satz 2 GG bedeutsame Frage, ob die Zahl der Prüfungsmisserfolge einen verlässlichen Rückschluss auf die individuellen Fähigkeiten eines Kandidaten für den Zugang zu einem Beruf in der europäischen Rechtspraxis zulässt, ob also der Begrenzung der Zahl der Prüfungsversuche eine nach den Kriterien der Geeignetheit und Zumutbarkeit ausgerichtete schutzwürdige Erwägung des Gemeinwohls zugrunde liegt.
Das nur drei Semester währende Ergänzungsstudium Europäische Rechtspraxis für Vorgraduierte dient zunächst nicht dazu, auf eine berufseröffnende Hochschul- oder Staatsprüfung vorzubereiten. Gleiches gilt für den das Studium abschließenden Grad eines Magister legum Europae (MLE). Das Ergänzungsstudium stellt weder eine Fortsetzung des Studiums der Rechtswissenschaften dar, wie dieses bei dem postgraduierten Masterstudium (LL.M.Eur.) der Europäischen Rechtspraxis der Fall ist. Noch ist der Magister legum Europae (MLE) eine Voraussetzung für das erste juristische Staatsexamen. Ebenso wenig bauen auf ihm weitere Studien- und Prüfungsleistungen der Juristenausbildung formell auf. Die in der ursprünglichen Fassung der Prüfungsordnung (Bek. des MWK vom 27.7.1988, Nds. MBl. S. 777) noch enthaltene Vorschrift des § 13 Abs. 1, wonach für Bewerber, die ihr Grundstudium der Rechtswissenschaften im Geltungsbereich des Deutschen Richtergesetzes absolviert haben, der Nachweis der ersten juristischen Staatsprüfung oder der Abschlussprüfung in der einstufigen Juristenausbildung weitere Voraussetzung für das Bestehen der Magisterprüfung war, ist später wieder gestrichen worden. Die im Zeitpunkt des Studiums der Klägerin, die ihre erste juristische Staatsprüfung nach einem Jurastudium an der Universität Bielefeld nicht bestanden hat, anzuwendende Fassung der Prüfungsordnung enthält diese Bestimmung nicht mehr. In diesem Punkt unterscheidet sich die Sachlage des vorliegenden Verfahrens auch entscheidend von dem Sachverhalt, welcher der Entscheidung der Kammer vom 26. Januar 2005 (a.a.O.) zu den Anforderungen an die Diplomvorprüfung für den Studiengang Wirtschaftswissenschaften bei der Beklagten zugrunde lag. Das endgültige Nichtbestehen der Diplomvorprüfung im Studiengang Wirtschaftswissenschaften verhinderte nämlich nach § 21 der Diplomprüfungsordnung (VkBl. d. Universität Hannover v. 29.08.2002) die Zulassung zur Diplomprüfung und damit den Erwerb des berufsqualifizierenden Abschlusses einer Diplom-Ökonomin bzw. eines Diplom-Ökonoms.
Das bei der Beklagten angebotene Studium der Europäischen Rechtspraxis dient ferner nicht dazu, den Zugang zu einem anderen juristischen Beruf, der nicht die durch die staatlichen Prüfungen nachzuweisende Befähigung zum Richteramt voraussetzt, zu ermöglichen.
Die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts vom 15. Mai 2008 - 5 C 18/07 - (Buchholz 436.36 § 7 BAföG Nr. 124), in welcher der Erwerb des Magister Legum - Maitrise en droit der Universitäten Köln und Paris I (LL.M Paris/Köln) als berufsqualifizierender Abschluss im Sinne von § 7 Abs. 1 Satz 1 BAföG angesehen und deshalb eine teildarlehensweise Förderung des weiteren Jurastudiums als Erstausbildung ausgeschlossen worden ist, betrifft einen anderen als den hier streitbefangenen Studiengang und auch einen anderen Magisterabschluss. Das Bundesverwaltungsgericht hat dabei zunächst darauf abgestellt, dass der Magistergrad LL.M. Paris/Köln in Deutschland zur Ausübung von gesetzlich nicht reglementierten Berufen, die Rechtskenntnisse voraussetzen, befähigt. Die Magisterprüfung stelle die in der Prüfungsordnung (§ 11) vorgesehene planmäßige Beendigung der vierjährigen Ausbildung an den Universitäten Köln und Paris I dar und befähige in Deutschland zur Ausübung von gesetzlich nicht reglementierten Berufen, die Rechtskenntnisse voraussetzen. Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts sei ausschlaggebend, ob der Auszubildende in dem von ihm durchlaufenen Ausbildungsgang einen Ausbildungsstand erreicht habe, der ihm die Aufnahme eines Berufs ermögliche. Dies sei der Fall, wenn durch eine Abschlussprüfung die rechtlichen Voraussetzungen für die Ausübung eines Berufs erfüllt oder beim Fehlen solcher Rechtsvorschriften die hierfür tatsächlich erforderlichen Kenntnisse und Fähigkeiten erlangt worden seien (BVerwG, a.a.O.).
Im Unterschied dazu bestimmt die Prüfungsordnung für den Ergänzungsstudiengang Europäische Rechtspraxis nicht, dass durch die Magisterprüfung festgestellt werden soll, ob der Kandidat die für den Übergang in die berufliche Praxis notwendigen gründlichen Fachkenntnisse erworben hat. Vielmehr hat die Beklagte der Ausbildung in diesem Studiengang ausdrücklich nur das Wesen eines Komplements beigelegt. Die Ausbildung soll in Ergänzung des bereits mindestens zwei Jahre betriebenen ordnungsgemäßen Grundstudiums der Rechtswissenschaften (§ 4 Abs. 2 PO) nach der ausdrücklichen Zielsetzung in der Präambel der Prüfungsordnung auf eine spätere länderübergreifende juristische Berufspraxis vorbereiten (Präambel der PO). Damit dient die Ausbildung im Ergänzungsstudiengang gerade nicht dazu, auf andere, nicht reglementierte juristische Berufe vorzubereiten, sondern dem Erwerb vertiefter, für eine spätere internationale Berufspraxis von Juristinnen und Juristen nutzbringender Rechtskenntnisse aus verschiedenen Rechtsordnungen und dem Europarecht.
Eine den Berufszugang eröffnende Bedeutung des erfolgreichen Abschlusses des Studiums der Europäischen Rechtspraxis lässt sich auch nicht damit begründen, dass dieser mit der Verleihung des akademischen Grades Magister legum Europae (MLE) einhergeht.
Zwar kann das Landesrecht nach § 18 Abs. 1 Satz 4 HRG vorsehen, das eine Hochschule für den berufsqualifizierenden Abschluss eines Studiums anstelle der dafür vorgesehenen Diplom-, Bachelor- und Mastergrade auch einen Magistergrad verleiht. Dementsprechend bestimmt das Niedersächsische Landesrecht in § 8 Abs. 1 Satz 2 und Abs. 2 NHG, dass der Magistergrad (nur) als erster berufsqualifizierender Abschluss verliehen wird.
Allerdings lässt sich das dadurch bestimmte Verständnis von der Bedeutung des akademischen Grades "Magister" nicht auf den Magister legum Europae übertragen. Bei der Bestimmung des Inhalts dieses Grades muss berücksichtigt werden, dass im Zeitpunkt der Einführung des Ergänzungsstudiengangs Europäische Rechtspraxis im Jahre 1988 (s.o.) mit seiner bis heute unverändert gebliebenen Zielsetzung eine andere Rechtslage galt und - jedenfalls für das niedersächsische Landesrecht - auch ein anderes Verständnis vom Inhalt des akademischen Magistergrades vorherrschte. Das Niedersächsische Hochschulgesetz sah in seiner damals geltenden Fassung (der Bekanntmachung vom 23.10.1981; Nds. GVBl. S. 263 - NHG a.F.; mit späteren Äderungen) in § 25 Abs. 1 und 2 im Einklang mit § 18 des Hochschulrahmengesetzes vom 26. Januar 1976 (BGBl. I S. 185) ausdrücklich nur die Verleihung des Diplomgrades vor, wenn aufgrund einer Hochschulprüfung ein berufsqualifizierender Abschluss erworben wurde. Im Übrigen konnte die Hochschule nach § 25 Abs. 3 Satz 1 NHG a.F. für andere, also nicht berufsqualifizierende Abschlüsse den Magistergrad verleihen, wobei die allgemeine Bestimmung des § 14 Satz 1 NHG a.F., wonach ein Hochschulstudium in der Regel zu einem berufsqualifizierenden Abschluss führte, unberührt blieb. Die mit dem 3. Gesetz zur Änderung des HRG (vom 14.11.1985, BGBl. I S. 2090) vorgenommene Neufassung des § 18, die im Wesentlichen schon der heutigen Fassung entsprach und die Einführung des Magistergrades als berufsqualifizierenden Abschluss ermöglichte, ist in Niedersachsen erst mit dem insoweit am 1. Mai 1989 in Kraft getretenen 3. Gesetz zur Änderung des NHG vom 10. April 1989 (Nds. GVBl. S. 85) umgesetzt worden.
Die seinerzeit geltende Rechtslage in Niedersachsen kennzeichnete das Verständnis vom Magistergrad als Titel, der als Anerkennung für wissenschaftliche Leistungen im Zusammenhang mit dem Abschluss eines Studiums - insbesondere in den Sprach- und Kulturwissenschaften - verliehen und nicht als berufseröffnend angesehen wurde (vgl. Denninger/Bode/Dellian, Hochschulrahmengesetz, Komm., 1978). Dabei war die Entwicklung der Bedeutung der akademischen Grade im Hinblick auf die zunehmende Bedeutung der im angelsächsischen Rechtskreis gebräuchlichen Mastergrade wie dem Master of Law (LL.M.), die eine Akzentverschiebung in der Bedeutung des Magistergrades für berufsqualifizierende Abschlüsse mit sich brachte (vgl. Karpen in Hailbronner/Geis, HochschulR in Bund und Ländern, Komm., § 18 HRG Rdnr. 22 ff.), bei Genehmigung der Prüfungsordnung des Studiengangs Europäische Rechtspraxis in Niedersachsen noch nicht vollzogen worden. Das bedeutet, dass der heute vorgesehene Inhalt des Magisterbegriffs nicht auf das in der Zielsetzung des Studiengangs Europäische Rechtspraxis (s.o.) ausgedrückte "historische" Verständnis vom Magistergrad übertragen werden kann, zumal das Recht der akademischen Grade auch schon seinerzeit Landesrecht war, welches unter anderem durch die Geltung von Vereinbarungen auf internationaler Ebene geprägt wurde (Thieme, Dt. Hochschulrecht, 4. Aufl., Rdnr. 410 m.w.N.).
Legt aber die Prüfungsordnung der Beklagten im Einklang mit dem bei der Einrichtung des Ergänzungsstudiengangs geltenden Recht und in Abweichung vom heutigen Verständnis des Magisterabschlusses dem vorliegend vermittelten Magistergrad keine berufsqualifizierende Bedeutung bei, stellen die Bestehensregelungen in § 4 Abs. 1 und 2 PO auch keine staatlich normativen Einschränkungen des Grundrechts der Freiheit der Berufswahl aus Art. 12 Abs. 1 Satz 1 GG dar.