Finanzgericht Niedersachsen
Beschl. v. 25.02.1997, Az.: VIII 361/96 Ki

Bibliographie

Gericht
FG Niedersachsen
Datum
25.02.1997
Aktenzeichen
VIII 361/96 Ki
Entscheidungsform
Beschluss
Referenz
WKRS 1997, 27909
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
ECLI:DE:FGNI:1997:0225.VIII361.96KI.0A

Tenor:

  1. Es wurde festgestellt, daß die Prozeßbevollmächtigten der Klägerin ordnungsgemäß geladen worden sind.

    Es wurde ferner festgestellt, daß die Prozeßbevollmächtigten der Klägerin mit Schriftsatz vom 13.02.1997 mitgeteilt haben, sie würden im Termin am 25.02.1997 in Abstimmung mit der Klägerin nicht erscheinen. Es könne daher nach Aktenlage entschieden werden.

    Es wurde ferner festgestellt, daß der Präsident des Landesarbeitsamtes Niedersachsen-Bremen, Herr K., und das beklagte Arbeitsamt L. ordnungsgemäß geladen worden sind.

    Herr Verwaltungsoberamtsrat B. überreichte eine Prozeßvollmacht des Arbeitsamtes L. - Familienkasse - Rechtsbehelfsstelle - auf das Landesarbeitsamt Niedersachsen-Bremen - Familienkasse - sowie eine Vertretungsanzeige des Landesarbeitsamtes Niedersachsen-Bremen - Der Präsident Familienkasse -.

    Herr Verwaltungsoberamtsrat B. überreichte ferner einen Auszug aus der Satzung der Bundesanstalt für Arbeit vom 27. März 1980, einen Auszug aus der Niederschrift über die Tagung der Leiter der Leistungsabteilungen in den Landesarbeitsämtern am 30./31. Oktober 1995 in I. und einen Auszug aus der Niederschrift über die Tagung der Leiter der Leistungsabteilungen in den Landesarbeitsämtern am 22./23. April 1996 in sowie die Verwaltungsvereinbarung über die Durchführung des Familienleistungsausgleichs nach Maßgabe der §§ 31, 62-78 des Einkommensteuergesetzes und des Bundeskindergeldgesetzes zwischen der Bundesregierung, vertreten durch das Bundesministerium der Finanzen, dieses vertreten durch das Bundesamt für Finanzen und der Bundesanstalt für Arbeit.

    Herr Verwaltungsoberamtsrat B. erklärte: Ich berufe mich auf die Generalprozeßvollmacht des Arbeitsamtes L., auf Herrn Präsidenten K. vom 25.03.1996 sowie auf die Generaluntervollmacht des Landesarbeitsamtes Niedersachsen-Bremen - Der Präsident - vom 02.05.1996, ferner auf die überreichte Prozeßvollmacht des Arbeitsamtes L. vom 06.02.1997 und die Vertretungsanzeige des Landesarbeitsamtes Niedersachsen-Bremen - Der Präsident - Familienkasse - vom 24.02.1997. Ich bin ferner der Ruffassung, daß es einer Prozeßvollmacht des Arbeitsamtes L auf das Landesarbeitsamt Niedersachsen-Bremen oder dessen Präsidenten nicht bedarf.

    Im Hinblick auf die von Herrn Verwaltungsoberamtsrat B. überreichten Unterlagen wurde die mündliche Verhandlung zwecks Beratung unterbrochen.

    Nach Wiedereröffnung der mündlichen Verhandlung und Wiederherstellung der Öffentlichkeit wurden folgende Beschlüsse verkündet:

    1. 1.

      K., ... Präsident des Landesarbeitsamtes Niedersachsen-Bremen und der unterbevollmächtigte Verwaltungsoberamtsrat B. werden als Prozeßbevollmächtigte zurückgewiesen.

    2. 2.

      Das Landesarbeitsamt Niedersachsen-Bremen und der unterbevollmächtigte Verwaltungsoberamtsrat B. werden als Prozeßbevollmächtigte zurückgewiesen.

      Die Gründe für beide vorstehend verkündeten Beschlüsse einschließlich Rechtsmittelbelehrungen wurden verlesen. Die vorstehend verkündeten Beschlüsse einschließlich Gründe und Rechtsbehelfsbelehrungen werden als Anlage zum Protokoll genommen.

      Nunmehr trug die Berichterstatterin den wesentlichen Inhalt der Akten vor.

      Die mündliche Verhandlung wurde mit dem Hinweis geschlossen, daß den Beteiligten eine Entscheidung schriftlich zugestellt wird.

Gründe

1

K. Präsident des Landesarbeitsamtes Niedersachsen-Bremen, und der unterbevollmächtigte Verwaltungsoberamtsrat B. werden als Prozeßbevollmächtigte zurückgewiesen.

2

Die Entscheidung folgt aus § 62 Abs. 2 Satz 2 Finanzgerichtsordnung (FGO). Danach sind Bevollmächtigte und Beistände, die geschäftsmäßig Hilfe in Steuersachen leisten, ohne dazu nach den Vorschriften des Steuerberatungsgesetzes (StBerG) befugt zu sein, zurückzuweisen.

3

Das StBerG ist auf die Hilfeleistung in Kindergeldsachen anzuwenden. Gem. § 1 Abs. 1 Nr. 1 StBerG ist das StBerG u.a. auf die Hilfeleistung in Angelegenheiten anzuwenden, die durch Bundesrecht geregelte Steuern und Vergütungen betreffen, soweit diese durch Bundesfinanzbehörden oder durch Landesfinanzbehörden verwaltet werden. Das Kindergeld wird gem. § 31 Satz 3 EStG in der ab 1996 geltenden Fassung als Steuervergütung gezahlt (Familienlastenausgleich), der Familienlastenausgleich wird gem. § 5 Abs. 1 Nr. 11 des Gesetzes über die Finanzverwaltung (FVG) durch das Bundesamt für Finanzen als Oberbehörde gem. § 1 Nr. 2 FVG durchgeführt. Die Familienkassen der Bundesanstalt für Arbeit gelten gem. § 5 Abs. 1 Nr. 11 Satz 4 FVG als Bundesfinanzbehörden, soweit sie den Familienlastenausgleich durchführen, und unterliegen insoweit der Fachaufsicht des Bundesamtes für Finanzen.

4

Zur Hilfeleistung in Steuersachen gehört gem. § 33 StBerG u.a. die Vertretung des Auftraggebers. Dazu gehört die Vertretung im finanzgerichtlichen Verfahren (vgl. Gehre, Kommentar zum StBerG, 3. Aufl. 1995, Rdz. 8 ff, 10 zu § 1 StBerG), die im Streitfall durch den Prozeßbevollmächtigten K. und den Unterbevollmächtigten erfolgen soll.

5

Gem. § 2 StBerG darf die Hilfeleistung in Steuersachen geschäftsmäßig nur von Personen und Vereinigungen ausgeübt werden, die hierzu befugt sind. Dies gilt ohne Unterschied für hauptberufliche, nebenberufliche, entgeltliche oder unentgeltliche Tätigkeit. Geschäftsmäßigkeit Liegt vor, wenn die Hilfeleistung wiederholt in eigener Verantwortung erfolgt oder erfolgen soll (vgl. Gehre a.a.O., Rdz. 3 zu § 1 StBerG). Die (beabsichtigte) wiederholte Hilfeleistung durch den Prozeßbevollmächtigten wird im Streitfall durch das Auftreten in mehreren beim Niedersächsischen Finanzgericht anhängigen Verfahren, die ihm von den Familienkassen erteilten Generalvollmachten und die von ihm erteilten Generaluntervollmachten für die Damen und Herren O., S., K. und B. belegt.

6

Zur geschäftsmäßigen Hilfeleistung in Steuersachen sind gem. § 3 StBerG befugt:

  1. 1

    Steuerberater, Steuerbevollmächtigte und Steuerberatungsgesellschaften,

  2. 2

    Rechtsanwälte, Wirtschaftsprüfer, Wirtschaftsprüfungsgesellschaften, Vereidigte Buchprüfer und Buchprüfungsgesellschaften.

7

Es ist nicht ersichtlich, daß der Prozeßbevollmächtigte der Beklagten zu diesem Personenkreis gehört. Er ist deshalb nicht zur (unbeschränkten) geschäftsmäßigen Hilfeleistung in Steuersachen befugt.

8

Daß die Voraussetzungen des § 4 StBerG zur Befugnis zu beschränkter Hilfeleistung in Steuersachen vorliegen, ist gleichfalls nicht ersichtlich. Insbesondere ist der Prozeßbevollmächtigte nicht in seiner Eigenschaft als Präsident des Landesarbeitsamtes Niedersachsen-Bremen nach § 4 Nr. 3 StBerG zur beschränkten Hilfeleistung in Steuersachen befugt. Nach § 4 Nr. 3 StBerG sind Behörden und Körperschaften des öffentlichen Rechts sowie die überörtlichen Prüfungseinrichtungen für Körperschaften und Anstalten des öffentlichen Rechts im Rahmen ihrer Zuständigkeit zur geschäftsmäßigen Hilfeleistung in Steuersachen befugt.

9

Unabhängig davon, ob eine Behörde und damit das Landesarbeitsamt als solches Bevollmächtigter sein kann (vgl. Gräber, Kommentar zur FGO, 3. Aufl. 1993, Rdz. 7 zu § 62 FGO), sind weder das Landesarbeitsamt Niedersachsen-Bremen, noch dessen Präsident für Kindergeldangelegenheiten zuständig, wie sich aus § 5 Abs. 1 Nr. 11 FVG ergibt. Gem. § 5 Abs. 1 Nr. 11 Satz 2 FVG stellt die Bundesanstalt für Arbeit dem Bundesamt für Finanzen zur Durchführung des Familienleistungsausgleichs ihre Dienststellen als Familienkassen zur Verfügung. Anders als der Prozeßbevollmächtigte meint, gehört das Landesarbeitsamt nicht zu den gem. § 5 Abs. 1 Nr. 11 Satz 2 FVG zur Verfügung gestellten Dienststellen. Die Durchführungdes Familienleistungsausgleichs durch Zahlung von Kindergeld gem. §§ 31 Satz 3, 62 ff. EStG erfolgt gem. § 70 Abs. 1 Satz 1 EStG in der Weise, daß das Kindergeld von der Familienkasse durch Bescheid festgesetzt und ausgezahlt wird. Daher ist Familienkasse nur die mit der Festsetzung und Auszahlung des Kindergeldes befaßte Behörde, also das beklagte Arbeitsamt, das dem entsprechend den Einspruch bearbeitet und den Einspruchsbescheid erlassen hat. Eine Familienkasse für die steuerliche Festsetzung und eine weitere für die Prozeßführung sieht das Gesetz nicht vor. Deshalb ist nur die Beklagte selbst - als gem. § 5 Abs. 1 Nr. 11 Satz 2 FVG dem Bundesamt für Finanzen zur Verfügung gestellte Dienststelle gem. § 4 Nr. 3 StBerG befugt, in ihren eigenen Kindergeldangelegenheiten tätig zu werden und im finanzgerichtlichen Verfahren aufzutreten. Das der Beklagten - nur in anderen als Kindergeldangelegenheiten vorgesetzte - Landesarbeitsamt oder dessen Präsident sind dagegen nicht zur Prozeßvertretung befugt, weil die Beklagte gem. § 5 Abs. 1 Nr. 11 FVG nicht der Fachaufsicht des Landesarbeitsamtes, sondern des Bundesamtes für Finanzen unterliegt. Soweit der Prozeßbevollmächtigte meint, das Landesarbeitsamt sei in seiner Funktion als Prozeßvertreter - insoweit - Familienkasse, ist nicht ersichtlich, wie das beklagte Arbeitsamt/Familienkasse einen lediglich organisatorisch ausgegliederten Teil der - funktional einheitlichen - Familienkasse (quasi sich selbst) bzw. dessen Präsidenten bevollmächtigen kann.

10

Der Prozeßbevollmächtigte ist deshalb zurückzuweisen. Das Gericht merkt an, daß es die Zurückweisung auch im Hinblick auf die Einhaltung des Steuergeheimnisses (§ 30 Abgabenordnung) durch die Beklagte für erforderlich hält (vgl. Ziff. 3 der Dienstanweisung des Bundesamtes für Finanzen vom 28. Juni 1996, St I 4 - S 2280 - 100/96, BStBl. Teil II 1996, Seite 707 ff).