Finanzgericht Niedersachsen
Urt. v. 04.02.1997, Az.: I 44/92
Bibliographie
- Gericht
- FG Niedersachsen
- Datum
- 04.02.1997
- Aktenzeichen
- I 44/92
- Entscheidungsform
- Urteil
- Referenz
- WKRS 1997, 27894
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- ECLI:DE:FGNI:1997:0204.I44.92.0A
In dem Rechtsstreit
wegen Einkommensteuer 1988
hat der I. Senat des Niedersächsischen Finanzgerichts nach mündlicher Verhandlung in der Sitzung vom 4. Februar 1997, an der mitgewirkt haben:
Vorsitzender Richter am Finanzgericht .
Richter am Finanzgericht .
Richter am Finanzgericht .
ehrenamtliche Richterin .
ehrenamtliche Richterin .
für Recht erkannt:
Tenor:
Unter Änderung des Einkommensteuerbescheides vom 14. Februar 1990 und des Einkommensteuerbescheides vom 20. Januar 1992 wird die Einkommensteuer für 1988 auf 0 DM festgesetzt.
Die Revision wird zugelassen.
Die Kosten des Verfahrens trägt der Beklagte.
Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung eines Geldbetrages in Höhe der an die Kläger zu erstattenden Kosten abwenden sofern die Kläger nicht zuvor Sicherheit in gleicher Höhe leisten.
Tatbestand:
Die Parteien streiten über die Frage, ob Verluste aus der Übertragung eines Aktienpaketes das zu versteuernde Einkommen mindern.
Die Kläger (Kl.) sind miteinander verheiratet und werden zusammen zur Einkommensteuer veranlagt. Aus der Ehe sind zwei im Streitjahr bereits volljährige Kinder hervorgegangen. Der Kl. erzielte im Jahre 1988 als Vorstandsvorsitzender einer Aktiengesellschaft Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit in Höhe von ca. 1,3 Mio. DM. Die Klägerin (Kl'in) ist kaufmännische Angestellte, ihre Einkünfte belaufen sich auf ca. 15. 000 DM. Darüber hinaus verfügen die Kl. über Einkünfte aus Kapital vermögen in Höhe von ca. 700. 000 DM.
In der Zeit von Mai 1988 bis September 1988 kaufte der Kl. sukzessive 886 Aktien der B. AG zu Kursen zwischen 5.000 und 6. 000 DM je Aktie. Er war damit in Höhe von 25,13 % an der Gesellschaft beteiligt. Für den Kauf der Aktien wandte der Kl. ca. 5 Mio. DM auf, die er aus entsprechenden Bankkrediten finanzierte. Unter dem 9. November 1988 kam es zu einer Treuhandvereinbarung zwischen den Kl. Danach verpflichtete sich der Kl., 876 Aktien der B. AG an seine Frau, die Kl'in; zu übereignen, die sich ihrerseits verpflichtete, die Aktien nur treuhänderisch für ihren Mann zu verwalten. Auf den schriftlichen Treuhandvertrag vom 9. November 1988 in den Akten des Beklagten (Bekl.) wird Bezug genommen. Die weiteren zehn Aktien, die nicht vom Treuhandvertrag erfaßt wurden, schenkte der Kl. am 2. Dezember 1988 zu gleichen Teilen seinen beiden Kindern M. und Ma.. Am 22. Dezember 1988 trafen die Kl. eine weitere Vereinbarung. Danach hoben sie den Treuhandvertrag vom 9. November 1988 einvernehmlich auf und waren sich darin einig, daß die Kl'in die bisher nur treuhänderisch gehaltenen Aktien nunmehr auch wirtschaftlich übernimmt. Als Preis für die Übernahme der Aktien wurde der seinerzeitige Börsenkurs von 2. 900 DM pro Aktie angesetzt. Auf die schriftliche Vereinbarung vom 22. Dezember 1988 in den Akten des Bekl. wird verwiesen. Die Abrechnung über die Übertragung der 876 Aktien zwischen den Kl. nahm ihr Rechtsbeistand am 2. März 1989 vor.
In ihrer Einkommensteuererklärung für das Streitjahr machten die Kl. unter Hinweis auf § 17 Einkommensteuergesetz (EStG) einen Verlust aus der Veräußerung der Aktien des Kl. an die Kl'in in Höhe von zunächst 2.440. 073 DM (später berichtigt auf 2.422.826,44 DM) geltend. Das Finanzamt (FR) Ließ diesen Betrag nicht zum Verlustabzug zu. Es vertrat die Auffassung, daß ein Verlust aus der Veräußerung einer wesentlichen Beteiligung nur bis zur Höhe eines steuerpflichtigen Spekulationsgewinns ausgeglichen werden könne. Die Regelung des § 23 EStG gehe der des § 17 EStG vor. Es verrechnete deshalb den erklärten Verlust mit einem ebenfalls erklärten anderweitigen Spekulationsgewinn in Höhe von 131. 918 DM und Ließ den überschießenden Verlust nicht zum Steuerabzug zu.
Dagegen haben die Kl. nach erfolglosem Vorverfahren Klage erhoben, die sie darauf stützen, daß die Regelungen des § 17 EStG der des § 23 EStG vorgehe. Das habe der Bundesfinanzhof (BFH) mit Urteil vom 4. November 1992 X R 33/90, BFHE 169, 357, BStBl. II 1993, 292, erkannt. Demnach sei der Verlust aus der Veräußerung einer wesentlichen Beteiligung unbeschränkt abzugsfähig. Wie der Kl.-Vertreter in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat weiter erläutert hat, stelle die Übertragung des Aktienpaketes zwischen den Kl. kein Gestaltungsmißbrauch im Sinne des § 42 Abgabenordnung (AO) dar. Dafür fehle es ihnen bereits an der Mißbrauchsabsicht, denn bis zum Erlaß des BFH-Urteils vom 4. November 1992, BFHE 169, 357, [BFH 04.11.1992 - X R 33/90] und damit auch noch zur Zeit der Übertragung, habe in der Rechtsprechung tatsächlich die Ruffassung bestanden, daß Verluste aus der Veräußerung einer wesentlichen Beteiligung nur bis zur Höhe eines Spekulationsgewinns ausgleichsfähig seien. Im übrigen habe er -; der Kl. -; das Aktienpaket nicht freiwillig veräußert. Er sei dazu vielmehr durch die kreditgebenden Banken gedrängt worden. Sie -; die Banken -; hätten das Aktienpaket nur in Höhe von 50 % des Kurswertes als Sicherheit akzeptiert. Als der Kurs dann auf etwa die Hälfte des Einkaufskurses gesunken sei; hätten sie auf einen entsprechenden Einschuß bestanden. Das ergebe sich z. B. aus den beiden Schreiben der B. .-Bank vom 08.11.1988 und der C. Bank vom 25.10.1988 in den Akten des Bekl. Er, der Kl.; habe den geforderten Einschuß aus eigenen Mitteln nicht leisten können. Da seine Frau -; die Kl'in -; jedoch über entsprechendes Vermögen verfügt habe, habe sie sich mit Einverständnis der Banken zur Übernahme des Aktienpaketes entschlossen -; Durch diese Übernahme sei man allen Interessen gerecht geworden. Die Banken hätten anstelle des Aktienpaketes nunmehr den Kaufpreis der Kl'in erhalten und ihnen -; den Kl. -; sei die Chance verblieben; mit dem Aktienpaket einen erhofften Spekulationsgewinn erzielen zu können.
Die Kl. beantragen,
unter Änderung des Einkommensteuerbescheides 1988 vom 14. Februar 1990 und Aufhebung des Einspruchsbescheides vom 20. Januar 1992 die Einkommensteuer auf 0 DM herabzusetzen.
Das FA beantragt,
die Klage abzuweisen.
Der Bekl. ist der Auffassung; daß die Übertragung der Aktien vom Kl. an die Kl'in ein steuerpflichtiger Gestaltungsmißbrauch im Sinne von § 42 AO sei. Das dahinterstehende Steuersparmodell führe dazu, daß letztlich der Staatshaushalt die Wertpapiergeschäfte der Kl. finanziere. Verdeutlicht werde das dadurch; daß in den Folgejahren der Kurs der B. AG wieder gestiegen sei. Das habe dazu geführt; daß die Kl'in das Aktienpaket mit einem Gewinn von mehreren Millionen DM habe veräußern können. Da die Kl'in wegen der Schenkung eines Teils der Aktien an die Kinder nur über 876 Aktien und damit nicht mehr über eine wesentliche Beteiligung verfügt habe, sei dieser Gewinn steuerfrei gewesen. Das könne nicht rechtens sein.
Wegen des Vertrags der Parteien im übrigen wird auf den Inhalt ihrer Schriftsätze im Vorverfahren sowie im Klageverfahren verwiesen.
Gründe
I.
Die Klage hat Erfolg.
1. Nach § 17 Abs. 1 EStG in der Fassung des Streitjahres gehört zu den Einkünften aus Gewerbebetrieb auch der Gewinn aus der Veräußerung von Anteilen an einer Kapitalgesellschaft, wenn der Veräußerer innerhalb der letzten fünf Jahre am Kapital der Gesellschaft wesentlich -; d. h. zu mehr als 1/4 -; beteiligt war und die innerhalb eines Veranlagungszeitraumes veräußerten Anteile 1 v.H. des Kapitals der Gesellschaft übersteigen.
a) Diese Voraussetzungen liegen vor. Der Kl. hielt in seinem Privatvermögen 886 Aktien der B. AG und war damit zu 25,13 % und damit wesentlich daran beteiligt. Er hat im Veranlagungszeitraum mehr als 1 v.H. dieser Anteile veräußert mit der Folge, daß ein dabei etwa erzielter Veräußerungsgewinn als Gewinn aus Gewerbebetrieb steuerpflichtig wäre. Korrespondierend dazu ist auch ein Verlust aus der Veräußerung einer wesentlichen Beteiligung als gewerblicher Verlust ausgleichsfähig (vgl. BFH-Urteile vom 28. Februar 1974 VIII R 83/69, BFHE 112, 574, BStBl. II 1974, 706; vom 10. Oktober 1978 VIII R 126/75, BFHE 126, 206, BStBl. II 1979, 77; vom 4. November 1992 X R 33/90, BFHE 169, 357, BStBl. II 1993, 292). Im Streitfall hat der Kl. aus der Veräußerung von 876 Aktien an seine Ehefrau -; die Kl'in -; einen Verlust von 2.422.826,44 DM erlitten. Dieser in seiner Höhe nicht streitige Verlust ist mit den positiven Einkünften der Kl. (lt. angefochtenem Bescheid: 2.165. 422 DM) verrechenbar und führt zu einer Steuerfestsetzung von 0 DM.
b) Die Übertragung des Aktienpaketes vom Kl. an die Kl'in ist eine Veräußerung. Wie der BFH mit Urteil vom 27. Juli 1988 I R 147/83, BFHE 155, 52, BStBl. II 1989, 271 erkannt hat, ist unter einer Veräußerung im Sinne des § 17 Abs. 1 EStG begrifflich die Übertragung des wirtschaftlichen Eigentums an einer wesentlichen Beteiligung auf einen anderen Rechtsträger gegen Entgelt zu verstehen. Im Streitfall ist das wirtschaftliche Eigentum nicht bereits durch Abschluß des Treuhandvertrages vom 9. November 1988 übergegangen. Nach § 39 Abs. 2 Nr. 1 AO stehen bei Treuhandverhältnissen Wirtschaftsgüter dem Treugeber und nicht dem Treuhänder zu. Anders verhält es sich mit der weiteren Vereinbarung vom 22. Dezember 1988, in der die Kl. die Treuhandvereinbarung aufhoben und sich beide darüber einig waren, daß die Kl'in die bisher nur treuhänderisch gehaltenen Aktien nunmehr auch wirtschaftlich übernimmt. Hierin liegt zur Überzeugung des Senats die für § 17 EStG entscheidende Übertragung des wirtschaftlichen Eigentums. Daß es sich dabei nicht nur um die bloße Aufhebung eines schuldrechtlichen Vertrages sondern um eine Änderung der Verfügungsmacht handelt, wird durch die bei den Akten des Bekl. befindlichen Bankabrechnungen belegt. Danach hat die Kl'in im Rahmen eines Bank-zu-Bank-Geschäftes die Aktien ihres Mannes -; des Kl. -; in vier Paketen zum seinerzeitigen Kurswert von 2. 900 DM nebst Maklergebühr, Börsenumsatzsteuer und Auslagen erworben und in ihr eigenes Depot (Nr. 13 21 317 bei der C. bank .) eingebracht. Daß der Kaufpreis tatsächlich bezahlt worden ist, folgt aus dem Auszug über das Konto der Kl'in bei der C. bank mit Datum vom 17. November 1988.
c) Das Gericht vermag dieser Veräußerung die Anerkennung nicht deshalb zu versagen, weil es sich um ein Rechtsgeschäft unter nahen Angehörigen handelt. Nach ständiger Rechtsprechung des BFH sind Verträge unter nahen Angehörigen steuerlich nur anzuerkennen, wenn sie rechtswirksam vereinbart worden sind, inhaltlich dem zwischen Fremden üblichen entsprechen und auch tatsächlich durchgeführt werden (vgl. z. B. BFH-Urteil vom 9. Dezember 1993 IV R 14/92, BFHE 173, 140, BStBl. II 1994, 298). Diese Voraussetzungen liegen vor. Gegen den Vertrag bestehen keine zivilrechtlichen Wirksamkeitsbedenken, er ist tatsächlich durchgeführt worden und er hält insbesondere einem Drittvergleich stand. Daß beim Verkauf von Aktien, die an einer Börse gehandelt werden, der jeweilige Kurswert -; auf den sich die Kl. verständigt haben -; auch unter Fremden üblich ist, bedarf keiner Erläuterung. Der Auffassung von Hörger in Littmann/Bitz/Hellwig, Das Einkommensteuerrecht, § 17 Rdnr. 40 a, daß bei Übertragungen zwischen nahen Angehörigen eine nur in Ausnahmefällen zu widerlegende Vermutung dafür spreche, daß ein voll unentgeltliches Geschäft vorliege, folgt der Senat jedenfalls für den Streitfall nicht. Die Kl'in hat durch Vorlage ihres Kontoauszugs nachgewiesen, daß der Kaufpreis gezahlt worden ist. Ohne Zahlung des Kaufpreises hätten die kreditgebenden Banken des Kl. die Veräußerung zur Überzeugung des Gerichts nicht zugelassen. Damit schließt sich der Senat im Ergebnis der Auffassung des FG des Saarlandes im Urteil vom 26. Juni 1996 1 K 300/94, BFG 1996, 1031 an, wonach Veräußerungen unter nahen Angehörigen auch im Rahmen des § 17 EStG grundsätzlich anerkennungsfähig sind.
d) Schließlich ist die Höhe des anzuerkennenden Verlustes auch nicht auf die Höhe eines Spekulationsgewinns begrenzt. Der BFH hat seine frühere Auffassung vom Vorrang der §§ 22 Nr. 2, 23 EStG gegenüber § 17 EStG (vgl. dazu BFH-Urteil vom 28. Februar 1974 VIII R 83/69, BFHE 112, 574, BStBl II 1974, 706 [BFH 28.02.1974 - VIII R 83/69]) durch Entscheidung vom 4. November 1992 X R 33/90, BFHE 169, 357, BStBl II 1993, 292 [BFH 04.11.1992 - X R 33/90] ausdrücklich aufgegeben. Dem folgt auch der Senat.
2. Die Übertragung des Aktienpaketes unter den Kl. ist auch nicht gestaltungsmißbräuchlich im Sinne von § 42 AO.
Ein Gestaltungsmißbrauch im Sinne dieser Norm ist nach ständiger Rechtsprechung gegeben, wenn eine Gestaltung gewählt wird, die -; gemessen am erstrebten Ziel -; unangemessen ist, der Steuerminderung dienen soll und durch wirtschaftliche oder sonst beachtliche nicht steuerliche Gründe nicht zu rechtfertigen ist. Das Bestreben, Steuern zu sparen; macht eine rechtliche Gestaltung als solche noch nicht unangemessen; auch Angehörigen steht es grundsätzlich frei., ihre Rechtsverhältnisse steuerlich möglichst günstig zu gestalten (vgl. z. B. BFH-Urteil vom 26. März 1996 IX R 51/92, BStBl. II 1996, 443).
a) Im Streitfall haben die Kl. wirtschaftliche Gründe für die Übertragung des Aktienpaketes vom Kl. auf die Kl'in glaubhaft gemacht. Die Behauptung, die Kreditbanken des Kl. hätten nach dem Absinken des Aktienkurses auf einen Einschuß gedrängt, ist nicht nur plausibel, sie wird auch durch die in den Akten des Bekl. . enthaltenen Schreiben der C. bank und der B.-Bank vom 24. Mai 1988, 2. Juni 1988, 25. Oktober 1988 und 8. November 1988 an den Kl. belegt. Danach war die C. bank bereit, dem Kl. einen Kredit in Höhe von 50 % des jeweiligen Kurswertes der im Depot gehaltenen Aktien zu gewähren, die B.-Bank einen solchen in Höhe bis maximal 60 % des Aktienkurswertes. Da der Kl. die Aktien zu Kursen zwischen 5. 200 DM und 5. 800 DM erworben hatte, liegt es nahe, daß die Banken im November 1988 bei einem Kurs von ca. 2. 900 DM auf weitere Sicherungen drängten, weil der Kl. diese zusätzlichen Sicherungen aus eigenem Vermögen nicht aufbringen konnte, ist es weiterhin plausibel und wirtschaftlich gerechtfertigt, das Aktienpaket zu verkaufen und auf diese Weise den Kreditrahmen zurückzuführen. Daß er die Aktien dabei nicht an einen fremden Dritten sondern an seine Frau -; die Kl'in -; verkaufte, ist legitim und -; wiederum -; wirtschaftlich sinnvoll, denn wie die späteren Ereignisse gezeigt haben, ist der Kurs der Aktien wie erhofft angestiegen und die Aktien konnten mit Gewinn verkauft werden.
Zur weiteren Begründung für den Verkauf hat der Prozeßvertreter der Kl. in der mündlichen Verhandlung vor Gericht erläutert, daß das Engagement des Kl. bei der B. AG von seinem -; des Kl. -; Arbeitgeber bzw. den Mehrheitsgesellschaftern der Gesellschaft, bei der er beschäftigt sei, kritisch betrachtet worden sei. Nicht zuletzt auch mit Rücksicht auf diese Kritik habe er sich entschlossen, sich von dem Aktienpaket wieder zu trennen.
Ebenfalls nicht mißbräuchlich ist der Umstand, daß der Kl. -; wie sein Prozeßvertreter in der mündlichen Verhandlung erläutert hat -; die Aktien von vornherein in spekulativer Absicht erworben hatte. Er habe von Übernahmegerüchten bei der Gesellschaft gehört und daraus auf Kurssteigerungen gehofft.
Auch die Anzahl der vom Kl. an die Kl'in veräußerten Aktien gibt zu keinen Bedenken Anlaß. Der Prozeßvertreter der Kl. hat in der mündlichen Verhandlung dazu erläutert, daß es den Kl. daran gelegen gewesen sei, aus dem steuerlich relevanten Bereich des Aktienbesitzes herauszukommen. Aus dem Grund sei die Kl'in nur bereit gewesen, ein Aktienpaket von weniger als 25 % zu übernehmen, weshalb sich der Kl. entschlossen habe, die restlichen zehn Aktien seinen Kindern zu schenken. Diese Motivation ist nicht mißbräuchlich.
b) Letztlich steht der Annahme eines Gestaltungsmißbrauchs auch die damalige höchstrichterliche Rechtsprechung entgegen. Mit Urteil vom 28. Februar 1974 VIII R 83/69, BFHE 112, 574, BStBl. II 1974, 706 hatte der BFH das Verhältnis der §§ 17 EStG einerseits und 22, 23 EStG andererseits zunächst in der Weise geregelt, daß Veräußerungsverluste aus dem Verkauf einer wesentlichen Beteiligung an einer Kapitalgesellschaft nur in Höhe eines steuerpflichtigen Spekulationsgewinns ausgeglichen werden konnten. Diese Rechtsprechung galt auch noch im Jahre 1988, als die hier streitigen Käufe stattfanden. Nach dieser Rechtsprechung konnten die Veräußerungsverluste des Kl. nur begrenzt ausgeglichen werden. Deshalb steht der angefochtene Einkommensteuerbescheid und der Einspruchsbescheid des Bekl. durchaus im Einklang mit der damaligen Rechtsprechung. Diese Rechtsprechung ist erst durch das BFH-Urteil vom 4. November 1992, BFHE 169, 357, [BFH 04.11.1992 - X R 33/90] BStBl. III 1993, 292 aufgegeben worden. Mit Rücksicht auf diese unterschiedlichen Bewertungen würde eine Mißbrauchsabsicht beim Kl. nur dann vorliegen können, wenn er bereits im Jahre 1988 gewußt hätte, daß sich die Rechtsprechung des BFH zu dieser Rechtsfrage im Jahre 1992 ändern würde. Davon aber kann nicht ausgegangen werden.
II.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 1 Finanzgerichtsordnung (FGO). Die übrigen Nebenentscheidungen ergeben sich aus § 151 Abs. 3 in Verbindung mit § 155 FGO und §§ 708 Nr. 10, 711 Zivilprozeßordnung.
Die Revision war wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache zuzulassen (§ 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO).